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Sammy

Successful Glamour

Hannoveraner | Stute | 21 Pkt. || DR: A (1) | SPR: S*** (14) | MIL: M (3)

Successful Glamour
Sammy, 29 März 2020
Dir, Bracelet, AliciaFarina und 7 anderen gefällt das.
    • Sammy
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      Es geht los!
      20.-27. April 2020
      Aufgeregt flogen meine Augen über den Bildschirm meines Laptops, als ich die heiß ersehnte E-Mail vom Veranstalter des diesjährigen Horse Makeovers las. In diesem Jahr sollte sich im Vergleich zum HMJ 2019 einiges ändern. Die Tiere stammten dieses Mal nicht von der Pferde Mafia, sondern waren vom Tierschutzverein auserwählt worden. Einige hatte man aus schlechter Haltung gerettet, andere waren beim Verein abgegeben worden. Aber auch für uns Teilnehmer gab es viele Neuerungen. Zum einen waren die Pferde diesmal schon im Vorfeld vorgestellt worden, zum anderen hatte man sich auf ein bestimmtes Pferd bewerben müssen. Obwohl ich unbedingt wieder Teil dieses großartigen Projekts hatte sein wollen, stand für mich von Beginn an fest, dass ich mich nur für ein Pferd bewerben würde, das zu meinem Gestüt passen würde. Im letzten Jahr hatte ich mich nämlich so sehr in meine Elfentanz verliebt, dass ich sie um nichts in der Welt wieder abgeben würde. Daher waren nur einige wenige Tiere für mich in Betracht gekommen. Als ich jedoch das Bild der feuerroten Vollblutstute HMJ Blessing gesehen hatte, war ich sofort überzeugt gewesen. Diese Stute sollte es sein. Laut der Beschreibung war Blessing ausgesetzt worden und man vermutete, dass sie früher auch schon Rennen bestritten hatte. Das bedeutete, dass ich es in diesem Jahr nicht mit einem komplett rohen Pferd zu tun haben würde. Seit meiner Bewerbung für Blessing war nun beinahe ein Monat vergangen. Ich hatte keine Ahnung, wie meine Chancen standen. Zwar hatte ich mich im letzten Jahr ganz gut geschlagen, doch ich hatte auch gehört, dass es gerade für Blessing mehrere Bewerber gab. Zu Beginn der Mail gab es einige einleitende Worte und Informationen, doch dann fiel endlich der Satz, auf den ich gehofft hatte: "Samantha O'Neill, das Horse Makeover Team freut sich, Ihnen mitteilen zu dürfen, dass wir Sie als Trainerin für HMJ Blessing ausgewählt haben!" Ich strahlte. "Ana! Ana, komm doch mal!", rief ich ausgelassen. Kurz darauf rauschte eine kleine blonde Frau in mein Büro und blieb atemlos vor mir stehen. Ein Blick in mein leuchtendes Gesicht genügte. "Du bist dabei!", rief sie freudig. Dann umarmte sie mich stürmisch. Nach und nach kamen auch die Jungs herbei, die gerade mit der Stallarbeit beschäftigt gewesen waren. "Was ist denn hier los?", fragte Donald grinsend. Er fand uns Mädels immer ein wenig albern. Doch auch der rothaarige Trainer strahlte, als wir ihm die guten Neuigkeiten mitteilten. "Was schreiben sie denn noch? Wo und wann holst du Blessing ab?", fragte Brian, der ruhigste meiner Angestellten. Ich errötete. "Ich hab‘ ehrlich gesagt noch gar nicht weiter gelesen. Wollte euch erst die frohe Botschaft übermitteln.", lachte ich. Also drängten wir uns alle vor meinem Laptop, um die Mail zu Ende zu lesen. Momentan befanden sich alle Pferde des Makeovers auf der Lindö Dalen Stuteri in Schweden. Dort fand auch die Eröffnungsveranstaltung des Makeovers statt und wir hatten dann eine Woche Zeit, um unsere neuen Schützlinge auf die Heimreise vorzubereiten. Das gefiel mir ausnehmend gut. Ich kannte zwar die knappe Charakterbeschreibung von Blessing, doch niemand der Anwesenden hatte bisher mit dem jungen Pferd gearbeitet, also konnte auch niemand sagen, wie weit das Vollblut in ihrer Ausbildung war. So konnte ich mein Stütchen erst einmal kennen lernen, bevor ich es auf die stundenlange Reise nach England mitnahm. Außerdem war ich froh über die vergleichsweise kurze Entfernung von England nach Schweden. Die letztjährige Rückreise von Canada war doch recht strapaziös gewesen. Ich lächelte und klappte dann entschlossen meinen Laptop zu. Nun hatte ich einiges zu tun, um meine Abreise und natürlich Blessing’s Ankunft vorzubereiten.

      ~*~

      Montag – 20. April 2020
      Eine knappe Woche später kam ich mit meinem Pferdetransporter auf der Lindö Dalen Stuteri in Schweden an. Die Fahrt war lang gewesen, aber im Grunde genommen hatte ich sie genossen. Es war schön einmal ganz ohne Stress im Auto zu sitzen. Ana hätte mich am Liebsten begleitet, doch auf dem Gestüt zu Hause lief die Fohlensaison auf Hochtouren, daher war meine rechte Hand dort unentbehrlich. Für mich selbst war es auch nicht ganz einfach gewesen, mich eine Woche aus der Planung herauszunehmen, aber um nichts in der Welt hätte ich mir die Teilnahme am Makeover nehmen lassen. Außerdem hatte ich meinen Laptop dabei, um mein geliebtes Team über alles zu informieren, was hier passierte. Aber natürlich auch, um selbst zu erfahren, was zu Hause auf dem Gestüt so los war. Als ich mein Auto abstellte, wurde ich von einer jungen Frau begrüßt, die mich sofort zu den Ferienhäusern führte und mir mein Heim für die nächste Woche zeigte. Ich bedankte mich, stellte meine Sachen ab und verschwand dann erst einmal unter die Dusche, um mir nach der langen Reise ein wenig Entspannung zu gönnen. Anschließend zog ich mich in aller Ruhe um und schlenderte ein wenig zwischen den Ferienhäusern umher. In einer knappen Stunde würde das Makeover offiziell beginnen und ich konnte es kaum noch erwarten, endlich Blessing zu treffen. Ich traf einige bekannte Gesichter, die ich bereits von diversen Turnierplätzen, Trainingsrunden und natürlich dem letzten Makeover kannte und so verging die Zeit doch wie im Flug. Ich nahm meinen Platz ein und blickte gespannt zu dem Podest, das im Vordergrund aufgebaut war. Nach einer kurzen Ansprache von Nicolaus du Martin wurde auch schon das erste Pferd herangeführt, ein schöner Schimmel. Die neue Besitzerin hatte ich bereits im letzten Jahr kennengelernt, wir waren harte Konkurrenten gewesen. Außerdem hatte sie in diesem Jahr Zwillingsfohlen von meinem geliebten New Forest Ponyhengst Hollybrook's Cheeky Jot gezogen. Als nächstes folgte eine schöne Scheckstute, die an Occulta Smith ging. Die junge Frau führte ihr Gestüt Pineforest Stable - genau wie ich Meines - in England und wir hatten uns schon des Öfteren gegenseitig Pferde verkauft. Außerdem stammte ein Großteil meiner American Miniature Horses aus Occu's Zucht und im letzten Jahr hatte ich es endlich geschafft, eines ihrer begehrten Vollblut-Zuchtfohlen zu ergattern. Auch Caleb O'Dell, der einen interessant gefärbten Schecken in Empfang nahm, kannte ich bereits. Caleb hatte sich bereit erklärt, dass Training meines Nachwuchs-Paint-Horses Grace's Cookie 'n Cream zu übernehmen und war auch beim letzten Horse Makeover schon dabei gewesen. Die nächsten drei Pferdeübergaben bekam ich nur noch verschwommen mit, denn ich hatte im Hintergrund einen großrahmigen Fuchs mit großen weißen Abzeichen entdeckt. Das musste Blessing sein! Tatsächlich wurde ich gleich darauf erwähnt und man übergab mir den Führstrick der schönen Stute. Blessing war hochgewachsen und hatte ein feines Gesicht, mit großen braunen Augen. Sie wirkte zu dünn und ihr Langhaar war stellenweise verfilzt, doch ich war auf den ersten Blick verliebt. Ich zupfte leicht am Strick und das Vollblut folgte mir gehorsam auf die Seite, wo sich bereits die anderen Teilnehmer mit ihren Pferden aufgestellt hatten, um sich den Rest der Rede anzuhören. Blessing's Augen blitzten ab und an ängstlich, ansonsten schien die junge Stute jedoch eher teilnahmslos. Nun ging es um die Unterbringung unserer Tiere, während dieser ersten und so wichtigen Woche und ich hörte aufmerksam zu. Wir durften sämtliche Trainingsanlagen des Lindö Dalen Stuteri benutzen. Außerdem kamen die Pferde auf die Weiden und wurden mit selbst angebautem Heu versorgt. Das war vielleicht mal ein Luxus. Ein erster Blick auf Blessing hatte in mir allerdings auch schon den Entschluss geweckt, die Stute zusätzlich mit Kraftfutter und speziellen Vitaminen zu versorgen, damit sie ein wenig an Gewicht zulegen konnte. Um die quasi nicht vorhandenen Muskeln würden wir uns dann nach und nach zusätzlich durch schonendes Training kümmern. Zuletzt stellte sich noch ein Mann namens Benni Becks vor, der beim Tierschutz arbeitete. Ich sah überrascht auf. Das war neu. Benni würde sowohl angekündigte, als auch unangekündigte Kontrollbesuche vornehmen. Allerdings machte mir das wenig aus. Ich legte sehr viel Wert darauf, dass mein Gestüt gut gepflegt und die Pferde rundum versorgt waren. Daher sollten mir auch spontane Besuche keine Probleme bereiten. Zudem wirkte Benni sehr sympathisch und keinesfalls so, als wolle er uns das Leben schwer machen. Damit wurde die Begrüßungsrede beendet und die Teilnehmer machten sich mit ihren Pferden auf zu den uns zugewiesenen Koppeln. Blessing folgte mir absolut problemlos, schien sich aber auch überhaupt nicht für das Treiben um uns herum zu interessieren. Auf der Koppel angekommen, löste ich den Führstrick und ließ Blessing laufen. Das junge Vollblut trottete mit hängendem Kopf weg und hielt sich auch von den anderen Pferden fern. Nachdenklich blieb ich am Zaun stehen. Ich hatte nun bis zum gemeinsamen Abendessen Zeit zu freien Verfügung, doch da ich mein Zimmer bereits bezogen hatte, konnte ich erst einmal hier bleiben. Ich beschloss, mein neuestes Familienmitglied zunächst nur zu beobachten. Ich wollte sehen, wie Blessing sich verhielt, wenn sie sich unbeobachtet fühlte. Die anderen Teilnehmer verschwanden nach und nach. Entweder, um sich einzurichten oder um sich mit ihren Pferden in Ruhe zu beschäftigen. Ich dagegen setzte mich an den Zaun und sah zu Blessing herüber. Die junge Stute stand abseits, rupfte ab und an ein paar Halme Gras und starrte ansonsten lustlos vor sich hin. Die anderen Pferde ignorierte sie komplett und diese hielten es mit ihr genauso. Wie Blessing so alleine da stand, gab sie ein Bild absoluter Traurigkeit ab und ich fragte mich, was die Stute in ihrem kurzen Leben wohl bereits durchgemacht hatte. Das Makeover Team ging davon aus, dass Blessing ein ehemaliges Rennpferd war. Da die junge Stute jedoch weder ein Brandzeichen hatte und man auch ihren richtigen Namen nicht kannte, war die Suche nach dem ehemaligen Besitzer ebenso erfolglos geblieben, wie die nach eventuell bereits bestrittenen Rennen. Ich runzelte die Stirn und überlegte, wie ich nun weiter vorgehen sollte. Die Sattlerei Royal Peerage hatte sich auch in diesem Jahr die Mühe gemacht, für jedes Makeover Pferd etwas zu spenden. Ich hatte mich für ein Starterset in rot entschieden. Das entsprechende Knotenhalfter trug Blessing bereits. Nun nahm ich die dazugehörige Futterschale und ging hinüber zu den Stallungen, um die Veranstalter nach etwas Leinsamen und Kleie zu fragen, damit ich für Blessing ein Mash anrühren konnte. Einige Vitamin- und Futterzusätze hatte ich mir selbst mitgebracht. Nachdem Nicolaus mir mein Futter übergeben hatte, ging ich zurück zu meinem Zimmer und suchte die Vitaminfläschchen heraus. Zunächst wanderten Vitamin A und K in die Futtermischung. Sie sorgten vor allem für stabile Knochen. Zudem unterstützte Vitamin A auch die Immunabwehr. Auch etwas Biotin fand seinen Weg in die Futterschale. Da Blessing recht poröse Hufe hatte, war das Vitamin sehr wichtig für sie. Sobald wir zu Hause waren, würde ich auch einen Hufschmied beauftragen, damit er sich ihre Hufe ansehen konnte. Ich schüttelte ein kleines Tütchen und gab Sojaprotein in das Futter. Eiweiß war essentiell für den Muskelaufbau und mit Sojaprotein hatte ich bei meinen Pferden zuhause schon sehr gute Ergebnisse erzielt. Ganz zum Schluss fügte ich dem Futter einige essentielle Aminosäuren hinzu, die ein Futterexperte für mich angemischt hatte, nachdem ich ihm von Blessing's Zustand berichtet hatte. Ich war als Gestütsleiterin bei der Futterzusammenstellung zwar selbst recht fit, doch wenn es dann so ins Detail ging, verließ ich mich doch lieber auf echte Fachleute. Dieses Futtergemisch sollte Blessing helfen, ein wenig Gewicht zuzulegen und auch langsam den Muskelaufbau fördern. Ich vermischte das Futter und übergoss es mit warmem Wasser, da das Mash so besonders leicht verdaulich war. Anschließend ging ich mit der Schale hinaus auf den Hof, stellte sie vor der Koppel ab und ging zu Blessing. Die Stute hob den Kopf, als ich an sie herantrat, blieb jedoch stehen und ließ sich einfangen. Ich konnte einfach nicht einschätzen, was im Kopf des jungen Vollbluts vorging. Was für ein riesengroßer Unterschied zu meinem letztjährigen HMJ-Pferd Elfentanz! Der Trakehnerstute hatte man ihre Emotionen quasi am Gesicht ablesen können. Blessing dagegen war viel verschlossener. Ich zupfte am Führstrick und Blessing folgte mir mit etwas Abstand. Dabei hob sie nicht einmal die Füße richtig. Ich schloss das Weidetor, nahm die Futterschale in eine Hand und führte Blessing ein Stück weit weg, damit sie ihr Abendessen in Ruhe genießen konnte. Als ich die Schale vor dem Fuchsstütchen abstellte und den Führstrick lang ließ, um ihr etwas Raum zu geben, senkte Blessing den Kopf und zog geräuschvoll Luft durch ihre geweiteten Nüstern ein. Vorsichtig senkte sie ihr weißes Maul in das Futter und nahm einen Happen.
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      Dann hob sie den Kopf wieder. Ein wenig Mash tropfte von ihrem Kinn und das Stütchen hatte die Ohren zurückgeklappt. Dabei sah sie richtig nachdenklich aus. Ich kicherte, was Blessing dazu veranlasste, mich überrascht anzusehen. Gleich darauf kippten ihre Ohren jedoch wieder zur Seite und sie verlor jegliches Interesse an mir. Ich aber hatte den Eindruck, dass ich gerade einen kurzen Einblick in Blessing's Charakter bekommen hatte: Auf ein aufgeschlossenes, junges Pferd, das neugierig auf die Welt war. Blessing fraß ihr Futter bis auf den letzten Krümel aus und schleckte sogar die Futterschale ab. Also schien es ihr zumindest geschmeckt zu haben, auch wenn man das ansonsten nicht wirklich gemerkt hatte. Ich trat an das Stütchen heran und strich ihm vorsichtig über den dünnen Hals. Um Mähne und Schweif würde ich mich in den nächsten Tagen kümmern, die sehr verfilzten Stellen würde ich aber wohl abschneiden müssen. Zudem hatte Blessing am Widerrist eine aufgescheuerte Stelle. Die würde ich mit Salbe behandeln und gut beobachten. Somit war auch klar, dass ich Blessing die nächste Zeit nicht mit Gurt longieren würde. Zuerst sollte die Verletzung ausheilen. Blessing ließ sich zwar überall berühren, doch als ich über ihren Bauch fuhr, zuckte sie kurz zusammen. Sattelzwang vielleicht? Auch ihre Hufe gab das junge Pferd mir nur ungern, widersetzte sich aber nicht. Ich bekam immer mehr das Gefühl, dass Blessing einfach tat, was von ihr verlangt wurde, um es möglichst bald hinter sich zu bringen. Ich hängte mir den Führstrick in die Armbeuge und begann damit, Blessing mit kleinen Bewegungen zu massieren. Der Kopf der Stute sank tiefer, doch so hatte sie vorhin auch auf der Koppel gestanden. Dennoch konnte die Behandlung Blessing ja nicht schaden, also machte ich weiter, arbeitete mich den dünnen Hals entlang, zur Schulter und das Vorderbein hinunter. Dasselbe wiederholte ich auf der anderen Seite. Dann warf ich einen Blick auf die Uhr und stellte fest, dass ich mich sputen musste, wenn ich rechtzeitig zum gemeinsamen Abendessen erscheinen wollte. Ich führte Blessing auf die Koppel, tätschelte ihr den Hals und ließ sie dann laufen. Blessing schlurfte wieder in ihre Ecke und würdigte die anderen Stuten keines Blickes.
      Ich betrachtete sie noch eine Minute, dann ging ich mit gerunzelter Stirn und ziemlich in Gedanken versunken zum Abendessen. Ich war nicht die Einzige, die etwas zu spät kam und es war ein sehr lustiges Beisammensein. Wir tauschten uns gegenseitig über unsere Pferde und geplante Trainingsabläufe aus, erzählten uns Einzelheiten über unsere jeweiligen Höfe und quatschten über Gott und die Welt. Niemand hielt mit seinen Plänen und Zielen hinter dem Berg, was ich sehr schön fand. Noch war von Konkurrenzdruck keine Spur. Als sich die Runde schließlich auflöste, war ich fix und fertig. Langsam machten sich doch die lange Fahrt und der aufregende Tag bemerkbar. Dennoch sah ich noch einmal kurz bei Blessing vorbei, um mich zu vergewissern, dass es meinem Stütchen an nichts fehlte. Auch jetzt noch stand Blessing abseits der anderen, allerdings hatte sie den Kopf erhoben und schaute über den Zaun hinweg. In dieser Pose sah sie regelrecht anmutig aus und ich ging leise weiter, um die junge Stute nicht dazu zu bringen, zurück in ihre fast schon apathische Haltung zu fallen. Es würden mit Sicherheit interessante drei Monate werden, davon war ich überzeugt.

      ~*~

      Dienstag – 21. April 2020
      Am nächsten Morgen war ich schon vor dem Morgengrauen auf den Beinen. Auf meinem Gestüt Hollybrook Stud trainierte ich Galopprennpferde, daher war ich es gewohnt, vor den meisten anderen wach zu sein. Leichter Nebel hing über dem Lindö Dalen Stuteri und es war noch ziemlich frisch. Ich zog den Reißverschluss meiner Jacke enger und ging mit energischen Schritten los. Auf dem Weg zu den Koppeln begegneten mir nur wenige Leute. Die meisten Teilnehmer schliefen wahrscheinlich noch. Am Koppelzaun hielt ich Ausschau nach Blessing und entdeckte sie an beinahe derselben Stelle, an der ich sie gestern Abend zurückgelassen hatte. Wieder stand das Stütchen mit hängendem Kopf da und schien vor sich hinzudösen. Ich lief zum Aufenthaltsraum, da Nicolaus mir versprochen hatte, dort die Zutaten für Blessing's Mash abzustellen. Solange Blessing unterernährt war, bekam sie das nahrhafte Futter zweimal täglich. Ich fand einen Korb mit meinem Namen darauf und packte alles zusammen, um Blessings Futter anzumischen. Kurz darauf ging ich wieder hinüber zu den Weiden der Makeover-Stuten, schnappte mir Blessing's Führstrick und ging zu ihr hinüber. Wie auch gestern schon, ließ sich das junge Vollblut artig von der Koppel führen und senkte dann sogleich den Kopf in ihre Futterschale. Ich ließ Blessing in aller Ruhe frühstücken, dann band ich sie an einen Pfosten und begann vorsichtig, ihr kupferfarbenes Fell zu striegeln. Man sah Blessing die fehlende Pflege deutlich an. Ihr Fell war stumpf und rau, das Langhaar glanzlos. Doch daran würden wir nun tagtäglich arbeiten und die Futterzusätze sollten ihr Übriges tun. Ich hob Blessing’s Bein hoch, damit ich ihren Huf auskratzen konnte. Die Hufe waren wirklich in schlechtem Zustand. Nicolaus vermutete, dass dies von zu häufig wechselndem Beschlag kam und ich fand die Erklärung plausibel. Wahrscheinlich war Blessing zu früh und zu hart trainiert worden und hatte nicht wirklich menschliche Nähe erfahren dürfen. Das könnte ihre teilnahmslose Haltung verursacht haben. Aber natürlich waren das alles nur Spekulationen, keiner von uns kannte Blessing’s wahre Vergangenheit und so wie es aussah, würden wir auch nie etwas darüber erfahren. In Gedanken versunken stellte ich mir meinen Plan für den heutigen Tag zusammen. Nach dem Frühstück wollte ich mit Blessing in den Roundpen gehen und sie am Nachmittag vielleicht auch schon eine kleine Runde spazieren führen. Wenn das Vollblut nicht gerade geführt wurde, hatte ich noch nie gesehen, dass die Stute sich bewegte. Mal davon abgesehen, dass das ihrem Gesundheitszustand nicht gerade zuträglich war, war es auch ein sehr ungewöhnliches Verhalten für ein solch junges Pferd. Ich fuhr mit den Fingern durch die Teile ihres Schweifes, die nicht verfilzt waren. Dann massierte ich die Stute noch einmal. Für die Fahrt würde ich Transportzubehör benötigen. Der Reitzubehörbedarf Atomic Shop hatte eine spezielle Collection für die Makeover-Pferde angefertigt und bot jedem Teilnehmer 50% Rabatt. Dort würde ich mich später einmal umsehen und das passende Zubehör für Blessing bestellen. Nun hatte ich immerhin die genauen Maße der Stute.
      Ich brachte Blessing zurück auf die Koppel und ging über den Parkplatz hinüber zum Aufenthaltsraum. Dort erwartete mich ein reichhaltiges Frühstücksbuffet und ich traf den ein oder anderen munteren Mitstreiter. Occu war selbstverständlich mit unter den Frühaufstehern, da ja auch sie ihre Galopprennpferde normalerweise früh am Morgen trainierte. Ich lud mir Pancakes auf den Teller und übergoss sie mit Sirup. Dann schnippelte ich mir einen Apfel und ein paar Erdbeeren darüber und setzte mich an einen Tisch. Nachdem ich mein Frühstück genossen hatte, suchte ich mir einen ruhigen Platz um meine Yogaroutine zu absolvieren. Sie gehörte inzwischen fest zu meinem Tagesablauf. Anschließend kehrte ich zur Stutenkoppel der Makeover-Pferde zurück, um mit Blessing das erste Training zu absolvieren. Ich betrat die Koppel und rief Blessing's Namen, doch die junge Stute spitzte nicht einmal die Ohren, geschweige denn, dass sie in meine Richtung blickte. Ich nahm ihren Führstrick vom Haken an der Weide und ging hinüber zu dem Fuchsstütchen. Wie auch zuvor schon folgte mir Blessing brav. Da ich das Stütchen am Morgen schon geputzt hatte, konnten wir nun sofort mit unserer Trainingseinheit beginnen. Mein heutiges Ziel war es lediglich, Blessing ein wenig Bewegung zu verschaffen. Der Roundpen des Lindö Dalen Stuteri war gerade nicht belegt und so führte ich mein Stütchen hinein und schloss das Tor hinter uns.
      Ich löste den Führstrick von Blessing’s Knotenhalfter und die Stute bewegte sich mit langsamen Bewegungen zum Rand des Round Pen. Sie flüchtete zwar nicht vor mir, aber sie wollte eindeutig auch nicht unbedingt in meiner Nähe sein. Ich rollte den Führstrick zusammen, schnalzte auffordernd mit der Zunge und schlug den aufgerollten Strick leicht gegen mein Bein, um Blessing in Bewegung zu setzen. Die junge Stute lief auch gehorsam vorwärts, allerdings fehlten ihr dabei jegliche Energie und Anmut. Sie schlurfte regelrecht dahin und stolperte das ein oder andere Mal sogar über ihre eigenen Füße. Nun war mir natürlich bewusst, dass es viele Pferde gab, die keine schönen Grundgangarten besaßen, doch bei Blessing schien das nicht der Fall zu sein. Viel eher hatte ich den Verdacht, dass das Fuchsstütchen einfach nicht schön laufen wollte. Sie hielt den Kopf hoch erhoben, drückte den Rücken durch und trabte um mich herum.
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      Dabei erinnerte das junge Vollblut mehr an ein Kamel, als an ein junges Rennpferd. Ich trat schräg einen Schritt auf Blessing zu, um sie zum wenden zu bewegen, doch die Stute achtete überhaupt nicht auf mich. Sie drehte ihre Kreise und hoffte wahrscheinlich, dass das Training bald vorüber war. Also ging ich ein paar Schritte auf die Umzäunung zu und winkte mit den Armen, als ich in Blessing’s Sichtfeld kam. Nun drehte die Fuchsstute doch ab und wechselte die Hand. Auch auf dieser Seite machte Blessing im Trab keine gute Figur. Ich schnalzte erneut mit der Zunge und lief in schrägem Winkel zum Pferd, damit Blessing angaloppierte. Doch erst nachdem ich den Führstrick leicht in Blessing’s Richtung schwang, galoppierte die junge Stute verhalten an. Ebenso wie der Trab, wirkte auch ihr Galopp eher ungelenk und verhalten. Als wir auf die rechte Hand wechselten, wurde es noch schlimmer. Es war normal, dass ein Pferd auf einer Hand besser lief als auf der anderen. Doch Blessing war auf der rechten Hand so sehr im Ungleichgewicht, dass ich annahm, dass dieser Unterschied eher am bisherigen Training der Stute lag. Rennpferde liefen im Rennen gegen den Uhrzeigersinn, also auf der linken Hand. Viele Trainer machten sich nicht die Mühe, den Pferden einen ausreichenden Ausgleich zu bieten, sodass der Rechtsgalopp irgendwann ein wenig verkümmerte. Diese Vermutung hegte ich nun auch bei Blessing, da das junge Pferd auf der rechten Hand wirklich vollkommen unbalanciert in die Biegung ging. Ich drehte mich ein wenig von Blessing weg, um ihr zu signalisieren, dass sie das Tempo wieder verlangsamen durfte und die Stute fiel erleichtert zuerst in einen holprigen Trab und dann in den Schritt. Ihre Flanken hoben und senkten sich für einen solch kurzen Galopp viel zu schnell – das Vollblut hatte keinerlei Kondition. Ich holte ein kleines Notizbuch aus meiner Tasche und vermerkte mir alles, was mir auffiel. Dieses erste Training heute diente mir als Bestandsaufnahme, damit ich einen passenden Trainingsplan für Blessing erstellen konnte. Ich hoffte sehr, dass die Stute mir irgendwann ihr Vertrauen schenken würde und verstand, dass ich ihr nichts böses wollte. Dass sie so ungern lief, konnte viele Ursachen haben. Vielleicht war sie von ihren vorherigen Besitzern überfordert worden, vielleicht war sie zu schnell und zu hart vorwärts gedrängt worden oder vielleicht war sie auch einfach enttäuscht von ihren Menschen und hatte deshalb ihre Lauffreude verloren. Irgendetwas sagte mir jedenfalls, dass Blessing’s gesamte Lebenseinstellung sich ändern würde, wenn wir dieses Problem in den Griff bekamen. Meine Vollblüter liebten das Rennen. Würde man ihnen das nehmen, wären sie wohlmöglich genauso lustlos wie Blessing es nun war. Ich nahm mir vor, Blessing in der nächsten Woche – wenn wir dann auf meinem Gestüt in England waren - einmal zur Rennbahn zu führen, wenn meine Englischen Vollblutpferde gerade ihr Training absolvierten. Vielleicht motivierte es die Stute ja, wenn sie beim Training der anderen zusehen konnte. Blessing war stehen geblieben und ich trieb sie sacht wieder vorwärts, damit sie sich im Schritt abkühlen konnte. Die junge Stute schwitzte ziemlich, wobei das natürlich auch vom Stress herrühren konnte. Das Problem war nur, dass man der Stute ansonsten überhaupt nicht ansah, was sie gerade beschäftigte. Wieder machte ich mir einige Notizen und runzelte nachdenklich die Stirn. Blessing würde in jedem Fall schwieriger zu trainieren sein, als Elfentanz im letzten Jahr. Ich hatte ja schon oft mit sogenannten Problempferden gearbeitet, doch Blessing’s Verfassung war etwas völlig Neues für mich.
      Ich rief den Namen der Fuchsstute, doch Blessing ignorierte mich. Also ging ich auf sie zu und befestigte den Führstrick am Halfter, um das Training zu beenden. Ich hatte gesehen was nötig war und das reichte für den Vormittag allemal. Heute Nachmittag wollte ich mit Blessing eine Runde spazieren gehen, um zu sehen, wie sie sich dabei anstellte. Nun jedoch führte ich mein Makeover-Pferdchen ersteinmal zum Putzplatz, band sie fest und füllte einen Eimer mit Wasser, um den Schweiß aus ihrem Fell zu waschen. Blessing schien es gewohnt zu sein, abgewaschen zu werden, denn sie zuckte nicht einmal mit der Wimper, als ich mit dem nassen Schwamm ihren Hals entlangfuhr. Ich arbeitete langsam und gründlich und summte dabei leise vor mich hin. Als ich aufsah, entdeckte ich, dass Blessing ein Ohr nach hinten gedreht hatte und offensichtlich auf mich lauschte. Ich lächelte und summte weiter. Wenn das meinem Pferdchen gefiel, umso besser. Blessings Beine wusch ich besonders gründlich und entfernte all die Flecken, die sich auf den weißen Abzeichen angesammelt hatten und die nur durch die Bürste nicht hatten verschwinden wollen. Blessing’s Fell war zwar noch immer stumpf, aber zumindest nun wieder vollkommen sauber. Ich holte mir einen zweiten, kleineren Schwamm und trat an Blessing’s Kopf. Kurz blitzte das weiße in den schönen Augen der Stute auf und sie warf den Kopf nach oben, dann jedoch fiel sie wieder zurück in ihre unterwürfige Haltung. Ich strich ihr vorsichtig über die Nase und hielt ihr den feuchten Schwamm hin, damit sie daran schnuppern konnte. Doch das schöne junge Pferd interessierte sich nicht dafür. Ich seufzte bedrückt und wusch sachte Blessing’s Gesicht ab. Die Laterne umrahmte ihre wunderschönen großen Augen und direkt über der Maulspalte hatte Blessing einen kleinen grauen Fleck. Ansonsten war das Fell um Maul und Nüstern herum leicht rosa. Ich fuhr zärtlich mit den Fingern über die Ganaschen der Stute, strich ihr über Ohren und Stirn. Blessing schloss die Augen, aber ich konnte nicht sicher sagen, ob ihr die Berührungen gefielen. Das war wirklich schwierig. Nachdem ich das überschüssige Wasser an Blessing’s Körper mit einem Schweißmesser abgezogen hatte, kratzte ich ihre Hufe aus und verlas Mähne und Schweif. Heute Nachmittag wollte ich mich auch um die Kletten kümmern, die sich in den besonders verfilzten Stellen von Blessing’s Langhaar befanden.

