Habe gerade mal wieder einen sehr interessanten Artikel gefunden, lest ihn euch einfach selbst durch: http://www.equimondi.de/gesundheit/41-gesundheit/rollkurldr/72-2012-03-30-08-46-23 Im Spoiler wieder der Text, falls der Link nicht mehr funktioniert Spoiler "Ein glücklicher Athlet" oder ein "Abhängiges Sportgerät" für die Top-Reiter? 30. März 2012 Artikel von Eva Lydeking-Olsen, Dänemark Übersetzung aus dem Englischen durch die Equimondi UG (haftungsbeschränkt) Die ursprüngliche Version des Artikels ist hier zu finden. Für www.equimondi.de hat die Autorin den Artikel nochmals überarbeitet und aktualisiert. Intention der Autorin ist unter anderem, neue Forschungsansätze in diesem Bereich aufzuzeigen. Im Pferdesport werden schon seit Jahren sowohl das Doping wie auch das nicht natürliche Training und die Aufwärmtechnik der Hyperflexion des Halses exzessiv diskutiert. Beides könnte durch die physiologischen Effekte der Hyperflexion auf das Gehirn verbunden sein. Die Forschung über physische Effekte der Hyperflexion wird kaum betrieben und ist oft von zweifelhafter Qualität. Andere haben Artikel und Bücher über die biomechanischen Auswirkungen der Hyperflexion veröffentlicht, aber es gibt niemanden, der mögliche neurochemische (Neben-) Effekte dieser Praxis untersucht hat. 2008 hat sich das Veterinär Komitee der FEI mit der Hyperflexion des Halses beschäftigt. Im April 2008 wurde die folgende Pressemitteilung veröffentlicht: "Das Veterinär-Komitee hat festgestellt, dass zwar keine klinisch nachweisbaren Nebeneffekte mit der Hyperflexion in Verbindung gebracht werden können, es aber ernsthafte Bedenken betreffs des Wohlbefindens des Pferdes bestehen, wenn diese "Technik" nicht korrekt angewendet wird. Die FEI verurteilt Hyperflexion in jeder reitsportlichen Disziplin als ein Beispiel von mentalem Missbrauch. Die FEI betont, dass sie diese Trainingsmethode nicht unterstützt." 2009 wurde das Thema durch eine Videodokumentation über einen Reiter, der sein Pferd bei einem FEI-Turnier in Dänemark für 90 Minuten am Stück in Rollkur/LDR geritten hat, erneut an die Öffentlichkeit gebracht. Daraufhin wurden in einer Petition über 40.000 Unterschriften aus ganz Europa gesammelt, um gegen die offensichtliche Misshandlung des Pferdes im Namen des Sports zu protestieren. Im Februar 2012 wurde ein runder Tisch von der FEI einberufen. Diese Gruppe definiert Rollkur/Hyperflexion als eine Kopfhaltung die durch "aggressive Kraft" erreicht wird und damit nicht akzeptabel ist. Klar wurde der Unterschied zur Technik des "Low, Deep and Round"-Reitens (LDR) definiert, das ohne übermäßige Krafteinwirkung erreicht wird und damit laut FEI akzeptabel ist. Zudem waren sich die Teilnehmer einig, dass jede Form des aggressiven Reitens sanktioniert werden muss. Macht dies den folgenden Artikel und die hier aufgestellten Hypothesen überflüssig? Leider nicht: Es ist schwierig, festzustellen, wie die Kopfhaltung LDR durch ein Pferd gelernt wurde. Zum Beispiel kann es im täglichen Training durch Kraft erreicht werden, während des Abreitens für einen Wettbewerb aber durch weniger Kraft angewendet werden. So lange die Atemluft/Sauerstoffversorgung des Pferdes während des Reitens eingeschränkt ist, können die folgenden Hypothesen zutreffen und sollten weiter erforscht und geklärt werden, um die ethischen