1. Diese Seite verwendet Cookies. Wenn du dich weiterhin auf dieser Seite aufhältst, akzeptierst du unseren Einsatz von Cookies. Weitere Informationen

Ein paar Kurzkrimis

Dieses Thema im Forum "Talk Café" wurde erstellt von Kazuha, 11 Sep. 2005.

  1. Kazuha

    Kazuha Neues Mitglied

    Jenseits der Stille


    Über den Dächern von Nizza begann der Tag danach ... Dornenvögel sangen das Wiegenlied für eine Leiche ...
    Die Dinge des Lebens hatten sich für den Teufel in Seide, der seit der Meuterei am Schlangenfluß und der Meuterei auf der Bounty die Freibeuterin genannt wurde, jäh gewendet. Wer Gewalt sät ...


    Die Spaziergängerin von Sans-Souci, die dafür berüchtigt war, ihre Namen beliebig auszutauschen, bestieg den Zug 16h ab Paddington. 12 Uhr Mittags am darauffolgenden Tag erreichte sie die Herberge zur 6. Glückseligkeit, in deren Empfangshalle stets schmutziger Lorbeer zu stehen pflegte und Aladins Wunderlampe schummriges Licht verbreitete. Ihr hochmütiges Gesicht sondierte schnell und gekonnt die Umgebung, so, als wolle sie fragen "Wie angele ich mir einen Millionär?

    Die Ferien des Monsieur Hulot in diesem Etablissement hatten gerade erst begonnen. Er war der Drehbuchautor, der durch Filme wie 'Kap der Angst', 'Der Herr der Ringe' und 'Tod auf dem Nil' weltweit zu Ruhm gekommen war.

    Rosemaries Baby, dessen Vater er war, ließ er mit seiner African Queen, so nannte er zärtlich seine Lebensgefährtin, schlaflos in Seattle zurück. Eine French Connection ermöglichte ihm den Aufenthalt in diesem verschlafenen Nest, das die drei von der Tankstelle naturbelassen für solvente Feriengäste gepachtet hatten. Das Dschungelbuchmußte sie inspiriert haben, und Robinson Crusoehätte seine wahre Freude daran gehabt ...

    Der Autor brauchte dringend Urlaub von seinem kleinen Schreihals mit dem Spitznamen Cat Ballou, um hier im Jurassic Park ungestört an seinem neuen Drehbuch 'Der Pferdeflüsterer' weiterarbeiten zu können. Er hatte sich zum Ziel gesetzt, für mindestens sieben Filme zu schreiben, denn das Brot der frühen Jahre reichte nicht mehr für seine kleine Familie.
    Herrliche Zeiten erhoffte er sich nun in seinem Feriendomizil. Aber mit der Ruhe sollte es schon bald vorbei sein, denn er lernte die zwei Gesichter einer Frau kennen.

    Der blaue Engel - ihr Repertoire an Namen war geradezu unerschöpflich - führte sich in Onkel Toms Hütte, wie sie den Gasthof verächtlich nannte, nach dem Motto 'man lebt nur einmal' wie das wilde Schaf auf. "Das Gesetz bin ich", pflegte sie stets brüsk zu sagen, wenn sich wieder einmal jemand über sie beschwerte. Und ihr zischelnder Nachsatz "Hunde wollt ihr ewig leben?" ließ alle auf der Stelle erstarren.

    Es war Nachsaison, und außer ihr und dem Autor waren lediglich noch zwei Feriengäste anwesend - Madame Bovary und der Kaufmann von Venedig. Niemand hatte eine Ahnung, wer diese mysteriöse Frau, die den Tanz der Vampire so perfekt beherrschte, wirklich war und woher sie kam. Alle spürten eine gewisse, unheimliche Spannung, die über dem Ort lag, und jeder von ihnen machte sich so seine Gedanken.

    "Moderne Zeiten" , hörte man jemanden murmeln, als sie einmal wie Lawrence von Arabien verkleidet das indische Grabmal betrat, wie sie den Frühstücksraum bezeichnete.