      ~*~

      Während meiner Mittagspause besuchte ich die Seite des Atomic Shop und klickte mich durch die verschiedenen Artikel. Schnell war klar, dass Blessing’s Zubehör blau sein sollte, doch ich brauchte eine Weile, bis ich mich auf einen bestimmten Ton festlegen konnte. Am Ende bestellte ich ein Halfter mit Teddyfell und dazu passendem Führstrick, eine hochwertige Abschwitzdecke aus Fleece, Bandagen und Fesselkopfgamaschen in der klangvollen Farbe „Venice Blue“. Ich hoffte, dass das Zubehör noch vor unserer Abreise ankommen würde, doch die Betreiberin des Shops sicherte mir die pünktliche Lieferung zu. Anschließend rief ich per Skype im Stallbüro an. Es dauerte gar nicht lange, dann sah ich Ana’s hübsches Gesicht in meinem Bildschirm. „Sammy! Wie war es gestern? Wie ist Blessing? Wann kommt ihr nach Hause?“, bombardierte mich die junge Frau sofort mit Fragen. Ich lachte. „Langsam, eins nach dem anderen. Wir kommen erst am Sonntag zurück, ich möchte die Woche gerne voll ausnutzen, damit Blessing sich ein wenig an mich gewöhnt. Sie würde zwar mit Sicherheit auch jetzt schon auf den Hänger gehen, aber ich fürchte, die Fahrt würde sie trotzdem großem Stress aussetzen. Ob das am Sonntag besser ist, sei mal dahingestellt, aber ich möchte es doch wenigstens versuchen. Außerdem habe ich gerade erst Ausrüstung bestellt, damit ich Blessing für die lange Fahrt ordentlich schützen kann. Wäre aber klasse, wenn ihr auf Sonntagabend die Box für Blessing fertig machen könntet. Ich würde sie gerne neben Elfentanz unterbringen. Die wird sie auf keinen Fall bedrängen. So. Ansonsten war der Tag gestern wirklich anstrengend, aber auch sehr schön. Es sind viele interessante Pferde und Teilnehmer dabei, sicher werden es aufregende drei Monate. Außerdem hat sich im Vergleich zum letzten Jahr viel geändert. Gut möglich, dass wir demnächst einmal Besuch von einem Beauftragten des Tierschutzverbandes bekommen. Aber das sollte ja weiter kein Problem sein. Heute Morgen war ich das erste Mal mit unserem Stütchen im Round Pen und ich kann nur sagen, dass das hier mein bisher härtester Fall wird. Blessing wird nie bösartig und zeigt sich auch so gut wie nie ängstlich. Aber sie will nicht laufen, nicht arbeiten, nicht kommunizieren. Später gehe ich mit ihr raus ins Gelände, vielleicht lockt sie das ein wenig aus ihrem Schneckenhaus. Und naja, ansonsten werden wir vor allem an Blessing’s Balance und am Muskelaufbau arbeiten. Viel mehr kann ich dir bisher noch nicht sagen. Aber jetzt bist du dran! Wie läuft es zu Hause? Wie geht es unseren werdenden Mamas? Und was machen Lamira und Lyna?“, berichtete ich eilig. Lyna di Royal Peerage war das erste Fohlen dieses Jahres und zudem auch Lamira‘ erster Nachwuchs. Allerdings warteten wir sehnsüchtig auf den Rest der Fohlenbande. Kagami El Assuad und Succesful Dream waren trächtig von dem Red Roan Hengst Smarty Jones. Levistino hatte Samiyah, Mahira und Corde de la Cerise gedeckt und ich wartete sehnsüchtig auf die Nachkommen meines Spitzenhengstes. Die lackschwarze Leveneza war trächtig von Cadeau. Der englische Vollblüter El Racino würde ebenfalls bald Papa werden, denn meine Vollblüter Kazumi Princess El Assuad und Backup erwarteten Fohlen von ihm. Und dann waren da natürlich noch meine Hannoveranerstuten Unannounced Pleasure und Reminiscent Inspiration. Während erstere von meinem Vollblüter Pawaneeh trächtig war, hatte ich Inspiration von dem Hannoveranerspringpferd Incendio decken lassen. Ich erwartete also noch eine ganze Menge Fohlen. Nun war es an Ana, mich auszulachen. Sie holte tief Luft und sagte: „Du musst grade schimpfen – stellst doch genauso viele Fragen wie ich!“ Dann wurde sie jedoch ernst, da sie wusste, wie viel mir meine Vierbeiner bedeuteten. „Ich persönlich glaube ja, dass es bei Kagami heute soweit sein könnte. Sie ist total unruhig und richtig zickig. Bei Ceri wird es wohl auch nicht mehr allzu lange dauern. Die anderen wanken mit ihren dicken Bäuchen über die Koppeln, aber wir wissen ja alle, wie schnell es im Endeffekt gehen kann.“ Ich biss mir auf die Lippe. Ich hasste es, nicht bei der Geburt der Fohlen dabei sein zu können. Gerade Kagami hatte jetzt einige Jahre lang kein Fohlen gehabt, weil sie bei der Entwöhnung von Princess so schwierig gewesen war. Dennoch war mir klar, dass ich ein super Team daheim auf dem Hof hatte und meine Pferde bestens versorgt waren. Ana deutete mein Schweigen richtig und sagte beruhigend: „Das wird schon alles, Sammy. Wir sind rund um die Uhr da und wechseln uns mit der Nachtwache im Fohlentrakt ab. Es wird alles gutgehen. Und in ein paar Tagen bist du ja auch wieder hier. Ansonsten läuft hier alles wie immer. Wir halten uns an deine Trainingspläne und ich war heute Morgen mit Coeur de Lilith draußen. Sie macht sich wirklich immer besser! Ich freue mich schon so, wenn sie ihr erstes Fohlen bekommt! PFS‘ Storm Cat und Bearing Spots haben heute morgen auch ein tolles Training absolviert und Brian springt grade mit Levistino. Ich glaube der Gute vermisst es, auf Turniere zu gehen.“ Ich lächelte. Mein Spitzenhengst Levistino hatte vor einigen Jahren Jolympia gewonnen und im letzten Jahr hatte ich entschieden, ihn nur noch als Deckhengst einzusetzen. Das aber schien dem Schimmel zu sehr zu langweilen, daher bereiteten wir ihn nun doch auf die kommende Turniersaison vor, damit er im Sommer wieder antreten konnte. Ich sah auf die Uhr und verabschiedete mich erschrocken von Ana. Zuvor nahm ich ihr aber das Versprechen ab, mich zu jeder Tages- und Nachtzeit anzurufen, falls eine meiner Stuten fohlen sollte. Eigentlich hatte ich schon längst wieder bei Blessing sein wollen, um sie für unseren Spaziergang bereit zu machen. Ich klappte meinen Laptop zu, zog mich um und lief hinüber zu den Koppeln. Einige der Makeover-Pferde fehlten. Wahrscheinlich waren sie mit ihren neuen Besitzern beim Training. Ich holte Blessing von der Koppel und überprüfte kurz Fell und Hufe. Da Blessing beinahe sauber war, hatte ich nicht viel zu tun, bevor wir uns auf den Weg machten. Es würde jetzt am Anfang auch noch kein sonderlich langer Ausflug werden, da ich Blessing keinesfalls überfordern wollte. Das Lindö Dalen Stuteri stellte uns sogar seine Rennbahn zur Verfügung, mit der Bitte, für Spaziergänge die innere Bahn zu verwenden. Genau das wollte ich heute Nachmittag tun. Im Grunde waren Blessing und ich uns noch immer fremd und ich wollte es nicht riskieren, dass sie sich womöglich in fremdem Gelände losriss und durchging. Auf der Bahn bot uns die Umzäunung zumindest ein wenig Sicherheit. Ich führte Blessing am Roundpen, dem Reitplatz und der Ovalbahn vorbei, entlang an den noch unbesetzten Hengstweiden und vorbei an meiner derzeitigen Behausung. Der Weg zur Trainingsbahn führte uns durch einen lichten Wald und Blessing hob argwöhnisch den Kopf. Auf dem Gestüt selbst kannte sie sich mittlerweile ganz gut aus, doch verlassen hatte sie es seit ihrer Ankunft noch nicht. Ich achtete ganz genau auf Blessing’s Körperhaltung. Obwohl ihr Kopf schon bald wieder herabfiel und sie weiterhin dahinschlurfte, sah ich, dass ihre wenigen Muskeln angespannt waren und unter dem Fell leicht zitterten. Ich sprach leise auf Blessing ein und lief energisch vorwärts, damit sie sah, dass ich mich vor nichts fürchtete. Bis wir die Trainingsbahn erreichten, lief eigentlich alles glatt. Blessing wirkte zwar nervös, folgte mir aber anständig. Als wir jedoch den Weg erreichten, der zum Überqueren der äußeren Bahn diente, stemmte Blessing die Beine in den Boden und rollte mit den Augen. Okay, das war zumindest einmal eine aufschlussreiche Reaktion. Dass Blessing sich vor der Bahn fürchtete, unterstützte meine Theorie, dass sie falsch trainiert worden war und ihre derzeitigen Probleme davon herrührten. Dies hier war zwar keine klassische Galopprennbahn, aber für Blessing wohl nah genug dran. Sofort verwarf ich meinen Plan, mit Blessing einen ruhigen Spaziergang um die Innenbahn zu machen. Stattdessen wendeten wir uns vom Eingang zur Bahn ab und blieben auf dem Weg, der um die äußere Bahn herumführte. So hatte Blessing die Strecke zwar immer im Blick und wurde so damit konfrontiert, musste sich aber noch nicht ihrer Angst stellen, in dem ich sie auf die Bahn führte. Davon abgesehen musste ich erst mit den Trainern des Lindö Dalen Stuteri sprechen, ob die Bahn einmal für ein bis zwei Stunden frei war. Nur dann konnte ich es wagen, mit Blessing die äußere Bahn zu überqueren. Nicht, dass die Stute sich plötzlich mitten auf der Bahn querstellte. Für heute jedoch reichte mir diese neue Erkenntnis über mein schönes Vollblutstütchen erst einmal aus. Wir hatten nun ganz konkret etwas, woran wir arbeiten konnten. Ich führte Blessing etwa eine Viertelstunde lang am Rand der Bahn entlang, dann machten wir uns auf den Heimweg. Die Stute fiel sichtbar in sich zusammen, als ihr klar wurde, dass es heute nicht auf die Bahn ging und wir wieder auf dem Weg zum Gestüt waren. Irgendwas musste bei ihrem Training auf der Rennbahn wirklich fürchterlich schief gelaufen sein. Mir war jedoch auch aufgefallen, dass Blessing tatsächlich nie aggressiv geworden war und ich glaubte fest daran, dass das junge Pferd sich tief im Innern jemanden wünschte, dem es vertrauen konnte.

      ~*~

      Freitag – 24. April 2020
      Schon vor dem Weckerklingeln war ich auf den Beinen. Übermorgen würden wir wieder nach Hause fahren! Es war unglaublich, wie schnell die Zeit hier in Schweden vorüberflog. Während der letzten beiden Tage war ich jeweils morgens und nachmittags mit Blessing zur Trainingsbahn spaziert. Zunächst waren wir eine Weile am Eingang gestanden, ohne, dass ich das junge Vollblut dazu gedrängt hatte, einen Huf auf die Bahn zu setzen. Anschließend waren wir dann im Schritt am Rand der Bahn entlanggelaufen. Gestern früh waren gerade zwei Pferde auf der Bahn trainiert worden, doch außer einem kurzen Aufreißen ihrer schönen Augen, hatte meine Blessing überhaupt nicht auf Tiere geachtet, sondern sich nur noch mehr in sich selbst verkrochen. Den Weg zur Trainingsbahn kannte Blessing mittlerweile und verlor daher auch nach und nach ihre sichtbare Anspannung. Das war allerdings auch nur insofern ein Fortschritt, als das mein Pferdchen sich nicht mehr so sehr ängstigte. An ihrer apathischen Haltung änderten auch unsere Spaziergänge an der frischen Luft nichts. Blessing zuckte wohl ab und an zusammen oder sprang zur Seite, wenn sie sich erschreckte, aber ansonsten schien sie ihre Umgebung überhaupt nicht richtig wahrzunehmen. Die einzige Ausnahme stellte unser Stehen am Eingang zur Bahn dar. Dort stand das junge Vollblut völlig unter Strom, rollte mit den Augen und bewegte sich keinen Millimeter. Außerdem begann Blessing jedes Mal stark zu schwitzen, wenn sie dachte, es gehe auf die Bahn. Das bereitete mir das Größte Kopfzerbrechen. Noch war mir nichts eingefallen, womit ich zu der jungen Stute durchdringen könnte, doch ich würde nicht aufgeben. Immerhin war dies unsere erste gemeinsame Woche. Heute sah unser Plan ein wenig anders aus. Am Vormittag wollte ich mit Blessing mal wieder in den Roundpen gehen, um die Stute ein paar Runden traben zu lassen und am Nachmittag wollte ich versuchen, sie wenigstens ein paar Schritte auf die Bahn zu führen. Ich hatte extra mit den Besitzern und Trainern des Lindö Dalen Stuteri gesprochen und sie hatten mir für heute Nachmittag grünes Licht gegeben. Wie jeden Morgen bereitete ich zuerst Blessing’s Frühstück vor uns fütterte die junge Stute. Für die Zeit auf dem Gestüt zu Hause hatte ich bereits einen Termin mit einem Hufschmied vereinbart und später am Tag wollte ich auch einen beim Tierarzt ausmachen. Diesem zusätzlichen Stress wollte ich Blessing allerdings nicht hier in Schweden aussetzen, zumal die Stute keine gesundheitlichen Probleme hatte, die sofortigen Eingriff erforderten. Blessing verputzte ihr Frühstück wie jeden Morgen bis auf den letzten Krümel und ich bildete mir ein, dass sie ganz langsam etwas mehr Gewicht zulegte. Aber es würde natürlich noch eine ganze Weile dauern, bis Blessing wie ein gesundes vierjähriges Vollblut aussah. Nachdem ich mich auch selbst gefüttert hatte, verschwand ich sofort wieder, um Blessing von der Weide zu holen. Mir war klar, dass ich mich gerade ein bisschen von den anderen abschottete, doch in Gedanken war ich einfach die ganze Zeit über bei meinem Makeover-Pferdchen. Ich holte Blessing von der Koppel und band sie am Putzplatz fest. Gestern Mittag hatte ich mich dem roten Langhaar der schönen Stute gewidmet, weshalb sie nun ziemlich wild aussah. Gerade aus der Mähne hatte ich einiges Herausschneiden müssen. Zudem hatte ich die gesamte Mähne auf sportliche Länge gekürzt. So würden die ehemals verfilzten Stellen nicht so lange herausstechen. Auch im Schweif hatte Blessing nun das ein oder andere „Loch“. Das war mir besonders schwergefallen, da Schweifhaare so lange brauchten, um wieder nachzuwachsen. Allerdings war mir auch nichts anderes übrig geblieben. Ich holte mir eine Kardätsche aus der Putzbox und begann damit, Blessings Fell zu Bürsten. Den Striegel hatte ich bisher nie genutzt. Zum einen war Blessing noch nie wirklich dreckig gewesen, zum anderen war sie so knochig, dass ihr die Behandlung mit dem Striegel wahrscheinlich nicht sonderlich gut gefallen hätte. Als Blessing’s fuchsfarbenes Fell in der Morgensonne glänzte, fuhr ich mit den Fingern durch Mähne und Schweif, kratzte die Hufe aus und schnappte mir anschließend meine Schmusebürste, um Blessing’s weißes Gesicht zu reinigen. Wie immer ließ die Stute nicht erkennen, ob ihr die Aufmerksamkeit nun gefiel oder nicht. Da ich seit unserem ersten Spaziergang aber wenigstens wusste, dass Blessing durchaus Angst zeigen konnte, machte ich weiter wie gehabt. Ich wollte Blessing gerade losbinden, da kam Collin auf mich zu. Auf dem Arm hatte er ein großes Paket und ich strahlte. Blessing’s Ausrüstung war da! Ich eilte dem jungen Mann entgegen und nahm ihm dankend mein Paket ab. Dann öffnete ich es, so leise wie möglich, um Blessing nicht unnötig zu erschrecken. Zum Vorschein kam eine Karte mit Glückwünschen für das Makeover. Die Sachen darunter waren in feines Papier gewickelt. Ich packte zuerst die wunderschöne karierte Fleecedecke aus. Dem folgten das Halfter mit Teddyfell, der gemusterte Strick, die Bandagen und zum Schluss die Gamaschen. Glücklich musterte ich mein neues Zubehör. Shopping mal anders. Als ich aufblickte, bemerkte ich, dass Blessing mich mit gespitzten Ohren beobachtete. Als sie meinen Blick bemerkte, sah sie aber schnell weg und ließ die Ohren zur Seite fallen. Ich nahm die Decke hoch und hob sie Blessing vor die Nase. Wie üblich interessierte sich die junge Stute nicht sonderlich dafür. Ich breitete die Decke aus, befühlte den weichen Stoff und legte sie dann über Blessing’s Rücken. Das Zubehör passte perfekt und die Farbe stand meinem jungen Vollblut wunderbar. Glücklich mit meiner Wahl nahm ich die Decke wieder ab und legte Blessing stattdessen die Gamaschen an. Auch sie passten wie angegossen und kamen wie gerufen für das heutige Training. Da Blessing so unkonzentriert war, hatte ich immer Angst, dass sie sich beim Freilaufen selbst in die Hacken trat und sich so verletzte. Dieses Risiko minimierten wir nun mit den Gamaschen. Ich packte die restliche Ausrüstung zusammen und verstaute alles in der Sattelkammer, in der jedem von uns ein kleiner Bereich freigeräumt worden war. Das Lindö Dalen Stuteri hatte wirklich ganze Arbeit für unsere Unterbringung geleistet. „So meine Süße, jetzt lass uns ein bisschen arbeiten!“, sagte ich fröhlich und führte Blessing hinüber zum Roundpen. Die Absprache mit den anderen Trainern funktionierte wirklich hervorragend. Jeder hielt sich an seine Trainingszeiten und jeder konnte alle Trainingsmöglichkeiten für sich und sein Pferd voll ausnutzen. Ich führte Blessing in den Roundpen und schloss das Tor hinter uns. Dann nahm ich der Stute den Strick ab und ließ sie mit einem leisen Schnalzen im Schritt vorwärts gehen. Immerhin brauchte es inzwischen nicht mehr mehr als das, um Blessing in Bewegung zu setzen. Auch sah die Stute durch das regelmäßige Putzen und das gesäuberte Langhaar wesentlich besser aus. Nur an ihrer inneren Verfassung hatte sich noch nichts verändert. Ich seufzte, bis ich an den Augenblick vorhin dachte, in dem Blessing mich beobachtet hatte. Der wache Blick, die gespitzten Ohren. Das war das junge Pferd, das ich hervorlocken wollte. Und eigentlich zeigte das ja auch, dass Blessing sich sehr wohl für mich interessierte und sich bisher nur einfach nicht traute, aus ihrem Schneckenhaus hervorzukommen. Aber im Grunde genommen war jede Sekunde, in der mein Pferdchen Interesse zeigte, ein Schritt in die richtige Richtung. Ich trat einen Schritt auf Blessing zu und forderte sie auf, in den Trab überzugehen. Blessing reagierte beinahe sofort, latschte aber wieder dahin, als wäre sie 35 Jahre alt und leide unter einem Hüftschaden. „Du bist doch so ein wunderschönes Pferd. Und noch so jung. Magst du nicht mal versuchen, ein bisschen anmutiger zu laufen? Ich bin mir ganz sicher, dass du das kannst.“, schmeichelte ich dem jungen Vollblut. Doch Blessing drehte nur weiter stoisch ihre Runden. Sobald wir daheim auf meinem Gestüt waren und der Hufschmied mir grünes Licht gegeben hatte, wollte ich Blessing’s Training mit ein paar Trabstangen bereichern. Damit musste die junge Stute zumindest darauf achten, wohin sie ihre Füße setzte. Vielleicht würde sie diese Herausforderung aus ihrer Lethargie herausholen. Vorerst genügte es mir aber, dass das junge Pferd zumindest ein wenig Bewegung bekam. In den Galopp wollte ich Blessing hier im Roundpen erst wieder bringen, wenn sich ihre Balance gebessert hatte. Sonst würde ich ihr mehr schaden als nützen. Plötzlich knallte irgendwo auf dem Hof etwas. Ich zuckte zusammen und Blessing machte einen Satz nach vorn und rannte im Stechtrab los. Das Ganze hielt nur etwa zehn Sekunden an, doch in dieser kurzen Zeitspanne hatte ich einen Blick auf einen wunderbaren Trab erhaschen können. Blessing hatte die Füße gehoben und war richtig untergetreten. „Ich hatte also recht.“, sagte ich leise. Dann ging ich zu dem schwitzenden Pferdchen hinüber, ließ die Stute anhalten und strich ihr beruhigend über die Stirn. Nur ein leichtes Flackern in Blessing’s Augen und ein kleines Zittern ihrer Muskeln verrieten mir, dass die Stute noch nicht so cool war, wie sie im Moment tat. Ich ließ das Stütchen stehen, den Strick fallen und begann damit, sie zu massieren. Blessing sollte lernen, dass sie nicht bestraft wurde, wenn sie sich erschreckte. Höchstwahrscheinlich war nämlich genau das in der Vergangenheit geschehen. Zumindest würde das erklären, warum Blessing sich so sehr in sich selbst verkroch, auch wenn sie noch Angst hatte. Das war eigentlich völlig untypisch für ein Pferd, lautete die Devise doch: Kampf oder Flucht, wobei Letzteres in der Regel überwog. Ganz allmählich hörte das Zittern unter Blessing’s Fell auf, die Stute schwitzte nicht mehr und ihr Atem wurde ruhiger. Ich ging wieder in die Mitte des Roundpen und forderte sie auf, erneut im Schritt anzutreten. Das war wichtig, damit ich das Training mit einem positiven Erlebnis abschließen konnte. Ich ließ das junge Vollblut nur noch zwei Runden auf jeder Hand laufen, dann hakte ich den Führstrick ein und führte sie zurück zum Putzplatz. Wichtig war ja schließlich nicht die Länge der Trainingseinheiten, sondern die Kontinuität. Ich nahm Blessing die Gamaschen ab und wusch das Pferdchen gründlich. Blessing schloss halb die Augen, was ich einfach einmal als gutes Zeichen wertete. Vielleicht erkannte die junge Stute ja langsam, dass ihr vor mir keine Gefahr drohte.

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      Als ich mich am Nachmittag in meinem Laptop einloggte, um Ana anzurufen, blieb der Anruf unbeantwortet. Sofort machte ich mir Sorgen. War etwas passiert? Ana und ich hatten diese Zeit ja extra vereinbart, warum nahm sie dann nicht ab? Unruhig tigerte ich auf und ab, bis ich nach einer halben Stunde schließlich das Telefon im Stallbüro anrief. Aufgrund der hohen Telefongebühren tat ich das normalerweise nicht, aber ich machte mir inzwischen riesige Sorgen. Aber auch hier ging keiner ran. Vor meinen Augen spielten sich die schrecklichsten Szenen ab und als plötzlich ein Skype-Anruf einging, ließ ich vor Schreck beinahe mein Handy fallen. „Sammy!!! Es ist eine Stute! Kagami hat ein Stutfohlen bekommen! Und mein Gott, sie ist so schön.“, schrie Ana ins Telefon. Mein Gesicht wurde aschfahl, bevor es sich wieder aufhellte. „Kagami hat gefohlt? Jetzt gerade? Erzähl mir alles!“, verlangte ich atemlos. Kagami war von dem Red Roan Hengst Smarty Jones gedeckt worden und ich hatte mir sehr viel aus dieser Anpaarung versprochen, zumal Kagami’s erstes Fohlen Princess etliche Rennen gewonnen hatte. „Kagami war heute morgen unausstehlich, deshalb haben wir sie vorsichtshalber im Stall gelassen. Kurz nach dem Mittagessen ist dann die Fruchtblase geplatzt und dann ging eigentlich alles ziemlich schnell. Kagami hat ihre Sache ganz toll gemacht. Ich bin mir nur mit der Farbe des Fohlens ein wenig unschlüssig. Es ist entweder ein Palomino oder tatsächlich ein Palomino Roan. Das werden wir aber wahrscheinlich erst in den nächsten Tagen sehen. Auf jeden Fall ist es gesund und munter und schon kräftig am Saugen. Es ist quasi gleich nach der Geburt aufgestanden und hat einfach nicht aufgegeben, wenn es zurück ins Stroh geplumpst ist. Ich glaube, da haben wir eine richtige Kämpferin bekommen.“, sprudelte Ana hervor. Ich lächelte und konnte es kaum noch erwarten, das neue Hollybrook-Baby zu bekommen. „Da du jetzt weißt, dass es ein kleines Stütchen geworden ist, wie willst du sie nennen?“, fragte Ana mich neugierig. Ich grinste. Jeder wusste, dass ich mir schon im Vorhinein immer einige Namen für die zukünftigen Fohlen überlegte, doch ich hielt sie streng geheim, bis das Baby dann da war. Gerade Ana machte das vollkommen wahnsinnig. „Ich habe zwei Namen im Auge. Einer davon wird es wohl werden.“, lachte ich und Ana schnaubte entrüstet. „Naja, du kommst ja übermorgen wieder her, spätestens dann wirst du es uns wohl sagen müssen!“, sagte sie leicht eingeschnappt. Dann machte sie eine kurze Pause und meinte: „Aber Sammy? Kagami macht uns ziemliche Schwierigkeiten. Sie ist fast ausgerastet, als ich die Box betreten wollte, um nach dem Fohlen zu sehen und selbst als wir ihr Futter gebracht und die Einstreu erneuert haben, hätte sie uns fast den Kopf abgerissen. Ich hab von den anderen gehört, wie sie damals bei Princess war und ich fürchte, diesmal ist es noch schlimmer.“ Ich hörte Ana geduldig zu und seufzte. „Ich hatte wirklich gehofft, dass es diesmal besser wird. Wenn sich Kagami’s Verhalten nicht ändert, werde ich sie nicht noch einmal decken lassen. Es ist nicht gut, wenn wir sie andauernd solchem Stress aussetzen. Aber jetzt beruhigt euch alle ersteinmal, immerhin ist das Fohlen gerade mal eine Stunde alt.“, beruhigte ich meine Freundin und Angestellte. „Wie steht es denn mit den anderen Stuten?“, fragte ich dann. Mit Kagami’s Fohlen hatten ja alle schon am Dienstag gerechnet und dann hatte sich die erfolgreiche Palominostute mit der großen Laterne doch noch ein paar Tage mehr Zeit gelassen. „Alles unverändert. Aber wir behalten sie im Auge und ich rufe dich sofort an, wenn es etwas Neues gibt!“, versprach Ana mir hoch und heilig. „Okay, dann gehe ich jetzt mal rüber zu Blessing. Kümmert euch gut um Kagami und ihr Baby und lasst euch von ihrem Gehabe nicht einschüchtern. Immerhin brauchen sie und ihr Kleines jetzt viel Pflege. Ihr könnt mich jederzeit anrufen, falls etwas sein sollte!“, schärfte ich Ana noch einmal ein. Dann verabschiedeten wir uns voneinander und ich ging hinaus zu den Stutenkoppeln. Kagami machte mir zwar Sorgen, aber ich freute mich riesig über das neueste Mitglied der Hollybrook-Familie und konnte es kaum erwarten das kleine Stutfohlen zu sehen. Ich hatte zwei Stutennamen mit „K“ auf meiner Liste, die mir besonders gut gefielen. Karma El Assuad und Khaleesi El Assuad. Sollte Kazumi Princess ebenfalls ein Stutfohlen gebären, würde ich beide Namen vergeben, denn bisher hatte ich mich noch nicht entscheiden können. Auch für einige der anderen Fohlen hatte ich bereits Namen im Kopf, doch endgültig entscheiden würde ich mich erst, wenn ich die Pferdebabys vor mir hatte. So in Gedanken versunken, wäre ich beinahe mit Occu zusammengestoßen, die mich lachend fragte, auf welcher Wolke ich denn gerade gewesen sei. Ich erzählte ihr die frohe Botschaft und sie beglückwünschte mich zu dem neuen Vollblutpferdchen auf meinem Gestüt. Occu besaß selbst Kagami’s Mutter, die berühmte Rennstute Khiara El Assuad und war daher natürlich besonders an deren Nachkommen interessiert. Wir unterhielten uns kurz über die Fohlen, die wir für dieses Jahr geplant hatten, dann ging ich weiter zu Blessing. Das Fell der jungen Stute war noch sauber vom Waschen, daher kratzte ich ihr nur kurz die Hufe aus und legte dem Vollblut Gamaschen an, bevor wir uns auf den Weg machten. Auch dieses Mal blieb ich wieder vor dem Eingang der Trainingsbahn stehen und ließ Blessing Zeit, sich zu beruhigen. Denn noch immer wurde die junge Stute nervös, wenn wir uns dem Bahneingang näherten. Dann führte ich sie ein Stückchen um die Bahn, wendete und blieb wieder vor dem Eingang stehen. Das wiederholten wir solange, bis Blessing sich nicht mehr aufregte, wenn wir den Bahneingang passierten. Ich atmete tief durch und machte einen Schritt auf die Bahn. Blessing warf den Kopf hoch und rollte die Augen. „Na komm mein Mädchen. Dir passiert hier nichts, versprochen. Ich möchte nur, dass du mit allen vier Hufen auf der Bahn stehst, mehr haben wir heute gar nicht vor.“, sagte ich leise zu dem verängstigten Stütchen. Blessing war zur Salzsäule erstarrt und auch ich bewegte mich nicht. Der Strick hing locker durch, denn ich wollte keinen Druck auf Blessing ausüben. Ich wartete in aller Ruhe ab, dass sie den nächsten Schritt machte. Nach einer gefühlten Ewigkeit – mir wurde schon langsam der Arm lahm – nahm Blessing ihren hübschen Kopf herunter und entspannte sich ein wenig. Ich ging einen Schritt rückwärts und das Spiel wiederholte sich. Ich verlor jegliches Zeitgefühl. Einige andere Teilnehmer des Horse Makeovers führten ihre Pferde an uns vorbei, doch Blessing beachtete sie gar nicht. Ihre großen schönen Augen waren einzig und allein auf die Trainingsbahn gerichtet. Allerdings hatte ich auch nicht erwartet, dass sich Blessing von anderen Pferden beeinflussen lassen würde. Die junge Stute stand immer noch stets abseits der anderen Pferde, daher hätte es mich gewundert, wenn sie nun Schutz bei ihnen suchen würde. Irgendwann waren wir soweit, dass Blessing mit den Vorderhufen auf der Trainingsbahn stand. Ich redete geduldig auf sie ein, drängte sie jedoch nicht. Blessing musste wirklich schlechte Erfahrungen auf der Rennbahn gemacht haben, sonst wäre das sonst so apathische Pferd nun nicht so ängstlich. Ich lockte des junge Pferd immer weiter vorwärts, bis wir schließlich in der Mitte der Bahn standen. Genau deshalb hatte ich vorher auch abgeklärt, wann wir unsere Übung durchführen konnten. Blessing sah sich mit geweiteten Augen um und zuckte bei jedem Geräusch zusammen. So kannte ich die junge Stute noch überhaupt nicht und mir tat das Herz weh, bei dem Gedanken, was sie wohl durchgemacht hatte. Ich trat auf Blessing zu und kraulte sie hinter den Ohren. Nach einer Weile senkte das Fuchsstütchen den Kopf. Ich lobte sie ausgiebig und führte sie von der Bahn hinunter. Für heute hatte ich mein Ziel erreicht, doch es würde noch ein langer Weg werden.

