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Mohikanerin

// Satz des Pythagoras [2]

von Niklas | Stute - Edel Standardbred _zw135

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// Satz des Pythagoras [2]
Mohikanerin, 26 Juni 2020
peachyes, Cooper, Bracelet und 8 anderen gefällt das.
    • Mohikanerin
      Nationalteam I | August 2020 (eingefügt 05.02.2021)
      Herkules // HMJ Divine // WHC' Ahvani // Curly Lure // Doo Wop // WHC' Candela // WHC'Mitena // WHC' Mimithe // WHC'Minya // Minnie Maus // British Gold // Miss Leika // (Beastly Domina) Mijou// Sunny Empire // Briair // Lancasters Peppermint //Nathalie

      Glymur // Kempa // Snúra // Snotra // Satz des Pythagoras // HMJ Holy // St. Pauli's Amnesia


      Was bisher geschah … Vriska und Max hatten es in das Schwedische Nationalteam geschafft. Die erste Woche am Standort in Stockholm haben sie erfolgreich gemeistert in ihren Expertenteams. Nun steht die erste Studienreise an nach Kanada, was sie erst am Vortag erfahren haben. Ziel ist es zu lernen und das ganze schwedische Team kennenzulernen und auch die Gegner?

      Vriska
      Nach Kanada? Wie aufregend! Mit meinen Eltern war ich damals schon ein paar mal in Toronto, aber reiten in Kanada ist etwas neues für mich. Völlig übermüdet kommen wir am Flughafen an, die Pferde sind bereits abgegeben und wir besprechen mit unserem Trainer wie der weitere Verlauf ist.
      “Bitte versucht alle zusammen zu bleiben hier, wir müssen alle das Flugzeug bekommen. Genau das gleiche bei der Ankunft. Also bitte, ihr seid fast alle Volljährig. Ihr schafft das.”, sagt Frau Wallin, meine Gangtrainerin. Wir sind 5 Leute im Gangpferdeteam und ich bin froh das es nicht so viele sind.
      “Sind das die Anderen”, tuschelt mich Milena von der Seite an.
      “Ich denke ja”, flüstere ich zurück. Sie zeigt vorsichtig mit dem Finger auf einen Typen, den sie offenbar ganz gut findet. “Denkst du, dass ich den kennenlernen kann.”, fragt sie mich neugierig. Ich zucke nur mit den Schultern. “Versuch es doch einfach, aber ich weiß nicht so recht was Englischreiter mit uns Isländer Reiter anfangen sollen. Unsere Pferde laufen deren Meinung nach ja eh nur gequält und überhaupt nicht durch den Rücken.”, antworte ich. “Mhm, du hast recht. Vielleicht ist es in der Freizeit dann einfacher, als hier gestresst am Flughafen”, versucht Milena einsichtig zu sein doch guckt immer zu ihm rüber.
      “Weißt du was? Wir gehen da jetzt einfach rüber. Erst in 20 Minuten müssen mir zum Flieger zumal sie ja auch mit kommen”, antworte ich. Dann ziehe ich meiner neuen Freundin am Arm rüber zu den Jungs. Verlegen steht sie neben mir. “Hey ihr. Ich wollte uns einfach mal ganz Spontan vorstellen. Das ist Milena und ich bin Vriska. Wir gehen mit zu den Gangsalatreitern. Wer seid ihr?”, frage ich neugierig. Alle wirken sehr erstaunt über unseren Mut. “Wir sind Matts, Niklas, Björn, Chris, Filey, Erik und Hannes. Einer ist gerade noch unterwegs. Ursprünglich hatten wir uns alle für Dressur oder Springen beworben, doch unser Team wurde immer Kleiner, deswegen machen wir jetzt Eventing.”, erzählt der Große, den Milena gut findet. “Und was ist das?”, fragt Milena vorsichtig. “Hahaha, mit unseren Pferden reiten wir drei Disziplinen in einem Wettbewerb - Geländespringen, Dressur und Springreiten. Je nachdem was auch auf Turnieren ist, reiten wir die Arten auch einzeln.”, erklärt er. “Wer bist du von den Aufgezählten?”, frage ich dann neugierig nach. In Milenas Augen sehe ich, dass sie am liebsten aus ihrer Haut heraus möchte, doch ich halte sie weiterhin am Arm. “Ich bin der Niklas”, antwortet er und zwinkert mit einem Auge mir zu. Ich hoffe er versteht es nicht falsch, mein Typ ist er aber überhaupt nicht. “Na gut, wir gehen dann wieder. Man sieht sich dann in Edmonton”, verabschiede ich mich von den Jungs. Als wir wieder bei unserer Truppe sitzen, Max der mich noch immer vollkommen ignoriert, stößt der Abtrünnige zu der Jungsgruppe. Unsere Blicke treffen uns kurz und schaue schnell weg wieder zu Milena. Sie sieht meinen Blick und zieht mich Beiseite.
      “Ach also doch?”, fragt sie kichern.
      “Ey lass das. Der sieht einfach nur gut aus!”, antworte ich leicht genervt.
      “Aber die anderen sind doch viel heißer?”, fragt sie dann extrem schockiert.
      “Komm wir müssen zum Check-in”, sage ich zu ihr und versuche vom Thema abzulenken. Zum Glück ist sie manchmal etwas dümmlich und springt drauf an. Auf dem Weg zum Terminal gucke ich immer mal wieder kurz zu ihm, auch er scheint ab und an drüber zu gucken. Jedes mal versuche ich mir nichts anmerken zu lassen und schaue dann schnell weg. Hoffentlich denkt er nichts oberflächliches von mir. Mal sehen.
      Nach schon 2h ist der erste Zwischenstopp - In Frankfurt. Der Anschlussflug ist erst in eineinhalb Stunden, in der Zeit sollen wir wieder so gut wie es geht zusammen bleiben und am besten auch was essen, da wir danach erstmal 7,5h fliegen.
      “Man ich hasse fliegen”, beschwere ich mich bei Milena, die schon wieder nur Augen für die Jungs hat.
      “Hallo, hörst du mir überhaupt zu?”, frage ich sie und fuchtle mit meiner Hand vor ihrem Gesicht herum.
      “Ähm … es hast du gesagt?”, gibt sie zu nicht zugehört zu haben.
      “Ich sagt, dass ich fliegen hasse. Das ist so lästig. Warum fliegen wir so extrem weit nur zum üben und kennenlernen?”, jammere ich.
      “Ach reiß dich zusammen. Wir sind doch da fast zwei Wochen, ist doch voll cool. Wir sind alle volljährig und keine Eltern. Dann noch mit den Pferden - Besser kann es nicht sein. Nicht mal irgendwas bezahlen müssen wir.”, freut sie sich. Wenn Milena könnte, würde sie den ganzen Flughafen zusammen schreien, aber dafür fehlen ihr auch einfach die Eier.
      “Die haben hier überhaupt nichts veganes”, beschwere ich mich wieder bei meiner Freundin, die fröhlich ein Salami Brötchen nach dem anderen neben mir verschlingt.
      “Ja dann musst du dir halt was anderes aussuchen”, sagt sie mit vollen Mund. Ich rolle nur mit den Augen und entscheide mich dann für einen blöden Salat mit Falafel. Besser als gar nichts. Dann geht es auch schon weiter ins Flugzeug. Die längste Strecke liegt nun vor uns.
      Im Flugzeug versuche ich die Strecke zu verschlafen, immer wieder wenn ich wach werde ist Milena nicht da. Wo ist die Bloß? Dann schlafe ich wieder ein.
      Völlig übermüdet steige ich aus. Wo wir sind, weiß ich nicht. Auch Milena ist nicht da, also folge ich einfach Max, der nicht ganz so begeistert ist. “Was willst du?”, fragt er genervt.
      “Schlafen”, antworte ich halbtot. Er nickt nur und zeigt mir kurz wo wir warten sollen, auch Frau Wallin ist da.
      “Und wie war’s bisher?”, fragt sie mich total fröhlich und wach.
      “Anstrengend, ich will einfach nur weiter schlafen”, antworte ich ihr ganz trocken und lege meinen Kopf auf meine Hände, die über die Lehne des Stuhles hängen.
      “Vriiiiiska”, kreischt es in mein Ohr.
      “Alteeer, was los?”, erhebe ich mich langsam und höchst genervt. Dann bemerke ich Milena mit den Abtrünnigen. Direkt ändert sich mein Gesichtsausdruck. Hoffentlich sehe ich nicht so furchtbar aus wie ich mich fühle.
      “Müde oder?”, fragt er und lacht kurz. Ich nicke. “Komm ich helf dir”, sagt er und reicht mir seine Hand um mir hoch zu helfen.
      “Danke”, bedanke ich mich.
      “Wir müssen rein, Frau Wallin will auch noch mal kurz zählen und irgendwas sagen”, berichtet mir Milena. Der Abtrünnige winkt mir zur Verabschiedung und geht zurück in seine Gruppe. Aufmerksam versuche ich Frau Wallin zu folgen aber meine Gedanken sind ganz woanders. Im Flugzeug werde ich nochmal Milena fragen was wir bei Ankunft machen sollen. Man könnte sagen, dass ich einen Jetlag habe.

      Während das Schwedische Nationalteam ziemlich fertig sich noch 300km auf dem Weg zum Gestüt macht, laufen dort die Vorbereitungen auf Höchsttouren.

      Jace
      “Samu, sind die Boxen alle fertig”, rief ich durch den Stall während ich die letzte Schubkarre mit Stroh heran fuhr. Bis auf die Tunierpferde waren die meisten unserer Pferde auf den Sommerkoppeln, sodass genug Boxen frei waren für unsere Gäste. Denn auf dem Whitehorse Creek Stud wurden zwei Nationale Teams erwartet, weshalb schon die ganz Woche der Hof auf Hochglanz gebracht wurde.
      “Ja, wenn du mit dieser hier fertig bist schon”, antwortete der blonde Mann aus der Nachbarbox. “Uff, da müsste es gewesen sein”, sagte ich wenig später. Der Stall war nun blitz blank und alle Boxen waren frisch eingestreut. “Es kann nicht mehr allzulange dauern bis das schwedische Team ankommt, meinte Luchy”, sagte der blonde Finne der gerade aus der Sattelkammer kam. “Das kanadische Team kommt erst heute Abend”, sprach Samu weiter.
      Es war gerade erst einmal 11 Uhr und wegen den ganzen Vorbereitungen waren meine Trainingspferde diese Woche ganz schön kurz gekommen.
      “Ich schnapp mir gleich noch Herkules und kontrolliert die Koppelzäune, ich glaube auf der Sommerkoppel war irgendwo etwas kaputt”, sagte ich zu Samu und verschwand in Richtung Koppel wo der Buckskinhengst friedlich graste. Eigentlich war es nur eine Ausrede gewesen um noch schnell eine Runde Ausreiten zu gehen bevor der ganze Trubel beginnen würde. Ich schnappte mir den großen Hengst, packte eine Trense drauf und schon ging es in Richtung der Sommerkoppeln. Ich ritt tatsächlich die Zäune ab fand aber natürlich nichts, weil wir die Zäune ungefähr 20mal diese Woche kontrolliert hatten. An der Fohlenkoppel hielt ich Herkules einen Moment an und genoss einen Moment die Ruhe.
      “Riiiing, Riiiing”, unterbrach mein Handy die Ruhe. “WAS?”, meldete ich mich leicht genervt. “Das Schwedische Team kommt an und du sollst herkommen”, meldete sich Samu. “Ok. Bin in 5 Minuten da”, nuschelte ich genervt und legte auf.
      “Na dann Großer zurück zum Hof”, sagte ich zu dem Buckskin und drückte sanft meine Schenkel gegen seinen Bauch. Im Trab ging es zurück zum Hof, wo ich gerade noch Rechtzeitig ankam. Allerdings hatte ich keine Zeit mehr mein Pferd weg zu stellen. “Sieht so aus als wärst du jetzt das vierbeinige Begrüßungkomitee”, sagte ich zu dem Hengst. Ich bemerkte wie Lina mich ein wenig böse anfunkelte. Sie war wohl immer noch sauer, dass ich sie gestern mit Divine allein gelassen hatte, aber ich konnte schließlich nichts dafür das Luchy beschlossen hatte, dass Samu und ich die neuen Deppen vom Dienst waren. “Jace, dass du auch immer so trödeln musst”, zischelte Samu mir zu und setzte danach gleich ein lächeln auf, da das Shuttel vorfuhr. Brav stand wir nun dort aufgereiht Luchy, als Hofbesitzern und dann Lina, Samu und ich als Gästebetreuung. Das schwarze Shuttel hielt an und die Türen öffneten sich. Der Hengst neben mir begann mein T-Shirt anzuknabbern. “Lass das Herkules”, flüsterte ich dem Hengst zu und schob seinen Kopf zu Seite. Gespannt beobachte ich nun wie die Leute austiegen.