Standards im Sport auf dem höchsten Level zu halten. Auf der anderen Seite sagen die Befürworter der Hyperflexion/LDR, dass die Pferde glücklich und bereitwillig mitarbeiten und diese Trainingsmethode "mögen". Sie sagen außerdem, dass Hyperflexion nur für "kurze Momente" bei ausgebildeten Pferden angewendet wird. Das wollte ich persönlich sehen. Ich arbeite in der Ernährungsberatung und habe auch eine Ausbildung im Gesundheitswesen. Ein Teil meiner Arbeit ist die Forschung und Lehre im Bereich der Verbindung zwischen Neurochemie und Ernährung in Beziehung zu Psychologie, Stress, Entwicklungsstörungen usw. beim Menschen. Daher bin ich gewohnt, wissenschaftliche Arbeiten zu lesen, Informationen verschiedener Quellen zu verbinden und - eine Synthese zu bilden, die zu einer neuen Hypothese des "Wie und Warum" führt. 2006 besuchte ich die World Cup Qualifikation in Dressur in Odense, Dänemark. Zusammen mit einem Freund habe ich einen Großteil der zwei Tage am Abreiteplatz verbracht und mir Notizen zu den Pferden gemacht: Über die Zeit, die die Pferde beim Morgentraining und beim Abreiten in Rollkur geritten wurden Über den physiologischen Ausdruck: Unterschied zwischen Pferden die normal geritten wurden (NICHT Rollkur) und Pferden die Rollkur geritten wurden: Atmung, Schwitzen, Ausdruck der Augen, Verhalten auf dem Reitplatz, bei der Preisverleihung, usw. Hierbei konnte ich zwei niederländische Reiter und eine französische Amazone (Namen weggelassen) beobachten, die ihre Pferde direkt vor dem Wettkampf für Zeiträume von 13-15 Minuten in Rollkur ritten, dann 1-2 Minuten pausierten, dann wieder 13-15 Minuten in Rollkur. Im Morgentraining wurde die Rollkur über einen Zeitraum von einer Stunde ohne Pause angewendet. Dieses Training, bei dem ein großer Teil im Galopp absolviert wurde, hatte ein sehr stark schwitzendes, ängstliches und völlig erschöpftes Pferd zur Folge – der Pfleger hat das Pferd alle paar Minuten von Schweiß und Schaum befreit. Während der gesamten Stunde hatte das Pferd auch nach einer Zeit der harten Arbeit nie die Möglichkeit, seinen Hals voll zu Bewegen oder sich am langen Zügel zu strecken und zu entspannen. Später am gleichen Tag wurde das Pferd beim Abreiten 2 mal für ca. 15 Minuten Rollkur geritten und verweigerte danach in der Prüfung die Kooperation. Die meisten der niederländischen Pferde "erledigten ihren Job" und haben die Prüfung abgeschlossen. Die Diskrepanz zwischen dem Ausdruck des Pferdes beim Abreiten verglichen mit dem während der Prüfung war bemerkenswert – er ließ mich an "Erleichterung" denken, während das Pferd in der Prüfung war. Seitdem ist überwiegend auf youtube.com eine Menge von Videomaterial erschienen, auf dem Pferde dokumentiert werden, die für längere Zeiträume in Rollkur geritten werden. Weiterhin ist auf diesen Videos eine breite Spanne von Konfliktverhalten bei diesen Pferden zu erkennen (aufgerissenes Maul, Schweifschlagen, Probleme mit der Zunge, Fluchtverhalten bei der Preisverleihung, usw.). Verglichen mit den klassisch gerittenen Pferden (Namen weggelassen), hatten alle Rollkur gerittenen Pferde während des Abreitens eine schwerfälligere Atmung, vor allem in den Galoppphasen – ein klares Anzeichen für eine eingeschränkte Atmung. Genau diese Beobachtung brachte mich dazu, die Rollkur aus einer anderen Sichtweise zu betrachten