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      Samstag – 25. April 2020
      „Brrrrrrrr…Brrrrrrr…Brrrr.“ Erschrocken fuhr ich hoch, als mein Telefon auf dem Nachttisch vibrierte. Es war noch stockdunkel und ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass es drei Uhr in der Nacht war. Sofort war ich hellwach. Wer mich um diese Zeit anrief, hatte mir dringendes mitzuteilen. Ich nahm ab und meldete mich ängstlich. „Sammy?“, schluchzte Ana ins Telefon. Meine Kehle schnürte sich zusammen. Irgendetwas stimmte nicht. Ging es Kagami nach der Geburt vielleicht schlecht? Oder war etwas mit ihrem Baby? „Es geht um Leveneza. Sie hat ihr Baby bekommen. Zu früh. Und es ist so klein und schwach. Außerdem war es eine schwere Geburt, wir mussten den Tierarzt rufen. Gott, ich wünschte, du wärst da. Ich fühle mich so hilflos.“, weinte Ana. Ich schluckte. Leveneza war als eine der letzten Stuten gedeckt worden und hätte noch knapp drei Wochen bis zum Geburtstermin gehabt. „Beruhige dich, Ana. Das Baby lebt und der Tierarzt ist da, ja? Und Leveneza hat es einigermaßen überstanden?“, fragte ich. „Levi ist ziemlich fertig. Aber um ihr Baby mache ich mir mehr Sorgen. Sie steht nicht auf, versucht es nicht einmal. Der Tierarzt sagt, wir sollen sie halten, weil die Stutenmilch in diesen ersten Stunden so wichtig für das Fohlen ist. Aber ich wollte erst dich anrufen.“, berichtete Ana leise. „Alles gut, Ana. Der Tierarzt hat recht. Ihr müsst das Fohlen stützen, damit es Muttermilch bekommt. Levi ist so umgänglich, dass sie euch bestimmt keine Probleme macht. Auch sie will, dass es ihrem Baby gut geht, da bin ich mir sicher.“, versuchte ich die junge Frau zu beruhigen. Es war Ana’s erste Fohlensaison auf einem Gestüt und wenn etwas schief lief war das immer hart. Auch ich musste schlucken. Bisher hatte ich in meiner Laufbahn erst ein Fohlen verloren und das verfolgte mich noch heute. Die Stute damals hatte mir allerdings nicht gehört und an Leveneza hing ich wesentlich mehr. Es wäre furchtbar, wenn ihr Baby es nicht schaffen würde. Eine Träne rollte mir über die Wange. „Kannst du heute Nacht bei dem Kleinen bleiben? Morgen komme ich zurück und dann werden wir alles tun, um das Baby durchzubringen. Aber Ana, bis dahin müsst ihr durchhalten. Brian, Samuel und Donald wissen, was in einem solchen Fall zu tun ist. Das haben wir oft genug durchgesprochen. Gib mir Brian am Besten mal.“, sagte ich mit fester Stimme. Kurz darauf war mein junger Trainer am Apparat. Es wunderte mich nicht, dass all meine Trainingsreiter um diese Unzeit im Stall waren. Sie alle waren mit ganzem Herzblut für die Pferde da. „Natürlich, Sammy. Du hast völlig recht. Wir waren nur so aufgeregt, da haben wir deine Anweisungen einfach vergessen. Aber im Grunde wissen wir ja, was wir tun müssen. Ich verspreche dir, dass ich die Kleine durchbringen werde.“, sagte er. „Die Kleine? Es ist ein Stutfohlen?“, fragte ich heißer. Ich hatte mir für Leveneza irgendwie immer ein Stütchen gewünscht. Eines, das genauso elegant und bezaubernd war, wie die lackschwarze Schönheit selbst. Ich hörte, wie Brian lächelte als er antwortete: „Ja. Eine kleine Fuchsstute mit großen Abzeichen. Sie ist zwar winzig, aber wunderschön.“ Ich schluckte. „Okay, Brian. Dann versuch du bitte die anderen zu beruhigen und kümmere dich gut um das Kleine. Ich bin morgen zurück und dann schaffen wir das schon. Sag vor allem Ana, dass sie sich nicht zu viele Sorgen machen soll. Das hilft dem Baby nichts.“ Mit diesen Worten verabschiedete ich mich und legte auf. Inzwischen war es kurz vor vier, doch an Schlaf war nicht mehr zu denken. Um fünf stand ich für gewöhnlich sowieso auf, dann konnte ich es genauso gut gleich tun. Ich wischte mir die Tränen ab, schwang die Beine aus dem Bett und zog mich an. Da es mitten in der Nacht doch noch ziemlich kalt war, zog ich mir meine Jacke über und lief leise hinüber zu den Koppeln. Auch wenn Blessing mir noch nicht vertraute, ich musste jetzt das weiche Fell und den warmen Atem eines Pferdes spüren. Die Stuten des Makeovers sahen auf, als ich zu dieser unchristlichen Stunde auf der Koppel erschien. Selbst Blessing sah mir von ihrem Platz abseits der anderen entgegen. Ich ging auf das junge Vollblut zu und legte die Hand auf seinen warmen Hals. „Ach Blessing. Eine meiner Stuten hat ein Baby bekommen. Es ist ein kleines Fuchsstütchen, genau wie du. Es hat sogar große Abzeichen, wie du. Aber ich weiß nicht, ob es durchkommen wird. Die anderen sagen, dass es so klein und schwach ist und der Tierarzt hat uns auch nicht viel Hoffnung gemacht. Ich hasse es, mich so hilflos zu fühlen. Am liebsten würde ich sofort nach Hause fahren. Aber im Grunde genommen könnte ich ja doch nichts tun.“, ließ ich meiner Trauer freien Lauf. Blessing hielt ganz still und hatte die Ohren nach hinten in meine Richtung gewandt. Es war das erste Mal, dass sie das tat. Vielleicht brachte mich meine eigene Verzweiflung meinem Makeover Pferd näher. Im Moment genoss ich einfach nur den Augenblick.

      Als ich an diesem Morgen beim Frühstück saß, fragten mich mehrere Teilnehmer, ob es mir gutging. Die letzte Nacht war nicht spurlos an mir vorüber gegangen. Meine Augen waren rot und geschwollen und ich war ziemlich in Gedanken versunken. Ich erklärte ihnen bereitwillig die Situation und alle waren sehr mitfühlend und bemüht, mir Mut zu machen. Das kleine Fohlen, das ich noch nie gesehen hatte, hatte jetzt schon einen Fanclub. Alle wollten, dass das Stütchen überlebte. Als Nicolaus von der ganzen Sache hörte, fragte er, ob ich nicht heute schon abfahren wollte, doch ich lehnte dankend ab. Blessing und ich hatten heute noch einen wichtigen Schritt zu erledigen und ich war mir sicher, dass das Baby daheim bestens umsorgt wurde. Nach dem Frühstück ging ich zu meiner Fuchsstute hinaus und holte sie von der Koppel. Irgendetwas hatte sich verändert. Blessing beobachtete mich nun immer häufiger, wenn sie dachte, ich würde nicht hinsehen. Mir jedoch fiel die Veränderung durchaus auf und ich fragte mich, ob es mit meiner Traurigkeit heute Nacht zu tun hatte. Ich wollte Blessing heute früh nur ein wenig herumführen und heute Nachmittag dann noch einmal mit ihr auf die Rennbahn gehen. Morgen würden wir dann direkt nach dem Frühstück nach England aufbrechen. Immerhin hatten wir einen weiten Weg vor uns. Ich putzte die junge Stute gründlich und legte ihr Gamaschen an. Sie hatten sich in unserem Training schon einige Male bewährt und ich war heilfroh, dass Blessing’s Beine geschützt waren. Eine Verletzung war nun wirklich das Letzte, was wir brauchten. Nachdem Blessing fertig fürs Training war, band ich sie los und schlug heute einmal den Weg in die andere Richtung ein. Wir gingen vorbei an den Koppeln der Pferde des Makeovers und liefen dann einen kleinen Weg entlang, der laut Collin zu den Weiden der Jungpferde führte. Blessing schlurfte zwar immer noch vor sich hin, sah sich aber immer einmal wieder um. Das hatte sie früher nicht getan und dieser Funke von Interesse verdrängte meine trübselige Stimmung ein wenig. Immerhin machte das Fuchsstütchen Fortschritte. Blessing und ich waren nun jeden Tag gelaufen und hatten unsere Distanz allmählich vergrößert. Heute waren wir das erste Mal über eine Stunde unterwegs und legten zwischendurch auch kleinere Passagen im Trab zurück. Blessing begann im Trab zwar recht schnell zu schwitzen, kühlte im Schritt aber auch immer rascher wieder ab. Für mich ein sicheres Zeichen, dass ihre Kondition besser wurde. Wir liefen an den Koppeln entlang und beobachteten die Jungpferde, die dort herumtollten. Hoffentlich würde Leveneza’s Tochter im nächsten Jahr auch so über die Weiden springen können. Ich schüttelte den Kopf, um die Gedanken an das kleine Stutfohlen zu vertreiben. Als das Gestüt wieder in Sicht kam, war es bereits Mittag. Ich versorgte Blessing liebevoll, wusch sie gründlich ab und brachte sie dann zurück auf die Koppel. Blessing schlurfte sofort an ihren Stammplatz, blickte dann aber zu mir zurück, bevor sie ein paar Halme Gras rupfte. Ich lächelte. Wir machten definitiv Fortschritte, auch wenn sie klein waren.

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      An diesem Nachmittag telefonierte ich zuerst mit Ana. Samuel war gerade bei Leveneza und ihrem Baby und Brian hatte sich ein wenig hingelegt, da er die Nacht über und den ganzen Morgen auf die zwei Stuten aufgepasst hatte. Stündlich stellten sie das Babypferdchen auf, damit es ein wenig Muttermilch zu sich nehmen konnte und Leveneza unterstützte sie nach Kräften. Immerhin zog die junge Stute mit. Leider gab es auch immer wieder Stuten, die sich um solch schwächliche Fohlen nicht kümmerten. Ich war heilfroh, dass dies bei Leveneza eindeutig nicht der Fall war. „Jeder liebt die Kleine. Aber bei Kagami’s Fohlen ist es nicht anders. Es ist übrigens tatsächlich ein Roan! Wie toll, dass deine Wunschfarbe bei der Anpaarung herausgekommen ist. Das Kleine ist putzmunter und springt schon in der Box herum. Aber wir alle sind froh, wenn du wieder hier bist. Noch so eine Geburt möchte keiner von uns ohne dich erleben.“, schloss Ana ihren Bericht ein wenig traurig. „Ach Ana, so etwas wollen wir auch nicht noch einmal erleben, wenn ich da bin. Ich hätte das Ganze ja auch nicht verhindern können. Aber die erste Nacht hat das Baby überstanden, das ist schon einmal ein gutes Zeichen. Ich fahre morgen gleich nach dem Frühstück mit Blessing hier los. Vergesst ihr nur bitte über den ganzen Trubel nicht, die Box für unser Makeover-Pferdchen herzurichten. Blessing zeigt endlich ganz langsam Interesse an mir und ihr soll es an nichts fehlen. Ana hörte mir aufmerksam zu und sagte, dass die Box schon vorbereitet sei. „Wir müssen sie morgen nur noch einstreuen und Heu hineinlegen. Alles weitere ist erledigt.“, beteuerte sie mir. Wir verabschiedeten uns und Ana wünschte mir schon einmal eine gute Fahrt, da wir uns vor meiner Abfahrt morgen wohl nicht mehr hören würden. Wenn nichts Schlimmes dazwischen kam. Sofort schalt ich mich in Gedanken selbst. Solch eine negative Denkweise passt eigentlich überhaupt nicht zu mir und ich hatte ganz sicher nicht vor, mir diesen Zug anzueignen. Ich zog mich um, schnappte mir einen Apfel und ging hinüber zur Stutenkoppel. Blessing hob kurz den Kopf, als sie mich sah und ein Lächeln huschte über mein Gesicht. Ich hielt ihr den Apfel hin und nach kurzem Zögern nahm sie ihn mir vorsichtig von der Hand. Liebevoll strich ich Blessing über die weiße Stirn und führte mein Pferdchen dann von der Koppel. Wie gewohnt machte ich Blessing in aller Ruhe fertig und führte sie dann den Weg zur Trainingsbahn entlang. Inzwischen war das junge Vollblutpferd schon wesentlich entspannter, wenn wir hier entlang kamen. Vor dem Eingang der Trainingsbahn zögerte Blessing jedoch wieder und es dauerte wieder einige Zeit, bis ich sie auf der Bahn hatte. Anstatt das Training nun jedoch wie am gestrigen Tag zu beenden, führte ich Blessing weiter, um auf die innere Bahn zu gelangen. Wir würden nach unserem ausgiebigen Spaziergang heute Morgen jetzt nicht mehr viel machen, ich wollte lediglich, dass Blessing ein paar Schritte um die Bahn lief, um zu sehen, dass ihr dabei nichts passierte. Ein Zittern lief über den Körper der jungen Stute, doch dann setzte sie sich in Bewegung und folgte mir an der Hecke entlang. Ich ging nur etwa zweihundert Meter mit Blessing, dann drehten wir um und liefen dieselbe Strecke in die andere Richtung. Zum Schluss stellte ich mich mit der Fuchsstute an den äußeren Rand der Bahn und massierte sie ein wenig. Dazu hängte ich mir den Führstrick in die Armbeuge – man konnte ja nie wissen. Nach diesem Etappenerfolg führte ich Blessing wieder zurück zum Hof, befreite sie von ihrer Ausrüstung und bereitete ihr abendliches Mash zu. Dann rieb ich ihr sachte über das weiche, rosarote Maul und führte sie zurück zur Koppel. „Genieß deine letzte Nacht in Schweden, mein Mädchen. Morgen fahren wir nach England, in dein neues Zu Hause!“, sagte ich dann leise zu ihr, bevor ich zum Abschlussabendessen in den Aufenthaltsraum ging. Es war toll gewesen, sich jeden Tag mit den anderen Teilnehmern auszutauschen und das Training mit nur einem einzigen Pferd war pure Erholung für mich gewesen. Dennoch freute ich mich auf die morgige Heimfahrt und darauf, meinen Hof, meine Tiere und meine Angestellten wiederzusehen. Und natürlich freute ich mich ganz besonders auf die beiden neuen Hollybrook-Fohlen!

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      Sonntag – 26. April 2020
      Ich fütterte Blessing an unserem letzten Tag wie gewohnt früh am Morgen. Danach ging ich zurück in mein Zimmer und packte meine Sachen zusammen. Als ich zum gemeinsamen Frühstück aufbrach, war mein Zimmer bereits geputzt und all meine Sachen waren sicher im Auto verstaut. In der Sattelkammer befanden sich nun nur noch Blessing’s Halfter und Führstrick, die Fesselkopfgamaschen für vorne und hinten, sowie die Fleecedecke. Den Transporter hatte ich mit einem Heunetz ausgestattet, damit Blessing auf der langen Fahrt ein wenig Futter hatte. Wir hatten immerhin knapp fünfzehn Stunden Fahrt vor uns. Ich frühstückte, bis ich pappsatt war und packte mir mit Collins Erlaubnis ein Lunchpaket für die Fahrt. Einen Kanister mit Wasser für Blessing hatte ich selbstverständlich auch dabei. Nach dem Frühstück verabschiedete ich mich vergleichsweise schnell von den anderen Teilnehmern. Manche hatten eine noch längere Anreise als ich, andere hatten einen recht kurzen Weg. Dann holte ich Blessing von der Koppel, putzte sie kurz über, kratzte die Hufe aus und legte ihr dann Gamaschen und Decke an, um sie für den Transport vorzubereiten. Ich hatte mich gegen eine Sedierung entschieden, da Blessing bisher immer sehr ruhig gewesen war. Ich öffnete meinen Transporter und führte Blessing zur Rampe. Die Stute zögerte kurz, ging dann jedoch mit gesenktem Kopf die Rampe hinauf. Scheinbar war sie schon des Öfterem im Transporter gefahren. Ob das nun gut oder schlecht war, würde sich noch zeigen. Ich band mein Vollblut-Stütchen fest, versicherte mich, dass es ihr an nichts fehlte und schloss dann sorgfältig die Rampe. Dann verabschiedete ich mich nochmals von den anderen Teilnehmern und auch von den Veranstaltern. Benni versicherte uns allen grinsend, dass wir uns ja bald wieder sehen würden. Ich schmunzelte, stieg in mein Auto und fuhr winkend vom Hof. Dann drehte ich die Musik auf und stellte mich auf die Fahrt ein. Die Fahrt durch Schweden verlief relativ kurz und ereignislos. Schon nach knapp drei Stunden waren wir am Fähranleger von Rodby. Ich war ein wenig besorgt, wie gut Blessing die Überfahrt verkraften würde, zumal wir ja heute gleich zweimal mit der Fähre unterwegs sein würden. Daher hatte ich mich schon bei der Hinfahrt darauf eingestellt, auf dieser Route während der Überfahrt unter Deck bei meinem Pferd zu bleiben. Wir bekamen einen Platz auf der nächsten Fähre und ich steuerte mein Auto samt Hänger vorsichtig auf den uns zugewiesenen Platz. Sobald wir sicher standen, stellte ich den Motor ab, schloss das Auto zu und ging zu meinem jungen Vollblut in den Hänger. Blessing’s Augen wurden groß, als der Motor der Fähre lauter wurde und wir uns langsam in Bewegung setzten. Es war ein großes Schiff und dennoch war der Wellengang deutlich zu spüren. Ich strich meinem Stütchen beruhigend über den Hals und massierte sie ausgiebig, während ich leise vor mich hinsummte. Glücklicherweise dauerte die Überfahrt von Schweden nach Deutschland nicht allzu lange. Von Puttgarden, wo die Fähre anlegte, ging es quer durch den Norden Deutschlands, vorbei an Hamburg, Bremen und Dortmund. Auf den Straßen war nicht viel los und darüber war ich mehr als dankbar. Blessing war auf der Fahrt ziemlich ruhig und schwitzte auch nicht, als wir kurz vor der niederländischen Grenze eine längere Pause einlegten. Zu diesem Zeitpunkt waren wir bereits acht Stunden unterwegs. Das junge Pferd schlug sich jedoch sehr gut. Ich füllte erneut Blessing’s Wassereimer, entfernte Pferdeäpfel aus der Streu und füllte Heu nach. Außerdem band ich Blessing los und führte sie ein wenig auf dem Parkplatz des Autohofs herum. Ich hatte mich extra nicht für eine Autobahnraststätte entschieden, damit wir ein wenig mehr Ruhe hatten. Nachdem ich Blessing’s Muskeln gelockert hatte, bekam sie ihr Mash, wofür ich extra meinen Wasserkocher eingepackt hatte. „Nur noch knapp sieben Stunden mein Mädchen, dann sind wir endlich zu Hause.“, sagte ich liebevoll zu dem Pferdchen. Ich genehmigte mir einen großen Kaffee und besorgte mir im Drive In ein paar Burger. Dann ging es auch schon weiter. Wir durchfuhren ein Eckchen der Niederlanden und durchquerten anschließend Belgien. Nur noch ein Land lag zwischen uns und meinem geliebten England. Als wir den Fähranleger in Calais, in Frankreich erreichten, war ich ganz schön fertig. Nur noch drei einhalb Stunden, aber eine davon konnte ich mich auf der Fähre ausruhen. Ich holte mir einen weiteren Kaffee und ging schnell zur Toilette, während weitere Autos auf die Fähre fuhren. Wir waren unter den ersten gewesen, daher hatte ich einige Minuten Zeit, bis wir ablegen würden. Anschließend ging ich mit meinem Kaffee, zwei Brötchen und einem Apfel zu Blessing in den Hänger. Ich verfütterte den Apfel an sie und setzte mich auf den Boden. Blessing stand mit gesenktem Kopf da und döste vor sich hin und ein paar Minuten später war ich selbst eingeschlafen. Erst als die durchdringende Ansage über das Parkdeck schallte, dass wir in wenigen Minuten anlegen würden, wachte ich wieder auf. Nach diesem kurzen Schläfchen fühlte ich mich wieder frischer und war bereit für die letzte Etappe unserer Reise. Blessing machte zwar einen sehr müden Eindruck, ansonsten schien es der jungen Stute jedoch gut zu gehen. Ich strich ihr über die samtene Nase und setzte mich dann ans Steuer, um den Verkehr nicht aufzuhalten, sobald wir das Schiff verlassen durften. Nun ging es vorbei an London und Winchester, bis wir bei Southampton schließlich die Schnellstraße verließen. Kurz darauf fuhr ich auf der Landstraße durch den Wald und eine halbe Stunde später kam die Zufahrt zu meinem Gestüt in Sicht. Ich seufzte erleichtert auf. Eigentlich fuhr ich nie so lange Strecken am Stück, doch ich hatte Blessing keine Nacht im Hänger oder einem fremden Stall zumuten wollen. So war die Tortour zumindest schnell vorüber. Mittlerweile war es kurz nach ein Uhr und ich spürte überdeutlich, dass ich schon seit dem Morgengrauen auf den Beinen war. Als ich den Pferdehänger vor den Stall lenkte, kam mir Ana entgegen. Sie öffnete mir die Tür und umarmte mich. „Du siehst ganz schön fertig aus. Aber das ist ja nach dieser Fahrt auch kein Wunder! Blessing’s Box ist bereit, soll ich sie herausführen?“, begrüßte Ana mich. Ich schüttelte den Kopf: „Nein, das mache ich selbst. Sie kennt mich ja jetzt und hier ist alles neu für sie. Aber ich glaube, Blessing ist genauso müde wie ich, deshalb wird es bestimmt keine Probleme geben.“ Ana ließ die Rampe des Hängers herunter und ich trat zu meinem Pferdchen. Blessing blinzelte mich müde an und ich strich ihr liebevoll über den Kopf. „Na komm meine Süße, wir sind daheim. Du warst wirklich klasse!“, lobte ich sie. Dann band ich Blessing los und dirigierte sie vorsichtig die Rampe des Pferdehängers herunter. Das Stütchen blieb stehen und zog mit zitternden Nüstern Luft ein. Ich tätschelte ihren Hals und führte sie vorwärts zum Stutentrakt. Blessing folgte mir anstandslos und reagierte nicht auf das einzelne müde Wiehern, das uns entgegenschallte. Ich führte Blessing in die Box und nahm ihr Gamaschen und die Decke ab. Ihre Krippe war gefüllt, die Box dick eingestreut und die Tränke funktionierte. Blessing war so erschöpft, dass sie sich gar nicht großaratig umsah und ihre Boxennachbarin Elfentanz ließ sie in Ruhe. Elfentanz war kein aufdringliches Pferd, deshalb war es mir so wichtig gewesen, dass Blessing die Box neben ihr bezog. Ich betrachtete das junge Stütchen noch einen Augenblick lang, dann ging ich leise in den Abfohltrakt, um mir die beiden kleinen Fohlen anzusehen. Ich konnte mich vor Müdigkeit zwar kaum noch auf den Beinen halten, aber ich war eben Pferdebesitzerin mit Leib und Seele, da ging das Wohl der Vierbeiner vor. Leise betrat ich den Stall und lief sofort zu meiner Palominostute Kagami. Das schöne Tier döste stehend in seiner Box und in einer Ecke im Stroh entdeckte ich ein kleines, helles Bündel. „Hallo Baby“, flüsterte ich leise. „Begrüßen werde ich dich morgen, heute lasse ich dich schlafen.“ Kagami hatte die Augen geöffnet und kam vorsichtig zur Tür, um mich zu begrüßen und ich strich der Stute die weiße Mähne aus der Stirn. „Das hast du toll gemacht mein Mädchen. Ich werde mir dein Baby morgen genauer ansehen, okay?“, sagte ich liebevoll. Dann ging ich drei Boxen weiter zu Leveneza und ihrem Stutfohlen. Die Rappstute lag im Stroh, ihr winziges Baby direkt neben ihr. Brian döste in einer Ecke der Box. Als Ana die Boxentür öffnen wollte, schüttelte ich den Kopf. Der junge Mann hatte ein paar harte Tage und Nächte hinter sich und konnte jede Minute Schlaf gut gebrauchen. Zudem wollte ich auch Leveneza und ihr Kleines nicht aufwecken, da sie gerade so friedlich schliefen. Die Größe des Pferdebabys machte mir dennoch Angst. Es sah so klein und zerbrechlich aus, wie es da im Stroh neben seiner stattlichen Mutter schlief. Auf Zehenspitzen schlichen Ana und ich zurück in den Stutentrakt und sahen noch einmal nach Blessing. Das junge Vollblut hatte es sich im Stroh gemütlich gemacht und schlief tief und fest. Ich lächelte. Noch nie hatte ich gesehen, dass Blessing sich zum Schlafen hinlegte. Wahrscheinlich war sie die Weidehaltung mit anderen Pferden zusammen einfach nicht gewohnt gewesen. Ich lächelte und verließ den Stall. Dann wünschte ich Ana eine gute Nacht und ließ mich in Klamotten in mein Bett fallen. Das heute war ein wirklich langer Tag gewesen, aber ich freute mich bereits auf den Nächsten.