      Vriska
      „Das soll ein Hof sein auf dem ein Nationalteam trainiert“, beschwert sich ein männliches Geschöpf aus der hinteren Reihe.
      „Jetzt reiß dich mal zusammen Chris. Du weißt ganz genau, dass wir noch jeder Zeit rausfliegen können.“, antwortet ein Anderer und da muss ich kurz schlucken. Für mich war das etwas festes, was mir niemand mehr nehmen kann, doch jetzt können wir immer noch jeder Zeit aus dem Team gehen. Der Flugstress hat mich schon ans Ende getrieben, was soll das jetzt erst werden? Auch Milena ist zum Glück langsam zur Ruhe keimen und vorsichtig wecke ich sie im Bus: „Schlafpudel, wir sind da.“
      Ein kleiner Sabberfaden tropft auf ihr Shirt herunter und sie wischt ihn weg. „Was wir sind da?“, schreit sie aus alter Gewohnheit heraus. Ich nicke. Komm wir müssen heraus.
      „Hey hier Lieben. Die Islandreiter kennen mich bereits, ich bin Frau Wallin und die Trainerin für die Islandtruppe. In den 14 Tagen gehöre ich zu den Haupttrainern und werde auch Unterricht geben für alle anderen.“, stellt sich unsere Trainerin vor. Wir jubeln. Auch die Jungs machen sich einen Spaß heraus.
      “Männer, wenn ihr ein Problem habt, dann könnt ihr auch direkt wieder umdrehen!”, tadelt sie die Truppe. Stille.
      “Geht doch, also wo waren wir … ach ja. Als erstes macht ihr eure Pferde, dann habt ihr erstmal Freizeit. Um 18 Uhr beginnt dann ein gemeinsamer Grillabend mit Tanz und Musik. Und ja Vriska. Ich habe veganes Zeug für dich besorgt”, lacht sie. Was für Veganes Zeug frage ich mich, weil mir reicht doch auch Gemüse. Na gut. Nett von ihr.
      Milena und ich sind nun abgelenkt von den Jungs. Jetzt stehen die Pferde wieder im Mittelpunkt. Aus dem Transporter holt Milena und Max ihre Pferde raus. Ganz hinten steht dann mein Glymur, der mich mit einem grummeln begrüßt. “Na du”, sage ich zu ihm und streiche ihm über die Nase, dann führe ich ihn langsam aus dem Transporter. Leider können Milena und ich nun nicht zusammen zum Stall da ihre Stute Kempa rossig ist, darauf reagiert Glymur sehr gern. “Komm jetzt”, ziehe ich am Strick. Nervös reißt er seinen Kopf nach oben, kurz danach ist er wieder ruhig. Was ein Stress denke ich mir.
      “Die Pferde kommen auf die Weide”, sagt ein junger Mann im Stall zu mir.
      “Oh danke, das hatte man uns noch nicht mitgeteilt.”, bedanke ich mich und er zeigt mir wo ich lang muss. Schnell finde ich die Weide, löse den Strick und beobachte noch eine Weile, als mich plötzlich jemand auf der Schulter antippt. Hektisch drehe ich mich um - der Abtrünnige steht neben mir. Innerlich kocht es in mir hoch und gefühlt steigt meine Körpertemperatur auf 55° hoch. “Oh hey”, begrüße ich ihn.
      “Ist das dein Pferd?”, fragt er mich neugierig.
      “Ja, das ist Glymur. Meiner ist es nicht, den habe ich von meinem Chef gestellt bekommen um am Team teilnehmen zu können”, erzähle ich ihm. Ganz ruhig, sagt eine Stimme in meinem Kopf. Dann atme ich kurz durch. Verwundert guckt er mich an mit einem leicht skeptischen Blick.
      “Ach aber ist doch cool. Ich hab mein Pferd endlich abkaufen können, im Team bin ich ja schon fast zwei Jahre.”, berichtet er. Ich nicke und dann verabschiedet sich wieder.
      Als er aus der Reichweite ist, kommt Milena angerannt.
      “Und was hat er gesagt? Hat er dir gesagt wie er heißt? Will es sich mit dir heute treffen?”, bewirft sie mich mit Fragen.
      “Ganz ruhig! Wir haben uns nur kurz über die Pferde unterhalten. Nein, keine Ahnung wie er heißt”, antworte ich ihr.
      “Sonst hast du doch auch immer eine große Schnauze. Warum nicht jetzt?”, stichelt Milena mich. Ich winke ab und wir gehen zusammen unsere Sachen holen um das Zimmer zu beziehen.
      “Halbpension ist das hier oder?”, stellt Milena mir eine Frage. Mit meinen Gedanken bin ich aber noch an der Weide und überlege, wie ich hätte das kurze Gespräch besser führen können. Offenbar scheint ja doch Interesse an mir zu haben. Mhm. “Vriiiiska”, nervt Milena weiter. Ich gucke zu ihr. “Mh?”, erkundige ich mich.
      “Ich habe dich gefragt, ob das hier Halbpension ist oder nicht”, wiederholt sie.
      Ich zucke mit den Schultern: “Ja, ich denke schon.”
      “Ach gut, dann hast du Kochdienst für immer”, sagt sie und lacht. Ich nicke und lachte mit ihr. Ihren Frass möchte niemand zu sich nehmen.
      “Ist Linh gar nicht bei uns mit ihm Zimmer?”, erkundige ich mich bei Milena, die immer mehr Plan von allem hat.
      “Ne, die hat ein Zimmer mit Anna, die sind doch beide schon im Jugendkader gewesen. Best Buddys und so”, erklärt sie. Wieder nicke ich nur.
      “Na gut, schade.”, erwidere ich.
      Für die nächsten zwei Wochen ist das unsere neue Heimat und ich bin gespannt was noch auf uns zukommt. Am liebsten würde ich mich jetzt in meinen Laden setzen und mehr Zeug für die Pferde machen, aber ich habe hier weder Material noch sonst irgendwas. Also Freizeit ist schon was blödes, wenn man sonst sowas nicht hat. Milena sitzt vorm Fernseher und lackiert sich ihre Nägel neu. Im Gegensatz zu einer Tussi ist Milena sehr grobmotorisch und versucht sich der Gesellschaft anzupassen. Ich hingegen bin nichts davon, weil ich mache was ich möchte und für gut befinde. Das wird wohl einer der Gründe sein, wieso ich bis vor dem Team außerhalb des Hofes keine Freunde hatte. Also klar, als ich noch in London bei meinen Eltern gewohnt habe, war ich schon eher eine Tussi und mir war sehr wichtig was andere von mir denken. Nach dem ersten Dreck auf meiner Kleidung auf dem Pferdehof hat es Klick gemacht in meinem Hirn, wen juckt es. Auf dem Pferdehof sehen wir alle aus wie Sau, wenn man gearbeitet hat. Am Abend wird dann geduscht und noch eine Waschmaschine angemacht - fertig. Sauber.
      “Vriiiiiiska. Wo bist du schon wieder?”, nervt Milena wieder.
      “Ey, wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass du meine kleine Schwester bist und nicht meine beste Freundin. War wieder in den Gedanken fest gehangen. Was wollen wir denn jetzt machen?”, frage ich sie.
      “Ich würde gern Shoppen gehen.”, sagt sie und lacht. Um ihr hoffentlich den Wunsch erfüllen zu können, nehme ich mein Handy aus der Tasche um nach zu gucken.
      “Also ich muss dich leider enttäuschen. Das Internet ist super langsam und auch ist hier nichts als Wald”, berichte ich ihr. Enttäuschung macht sich breit in ihrem Gesicht.
      “Na gut, dann gucken wir uns halt mal den Hof an.”, schlägt sie vor.
      Noch immer habe ich meine graue Jogginghose an und dazu meine Badelatschen und wunderschöne Reitsocken drüber gezogen. Hübsch ist anders. Milena hingegen hat sich aus der Tasche meine Hotpant gezogen und dazu Reitstiefeletten.
      “Sattelst du jetzt auf Western um?”, frage ich sie scherzend.
      “Vielleicht finde ich dann einen Sexy Cowboy”, lacht sie und macht komische Cowboyartige Bewegungen.
      “Du bist doch völlig durch”, sage ich nur und wir verlassen das Zimmer. Die Sonne ist die Welt mittlerweile sehr erwärmt und die Wahl einer langen Hose war nicht so gut.

      Jace
      Während Samu dafür sorgte, dass die Pferde unserer Gäste auf den richtigen Weiden landeten, waren Lina und ich damit beschäftigt alle ihre Zimmer zu zeigen. Zum Glück waren die meisten von ihnen schnell und Aufmerksam, sodass die Zimmer schnell verteilt waren. So hatte ich vielleicht endlich ein wenig Zeit um mich meinen Pferden zu widmen. Als ich über den Hof lief sah ich, dass Samu und Lina an einer der Koppeln standen und ein kleines Pferdchen bewunderten. “Wen bewundert ihr denn da?”, fragte ich und blieb stehen. Das Pferd war dunkelbraun und hatte eine auffällige Zeichnung, allerdings war es für meinen Geschmack definitiv zu klein. Ich fand meine Tinker ja schon nicht so groß, aber dieses hier war eigentlich schon ein Pony. Zudem lief es auch sehr seltsam. Es lief etwa in der Geschwindigkeit vom Trab auf und zu, aber es sah ganz seltsam aus. Der Hengst schmiss seine Vorderbeine ganz seltsam hoch als wäre der Boden heiß oder so. “Warum läuft der so seltsam, ist der Kaputt?”, fragte ich die beiden neben dir. “Maaaan Jace hast du noch nie einen Isländer gesehen?”, erwiderte Samu lachend. “Der ist nicht kaputt der soll so laufen. Das nennt man Tölt”, erklärte Lina so gleich. “Der Tölt ist wie der Schritt auch ein Viertakt, weshalb Tölt echt bequem sein soll”.“Und ihr starrt das Pony da an, weil ….?”, fragte ich immer noch ein wenig irritiert davon warum man wollen sollte das sein Pferd so seltsam lief. Der Hengst war inzwischen ein paar Meter von uns entfernt stehen geblieben und beäugte uns neugierig. “Das Kopfabzeichen sieht fast aus wie, das von Alecs neuem Fohlen”, murmelte ich. “Das liegt ja auch daran ,dass er hier Ahvanis Papa ist.”, sagte Lina so gleich. “Das ist dieser Glym…. Glym…. Glymur? … Ich dachte irgendwie er sei kein Pony und würde laufen wie ein normales Pferd”, sagte ich. “Heißt das Ahvani läuft dann auch so komisch? Ich sollte Alec definitiv besuchen und das Überprüfen”,sagte ich heroisch und wollte in Richtung Hof verschwinden. “Du geht nirgendwo hin! Du kannst mir gefälligst helfen Mina und Empires Koppeln abzuäppeln. Du hast dich vorhin ja schon davor gedrückt”, protestierte der Finne. “Außerdem hast du mir eigentlich schon gestern versprochen,dass du mir mit Divine hilfst”,murmelte Lina. Verdammt sie war wohl wirklich noch beleidigt, weil ich sie gestern vergessen hatte. “Ok, ok ich helf dir mit der dämlichen Koppel”, gab ich klein bei. Mit Samu zusammen machte ich mich also auf den Weg zur Scheune um den Weidemann und Mistgabeln zu holen. Doch wir kamen nicht bis zur Scheune denn auf dem Hof standen zwei junge Frauen und sahen ein wenig ratlos aus in welche Richtung sie zuerst gehen sollten. “Hallo Ladies, kann man euch irgendwie helfen?”, bot ich sogleich meine Hilfe an. “Jace, benimm dich”, flüsterte mir Samu zu und boxte mir gegen den Arm. “Oh, richtig vielleicht sollte ich mich ersteinmal vorstellen. Ich bin Jace und der nette junge Mann hier neben mir ist Samu”, sagte ich und setze ein charmantes Lächeln auf. “mhmhm”,räusperte sich Samu neben mir. “Das ist nicht was ich meinte”, raute er mir zu.

      Vriska
      “Ähm, ich weiß gar nicht. Meine Freundin hier wollte Shoppen gehen, was sich auf Grund der Lage jetzt erledigt hat, deswegen wollten wir einfach mal alles angucken”, antworte ich und ziehe am Arm von Milena die mit einem breiten Grinsen winkt.
      “Ich bin Milena und die garstige Ziege hier ist Vriska”, fügt sie noch hinzu. Einen bösen Blick werfe ich ihr zu.
      “Sag ich ja”, kommt dann direkt. Am liebsten würde ihr jetzt in den Arm boxen, aber ich sollte mein Temperament mal in den Griff bekommen.

      Jace
      “Soll ich euch den Hof zeigen”, bot ich mich sogleich an. “Das Highlight hier sind Momentan definitiv die Fohlenkoppeln”, erwähnte ich nebenbei. “Jace”, tadelte Samu mich. “Sorry Bro, wir sind für die Zufriedenheit der Gäste verantwortlich, also sorg ich dafür. Ich fürchte du musst allein deine Koppel abäppeln”, raunte ich ihm mit einem Verschmitzten Grinsen zu. “Schon euch kennenzulernen ihr zwei. Ich geh dann mal weiter arbeite, ihr seid bei meinem Charmarten Kollegen sicher gut aufgehoben”, verabschiedete Samu sich und der ironische Unterton in seiner antwort blieb mir nicht verborgen.

      Milena
      „Ach Mensch komm doch mit? Wir müssen uns doch alle hier besser kennenlernen wenn wir so lange euch auf dem Nacken liegen. Vriska ist sicher auch dabei dir dann nach der Tour rasch zu helfen. Sie ist eh Hobbylos.“, lache und halte ihm am Arm fest. Von Vriska ernte ich wieder böse Blicke.
      „Fohlen würde ich gern sehen! Auf dem Hof von dem ich komme gibt es keine. Wir haben nur Sportpferde, die wir zu reiten und dann wieder verkaufen. Nur meine beiden Stuten kommen aus einer Zucht, das eine Fohlen steht sogar bei Vriska. So haben wir uns kennengelernt, auch schon vor dem Nationalteam. Zusammen waren wir auch in der Ausbildung in der Akademie bei Kalmar.”, erzähle ich wie aus einem Wasserfall.
      “Ach die Kría meinst du? Die ist schon ziemlich cool. Aber die Kleine ist ja mittlerweile schon verkauft aber muss noch abgeholt werden. Ansonsten ja klar, ich helfe gern beim Abäppeln, muss ich sonst ja auch im Alltag machen”, erzählt Vriska.
      “Jetzt versuch doch mal etwas freundlicher zu sein”, tadel ich sie. Langsam nervt ihre Laune nur noch. Auch ich bin ziemlich müde, aber ich hatte langsam kein Urlaub mehr.
      “Ignoriert sie einfach, Vriska ist ziemlich untervö….”, dann unterbricht sie mich.
      “Milena, langsam reicht es”, kommt es genervt aus ihr.
      “Ist ja okay, aber dann versuch doch mal etwas netter zu sein. Deine Augenringe schreiben zwar gerade eine dritte Staffel, aber meine sind auch schon bei der zweiten. Wir machen uns jetzt coole zwei Wochen und dann gucken wir weiter”, versuche ich sie zu erziehen. Sie winkt ab und wir gehen los zur Hoftour.

      Jace
      “Also das Gebäude hier wo wir gerade vorstehen ist der Stall für unsere Privatpferde, allerdings werdet ihr aktuell nur wenige Pferde auf dem Hof selbst finden”, erklärte ich und deute auf den Torstall. “In dem Stall hinter euch, wo jetzt eure Stuten und Wallache wohnen, sind normalerweise die Zucht- und die Reitschulpferde untergebracht.” ergänzte Samu und zeigt auf das Gebäude hinter uns, bevor wir um das Unterhaus herum gingen. Im Auslauf standen die Haflingerstute und Doo Wop. “Das hier sind Curly Lure und Doo Wop. Die beiden stehen nicht auf der Sommerkoppel, weil sie auf Diät sind”, sagte ich und zeigte auf den runden Kugelbauch der Criollo Stute. “Deshalb kommen sie nur halbtags auf die Koppel” Die beiden Stuten waren an den Zaun gekommen um sich ein Leckerlie zu erbetteln. “Eigentlich wohnen hier noch mehr Stuten, aber die sind Babybedingt auf der Fohlenkoppel”, erläuterte ich weiter. “Was habt ihr eigentlich für Pferde mitgebracht?”, fragte Samu die Beiden.

      Vriska

      “Wir sind mit Isländern unterwegs. Ich hab einen Hengst, den Glymur. Milena hat zwei Stuten.”, antworte ich darauf hin.
      “Ich kann für mich selbst reden. Meine beiden Pferdchen sind wie schon gesagt auch Isländer und Stuten. Kempa ist 10 Jahre alt und die habe ich vor ungefähr 3 Jahren von meiner Mutter bekommen. Vergangenes Jahr habe ich in im Urlaub mich in Snúra verliebt und sie direkt mitgenommen. Sie ist 8 jahre alt und deutlich mehr Potenzial als Kempa, aber ich hab beide total gern.”, fügt Milena noch hinzu.
      “Seid ihr im Kanadischen Team?”, frage ich gespannt.