als mit den biomechanischen Fakten, der eingeschränkten Sicht (Sensorische Deprivation) dem Risiko der Schäden an den Bändern im Genick, der fehlenden Kontrolle in unerwarteten Situationen, usw. das bereits von anderen betrachtet wurde: Was passiert bei langer Arbeit unter verminderter Sauerstoffversorgung im Gehirn?? Könnte das Pferd eine "Sucht" entwickeln?? Kann es passieren, dass im Gehirn des Pferdes ein (Abhängigkeits-) Zustand von veränderter Neurochemie auf der (physiologischen) Basis der speziellen und extremen Art des Trainings und Aufwärmens/Abreitens eintritt, so dass es in der Prüfung "glücklich aussieht"?? Daraufhin habe ich eine Literaturrecherche über die Konsequenzen im Gehirn von körperlicher Arbeit unter verminderter Sauerstoffversorgung vorgenommen. Hierzu gibt es kaum Forschung bei Pferden (da dies auch schwierig ist, dennoch habe ich einige wenige Studien auch über Pferde gefunden), aber die meisten Säugetiere unterscheiden sich in diesen Bereichen wenig voneinander, und die Ergebnisse sind so interessant, dass ich mich verpflichtet fühle, diese Hypothese aufzustellen. Eine Forschung über "das gesamte" Thema muss die folgenden Punkte ansprechen: 1. Physisch-biomechanisch: Schäden am Nackenband und im Genick mit Verkalkung der Ansatzpunkte. Diese Schäden wurden von anderen bereits ausführlich beschrieben, daher gehe ich hier nicht ins Detail. 2. Sensorisch und emotional: Was passiert während des Rittes als Antwort auf den Stress, wenn die Kontrolle des Pferdes über das eigene Blickfeld minimiert wird?? Und wenn das Pferd für einen längeren Zeitraum in eine unnatürliche Position gezwungen wird? Welche Beziehung besteht zwischen eingeschränkter Sicht (Sensorische Deprivation) und Überempfindlichkeit/Konfliktverhalten? Die meisten Säugetiere zeigen mehr oder weniger die gleichen emotionalen Reaktionen in den gleichen Teilen des Gehirns – also können Pferde, selbst wenn sie nicht die gleiche Fassungskraft und intellektuellen Fähigkeiten wie ein Mensch besitzen, doch emotionell auf Druck (besonders vom Gebiss), den sie nicht "verstehen" und dem sie sich nicht entziehen können, reagieren. 3. Neurochemie im Gehirn: Harte Arbeit, die viele Muskelgruppen in anspruchsvollen Übungen über einen längeren Zeitraum beansprucht, während der Hals über Hyperflexion eingerollt ist, vermindert die Luftzufuhr relativ zum Bedarf der körperlichen Arbeit. Bei einem für mehr als wenige Minuten in Rollkur gerittenen Pferd ist es leicht zu hören, dass die Atmung eingeschränkt ist, vor allem im Galopp, wo der Energiebedarf und der Bedarf des Sauerstoff/Kohlenstoffdioxid-Austausches größer ist als im Schritt und Trab. Eine menschliche Analogie wäre, Laufen (einen halben Marathon?) mit einem eng um den Hals gewickelten Schal. Unter diesen Bedingungen muss der Körper mit weniger Sauerstoff aber mehr Kohlenstoffdioxid im Blutkreislauf, den Muskeln und anderem Körpergeweben arbeiten als bei uneingeschränkter Atmung, wenn Kopf und Hals in der natürlichen Dressur-Position sind. Dadurch werden viele physiologische Reaktionen und Prozesse verändert: Produktion der Roten Blutkörperchen Die Arbeit mit weniger Sauerstoff als die Muskeln eigentlich brauchen, veranlasst den Körper mehr rote Blutkörperchen zu produzieren, um den Transport des verfügbaren Sauerstoffs zu optimieren. Während