      ~*~

      Montag – 27. April 2020
      Trotzdem ich nach der kräftezehrenden Fahrt erst spät ins Bett gekommen war, war ich am nächsten Morgen gewohnt früh auf den Beinen. Mein erster Weg führte mich natürlich in den Stutentrakt zu meinen Pferden. Blessing stand am hinteren Ende ihrer Box und sah durch ihr Fenster nach draußen. Ich rief nach ihr und sie wandte sich kurz nach mir um, bevor sie mich ignorierte. „Kleine Schritte.“, dachte ich mir. Immerhin hatte Blessing noch vor einer Woche überhaupt nicht reagiert, wenn sie mich sah. Da ich schonmal hier war, begrüßte ich gleich auch noch HMJ 7785 Elfentanz und ihre Freundin, die Palominostute Hollywood Undead II. Die beiden vernachlässigten Pferde waren inzwischen unzertrennlich. Ich ging die Boxenreihe entlang und knuddelte mit meinem Holsteinermädchen Coeur de Lilith, der Hannoveranerstute Cassidy und meiner alten Dame Wild Lady Roxanne. Anschließend betrat ich den Fohlentrakt und ging schnurstracks zu Leveneza und ihrem Baby. Die schöne Rappstute schwang ihren Kopf über die Boxentür und wieherte mir leise zu, als sie mich kommen sah. Ich ging auf sie zu und nahm ihren Kopf in die Arme. „Hallo, meine Schöne. Alles wird gut, ich passe jetzt auf dein Baby auf.“, tröstete ich sie, während ich die Box betrat. Das Pferdebaby lag zusammengerollt im Stroh und blinzelte mich vertrauensseelig an. Das Pferdekind hatte wesentlich mehr menschlichen Kontakt gehabt, als es Fohlen in ihrem Alter eigentlichen hatten. Brian saß immer noch in der Ecke und beobachtete das Fohlen aufmerksam. „Sie steht immer noch nicht alleine auf, aber ich habe trotzdem das Gefühl, dass sie es schaffen wird.“, sagte er leise und gähnte. „Geh schlafen Brian. Ich mache nur noch meinen Rundgang durch den Stall, dann passe ich auf die beiden auf. Du hast in den letzten Tagen mehr als genug getan.“, sagte ich dankbar. Der junge Mann nickte und stand schwankend auf. „Getrunken hat sie erst vor ein paar Minuten.“, sagte er noch. Ich dagegen kniete mich hin und strich dem Baby über den flaumigen Hals. Es schmiegte sich gegen meine Hand und zerfloss beinahe vor Rührung. Wir mussten dieses Fohlen unbedingt am Leben halten. Nur schwer konnte ich mich von Mutter und Kind losreißen, als ich weiter zu Kagami El Assuad und ihrer Tochter ging. Das kleine Tier war tatsächlich ein Palomino Roan und ich konnte mein Glück kaum fassen, diese seltene Fellfarbe gezüchtet zu haben. Die kleine Stute hatte ebenfalls gerade gefrühstückt und sprang nun ausgelassen in der Box herum. In einigen Tagen würden wir die beiden bereits auf die Koppeln hinaus bringen können. Auch Lamira und Lyna machten einen sehr guten Eindruck. Die eigensinnige Schimmelstute hatte ihre erste Geburt sehr gut überstanden und Lyna war ein richtiges Prinzesschen, das von allen auch genau so behandelt wurde. Ich stattete den restlichen trächtigen Stuten einen Besuch ab. Successful Dream stiefelte immer noch recht energisch auf der Koppel herum, während die anderen eher durch die Gegend wankten, wenn sie sich denn einmal bewegten. Ich lächelte. Es wunderte mich überhaupt nicht, dass mein junges Vollblut noch so agil war. Ana, Samuel und Donald machten gerade die Englischen Vollblutstuten PFS‘ Storm Cat, Bearing Spots, Little Miss Backyard, Success Story xx und Ace of Spades zum Training fertig. Von diesem würde ich mich heute allerdings fernhalten, um die Wache bei Leveneza und ihrem Fohlen zu übernehmen. Die Showpferde Where’s Sleep, Rosewell, My lovely Horror Kid, Saddy, Rainbow, Ehawee und Cuchara tummelten sich bereits auf den Koppeln. Sie wurden momentan weniger trainiert als die Vielseitigkeits- und Rennpferde, aber auch das würde sich in nächster Zeit wieder ändern. Auch die Ranchpferde PFS‘ Devil in Prada, Arriba, Your possible Pasts, The Morticains Daughter und My golden Heart waren zur Zeit nicht in intensiven Training. Meist ritten wir mit ihnen aus oder nahmen sie als Begleitpferde für die Jungtiere, die gerade ins Training kamen. Bevor ich meinen Rundgang nun auf den Koppeln fortsetzte, um meine Feenpferdchen, die Trainingspferde und Fohlen zu besuchen, ging ich erst einmal in den Hengststall, um meine Männer zu begrüßen. Die Vielseitigkeitspferde Cadeau, Fantastic Fly, Incendio, Pride & Prejudice und Levistino machten alle einen hervorragenden Eindruck. Auch bei den Showpferden Roi du Soleil, Shamal, Khamar al Sanaa, Negresco, Ojos Azules, Damon’s Dynamo und Amayyas war alles in bester Ordnung. Amayyas hielt wie üblich alle auf Trab, aber ich liebte meinen Geparden abgöttisch. Die beiden Westernpferde Golden Indian Summer und Dissident Hawk knabberten enttäuscht an meinem Ärmel, als sie entdeckten, dass ich ihnen nichts mitgebracht hatte. „Nehmt’s mir nicht übel meine Süßen, ich bin heute noch ziemlich müde. Morgen bringe ich euch etwas Leckeres, versprochen!“, vertröstete ich die Hengste lachend. Meine kleinsten Ponys waren bereits draußen auf den Koppeln. Der Isländer GE’s Ljósfari kam sofort zum Koppelzaun als er mich entdeckte. Das Islandpony war der geheime Liebling bei allen Gestütsbesuchern und hatte auch einen besonderen Platz in meinem Herzen. Die Minihengste Rumpelstielzchen und Darkwood’s Storm Dancing Feather stolzierten über ihre Weide und Hollybrook’s Cheeky Jot ignorierte mich. Der schöne Schecke war wahrscheinlich beleidigt, weil ich ihn solange alleine gelassen hatte. Cheeky und mich verband eine ganz besondere Beziehung und der Hengst hatte noch immer seinen eigenen Kopf. Mein Neuzugang, das spanische Warmblut Vingador stand momentan noch in einem der abgetrennten Hengstpaddocks, da er sich von einer schwerwiegenden Vernachlässigung erholen musste. Auch PFS‘ Arctic Alinghi, der wunderschöne Junghengst unter den Miniature Pferden stand zur Zeit noch alleine, da nicht sicher war, ob er sich mit den beiden älteren Hengsten verstand. Die Stuten unter den Trainingspferden standen noch im Stall. Unter ihnen waren die wunderhübschen Miniature-Pferdchen PFS‘ Beck’s Little Diva und PFS‘ Glenn’s Cookie. Mit beiden wollte ich demnächst das Training beginnen. Pashmina, Pirate’s Pride und die schöne Stute Galantis standen bereits gut im Training, während Picturesque Diova, Successful Glamour und Painted Crown Jewel ihre gesamte Karriere noch vor sich hatten. Letztere waren erst seit knapp zwei Wochen auf meinem Gestüt und ich konnte mein Glück immer noch kaum fassen, zwei solch vielversprechende Stuten ergattert zu haben. Im Fohlentrakt befanden sich derzeit nur noch die fast ausgewachsene Trakehnerstute Jeune Mariée, die Welsh D Stute PFS‘ Daydream of Money und das Araberstütchen PFS‘ Isis. Ganz zum Schluss stattete ich noch meinen Ponystuten Magical Moment, Thousand Sunny, Naboo, Aimiliani, Fairylike Facility, Isola della Pirateria, Miniature America’s Narnia und Porcelain Doll einen Besuch ab. Dann schaute ich noch einmal bei Blessing vorbei. Ich gab dem schönen Tier sein Frühstück und ließ Blessing dann in Ruhe. Heute Nachmittag durfte sie ein paar Stunden auf ein Stück Koppel, dass ich neben der Stutenkoppel abgetrennt hatte. Ansonsten aber hatte mein Makeover-Pferdchen heute frei. Immerhin war der Tag und überhaupt die ganze letzte Woche ziemlich anstrengend gewesen. Da hatte sich Blessing einen freien Tag redlich verdient. Fortschritte würden wir noch schnell genug machen. Ich dagegen hatte heute einiges zu tun. Erst einmal standen nun ein paar Stunden Wache halten bei Leveneza an und später am Tag wollte ich mir Gedanken über Blessing’s Trainingsplan machen, damit das Stütchen sich bald auf meinem Gestüt zu Hause fühlte. Ich hoffte wirklich sehr, dass ich Blessing weiter aus ihrem Schneckenhaus locken konnte und die Stute bald über die weitläufigen Weiden meines Gestüts toben würde. Den Grundstein hatten wir gelegt, nun hieß es behutsam weitermachen und darauf aufbauen. Ich war zuversichtlich, dass Blessing und ich tolle Partner werden würden.
    • Sammy
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      Thousand thoughts, but nothing to say
      22. November 2020
      Pures Adrenalin überrollte mich, als an diesem Morgen mein Wecker klingelte. In der Regel brauchte ich keine Hilfe beim Aufwachen, doch zur Zeit war ich nicht wirklich ich selbst. Es war einfach alles zu viel Stress. Zu Hause in Irland war meine Oma schwer erkrankt und wir wussten nicht, ob sie diesen Winter überstehen würde. Sukzessive gingen all meine elektronischen Geräte in die Knie - zuletzt mein Laptop und ich hatte das Gefühl, von Büchern erschlagen zu werden. Ganz nebenbei lief es auch mit den Pferden nicht super gut. Durch die ganze Krisensituation war der Markt ziemlich eingebrochen und ich hatte kaum Interessenten für meine zahlreichen Verkaufspferde. Daran, die Zuchtfohlen in den Verkauf zu geben, war momentan nicht einmal zu denken. Mit einer enormen Kraftanstrengung wuchtete ich mich aus dem Bett, rannte ins Bad, zog mich an und schüttete meinen morgendlichen - jetzt obligatorischen- Kaffee in mich hinein. Dann war ich auch schon auf dem Weg zu den Stallungen. Sofort liefen zwei meiner Mitarbeiter auf mich zu, berichteten mir von weiteren kleineren und größeren Schwierigkeiten. So kam es also, dass ich schon früh am Morgen durch den Stall hastete, wie das weiße Kaninchen aus Alice im Wunderland. "Keine Zeit, keine Zeit, viel zu tun!", ratterte in Dauerschleife durch meinen Kopf.
      Nachdem die ersten Pannen überwunden waren, kam ich endlich dazu, mich um die Morgenfütterung meiner Lieblinge zu kümmern. Wir begannen bei den Überfliegern: Fantastic Fly, Corde de la Cerise, Hollywood Undead II, Cadeau, Coeur de Lilith, Leveneza, Lamira, Incendio, Cassidy, Mahira, Pride and Prejudice, Unannounced Pleasure, Wild Lady Roxanne, Reminiscent Inspiration, Levistino und Samiyah. Gleich darauf waren meine Blitzstarter, also meine englischen Vollblüter an der Reihe: Backup, Bearing Spots, El Racino, Pawaneeh, PFS' Storm Cat, Little Miss Backyard, Successful Dream, Kazumi Princess El Assuad, Kagami El Assuad, Success Story xx und Ace of Spades. Im Trakt der Showpferde ging es mit Where's Sleep los, dann folgten Roi du Soleil, Rosewell, My lovely Horror Kid, Saddy, Shamal, Khamar al Sanaa, Negresco, Rainbow, Ehawee, Damon's Dynamo, Amayyas, Ojos Azules und Cuchara. Im Trainingsstall erwarteten mich Galantis, Who Loves Candy, HMJ 7786 Elfentanz, Pirate's Pride, Painted Crown Jewel, Picturesque Diova, Successful Glamour, Vingador, PFS' Arctic Alinghi, PFS' Beck's Little Diva, PFS' Glenn's Cookie und Pashmina. Im Fohlenstall standen inzwischen nur noch Lyna di Royal Peerage, Jeune Mariée, PFS' Daydream of Money, PFS' Isis und Grace's Cookie 'n Cream. Ich wischte mir über die Stirn. Fast geschafft. Im Stall der Feenpferdchen strich ich meinem geliebten Isländer GE's Ljósfari über die Stirn, dann ging es weiter zu Porcelain Doll, Rumpelstielzchen, Miniature America's Narnia, Darkwood's Storm Dancing Feather, Naboo, Magical Moment, Hollybrook's Cheeky Jot, Thousand Sunny, Isola della Pirateria, Aimiliani und Fairylike Facility. Auf meinem Hof waren nun nur noch die Ranchpferde zu versorgen: PFS' Devil in Prada, Arriba, Your possible Pasts, Dissident Hawk, Golden Indian Summer, The Morticains Daughter und My Golden Heart. Als nächstes kümmerte ich mich um mein Horse Makeover-Pferdchen HMJ Blessing. Die schöne Fuchsstute machte großartige Fortschritte, aber ich kam momentan einfach nicht dazu, über sie zu berichten. Ich würde mich wohl auch an die Veranstalter des Makeovers richten, um meine Teilnahme zurückzuziehen. Es war einfach zu viel los. Dennoch hoffte ich, Blessing bei mir behalten zu dürfen. Als alle Pferde des Hofes versorgt waren, stieg ich in mein Auto und fuhr die wenigen Kilometer zu den Verkaufsstallungen. Einige der Pferde hier waren schon verkauft, andere reserviert, aber zu viele hatten noch keinen geeigneten Besitzer gefunden.
      Hier standen zur Zeit noch: Hollybrook's Barakah al Sanaa, Candle in die Wind, Girlie, Apaches Tomahawk, Hollybrook's Tiny Girl, Hollybrook's Fairy Bluebird, Hollybrook's Zarin, Cirilla, Middle Ages, Ivory, Wannabe, Pangäa, Chaira, Napayné, Glammy, Eddi's Dead Pop Romance, Dream of Wyoming, BB's Harmony, Wüstentänzer, Juego, Pirate Island, American Baby, Hollywood Undead, Kolibri, Dorina, Branagorn, Hollybrook's Casanova, Hollybrook's Classic Moment, Hollybrook's Bloody Valentine, Black Soul, Angels Fall First, Someone, Mizzi, Pierre, Salwa, Little Miss Sunshine, Sharley, Precious Scream und Adina De Ra'idah.
      Als ich wieder nach Hause kam, war ich schon vollkommen erledigt. Ich war mir nicht sicher, wie lange ich diesen Stress noch aushalten würde und überlegte mir, ob ich nicht einen Großteil meiner Pferde auf einer der großen Auktionen vorstellen sollte - auch wenn mir dieser Gedanke beinahe das Herz brach.
    • Sammy
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      Frühling
      22. Mai 2021
      Lächelnd saß ich auf meiner Dachterrasse und ließ den Blick über anthratzitfarbenen Dächer der Stallungen und die weitläufigen, satt grünen Weiden schweifen, auf denen sich unzählige Pferde tummelten. Der Frühling war einfach meine liebste Zeit des Jahres, auch wenn er zugleich die anstrengendste Phase des Gestütslebens darstellte. Die Hallenturniersaison war endgültig vorbei, endlich starteten die großen Vielseitigkeitstuniere wieder und Hollybrook kam Zuwachs in Form von niedlichen Fohlen mit flauschig weichem Fell. Zudem mussten Trainingspläne erstellt, fremde Trainingspferde eingeplant und notwendige Reparaturen gemanagt werden. Alles in allem hatte ich wirklich viel zu tun. Auch der Tag heute war wieder ereignisreich gewesen. Doch nun war es halb acht am Abend. Die Pferde genossen ihren wohlverdienten Feierabend auf den Koppeln und würden bald als letzte Arbeitshandlung des Tages, zurück in die Stallungen gebracht werden. Noch war es nachts zu kalt, um sie draußen zu lassen. Aber auch das würde sich wahrscheinlich bald wieder ändern. Ich hatte inzwischen nicht mehr sehr viele Pferde, die noch zur Körung mussten, aber diejenigen, die ich gerade darauf vorbereitete machten große Fortschritte. Grace's Cookie 'n Cream würde ich demnächst zu einer renomierten Westernpferdetrainiern geben, um dem schönen Jungpferd die bestmögliche Ausbildung zu verschaffen. In den Westerndiszplinen war ich einfach nicht mehr so bewandert, dass ich ein so vielversprechendes Pferd wie Cookie selbst übernehmen wollte. Für PFS' Daydream of Money wurde es allmählich Zeit, mit der Arbeit unter dem Sattel zu beginnen. Die kleine vorwitzige Stute sollte einmal die Partnerin meines Zuchthengstes Roi du Soleil werden, der zu meinen erfolgreichen Showpferden gehörte. Dann waren da noch die Jüngsten auf dem Gestüt: Das wunderschöne Rappstütchen Lyna di Royal Peerage, das von meinen Angestellten nur noch Prinzessin gerufen wurde und das inzwischen seinen einjährigen Geburtstag hinter sich hatte. Auch die anderen Jährlinge des Gestüts konnten sich durchaus sehen lassen. Die Pferde, die momentan an erster Stelle standen, was das Training betraf, waren meine Köranwärter. In einige von ihnen setzte ich allergrößte Hoffnungen. So zum Beispiel in die Urenkelin meines Jolympiasiegers Levistino, Jeune Mariée. Die Schimmelscheckstute war charmant, eifrig und sehr lernwillig. Mit ihr zu arbeiten machte einfach Spaß, auch wenn Mariées Ausbildung zum Reitpferd noch ganz am Anfang stand. Mein zweiter auserkorener Liebling im Trainingsstall war die Holsteinerstute Painted Crown Jewel. Ich hatte gefühlte Ewigkeiten auf ein Fohlen des bekannten Hengstes Painted Blur gehofft und konnte noch immer kaum fassen, dass mein Traum in Erfüllung gegangen war. Jewel war nun vier Jahre alt und sollte in dieser Saison ihre ersten Turniere bestreiten. Jewel war das, was man in Schülerkreisen einen Streber nannte. Sie wollte in jeder Arbeitseinheit perfekt sein und wurde regelrecht missmutig, wenn sie nicht auf Anhieb verstand, was ich von ihr erwartete. Das bedeutete, dass ich im Training mit ihr behutsam sein musste, sodass wir in jedem Fall jede Einheit mit einem positiven Erlebnis beendeten. Darauf achtete ich in der Regel sowieso, aber bei Painted Crown Jewel war es ein absolutes Muss. Erst heute Mittag waren wir beide in perfekter Harmonie über den Dressurplatz geschwebt und ich strahlte bei dieser Erinnerung. Kaum eines meiner Jungpferde hatte derart vielversprechende Anlagen, im Vielseitigkeitssport einmal zu den ganz Großen zu gehören. Der wunderschöne Cremellohengst Vingador, den ich vor längerer Zeit aus schlechten Verhältnissen gerettet hatte, lebte für die Dressur. Er machte auch auf dem Springplatz eine sehr gute Figur, nur im Gelände tat er sich noch etwas schwer. Ebenso ging es der Hannoveranerstute Successful Glamour. Die inzwischen vierjährige Tochter meiner erfolgreichen Rennstute Success Story xx und meinen Tierschecken Branagorn liebte das Springen, war im Gelände aber noch derart nervös und unsicher, dass wir uns momentan auf lange Spaziergänge beschränkten und uns die festen Geländehindernisse erst einmal vom Boden aus ansahen. Dann war da noch mein Neuzugang, Galantis. Die achtjährige Stute hatte schon einige Erfolge für sich verbuchen können und war fast so weit, dass ich sie zum Stutbuchwettbewerb schicken konnte. Picturesque Diova dagegen hatte gerade erst mit ihrem Training unter dem Sattel begonnen. Die zierliche Jungstute brauchte ein wenig mehr Zeit, als andere Pferde und ich hatte schon immer die Einstellung vertreten, dass man sich mit dem Training am jeweiligen Tempo des Pferdes orientieren musste. Das machte sich nun auch bezahlt, denn Diova entwickelte sich prächtig und zeigte allmählich auch etwas Selbstbewusstsein. Mein erstes Horsemakeover Pferd HMJ 7786 Elfentanz war ebenfalls nicht wiederzuerkennen. Die ehemals scheue und ängstliche Stute klebte immer noch an ihrer Freundin Holly, ließ sich aber inzwischen von allen Mitarbeitern meines Hofes anfassen und sammelte immer mehr Turniererfahrung. Sogar unsere erste Vielseitigkeit wollten wir in diesem Monat bestreiten. Für mich als Züchterin erstklassiger Vielseitigkeitspferde natürlich ein großer Moment. HMJ Blessing, mein Pferdchen aus dem letzten Makeover stand noch etwas weiter am Anfang ihrer Karriere, machte jedoch ebenfalls große Fortschritte. Mittlerweile trainierte Blessing beinahe täglich mit meinen anderen Rennpferden in der Morgenarbeit auf der Rennbahn. Bis ich Blessing das erste Mal unter dem Sattel auf der Bahn hatte, hatte ich viel Geduld, Zeit und Ausdauer investieren müssen, doch es hatte sich gelohnt. Blessing war nun völlig entspannt, solange ich in ihrem Sattel saß und liebte es einfach, zu laufen. Die junge Fuchsstute war aufgeweckter und lebensfroher, als ich sie je vorher gesehen hatte und tollte nun sogar mit den anderen Pferden auf der Weide herum. Ich fand es sehr schade, dass das letzte Horsemakeover aus Zeitgründen hatte abgebrochen werden müssen, doch die momentane weltweite Krise ging auch am Pferdesport nicht spurlos vorbei. Sollte es irgendwann ein neues Makeover geben, wollte ich aber in jedem Fall wieder dabei sein.
      Ich ließ meine Gedanken zurück zu den restlichen meiner Jungpferde schweifen und mir kam PFS' Isis in den Sinn. Die Jungstute machte ihrem Namen alle Ehre und benahm sich, als wäre sie die ägyptische Göttin, nach der sie benannt war. Die auffällig gefärbte Scheckstute war heißblütig, manchmal arrogant und wurde doch von allen verehrt. Schon jetzt zeigte die Stute beim Training wunderbare, schwebende Gänge und machte gerade die ersten Schritte unter dem Sattel. Meine beiden anderen Vollblüter im Trainingsstall waren die Stute Pirate's Island, die auf der Rennbahn schon einige Preise geholt hatte und der Liebling von allen: Who Loves Candy. Nachdem der hypersensible Vollbluthengst seine Rennpferdekarriere ad acta gelegt hatte, arbeiteten wir nun hart daran, aus ihm ein gutes Vielseitigkeitspferd zu machen. Die Anlagen dafür hatte das schöne Vollblut in jedem Fall. Auf dem Reitplatz waren wir inzwischen auch schon ein ganz gut eingespieltes Team, beim Springen und vor allem im Gelände lag aber noch viel Arbeit vor uns. Candy brachte mich zum lachen und ab und an auch zum weinen, aber ich liebte ihn abgöttisch. Die Arbeit mit ihm würde definitiv niemals langweilig werden. Im Übrigen hatte der junge Hengst einen neuen besten Freund gefunden: Die Stallkatze Grey, die eigentlich allen anderen Pferden aus dem Weg ging. Eins Morgens war ich in den Stall gekommen und das graue Bündel hatte seelenruhig auf Candy's Rücken geschlafen, während der Hengst zufrieden an seinem Heu geknabbert hatte.
      Dann war da noch mein Liebhaberpferdchen Pashmina. Die hübsche Berberstute passte absolut überhaupt nicht zu meinem Zuchtziel und sollte stattdessen irgendwann meine Showpferde unterstützen. Ähnlich war es mit den drei American Miniature Horse Pferdchen PFS' Glenn's Cookie, PFS' Beck's Little Diva und PFS' Arctic Alinghi. Alle drei hatten sich zu stattlichen Jungpferden entwickelt und vor allem Alinghi war ein Traum von einem Miniaturpferd. Sie sollten meine inzwischen doch ziemlich große Miniherde bestehend aus Porcelain Doll, Rumpelstielzchen, Miniature America's Narnia und Darkwood's Storm Dancing Feather bereichern. Zusammen mit meinen restlichen Feenpferdchen, dem Islandpony GE's Ljósfari und den New Forest Ponys Hollybrook's Cheeky Jot, Magical Moment, Thousand Sunny, Naboo, Isola della Pirateria, Aimiliani und Fairylike Facility bildeten die Ponys meine kleine Liebhaberzucht, weil ich mich einfach nicht von ihnen trennen konnte und wollte. Ganz ähnlich verhielt es sich mit meinen vierzehn Showpferden. Da war einmal mein Friesian Sporthorse Where's Sleep. Das Mähnenwunder war mein Star in jeder Dressurkür und ich konnte nicht damit aufhören, mir immer wieder neue Frisuren für die schöne Stute einfallen zu lassen. Daneben gab es wie schon erwähnt den Welsh D Hengst Roi du Soleil, der ebenfalls vor allem in der Dressur glänzte. Meine Lewitzerstute Rosewell war in der Vielseitigkeit unterwegs und hatte inzwischen eine Reitbeteiligung namens Amy. Das ehrgeizige kleine Mädchen lebte im Dorf um die Ecke und hatte sich auf den ersten Blick in Rosie verliebt. Da das auf Gegenseitigkeit beruhte, hatte ich ihr Reitunterricht auf der schönen Stute gegeben und Rosie freute sich über die Beschäftigung. Meine vier Vollblutaraber My lovely Horror Kid, Saddy, Shamal und mein Liebling unter ihnen, Khamar al Sanaa bildeten eine tolle Dressurquadrille, gaben aber auch beim Showspringen ein tolles Bild ab. Dagegen waren meine drei Andalusier Ojos Azules, Cuchara und Negresco reine Dressurpferde geworden. Ich hatte sie zwar früher ab und an auf Fahrturnieren vorgestellt, doch ihre eigentliche Begabung lag eindeutig im weißen Viereck. Die Traber Rainbwo, Ehawee und Damon's Dynamo waren nach wie vor echte Allrounder. Sie traten vor allem durch ihre mannigfaltigen Erfolge bei Gangturnieren aus der Masse hervor, gaben jedoch auch vor der Kutsche ein tolles Gespann ab. Vor allem Dynamo war zum absoluten Schleifensammler avanciert, wobei er immer noch ganz Gentleman war. Ich konnte es kaum erwarten, endlich das erste Fohlen aus ihm zu ziehen. Und schließlich gab es da noch meinen Geparden - den Berberhengst Amayyas. Pashmina hatte ich hauptsächlich behalten, um einmal ein reinrassiges Berberfohlen ziehen zu können, denn so in seinen Bann gezogen wie Amayyas hatte mich bisher noch kaum ein Pferd. Der stolze Red Roan war nun zehn Jahre alt, hatte jedoch immer noch ein Temperament wie ein Jungpferd und noch immer seine deutlichen Vorlieben und Abneigungen bei Mensch und Tier. Donald zum Beispiel durfte dem stolzen Tier noch immer nicht zu nahe kommen, obwohl der passionierte Westernreiter dem Hengst nie etwas getan hatte.
      Im Gegensatz zu meinen Showpferden war die nächste siebenköpfige Truppe nicht nur zu Turnier- sondern auch zu Alltagszwecken entstanden. Da gab es meine beiden Criollostuten PFS' Devil in Prada und Arriba, die aufgrund ihrer Trittsicherheit und Unerschrockenheit die perfekten Ranchpferde abgaben. Sie gingen inzwischen nur noch selten auf Turniere, sondern unterstützen uns wirklich auf dem Gestüt. Sie waren auch die absoluten Lieblinge bei unseren Wanderreitgästen, mit denen wir Touren durch den New Forest National Park unternahmen. Dasselbe galt für die restlichen Westernpferde Your possible Pasts, Dissident Hawk, Golden Indian Summer, The Morticains Daughter und My Golden Heart, wobei diese auch noch aktiv bei Westernturnieren in verschiedenen Disziplinen starteten.
      Ich lächelte bei dem Gedanken an ein Fohlen von Dissident Hawk und Cookie. Bei dieser Anpaarung würde mit Sicherheit eine interessante Farbe herauskommen.
      Nun glitten meine Gedanken weiter zum Hauptstamm meiner eigentlichen Zucht: Denn Englischen Vollbütern, die ich nach und nach zu Vielseitigkeitspferden ausbildete beziehungsweise die meine Vielseitigkeitspferde veredeln sollten und meinen Warmblütern, die die geborenen Vielseitigkeitschampions waren.
      Meine Vollbluthengste El Racino und Pawaneeh waren mit den ganzen Stuten absolut in der Unterzahl, weshalb ich es kaum erwarten konnte, das Candy soweit war, um sie zu unterstützen. Die erfolgreichen Hengste waren immer noch im großen Sport aktiv und würden sich ansonsten wohl auch langweilen. Backup, Successful Dream, Kagami el Assuad und Kazumi Princess El Assuad hatten Fohlen an ihrer Seite und waren deshalb im wohlverdienten Mutterschaftsurlaub. Wobei es für Kagami wohl endgültig das letzte Fohlen sein würde. Die temperamentvolle Palominostute kam einfach nicht damit zurecht und wurde richtiggehend aggressiv, wenn sich jemand ihr und ihrem Fohlen näherte. Das Problem hatten wir schon gehabt, als sie Princess bekommen hatte, doch wir alle hatten gehofft, dass es nun einmal nur beim ersten Fohlen so war. Leider hatten wir uns damit getäuscht. Die schon älteren Stuten Ace Of Spades und Success Story xx traten nun allmählich ihren Ruhestand an. Beide hatten ihrer Zeit große Erfolge eingeheimst und von Story hatte ich ja zwei wunderbare Nachkommen im Stall stehen. Ace half momentan noch beim Training der jungen Rennpferde, indem ich sie als Begleitpferd nutzte und um den Jungspunden zu zeigen, wie man an den Rails lief. Die Youngster, die sich momentan gerade einen Namen auf den Rennbahnen des Landes machten war unstreitig Bearing Spots, PFS' Storm Cat und Little Miss Backyard. Vor allem Letztere war nach einem doch sehr schwierigen Start auf der Rennbahn nun zum absoluten Star herangewachsen und lief mittlerweile sogar den Hengsten davon.
      Auch bei meinen inzwischen sechzehn Überfliegern gab es Jungspunde, die sich gerade ihren Namen machten, wie zum Beispiel die feurige Fuchsstute Coeur de Lilith. Leveneza, Corde de la Cerise, Reminiscent Inspiration, Lamira, Mahira, Samiyah und Unannounced Pleasure hatten ebenfalls süße Fohlen an ihrer Seite und daher Trainingsfrei. Die Holsteinerstute Wild Lady Roxanne würde diesen Sommer in Rente gehen und durfte dann ihren Lebensabend auf den weitläufigen Weiden des Gestüts verbringen. Meine Hengste Levistino, Pride & Prejudice, Incendio, Cadeau und Fantastic Fly machten neben dem gelegentlichen Decken der Stuten weiterhin die Turnierplätze Englands unsicher. Ich hatte versucht, Levistino aus dem Turnierbetrieb zurückzuziehen und ihn nur noch für die Zucht einzusetzen, doch der schöne Hengst war damit nicht glücklich gewesen, also hatte er letztes Jahr sein Comeback gefeiert und gleich den ersten Platz bei einer großen Vielseitigkeit ergattert. Cassidy und Hollywood Undead II sollten dieses Jahr gedeckt werden, um nächstes Jahr süße Fohlen zu bekommen.
      Zuletzt dachte ich an meine unzähligen Verkaufspferde. Einige von ihnen hatten inzwischen ein schönes neues Zuhause gefunden, doch für viele gab es auch noch gar keine Interessenten. Ich musste mir jetzt unbedingt überlegen, wie ich bessere Werbung für sie machen konnte. Da waren Hollybrook's Barakah al Sanaa, Candle in the Wind, Hollybrook's Tiny Girl, Hollybrook's Fairy Bluebird, Hollybrook's Zarin, Cirilla, Ivory, Wannabe, Pangäa, Chaira, Glammy, Eddi's Dead Pop Romance, Dream of Wyoming, BB's Harmony, Wüstentänzer, Juego, die eigentlich schon verkaufte Pirate Island, American Baby, Hollywood Undead, Kolibri, Dorina, Branagorn, Hollybrook's Casanova, Hollybrook's Classic Moment, Hollybrook's Bloody Valentine, Black Soul, Angels Fall First, Someone, Mizzi, Pierre, Salwa, Little Miss Sunshine, Sharley, Precious Scream und Adina De Ra'idah. Ich hoffte noch immer sehr, dass ich für sie alle ein schönes zu Hause finden würde, in dem sie noch lieb gehabt und gefördert wurden.
    • Sammy
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      Der Winter kommt
      16. November 2021
      "Brr, brr, brr", machte ich im Takt zu HMJ Bessing's Galoppsprüngen. Es war erst halb sechs und ich wärmte die fünfjährige englische Vollblutstute gerade für unser morgendliches Training auf. Mit uns auf der Bahn waren die Falbstute Pirate's Pride und PFS' Storm Cat. Während Blessing noch eher am Anfang ihrer Karriere stand, hatte Pride schon einige Erfolge für mein Gestüt Hollybrook eingefahren und Cat war inzwischen ein absoluter Profi. Das unglaublich schöne graue Pferd mit der hervorragenden Abstammung war ebenfalls fünf Jahre alt und ein absoluter Schatz. Storm Cat wollte gefallen und sie wollte rennen. Ana, die auf dem Rücken der jungen Stute saß, ging rhythmisch im Oberkörper mit, als die beiden auf der Innenseite an uns vorbeifegten. Blessing stellte die Ohren auf und beschleunigte ihr Tempo. Ich lehnte mich ein wenig zurück und spielte an den Zügeln. "Nein, Süße, heute nur leichte Arbeit", mahnte ich. Dabei huschte ein Lächeln über mein Gesicht. Blessing war kaum wiederzuerkennen. Aus der verschüchterten, deprimierten Stute, war ein aufgewecktes, lebensfrohes Pferd geworden, das von allen Mitarbeitern des Gestüts gemocht wurde. Auf Pride's Rücken kauerte Donald. Er lenkte die Stute auf die innerste Bahn, sodass sie direkt an den Rails rannte und gab die Zügel nach. Pride reagierte mit einer regelrechten Explosion nach vorne und verschlang mit ihren langen Beinen die Bahn. Damit zeigte die hübsche Falbstute dasselbe Talent wie ihre Mutter Pirate Island, die zwar noch bei mir im Stall stand, aber eigentlich schon seit längerer Zeit verkauft war. Ich parierte Blessing in den Trab durch, ritt eine Volte und trabte dann im Uhrzeigersinn um die Bahn, um das Training ausklingen zu lassen. Blessing senkte den Kopf und kaute auf dem Gebiss, woraufhin ich sie postwendend lobte. Ich konnte kaum glauben, welch große Fortschritte die Stute gemacht hatte. Nachdem ich Blessing im Schritt trocken geritten hatte, ritt ich zur Öffnung in den Rails, wo mich bereits Edward mit Little Miss Backyard erwartete. Ich sprang von Blessing's Rücken und strich der Stute über die weiße Nase. In diesem Moment tauchte Samuel mit Successful Dream im Schlepptau auf. Ich nickte ihm zu und nahm Dreamy's Zügel, während er mir Blessing abnahm. Samuel und Edward waren etwas zu groß für Jockeys und übernahmen daher die Hilfsarbeiten beim Training der Rennpferde, während Brian, Ana, Donald und ich die Hauptarbeit auf der Bahn übernahmen. Edward zog die Augenbrauen hoch. "Du reitest nicht Missy?", fragte er erstaunt. Ich verzog den Mund und schüttelte den Kopf. "Nein. Es ist Dreamy's erstes echtes Training auf der Bahn, nachdem sie Storm Chaser bekommen hat und das letzte Training mit ihr und Ana lief nicht so prickelnd. Außerdem glaube ich, dass Ana allmählich ganz gut mit Missy zurechtkommt." Edward dachte kurz über meine Worte nach und nickte dann zustimmend. Dann fiel er fast auf die Knie, weil die ungeduldige Scheckstute ihm in den Rücken stupste. "Du kleiner Teufel!", schimpfte er scherzhaft und führte Missy einmal im Kreis herum. In diesem Moment kam Ana auch schon mit Storm Cat von der Bahn. Sie grinste, als sie Missy übernahm, aber ich sah, dass ihre Finger zitterten. Die hochtalentierte Scheckstute war eine Zeit lang absolut unberechenbar und beinahe eine Gefahr auf der Bahn gewesen. Doch inzwischen hatte sie ihre Flausen weitgehend abgelegt - solange sie ihren Willen bekam und rennen durfte. Und das durfte sie heute. Ich wollte Dream mal wieder richtig laufen lassen. Auch ihre Mama war ein Star auf der Rennbahn gewesen, doch inzwischen war Success Story xx schon lange aus dem Sport verabschiedet worden. Edward schmiss erst Ana in Missy's Sattel und half dann mir auf den Rücken der hypernervösen Dream. Die schöne braune Stute rollte mit den Augen, tänzelte auf der Stelle und schlug mit dem Kopf. Kaum das mein Hinterteil den Sattel berührte, setzte sie zum Steigen an und machte einen Satz nach vorne. Ich verdrehte die Augen. "Dream. Du bist inzwischen Mutter eines unglaublich tollen einjährigen Sohnes. Könntest du dich bitte benehmen?", fragte ich. Edward lachte in sich hinein. "Immerhin wird es dir so nicht kalt!", sagte er dann gespielt beleidigt und vergrub sich weiter in seinen dicken Schal. In der Tat war es kalt geworden im alten England. Frost hatte es bisher glücklicherweise noch nicht, denn dann wäre auch unser morgendlichen Training im wahrsten Sinne des Wortes auf Eis gelegt. Aber lange würde es bestimmt nicht mehr dauern. Successful Dream rannte nun rückwärts und ich übte energischen Schenkeldruck aus, um das Vollblut davon abzuhalten, in Missy hineinzurennen. "Danke, dass du sie übernimmst", sagte Ana kleinlaut. Die junge Frau war eine hervorragende Reiterin, hatte aber einfach zu wenig Selbstvertrauen. "Donald, mach hin, die zwei wollen los!", rief ich meinem Arbeitsreiter zu, der gemütlich mit Pirate's Pride Richtung Ausgang bummelte. Dritte in der Runde sollte mein Pünktchenpferd Bearing Spots sein. Früher hatte diesen Platz immer Kazumi Princess El Assuad belegt, doch die Falbscheckstute und Tochter meiner weiteren Rennlegende Kagami El Assuad machte sich nicht mehr viel aus der Rennbahn. Princess war voll und ganz auf der Geländestrecke zu Hause und nach der Geburt ihres Fohlens Karma mittlerweile auch wieder voll im Training. Als Donald endlich auf Spotty's Rücken saß, ritten wir gemeinsam zur Bahn, um die Pferde aufzuwärmen. Dream zerrte bei jedem Schritt an den Zügeln und ich hatte alle Hände voll zu tun, um die Stute davon abzuhalten, mit mir durchzugehen. Dreamy war mit ihren vier Jahren schon weit herumgekommen, unterm Sattel aber noch genauso schwierig wie am ersten Tag. Merkte sie auch nur einen Hauch von Unsicherheit, hatte man verloren. Das war der Grund, warum hauptsächlich Brian und ich mit der schwierigen Stute arbeiteten. Ich ging in den leichten Sitz und Dreamy sprang sofort vorwärts. Ich gab Donald und Ana ein Zeichen, damit sie gewappnet waren und ließ Dream los. Die Stute verlängerte ihre Galoppsprünge mit jedem Satz und wir flogen um die Bahn. Als wir an Missy vorbeiwischten, hörte ich einen erschrockenen Ausruf und kurz darauf war Missy gleichauf mit uns. "Ana, was machst du da? Wir wollten heute kein Rennen veranstalten!", rief ich ärgerlich. Doch Missy hatte sich in den Kopf gesetzt, Dream zu schlagen und ignorierte Ana auf ihrem Rücken vollkommen. Ich nahm die Zügel auf, setzte mich nach hinten und nahm Successful Dream unter größter Mühe zurück. Erbost schüttelte die braune Stute ihren schönen Kopf, dann begann sie quer über die Bahn zu bocken. Ich biss die Zähne zusammen, nahm das Kinn hoch und setzte mich weit hinten in den kleinen Arbeitssattel. Wäre ich nicht auf diese Reaktion gefasst gewesen, läge ich jetzt schon längst auf dem kalten Boden. Endlich schaffte ich es, Dreamy's Kopf nach oben zu ziehen und sie gerade zu richten. Am anderen Ende der Bahn sah ich Ana, die Missy inzwischen in den Schritt durchpariert hatte. Donald kam mit Bearing Spots angetrabt. Im Gegensatz zu Dream wirkte die junge Stute frisch und gut gelaunt. "Alles okay? Das sah ganz schön übel aus", bemerkte Donald. Ich nickte nur knapp und strich Dream über den Hals. Ich merkte regelrecht, wie unzufrieden die Vollblutstute war. So wollte ich das Training nicht beenden. Geh du von der Bahn und nimm Ana mit. Ich will Dream nochmal laufen lassen. Sonst ist sie das nächste Mal unausstehlich. Donald nickte und trabte mit Spotty davon. Als wir freie Bahn hatten, ritt ich mit Dream an die Innenrails und wendete sie entgegen dem Uhrzeigersinn. Sofort schnellten die feinen Ohren der Stute vor - sie wusste, was nun kam. Ich nahm die Zügel auf, ging in den leichten Sitz und schnalzte dann mit der Zunge. Dream ging los wie ein Gewitter. Ihre kurze schwarze Mähne peitschte mir ins Gesicht und sie wurde immer flacher. Ich genoss das Gefühl des schnellen Pferdes unter mir und ließ Dream eine Viertelmeile weit rennen, bevor ich sie sachte aufpullte und eine weitere Viertelmeile ausgaloppieren ließ. Dream pumpte heftig, ließ sich aber problemlos in den Schritt durchparieren und kaute zufrieden auf dem Gebiss. Ich strich ihr lobend über den Hals und ritt im Schritt zu Edward, der mit einer Abschwitzdecke auf uns wartete und sie Dream über den Rücken warf. Dann ritt ich die Stute in aller Ruhe trocken, bevor ich sie zurück in den Stall brachte. Das Training der Rennpferde war beendet und nun stand die Morgenfütterung an. Meine restlichen Rennpferde Backup, El Racino, Pawaneeh und Ace of Spades waren bereits zu einem leichten Training draußen gewesen und warteten nun ungeduldig auf ihr Frühstück.