      Samu
      “Ah, cool Glymur haben wir schon entdeckt. Er ist ja auch der Papa von Alecs Fohlen, echt hübsch geworde die kleine Maus”, sagte ich freundlich. “Nein, wir sind nicht im kanadischen Team, wobei sie glaub ich Nachwuchs suchen.”, antwortete ich Vriska freundlich. “hier hinter dem Auslauf folgen noch die Hengstboxen, die kleine Reithalle, die Longierhalle und die Führmaschine, aber ihr werdet den Hof schon noch früh genug genauer kennenlernen. Wer will Fohlen sehen”, grätsche Jace voll im Flirtmodus dazwischen.

      Milena
      „Iiiiiich will Fohlen sehen“, springe ich aufgeregt auf der Stelle.
      „Ach ja Glymur, der war schon lange ein Traum von mir seit dem ich reite und den auf einem Turnier gesehen habe. Mein Chef und sein Bruder haben den Gottseidank im Verkauf entdeckt, dazu kam dann noch das Angebot von Schweden. Zwei Fliegen auf einem Schlag. Bis jetzt kann ich es immer noch nicht fassen“, schwärmt Vriska.
      „Niemand interessiert deine One Love Glymur Geschichte. Den kannst du ja nicht mal richtig reiten“, faucht Max sie an, als er mit Snotra an uns vorbereitet.
      „Überfordere dein armes Pony nur weiter. Du bist doch nur eingeschnappt, weil ihr Beide die Quali bekommen habt und Tyrell sie eher als Hofvertretung sieht als dich“, verteidige ich meine Freundin.
      „Das denkst wohl auch nur du“, schnaubt er zurück und treibt Snotra vorwärts. Ich schüttle mit dem Kopf. Vriska sagt nichts dazu und ignoriert ihn vollkommen.
      „Ohne mich könnte er sie nicht mal mehr reiten“, flüstert sie leise vor sich her.
      „Mach dir nichts daraus. Du und Glymur werden die T4 rocken.“, versuche ich sie ein wenig auf zu muntern. In ihrem Blick sehe ich die Enttäuschung, da sie ihn eine Zeitlang echt gut fand und jetzt ist er so extrem Anti. Manche Menschen verstehe ich echt nicht.
      „Können wir dann weiter?“, frage Heiter noch mal nach.

      Jace
      “Meine Güte ist der immer so schlecht drauf?”, fragte ich die Mädels, während wir in Richtung Fohlenweide schlenderten.
      Wie immer kamen Candela und Mitena sofort geschlendert. In den letzten Wochen hatte Mitena sich echt entwickelt und wurde von Tag zu Tag mutiger. “Ihr müsst mal vom Tor weg ihr zwei”, sagte Samu zu den Stuten und schob sie zu Seite. “Das hier sind die beiden ältesten Fohlen Candela und Mitena. Gerade Mitena ist Luchys ganzer Stolz”, begann ich ein wenig von meinem Schützlling zu schwärmen. Die Dappels glänzen goldig auf der kleinen Palominostute.
      Candela war gerade dabei sich den beiden Frauen anzunähern, als ein kleines Fuchsfohlen angeflitzt kam und es nur knapp schaffe vor uns zu bremsen.
      “Wer bist du den?”, fragte Milena das kleine Fohlen ganz entzückt. “Das ist Mimithe, eine der Zwillinge”, sagte Samu grinsend. “Da hinten kommt auch ihre Mama mit ihrer Schwester”, ergänzte er noch und deutete auf die braune New Forest Stute die wiehernd auf uns zu trabte.

      Milena
      “Also eigentlich ist der ziemlich cool. Aber als damals dann alle Azubis gemustert wurden, wurden Vriska und Max für die Quali gewählt. Sie sind beide vom gleichen Hof und er scheint das nicht so gut zu verkraften.”, erzähle ich offen. Wieder wirft Vriska mir böse Blicke zu.
      “Ich hab doch nichts schlimmes erzählt, ist doch so”, füge ich hinzu.
      “Aber es gibt noch mehr Gründe, denke ich”, sagt Vriska noch.
      “Ich find es voll lustig, dieses Jahr gibt es total viele Zwillinge. Bei Vriska am Hof sind auch Zwillinge, Stute gesund und auch die beiden Fohlen. Ein Kumpel von mir in Deutschland hat auch gesunde Zwillinge”, erzähle ich weiter, dann hocke ich langsam hin und Mimi kommt neugierig wieder zu mir. Vorsichtig streiche ich ihr über den Kopf.

      Jace
      “Ja, wir waren auch ein wenig Überrascht, als es zwei Fohlen wurden und dann auch noch so hübsche”, erzählte Samu um das Thema zu wechseln.
      Mimi hatte schnell beschlossen, dass von Milena keine Gefahr ausging und begann auch so gleich sie anzuknabbern. “Bei der kleine musst du Aufpassen, sie ist ganz schön frech” warnte ich sie noch. Minnie Maus war inzwische bei uns angekommen. Die verschmuste Stute forderte auch sofort ein Streicheleinheit bei Vriska ein, während die kleine Minya sich hinter ihr versteckte.
      “Es ist echt erstaunlich, wie unterschiedlich die Fohlen doch sind”, sagte ich während ich Mitena ein wenig streichelte. Candela fand uns langweilig und war schon wieder dabei Gras zu fressen.

      Währenddessen bei den Jungs …

      Niklas
      Gemeinsam sitzen wir mit kalten Bier vor unseren Bungalows und halten unsere Gespräche über die neuen Mädchen ab. Anna und Linh sind gerade gegangen um ihre Pferde zu besuchen.
      “Leute, ihr wisst was heute Abend wieder ansteht”, beginne ich zu sagen.
      “Jauu, wir müssen den Mädls zeigen wer der Chef ist”, antwortet Chris.
      “Richtig. Deswegen: Wer zuerst sich eine klärt, darf dieses Jahr Kapitän der Mannschaft sein.”, schlage ich vor. Die letzten Jahre habe ich immer Gewonnen, allerdings habe ich dieses Jahr echt ein Problem. Zur Zeit habe ich mit Anna was am laufen, deswegen zählt es nicht und ich muss eine von den neuen bekommen.
      “Warum müssen wir das jedes Jahr aufs neue machen?”, fragt mein bester Kumpel.
      “Brudi, wir müssen den Weibern klar machen, dass nur wir die Punkte für die Mannschaft holen können und sie zu machen haben, was wir sagen.”, erkläre ich ihm noch mal und Boxe ihm in den Arm. Er nickt und ist wieder Still. Alle feiern wie jedes Jahr die Aktion, nur ist offenbar dieses Jahr nicht ganz so bei der Sache. Nachher werde ich mal etwas ergründen wieso.

      Jayden
      Ich war gerade mit British fertig geworden und hatte die Stute weggebarcht, als ich die Jungs Entdeckte. Ich könnte eine Pause ganz gut gebrauchen. “Hey darf man sich zu euch setzen?”, fragte ich nach. Ich war schon ein wenig neugierig, wie die Jungs in einem Nationalteam so drauf sind. Scheinbar hatten sie sehr fragwürdige Traditionen, soweit ich aus dem Gespräch entnehmen konnte.

      Niklas
      “Selbstverständlich, willst du auch mitmachen? Den Kapitän können wir dir zwar nicht anbieten, aber wenn du gewinnst, kannst du dir aussuchen was du willst oder wir machen sollen.”, schlage ich dem neuen vor.
      “Wer bist du denn?”, frage ich ihn darauf hin. “Stell dich doch mal kurz vor”, füge ich hinzu.

      Jayden
      “Ne, lass mal”, antworte ich dem jungen Mann, der sich nicht vorgestellt hatte. “Also ich bin Jayden und arbeite hie als Bereiter in der Sparte der Vielseitigkeit. Wer seid ihr alle?”, stellte ich mich vor.

      Niklas
      “Schade, ist jedes Jahr ziemlich lustig”, antworte ich ihm. Offenbar scheint er nicht so offen für unsere Scherze zu sein, aber nicht schlimm. “Also ich bin Niklas und seit 4 Jahren im Team. Die anderen sind Chris, Björn, Erik, Finley, Hannes, Matts und ..”, da stoppe ich mit der Vorstellung der Jungs, weil mein Kumpel schon wieder weg ist. “Gut und mein besten Kumpel kann ich dir nicht vorstellen, weil er sich schon wieder aus dem Staub gemacht hat. Seit dem wir die Reise am Flughafen in Stockholm begonnen haben, ist er andauernd weg. Es nervt langsam”, beschwere ich mich.
      “Ganz ruhig, ich glaub er hat sich schon wen ausgeguckt”, antwortet Björn.
      “Du wirst recht haben”, antworte ich wieder gelassener.
      “Sollten wir dann nicht langsam mal Alk für den Abend besorgen? Der Kasten ist fast leer. Aber sag mal, wie ist es hier bei euch in Kanada? Wie kauft man hier am besten Alkohol, weil bei uns in Schweden ist es extrem teuer und es gibt auch nur in ausgewählten Läden welchen. Meistens holen wir den mit der Fähre in Deutschland und dann direkt richtig viel”, erkundige ich mich bei Jayden.

      Jayden
      “Also bei uns kauft man den Alkohol ganz normal im Getränkeladen. Hier muss man eher darauf achten wo man trinkt, da das trinken in der öffentlichkeit strengsten untersagt, genauso wie in Fahrzeugen”, erklärte ich den Jungs.

      Niklas
      “Ah wie Krass, hast du Bock mit uns in die Stadt zu fahren was kaufen?”, frage ich ihn.
      “Ihr vom Hof seit natürlich alle herzlich eingeladen zum Grillabend”, lade ich ihn ein.

      Jayden
      “Klar, warum nicht ich bin gerade eh fertig mit meinen Pferden”, antworte ich den Jungs. “Ich denke wir werden alle gerne kommen”, meinte ich noch. “Nur eine frage, wie gedenkt ihr in die Stadt zu kommen, hier fährt kein Bus”, wies ich die jungs darauf hin.

      Niklas
      “Ihr habt doch sicher ein Auto oder so?”, frage ich ihn etwas entblüft. “Ansonsten nehmen wir halt die Pferde.”, schlage ich vor.

      Jayden
      “Natürlich haben wir ein Auto”, sagte ich lachend. “Allerding ist mit dem einen Jamie gerade unterweg und mit dem anderen Luchy und eure Trainerin, die wollte noch irgendetwas einkaufen gehen”, erläuterte ich den Jungs die Lage.. “Na, dann sattelt eure Pferde”,sagte ich noch und stand auf.

      Niklas
      “Jungs, ihr habt den Chef gehört - Auf Auf!”, sage ich lachend, “Denkt an festes Schuhwerk - Sicherheit geht vor!”, füge ich noch hinzu. In der Hütte ziehe ich Reitstiefel an und halte noch das T-Shirt in der Hand, dennoch entscheide ich mich dagegen. Noch kurz vorm rausgehen greife ich meine Handschuhe und den Helm, dann geht es zu Smoothie, die mit den anderen Stuten auf der Weide steht.
      “Smooth, kommst du bitte”, rufe ich meine Schimmelstute und pfeife einmal. Im Trab und gespitzten Ohren kommt sie auf mich zu. Kurz führen wir ein sehr intimes Gespräch und laufen zum Stall, damit ich sie dort noch putzen kann.
      “Ey Jungs mit oder ohne Sattel?”, frage ich in die Truppe.

      Jayden
      “Also ich werde ohne reiten”, antworte ich Niklas und putzte meiner Perlinostute den Kopf, bevor ich begann die Hufe auskratzen. Miss Leika kratze mit den Hufen ungeduldig über den Boden. “Lass, das Leika du machst dir doch nur deine Eisen kaputt”, schimpfte ich mit der Stute und klopfte ihr auf die Schulter damit sie aufhörte.

      Niklas
      “Ihr habt gehört, Eier Quetschen!”, rufe ich in die Runde. Völlig gelassen steht Smoothie da bis es los geht. Sollte ich meinem Kumpel Bescheid sagen, dass wir jetzt Alk besorgen? Pech, er wird sehen was er davon hat.
      “Also Cheffe, du weißt uns ein, wir folgen dir”, sage ich zu Jayden und klopfe ihm auf die Schulter. Dann gehe ich zu meiner Stute, die ich aus der Stallgasse führe und steige auf. Lange habe ich nicht mehr solche Schmerzen verspürt. Nach einigen Minuten wird es besser.

      Jayden
      Vor dem Stall hatte ich mich auf meine Stute geschwungen. Ich war ein wenig amüsiert über Niklas der scheinbar nicht sonderlich oft ohne Sattel ritt. Ich hatte das Glück das Leike kein sonderlich ausgeprägten Widerrist hatte. “Mir nach”, rief ich der Truppe zu und ritt zur Hofeinfahrt. “Passt auf euren Kopf auf”, warnte ich sie noch kurz bevor wir die niedrige Durchfahrt des Torstalls passierten.

      Niklas
      “Zu Spät”, rief ich Jayden zu nachdem Chris sich schön den Kopf gestoßen hat. “Du Trottel”, kommentierte ich seine erste Erschütterung. Er winkte nur ab.
      “Ihr Dorfmenschen, reitet ihr oft ohne Sattel?”, frage ich neugierig.

      Jayden
      “Ja, klar besonder die Ausritte im Sommer, wenn es zum Bach runter geht machen wir ohne Sattel, der würde sonst Nass werden”, antwortete ich ein wenig belustigt. “Im Winter hat das auch manchmal Vorteile, der Po bleibt schön warm”. Es dauerte nicht lange da kamen wir in den Wald. “Wie trittsicher sind eure Pferde? Entweder wir nehmen den kurzen Weg, der ist allerding sehr steil und steinig, da hat sich so manche unerfahrenes Pferd auch schon mal hingepackt oder wir nehmen den etwas längeren Weg der flacher ist.”, fragte ich die Jungs als wir an die Stelle kamen, wo der schmale Trampelpfad abzweige.

      Niklas
      „Das sollten die hinbekommen. Die Pferde sind alle im Training zum Geländespringen, da ist so ein bisschen Hügellandschaft kein Problem“, sage ich selbstsicher und folge Jayden auf seiner hellen Stute.
      „Was reitest du mit ihr für Turniere?“, frage ich.

      Jayden
      “Ich reite hauptsächlich Spring- und Geländetuniere mit ihr”,antworte ich dem Reiter hinter mir. “Achtung, dieses Stück ist besonder Steil, am besten lasst ihr eure Pferde einfach laufen”. Am Ende des Weges würde das Flusstal sein. Von dort aus müssen wir nur noch dem Fluss folgen und dann würden wir in der Stadt sein.

      Als die Mädchen sich die Fohlen angeguckt haben, das Kanadische Team nun auch ihren Weg zu Whitehorse Creek gefunden hat und die Jungs so viel Alkohol gekauft haben, das man damit Bayern für 8 Jahre versorgen kann, beginnt nun allmählich der Grillabend. Selbst die Trainer haben schon die ersten Schlückchen zu sich genommen. Die Stimmung ist locker und spaßig. Als DJ agieren verschiedene Musikboxen die miteinander verbunden sind und alle können jeder Zeit Musik zur Playlist hinzufügen. Mittlerweile liegt auch schon Essen auf den Grill und das Beilagen Buffet ist angerichtet.