das Pferd nicht in Rollkur/LDR geritten wird (in der Prüfung) kann das zu einer gesteigerten Kapazität von Sauerstoffaufnahme und -transport führen. Das Studium des Hämatokrit-Wertes (ermöglicht einen Rückschluss auf den Anteil der roten Blutkörperchen im Blut) von Pferden, die über Rollkur trainiert werden, würde klarstellen, ob die Rollkur wie eine Art des Blut-Dopings (wie Transfusionen und EPO beim Fahrradfahren) wirkt. Säure-Base Verschiebung und Aktivierung des endogenen Doping-Systems Nachdem das Pferd eine Zeit lang unter eingeschränkter Atmung und suboptimaler Sauerstoffversorgung gearbeitet hat, erhöht sich der Kohlenstoffdioxidgehalt, und verändert damit das Säure-Base Gleichgewicht in Richtung der Säure im Blut, den Muskeln und auch im Gehirn. Ein Säureanstieg führt zu den bekannten Muskelschmerzen. Mit gesteigertem Training erhöht sich aber auch das Vermögen diese Auswirkungen zu verkraften (Taylor 1994). Für die Muskeln ist das weniger problematisch, aber der Effekt auf die Versauerung des Nerven- und Hormonsystem ist weniger bekannt: Abgabe von Endorphinen, die natürliche Morphin-Stoffe des Körpers sind (Melrose 1988, Taylor 1994). Endorphine sind eine Gruppe von Stoffen die durch Stress in vielen Teilen des Körpers z.B. in den Nebennieren und dem Gehirn freigesetzt werden. Endorphine werden aus dem Ausgangsstoff POMC (Proopiomelanocortin) gebildet sowie auch das ACTH, das in den Nebennieren die Bildung von Stresshormonen stimuliert: Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol; alpha-MSH beeinflusst Verhalten und Gedächtnis in pro-Stress Richtung; Enkephaline, die schmerzstillend wirken; Dynorphine (bewirken Übelkeit und andere Nebeneffekte), sowie beta-Endorphin. Beta-Endorphin ist das am besten erforschte dieser natürlichen endogenen Morphine: Es erhöht das Gefühl des Wohlergehens bis hin zu Euphorie und Abhängigkeit. Es funktioniert als starkes Schmerzmittel Vermindert das Stress-Gefühl durch die verminderte Ausschüttung anderer Stresshormone (Melrose 1988, Dunbar 2000, Soverchia 2006, Terenius 2000) In den Nebennieren wird die Ausschüttung der Stresshormone vermindert, sowie der Blutdruck gesenkt (Dunbar 2000). Während der Arbeit mit ausreichender Sauerstoffversorgung bleibt die Versauerung und die Produktion der Endorphine auf gleichem Niveau. Wenn die Belastung bis an das Maximal mögliche des Individuums erhöht wird, steigt die Versauerung und die Produktion des beta-Endorphins wird verdoppelt (Mehl 2000). Im Ausdauersport funktioniert es so, dass so lange wie eine ausreichende Sauerstoffversorgung für das Gleichgewicht zwischen der Entstehung und Ausscheidung der Milchsäure gewährleistet ist, die Konzentration der Endorphine im Blut für die erste Stunde stabil bleibt. Danach aber steigt sie exponentiell an (Schwarz 1992). Der hohe Endorphinlevel bei Pferden bleibt für mindestens eine Stunde nach dem Training bestehen (Kokkonen 2002) und nach der Arbeit bis zur Erschöpfung braucht der Level etwa 24-32 Stunden bis er sich normalisiert hat. (Golland 1999a). Der tägliche Verlauf der Endorphinproduktion bei Pferden besitzt Peaks um ca. 9.00 und 15.00, zu denen das Pferd weniger sensible auf Schmerz oder Druck reagiert (Hamra 1993). Außerdem gibt es einen Zusammenhang mit der Temperatur und Luftfeuchtigkeit: Bei 20°C bei trockener Luft erhöht