      Während meine Angestellten die Fütterung übernahmen und es in den Stallungen allmählich ruhiger wurde, huschte ich zum Fohlen - bzw. momentan eher Jungpferdetrakt. Dort standen PFS' Daydream of Money, die gerade die ersten Schritte unter dem Sattel machte, Grace's Cookie 'n Cream und mein absoluter Liebling Lyna di Royal Peerage. Das niedliche, noch lackschwarze Fohlen war inzwischen eineinhalb Jahre alt. Ich hatte mit ihr das Fohlen-ABC absolviert, doch ansonsten würde ich mit Lyna nicht weiter arbeiten, bis sie mindestens zwei war. Das Prinzesschen streckte den hübschen Kopf über die Boxentür und schnoberte mich aufmerksam ab. Ich strich ihr über die Blesse und kraulte sie hinter den Ohren. Als ich mich abwenden wollte, stupste Lyna mich auffordernd an und ich grinste. Lamira's Tochter wusste ganz genau was sie wollte und vor allem auch, wie sie es bekam. Nur wenige Monate jünger als Lyna waren die restlichen Fohlen des letzten Jahres: Khaleesi, Lalique, Legacy, Storm Chaser, Karma und Martinique. Sie alle durften weitgehend ihre Fohlenzeit genießen, bevor es mit dem Ernst des Lebens losging. Die letzte Box des Trakts beherbergte meinen neuesten Schützling: Den Neapolitaner-Hannoveraner-Mix-Hengst Tristan di Royal Peerage. Jamie, der Royal Peerage gehörte, hatte ihn aus schlechten Verhältnissen gerettet und mir verkauft. Ich war mehr als stolz darauf, inzwischen schon zwei Pferde aus dem renommierten Gestüt in Italien mein Eigen nennen zu dürfen, doch Tristan brauchte noch eine Weile ganz besondere Pflege. Der Hengst war mit seinen dreieinhalb Jahren eigentlich schon fast bereit, um langsam angeritten zu werden, doch durch die Vernachlässigung musste ich erst einmal viel Zeit darauf verwenden, Tristan's Muskulatur aufzubauen. Vorher war überhaupt nicht an ernsthaftes Training zu denken. Ich streckte meine Hand über die Boxentür und der hübsche Smoky Black Hengst kam zur Tür und stupste mich mit seiner samtenen Nase an. Ich kraulte ihm liebevoll und versicherte ihm wieder einmal, dass es ihm von jetzt an an nichts mehr fehlen würde. Ich fütterte meine Pferdekinder selbst und stellte erfreut fest, dass keines von ihnen drängelte, während ich das Kraftfutter und die Mineralzusätze in die Futtertröge schüttete.

      In den Stallungen war inzwischen eine herrliche Ruhe eingekehrt, die nur von dem leisen Mahlen der Pferde durchbrochen wurde. Ich verschwand für eine Weile in meinem Büro und kontrollierte die Anzeigen meiner Verkaufspferde. Erst kürzlich hatte ich sechs von ihnen verkauft, doch es standen immer noch 30 Pferde zum Verkauf. Meine Araberstuten Hollybrook's Barakah al Sanaa, Adina De Ra'idah und der Hengst Wüstentänzer waren die letzten verbliebenen Vertreter ihrer Rasse. Dann gab es da noch Candle in the Wind und Ivory, Hollybrook's Tiny Girl, Hollybrook's Fairy Bluebird, Hollybrook's Zarin, Cirilla, Wannabe, Pangäa, Chaira, Glammy, Eddi's Dead Pop Romance, Dream of Wyoming, BB's Harmony, Juego, American Baby, Hollywood Undead, Kolibri, Dorina, Branagorn, Hollybrook's Casanova, Hollybrook's Classic Moment, Hollybrook's Bloody Valentine, Black Soul, Angels Fall First, Someone, Mizzi und Precious Sceram. Die aktuelle weltweite Pandemie hatte auch dem Pferdehandel nicht gut getan und ich überlegte fieberhaft, was ich mit den ganzen Tieren anstellen sollte. Für die Gnadenweide waren sie definitiv zu schade, da alle von ihnen in Top Zustand und noch im besten Alter waren, aber ich legte nun mal auch viel Wert darauf, dass meine Tiere in ein gutes Zuhause kamen und nicht von Hand zu Hand gereicht wurden. Auch das Kaufangebot einer örtlichen Reitschule hatte ich schon abgelehnt. Ich wusste, wie die Schulpferde dort lebten und das wollte ich für keines meiner Tiere. Etwas enttäuscht schloss ich die Anzeigenseite wieder, trank eine Tasse Tee und bereitete mich mental auf das weitere Training meiner Pferde vor.

      Eine halbe Stunde später schnitt mir der kalte Wind ins Gesicht, während ich mit Painted Crown Jewel über den Springplatz galoppierte. Mein vierjähriges Streberstütchen hatte die Ohren aufmerksam gespitzt und bewegte sich in einer schönen bergauf Galoppade um die kunterbunten Hindernisse. Ich zupfte leicht am rechten Zügel und dirigierte Jewel auf das erste Hindernis - einen Steilsprung zu. Da die junge Holsteinerstute noch ganz am Anfang ihrer Ausbildung stand, waren die Hindernisse nur auf E-Niveau. Jewel setzte jedoch trotzdem in perfekter Springpferdemanier darüber hinweg. Ich war mir sicher, dass die wunderschöne Stute bereits viel höher springen konnte und auch würde, wollte jedoch ihre Gelenke schonen und langsam beginnen. Unser Springtraining wechselte sich mit regelmäßiger Dressurarbeit und ausgedehnten Spaziergängen ab. Ich wusste, dass Jewel das Zeug zum ganz großen Vielseitigkeitspferd hatte und brauchte nichts zu überstürzen. Im Winter wollte ich sie bei dem ein oder anderen Hallenturnier melden, damit sie Erfahrung sammeln konnte und vielleicht konnten wir nächsten Herbst bei unserer ersten Vielseitigkeit starten. Ein breites Lächeln stahl sich auf mein Gesicht, während Jewel jeden Sprung mit spielender Leichtigkeit überwand und dabei auf jede noch so kleinste Hilfe meinerseits reagierte. Jewel wollte immer gefallen und je besser das Training lief, desto glücklicher war das junge Pferd. Wir beendeten die Trainingseinheit mit einer perfekten zweifachen Kombination und ich lobte Jewel überschwänglich. Die Arbeit mit der Stute machte einfach immer wieder Spaß. Ich nahm mir viel Zeit, Jewel trocken zu reiten, bevor ich sie zurück in den Stall brachte, sie kurz über bürstete und sie dann ausgerüstet mit ihrer Weidedecke nach draußen ließ. Jetzt, Mitte November, waren die Pferde nicht mehr sehr lange draußen, da es schon so früh kalt und dunkel wurde. Ich kehrte in den Stall zurück und übernahm Who Loves Candy von Donald, der ihn mir netterweise schon fertig gemacht hatte. "Ich geh dann mit der Ausflugsgruppe raus, ja?", versicherte Donald sich. Ich nickte. "Ja. Setz du dich auf Dissident Hawk, wie immer. Samuel soll Golden Indian Summer nehmen. Irina setzt du am Besten auf Arriba und ihre Tochter kann GE's Ljósfari reiten. Sie liebt den kleinen Schatz. Mrs. Dallow reitet PFS' Devil in Prada. Sie kann so viel Angst haben, wie sie will, Prada stört das nicht. My Golden Heart und Your possible Pasts haben sich heute einen freien Tag auf der Koppel verdient, also kannst du Mr. Dallow auf The Morticains Daughter setzen.", ratterte ich hinunter. Candyd stupste mich auffordernd an und ich kraulte den Vollbluthengst an den Nüstern. Der hübsche Hengst machte sich nichts aus der Rennbahn, daher bildete ich ihn zum Vielseitigkeitspferd aus. Momentan arbeitete ich vor allem daran, Candy's Aufmerksamkeit bei mir zu halten. Daher würden wir gemeinsam mit zwei anderen Pferden in der Reithalle trainieren. Donald nickte zum Zeichen, dass er verstanden hatte und meinte: "Ana ist mit Galantis und Edward mit HMJ 7786 Elfentanz schon in der Halle. Ah und ich soll von Brian fragen, ob er eventuell mit Vingador auch noch dazu kommen darf. Vin ist bei der Kälte nicht so gerne draußen auf dem Platz." "Klar, sag ihm, er kann gerne dazu kommen. Ob jetzt zwei oder drei Pferde um Candy herumlaufen, dürfte keinen allzu großen Unterschied machen", sagte ich, während ich meine Reitkappe fester zurrte, die Schutzweste kontrollierte und Candy dann aus dem Stall führte. Wir alle liebten den Hengst, aber die Arbeit mit ihm war durchaus eine Herausforderung. Er ließ sich einfach von allem ablenken und würde dann sogar gegen die Bande rennen, wenn man nicht auf ihn aufpasste. Ich führte den großen Hengst aus dem Stall und sah hinauf in den stahlgrauen Himmel. Hoffentlich blieb Donald nicht zu lange mit der Ausflugstruppe weg, irgendwie roch es nach Schnee. Und mein sechster Sinn täuschte mich in dieser Hinsicht nur sehr selten. Candy tänzelte neben mir her und stieß ein trompetenartiges Wiehern aus, als Brian auf Vingador unseren Weg entlangkam. Der hübsche Cremellohengst war ein spanisches Sportpferd und vor allem auf dem Dressurplatz ein wahres Ass. Allerdings hasste er Kälte und Nässe, weshalb er am liebsten in der Halle gearbeitet wurde. Gemeinsam legten wir den restlichen Weg zur Halle zurück. Dort ließ ich Brian den Vortritt und schloss dann die Bandentür hinter uns. Schon auf Candy's Rücken zu kommen, war eine Herausforderung, da der Hengst viel lieber den beiden Stuten hinterhergelaufen wäre, als auf mich zu warten. So musste ich ihn immer wieder an den Ausgangsplatz zurückstellen, bis ich schließlich in Ruhe auf seinen Rücken steigen konnte. Ich ordnete mich und ließ Candy im Schritt antreten. Der Hengst schwang den Kopf hin und her und wieherte den anderen dreien immer wieder zu. Ich trabte ihn mit einem Zungenschnalzen an und versuchte Candy mit halben Paraden auf mich aufmerksam zu machen. Zusätzlich ritt ich Zirkel, Volten, einfache Schlangenlinien, Tempowechsel und Handwechsel. Endlich gab der braune Hengst im Genick nach, kaute auf dem Gebiss und wurde im Rücken weich. Ich lobte ihn mit meiner Stimme, denn sobald ich mit den halben Paraden aufhörte, war seine Aufmerksamkeit weg - das wusste ich aus Erfahrung. Ich schaute kurz nach, wo die anderen mit ihren Pferden waren. Brian legte mit Vingador gerade eine bühnenreife Galopppirouette hin, Brian übte mit Elfentanz die Traversale und Ana gönnte Galantis eine Schrittpause. Ich signalisierte den anderen, den Hufschlag freizulassen, saß aus und galoppierte in die zweite Ecke der langen Seite hin an. Candy's raumgreifender Galopp trug uns schnell um die Bahn. Ich wendete auf den Zirkel ab und wechselte mit einem einfachen Wechsel die Hand. Hatte man Candy erst einmal bei sich, war der Hengst ein wunderbarer Trainingspartner und unsere restliche Stunde verging wie im Flug. Als nächstes stand für uns vier eine Bodenarbeitseinheit PFS' Isis, PFS' Arctic Alinghi, PFS' Beck's Little Diva und PFS' Glenn's Cookie an. Während die American Minature Horses wirklich nur ein Hobby von mir waren, erhoffte ich mir von Isis neben einer steilen Karriere als Showpferd, auch das ein oder andere süße Fohlen von meinen Hengst Shamal und Khamar al Sanaa. Ihre beiden Gefährtinnen Saddy und My lovely Horror Kid waren bereits sehr erfolgreich unterwegs. Dasselbe galt auch für den Rest meiner Showpferde. Der Welsh D Hengst Roi du Soleil trat regelmäßig bei einer bekannten Pferdeshow auf. Dieselbe Show hatte für dieses Jahr auch nach meiner wunderschönen Schabrackentigerstute Where's Sleep und meinen drei Andalusiern Cuchara, Ojos Azules und Negresco gefragt. Da dort sehr gute Reiter auftraten, war ich ernsthaft versucht, das Angebot anzunehmen. Sie hätten auch gerne meinen Berberhengst Amayyas gehabt, doch der temperamentvolle Red Roan war sehr speziell und ließ sich nur von Brian und mir anfassen. Ihn wegzuschicken würde weder ihm noch der Show gut tun. Die restlichen Showpferde bestanden aus meinen drei Trabern Damon's Dynamo, Ehawee, Rainbow und der Lewitzerstute Rosewell. Die Minipferdchen dagegen stammten alle aus hervorragenden Zuchten, doch irgendwie kam ich neben meinen Großen nicht dazu, mich mit Zuchtplänen für sie zu beschäftigen. Dabei wären meine drei Jungspunde und die bereits gekörten Porcelain Doll, Rumpelstielzchen, Miniature America's Narnia und Darkwood's Storm Dancing Feather mehr als geeignet, um tolle Fohlen zur Welt zu bringen. Eventuell würde ich zumindest die Hengste für Decksprünge zur Verfügung stellen. Göttin Isis forderte energisch meine ungeteilte Aufmerksamkeit und ich widmete mich lächelnd der Arbeit mit dem temperamentvollen jungen Pferd. Schon nächste Woche wollte ich damit beginnen, Isis anzureiten. An Sattel und Zaumzeug war sie mittlerweile schon gewöhnt und ich war sehr gespannt, wie Isis sich unter dem Sattel machen würde. Nachdem die Bodenarbeit beendet und die vier Pferdchen auf den Koppeln verteilt waren, waren nur noch vier Pferde aus dem Trainingsstall übrig, die ich flott auf uns vier verteilte. Ana schlich bedrückt um mich herum, da sie wusste, dass sie vorhin auf der Bahn einen Fehler gemacht hatte. Sie verzog das Gesicht, als ich ihr die Berberstute Pashmina zuteilte, da sie lieber auf einem der Sportpferde geritten wäre, doch das tat ich nicht aus Böswilligkeit, sondern weil Brian, Edward und ich regelmäßig mit den anderen dreien arbeiteten und bereits ein eingespieltes Team bildeten. Ich selbst würde Jeune Mariée übernehmen, meine geliebte Urenkelin meines Spitzenvererbers Levistino. Die junge Trakehnerstute war ein absoluter Schatz und ich liebte die Arbeit mit ihr genauso sehr, wie ich die Arbeit mit Candy und Jewel liebte. Ich konnte mein Glück darüber, Mariée bekommen zu haben, noch immer kaum fassen. Brian ritt Picturesque Diova eine hübsche, aufgeweckte Deutsche Reitpferdstute. Diova hatte vielleicht nicht ganz so viel Esprit wie Jewel oder Mariée, doch sie hatte schöne Grundgangarten, einen angenehmen Charakter und das gewisse Maß an Lernbereitschaft. Dann war da noch Successful Glamour, die von meinen beiden Zuchtpferden Branagorn und Success Story xx abstammte. Aufgrund des ruhigen Gemüts von Branagorn war Glamor wesentlich leichter zu händeln als ihre Halbschwester Dreamy, doch die junge Stute hatte immer noch mehr als genug Pfeffer im Hintern. Edward kam jedoch wunderbar mit ihr zurecht. Da die drei Warmblüter alle noch recht jung waren, übertrieben wir es mit dem Training nicht. Heute stand nur ein kurzer Ritt um das Gestüt auf dem Plan. Mariée schritt eifrig aus und sah sich selbstbewusst um. Ab und an sprang sie zur Seite, aber nur, weil Glamour vor irgendetwas erschrak. Zitternd versenkte ich die Nase in meinem Schal. Wir bewegten die Stuten heute nur im Schritt und ich fror fürchterlich. Den anderen ging es nicht besser, sodass wir alle nicht böse waren, als wir wieder im warmen Stall ankamen. Ich versorgte Mariée und ging dann los, um meinen Feenpferdchen einen Besuch abzustatten. Hollybrook's Cheeky Jot versenkte energisch seine Nase in meinem Arm und ich strich meinem Lieblingsponyhengst liebevoll über die Stirn. Meine New Forest Ponys Magical Moment, Thousand Sunny, Naboo, Aimiliani und Fariylike Facility wurden inzwischen von ein paar talentierten und umsichtigen Kindern aus dem Dorf bewegt. Ich hatte sogar jemanden für Isola delle Pirateria gefunden und Cheeky Jot hatte seit neuestem auch eine Reitbeteiligung, mit der es bisher ganz gut klappte. Dennoch vermisste ich mein Punktepony sehr. Das war der Nachteil daran ein großes Gestüt und viele Pferde zu haben.
      Der Tag war nun beinahe vorbei. Donald und Samuel kamen mit ihrer Ausflugstruppe zurück und ich half den Reitern dabei, ihre Pferde abzusatteln und zu versorgen. Selbst Mrs. Dallow war ganz begeistert, was eindeutig allein Prada's Verdienst war. Die Frau war einfach schrecklich und ritt nur, weil ihr Mann darauf bestand. Aber mit der absolut sichereren Criollostute hatte ich scheinbar endlich das richtige Pferd für sie gefunden. Lobend strich ich der Porzellanscheckstute über die Stirn und versprach ihr einen extra Apfel. Anschließend machte ich mich mit den anderen daran, die Pferde wieder in den Stall zu holen. Es wurde gefühlt jede Minute kälter und ich konnte es kaum noch erwarten, endlich ins Warme zu kommen. Als erstes ging ich zu den Hengstkoppeln und holte meinen Schimmelhengst Levistino und meinen Fuchshengst Fantastic Fly herein. Brian folgte mir mit Cadeau und Incendio, während Donald Pride & Prejudice führte. Als alle Hengste in den Stallungen waren und sich über ihr Abendessen hermachten, waren die restlichen Stuten an der Reihe. Ana hatte Wild Lady Roxanne, Samiyah und Unannounced Pleasure schon reingebracht, Brian nahm Cassidy und Mahira. Letztere hatte im letzten Jahr ein wunderschönes Silver Black Stütchen zur Welt gebracht. Ich schnappte mir Leveneza und Reminiscent Inspiration, während Edward sich um Lyna's Mama Lamira und meinen Liebling Coeur de Lilith kümmerte. Als letztes kamen Hollywood Undead II und Corde de la Cerise. Auch Ceri hatte im letzten Jahr einen stattlichen Hengst zur Welt gebracht, dessen Vater kein geringerer als mein Levistino war.
      Ich versicherte mich, dass alle Pferde ihre Decken aufhatten und sich über ihr Futter hermachten. Dann ging ich mit Edward ins Haus, um zu kochen. Der junge Mann war mein bester Freund und wir verbrachten viel Zeit zusammen. Zumal Edward gerade an Liebeskummer litt, weil sein Freund ihn verlassen hatte. Meg, die immer noch bei uns lebte, war momentan gerade zu Besuch bei einer Freundin und auch wenn ich mich deshalb ein wenig schlecht fühlte, war es schön, die mürrische junge Frau mal ein paar Tage nicht ständig um sich herum zu haben.