    Der Graf von Monte Christo, der adlige Herbergsvater, dachte schaudernd bei sich: "Denen man nicht vergibt" ...
    Er hatte bisher immer Blondinen bevorzugt, aber diese hier, die barfuß im Park herumirrte und jedermann fragte "Lieben sie Brahms?" war nicht nach seinem Geschmack!


    Eines weniger schönen Tages erschien My fair Lady nicht wie üblich zum Dinner. Während sich die anderen angeregt über die Ansichten eines Clowns unterhielten, dem das Haus in Montevideo gehörte und der sich als der Stadtneurotiker einen Namen gemacht hatte, fuhr der Taxi Driver vor. Emil und die Detektive stürmten ins Haus. Ihnen folgte dicht auf dem Fuß Dirty Harry, der Schakal genannt. Seit er den Fall 'Cleopatra', die die Blues Brothers ermordete, so brillant gelöst hatte, waren das Mädchen und der Kommissar Stadtgespräch.


    Im Nu verstummte die Unterhaltung, und ein ohrenbetäubender Knall durchriß die Stille. Blut-überströmt und röchelnd wankte unter entsetzten Augen ein Mann in den Speisesaal - nur Pferden gibt man den Gnadenschuß ...


    "Eine Leiche zum Dessert" ... durchfuhr es den Gastwirt, und ein Aufschrei ging durch den Raum:

    Bei Anruf Mord!!

    Schlagartig erinnerten sie sich an die rätselhafte Mordserie, die bis dato von der Soko 'Stirb langsam' nicht aufgeklärt werden konnte.

    Allen wurde klar: der sterbende Mann ist Dr. Jekyll und Mr. Hyde - der personifizierte Frankenstein-, eben diese unheimliche Frau, die sich hier in der Pension als 'Alice im Wunderland'eingetragen hatte!

    Als ihr damals die spektakuläre Flucht von Alcatraz gelang - die zwölf Geschworenen hatten sie des Mordes an Harold und Maude überführt, nachdem die Zeugin der Anklage sie schwer belastet hatte -, leistete sie sich einen ebenso aufsehenerregenden Coup: sie gab ihrem gerade entlassenen Mithäftling Quax, der Bruchpilot, Rosen für den Staatsanwalt mit, die dieser ihm mit den Worten "Leichen pflastern seinen Weg" überreichte.

    'Anatomie eines Mordes' war auf dem Abspann zu lesen, und sichtlich beeindruckt verließen zwei glorreiche Halunken das Kino.


    Spiegelfechterei



    "Ich war's nicht, verdammt noch mal, ich war's nicht! Wie hätte ich es denn auch tun können?!"

    "Ruhe," brüllte er, "die Fragen stelle ich!"


    Der Rauch seiner Zigarette umgab ihn; er saß an einem runden Holztisch, der in der Mitte des kleinen Raumes stand. Im Innern war es düster, ein Fenster gab es nicht. Das matte Licht stammte von einer Lampe, die mit Staub bedeckt war und von der Decke tief auf den Tisch herabhing. Sie warf wenig Schatten und machte keinen vertrauenserweckenden Eindruck. So schlicht es war, so unbehaglich war es auch. Irgendwo an der Wand war ein Spiegel angebracht.

    Er sah müde und erschöpft aus, fuhr sich unentwegt durch die zerzausten Haare.

    "Ich sitze hier jetzt geschlagene acht Stunden, Herr Kommissar; ich hab' Ihnen schon alles gesagt, was ich weiß. Was wollen Sie denn noch hören?"

    "Zum Beispiel, wo Sie gestern Nacht zwischen 23.00 Uhr und 23.30 Uhr waren ..."

    "Das habe ich doch schon zweimal gesagt: in der Wirtschaft 'Zum goldenen Dolch'."

    Diese Gaststätte existierte zweifelsohne, jedoch war ihm nicht ganz wohl, als er den Namen nannte.

    "Gibt es dafür Zeugen?"

    Einen ganzen Tag lang dauerte nun bereits das Kreuzverhör. Und er ließ nicht locker.

    "Naja, Mayer war da, und der Schmidthuber. Die können Sie ja fragen."

    "Schon geschehen; die wollen Sie aber gar nicht gesehen haben. Na, was sagen Sie jetzt?"