      Vriska
      „Los sprich ihn doch mal an. Stell dich nicht so an. Ich komme auch mit“, sagt Milena zu mir, die in weniger als 10 Minuten schon zwei Bier sich hinter gekippt hat. Mein Radler ist noch immer verschlossen, weil ich den Deckel nicht aufbekomme. Fröhlich schubst sie mich vor sich her und tippt den mir noch unbekannt an. „Heyo, das ist Vriska. Sie findet sich mega heiß. Ach ja, kannst du ihr Radler auf machen? Sonst hat sie noch weiter schlechte Laune und ich denke, dass können wir hier alle nicht gebrauchten“, Quatscht sie wie aus einem Wasserfall den Abtrünnigen voll. „Öhm, klar“, antwortet er und ich reiche ihm meine Flasche. Mit einem gezielten Schlag seiner Hand auf dem Tisch mit der Flasche ist der Deckel offen. In der Zeit ist Milena verschwunden ich stehe sehr unbeholfen da. Wenn es nicht so warm wäre, würde ich sagen, dass ich aussehe wie ein im regenstehender Pudel.
      „Danke“, antworte ich kurz gebunden.
      „Und was jetzt?“, fragt er mich freundlich.
      „Gute Frage“, erwidere ich.

      Lina
      “Wow, was du da mit der Flasche gerade gemacht hast ist verdammt cool”, sagte ich zu dem jungen Mann. “Hallo, ich glaube ich hab mich bei euch noch garnicht vorgestellt. Ich bin Lina”, sprach ich weiter.

      Vriska
      „Hey du, ich muss jetzt leider wieder rüber“, sagt er und haut ab. Lina und ich schauen uns.
      „Hashtag Unangenehm?“ sage ich mit leichten Fragezeichen in den Augen. Wir lachen.
      „Wir können uns gern später unterhalten aber ich muss Milena suchen. Die trinkt immer so viel auf Partys und wird dann super unangenehm. Das versuche ich zu verhindern.“, erkläre ich ihr und winke ich zur als ich die kleinen Grüppchen abklappere. Man wo steckt die bloß. Wie kann man so schnell sein. Da fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Sie hängt bei den Jungs ab und wer sitzt da auch bei? Natürlich Max. Mir bleiben nun nur zwei Sachen - Abhauen und Zimmer oder Milena retten. Bei beiden Möglichkeiten stehe ich wie der Idiot da, obwohl das tue ich auch so. Im Gegensatz zu allen anderen sehe ich aus wie frisch von der Couch aufgestanden. Zwar habe ich noch immer eine Jogginghose an, aber natürlich eine andere, wer hat schon nur eine Jogginghose. Zum Glück ist das eher eine Sportjogginghose und nicht eine Baumwolle wie vorhin. Dann hätte Milena mich vermutlich geköpft. Auf dem ersten Blick tragen alle anderen Kurze Hosen oder ein Kleid, alle sehr elegant - und dann ich. Kein Wunder das er nicht mit mir reden wollte. Auch ihn bemerke ich in der Truppe bei den Jungs, immer wieder gucke zu ihm rüber bis ich bemerke das er mich erwischt hat. Er winkt mich zu sich. Gewappnet mit einem großen Schluck aus meinem Radler gehe ich rüber.
      „Warum guckst du immer nur, du kannst doch auch mit mir sprechen?“, sagt er und legt ziemlich cool seinen Arm um meine Schulter, dann zieht er mich an sich heran in die Truppe hinein.
      „Siehst du Vriska, war das jetzt so schlimm?“, scherzt Milena und kippt von der Bank.
      „Mein Gott, wie viel habt ihr noch in die hineingefüllt? Der Abend ist nicht einmal eine Stunde jung“, sage ich empört ich möchte zu Milena, doch der heiße Kerl hält mich fest. Einen bösen Blick werfe ich ihm zu, doch er geht nicht drauf ein und hält mich weiter fest. Ich gebe auf. Niklas beugt sich zu ihr und hilft ihr hoch, dann bin ich wieder entspannt.
      „Guck Vriska, es läuft auch ohne dich alles glatt“, scherzt sie wieder.
      „Na dann, kann ich ja zurück ins Zimmer“, sage ich und freue mich innerlich wirklich schon auf mein Bett, doch ich werde wieder festgehalten.
      „Nein, Fräulein, du bleibst“, sagt er zu mir und hält mich an der Hüfte. Ich verstehe die Welt nicht mehr, was gteht hier ab?
      „Ach hast du schon wen?“, scherzt Niklas der nun zu uns stößt.
      „Neee, aber Milena meinte, dass sie mal etwas Spaß vertragen könnte, deswegen versuche ich sie am Gehen zu hindern.“ erklärt mein heißer Typ seinem Kumpel.
      „Viel Erfolg. Ich gehe mit Milena erstmal Tanzen“, sagt Niklas und haut mit meiner Freundin im Arm ab.
      „Jetzt lass mich los“, langsam werde ich sauer.
      „Ja ja alles gut. War doch nur ein Scherz“, entschuldigt er sich.
      Wir setzen uns auf die Bank und beobachten das Geschehen.
      „Warum trinkt sie immer gleich so viel? Es hat doch nicht mal richtig angefangen“, jammere ich mich bei ihm aus.
      „Du hast echt keine Ahnung. Ich kenne sie auch nicht länger als dich und du beschwerst dich nur. Da ist mir deine Freundin lieber“, sagt er ehrlich zu mir.
      Wieder springe ich sauer auf, dann realisiere ich erst, was er gesagt hat. Natürlich hat er recht und setze mich wieder.
      „Sag ich ja“, fügt er dann hinzu.
      „Sorry, mich nervt das einfach nur mit Milena. Wir wollten uns zusammen einen lustigen Abend machen und dann ist sie jetzt schon Sturzbetrunken und Angelt sich den ersten Typen den sie findet. Bei meinem Glück darf ich dann auch heute draußen Schlafen“, sage ich zu ihm und bemerke, dass ich schon wieder jammere.
      „Lehn dich zurück und entspann dich“, sagt er zu mir und Streicht mir über den Oberschenkel. Irgendwie fühlt es sich gut an, aber wenn ich es nicht besser wüsste, scheint er auch genauso oberflächlich zu sein wie seine Kumpels.
      „Können wir es beim Reden belassen?“, bitte ich ihn. Er nickt.
      „Das Pony vorhin ist dein Partner im Team oder?“, fragt er interessiert.
      „Für Euch mag das ein Pony sein, aber Glymur ist ein Islandpferd. Sie mögen körperlich nicht die größten sein, doch im Herzen sind die Größten.“, sage ich zu ihm. Irgendwie sollte es aber klüger klingen als es dann war. Blöd. Aber er muss lachen.
      „Dann war das halt dein Pferd fürs Team“, korrigiert er sich.
      „Ach du bist doch doof“, sage ich zu ihm und setze mich auf seinen Schoß. Er legt seine Arme um mich.
      „Was geht denn hier ab?“, fragt Milena, die mit Niklas wieder kennt.
      „Ju, können wir kurz mal“, sagt Niklas mit ernster Miene zu ihm. Er nickt und beide gehen. Milena zieht mich auf die Tanzfläche und allmählich fange ich doch an Spaß zu haben.

      Niklas
      „Was soll denn der Mist?“, frage ich meinen Kumpel sehr ernst.
      „Wir haben uns doch nur unterhalten und du hast sogar mit ihrer Freundin getanzt, obwohl du was mit Anna zu laufen hast. Also eigentlich müsste ich dich voll schnauzen.“, beschwert er sich bei mir.
      „Du weißt ganz genau, dass dich das nichts angeht. Zumal du eh nicht in der Lage bist das Team zu leiten, also behalte deine Finger schön bei dir!“, erkläre ich ihm nochmal und dann gehen wir zurück.

      Vriska
      Ich sehe die Beiden zurückkommen und er scheint nicht glücklich zu sein, wird wohl ein scheiss Gespräch gewesen zu sein.
      „Geh lieber zu ihm“, sagt Milena ernst und ich laufe rüber.
      „Was denn“, mault er mich an.
      „Sorry das ich mich bei dir erkundigen wollte was los ist. Du wirkst so wütend“, sage ich vorsichtig zu ihm, schließlich möchte ich mir die Chance nicht verspielen.
      „Ja, Niklas ist nicht so begeistert, dass du auf meinem Schoß saßt. Wir haben da so eine blöde Wette im Team, wer zuerst sich ein Mädchen krallt von den neuen, darf Kapitän sein für die nächste Saison. Sonst hat Niklas immer gewonnen aber jetzt wollte ich meine Chance mal nutzen …“, sagt er eh ich ihn unterbreche.
      „Bitte was. Du hast dich nur mit mir unterhalten wegen eurem blöden Spiel? Es reicht, ich gehe“, völlig aufgelöst will ich los gehen, doch er hält mich Arm fest und zieht mich fest an ihm.
      „Ne bitte bleib, ich möchte wirklich nur ein Gespräch mit dir führen. Ich finde dich nett und Milena meinte ja auch, dass du mich gut findest. Also lass uns doch einfach gucken, wo uns das hinführt“, schlägt er vor und guckt extrem niedlich.
      „Na gut, unter einer Bedienung“, sage ich verschmitzt zu ihm.
      „Die wäre?“, fragt er gespannt.
      „Wir essen jetzt erstmal was“, lache ich und wir gehen zum Buffet.

      Lina
      Jace hatte ich den ganzen Abend noch nicht gesehen, aber eigentlich will ich ihn auch gar nicht sehen. So hatte ich mich mit einigen Leuten unterhalten, doch so langsam verschwanden die ersten ins Bett. Also saß ich allein am Feuer und starrte in die Flammen. Auf einmal setzte sich jemand neben mich. “Ach Samu du bist es”, sage ich ein wenig enttäuscht. “Wow, wenn das nicht eine freundliche Begrüßung ist”, antworte er mit ironie in der Stimme. “Du bist doch blöd”, sagte ich zu meinem besten Freund und boxte ihn gegen den Arm. “Wen hast du denn eigentlich erwartet?”, fragte er nun etwas gefühlvoller nach. “Du weißt genau wen ich erwartet hab”, antworte ich und rollte mit den Augen. “Jaja, deinen Jace hast du erwartet. Tja da muss ich dich leider enttäuschen, den habe ich vorhin irgendwo mit einer Gruppe Mädels gesehen, voll im Flirtmodus”, antwortete mir der Finne. “Ach man ich versteh diesen Mann einfach nicht”, sagte ich und lehnte mich an seiner Schulter an “Einmal ist er total süß und nett und dann ist aufeinmal wieder so… so Jace halt”, jammerte ich ein wenig vor mich in. Samu nahm mich in den Arm und sagte” Du vergisst jetzt mal deinen Herzensbrecher und wir genießen den restlichen Abend. Ich geh und Marshmallow und Kekse holen, dann gibt es erst einmal leckere S'mores”. “Vergiss die Schokolade nicht”, rief ich ihm noch hinterher als er verschwand um die Zutaten zu holen.

      Vriska
      “Warte mal bevor wir essen.”, unterbreche ihn bevor er sich setzen kann. “Guck Lina sitzt dort alleine herum, wollen wir uns nicht dazu setzen?”, frage ich rhetorisch und laufe mit meinem Teller. In meinem Kopf rollt er mit den Augen aber folgt mir.
      “Na du, sorry das ich so schnell weg musste. Wie ist dein Abend bisher?”, frage ich sie gespannt.

      Lina
      “Naja, geht so”, antworte ich Vriska. “Aber jetzt kommt der bessere Teil. Kennst du Smores?”, fragte ich Vriska und ihre Begleitung. Samu kam gerade auch wieder um die Ecke, beladen mit einer großen Packung Kekse,Marshmallows und Schokolade. “Oh, da ist Samu ja schon”, sagte ich und ging Samu entgegen um ihn etwas von seiner riesen Ladung abzunehmen.

      Vriska
      “Nein sagt mir gar nichts, aber ich möchte erst mal was richtiges essen. Auf dem Flug hier war es einfach unmöglich etwas veganes zu finden.”, erzähle ich fröhlich und schiebe mir eine Gabel voll mit dem Gemüse in den Mund.
      “Du sei mir nicht böse, aber ich werd mal rüber gehen zu den Jungs”, sagt er zu mir. Ich gucke ihn verwundert an und nicke dann. Dann geht er.
      “Also wo waren wir? Ach ja, S’Mores. Nein kenne ich nicht. Was ist denn da drin?”, frage ich Lina.

      Lina
      “Eigentlich ganz simpel. Man nimmt ein Marshmallow brät ihn gut durch und packt ihn zwischen zwei Kekse. Je nach Geschmack kann man auch noch Schokolade oder ähnliches dazu packen”,erklärte ich Vriska. “Wie war euer Flug denn, es ist ja ganz schön weit von euch hierher. Ich kann dir sagen du kannst dich schon darauf vorbereiten, das dein Pferd morgen ganz schön müde sein wird. Divine war ganz schön fertig als wir ankamen. Ihr habt doch den Tinker bei euch, wie Läufte es denn so mit ihr?”, erzählte ich schon deutlich besser gelaunt.

      Vriska
      “Ja das denke ich auch, aber morgen haben wir am Nachmittag auch erst Training, wenn ich Frau Wallin richtig verstanden habe. Allerdings wollen die auch irgendwelche Spiele zur Teambildung machen. Mal gucken.”, fange ich an zu erzählen. Dann fragt Lina mich nach Holy.
      “Ach Holy meinst du? Vor meiner Abreise habe ich noch bis zum letzten Tag mit ihr gearbeitet, damit Hedda und Folke weniger zutun haben. Für die drei tut mir es leid, dass ich nun nur noch im Normalfall am Wochenende dort bin. Aber ich denke, dass sie Holy auch ohne mich in eine gute Richtung lenken. Bei ist das Weiße Pferdchen oder?”, erkundige ich mich.

      Lina
      “Das ist schön das es bei euch so gut Läuft. Ja, genau ich trainiere Divine. Wir haben vor zwei Wochen angefangen ihn zu reiten. An sich macht er das auch echt brav, aber das Problem ist dass er alleine nicht Läuft. Er läuft nur wenn ein anderes Pferd neben ihm läuft. Wir haben den Verdacht, dass es dadurch kommt, dass es vermutlich nur zweispännig gefahren wurde”, erzählte ich munter. “Du hast aber auch ein echt schicken Kerl mitgebracht”, kommentierte Samu der gerade dabei war die ersten Marshmallows zu rösten.