      Nach dem Essen machte ich Edward und mir zwei große Tassen heiße Schokolade mit Sahne und wir setzten uns - in dicke Decken gewickelt - auf meine Dachterrasse. Ich schaute in den Himmel und meine Augen begannen zu strahlen. Vom Himmel fielen still und leise winzige weiche Schneeflocken und ließen sich auf unseren Haaren und Nasenspitzen nieder. Es wurde wirklich Winter und damit neigte sich das Jahr schon wieder dem Ende zu. Was das nächste Jahr wohl für uns bereithielt?
    • Sammy
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      Hüpf, hüpf, hurra | Springen E-A
      30. November 2021
      "Hüpf, hüpf, hurra?! Ist dir ein Futtereimer auf den Kopf gefallen?", fragte Edward wenig charmant, als er einen Blick in meinen heutigen Tagesplan warf. "Wie? Ach so. Nein, nein. Du, Samuel und Donald sollt ein Sackhüpfen veranstalten und Ana und ich trinken jedes Mal einen Shot, wenn einer von euch auf die Nase fällt", sagte ich so trocken, wie ich konnte. Edward sah mich nur wortlos an. Mein Freund musste denken, dass ich den Verstand verloren hatte. Ich kicherte. "Spaß beiseite. Jeune Mariée, Painted Crown Jewel und Vingador haben heute das Abschlusstraining für den Aufstieg in Klasse A im Springen. Morgen ist Galantis mit Klasse S dran und Who Loves Candy und Successful Glamour erreichen ebenfalls Klasse A. Quasi der Monat der Springaufstiege", erklärte ich. Edward rollte mit den Augen, murmelte etwas, das verdächtig nach "Du spinnst" klang und verließ mein Büro. Ich lächelte immer noch. Mir bereiteten die mehr oder weniger kreativen Namen für meine Trainingseinheiten Freude und "hüpf, hüpf, hurra" war definitiv nicht die schlimmste Bezeichnung, die mir bisher eingefallen war. Es war früher Vormittag und jetzt, Ende November, war der Himmel draußen grau und die Luft kalt. Ich wartete allmählich wirklich sehnsüchtig auf den ersten richtigen Schnee, doch der ließ mich warten. Ein paar Flocken hatte es zwar schon geschneit, doch noch war mein traumhaftes Gestüt nicht in eine dicke weiße Decke gehüllt, wie ich es mir für einen richtigen Winter wünschte. Das Galopptraining meiner Rennpferde hatte ich dennoch bereits eingestellt, denn die Bahn war so früh am Morgen gefroren und viel zu hart für empfindliche Pferdebeine. Allerdings war meine neue Indoor-Trainingsbahn, die mich mehr kostete, als ich je zugeben würde, fast fertig gestellt, sodass ich auch über die kalten Monate an der Ausdauer meiner Pferde arbeiten konnte, ohne dass wir uns die Hintern in den umliegenden Wäldern abfrieren mussten. In der Mitte dieser Halle entstand wie eine Art riesiges Gewächshaus ein Mini-Platz um Geländespringen zu trainieren. So etwas hatte ich bisher noch bei niemandem gesehen und ich hoffte durchaus mir dabei einen kleinen Vorteil gegenüber anderen Trainern zu verschaffen und natürlich auch meine Pferde in perfekter Form für die Frühjahrssaison zu bringen. Ich setzte mehr auf kontinuierliches Training mit regelmäßigen freien Tagen und immer wieder kehrender Abwechslung, als auf ein sehr intensives Halbjahr und eine lange Winterpause. Aber bis alles fertig war, würde nun auch das Training im Geländespringen auf Eis liegen. Immerhin konnten ich mit meinen Überfliegern Dressur und natürlich das Hallenspringen üben. Selbst der Außenspringplatz war noch gut benutzbar, sogar der Wassergraben taute Richtung Mittag wieder auf. Letzteren würden wir heute allerdings zumindest für Mariée und Jewel nicht benötigen, denn in Klasse A des Springens gab es noch keine Wassergräben. Wobei ich keinerlei Zweifel daran hatte, dass sowohl Jewel als auch Mariée keine großen Probleme damit haben würden. Die beiden Warmblutstuten waren - um es mal im Schülerjargon auszudrücken - richtige Streber. Beide wollten unbedingt gefallen und arbeiteten so gut wie immer vorbildlich mit. Mariée war jetzt drei einhalb Jahre alt, Jewel fast fünf, daher ließ ich mir mit ihrer Ausbildung sehr viel Zeit. Mariée hatte ich auch selbst eingeritten, während ich Jewel übernommen hatte, als sie bereits ein wenig unterm Sattel gearbeitet worden war. Beide zeigten sehr viel Freude am Sprung, weshalb ich mich entschieden hatte, statt wie üblich mit der Dressur, mit dem Aufstieg im Springen zu beginnen. Natürlich waren dem unzählige Stunden Bodenarbeit zur Gymnastizierung, Cavaletti-Training und auch Dressurstunden vorangegangen. Doch nun waren meine beiden Lieblingsstuten soweit.

      Ich stand auf, streckte mich und schlüpfte in meine gesteppte Reitjacke. Dann schnappte ich mir Helm und Handschuhe und trat auf die Stallgasse. Vor Jewels Box blieb ich stehen. Die Stute stand mit der Brust an ihrer Tür und hatte den edlen Kopf über die Tür gestreckt. Die feinen Ohren aufmerksam gespitzt, sah sie mir mit leuchtenden Augen entgegen. Ich lachte. "Guten morgen, meine Schönheit. Ich sehe schon, da freut sich jemand aufs Training", sagte ich, während ich die Boxentür öffnete und Jewel mit einem Fingerzeig rückwärts treten ließ, um etwas mehr Platz zu haben. Die wunderschöne braune Stute senkte artig den Kopf in das Halfter und folgte mir mit klappernden Hufen über die Stallgasse zur Putzbox. Bei so vielen Pferden, wie ich sie mein Eigen nennen durfte, war es einfach unpraktisch die Pferde zum Putzen auf der Stallgasse anzubinden. Ständig musste jemand durch und man trat sich nur gegenseitig auf die Füße. Ich hakte die zu beiden Seiten der Putzbox angebrachten Stricke in die Ringe an Jewel's Lederhalfter und strich der Stute über den schlanken Hals. Dank unseres gewissenhaften Trainings hatte das Stütchen an den richtigen Stellen schon ordentlich Muskeln aufgebaut und ihr Fell wies einen gesunden Glanz auf. "Du bist einfach so unglaublich schön", sagte ich, während ich mit der Bürste über Jewels Fell fuhr. Viel zu tun gab es nicht, da fast alle meiner Pferde im Winter eine Stalldecke trugen. Das galt erst recht für die empfindlichen Warm- und Vollblüter. Dennoch ließ ich mir Zeit, um mein Stütchen fertig zu machen, bürstete sie, bis kein Staubkörnchen mehr zu sehen war, kratzte die Hufe aus, kämmte die kurze Mähne und verlas ihren Schweif. Dann legte ich Jewel umsichtig die Gamaschen an, damit die Beine der jungen Stute beim Springen geschützt waren. Es folgten der Springsattel, ein Martingal und der mexikanische Trensenzaum, den ich gerne zum Springen nutzte. Jewel hielt still, doch ich spürte ihre steigende Aufregung. Mein Juwel freute sich tatsächlich jedes Mal aufs Training, besonders aber, wenn es ans Springen ging. Ich hatte uns in der Springhalle einen netten kleinen A**-Parcours aufgebaut, der aus sieben 1,05 Meter hohen Hindernissen inklusive zwei zweifachen Kombinationen bestand. Es war ein anspruchsvoller Parcours, doch ich wusste, dass all meine Trainingspferde dem gewachsen waren. Vorhin hatte Hunter vom Gut Schwarzfels sein Pferd abgeholt, das ich in der Dressur auf Klasse A trainiert hatte. Der Mittag gehörte jedoch ganz meinen eigenen Vierbeinern. Ich führte Jewel über den Hof und zog den Kopf ein, als ein schneidender Wind uns traf. Erleichtert atmete ich auf, als wir die Halle erreichten und ich die Tür hinter uns schließen konnte. Edward würde gleich dazukommen, um Stangen wieder aufzulegen, die eventuell einen Abflug machten. Als Jewel die Hindernisse sah, spitzte sie die schwarz umrandeten Ohren und tänzelte neben mir her. Ich lächelte. "Ja, du darfst gleich. Aber erst wärmen wir dich schön auf. Wie immer", sagte ich liebevoll zu dem jungen Pferd. Ich führte Jewel auf die Mittellinie und warf dabei einen Blick auf die Deko, die wir am Sonntag überall in der Halle angebracht hatten. In einer Ecke hinter der Bande stand sogar ein wunderschön geschmückter Tannenbaum, den Jewel unsicher beäugte, als sie ihn sah. Ich gurtete nach, zog die Steigbügel herunter und schwang mich in den Vielseitigkeitssattel. Jewel wartete brav, bis ich mich zurechtgesetzt und die Fleecedecke unter meinen Knien festgesteckt hatte. Dabei kaute sie schon auf dem Gebiss, so begierig war die braune Stute darauf, endlich loszulegen. Ich schüttelte grinsend den Kopf und ließ Jewel mit einem leichten Schenkeldruck im Schritt antreten. Die Stute schritt eifrig aus und ich lenkte sie um die Hindernisse herum, auf den Tannenbaum zu. Besser ich zeigte ihn der Warmblutstute im Schritt, als später, wenn wir gerade auf einen Sprung zu steuerten. Jewel hob den Kopf und prustete unsicher durch die Nüstern. Ich hielt einen Meter vor dem Baum an und ließ meinem Pferdchen Zeit, sich die Neuerung in Ruhe anzusehen. Jewel streckte vorsichtig die Nase nach vorn, als plötzlich die Tür der Reithalle aufging. Die Holsteinerstute riss den Kopf hoch, machte einen Satz und wirbelte dann herum, um Reißaus zu nehmen. Ich lehnte mich zurück, gab halbe Paraden und versuchte, Jewel in ihrer blinden Flucht sicher um die Hindernisse herum zu steuern. Endlich spürte ich, wie das Stütchen im Genick nachgab und sich in einen ruhigeren Galopp fügte. Dann sah ich mich nach der Ursache für den Ausbruch um. "Edward fing meinen Blick ein und zog die Schultern hoch. "Tschuldigung.", murmelte er. "Aber hey, dein Knieschluss ist fantastisch!", setzte er dann schon wieder selbstbewusster nach. Ich verdrehte die Augen und strich der jungen Stute über den Hals, während ich sie zum Schritt durchparierte. "Tja, so hatte ich mir das Aufwärmen nicht vorgestellt, aber wenigstens sind wir jetzt alle wach", sagte ich mit einem schiefen Grinsen. Dann zog ich die Decke von Jewels Rücken und reichte sie Edward über die Bande. "Brian bringt dir Mariée in einer halben Stunde", informierte mich Edward und ich nickte zufrieden. Eigentlich machte ich meine Pferde lieber selbst fertig, doch da heute ganze drei Stufenaufstiege anstanden, fehlte mir dazu die Zeit. Ich trabte Jewel an und lockerte sie, indem ich Tempiwechsel und Übergänge ritt. Schließlich ließ ich sie auf dem Zirkel laufen und galoppierte zur geschlossenen Seite hin im Arbeitstempo an. Jewel sprang eifrig vorwärts. Die junge Stute war nun wieder ganz bei mir und schenkte dem leuchtenden Baum in der Ecke keine Beachtung mehr. Ich dirigierte sie auf den ersten Sprung zu und wir setzten mit viel Luft darüber hinweg. Jewel wölbte den Rücken auf, taxierte die Sprünge eigenständig und trug mich sicher durch den gesamten Parcours. Als wir nach der letzten Mauer landeten, umarmte ich Jewel spontan und Edward jubelte von der Bande aus. Klar, er hatte bisher auch nicht viel zu tun gehabt. Ich parierte meine fleißige Holsteinerstute in den Schritt durch und ließ die Zügel lang. Sie pumpte zwar ein wenig, sah sich aber aufmerksam um, als würde sie darauf warten, dass ich ihr den nächsten Sprung zeigte. Ich strich ihr über den Widerrist. "Für heute ist es genug, mein Schatz. Ich bin wirklich sehr stolz auf dich!", sagte ich, während ich aus dem Sattel sprang.

      Ich hatte gerade die Steigbügel hochgeschoben und Jewel die Abschwitzdecke übergelegt, als Brian mit Jeune Mariée in die Halle kam. Er übergab mir die sanftmütige Schimmelscheckstute und ich drückte ihm Jewels Zügel in die Hand. "Wie war sie?", fragte Brian interessiert. "Großartig! Wenn die anderen beide heute genauso toll mitarbeiten, wird das ein sehr produktiver Tag", sagte ich, ohne den Stolz in meiner Stimme zu verbergen. Er strich ihr mit leuchtenden Augen über die Blesse. Brian und ich kümmerten uns gemeinsam um das Training von Mariée und Jewel, daher war er natürlich besonders an ihren Fortschritten interessiert und freute sich genauso sehr wie ich, wenn sie einen neuen Meilenstein erreichten. Mariée stupste mich auffordernd an und ich strich ihr über das samtene Maul, bevor ich nachgurtete und mich auf den Rücken des Trakehnerstütchens schwang. Mariée drängte sofort vorwärts und ich stellte sie wieder zurück in ihre Ausgangsposition, bis sie auf mein Signal wartete. Dann ließ ich sie im Schritt antreten und strich ihr lobend über den schlanken Hals. Mariée hatte gerade erst einen Schönheitswettbewerb gewonnen und ich könnte nicht stolzer auf meine Schönheit sein, zumal die Konkurrenz ziemlich hart gewesen war. Ich trabte an. Mariée drückte den Rücken weg und streckte die Nase in die Luft. "Tztz, Schatzilein, was soll denn das?", fragte ich, setzte mich tief in den Sattel und parierte Mariée zum Schritt durch, nur um ein paar Tritte später wieder anzutraben. Das Ganze wiederholten wir mehrere Male, bis Mariée nachgab, den Rücken rund machte und ihre Schritte länger und weicher wurden. "Fein, mein Mäuschen", lobte ich postwendend. Im Galopp hatten wir ähnliche Startschwierigkeiten, doch das war angesichts von Mariées Alter und Ausbildungsstand auch völlig in Ordnung. Erst als sie sich wirklich fallen ließ, steuerte ich auf den ersten Sprung zu. Nun war mein Scheckstütchen vollauf auf mich konzentriert. Wir setzten sauber über den Steilsprung, nahmen vor dem Oxer Tempo auf und gingen wieder mehr in die Versammlung, als wir auf die erste zweifache Kombination zusteuerten. Mit einem eleganten Satz setzte Mariée über den ersten Sprung, und nach zwei kurzen Galoppsprüngen sauber über den zweiten. Ich kraulte ihr den Mähnenansatz, ritt in eine Wendung und steuerte auf einen weiteren Steilsprung zu, bevor es in die zweite Zweifache ging. Vor der Tripplebarre trieb ich Mariée wieder etwas mehr vorwärts und als wir nach der Mauer landeten hatte auch das Trakehnerstütchen eine nahezu perfekte Runde hingelegt. Erst nachdem ich sie in den Trab durchpariert hatte, fiel der jungen Stute der Tannenbaum auf und sie plusterte sich nervös auf. "Wirklich? Hätte der dich fressen wollen, wäre das schon längst passiert, mein Herzchen", sagte ich beruhigend, ritt dann jedoch an dem Baum vorbei, als wäre nichts. Das funktionierte bei Mariée in der Regel am Besten - so auch heute. Damit hatte auch mein Schimmelscheckchen den Aufstieg in Klasse A mit Bravour gemeistert.

      "Perfektes Timing", sagte ich anerkennend, als Brian meinen spanischen Sportpferdehengst Vingador in die Halle führte. Auch der Cremello mit dem leuchtenden Fell und den strahlend blauen Augen hatte gerade erst einen Schönheitswettbewerb für sich entscheiden können, bei dem es sogar zu einem Stechen gekommen war. Vin hatte eine schlimme Vergangenheit und ich hatte fast ein Jahr damit zugebracht, den schönen Hengst wieder aufzupäppeln und ihm sein Vertrauen in die Menschen zurückzugeben. Erst seit April diesen Jahres war er wieder unter dem Sattel und machte seither tolle Fortschritte. Vin's große Stärke lag in der Dressur, dennoch hatte ich beschlossen, mit dem Springen zu beginnen, da Vin daran besonders großen Spaß zu haben schien, auch wenn er nicht ganz so begabt war, wie in der Dressur. Edward nahm mir Mariée ab, während Brian Vin festhielt, als ich ich den Sattel stieg. Vin war zwar nicht sonderlich hengstig, aber man wusste ja nie und ich ging lieber auf Nummer sicher. Ich strich dem Hengst durch die seidige Mähne und rief Edward zu, dass er Mariée eine extra-deluxe-Spa-Behandlung zukommen lassen sollte. Das hatte die junge Stute sich redlich verdient. Brian nahm auf den Rängen der Reithalle Platz und ich begann mit dem Training des Hengstes. Vin war bereits elf Jahre alt und dafür vom Ausbildungsstand her noch nicht allzu weit, doch im Vielseitigkeitssport war das kein großes Problem und ich wollte ihn lieber solide ausgebildet haben, als schnelle Erfolge zu erzielen. Ich wärmte den Hengst in aller Ruhe auf und stellte erfreut fest, dass er weder der Dekoration an der Bande, noch dem Weihnachtsbaum besondere Beachtung schenkte. "Fein, Vin. Das machst du toll", lobte ich ihn. Die Entwicklung des Hengstes war wirklich kaum zu glauben. Ich fegte mit Vin im ausgreifenden Galopp auf den ersten Sprung zu. Vin spitzte aufmerksam die hellen Öhrchen und zog ein wenig an. Ich ließ ihn gewähren, da ich meine Pferde gerne zu einer gewissen Selbstständigkeit erzog und erkannte, dass der Abstand dennoch passte. Vor der zweifachen Kombination musste ich ihn dann doch ein wenig zurücknehmen, dafür durfte er sich über Oxer und Tripplebarre so richtig strecken. Vin überwand alle Hindernisse ohne größere Schwierigkeiten und touchierte nur in der zweiten zweifachen Kombination den Aussprung leicht mit dem Hinterhuf, woraufhin die Stange hinter uns in den Dreck fiel. Dies hinderte jedoch nichts an dem Stufenaufstieg in Klasse A. Ich strahlte über beide Ohren. Das war ein wirklich äußerst erfolgreicher Trainingstag gewesen!

      Am nächsten Tag überließ ich meinen Mitarbeitern die Morgenfütterung und begann solange schon einmal damit, meine allseits beliebten Linzertorten zu backen. Eine dieser Prachtstücke brachte ich dann auch gleich in den Stall, bevor ich Who Loves Candy zu Training fertig machte. Noch während ich das glänzende braune Fell des Englischen Vollbluthengstes bürstete, war mir klar, dass nach meiner Trainingseinheit mit dem temperamentvollen Hengst nichts mehr von dem Gebäck übrig sein würde, da Donald sich bereits ein riesiges Stück geklaut hatte und sich schon wieder zu dem Teller schlich. Aber ich war froh, dass mein Weihnachtsgebäck so gut ankam und meine Mitarbeiter in gute Laune versetzte. Candy schnoberte sacht an meiner Jacke und ich drückte dem Hengst einen Kuss auf die Schnippe. Ich war wirklich vollkommen verliebt in dieses Pferd. Seine großen Augen blickten so treu wie die eines Hundes und er war einfach zuckersüß, auch wenn er mich beim Training manchmal in den Wahnsinn trieb. Das war auch der Grund, warum ich Candy immer als erstes trainierte. Am Ende eines langen Tages hatte ich dazu einfach nicht mehr die Kraft, denn der Hengst verzieh keine Fehler. Ich machte Candy in aller Ruhe fertig und kontrollierte das Zaum- und Sattelzeug, bevor ich die Anbindestricke löste und ihn über den Hof führte. Gestern Nacht hatte es endlich geschneit und das ganze Gestüt war von einer dünnen, weißen Schicht bedeckt. Candy hatte mit seinen sechs Jahren zwar mit Sicherheit schon einmal Schnee gesehen, doch trotzdem hüpfte er aufgeregt neben mir her und schlug mit dem schönen Kopf, als ein paar Schneeflocken auf seinem Gesicht landeten. Ich grinste. Das konnte ja heute heiter werden. Ich führte Candy in die Halle und wurde zurückgerissen, als Candy völlig unvermittelt stehen blieb. Stocksteif stand der Hengst in der Hallentür und prustete lautstark durch die grauen Nüstern. "Candy", quengelte ich, "bitte, bitte komm raus aus der Kälte. Ich schwöre dir, nichts hierdrin wird versuchen, dich zu fressen." Hinter uns ertönte ein bellendes Lachen und ich funkelte Edward böse an, der mit einem Stück Linzertorte in der Hand den verschneiten Weg entlangkam, um mir beim Training zu assistieren. "Da geht man extra zu spät los, um sich das Aufwärmen zu ersparen und dann hast du noch nicht mal angefangen!", sagte er vergnügt. "Ha, ha. Candy hat entschieden, dass unser Training heute hier draußen beginnt und sich statt fürs Springen lieber für ein kleines Schrecktraining entschieden", murrte ich nur gespielt böse. Im Grunde fand ich den Hengst ziemlich witzig, wie er da mit riesigen Augen im Durchgang stand und sich in der Halle umsah, als hätte er so etwas noch nie zuvor erblickt. Ich zupfte am Zügel und ging dann weiter, ohne mich nach Candy umzusehen. Der Hengst folgte mir tatsächlich und Edward schloss die Tür hinter uns. Sofort wurde es etwas wärmer und ich atmete erleichtert auf. Die bunten Hindernisse, die Candy normalerweise so interessant fand, kümmerten ihn heute wenig. Er war vollkommen auf den Tannenbaum fixiert. Ich beschloss, es so zu versuchen, wie gestern bei Mariée und das nadelgespickte Ungeheuer einfach zu ignorieren. Also stellte ich Candy auf, gurtete nach und schwang mich auf den Rücken des fast 1,70 Meter großen Hengstes. Ich nahm die Zügel auf und drückte Candy leicht die Schenkel in die Seiten, doch der Hengst machte einen Satz, als hätte ich eine Bombe gezündet. Dann buckelte er spielerisch. Ein deutliches Zeichen, dass er jetzt nicht arbeiten, sondern Gucken wollte. "Pech, Schnucki. Im Stall warten Successful Glamour und Galantis auf ihr Training, ich habe jetzt keine Zeit eine Stunde lang mit dir zu diskutieren", sagte ich zu dem braunen Hengst und trieb ihn energisch vorwärts. Candy stolperte dreimal, so sehr verdrehte er sich, um den Baum im Blick zu halten. Ich trabte ungerührt an und ritt alle paar Tritte Schritt-Trab-Übergänge, um ihn allmählich zu mir zu holen. Als Candy sich endlich auf mich konzentrierte, war bereits eine halbe Stunde vergangen und ich war nass geschwitzt, noch bevor wir auch nur ein einziges Hindernis überwunden hatten. Dafür stellte sich Candy dann im Parcours wie der reinste Engel an und überflog jedes Hindernis mit spielender Leichtigkeit. Als wir hinter der Mauer auf dem Boden aufsetzten, wollte ich schon jubeln, als Candy plötzlich die Vorderhufe in den Sand grub und herumwirbelte, um zum Tannenbaum zu laufen. Ich hatte eine Sekunde lang nicht aufgepasst und segelte kopfüber über Candy's Schulter, um Sekundenbruchteile später unsanft auf dem Boden zu landen. Alle Luft wurde aus meinen Lungen gepresst und ich zählte geistig bis drei, um die Panik zu unterdrücken. Es war nicht das erste Mal dass ich auf diese unelegante Weise vom Pferd stieg und ich wusste, dass ich gleich wieder in der Lage sein würde, zu atmen. Ich hörte, wie Edward in die Bahn gestürzt war, doch noch bevor der junge Mann mich erreichte, streckte Candy mir seine große Nase ins Gesicht und schnoberte mich ab. Ich holte tief Luft und machte im Liegen eine Bestandsaufnahme. Mein Handgelenk tat höllisch weh, doch ansonsten schien es mir gut zu gehen. Ich setzte mich langsam auf und schob Candy weg, der mich in seiner ungestümen Art fast wieder umgeworfen hätte. "Sammy! Alles okay? Das sah schmerzhaft aus", fragte Edward besorgt und ich nickte. "Hey, Candy hat seinen Stufenaufstieg geschafft!", meinte ich mit Galgenhumor. Aber der Hengst sah mich so süß an, dass ich ihm keine Sekunde böse sein konnte. Ich stand auf, klopfte mir den Staub von der Hose und wollte wieder aufs Pferd steigen. Doch als ich die Zügel mit der rechten Hand griff, zuckte ich zusammen. "Autsch", sagte ich unwillkürlich und drückte mein Handgelenk schützend an meine Brust. Edward zog die Augenbrauen hoch. "Gebrochen?", fragte er. Ich schüttelte den Kopf. "Aber wahrscheinlich verstaucht", gab ich zu. Edward nickte und nahm mir Candy ab. "Du steigst heute nicht mehr aufs Pferd", sagte er bestimmt. "A- aber Edward. Ich kann Candy so nicht wieder in den Stall stellen! Und was ist mit Glammy und Galantis?", jammerte ich. Doch Edward blieb hart, stiefelte mit Candy im Schlepptau zur Bande und zog seine Kappe hervor. "Ich beende Candy's Training und für die zwei Stuten lässt du entweder Brian ran oder du verschiebst den Stufenaufstieg. Aber du machst das nicht. Punkt." Edward war mein bester Freund und ich sah es ihm nach, dass er sich gerade eher wie mein Vater aufführte. Ich wusste, dass er sich einfach nur Sorgen um mich machte. Edward stieg auf und Candy schritt brav unter ihm dahin. Dabei schielte er immer wieder zu mir herüber. Das schlechte Gewissen stand dem jungen Hengst förmlich auf die Stirn geschrieben und ich lächelte voller Liebe. Zuckersüß, sage ich ja.

      Eine Stunde später war mein Handgelenk eingesalbt und verbunden und ich saß mit einem Becher heißer Schokolade auf der Tribüne, während Brian in der Bahn mit Successful Glamour arbeitete. Der Trainingsreiter hatte unglaubliches Talent für die Vielseitigkeit und war inzwischen ohne Frage soweit, Springpferde auszubilden. Da er mir sowieso beim Training mit Glamour und Galantis half, war mein Ausfall heute nicht weiter tragisch. Die Tigerscheck-Stute trabte eifrig unter Brian dahin und schielte immer wieder auf die Hindernisse. Glamour hatte Temperament und Ehrgeiz, war dabei aber sehr gut händelbar und umgänglich. Bisher hatte ich kaum Probleme bei ihrem Training gehabt. Brian ging locker in der Bewegung des Pferdes weg und dirigierte es nach einer ordentlichen Aufwärmphase auf den ersten Sprung zu. Successful Dream überwand alle sieben Hindernisse ohne Probleme. Ehrlich gesagt hatte ich auch nichts anderes erwartet, da die junge Stute sehr vorsichtig und bedacht am Sprung war. Mit viel Luft dazwischen setzte Glamour über die Mauer und Brian ließ sie eine Runde ausgaloppieren, bevor er sie langsam aufnahm und erst in den Trab, dann in den Schritt durchparierte. Ich zeigte ihm den erhobenen Daumen und sah zu, wir er Glamour trocken ritt.