sich der Level der Stresshormone und des beta-Endorphins auf einen bestimmten Wert, bei 30°C und hoher Luftfeuchtigkeit steigen diese Werte wesentlich weiter an (Williams 2002) Zusammenfassend haben Endorphine bei Säugetieren die folgenden Wirkungen: Sie sind eng verknüpft mit der Regulierung von mehreren Übertragungswegen im zentralen Nervensystem (Dunbar 2000). Vermindert die Stressantwort nach dem Training Schmerzstillend Sie können Euphorie oder Entzugserscheinungen hervorrufen. Menschen können von Endorphinen durch hartes Training abhängig werden, ob das bei Tieren auch so ist, ist noch nicht erforscht. Vermindert die Erinnerung für das Lernen im Training (Izquierdo 1980), sowohl im Bezug auf die Vermeidung von unangenehmen Druck (für Pferde, negative Verstärkung) als auch im räumliches Vorstellungsvermögen (für Pferde, motorisches Training wie z.B. Dressurlektionen)(Introini-Collison 1995) Verminderung der Speicherung von Informationen durch Noradrenalin-Aktivierung in der Amygdala (Mandelkern, Anm. d. Red.), im limbischen System des Gehirns. Säure-Base Verschiebung beeinflusst ebenfalls den Effekt von anderen Botenstoffen im Nervensystem, so wie Dopamin, Serotonin usw., diese sind aber im Bezug auf Pferde und Trainingseffekt sehr wenig erforscht. Stresshormone Die bekannten Stresshormone aus der Hypophyse und den Nebennieren (ACTH, Cortisol, Adrenalin und Noradrenalin) werden als physiologischer Regler und Schutz gegen Schäden erhöht (Rose 1988). Übertraining bewirkt, dass die Nebennieren erschöpft werden (Golland 1999b), wodurch das Pferd anfälliger für Schäden wird, weil die Heilkraft nach dem Training geschwächt ist. Ein hohes Adrenalin-Niveau führt zu Hyperaktivität, gestresstem Verhalten und Nervosität. Welche mögliche Beziehung gibt es zwischen diesen physiologischen Ergebnissen und der Rollkur/LDR? Rollkur/Hyperflexion/LDR ist die extremste Trainingsweise, die es bisher in der Tradition des Reitens gab – ungeachtet der Reitweise. Das Rollkur/LDR-Training soll wahrscheinlich "Vorteile" im Bereich der Biomechanik, wie z.B. extremere Vorhandbewegungen, unterstützen. Die möglichen Konsequenzen der Rollkur/LDR im Bezug auf die Stressantwort sind kaum erforscht, aber es gibt eine Studie mit dem folgenden Ergebnis: Diese Studie hat Stress durch die eine Analyse der Herzfrequenzvariabilität für 30 Minuten nach der Fütterung am Morgen und 30 Minuten nach dem Morgentraining gemessen. Die Studie konnte keine signifikanten Unterschiede in der Ruhezeit zwischen REC* und DRES* Pferden erkennen. Bei den Messungen nach dem Training zeigten die DRES Pferde unter anderem eine weniger sympathisch und eine erhöhte parasympathische Dominanz. Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass DRES Pferde nach dem Training weniger akuten Stress haben, als REC Pferde. Die Ergebnisse dieser Studie suggerieren, dass die Gesundheit und das Wohlergehen von DRES Pferden trotz der unnatürlichen biomechanischen Positionen erhalten bleibt (van Breda 2006). (*Anm der Redaktion: REC – recreational Horse, also Freizeitpferd; DRES - Dressurpferd) Die Messung der Herzfrequenzvariabilität, um die Bilanz zwischen sympathischer (Stress) und parasympathischer (beruhigend) Aktivität zu bestimmen, ist eine allgemeine, einfache und günstige Methode. Allerdings die führt die Messung nach der