      Vriska
      “Freut mich zu hören! Holy durfte aktuell nur den Reiter als Gegenstand am Boden kennenlernen, aber ich denke sie fangen jetzt auch an mit dem Reiten. Hedda saß ja schon mal drauf, was wohl ganz gut geklappt hat.”, erzähle ich weiter.
      “Vriiiiisiiiii!”, brüllt Milena zu mir und kommt angerannt.
      “Sach ma’. Wie alt bist du eigentlich? 8 Jahre? Ich unterhalte mich gerade”, tadel ich sie und merke, dass ich wie meine Mutter klinge.
      “Sorry aber dein Dude knutscht ne Andere”, erzählt sie mir belustigt.
      “Also erstens kann man das freundlicher erzählen und zweitens ist es nicht mein Dude. Ich fand ich bisher nur ganz gut, aber wenn er wen anderes hat, freut mich das natürlich. Dann kann ich mich nun besser auf unser Team konzentrieren”, sage ich zu Milena, die schon wieder abhaut. Ich schüttle nur meinen Kopf und drehe mich zurück zu den anderen Beiden. In meinem Kopf tausende Bilder von dem kurzen Moment mit ihm und auch die Vorstellung, dass er offenbar schon jemand hat. Es schüttelt sich in mir und ich brülle: “STOP!” Alle gucken zu mir. “Entschuldigung”, füge ich dann hinzu und alle machen weiter. Man, jetzt mache ich mich hier auch noch zum Affen.
      “Ich würde mich gern gleich weiter unterhalten, aber ich muss mal kurz weg. Bin gleich wieder da.”, sage ich zu Lina und Samu. Dann stehe ich auf und renne weg. Genau, Rennen ist gerade das richtige. Mitten auf dem Hof stehe ich und überlege wohin, in den Wald? Zur Straße? Oder nur zu Glymur. Die Entscheidung fällt auf Glymur, der genüsslich in seiner Box das Heu knabbert.
      “Auch wenn wir uns noch nicht lange kennen, hoffe ich, dass du nicht so Idiot bist wie alle anderen Kerle in meinem Umfeld”, erzähle ich meinem Hengst als er hektisch den Kopf hoch reißt. Bitte nicht schon wieder der Kerl, denke ich, als dann Max im Eingang steht.
      “Was willst du denn hier?”, frage ich ihn entsetzt.
      “Eigentlich wollte ich nur zu den Stuten, aber hab dann hier Licht gesehen und war neugierig. Da du jetzt hier bist, wollte ich eigentlich den Moment nutzen, um mich bei dir zu entschuldigen. Die letzten zwei Wochen war ich echt ein Arsch und das ist nicht richtig, du hast hier den Platz genauso verdient wie ich.“, sagt Max mit einem imaginären eingezogenen Schwanz.
      „Schon gut, aber geh jetzt bitte. Ich brauche meine Ruhe“, würge ich ihn ab. Er nickt und verlässt den Stall. Endlich bin ich allein. Erschöpft lehnte ich mich an die Box von meinem Pferd und genieße die fast Stille. Aus dem Hintergrund hört man nur die Feier, die immer noch kein Ende findet.

      Milena
      “Hast du nicht gemacht!”, grölt Niklas als ich zurückkomme.
      “Highfive”, sage ich zu ihm und hebe meine Hand. Er und seine Kumpel bis auf Ju schlagen ein.
      “Krasse Aktion”, sagt der eine.
      Mittlerweile denke ich schon, dass es nicht nett gegenüber meiner besten Freundin war aber ich wollte auch mal coole Freunde haben. Wie auch Vriska gehörte ich immer zu der komischen Randgruppe, die zwar da sind aber nur wirklich existieren, wenn man was braucht. Aber jetzt darf ich auch mal was machen.
      “Hast du Lust mit zum Wasser zu kommen?”, reißt mich Niklas aus meinen Gedanken
      “Ja klar sehr gern. Wollen wir die anderen auch noch fragen?”, frage ich ihn. Er nickt. Ich laufe die kleinen Grüppchen ab und lande am Ende wieder am Feuer, wo Vriska vorhin noch war. Doch sie ist mal wieder nicht da. Dennoch frage ich die anderen Beiden vom Hof: “Habt ihr Lust mit ans Wasser zu kommen?”

      Samu
      “Du bist scheinbar nicht die einzige, die die Männerwelt nicht versteht”, meine ich lachend zu Lina nachdem Vriska verschwunden war. Mittlerweile waren die ersten Smorese fertig. “Für heute bis du mein Lieblingsmann”, neuschte Lina während sie ihre Smores verspeißte. “Ich fühle mich sehr geehrt”, antworte ich ein wenig gespielt hochnäsig, was dazu führte, dass Lina so sehr lachen musste dass sie sich fast verschluckte. “Willst du mich eigentlich umbringen”, sagte Lina lachend, als sie wieder Luft bekam.

      Währenddessen bei Jace.

      Jace
      Ich hatte mich zu einer Gruppe gutaussehender Mädels gesellt von denen einige schon eine Menge intus hatten, wobei ich zugegebenermaßen auch ganz gut dabei war. Ich saß neben einer hübschen Blondine die sich mir als Abigail vorgestellt hatte. Mit der Gruppe hatten wir eine ganz Weile Bierpong gespielet, das hatte allerding ein Ende gefunden als eins der Mädels mit irgendeinem Jungen verschwunden war und ein paar andre Hunger bekommen hatten. “Wie gefällt es dir bisher hier?”, frage ich Abigail. “Mit dir gefällt es mir sehr gut hier”, antwortete sie und platzierte sich auf meinem Schoß. “Echt du hast echt wundervolle Augen, dieses blau und dieses braun, einfach Wow”, flüsterte sie mir zu und strich mir durchs Haar. “Das bekomm ich öfters zu hören”, raunte ich zurück und setzte meinen Flirtblick auf.

      Lina
      “Einfach göttlich diese Dinger”, sagte ich fröhlich vor mich hin mapfent zu Samu. Mein bester Kumpel hatte es mal wieder geschafft den Abend zu retten. “Ganz schön klebrig das Zeug. Ich geh mal meine Finger waschen”, sagte ich nachdem ich alle Smores erfolgreich verputzt hatte und stand auf um in Richtung Haus zu laufen. Auf dem Weg begegnete ich Milena, die uns fragte ob wir schwimmen gehen wollte. “Später vielleicht”, antwortete ich im vorbeigehen. Auf dem Weg zu Haus kam ich an den Tischen vorbei und entdeckte ihn. Jace saß dort mit einem Mädchen auf dem Schoß und sah nicht gerade abgeneigt aus. War ja klar typisch Jace. Ich spürte wie eine Mischung aus Enttäuschung und Wut in mir hochstieg. Ich spürte wie sich Tränen an bahnten und dann übernahmen meine Füße die Kontrolle. Zielstrebig trugen sie mich zur Sommerkoppel. Meine Augen suchten die Koppel nach etwas bestimmten ab und am Waldrand fand ich was ich suchte. Das weiße Fell leuchtete nahezu im Mondlicht. “Divine”, rief ich leise über die Koppel und schon sah ich wie der weiße Fleck am Waldrand sich in Bewegung setzt. Eine halbe Minute später stand der weiße Freiberger vor mir. “Warum ist er nur so? Ich dachte er hätte es endlich kapiert, aber kaum kommt ein hübsches Mädchen schaltet er sein verdammtes Gehirn ab.”, schrie ich den Hengst schon fast an während mir die Tränen über das Gesicht rannen. Der Hengst schnupperte mir übers Gesicht und pustete mir freundlich seine warme Luft ins Ohr. “Sorry, du kannst ja nix dafür mein großer”, sagte ich nun etwas sanfter und strich dem Hengst durch die wuschelige Mähne. Auf Einmal knackt es irgendwo in der Entfernung und Divine richtete Aufmerksam die Ohren auf. “Was war das denn?”, flüsterte ich. Nervös begann Divine nun mit dem Schweif zu schlagen.


      Vriska
      Noch genießte ich die Ruhe, eh ich durch weinenartige Geräusche gestört werde. Langsam öffne ich meine Augen und merke nur im Augenwinkel das jemand vorbei rennt. Da steigt in mir meine Helfersucht wieder hoch, ich erhebe mich und werde der Person folgen um zu gucken, ob ich etwas tun kann. Der Weg führte mich zu einer großen Weide auf der offensichtlich Lina bei dem Freiberger ist.
      „Erschreck dich nicht!“, rufe ich ihr flüsternd zu. Schnell dreht sie sich um.
      „Alles gut bei dir? Willst du reden?“, frage ich sie freundlich als ich auf ihr zu gehe. Vorsichtig strecke ich dem Hengst meine Hand entgegen und werde beschnuppert.

      Lina
      “Naja, es ist wegen Jace er ist einfach ein Idiot”, sagte ich zu Vriska. Nachdem der weiße Hengst Vriska inspiziert hatte beruhigte er sich auch wieder ein wenig. “Ein Idiot der scheinbar nur mit seinem Schw... denkt”, fügte ich noch hinzu. “Scheinbar sind die Pferde die einzigen Männer den man trauen kann”, sagte ich während ich Divine den Schopf aus der Stirn strich.

      Vriska
      So traurig das auch ist, ich musste Lachen. „Dem habe ich nichts weiter hinzufügen. Ich dachte echt, dass ein Kerl an mir interessiert ist, den ich heute früh das erste mal in meinem Leben gesehen habe. Irgendwie hat es in mir ein total wohlfühlendes Gefühl auslöst als ich ihn sah, naja blöd. Hoffentlich entpuppt sich mein Glymur nicht als so derartig Schwanzgesteuert.“, erzähle ich ihr um sie auf zu muntern.
      „Ich hab ne Idee! Irgendwie habe ich mitbekommen das die jetzt alle wohl Baden gehen. Wollen wir da auch mal hingehen und denen einen Streich spielen oder sie schockieren?“, schlage ich vor und während ich es ausspreche geht die Idee in meinem Kopf offenbar durch eine Tür.

      Lina
      “Oh ja, das klingt nach einer super Idee”, sagte ich begeistert und wir machten uns auf den Weg zum Fluss. “Gegen eine hübsche Stute wirst du kaum eine Chance haben”, erwiderte ich lachend. “Hier in der Nähe steht ein Fohlen von deinem hübschen Kerl. Ich wollte die Tage eh Alec besuchen, wenn du willst nehm ich dich mit, dann kannst du dir die kleine mal Ansehen”,fügte ich noch hinzu. Nach ein paar Meter zog ich sie auf einen Pferd zwischen den Büschen “Hier, entlang”, flüsterte ich. “Wenn wir von hier kommen können sie uns nicht sehen”

      Vriska
      „Ah cool! Sehr gern, machen wir.“, flüstere ich ihr zu. Als wir bei der Truppe ankommen fällt die Ultimative Idee ein.
      „Guck mal die sind alle Baden, du müsstest Jace Kleidung erkennen oder? Lass und die richtig nach Kindermanier mit nehmen und irgendwo hinpacken. Niemand weiß das wir hier waren. Schließlich hat es keiner mitbekommen, außer das wir bei unseren Pferden waren.“, schlage ich Lina vor und halte meine Hand vor meinem Mund, damit ich nicht lache.

      Lina
      “Oh, super Idee. Praktischerweise ist es gleich der Haufen da vorne”,flüsterte ich und deutet auf einen kleinen Kleiderhaufen. Die badenden waren ein ganzes Stück weiter Flussabwärts, sodass es kein Problem sein würde die Klamotten unbemerkt zu stibitzen. Leise schlichen wir zu dem Kleiderhaufen und sammelten ihn auf, bevor wir genauso lautlos wie wir gekommen waren wieder im Gebüsch verschwanden. “Lass uns die Sachen auf dem Hof irgendwo verstecken, soll er mal sehen wie er zurück kommt”, schlug ich vor und musste mich echt zusammenreißen um nicht zu kichern.

      Vriska
      „Sehr gut! Machen wir. Aber bevor wir am Hof sind müssen wir noch den Sand von unseren Schuhen entfernen, das fällt sich vielleicht auf!“, sage ich noch zu ihr und nehme mir das T-Shirt aus dem Haufen, den sie auf dem Arm hat und wische meine Schuhe ab.
      „Waschen wird er wohl schaffen“, füge ich schelmisch hinzu.

      Lina
      Auch ich säuberte meine Füße und es ging zurück zum Hof, wo wir im Stall auch einen Ort fanden, wo Jace so schnell nicht suchen würde. “Das war eine super Idee”, sagte ich zu Vriska und gab ihr ein high five. “Wie wärs wenn wir zurück zum Feuer gehen?”.

      Die Stimmung von Vriska und Lina war nun wieder besser, nachdem beide innerhalb von kurzer Zeit von ihren Typen sehr enttäuscht wurden. Dennoch gab es für Vriska keinen Grund dafür, schließlich hatte Ju nichts falsch gemacht, lediglich ihre beste Freundin hat nun keine weiße Weste mehr. Nach ungefähr einer Stunde war der Pegel der Badenden nicht mir auf hochtouren, weswegen schnell der Entschluss gefasst wurde zurück zu gehen und sich wieder auf höhere Zahlen zu bringen. Doch für Jace gab es eine böse Überraschung. Alle konnten sich wieder ankleiden, schließlich war der größte Teil nackt in den Fluss gegangen, so wie er auch. Nur fand er seine Sachen nicht mehr. Freundlicherweise stellte Niklas ihm seine Hose zur Verfügung, damit er nicht gänzlich unbekleidet zurück muss. Für alle war es dennoch sehr lustig - Jace’ Begeisterung hielt sich jedoch in Grenzen.
      Zur gleichen Zeit am Hof konnten Vriska und Lina sich nicht zusammenreißen und mussten Samu von der Aktion erzählen. Anfangs war er sehr negativ demgegenüber gestimmt, doch als Jace wütend zurück kam, musste er auch ziemlich lachen und war auf der Seite der Mädels.

      Jace
      Ein wenig sauer stapfte ich den Weg zum Hof zurück. Irgendein Idiot hatte meine Klamotten versteckt. Am Feuer saßen Samu, Lina und Vriska und schienen sich zu Unterhalten. “Warum hast du kein T-Shirt an?”, fragte Samu mich. “Weil irgendein Idiot meine Klamotten versteckt hat”, knurrte ich. “Habt ihr gesehen wer es war?”. “Nein, wir waren die ganze Zeit hier”, antwortete Lina unschuldig und Vriska nickte bestätigend. “Ich werde mir jetzte erstmal neue Klamotten und ein Bier holen”, brummte ich bevor ich im Haus verschwand. In meinem Zimmer zog ich Jeans und T-Shirt aus der Kommode und zog mich an. Danach begab ich mich auf die Suche nach Niklas um ihm seine Hose zurück zu bringen. “Danke nochmal, du bist echt ein Ehrenmann”, bedankte ich mich immer noch sehr schlecht gelaunt.

      Niklas
      “Kein Problem, Diggi. Immer wieder gern. Setzt du dich dann wieder zu uns?”, antworte ich Jace, der mir meine Hose zurückgibt. “Wir wollen jetzt noch eine Runde ‘ich habe noch nie’ spielen. Werde jetzt auch noch die Loser am Feuer davon überzeugen mit zu machen, vielleicht steckt in denen ja auch was cooles”, füge ich noch hinzu und gehe zum Feuer.
      “Hey ihr, habt ihr Lust ein Trinkspiel mitzuspielen. Alle anderen machen auch mit, also wird ziemlich lustig”, begrüße ich die Drei am Feuer. Fragend guckt Vriska die Beiden abwechselnd an.
      “Was sagt ihr?”, fragt sie dann.

      Samu
      “Warum eigentlich nicht”, antwortete Lina drene Lauen um einiges besser zu sein schien als vorher. Ich für meinen Teil konnte zwar drauf verzichten, aber es war vermutlich besser wenn ich mitging. Nicht das Lina noch irgendwelche Dummheiten anstellt. Zudem befürchte ich auch, dass sie noch eine emotionale Stütze gebrauchen konnte, denn ich hatte mitbekommen, dass Jace mit einer von den Mädels nicht ganz erfolgreich geflirtet hatte. “Ich mach auch mit”, schloss ich mich Lina also an.