    Seine Stimme wurde schärfer, bestimmter. Er hatte sich durch seine stupide Fragerei in eine Falle hineinmanövriert, und ein möglicher Ausweg schien in immer weitere Ferne zu rücken.


    "Antworten Sie!! Nichts? Hatten Sie und Ihre Frau einen Streit? Sie wissen schon. Haben Sie sie vielleicht geschlagen?"


    Die ganze Zeit hatten sie sich in die Augen geschaut; - jetzt wandte er den Blick von seinem Gegenüber ab und sah betreten zu Boden.


    "So war es doch, nicht wahr? Sie haben gestritten, dann haben Sie ein Messer genommen, und ehe Sie sich's versahen, war sie tot! Gestehen Sie doch endlich, geben Sie's endlich zu!!"


    Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn. Sein Herz begann zu rasen. Da hatte er den Salat. Was sagen? Wie entgegnen?


    "Aber ich habe sie doch geliebt!"

    "Wen? Mich?!?"

    "Nein, meine Frau natürlich."

    "Ja eben, und dann töten Sie sie so kaltblütig; Sie stechen sie einfach ab?! Zack, ein Hieb, mal hier, mal dort - fertig ist der Meuchelmord?! Mensch, was haben Sie sich eigentlich dabei gedacht? Brauch-te Ihre Küche eine neue Farbe? Rot kann man auch kaufen!"

    Er begann sich auszulachen. Erst unsicher, dann plötzlich hämisch, heimtückisch, höllisch. Und mit einem Mal war er wieder ruhig und in sich gekehrt, beinahe reuevoll.

    "Und? Geben Sie nun endlich auf? Ihr Schweigen wird Ihnen nur Schaden, nicht Nutzen bringen!"

    Das war die klassische Sackgasse. Alle Beweise sprachen gegen ihn, Entlastung gab es nicht, und sein gestricktes Alibi hatte sich ebenso schnell wieder in Luft aufgelöst, wie er es sich ausgedacht hatte. Er hatte sich selbst überführt. Da saß er also, ungefähr mit der Angst, die eine Seifenblase einer Steck-nadel entgegenbringt.

    "Na gut, sie Quälgeist!!!" brüllte er plötzlich laut hervor, "Sie haben gewonnen! Ja, ich war es. Ich habe sie umgebracht. Wenn Sie nicht gewesen wären, hätte es niemand bemerkt."

    Er steigerte sich jetzt richtiggehend in seine Rolle hinein und seine Stimme überschlug sich bisweilen. Es gab nur noch einen Ausweg.

    "Keiner, sag ich, keiner hätte es rausgefunden!! Aber Sie mussten ja der Gerechtigkeit nachgehen, immer auf der Suche nach der Wahrheit, wie? Aber was ist das schon, 'Gerechtigkeit', na? Ich will Ihnen was sagen: Sie wissen jetzt vielleicht über mich Bescheid, aber kriegen tun Sie mich nicht.

    Niemals! Hören Sie? Niiiemaaaals!!!"

    Seinen letzten Worten hatte er einen besonderen Nachdruck verliehen, sie waren nahezu geheimnisvoll.

    Dann ging alles furchtbar schnell. Er fasste in seine Hosentasche, ergriff sein Messer und rammte es sich in die Brust!

    Als er in den Spiegel blickte, sah er den Kommissar mit schmerzverzerrter Miene in sich zusammensinken; er klammerte sich an den Tisch und fiel schließlich zu Boden.

    In diesem Moment klirrte die Glühbirne, und es war dunkel im Zimmer.
     
  2. Shorny

    Shorny 10 Jahre reiten - und kein Ende in Sicht^^

    wow!is ja cool!....
     
  3. joe

    joe smile

    Applaus

    da kann man nur klatschen... :)
    [MP3]http://www.flurl.com/attachments/2005/Nov/15/FLURL-dot-com-6102-Clapping00MP3.mp3[/MP3]
     
  4. Lucky

    Lucky Neues Mitglied

    cool!!!!!!
     
  5. SammyHorse

    SammyHorse Guest

    Cooooooool!!!!!!!!!!!!!
     
  6. Sadmoon

    Sadmoon Fliegen wie ein Vogel!

    Find ich noch ganz spannend!
     

Diese Seite empfehlen