Rollkur wahrscheinlich dazu, dass das Zeitfenster erfasst wird, in dem das Pferd noch "high" durch Endorphine ist oder schon wieder Müde. Hinzu kommt, dass ein Grand-Prix-Pferd ein trainierter Athlet ist. Man kann damit erwarten, dass sich die Herzfrequenz schneller erholt (Hada 2006), als bei einem weniger trainierten Pferd, so dass die zwei Gruppen der in der Studie betrachteten Pferde vielleicht nicht völlig vergleichbar waren. Eine bessere Möglichkeit zum Studium dieser Methode wären wiederholte Messungen von sowohl dem Endorphin- als auch dem Cortisol-Level, von denen letzterer über den Speichel durchgeführt werden kann. Sloet van Oldriutenborgh-Oosterbaan hat einen Test mit 8 Reitschulpferden durchgeführt, die entweder über Rollkur (über angezogene Zügel, allerdings weniger als es oft bei Turnierreitern gesehen wird) oder frei mit nur leichtem Zügelkontakt geritten wurden. Der Test wurde immer nur für wenige Minuten im Trab und Galopp durchgeführt, NICHT vergleichbar mit der Nutzung der Rollkur durch Turnierreiter während des Abreitens oder des Morgentrainings. Trotz der kurzen Dauer, waren die Herzfrequenz und die Konzentration des Blutplasmas während der Rollkur höher, was auf eine höhere Arbeitsbelastung hinweist. Das Säure-Base Verhältnis, das als pH-Wert gemessen wurde, war bei den Pferden, die frei geritten wurden höher als bei den Pferden, die in Rollkur geritten wurden, was auf den versauernden Effekt der Rollkur hinweist (Sloet van Oldriutenborgh-Oosterbaan 2006). Auf Basis dieser Studien und Ihren Schlussfolgerungen, mache ich mir Sorgen über die Auswirkungen der Rollkur/Hyperflexion für das Wohlergehen der Pferde, zusammengefasst in der folgenden Hypothese: Die Pferde bewegen sich vor allem im Galopp und in versammelter Arbeit mit mühsamer/schwerer Atmung, was auf suboptimale Sauerstoffversorgung und weniger Kohlenstoffdioxidaustausch hinweist. Die möglichen Effekte sind: Endorphine haben einen schmerzstillenden Effekt, so dass die Pferde härter trainiert werden können, ohne dass sie sich wehren oder offensichtlich Beschwerden oder Schmerz zu verspüren. Ein Pferd, das Konfliktverhalten zeigt, obwohl es unter dem Einfluss einer großen Menge von Endorphin steht, sagt deutlich etwas über die Beeinträchtigung seines Wohlergehens aus. Über Rollkur/LDR gerittene Pferde zeigen in verschiedenen Situationen oft Konfliktverhalten, aber die Art des Trainings zwingt die Pferde in Unterwerfung. Die Arbeit unter hohen Endorphin-Werten kann kleinere Schäden der Pferde verschleiern. Beta-Endorphin kann ein Gefühl der Euphorie bewirken, was dazu führen kann, dass das Pferd "süchtig nach Training" werden kann, allerdings auf der Basis einer neurochemischen Reaktion im Gehirn, die durch den Reiter erzwungen wird (durch angezogene Zügel und der starken Nutzung von Gebiss und Sporen) und nicht als eine ehrliche Entwicklung der Zusammenarbeit zwischen zwei Lebewesen. Die Medikation mit Morphin und Endorphinen ist durch die Dopingvorschriften streng verboten und die Rollkur/LDR könnte ein "endogenen Doping" erzeugen – das Pferd selbst erzeugt durch das extreme Training ein hohes Level an starkem und medizinisch aktiven beta-Endorphin?? Dies könnte (teilweise) die Überreaktionen die bei vielen Rollkur gerittenen Pferden beobachtet werden erklären: Konfliktverhalten während der