      Niklas
      “Willkommen bei der ersten Ich-habe-noch-nie Runde auf dem Whitehorse Creek. An alle unter 18 Jahren, bitte verlasst nun die Runde, alle über 18, lasst euch aus. Bitte seid ehrlich!”, beginne ich das Spiel einzuleiten. Die Gruppe jubelt.
      “Dann beginnen wir nun. Reihum, darf jeder eine Frage bzw Aussage treffen. Mit Abstimmung kommen auch Wahrheit oder Pflicht Aufgaben dazwischen. Los gehts”, rufe ich.

      Etwas Zeit vergeht ... (gekürzt)

      “Finde ich gut”, sage Ju und zieht überzeugt seine Schuhe aus.
      “Leute, wir haben alle großen Spaß, aber ich hab gerade mal auf die Uhr geschaut. Es ist schon halb 4 Uhr und morgen müssen wir sicher früh aufstehen.”, sage ich und mache die Musik aus. Alle stimmen mir zu. Milena ist in der Zeit schon auf mir eingeschlafen. Ich ziehe meinen Kumpel an mich heran: “Ich würd gern Milena mitnehmen. Ist für dich Okay zu Vriska mit zu gehen?”
      Mal wieder setzt er seinen Blick auf, der einem direkt verrät, dass er unzufrieden ist mit der Situation aber aus der Freundschaft heraus es akzeptiert.
      “Ich würde dann nur gern noch frische Sachen raus holen und mein Zahnputzzeug”, antwortet er bloß und geht vor. Vriska scheint schon auf dem Zimmer zu sein, da ich sie nirgendwo mehr sehe. Milena habe ich auf den Arm genommen und trage sie in Richtung meines Zimmer.

      Samu
      Endlich erlöste Niklas uns von dieser Runde. Ich sah , dass Jace sich schnell verpisste um mir nicht zu begegnen, aber heute hatte ich auch gar keine Lust mehr ihm Vorzuhalten was für ein bescheuerter Idiot er eigentlich war. Ich begleitet Lina noch bis auf ihr Zimmer “Dir sind die Hormone heute auch ganz schön zu Kopf gestiegen oder?”, fragte ich sie. Ich hatte sie noch nie so stur erlebt. “Mmmm.. Jace ist einfach so ein Vollidiot”, murmelte ich nur noch. “Schlaf gut Lina”,verabschiedete ich mich und ging in mein eigenes Zimmer. Ich putze mir noch schnell die Zähne und zog mich um bevor ich schließlich müde ins Bett fiel. Morgen würde ich Jace eine ordentliche Standpauke halten.

      Vriska
      Endlich ins Bett, dachte ich nur noch bis es klopfte. “Milli, du wirst doch wohl noch in der Lage sein eine Tür zu öffnen”, stieß ich nur noch genervt aus. Langsam öffnet sie sich “Ähm, genau deswegen bin ich hier. Sie will wohl lieber bei Niklas drüben schlafen und wie vorhin schon befürchtet muss ich jetzt hier schlafen”, sagt Ju verlegen und steht mit Badelatschen und einer kleinen Tragetasche in der Tür. Völlig schockiert und wütend gucke ich zu ihm. “Grundsätzlich stellt das kein Problem dar, aber wir haben offenbar das einzige Zimmer mit Doppelbett und nach dem Abend bin ich mir nicht so ganz sicher, ob ich mit jemanden der solche Freunde hat in einem Bett schlafen möchte”, sage ich.
      “Du kein Problem, ich würde auf dem Boden schlafen. Bitte schick mich nur nicht darüber”, bettelt er mich fast an. Er tut mir schon irgendwie leid wie er dasteht, obwohl er mehr als ein Kopf größer ist als ich.
      “Na gut, du kannst mit ins Bett. Aber nicht berühren, dann sind deine Finger ab!”, drohe ich ihm. Er nickt und geht noch ins Bad. Ich habe mich in der Zeit in mein viel zu großes WM T-Shirt geschmissen und es mir im Bett bequem gemacht.
      “Achtung”, warnt Ju ich als er dazu kommt.
      Einige Minuten liegen wir Schweigend nebeneinander, als er dann doch noch ein Gespräch anfängt: “Ich muss jetzt einfach Fragen, vielleicht liegt es auch am Alkohol, aber was Milena vorhin gesagt hat, dass war schon ihr Ernst oder?” Etwas überrascht gucke zu ihm, da ist dunkel ist, kann er aber sicherlich mein Gesichtsausdruck nicht wahrnehmen. “Die viel wichtigere Fragen ist ja, ob Milena recht hatte mit dem, was sie mir gesagt hat”, erwidere ich etwas nervt.
      “Nein. Ganz Klar. Niklas hat so eine blöde Wette gemacht um zu gucken wie weit sie für ihn gehen würde.”, fängt er an zu erzählen.
      “Die kleine Kuh. Die braucht morgen gar nicht ankommen”, sage ich zu ihm und innerlich fällt mir ein Stern vom Herzen, dass er offenbar doch nicht so wie seine Freunde ist. Im ersten Moment.
      Noch einige Minuten unterhalten wir uns, bis sich jeder zur anderen Seite dreht um versucht zu schlafen. Aber ich kann nicht schlafen, irgendwie ist mir warm und kalt gleichzeitig, schließlich liegt gerade ein ziemlich toller Typ neben mir der scheinbar auch interessiert an mir ist. Ich drehe mich und uns bemerke, dass er sich auch zurück auf den Rücken gelegt hat. Vorsichtig lege ich meinen Kopf auf seine Brust. Ich glaube, noch nie habe ich eine so bemuskelte Brust unter meinem Kopf gesprüht. Auch kann ich nicht wiederstehen meine Hände auf seinen Oberkörper zu legen. Als ich mich sicher fühle atme ich tief durch und schließe die Augen, aber ich merke das Ju doch noch wach ist und seinen Arm um meine Taille legt. Mit der anderen Hand streicht er mir durchs Haar. “Gute Nacht. Hoffentlich darf ich dennoch meine Finger behalten”, sagt er noch. Ich schmunzle nur und schlafe endgültig auf vermutlich dem besten Platz der Welt ein.

      Lina
      Zusammen mit Samu, Luchy und Jayden war ich gerade dabei das Frühstücksbuffet aufzubauen. Weil die Sonne so schön schien hatten wir beschlossen das ganze draußen auf zu bauen. Eigentlich hätte Jace auch helfen sollen, doch der war einfach nicht aufgetaucht. “Wo ist eigentlich Jace?”, fragte Jayden nachdem wir fertig waren mit Aufbauen. “Ohh, den gehe ich holen”, sagte Samu freudig und verschwand ins Haus. “Warum ist Samu denn so gut drauf?”, fragte Luch ein wenig erstaunt. Normalerweise gehörte Samu zu der Sorte Mensch die vor dem ersten Kaffee zu nichts zu gebrauchen waren. “Ich glaub der hat heute besonders gut geschlafen”, antworte ich schmunzelnd. Jayden und ich wussten natürlich warum Samu so gut gelaunt heute war, aber Luchy hatte von der Aktion gestern natürlich nichts mitbekommen.

      Jace
      Ich wurde davon wach, dass irgendwer gegen meine Tür hämmerte und kaum eine Sekunde später stand Samu im Zimmer. “Du dämlicher Vollidiot”, schnauze er mich an und in meinem Kopf meldete sich ein pochen zusammen mit Kopfschmerzen. “Kannst du ein wenig leiser sein?”, wenig verwirrt zu Samu und blinzelte in das helle Sonnenlicht. “Nein kann ich nicht. “, schimpfte er weiter und zog die Vorhänge auf. “Ahhh, mach das wieder zu”, sagte ich empört und kniff die Augen zusammen. “Nein, den Kater hast du dir verdient. Was ist in deinem dämlichen Gehirn falsch gelaufen, dass du erst jemanden abfüllst und wenns ihm schlecht geht lässt du ihn einfach allein, du dämlicher Esel”, schimpfte er weiter. “Und eigentlich hättest du uns heute morgen helfen sollen. Herzlichen Glückwunsch du darfst die Koppel heute komplett allein abäppeln”, sagte er noch bevor er endlich verschwand. Diese Kopfschmerzen würde mich noch Umbringen. Ich warf erst einmal ne Aspirin um irgendeinen Art von Gedanken fassen zu können. Langsam rollte ich aus dem Bett und begab mich ins Bad. Auf dem Weg dahin fiel ich erst einmal fast über den Kleiderhaufen auf dem Boden. In meinem Schränkchen wurde ich zum Glück auch fündig. Ich warf mir eine Aspirin ein und spritze mir erst einmal Wasser ins Gesicht. Was war gestern Abend nur passiert ich konnte mich nur noch daran Erinner ,dass ich mit Abigail geflirtet hatte und dann waren wir Schwimmen gewesen. Nach dem Schwimmen waren mein Klamotten auf einmal weg gewesen und Niklas hatte mir seine Hose geliehen. An mehr Erinnerte ich mich nicht mehr. Ich fuhr mir durch die Haare und stellte fest das ich roch wie ein Brauerei. “Jetzt brauch ich erst einmal eine Dusche”, sagte ich zu meinem Spiegelbild. Gesagt getan. 10 Minuten später stieg ich halbwegs wach aus der Dusche. Das es heute noch wärmer war als gestern, entschied ich mich nur ein Tanktop zu meiner Reithose an zu ziehen, bevor ich mich runter begab.

      Milena
      “Guuuuten Morgen”, begrüßt mich Niklas, neben dem ich offenbar liege. An viel erinnere ich mich, war wohl doch etwas viel. Müde gucke ich unter die Decke - Fuck.
      “War es wenigstens gut?”, frage ich ihn noch völlig verschlafen. Er nickt und streicht mir die Haare aus dem Gesicht. Langsam raffe ich mich auf und möchte nach meiner Unterwäsche greifen, als die Tür auffliegt.
      “Was geht denn hier ab?”, ruft Anna wütend. In Niklas Gesicht sieht man schon eine Art Bestätigung, aber auch scheint es ihm sehr unangenehm sein. Auch Hannes kommt.
      “Ach Diggah”, sagt sein Bruder nur und geht mit seiner nun wahrscheinlich Ex-Freundin wieder.
      “Bevor ich's vergesse, Herr Holm kommt gleich und er hat ziemlich schlechte Laune”, kommt er nochmal zurück und sagt uns bescheid.
      “Los schnell”; sagt Niklas hektisch zu mir. So schnell wie ich kann ziehe ich mich an und verlasse das Zimmer, doch dann steht schon Herr Holm vor mir.
      “Ich hoffe, dass ich nicht das wonach es aussieht.”, sagt er verärgert. Ich entschuldige mich und laufe rüber zu meinem Zimmer. Doch Vriska liegt noch im Bett mit … warte mal, ist das Ju.
      “Als ob du dir auch gegönnt hast”, lache ich als ich rein gehe. Offenbar haben sie noch geschlafen.
      “Was willst du?”, fährt sie mich verärgert an.
      “Eigentlich ist das auch mein Zimmer, aber ich kann auch rüber zu Linh ziehen, die ist wenigstens nicht so eklig wie du”, reagiere ich gekonnt, obwohl es nicht so gut ist, mit meiner eigentlich besten Freundin zu sprechen. Ohne noch etwas zu sagen, gehe ich kurz Duschen und haue ab zu meinen Pferden, da wir schließlich selbst die Boxen sauber machen müssen.

      Vriska
      Als Milena dann wieder weg ist, versuche ich Ju zu wecken, der noch schläft wie ein Stein. Langsam kommt er zu sich.
      “Hatten wir … ?”, fragt er vorsichtig.
      “Nein nein, alles gut. Wir haben nur zusammen in einem Bett geschlafen, aber du musst jetzt so schnell wie möglich gehen. Vor einer Stunde hätten wir alle schon im Stall sein müssen um sauber zu machen. Offenbar sind nun auch unsere Trainer schon auf Tour”, erkläre ich ihm und muss etwas lachen. Direkt ist er entspannt, zieht sich an und geht Richtung seines Zimmer. Kurz schaue ich ihm nach und höre schon Herrn Holm ziemlich laut werden. Hoffentlich nimmt er mir das nicht übel, aber eigentlich ist sein Kumpel schuld. Dank mir hatte er wenigstens einen Platz im Bett.
      “Vriska?”, kommt dann Frau Wallin in mein Zimmer, als ich mich gerade anziehe. Erschrocken drehe ich mich um und nicke.
      “Denk dran, du bist noch in der Probezeit. Nur mit einiger Überzeugung konnte ich dafür Sorgen, dass du im Team konntest. Eigentlich sollte ich dir das nicht sagen, aber ich muss dir den Ernst der Lage vermitteln. Direkt die erste Nacht mit einem der höheren Klassen zu verbringen mag reizvoll sein, aber es geht um deine Zukunft”, versucht sie mir freundlich zu sagen, aber ich höre nur das negative heraus.
      “Er hat nur …”, möchte ich mich zur Situation äußern, aber sie unterbricht mich.
      “Mir ist egal was passiert ist und was nicht. Denk nur an meine Worte und jetzt flott. In 30 Minuten gibt es frühstück”, sagt Frau Wallin und verlässt mein Zimmer. Irgendwie ist in meinem Zimmer mehr Verkehr als auf der Autobahn. Schnell hüpfe ich noch in meine Hose und mache mich auf die Suche nach Lina. Vielleicht kann sie mir helfen was das Saubermachen angeht. Es ist noch immer erst der erste richtige Tag, also keine Ahnung wo was ist. Ich bin froh zu wissen, wo mein Pferd ist. In dem Moment wird mir auch klar, dass er nicht eingedeckt ist. Also nochmal zurück ins Zimmer um die Decke zuholen und wieder raus nach Lina suchen.

      Lina
      “Lina” kam Vriska rufend auf mich zugelaufen, als ich gerade über den Hof lief um Mina und Briair noch schnell ihr Frühstück zu bringen, bevor es für die beiden wieder auf die Koppel ging. “Guten Morgen Vriska, du siehst ja aus wie aus dem Bett gefallen”, begrüßte ich die junge Frau die auch noch eine Decke unterm Arm trug.

      Vriska
      “Lange Geschichte, aber dazu später. Jetzt ist erstmal was anderes wichtig. Wir müssen alle in einer halben Stunde beim Frühstück sein und ich muss Gylmis Box noch sauber machen. Wo finde ich das ganze Equipment. Oder kannst du mir helfen? Weil wie du siehst, muss ich ihn noch eindecken, wegen des Exzem”, sage ich so schnell wie ich sprechen kann, hoffentlich hat sie mich verstanden.

      Lina
      “Natürlich helf ich dir. Komm mit”, sagte ich und zog Vriska hinter mir her. “Und wegen des Ekzems stellst du ihn am besten auf eine der Hof nahen Koppel, da sind weniger Mücken”, erklärte ich ihr und holte Schubkarre und Mistgabel aus der Lagerkammer.