      Kurz darauf brachte Samuel ihm Galantis, führte Glamour zurück in den Stall und kehrte dann zurück, um mit Edward den Parcours umzubauen. Immerhin lief Galantis schon ewig auf M-Niveau und sollte heute in Klasse S aufsteigen. Galantis war acht Jahre alt und im perfekten Alter für ein Vielseitigkeitspferd. Sie hatte auch schon einige Erfolge eingefahren und ich hatte vor, sie entweder noch in diesem Jahr oder direkt am Jahresanfang zu einem Stutbuchwettbewerb zu melden. Brian wärmte die hübsche Braunscheckstute auf, während Edward und Samuel die Hindernisse höher und breiter gestalteten und noch drei Sprünge hinzufügten. Galantis war schön an Brian's Hilfen gestellt und lief in einem eifrigen Trab vorwärts. Im Gegensatz zu Candy und den Jungstuten hatte Galantis überhaupt keine Schwierigkeiten mit der Dekoration. Brian ließ sie die Tritte verlängern und versammelte sie dann wieder, um sie zu beschäftigen, bis der Parcours fertig war. Edward und Samuel beendeten ihre Arbeit und blieben dann an der Bande stehen, um Brian und Galantis zuzusehen. Brian galoppierte die Stute mit einem leisen Zungenschnalzen an, wendete auf den Zirkel ab und ritt dann in gerader Linie auf den ersten Sprung zu. Die Hindernisse waren nun 1,55 Meter hoch, was einen deutlich spürbaren Unterschied zu dem Klasse-A-Training zuvor darstellte. Galantis sammelte sich, spannte die Muskeln und hob mit einem gigantischen Satz ab, um den Oxer fehlerfrei zu überwinden. Ich drückte beide Daumen und starrte gebannt auf das Pferd-Reiter-Paar, als die beiden Hindernis um Hindernis meisterten und schließlich sauber über die Mauer setzten, die noch immer Schlussprung des Parcours war. "Yeah! Das war super!", rief ich freudig und sprang auf. Galantis wirkte überaus zufrieden mit sich und auch Brian strahlte glücklich. Ich nahm mir vor, ihm öfter das Abschlusstraining der Pferde zu überlassen, da er seine Sache wirklich herausragend gut gemacht hatte.
    • Sammy
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      Perfektion zum Jahresende | Dressur E-A
      31. Dezember 2021
      folgt
    • Sammy
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      Sommer
      15. Mai 2022
      Ich atmete ruhig ein und aus und zählte in Gedanken bis zehn. Dann wendete ich die wunderschöne Falbscheckstute, auf deren Rücken ich saß, ging in den leichten Sitz und ließ die geballte Power unter mir los. Kazumi Princess El Assuad schoss aus der Startbox meiner Geländestrecke und fand sofort in ihren Rhythmus. Die inzwischen fünfjährige Englische Vollblutstute hatte sich auf der Rennstrecke gelangweilt, weshalb ich sie im Herbst letzten Jahres aus ihrer - dennoch sehr erfolgreichen - Galopperkarriere verabschiedet hatte. Stattdessen war ich nun mittendrin, aus Princess ein Vielseitigkeitspferd zu machen. Während man das schöne Tier auf dem Dressurplatz zum ordentlichen und aufmerksamen Mitarbeiten motivieren musste, war Princess Feuer und Flamme für die Geländestrecke. Die feinen, schwarzumrandeten Ohren nach vorne gerichtete, galoppierte Princess frisch vorwärts auf das erste Hindernis der Strecke zu. Da mein Falbscheckstütchen erst fünf Jahre alt war, bewegten wir uns momentan noch auf E-Niveau. Allerdings machte Princess so rasche Fortschritte, dass ich plante mit ihr noch in diesem Jahr in einer Vielseitigkeitsprüfung der Klasse A zu starten. Die Tochter meiner erfolgreichen Palominostute Kagami El Assuad setzte mit spielender Leichtigkeit über den Baumstamm hinweg und spielte mit den Ohren. Sie wartete darauf, dass ich ihr sagte, wohin es als nächstes ging. Princess war durch ihre Nervenstärke das geborene Vielseitigkeitspferd. Sie schreckte vor kaum etwas zurück und vor allem hatte sie keinerlei Scheu vor Wasser. Das machte das Training mit dem jungen Pferd bisher sehr angenehm. Im Gegensatz dazu war Princess auf der Rennbahn anfangs wirklich durchgestartet und hatte viele Siege für Hollybrook eingefahren. Doch irgendwann war sie den anderen Pferden nur noch hinterhergebummelt und hatte sich lieber die Leute auf den Tribünen angeschaut. Für Ana, die gehofft hatte, mich als Princess' Jockey abzulösen, war es ein herber Schlag gewesen, dass ich die Stute aus dem Sport genommen hatte. Aber für das Falbscheckstütchen war es in jedem Fall die richtige Entscheidung gewesen. Princess meisterte die Geländestrecke ohne Probleme und ich nahm sie nach dem letzten Hindernis sanft zurück, parierte sie zum Schritt durch und machte mich auf den Rückweg zum Gestüt.
      Es war erst halb sechs Uhr morgens, doch da der Mai in den letzten Tagen für englische Verhältnisse unglaublich heiß gewesen war, war ich heute Morgen schon vor dem Wecker aus dem Bett gefallen. Princess war es als ehemaliges Rennpferd gewohnt, so früh zu trainieren und so hatte ich die Gunst der Stunde genutzt und mich mit ihr vom Hof geschlichen. Als ich an den Koppeln vorbei auf die Stallgebäude zuritt, stürmte Edward aus dem Stalltor und sah mir finster entgegen. Ich unterdrückte ein Augenrollen, da ich ganz genau wusste, welche Predigt mich nun erwartete. Edward konnte es nicht ausstehen, wenn ich meine eigenen Regeln brach und eine der wichtigsten lautete, dass niemand alleine auf der Geländestrecke trainierte. Das hatte seinen Sinn und im Normalfall hielt ich mich auch daran. Allerdings war Princess wirklich absolut umgänglich und die Sprünge in Klasse E leicht zu meistern. Ich hielt Princess vor Edward an und sprang aus dem Sattel. Er verschränkte die Arme und musterte Princess. "Du warst nicht ausreiten", stellte er fest. "Nein, war ich nicht. Wir haben auf der Strecke trainiert. Und, Edward, ich weiß, was du sagen willst. Es kommt nicht wieder vor, nächstes Mal wecke ich dich, bevor ich losziehe", kam ich ihm schnell zuvor. Das Training der Rennpferde stand an und ich wollte nicht, dass der Rest der Mitarbeiter unsere Auseinandersetzung mitbekam. Edward schien nicht überzeugt, lächelte aber, als Princess ihn sanft anstupste. "Wie kannst du nur so brav sein, wenn deine Mama so ein Biest ist?", fragte er sie liebevoll. Ich verdrehte die Augen. Edward und Kagami kamen überhaupt nicht miteinander zurecht und ich fragte mich, warum er es nicht einfach dabei beließ und die Stute einem der anderen Trainingsreiter überließ. Aber Edward war eben ein Dickkopf.
      Ich führte Princess in den Stall, nahm der Stute schnell die Ausrüstung ab und übergab sie dann einem Pfleger, der sie waschen würde. Bevor der junge Mann sie wegführte, steckte ich ihr schnell noch eins meiner selbstgebackenen Haferplätzchen zu und strich ihr über das samtene Maul.
      Dann ging ich wieder nach draußen, wo mich bereits die hergerichtete Vollblutstute Successful Dream erwartete. Es gab zwei Vollblüter, die ich eigentlich immer selbst trainierte. Das waren die schicke braune Stute vor mir und der Leopardschecke Little Miss Backyard. Beide Stuten waren unheimlich talentiert, aber nicht einfach zu händeln. Missy hatte ich Ende des letzten Jahres Ana anvertrauen wollen, weil die Stute sich wirklich gemacht hatte, aber schon der erste Ritt der beiden war eine kleine Katastrophe gewesen. Ein Pferd, das auf der Bahn außer Kontrolle geriet, war gefährlich. Das durfte einfach nicht passieren und Ana hatte die temperamentvolle Stute überhaupt nicht im Griff gehabt. Ich begrüßte Dreamy und schwang mich dann in ihren Sattel. "Du reitest zur Bahn?", fragte Samuel erstaunt. Ich grinste: "Seit Dream wieder regelmäßig laufen darf, war sie doch brav wie ein Engel." "Ach, so nennst du das also", meinte der Trainingsreiter sarkastisch. Wie auf Kommando hüpfte Dream ein paar Schritte zur Seite. "Wo bleibt meine Begleitung?", rief ich in den Stall. Doch in diesem Moment kamen schon Donald mit Bearing Spots und Ana mit Backup heraus. Die junge Frau sah nicht sehr glücklich aus, als sie sich auf Backups Rücken schwang. Die bereits elfjährige Stute war eines meiner erfahrenen Rennpferde und lief auch nicht mehr oft im Training auf der Bahn mit. Ich fand sie als Ausgleich zu Dream allerdings ganz hilfreich und außerdem genoss Backup ab und an einen Spurt auf der Bahn. "Warum lässt du es mich nicht nochmal mit Missy versuchen?", fragte Ana mich. "Weil Missy und Dream zusammen auf der Bahn zu leicht außer Kontrolle geraten. Für Missy steht heute Dressurtraining auf dem Plan, da kannst du sie vielleicht besser kennenlernen." Ich achtete auch bei meinen aktiven Rennpferden immer auf ein ausgewogenes Gleichgewicht und Abwechslung zur Arbeit auf der Rennbahn. Meine beiden Rentnerinnen Success Story xx und Ace of Spades hatten sowieso frei, außer ich brauchte sie ab und an als Begleitpferde. PFS' Storm Cat durfte später gegen meine beiden Hengste El Racino und Pawaneeh laufen. Ich wollte wissen, ob sie es auch im Ernstfall mit Hengsten aufnehmen konnte, da war es gut, zu Hause mal zu proben.
      Als wir die Bahn erreichten, wärmten wir die Pferde in aller Ruhe auf. Ich ließ mir mit Dream noch ein wenig mehr Zeit, um die Stute wirklich aufmerksam zu machen. Ich wollte, dass sie auf mich hörte, statt nur ihren eigenen Dickkopf durchzusetzen. Als ich sie schließlich angaloppierte, sprang Dream in einen wunderbaren, runden Galopp. Ich strich ihr lobend über den Hals. Heute war sowieso nur leichte Arbeit an der Reihe. Mit einem Blick zu den anderen beiden sah ich, dass sie ihr Training bereits beendeten und die Bahn verließen. Ich gab Dream ein wenig mehr Zügel und ließ zu, dass die Stute ihre Galoppsprünge verlängerte. Danach nahm ich sie auf, trabte auf die Öffnung in den Rails zu und lobte sie für die schöne Leistung.

      ~*~

      Nachdem alle Pferde ihr Frühstück genossen hatten, brachten wir diejenigen von ihnen auf die Koppeln, die heute nicht arbeiten mussten. Das waren die - zur Krönung bereite - Hannoveranerstute Galantis, meine beiden Horse Makeover Pferde HMJ 7786 Elfentanz und HMJ Blessing, die Jungstuten Pirate's Pride, Jeune Mariée, Painted Crown Jewel, Picturesque Diova, PFS' Isis und Successful Glamour, meine beiden Berber Pashmina und Amayyas und die Minis PFS' Arctic Alinghi, PFS' Beck's Little Diva, PFS' Glenn's Cookie, Porcelain Doll, Rumpelstielzchen, Miniature America's Narnia und Darkwood's Storm Dancing Feather. Dann mein Liebling unter den Feenpferdchen - GE's Ljósfari und meine New Forest Ponys Hollybrook's Cheeky Jot, Magical Moment, Naboo, Thousand Sunny, Isola della Pirateria, Aimiliani und Fairylike Facility. Auch die ganz jungen Pferde PFS' Daydream of Money und Grace's Cookie n' Cream hatten heute frei.
      Donald würde später eine Gruppe Touristen mit ins Gelände nehmen. Mit von der Partie waren wie immer die beiden verlässlichsten Pferde des ganzen Hofes: PFS' Devil in Prada und Arriba. Die Criollostuten waren eine wahre Lebensversicherung und man konnte die blutigsten Reitanfänger auf ihre Rücken setzen. Auch Your possible Pasts und My Golden Heart durften mit auf den Ausritt, während Donald selbst The Morticains Daughter reiten würde. Dafür hatten meine zwei Hengste, das Paint Horse Dissident Hawk und der Quarterhengst Golden Indian Summer heute frei.
      Ich wischte mir über die Stirn, nachdem ich die beiden Araberstuten Saddy und My lovely Horror Kid auf die große Stutenkoppel gebracht hatte. Acht Uhr morgens und mir war jetzt schon viel zu warm. Ich musste so viel Training wie möglich auf den Vormittag legen, da ich in der sicherlich eintretenden Mittagshitze nicht arbeiten wollte. Allerdings könnte ich mit Ana und Samuel über den Nachmittag auf einen entspannten kurzen Distanzritt mit den Araberhengsten Shamal und Khamar al Sanaa und meinem geliebten Traber Damon's Dynamo gehen. Den drei erfolgreichen Hengsten würde die Abwechslung sicherlich gefallen und im Wald war es auch angenehm kühl. Falls Brian Lust hatte, könnte er uns auf Amayyas begleiten. Der talentierte Mann war außer mir der Einzige, den der wunderschöne Red Roan Hengst an sich heran ließ. Meine drei Andalusier Ojos Azules, Negresco und Cuchara durften sich dafür heute auf der Koppel tummeln. Mit ihnen und dem Mähnenwunder Where's Sleep hatten wir gestern eine anstrengende Quadrille-Einheit durchgezogen, sodass sie sich ihren freien Tag verdient hatten. Auch Ehawee, Rainbow, Rosewell und Roi du Soleil hatten heute frei.
      Bei den Vielseitigkeitspferden wollte ich heute Abend mit Leveneza in der Halle eine neue Dressurkür proben, während Corde de la Cerise, Reminiscent Inspiration und Coeur de Lilith fürs Springen vorgemerkt waren. Fantastic Fly und Cadeau sollten ebenfalls in der Dressur trainiert werden, das konnten Brian und Samuel übernehmen. Die restlichen Überflieger, also Lamira, Hollywood Undead II, Incendio, Cassidy, Mahira, Unannounced Pleasure, Wild Lady Roxanne, Levistino, Pride and Prejudice und Samiyah hatten dafür frei.

      Als alle Pferde, die heute gar nicht gearbeitet wurden oder erst heute Abend, auf den Koppeln verteilt waren, schnappte ich mir Who Loves Candy, teilte Brian den wunderschönen Spanischen Cremellohengst Vingador zu und überließ Ana wie versprochen Missy. Mein geliebter Candy hatte inzwischen genügend Punkte zusammen, um zur Hengstkörung zugelassen zu werden und ich wartete nur noch auf den passenden Zeitpunkt, um ihn zu melden. Candy stupste mich an, als ich ihn aus seiner Box holte. Der höchst sensible Hengst hatte seit seinem Trainingsbeginn große Fortschritte gemacht und in Vielseitigkeitsprüfungen einige Erfolge einfahren können. Er ging in der Dressur inzwischen schon auf sehr gutem A-Niveau und wir standen kurz vor dem Aufstieg in Klasse L. Vin war noch sehr viel weiter von seiner Körung entfernt, doch der Hengst hatte durch die erlittene Vernachlässigung bei seinem Vorbesitzer auch viel nachzuholen, weshalb ich das Training mit ihm sehr langsam anging. Mit Brian verstand er sich wunderbar und die beiden gaben ein tolles Bild ab, wenn sie durchs Viereck schwebten. Wir wärmten die Pferde auf und ich warf immer wieder Blicke zu Ana und Missy. Die Scheckstute drückte den Rücken weg und rollte mit den Augen, bis man das Weiße sehen konnte. Ana verkrampfte sich mit jedem Schritt mehr und krallte sich in die Zügel. "Ana! Gib ihr mehr Zügel. Schwing mit ihren Bewegungen mit. Komm schon, glaub mal ein bisschen an dich. Missy spürt deine Angst und reagiert darauf", rief ich durch die Halle. Ana nickte und entspannte sich ein wenig. Sofort senkte Missy den Kopf und spielte mit den Ohren. Wirklich rund war ihr Gang noch immer nicht, aber immerhin sah sie jetzt nicht mehr aus wie ein Kamel bei einem Wüstenrennen. Brian trabte auf Vingador an mir vorbei. Der Hengst war perfekt an seine Hilfen gestellt und reagierte auf die kleinste Gewichtsverlagerung. Ich trabte Candy nun selbst an und wärmte den Hengst durch Übergänge und Wendungen auf. Ich war gerade dabei, ihn anzugaloppieren, als Brian erschrocken die Luft einzog. Ich wirbelte im Sattel herum und sah gerade noch, wie Ana Missy mit einem energischen Schenkeldruck vorwärtstreiben wollte. Die Stute hatte den Schweif zwischen die Beine geklemmt, die Ohren flach angelegt und sich auf dem Gebiss festgebissen. "Oh oh", murmelte ich. "Ana, gib ihr Raum. Du engst sie zu sehr ein. Lass die Zügel länger, fordere sie zum losgehen auf und gib dann eine sachte Schenkelhilfe", versuchte ich, die Situation zu entschärfen. Doch es war zu spät. Miss riss Ana die Zügel aus der Hand und schoss aus dem Stand heraus los. Brian und ich machten, dass wir zur Bandentür kamen, saßen ab und brachten unsere Pferde erstmal außer Reichweite der durchgehenden Stute. Ana hing im Sattel und riss verzweifelt an den Zügeln. Das brachte die junge Stute nur noch mehr in Rage. Sie riss den Kopf hoch, machte einen flinken Haken und Ana flog in hohem Bogen aus dem Sattel. Missy rannte noch ein paar Schritte weiter und blieb dann abrupt stehen. "Scheiße", murmelte ich, drückte Brian die Zügel in die Hand und wählte auf dem Weg zu Ana Edwards Nummer. "Wir brauchen dich in der Halle. Bring Samuel oder Donald mit", wies ich meinen Freund knapp an. Mit einem Seitenblick auf Missy eilte ich zu Ana. Die schöne Stute stand mit gesenktem Kopf da und ein Klumpen bildete sich in meinem Magen. Als ich bei Ana ankam, setzte diese sich gerade auf. "Bist du okay? Mach langsam, das war ein heftiger Sturz", ermahnte ich sie. "Mir geht's gut, Sammy", murmelte Ana. In diesem Moment kam Edward in die Halle und ich überließ ihm die am Boden sitzende Frau, um nach Missy zu sehen. "Hey, du Verrückte. Was machst du denn für Sachen?", fragte ich leise, als ich zu dem Stütchen trat. Missy stupste mich an. Ich griff nach ihren Zügeln und betrachtete sie prüfend. Dann führte ich sie im Schritt an und schluckte schwer, als ich sah, dass Missy ihr rechtes Vorderbein entlastete. "Donald? Ruf den Tierarzt", sagte ich in dem Moment, als der rothaarige Mann in die Halle eilte. Er machte auf dem Absatz kehrt und ich hörte ihn vor dem Stall hektisch in sein Handy reden. Brian führte währenddessen Vin und Candy weg. Deren Training war nun unterbrochen, doch ich wusste, dass der umsichtige Mann sie im Schritt führen würde, damit sie abkühlen konnten.
      Edward half Ana auf die Beine. Ich war froh, dass es meiner Freundin gut ging, aber um ehrlich zu sein, war ich auch etwas enttäuscht von ihr. Ich hatte ihr mit Missy noch eine Chance gegeben, weil Ana mir versichert hatte, dass sie nicht dieselben Fehler machen würde, wie beim letzten Mal. Nun war Missy verletzt und ich machte mir Vorwürfe, dass ich mich nicht selbst auf den Rücken der Stute geschwungen hatte. Als Ana auf mich zutrat, schüttelte ich nur den Kopf. "Jetzt nicht, bitte", sagte ich nur und die Frau verließ die Halle. Edward legte mir eine Hand auf die Schulter. "Es wird schon nicht so schlimm sein. Missy ist doch zäh", sagte er aufmunternd. Ich nickte nur. "Nimmst du ihr den Sattel ab und bringst mir ein Halfter? Dann muss sie hier nicht die ganze Zeit mit Ausrüstung rumstehen", bat ich ihn.

      Eine Stunde später stand Missy in ihrer Box, um das Vorderbein eine mit Eis gefüllte, medizinische Bandage. Sie hatte sich vertreten und die Sehne war geschwollen. Das hieß für das energiegeladene junge Pferd erst einmal Boxenruhe. Nur dann hatten wir eine Chance, dass die Sehne völlig ausheilte. Missy schien sich aber ganz wohlzufühlen. Sie knabberte an ihrem Heu und sah mich aus ihren großen braunen Augen heraus vertrauensvoll an. Ich seufzte und riss mich von der Stute los. Immerhin warteten auch noch andere Pferde auf Pflege, beziehungsweise in diesem konkreten Fall meine beiden Fohlen Lyna di Royal Peerage und Tristan di Royal Peerage. Edward würde mir beim Training behilflich sein. Ich holte mein schwarzes Prinzesschen aus ihrer Box und führte sie neben Tristan zum Putzplatz. Lyna war mit ihren zwei Jahren streng genommen kein Fohlen mehr, aber für mich würde sie wohl immer ein Baby bleiben. Tristan war sogar schon vier, doch aufgrund der Vernachlässigung, die er erfahren hatte, hatten wir die letzten Monate nur daran gearbeitet, ihn aufzupäppeln. Auch in Sachen Fohlen ABC hatte er starke Defizite, weshalb ich den hübschen Hengst oft zusammen mit Lyna trainierte, da die beiden auf einem ähnlichen Ausbildungsstand waren. Wir ließen uns wie immer sehr viel Zeit beim Putzen und tüddeln der Jungferde, bevor wir dann einen entspannten Spaziergang in das Gelände um das Gestüt herum unternahmen.
      Als wir wieder zurückfuhren, setzte ich mich ins Auto, um noch nach meinen Verkaufspferden zu sehen, die in einem extra Stalltrakt untergebracht waren. Hollybrook's Barakah al Sanaa, Candle in the Wind, Hollybrook's Tiny Girl, Hollybrook's Fairy Bluebird, Hollybrook's Zarin, Cirilla, Ivory, Wannabe, Pangäa, Chaira, Glammy, Eddy's Dead Pop Romance, Dream of Wyoming, BB's Harmony, Wüstentänzer, Juego, American Baby, Hollywood Undead, Kolibri, Dorina, Branagorn, Hollybrook's Casanova, Hollybrook's Classic Moment, Hollybrook's Bloody Valentine, Black Soul, Angels Fall First, Someone, Mizzi, Precious Scream und Adina De Ra'idah hatten noch immer keinen passenden Käufer gefunden. Pirate's Island war zwar verkauft, wurde aber seit Monaten nicht abgeholt, sodass ich mir überlegte, die schöne Falbstute wieder zu inserieren.
    • Sammy
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      Herbstgefühle
      13. November 2022
      Als ich wie üblich kurz vor dem Klingeln des Weckers erwachte, zog ich bibbernd meine Decke enger um mich. Regen prasselte laut gegen die Fenster meines Schlafzimmers und Blitze erleuchteten den Raum in unregelmäßigen Abständen. "Ihgitt. Würden da unten nicht ein paar hungrige Samtnasen warten, würde ich einfach im Bett bleiben", murmelte ich mit gerümpfter Nase. Dann atmete ich einmal tief ein, schlug die Decke zurück und sprang aus dem Bett. Bisher hatten wir einen ziemlich schönen, goldenen Herbst erlebt. Aber die diversen Wettersender hatten angekündigt, dass sich dies Mitte des Monats ändern sollte. Sehr schade, dass sie damit offensichtlich richtig lagen. Ich schlüpfte ins Bad, schloss die Tür hinter mir und wäre fast über meine Katze gestolpert, die dank der Fußbodenheizung mitten im Raum schlief. Ich schob das Fellknäuel vorsichtig zur Seite, kämmte mir die Haare und zog meine Stallklamotten an. Heute mit extra flauschigem Pullover. Anschließend ging ich hinunter in die Küche um mir mein allerliebstes Herbst-Frühstück zuzubereiten: Warmes Porridge mit Zimt und Blaubeeren. Aus Megs Zimmer war noch kein Laut zu hören und darum war ich auch nicht böse. So tragisch die Geschichte der jungen Frau auch war, sie machte uns allen das Leben nicht gerade leicht. Vor einigen Wochen war sie ihren Rollstuhl losgeworden. Doch statt sich darüber zu freuen, humpelte sie nun mit sauertöpfischer Miene auf ihren Krücken herum und blaffte jeden an, der ihren Weg kreuzte. Als wir letzte Woche alle zusammen einen herrlichen, gemütlichen Ausritt unternommen hatten, hatte ich Meg gefragt, ob sie uns auf PFS' Devil in Prada - meiner Lebensversicherung unter den Pferden - begleiten wollte. Ich hatte die Frage postwendend bereut, da Meg sofort auf mich losgegangen war. Ich schüttelte den Kopf und verdrängte die trüben Gedanken. Das Wetter war bereits trist genug. Und machte mir auch den ein oder anderen Strich durch meine Pläne für heute. Definitiv würden die Pferde in den Ställen bleiben und wir würden auch nur in der Halle trainieren. Glücklicherweise waren die Bauarbeiten auf meinem Gestüt endlich abgeschlossen, sodass wir nun eine zweite Reithalle hatten, die direkt an die Stallungen angrenzte. So mussten wir nicht mit den Vierbeinern über den gesamten Hof stiefeln. Ich füllt gerade eine zweite Schüssel mit Porridge, als ich die Haustür hörte. Eine paar Sekunden später stapfte Edward triefnass in die Küche. Jacke und Schuhe hatte er ausgezogen, doch selbst von seinen Haaren tropfte das Wasser. "Wie wärs, wenn wir heute blau machen und einfach hier drin bleiben?", fragte er nur halb im Spaß. Ich lachte. "Ich weiß ja nicht, wie toll die Pferde das finden würden", meinte ich dann. Ich stellte das Porridge und ein großes Glas Latte Macchiato vor meinem Freund ab. "Du bist heute außergewöhnlich gesprächig dafür, dass du noch keinen Kaffee hattest", bemerkte ich dann. Im Normallfall war ein Brummen das höchste der Gefühle, was Edward am frühen Morgen herausbrachte. "Ja. Nach der unfreiwilligen kalten Dusche bin ich eben wach", grummelte er. Der nächste Blitz zuckte über den Himmel, gefolgt von einem lauten Grollen. "Einladend", bemerkte Edward düster. "Na komm, lass uns gehen. Vielleicht wird das Wetter ja über den Tag schöner", versuchte ich, Edward aufzumuntern. Vor der Tür wollte ich nach meinem Schirm greifen, doch Edward schüttelte den Kopf. "Vergiss es. Es stürmt zu sehr." Ich seufzte und zog mir die Kapuze meiner Jacke so weit wie möglich ins Gesicht. Dann rannten wir über den nassen Hof und schlossen schnell die Stalltüre hinter uns.

      Drinnen war es wohlig warm und wir wurden von dunklem Brummeln und leisem Wiehern begrüßt. "Ich glaube, die Antwort zu kennen, aber du hast nicht vor, heute Galopptraining abzuhalten, oder?", fragte Edward vorsichtig. "Nein. Selbst ein Rennen würde ich bei diesem Wetter wohl abblasen", antwortete ich. Normalerweise ließ ich das Training nicht wegen Regen ausfallen, da ich es ganz gut fand, wenn die Pferde sich an die veränderten Verhältnisse auf der Bahn gewöhnen konnte, falls es an einem Renntag auch einmal regnete. Das heute war allerdings ein völlig anderes Kaliber. "Die Pferde, die es ganz nötig haben, bewegen wir in der Halle. Der Rest hat heute frei", sagte ich. Auf dem Weg in mein Büro streichelte ich über ein paar Samtnasen. Während die Pfleger sich um die Fütterung kümmerten, würde ich einen abgewandelten Trainingsplan für heute entwerfen. Von den Englischen Vollblütern brauchte in jedem Fall Who Loves Candy seine Bewegung. Der wunderschöne braune Hengst würde morgen sonst eine tickende Zeitbombe sein. Kein Training und kein Auslauf bekamen ihm überhaupt nicht gut. Gleiches galt für Little Miss Backyard. Die junge Stute hatte ihre Verletzung vom Sommeranfang ganz gut überstanden. Seit einer Woche konnte sie wieder ein leichtes, muskelkräftigendes Training auf der Bahn absolvieren. HMJ Blessing, Success Story xx, Kagami El Assuad und Ace of Spades hatten heute sowieso ihren freien Tag. Backup, El Racino, Pawaneeh, Pirate's Pride und Kazumi Princess El Assuad standen gut im Training und konnten ebenfalls einen Tag Ruhe vertragen. Mit Bearing Spots, PFS' Storm Cat und Successful Dream würde ich ein wenig Dressurarbeit machen. Das würde den aktiven Rennpferden nicht schaden. Bei den Überfliegern würden in jedem Fall Jeune Mariée, Painted Crown Jewel, Coeur de Lilith, Samiyah, Vingador, Picturesque Diova und Successful Glamour ihr Training bekommen. Letztere drei waren mitten in der Vorbereitung auf die Körung. Mariée und Jewel hatten ihre Körung zwar mit Bravour geschafft, doch die beiden Stuten arbeiteten so gerne und benötigten ihre Bewegung. Mit den beiden würden wir wohl ein nettes Springtraining absolvieren. Der Rest meiner Überflieger, also Reminiscent Inspiration, Galantis, Fantastic Fly, Corde de la Cerise, HMJ 7786 Elfentanz, Hollywood Undead II, Cadeau, Leveneza, Lamira, Incendio, Mahira, Cassidy, Pride&Prejudice, Unannounced Pleasure, Wild Lady Roxanne und mein preisgekrönter Hengst Levistino hatten dafür heute frei. Auch die Ranchpferde brauchten nicht unbedingt Bewegung. Prada, Arriba, Your possible Pasts, My Golden Heart und The Morticains Daugther waren gestern auf einem ausgiebigen Ausritt gewesen. Donald hatte Daughter geritten, da die Paintstute eine sichere Hand brauchte. Touristen konnte ich auf sie auf keinen Fall setzen. Gleiches galt für die Hengste Golden Indian Summer und Dissident Hawk. Mit den beiden hatte Samuel auf dem Platz trainiert. Meine kleinsten würde ich wohl einfach in der Halle freilaufen lassen. Während mein Liebling GE's Ljósfari, die New Forests Hollybrook's Cheeky Jot, Magical Moment, Thousand Sunny, Aimiliani und Fairylike Facility sowie die American Miniature Horses Porcelain Doll, Miniature America's Narnia, Rumpelstielzchen und Darkwood's Storm Dancing Feather genügsam genug für einen Tag in der Box waren, würde ich Naboo, Isola della Pirateria, PFS' Arctic Alinghi, PFS' Beck's Little Diva und PFS' Glenn's Cookie ein wenig Auslauf gönnen. Dasselbe galt für die drei jüngsten des Gestüts. Grace's Cookie 'n Cream, Lyna di Royal Peerage und Tristan di Royal Peerage standen noch ganz am Anfang ihrer Ausbildung. Daher wollte ich zumindest ein wenig mit ihnen arbeiten. Lyna gewöhnte ich gerade an Sattel- und Zaumzeug, dafür brauchten wir nicht nach draußen. Die anderen beiden machten gerade die ersten Schritte unter dem Reiter. Wenn soweit alles klappte, konnten wir gegen Abend zwei nette Quadrillen üben. Die eine bestand aus meinem Mähnenwunder Where's Sleep, und meinen drei Andalusiern Negresco, Cuchara und Ojos Azules. Die zweite aus den Vollblut Arabern Shamal, Khamar al Sanaa, My lovely Horror Kid und Saddy. Roi du Soleil, PFS' Daydream of Money, Pashmina, Rosewell und Damon's Dynamo hatten dafür frei. Meinen Geparden Amayyas würden entweder Brian oder ich selbst reiten. Dasselbe galt für PFS' Isis. Die junge Araberstute heimste gerade erste Erfolge auf den Rennbahnen und beim Distanzreiten ein und ich war unglaublich stolz auf sie. Wenn sie so weiter machte, würde ich sie noch in diesem Jahr zu einem Stutbuchwettbewerb melden können.