Preisverleihung als eine Folge des Entzuges; Erregbarkeit und Stimmungsschwankungen aufgrund schwankender Endorphinwerte?? Das Pferd könnte regelmäßig als chemisch/medizinisch abhängiges "Sportgerät" funktionieren, was durch den eigenen Körper aufgrund der extremen Trainingsmethode bewirkt wird?? Ist es so einfacher zu kontrollieren als es sonst wäre?? Ist das die Art und Weise, auf die die Reiter mit dem Pferd zusammenarbeiten wollen – um des Sports willen?? Mögliches Blutdoping, wenn die Rollkur über einen längeren Zeitraum angewendet wird Möglicher Langzeiteffekt auf die Nackenbänder (Weiler 1997) Die ethische Fragestellung, ob man ein Pferd harte Arbeit leisten lässt, während es eines der wichtigsten Sinne beraubt ist, dem Sehvermögen... Das kann das Pferd übersensibel auf andere Sinneseindrücke machen und es in bestimmten Situationen, wie der Preisverleihung, außer Kontrolle reagieren lassen. Das ethische Problem, dass das Pferd während des Trainings in eine "Zwangsjacke" gesteckt wird, zum einen physisch (durch das Gebiss, angezogene Zügel, usw.), zum anderen chemisch, welches durch die Trainingsmethode bewirkt wird und wesentlich länger anhält als die Trainingseinheit selbst. Um diese komplexen Zusammenhänge festzustellen, ist es dringend notwendig, dass unabhängige Forschung zu diesem Themengebiet durchgeführt wird – für das Wohlergehen der Pferde und – wenn Dressur als Sport eine Zukunft haben soll – so dass eine der fundamentalen FEI-Regeln erfüllt wird: Reiten soll die "harmonische Entwicklung des Körpers und der Fähigkeiten des Pferdes" verbessern. Kurz gesagt könnte LDR/Rollkur/Hyperflexion durch das Quetschen der Luftröhre und die Verminderte Sauerstoffzufuhr "grandiose" Auswirkungen auf das Gehirn des Pferdes haben. Es ist bekannt was Sauerstoffmangel bei Menschen und anderen Säugetieren hervorruft, wenn es beim Pferd ähnlich ist, kann LDR/Rollkur/Hyperflexion eine Art "selbstproduziertes Blutdoping" hervorrufen und das Pferd in eine Hormon-Abhängigkeit bringen. Die Auswirkungen dieser - und noch einiger anderer möglichen Folgen - könnten ein ganz neues Licht auf die Diskussion werfen und vielleicht sogar zum generellen Verbot führen. Ich finde das sehr interessant, das Thema mal aus der biochemischen Sicht zu betrachten und nicht "nur" aus der biomechanischen. Die Auswirkungen auf Gehirn und somit Körperfunktionen erscheinen mir fast noch krasser als die Auswirkungen auf den Bewegungsapparat. Sollte auch nur die Hälfte davon für richtig befunden werden finde ich ist das absolut schockierend und Grund mehr gegen diese Perversität zu protestieren. Eure Meinungen dazu?
Es geht in dem Text ja aber nicht "nur" darum, dass die Rollkur nicht gut ist, sondern, dass sie das Pferd wohlmöglich abhängig machen kann, so dass es "süchtig" nach dieser ungesunden Haltung wird. Was freilich nur noch ein sehr erschreckender Punkt mehr dafür ist, warum dieser LDR-Kack verboten werden sollte.
Ich denke, wenn es Forschern gelingt nachzuweisen, dass die Folgen von Hyperflexion dem Blutdoping gleichen, dann ist es auch wie Doping zu behandeln. Schließlich werden Pferde ja auch von Turnieren gesperrt wenn sie zu viel Cortisol im Blut haben, was der Körper aber eben auch selber produzieren kann ^.^ Sollte sich das bestätigen ist dieses düstere Kapitel hoffentlich bald Geschichte.