      Vriska
      “Boah danke, kannst du schon mal anfangen mit Misten? Dann decke ich ihn ein und stelle ihn schnell raus.”, sage ich und warte nicht auf die Antwort. Stattdessen ziehe ich ihn am Halfter aus der Aussenbox, schmeiße ihm die Decke über den Kopf und springe schnell raus. Nur mit meinem Gewicht lenke ich ihn zu Weide. Gekonnt öffne ich vom Rücken meines Pferdes das Tor, reite ein und springe wieder runter.
      “Gut gemacht Dicker. Wir sehen uns später nochmal, aber ich muss jetzt echt weiter.”, lobe ich Glymur und schiebe ihm ein Leckerchen in den Mund.
      “Elegant”, sagt Hannes zu mir.
      “Ich kann jetzt nicht”, antworte ich nur und renne wieder zurück zur Box.

      Lina
      Ich hatte bereits angefangen die Box zu misten, während Vriska ihren Hengst auf die Koppel brachte. Als sie um die Ecke kam war ich schon fast fertig mit der Box. “Muss nur noch wieder ein bisschen Stroh rein”, sagte ich zu Vriska. “Das findest du da um die Ecke, ich bring die Schubkarre schonmal weg”, sagte ich zu ihr und schob die Schubkarre Richtung Misthaufen.


      Vriska
      “Boah, ich bin dir was schuldig. Danke!”, sage ich und hole mit der Forke etwas Heu für die Ecken. Dann warte ich auf Lina, die gerade wieder kommt.
      “Frühstückt ihr eigentlich mit uns?”, frage ich sie erleichtert.

      Lina
      “Jep, wir haben extra schon geschuftet damit ihr ein schönes Frühstück bekommt”, sagte ich fröhlich zu Vriska. “Komm lass uns zum Frühstück gehen ich hab echt hunger”, sagte ich und deutete mit dem Kopf in die Richtung wo das Buffet aufgebaut war.

      Vriska
      “Danke dir. Wie viel hast du denn gestern noch mit bekommen? Na auf jeden Fall hat Niklas Milena mit zu sich genommen, dementsprechend musste Ju mit zu mir. War bei den beiden gelaufen ist, will ich lieber nicht wissen aber ich kann es mir halt echt schon denken. Ich bin so unglaublich enttäuscht von ihr. Aber bevor du jetzt fregst, nein, bei uns ist nichts gelaufen. Man könnte sagen, wir haben gekuschelt, aber das war’s.“, berichte ich ihr aufgeregt, weil Milena kann ich es ja nicht erzählen. Irgendwie macht es mich auch traurig, weil ich sonst niemanden wirklich im Team habe und die Zeit hier am Hof ist leider endlich.

      Lina
      “Das klingt ja als hätte der Abend für dich das gewünschte Ende genommen”, meinet ich fröhlich zu Vriska. Inzwischen war wir bei den anderen angekommen. Jace saß mit Sonnenbrille im Gesicht am Tisch. “Hat der Herr auch mal den Weg hierher gefunden”, stichelte ich. Von Jace kam nur ein brummen, scheinbar hatte er einen fetten Kater. “Das hat er definitiv verdient”, raunte ich Vriska zu während wir uns ein Platz am Tisch suchten. Auch Samu sah sehr schadenfroh aus und saß mit einem breiten lächeln im Gesicht am Tisch. Vom kanadischen Team waren schon fast alle da. Nur Ella gab gerade um die Ecke und ich hörte wie sie zu Mr. Cunningham etwas sagte:” Abigail geht es nicht gut, sie lässt das Frühstück ausfallen”.

      Vriska
      “Eigentlich hätte ich lieber gehabt, dass er nicht bei mir gewesen wäre. Ich hab da so ein schlechtes Gefühl”, antworte ich noch als wir uns setzen.
      “So leider müssen wir nochmal über die vergangene Nacht sprechen. Es war zu lang, zu laut und zu aktiv. Habt ihr eure Triebe nicht im Griff? Offenbar ist die Hälfte von euch nicht in der Lage das eigene Verhalten zu reflektieren und was weiß ich noch. Heute Abend bitten ich Namen von allen Trainern um etwas mehr Diskretion. Wir machen hier keine Klassenfahrt, sondern wir sind hier zum Training um eure Leistung zu verbessern. Nun aber zum Tagesprogramm. Bis zum frühen Nachmittag habt ihr erstmal noch Ruhe und Zeit zum Aufräumen, dann habt ihr in kleinen Gruppe alle Dressurtraining. Die Gruppen werden noch rechtzeitig bekannt gegeben. Frau Wallin erstellt gerade einen Zeitplan, wer also wenn ihr irgendeine Zeit oder Konsultation bevorzugt, wendet euch an sie. Und heute Abend kommt noch mal eine Aktion zur Festigung eure Beziehung, aber nicht so wie ihr es gestern definiert habt. Nun guten Appetit.”, macht Herr Holm eine Ansage und mir ist das richtig unangenehm dazu zu gehören. Während er spricht schiele ich immer wieder zu Ju rüber und auch er guckt immer wieder zu mir. Milena sitzt auch mit an dem Tisch der Jungs und scheint ziemlich viel Spaß zu haben. Niklas versucht allerdings ihn daran zu hindern hier her zu blicken. Der ist so ein Idiot.
      “Ich hab irgendwie gar keinen Hunger”, sage ich Lina und blicke auf meinen leeren Teller, während sie nicht genug in sich hinein stopfen kann.

      Lina
      “Willst du nicht mal einen Kaffee trinken?”, fragte ich Vriska die bis jetzte noch garnichts gegessen hatte. Ich hingegen verschlang mit Vergnügen meinen Obstsalat. “Lina, Samu, Jace, Jayden nach dem Frühstück kommt ihr mal bitte zu mir in Büro”, sagte Luchy noch und sie schien nicht gerade begeistert. Vermutlich bekamen wir nochmal unsere ganz persönliche Standpauke. Nun sah Samu nicht mehr ganz so fröhlich aus, aber auch meine gute Laune war ein klein wenig getrübt. Nichtsdestotrotz freute ich mich auf den Tag, da ich echt gespannt war wie denn das Training von einem National Team aussehen würde.

      Vriska
      Als ich noch mal rüber gucke, treffen sich aber nun mein Blick und der von Niklas. Irgendwie bin ich total schockiert als er aufsteht mit Milena und zu uns an dem Tisch kommt. Das kann doch nichts werden …
      “Was ist eigentlich dein Problem?”, fragt Niklas provokant.
      “Grundsätzlich nicht, aber ich kann Typen, die nicht mit ihren Gehirn denken nicht leiden und dann auch noch der Meinung sind, Ihnen gehört die Welt.”, antworte ich genervt. Der einzige Weg das hier zu unterbinden ist zu verschwinden, doch das wird mir verwehrt. Aggressiv zieht er mich am Arm zurück in den Stuhl
      “Was auf Mädchen, du lässt Ju in Ruhe, sowie alles was sich in meinem Umfeld befindet. Dann hast du kein Problem.”, sagt er und geht wieder. Wie ein Schosshund folgt Milena im.
      “Ach ja, ich hole nachher noch meine Sachen. Ich hab kein Bock auf dich”, fügt sie noch hinzu.
      Schockiert gucke ich Lina und drehe verwirrt meinen Kopf.
      “Hast du ne Ahnung was ich getan habe?”, fasse ich den Mut Lina zu fragen.

      Lina
      “Was für ein Arsch” sagte ich Kopfschüttelnd zu Vriska. “Ich glaube sie ist machofiziert. Die beruhigt sich schon irgendwann wieder”, sagte ich nur. Während die eine hälfte der Leute sehr gut gelaunt waren und ausgelassen vor sich hin plapperten, während die andre hälfte deutlich mitgenommen von gestrigen Abend waren. “Wenn deine tolle Freundin da nichts mehr von dir wissen willst, darfst du mich gerne heute begleiten”, meinet ich nur zu Vriska. “Die kleinen Fellknäuel sind viel netter als deine Freundin” sagte ich lächelnd. Damit meinte ich vor allem die kleinsten Bewohner hier auf dem Hof.

      Vriska
      “Danke für das Angebot, vielleicht komme ich da später darauf zurück, aber ich brauche jetzt erstmal etwas Zeit für mich.”, sage ich zu ihr, stehe auf und gehe. Mir ist das gerade alles zu viel. Im Zimmer setze ich mich auf das Bett, das Bett in dem in der Nacht noch alles gut war und ich mich extrem gut gefühlt habe. Allerdings wird das Thema nun durch sein, weil ich kein Interesse daran habe mich mit dem Typen anzulegen. Niklas hat einfach eine zu hohe Stelle im Nationalteam, das möchte ich keinesfalls riskieren.

      Lina
      Nach dem Frühstück war es nun an der Zeit unsere Standpauke ab zu holen. Zähneknirschend stand ich auf und ging zusammen mit Samu zu Luchy. Jayden und Jace warteten dort bereits. “Na dann los”, sagte Jace und klopfte an der Tür. “Kommt rein”, kam die Antwort von drinnen. Wir vier traten ein und standen aufgereiht und fast alle mit einem Unschuldigen Blick vor unserer Chefin. “Leider muss ich mich den Worten Herrn Holm anschließen. Gerade von euch hätte ich das nicht erwarten”, sagte sie und sah uns alle mit ernstem Blick an.” In Zukunft erwarte ich von euch, dass ihr vernünftiger seid. Aber ich hab auch noch ein kleine Überraschung für die meisten von euch . Lina, Samu und du Jayden ihr dürft heute Nachmittag an dem Dressurtraining teilnehmer unter der Bedinung ,dass ihr vorher alle eure Stallarbeiten erledigt habt. “, sagte sie zu uns. “Wow, danke für diese Chance”, bedankte ich mich bei meiner Chefin. “Jace, was dich angeht habe ich gehört du hast gestern wohl nicht deine Stallarbeiten erledigt, deshalb musst du die nächsten zwei Tage allein die Koppeln und Paddock abäppeln und zwar auch die der Gäste. Wenn ich sehe das du dich anstrengst darfst du heute auch mit reiten”, beendete sie ihre Rede. Mit gemischten Gefühlen verließ ich das Büro. Einerseits freute ich mich auf das Training, andererseit fand ich echt echt unfair, dass Jace diese Chance auch bekommen sollte. Schließlich war er nicht ganz unschuldig an diesem Desaster. Aber ich wusste genau ,dass man bei Luchy garnicht erst anfangen brauchte zu Diskutieren. Also begann ich wohl oder übel damit die Pferde auf die Koppel zu bringen.

      Ju
      “Milena, kannst du mal bitte gehen. Ich würde gern mit Niklas alleine sprechen”, sage ich zu seiner neuen kleinen Freundin, die eingeschnappt dann geht.
      “Danke”, rufe ich ihr noch nach aber sie hat bereits die Tür hinter sich zugeknallt. Die scheint ja ganz schöne Komplexe zu haben.
      “Was ist denn dein Problem mit Vriska? Ich mein, du hast doch jetzt aktiv deinen Posten als Kapitän verteidigt.”, frage ich ihn mit ernster Miene.
      “Bruder, die ist nichts für dich. Sich auf so jemanden einzulassen, wäre ein Fehler. Du hast schon so viele komische Weiber gehabt und jedes mal habe ich dich dabei unterstützt darüber hinweg zu kommen. Diesen Schritt möchte ich überspringen. Wir haben hier so viele neue coole Mädchen im Team, da musst du dir echt nicht den größten Außenseiter wählen. Du bist cool und beliebt, nutze das doch als Chance.”, sagt er zu mir. Direkt springen mir Schlagworte wie jemand und Außenseiter ins Ohr, was ich überhaupt nicht verstehe. Niklas war schon immer etwas abgehoben aber erst in den letzten Jahren hat er sich so seltsam entwickelt. Bisher dachte ich immer, dass es nur eine Phase ist und es wieder besser wird. Scheinbar aber nicht.
      “Ich bin alt genug die Entscheidung selbst treffen zu können”, ranze ich ihn an.
      “Selbstverständlich, aber dann musst du am Ende nicht wieder ankommen, weil sie Schluss gemacht hat oder plötzlich einen anderen Typen hat. Ich bin dann nicht mehr für dich da. Also Entscheide selbst was dir wichtiger ist. Wir kennen uns seit dem Kindergarten und ich glaube langsam echt, dass ich dich besser kenne als du dich selbst.”, sagt er genervt und geht ins Badezimmer.
      “Jetzt bleib doch mal hier. Immer wenn es für dich unangenehm wird, gehst du. Das ist jetzt aber keine Lösung. Ich möchte wegen ihr nicht unsere Freundschaft aufs Spiel setzen, doch im gleichen Gedanken möchte ich nicht, dass du einen Keil zwischen uns treibst, nur weil du ein persönliches Problem hast.”, sage ich zu ihm und folge ihm.
      “Weißte was, mach was du willst, aber belaste mich nicht weiter mit der. Ich kann die einfach nicht ab. Jeden bevormundet sie und macht ein auf Obermutter, aber das ist sie nicht. Die scheint irgendwelche Komplexe zu haben, die wahrscheinlich auf familiäre Probleme beruhen. Das soll sie aber nicht an uns auslassen, sondern selbst mit klar kommen”, beleidigt er sie dann noch. Dann schiebt Niklas mich aus dem Badezimmer. Nun muss ich mich erstmal setzen und mir Gedanken machen. Vriska finde ich schon sehr nett und ich mag die Art, dass sie sehr offensiv interessiert an mir ist. Bisher habe ich immer alles getan um einem Mädchen zu gefallen, diesmal ist das gar nicht notwendig, auch wenn es sehr Oberfläch zu sein scheint.