      Nachdem der Plan für den Tag soweit stand, klickte ich mich durch die Anfragen für meine Verkaufspferde. Die beiden Traberstuten Ehawee und Rainbow hatte ich an das bekannte Lindö Dalen Stuteri verkauft, wo sie weiter gefördert wurden und vor allem in einer hervorragenden Zucht agieren konnten. Von Dynamo allerdings würde ich mich niemals trennen. Für Holllybrook's Barakah al Sanaa, Candle in the Wind, Hollybrook's Tiny Girl, Hollybrook's Fairy Bluebird, Hollybrook's Zarin, Cirilla, Ivory, Wannabe, Pangäa, Chaira, Glammy, Eddi's Dead Pop Romance, Dream of Wyoming, Wüstentänzer, BB's Harmony, Hollywood Undead, Pirate Island, American Baby, Juego, Kolibri, Dorina, Branagorn, Hollybrook's Casanova, Hollybrook's Classic Moment, Hollybrook's Bloody Valentine, Black Soul, Angels Fall First, Someone, Mizzi, Precious Scream und Adina de Ra'idah hatte sich leider noch immer niemand gemeldet. Aber ich hoffte, dass sich das noch ändern würde. Mir war wichtig, dass sie in liebevolle Hände kamen.

      Ich gähnte, streckte mich und trat hinaus auf die Stallgasse. Meine edlen Vierbeiner hatten ihr Frühstück inzwischen beendet und die ersten waren bereits fürs Training. Ich weihte flott meine Trainingsreiter in die Planung ein, dann ging es auch schon los.
    • Sammy
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      Sommerhitze
      09. Juli 2023
      "Es ist heiß....schrecklich heiß...Jeder Schritt nimmt dich mit..." Ich musste laut auflachen, als ich den vertrauten Text hörte. Edward lief gerade mit Painted Crown Jewel und Jeune Mariée von den Koppeln zu den Stallungen und sang das Lied, während er mit Leidensmiene vor sich hin schlurfte. "Edward! Es ist sechs Uhr morgens und wir haben 23 Grad. Reiß dich zusammen, sonst endest du heute Nachmittag noch als Pfütze!", rief ich zu ihm herüber. Edward zog nur einen Schmollmund und stolperte gleich darauf einen Schritt nach vorne, weil Jewel ihn ein wenig zu liebevoll angestupst hatte. Ich grinste. Mein bester Freund hasste jede Temperatur, die über 20 Grad hinausging. Dafür lief er dann im Winter mit kurzen Hosen durch die Gegend. Da der Sommer momentan selbst im sonst eher kühlen England seine volle Kraft entfaltete, war Edward nicht ganz so gut drauf, wie sonst. Während er sich bei meiner wunderschönen braunen Stute beschweren wollte, knibbelte Mariée ihm am Kragen seines T-Shirts herum. Edward murrte zwar irgendwas in seinen nicht vorhandenen Bart, schob Mariée's Maul jedoch sanft von sich weg. Er liebte die beiden Stuten beinahe genauso sehr wie ich. Da die Temperatur heute auf 35 Grad klettern sollte, wurden nur jetzt, am frühen Morgen, ein paar wenige Trainingsritte abgehalten. Den Tag über durften die Pferde dann in den kühlen Stallungen verbringen. Momentan standen sie über Nacht auf den Weiden, weil es tagsüber einfach viel zu warm war.
      Edward und ich wollten mit Jewel und Mariée zur Geländestrecke und da ich bis gerade an der Rennbahn gewesen war, hatte er die zwei Hübschen schon einmal von der Koppel geholt. Ich lief schnell zu ihm und nahm ihm Mariée ab. Das wunderhübsche Schimmelscheckchen drückte sein Maul zart gegen meine Hand und folgte mir brav den Weg entlang. Sowohl Jewel als auch Mariée waren inzwischen prämiert, aber das änderte natürlich nichts daran, dass die sechs bzw. fünfjährige Stute weiterhin im Training standen. Während Jewel vor allem auf den Springplätzen alle möglichen Preise eingeheimst hatte, war Mariée breiter aufgestellt. Dorthin wollte ich auch mit Jewel noch kommen, doch die junge Stute war bisher zu ungestüm gewesen. Auf der Geländestrecke hatten wir bisher nur sehr selten und dann immer in Begleitung trainiert. Für die Dressur hatte Jewel die besten Veranlagungen überhaupt, nur ließ sie sich auf Turnieren leider zu sehr ablenken. Die meisten unserer so schön vorbereiteten Küren wurden durch den ein oder anderen Buckler oder ein gelegentliches Durchgehen unterbrochen, womit wir es natürlich nicht aufs Treppchen schafften. Das wiederum frustrierte Jewel. Die junge Stute war ein absoluter Streber und spürte es sofort, wenn sie einen Fehler machte. Ich hatte Ende letzten Jahres daher beschlossen, Jewel nur noch in ihrer Paradedisziplin - dem Springreiten - antreten zu lassen und die anderen Disziplinen, die für die Teilnahme an Vielseitigkeitsprüfungen nötig waren, ganz in Ruhe zu Hause zu trainieren.
      Mariée hingegen war ein Engel. Ihre Bewegungsabläufe waren vielleicht nicht ganz so schwungvoll wie die von Jewel, dafür ließ sich Mariée durch kaum etwas aus der Ruhe bringen. Sie tanzte mit mir auf dem Rücken durchs Viereck und war auf der Geländestrecke vollkommen auf mich fixiert. Daher hatte ich mit ihr auch schon die ersten Erfolge in der Vielseitigkeit einfahren können.
      "Wie lief es denn heute?", unterbrach Edward meine Gedanken, während er Jewel neben uns führte. "Ah, du kannst wieder normale Sätze von dir geben. Das ist aber schön!", neckte ich meinen Freund. Er verdrehte nur die Augen und sah mich dann auffordernd an. Edward war mit Rennpferden aufgewachsen und normalerweise immer beim Training dabei. Da wir heute aber auch mit den übrigen Pferden so früh wie möglich arbeiten wollten, hatte er bereits die Hengste Cadeau und Fantastic Fly bewegt. "Es war gut", antwortete ich lächelnd. "Von Blessing's Unsicherheit ist überhaupt nichts mehr zu spüren - egal mit wie vielen anderen Pferden sie läuft", erzählte ich stolz. HMJ Blessing war ein Pferd aus einem Rettungs- und Trainingsprogramm, das ich bei mir aufgenommen hatte. Die anfangs völlig uninteressierte und ängstliche Stute hatte durch liebevolles, behutsames Training wieder Vertrauen in die Menschen und die Rennbahn gefasst und ihre Lebensfreude wiedergefunden. Anfangs hatte ich sie nur über die Rennbahn geführt, irgendwann hatten wir meine alte Rennstute Ace of Spades mit dazu genommen, um Blessing Sicherheit zu vermitteln. Doch inzwischen war Blessing nicht mehr auf solche Hilfen angewiesen. Sie freute sich regelrecht, wenn es raus zur Bahn ging und tänzelte voller Erwartung unter ihrem Reiter dahin. Blessing war heute zusammen mit den erfahreneren Stuten Backup, Success Story xx und Kagami El Assuad gelaufen. Letztere waren eigentlich nicht mehr im aktiven Rennpferdetraining, freuten sich aber ab und an über einen Ausflug auf die Bahn. Bei Kagami stand momentan die schwere Entscheidung an, die schöne Palominostute zu verkaufen. Kagami hatte nun zwei Fohlen zur Welt gebracht und war jedes Mal ein wahres Untier geworden, das kaum noch jemanden an sich - geschweige denn das Fohlen - heranließ. Die Mutterschaft stresste sie unglaublich, weshalb wir beschlossen hatten, dass sie kein weiteres Fohlen bekommen sollte. Bei ihrer Abstammung war das eine echte Schande, aber ich wollte Kagami und auch uns diesem Stress nicht noch einmal aussetzen. Die Alternative war, Kagami mit ihren elf Jahren zum Vielseitigkeitspferd umzuschulen und zu sehen, was sie auf den Turnierplätzen dieser Welt erreichen konnte. Aber eigentlich führte ich ein Gestüt. Ich züchtete und trainierte erfolgreiche Pferde, um sie wiederum selbst für die Zucht einzusetzen. Ich war mir unsicher, ob ich es mir leisten sollte, Kagami aus Zuneigung zu behalten. Ihre älteste Tochter - Kazumi Princess El Assuad - machte sich hingegen ganz wunderbar. Princess' Sozialverhalten war mit dem ihrer Mutter nicht ansatzweise zu vergleichen. Die junge Stute liebte den Kontakt zu Menschen und anderen Pferden. Mit ihrem ersten Fohlen war sie hervorragend umgegangen und hatte vor allem keine solche Wesensänderung durchlebt, wie Kagami sie zeigte. Auch ihre Weidegenossin Successful Dream zählte noch immer zu meinen Lieblingen auf dem Gestüt. "Princess und Dream waren heute auch wieder auf der Rennbahn, zum Konditionstraining für die Vielseitigkeit. Dazu haben wir auch Bearing Spots mitgenommen. Dreamy war wie immer super aufgelegt und wäre am liebsten im gestreckten Galopp um die Bahn gefegt. Anna hatte mit Spotty keine Probleme, aber die mausert sich ja auch zu unserem Verlasspferd schlechthin. Princess war auch sehr brav, sie hat von allen die beste Kondition. Wobei ich glaube, dass Dream ihr in nichts nachsteht, sie verpulvert ihre Energie einfach noch zu schnell", erzählte ich meinem Freund. "Und Missy?", fragte er. Ich grinste. Er meinte Little Miss Backyard, das erfolgreichste Rennpferd, das ich je unter dem Sattel gehabt hatte. Gleichzeitig aber auch das Schwierigste. Missy war jetzt acht Jahre alt, aber zuweilen immer noch völlig unberechenbar. Es hatte Zeiten gegeben, zu denen ich es fast aufgegeben hätte, ein ordentliches Rennpferd aus ihr zu machen. Missy liebte das laufen und mein Gott, sie konnte laufen. Aber sie konnte andere Pferde auf der Bahn nicht ausstehen und hatte sie in ihrer Anfangszeit sogar angegriffen. Das hatten wir mittlerweile unter Kontrolle, aber wenn Missy rennen wollte, war sie kaum zu halten. Daher setzten nur Edward, Brian und ich uns auf die Scheckstute. Missy mochte Frauen lieber, daher hatte auch Ana ihr Glück versucht, das war jedoch ziemlich schief gelaufen, da die junge Frau sich bei Missy einfach nicht durchsetzen konnte. Die Stute machte mit ihr, was ihr gerade in den Sinn kam. "Missy war...naja, für ihre Verhältnisse eigentlich brav. Sie hat sich kurz auf das Gebiss gelegt, als PFS' Storm Cat und Pirate's Pride uns zu nahe kamen, aber dann wars auch wieder gut." Stormy und Pride waren zwei weitere meiner Rennpferde. Vor allem die grau geäpfelte Cat liebte ich von ganzem Herzen. Nicht zuletzt, weil ich immer noch unfassbar stolz darauf war, einen Vollblüter aus der bekannten Pine Forest Stable Zucht mein eigen nennen zu dürfen. Ich dachte nach. Die Hengste El Racino und Pawaneeh hatten heute frei. Während wir mit Jewel und Mariée unterwegs waren, würden die anderen Mitarbeiter meines Gestüts sie in ihre Boxen bringen. Eigentlich hatte auch mein dritter Vollbluthengst im Bunde - Who Loves Candy - heute seinen freien Tag. Allerdings war der Hengst heute morgen so übermütig, dass er sich auf der Koppel beinahe überschlagen hätte. Daher überlegte ich, mit ihm doch noch eine Trainingseinheit einzuschieben. Das kam allerdings sehr darauf an, wie das Wetter aussah, wenn wir wieder zum Gestüt zurückkehrten. Candy war auch der Einzige meiner Vollblüter, der nicht auf der Rennbahn lief, außer um Kondition aufzubauen.

      ~*~

      Wir hatten Jewel und Mariée inzwischen fürs Training fertig gemacht und machten uns im Schritt auf den Weg zur Geländestrecke. Dabei kamen wir am Dressurplatz vorbei, wo Brian gerade mit Vingador arbeitete. Das spanische Sportpferd steckte in den letzten Vorbereitungen zur Körung und Brian sollte den schönen Cremellohengst vorstellen. Ich nickte zufrieden, als Vin fließend von der Passage in die Piaffe wechselte. Brian's Hilfengebung war kaum zu erkennen. Er war mein vielversprechendster Trainingsreiter und bislang der Einzige, der meine Pferde auch auf Körungen vorstellte. "Brian hat vorhin auch schon Picturesque Diova bewegt. Sah zwar nicht ganz so schön aus, wie bei Vin, aber ich denke die Prämierung dürfte kein Thema sein", klärte Edward mich auf. Diova war das zweite Pferd, das noch in dieser Woche zur Krönung sollte. Meine übrigen Trainingspferde - Successful Glamour, Blessing, PFS' Isis, PFS' Daydream of Money, PFS' Arctic Alinghi, PFS' Beck's Little Diva, PFS' Glenn's Cookie und Grace's Cookie 'n Cream waren noch nicht ganz so weit im Training fortgeschritten, wie die beiden. Bei ihnen fehlte noch ein gehöriges Maß an Turniererfahrung, bevor ich sie zur Körung anmelden würde.
      Auf dem Springplatz trainierten Samuel und Anna mit meinen Stuten Coeur de Lilith und Levenza. Letztere war eigentlich mehr in der Dressur zu Hause, doch allmählich bereitete ihr auch das Springen Spaß. Ich zeigte Ana den erhobenen Daumen, als sie mit Leveneza eine fehlerfreie Runde durch den Parcours beendete. Jewel spitzte die Ohren und scharrte mit dem Huf. "Nein, meine Süße, wir haben heute etwas anderes vor", sagte ich lächelnd und strich ihr über den glänzenden Hals. "Lass uns antraben, damit wir schneller zur Strecke kommen", schlug ich vor und Edward nickte. Die beiden Stuten setzten sich zeitgleich in Trab und wir ritten an den Koppeln vorbei, auf denen sich noch die meisten meiner Pferde tummelten. Im Hochsommer war der Tagesablauf immer ein wenig anders, als während des restlichen Jahres, doch die Pferde gewöhnten sich schnell an die veränderten Umstände. Wir kamen an der Koppel vorbei, auf der meine Ponys und Westernpferde standen. PFS' Devil in Prada, Arriba, Your're possible Pasts, The Morticains Daugther, My Golden Heart, Porcelain Doll, Miniature America's Narnia, Magical Moment, Thousand Sunny, Naboo, Isola della Pirateria, Aimiliani und Fairylike Facility passten eigentlich nicht ins Zucht- bzw. Trainingsprogramm meines Gestüts. Aber die New Forests gehörten schon so lange zu meinem Leben, das ich mir mein Gestüt ohne sie gar nicht mehr vorstellen wollte und in die Rasse der Minis hatte ich mich einfach verliebt. Die Westernpferde wurden von Donald regelmäßig auf Turnieren vorgestellt und gingen ansonsten Ausritte mit Touristen. Dabei achtete ich natürlich darauf, nur reiterfahrene Leute auf meine Pferde zu setzen. Dasselbe galt im Übrigen auch für die dazugehörigen Hengste Dissident Hawk, Golden Indian Summer, GE's Ljósfari, Rumpelstielzchen, Darkwood's Storm Dancing Feather und Hollybrook's Cheeky Jot. Und dann waren da natürlich noch meine Showpferde. Auch sie hielt ich aus reiner Liebhaberei. Wir gingen Turniere und sie waren bei jeder Show auf meinem Gestüt ein echter Hingucker. Zudem deckte ich mit ihnen Disziplinen ab, die mir einfach gefielen, für die meine Vielseitigkeits- und Rennpferde aber nur bedingt geeignet waren. So waren da beispielsweise meine Distanzpferde Amayyas, Khamar al Sanaa, Shamal, My lovely Horror Kid, Saddy und Damon's Dynamo. Vor allem letzteren liebte ich abgöttisch. Ich hatte eine Weile lang auch vorgehabt, Traber zu züchten, hatte dies jedoch letztes Jahr verworfen. Ich hatte mit meinem eigentlichen Zuchtziel alle Hände voll zu tun und irgendwas sagte mir, dass ich mich nicht von Dynamo's Fohlen würde trennen können. Auch Amayyas war der einzige Berber auf meinem Gestüt und so sollte es auch bleiben. Daneben gab es meine Dressurwunder. Mit ihnen bereitete ich vor allem tänzerische Quadrillen oder auch das ein oder andere Pas de deux vor. Da wären zum einen mein Mähnenwunder Where's Sleep, der Welsh D Hengst Roi du Soleil, mein Kinderpony Rosewell und natürlich die Andalusier Negresco, Ojos Azules und Cuchara.
      Jewel zupfte am Zügel und legte einen Gang zu, als sie bemerkte, dass wir das Gestüt verließen. Ich konzentrierte mich wieder auf die junge Stute unter mir und setzte mich tiefer in den Sattel. Gehorsam verlangsamte Jewel ihre Tritte. "Braves Mädchen", lobte ich sie und Jewel schnaubte zufrieden. Sag ich doch - Streber. Edward lenkte Mariée neben uns und wir bogen kurze Zeit später auf eine große Wiese ab. Hier begann meine Geländestrecke. Während Mariée aufmerksam die Ohren spitzte, galoppierte Jewel beinahe auf der Stelle. Ich grinste. Das konnte ja heiter werden. "Reite du voraus, schön gleichmäßiges Tempo, lieber etwas zu langsam, als zu schnell. Wir wollen, dass Jewel sich Zeit lässt", erinnerte ich Edward an unseren Plan. Normalerweise nahm ich für so etwas ein älteres, erfahrenes Pferd, doch Jewel und Mariée harmonierten einfach so gut miteinander, dass wir es auf diese Weise versuchen wollten. Edward ließ Mariée angaloppieren und Jewel wollte sofort mit ihr gleichziehen. Ich gab halbe Paraden, blieb tief im Sattel sitzen und sprach auf das junge Pferd ein. Als Jewel verstand, dass sie hinter ihrer Freundin bleiben sollte, fügte sie sich. Der erste Sprung kam in Sicht - ein quer über dem Weg liegender Baumstamm. Wir befanden uns momentan auf der E-Strecke. Die schwierigeren Streckenabschnitte begannen rechts und links von uns und befanden sich außer Sichtweite. Das war absichtlich so geschehen, da ich vermeiden wollte, das ein durchgehendes Pferd ein Hindernis ins Visier nahm, für das es noch nicht bereit war. Edward und Mariée meisterten den Sprung problemlos und kurz darauf setzte auch Jewel spielerisch darüber hinweg. Vom Springvermögen her könnte Jewel auch den S-Abschnitt der Strecke gehen. Hier und heute ging es nur darum, sie an das Gelände und seine Eigenheiten zu gewöhnen. Mit Mariée vor sich war Jewel viel ruhiger als sonst. Es fühlte sich fast an, als würden wir einen netten kleinen Ausritt durch den Wald machen. Wir galoppierten platschend durch das Wasser und setzten sauber über den Aussprung. Als wir die längere Galoppstrecke erreichten, gab ich Edward ein Zeichen, Mariée zurückzunehmen. Die Temperaturen kletterten und selbst hier im Wald wurde es warm. "Lass uns für heute Schluss machen!", rief ich ihm zu. "Bisher ist es super gelaufen, ich finde das ist für heute ein gutes Ende." Edward nickte zustimmend und parierte Mariée zum Trab durch.

      ~*~

      Wieder auf dem Hof angekommen, sahen wir, wie die anderen gerade die letzten Pferde von den Koppeln holten. Brian führte Levistino und Incendio, Samuel hatte Pride and Prejudice am Führstrick. Der eigensinnige Hengst lief nicht neben anderen Hengsten und musste daher immer alleine geführt werden. Von der anderen Seite kam Donald und ich verdrehte die Augen bei seinem Anblick. An seiner rechten Seite liefen Wild Lady Roxanne und Unannounced Pleasure, links führte er Reminiscent Inspiration und Lamira und hinter ihm her trottete Galantis. Donald sah mich und wurde rot. Er wusste genau, dass ich es nicht leiden konnte, wenn er so viele Pferde gemeinsam führte. Wenn sich auch nur eine der Stuten erschreckte, wäre das Chaos perfekt. Ana lief mit HMJ 7786 Elfentanz und Hollywood Undead II an uns vorbei und zuckte entschuldigend mit den Schultern. "Ich wollte es ihm ausreden", formte sie mit den Lippen, damit Donald sie nicht hören konnte. Wir sattelten Jewel und Mariée ab, gönnten ihnen eine lauwarme Dusche und brachten sie dann in ihre Boxen, wo sie ihr wohlverdientes Frühstück genießen durften. Währenddessen wurden auch Corde de la Cerise, Cassidy und Mahira in den Stall gebracht und Donald folgte mit Samiyah als Schlusslicht. "Nur ein Pferd, Donald?", fragte ich halb sauer, halb scherzend. Donald warf einen Blick auf die Cremellostute neben ihm und ich lachte. Samiyah mit anderen Pferden zur Frühstückszeit zum Stall zu führen war gelinde gesagt, eine Herausforderung. Kein Wunder, dass Donald darauf lieber verzichtet hatte.

      ~*~

      Nachdem alle Pferde ihr Frühstück genossen hatten, schaute ich bei meinen beiden Youngstern vorbei: Lyna di Royal Peerage und Tristan di Royal Peerage. Während Tristan bereits fünf Jahre alt war, war Lyna gerade erst drei. Dennoch waren sie auf demselben Ausbildungsstand.
      Dies hatte mit Tristans trauriger Vergangenheit zu tun. Der schöne junge Hengst hatte noch totaler Vernachlässigung einfach Zeit gebraucht, um sich von den Strapazen seines bisherigen Lebens zu erholen. Inzwischen stand er den anderen Jungpferden jedoch in keinem Punkt mehr nach. Unter dem glänzenden Fell des Junghengstes spielten seine Muskeln, die ich durch unzählige Spaziergänge durch den Wald und viel Bodenarbeit mühevoll aufgebaut hatte. Der weiße Stern auf seiner Stirn strahlte und er drückte mir liebevoll sein Maul in die Hand, als ich vor seiner Box stehen blieb. "Na mein Großer?", begrüßte ich ihn, während ich eine Möhre aus meiner Tasche zauberte, die er mir vorsichtig abnahm. Tristan gierte nach Zuneigung und alle auf dem Gestüt gaben sie ihm bereitwillig. Der Hengst war ein absoluter Schatz. Er war liebenswert, aufmerksam und intelligent. Während den letzten Wochen hatten wir ihn und auch Lyna an Sattel und Zaumzeug gewöhnt. Während Tristan völlig gelassen geblieben war, solange er nur genug Streicheleinheiten bekommen hatte, war Lyna anfangs nicht ganz so begeistert gewesen. Das Prinzesschen war das personifizierte Selbstbewusstsein und sie zeigte sehr deutlich, wenn ihr etwas nicht gefiel. Der Sattel an sich war beispielsweise akzeptabel gewesen, der Gurt um den Bauch hingegen überhaupt nicht. Egal, wie behutsam wir ihn angezogen hatten, Lyna war danach erst einmal ein wenig durch den Round Pen gebockt. Das Gebiss hingegen nahmen beide Pferde bereitwillig an. Kein Wunder - ich rieb es die ersten Male immer mit etwas Honig ein, um den jungen Pferden die ganze Sache schmackhaft zu machen. Inzwischen ließen sich sowohl Tristan als auch Lyna problemlos satteln und aufzäumen und wir würden uns bald an den nächsten Schritt ihrer Ausbildung wagen.

      ~*~

      Als alle Pferde rundum versorgt waren, verschwand ich in meinem Büro, um etwas Papierkram zu erledigen. Der Stall war gut temperiert, sodass es hierdrin angenehmer war, als in meinem Haus. Auch meine Angestellten hielten sich während der größten Mittagshitze alle im Stall auf. Sie räumten auf, putzten Ausrüstung oder widmeten sich den Pferden. Ich sah schnell in die Annoncen für meine Verkaufspferde. Sie alle wurden moderat trainiert und standen auf einer schönen Anlage, die regelmäßig Interessenten anzog. Ich musste mich nun langsam endlich einmal darum kümmern, ihre Verkaufsanzeigen auf Vordermann zu bringen, damit sie mehr Interesse bei potenziellen Käufern erregten. Bis auf Pashmina waren immerhin alle bereits erfolgreich in Sport und Zucht unterwegs und alle gekört. Das galt zunächst für meine selbst gezüchteten Pferde Hollybrook's Barakah al Sanaa, Hollybrook's Tiny Girl, Hollybrook's Fairy Bluebird, Hollybrook's Zarin, Ivory, Eddi's Dead Pop Romance, Hollybrook's Casanova, Hollybrook's Classic Moment und Hollybrook's Bloody Valentine. Aber auch Cirilla, Wannabe, Pangäa, Chaira, Glammy, Dream of Wyoming, BB's Harmony, Wüstentänzer, Juego, Pirate Island, American Baby, Hollywood Undead, Kolibri, Dorina, Branagorn, Black Soul, Angels Fall First, Someone, Mizzi, Precious Scream und Adina De Ra'idah hatten das Potenzial im Sport noch einiges zu erreichen. Ich war jedenfalls gespannt, was die Zukunft für die Pferde bringen würde.
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  • Album:
    Trainingsstall
    Hochgeladen von:
    Sammy
    Datum:
    29 März 2020
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  • Successful Glamour
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    Spitzname: Glam / Glammy
    [engl.: "Erfolgreicher Glanz"]

    --------------------------------------------------

    ~ Abstammung ~
    Von: Branagorn

    V: Burmano
    M: Antara

    Aus der: Success Story xx
    V: Dreaming Dancer
    M: Sonderfall

    --------------------------------------------------

    Rasse: Hannoveraner
    Geschlecht: Stute
    Geburtsdatum: 01. Januar 2017
    Stockmaß: 1,71 m
    Fellfarbe: Blue Roan Leopard
    Kopfabzeichen: unterbrochene Blesse
    Beinabzeichen: v.l., h.r. hochweiß gestiefelt

    --------------------------------------------------

    ~ Beschreibung & Charakter ~
    Bei Glamour ist der Name Programm. Die junge Hannoveranerstute stammt von zwei erfolgreichen Hollybrook-Zuchtpferden ab. Dem Hannoveranerhengst Branagorn, der Glamour nicht nur seine außergewöhnliche Fellfärbung vererbt hat und der englischen Vollblutstute Success Story xx, die ihr Temperament und ihren Ehrgeiz an ihre Tochter weitergegeben hat.


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    Besitzer: Sammy
    Ersteller: Flair
    Vkr:
    Flair
    Gekauft am: 29. März 2020

    --------------------------------------------------

    ~ Qualifikationen ~
    Dressur: A
    Springen: S***
    Military:
    M

    --------------------------------------------------
    ~ Schleifen ~
    548. MIL | 550. MIL | 555. MIL
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    707. SPR | 708. SPR | 423. SynSPR | 424. SynSPR | 425. SynSPR
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    426. SynSPR | 427. SynSPR | 428. SynSPR | 722. SPR | 430. SynSPR
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    431. SynSPR | 432. SynSPR | 433. SynSPR | 434. SynSPR
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    691. DR
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    ~ Sonstiges ~
    Zuchtfähig:
    Nein
    Nachkommen: ///
    Geschwister: ///
    Punkte: 21
    (Eltern, 1x Training, 18 Schleifen)

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    Hintergrund by Samarti! ♥
    Offizieller HG
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