      Jace
      Irgendwie hatte ich es ja schon verdient, dass ich jetzt allein die Koppel abäppeln durfte. Beim Frühstück hatte mich Jayden über den Verlauf des gestrigen Abends aufgeklärt und ich verstand warum Samu so sauer gewesen war. Ich sollte mich bei Abigail entschuldigen meine Verhalten war echt nicht ok gewesen. Also ging ich noch bevor ich mit der Arbeit anfing zu Abigail Bungalow und klopfte. Es dauerte ein paar Minuten bis jemand öffnete. "Was willst du?", ranzte mich ein zierliche braunhaarige Frau an. "Ich möchte mich bei Abigail entschuldigen", antwortete ich dem unfreundlichen Mädchen. "Ahh dann bist du also der Typ der sie abgefüllt hat. Ich sag dir nur eins verpiss dich", sagte sie böse und knallte mir die Tür vor der Nase zu. Wow war dies Mädel unfreundlich gewesen. Im Moment würde das mit dem Entschuldigen also nichts werden. Also machte ich mich Kopfschmerzen geplagt auf den Weg Schubkarre und Mistgabel zu holen um damit zu beginnen die Koppeln ab zu äppeln. Die wenigen Pferde, die die Nacht in der Box verbracht hatten standen inzwischen auf der Koppel die andern drei scheinen sich echt Mühe zu geben mit ihren Aufgaben bis heute Nachmittag fertig zu sein. Wobei auch ich zugeben musste, dass ich alles geben würde um an dem Training teilzunehmen zu nehmen. Es war schon immer ein Traum von mir gewesen ein Teil des internationalen Team zu sein. Jetzt wo ich so kurz davor stand zumindest für ein paar Tage dazu zu gehören verbockt ich es natürlich mal wieder. "Warum bist du eigentlich immer so dämlich Jace", sagte ich zu mir selbst. "Ja, das wüsste ich auch gern", ertönte eine Stimme hinter mir. Ich brauchte mich nicht um zu drehen um zu wissen wer da stand. "Alec, was machst du hier?". Ich war erstaunt meinen besten Freund hier an zu treffen, da er eigentlich seit einem. Jahr die Außenstelle des WHC leitet. Ich dreht mich um und da stand er. Im Gegenlicht wirkte er noch ein wenig größer als sonst. "Ich bin hier um dein Gehirn zu waschen du Idiot. Lina hat mich angerufen und mir von deiner unehrenhaften Schantat erzählt. Was zur Hölle hast du dir dabei gedacht?" fragte Alec in einem strengen Tonfall. Alec war für mich immer wie ein großer Bruder gewesen und er kannte mich besser als ich mich selbst." Ich hab gar nicht gedacht", murmelte ich resigniert." Naja, so wie Lina es erzählt hat klang es als hätte du auf jeden fall nicht mit deinem Hirn gedacht", erwiderte Alec. Er hatte ja Recht und ich wusste es auch. "Wir haben ein ähnliches Gespräch schon einmal geführt und ich möchte ungern schon wieder den Scherbenhaufen hinter dir wegräumen. Ich will doch nur vermeiden, daß das gleiche passiert wie damals", ermahnte er mich. Damals war ein Kapitel, was ich so nie wieder erleben wollte.



      Ein komisches Gefühl lag in der Luft, die Energie vom gestrigen Abend habe hatte sich angestaut und schien nicht verschwinden zu wollen. Während sich Vriska mit Folke und Tyrell telefonierte und versuchte sich Tipps zum Umgang mit der Situation zu holen. War Milena dabei sich ihr neues Zimmer, alleine, einzurichte. Sie wirkte glücklich, doch etwas reue schien sie schon zu haben. Doch wie auch Ju wird sie von Niklas unter Druck gesetzt und in ihrem Alter fehlt es noch an der Erfahrung das zu erkennen. Wir können nur hoffen, dass es besser wird.
      Frau Wallin hatte nun auch den Zeitplan aufgehangen und Erika schrie dies auch quer über den Hof. Aufgeregt kamen alle zum Schwarzen Brett uns Musterten ihre Gruppen.

      Vriska
      “So jetzt mal ganz ruhig. Gruppe jetzt geht dann jetzt los, Pferd holen und dann auf zum Reitplatz oder in die Halle. Bitte achtet darauf, dass besonders die Springreiter die Steigbügel lang machen, heute ist Dressurunterricht. Zugucken dürft ihr gern, viel Erfolg!”, sagt Frau Wallin die sich aus der Traube von Menschen gekämpft hat.
      Mit Niklas und Ethan in der Halle bei Herrn Holm, na toll. Ich denke ich echt, dass sie mir was rein drücken will. Doch das ist zum Glück nun nicht mehr so wichtig. Endlich reiten. Mit Herr Holm hatte ich bisher noch nie Training gehabt aber schon oft beobachtet, er scheint sehr Ernst zu sein aber man lernt viel.
      Aufgeregt laufe ich raus um Glymur zu holen, der Schlafend auf dem Boden liegt. Langsam gehe ich auf ihm zu, weil ich ihn nicht erschrecken möchte.
      “Gaaaanz ruhig! Wir gehen jetzt in die Halle”, drohe ich ihn an. Neugierig spitzt der Isländer die Ohre und steht auf. Zufrieden lobe ich ihn und gehe zum Anbinder, an dem ich ihn fertig mache.

      Lina
      Ich hatte es locker geschafft alle Stallarbeiten zu erledigen und da Jace für die nächsten Tage die Koppeln machen musste, hatte ich auch schon die ersten Pferde geschafft. Ich hatte gerade den Junghengst Lancasters Peppermint zurück auf die Weide gebracht und sah auf einmal eine riesigen Menschnetraube vor dem schwarzen Brett. Samu stand ein wenig abseits und ich Gesellte mich zu ihm. “Wow, wie schnell man alle mit einem Zeitplan aus dem Häuschen bringen kann”, sagte ich erheitert zu Samu. Es dauert ein paar Minuten bis die Menschenmenge sich zerstreute. “Samuuuuu ich darf mit Chloe reiten”, quietsche ich aufgeregt als ich auf den Plan gesehen hatte. Chole und ihr Fuchswallach waren super bekannt in Kanada, weil sie als jüngste Reiterin im Team gleich zweimal Gold bei Olympia geholt hatte. Wie ein Flummi hüfte ich vor Samu auf und ab.”Jetzt beruhig dich doch mal”, sagte der Finne und hielt mich fest damit ich aufhörte zu hüpfen.

      Vriska
      Aufgeregt mache ich mich auf dem Weg zur Halle bei der ich auch auf Niklas treffen, ein junger anderer Mann ist auch da, ebenso Herr Holm.
      „Ich freue mich, dass jetzt wenigstens Pünktlich seid. Dann setzt euch mal auf eure Pferde, dann geht es erstmal mit dem Warmreiten los“, sagt Herr Holm.
      Ich gurte noch einmal nach und Steige auf. Das Niklas diese schöne Stute gehört, hätte ich nicht gedacht. Auf dem Gelände von unserer Akademie hatte ich sie bereits mehrfach bewundert, so dass ich jetzt noch viel schockierter bin. Aber auch die Stute von dem anderen Typen hat es mir sehr angetan, eine wunderschöne Scheckin.
      “Vriska, achte mehr auf eine Beine, du klammerst dich zu sehr an Glymur, deswegen läuft er auch viel zu schnell im Schritt. Atme tief durch und dann geht es weiter”, ruft Herr Holm mir zu. Ich pariere meinen Hengst durch in den Stand, schließe die Augen und denke an die vergangene Nacht. Direkt merke ich, dass ich ein lächeln aufsetze und meine Muskelatur sich löst. In dem Moment schnaubt auch Glymur ab.
      “Siehst du, direkt ist auch dein Pony mehr bei dir und entspannt.”, sagt Herr Holm und muss tatsächlich auch lächeln. Das bestätigt sich nur in meiner Gedankenwelt und ich werde daran festhalten. Als ich im Schritt wieder anreite, ist Glymur entspannt und läuft deutlich langsamer als vorher. Immer wieder schaue ich zu Niklas rüber, der wirklich gut reiten kann. Seine Stute aktiv vorwärts ohne so rennig zu sein wie mein Hengst. Auch ignoriert sie vollkommen, dass ein Hengst mit in der Halle ist. Nur mit wenigen Einwirkungen scheint er sie zu reiten, was mich auch wieder sehr schockiert. Nach dem wie er zu mir ist, dachte ich wirklich, dass er einer von diesen vermeintlich guten Reitern ist, die aber einfach nur ein gutes teures ausgebildetes Pferd haben und nur darauf herum sitzen.
      “So Vriska, wie ist das mit Glymur. Kannst du mit ihm auch im Trab arbeiten, oder wäre Tölt für ihn einfacher”, erkundigt sich unser Trainer.
      “Ähm, ich würde ihn erstmal etwas auf dem Zirkel etwas tölten, dann sollte er für den Trab lockerer sein.”, antworte ich. Er nickt und ich lege los. Aus dem Augenwinkel bemerke ich, dass wir nun Publikum haben und einen erkenne ich direkt. Ju sitzt dort. Direkt fällt meine Entspannung in eine Unsicherheit um. Auf dem Zirkel fällt mir Glymur in den Trab und lässt sich nicht mehr bremsen. Hektisch versuche ich ihn wieder umzustellen was mir nicht gelingt. Überzeugt stellt sich Herr Holm vor meinen Hengst, der direkt bremst. Unerwartet kippe ich nach vorn und falle ihm unsanft auf den Rücken.
      “Was war denn das?”, fragt Herr Holm mich nun etwas sauer.
      “Sorry, ich war unaufmerksam”, entschuldige ich mich. Von weitem sehe ich Niklas schelmisch Grinsen.
      “Konzentriere dich auf dein Pferd und nicht wer noch hier ist. Das hilft dir nicht”, rät unser Trainer mir und nicke zustimmend. Als ich wieder im Schritt anreite, schließe ich immer wieder die Augen um mich an die schöne Nacht zu erinnern. Glymur schnaubt wieder ab. Meine Konzentration liegt nun wieder bei meinem Pferd, diesmal klappt der Tölt auch deutlich besser. Herr Holm ist in der Zeit mit Ethan beschäftigt, der offenbar auch einige Probleme mit seinem Pferd hat. Im Vergleich zu der Stute von Niklas scheint sie sehr wohl zu merken, dass ein Hengst mit in der Halle ist und versucht immer wieder ihm zu imponieren. Niklas hingegen steht an der Bande und unterhält sich mit Ju. Eigentlich sollte ich jetzt ganze Bahn reiten aber da möchte ich nicht lang, also gehe ich auf den mittleren Zirkel und muss mir erst mal etwas von Herrn Holm anhören, der davon nicht sonderlich begeistert ist.
      “Vriska, Sie können auch gehen wenn sie ein Problem mit Anweisungen haben”, sagt er zornig zu mir. Niklas lacht.
      “Und Sie hören auf mit Ju zu flirten. Es wird jetzt geritten. Traben sie Smoothie erst mal auf dem Zirkel und ... “, ermahnt Herr Holm dann auch ihn. Etwas Schadenfreude macht sich in mir Breit. Dann reite ich auch ganze Bahn entlang und Ju lächelt mir zu. Wieder fällt die Anspannung von mir. Glymur bietet sich heute im Tölt extrem gut an. Er setzt sich auf die Hinterhand, ist locker im Rücken und zeigt eine hohe Aufrichtung.

      Lina
      Da wir noch eine ganz Menge Zeit hatten bis wir unsere Pferde holen mussten, schlug ich Samu vor in die Halle zu gehen und den drei dort zu zusehen. “Wow, sind das schöne Pferde”, sagte ich zu Samu als wir die Halle betraten. “Ja, die sind ganz nett”, erwiderte er nur. Ju stand bereits an der Bande und wir gesellten uns zu ihm.

      Vriska
      Es wurden immer mehr Zuschauer und wieder wurde ich unsicher. Aber Glymur blieb gelassen. Dieses Pferd ist einfach unglaublich.
      “So, Ihre Pferde müssten nun Warm sein. Dann können wir anfangen. Erstmal bilden Sie eine Abteilung mit Vriska an der Spitze, gefolgt von Niklas und Ethan. In der zweiten Ecke wird angetrabt, aussitzen”, weist Herr Holm uns ein. Böse Blicke ernte ich von Niklas, der wohl lieber vorn geritten wäre.
      Gefolgt von vielen Bahnfiguren, reiten wir auch verschiedene Seitenweisende Lektionen, die Glymur und mir besonders schwer fallen, doch Herr Holm gibt uns gute Tipps, die mir sehr geholfen haben. Am Ende reiten wir noch einige Runden ab bevor wir wieder zurückgehen, da die nächste Gruppe am Tor steht. Ich sehe das auch Milena da ist, als ich zu ihr gehe, dreht sie sich weg von mir zu Finley. Na gut, offenbar schein ich doch ein super furchtbarer Mensch zu sein. Als ich dann weiter laufe mit Glymi kommt Niklas mit seiner Stute an mir vorbei.
      “Ich hätte nicht gedacht, dass dein kleines Pony so viel Power hat”, scheint Niklas mich zu loben. Verwirrt gucke ich zu ihm.
      “Danke?”, frage ich vorsichtig, aber dann beachtet er mich schon wieder nicht mehr. Zusammen mit Ju gehen sie die Stute wegbringen. Einmal dreht er sich zu mir um aber Niklas unterbindet das direkt. Versteh das mal einer.
      Glymur dusche ich nach dem absatteln einmal ab um ihm sein Ekzem zu behandeln. Dann bekommt er wieder seine Decke um.

      Lina
      Ein wenig aufgeregt stand ich neben meiner Stute Nathalie vor der Halle und wartet auf die anderen beiden. Da sah ich auch schon Chloe mit ihrem Fuchswallach Diamond um die Ecke kommen. Die Tür der Halle öffnete sich und Max und Jace ritten mit ihren Pferden hinaus. Der Buckskin Hengst begann sich auch gleich ein wenig aufregung, als er an Nathy und mir vorbei ging. Chloe führte ihren Wallach auch schon in die Halle, sobald auch Max hinausgegangen war.”Wo bleibt denn nur Ju” murmelte ich leise vor mich hin, als ich Nathalies Sattelgurt nach zog. Kaum hatte ich den Gedanken fertig gedacht stand er auch schon in der Hallentür. “Warum bist du zu spät?”, fragte Herr Holm.


      Fortsetzung folgt ...

      © Mohikanerin & Wolfszeit| 98031 Zeichen

    • Mohikanerin
      Nationalteam II | 07. Februar 2021
      St.Pauli’s Amnesia // Glymur // Satz des Pythagoras // Snotra // Kempa // Snúra // Blávör // HMJ Holy //
      Nathalie // (Beastly Domina) Mijou // Briair // Legolas // HMJ Divine // LMR Fashion Girl // Black Lady // Flanell D’Egalité // Farena van Hulshóf // Cleavant ‘Mad Eye’// Nurja // Vakany // British Gold
      Checkpoint // Oline // Windrose // Caja


      Ju
      “Tut mir Leid, aber Amnesia wollte nicht mitkommen. Sie ist seit dem Flug total komisch”; sage ich wehmütig zu meinem Trainer. Er nickt und ich gehe rein. In der Halle sind schon Lina und Chloe. Während ich mich noch etwas um Amy kümmere und sie etwas vom Boden Aus noch arbeite, kommt Niklas dazu und setzt sich zielstrebig an die Seite. Hoffentlich kann er sich etwas zusammen reißen.
      “Ist das eine Sankt Pauli Stute?”, fragt mich Chloe überrascht als sie an mir vorbereitet.
      “Tatsächlich ja. Sieht man es ihr an?”, stelle ich ihr eine Rückfrage. Sie lacht.
      “Ja, die haben alle so einen speziellen Kopf. Tolle Stute hast du da.”, flirtet sie offenbar ein wenig mit mir.
      “Deiner ist aber nicht schlecht”, steige ich darauf ein.
      “Weiter so”, brüllt Niklas vom Rand zu. Doch das passt Herrn Holm mal wieder gar nicht.
      “Ihr seid zum Training hier, wenn ihr euch unterhalten wollt, dann später. Und Niklas, wenn Sie sich nicht zusammenreißen, dann können sie gehen. Und zwar nach Hause”, macht unser Trainer eine Aussage. Chloe reitet weiter und ich steige auf. Amnesia ist heute wieder besonders zickig. Ich gebe ihr den ganzen Zügel und trotzdem schlägt sie mit ihrem Kopf herum. Erst nach einigen Runden ganze Bahn ist sie wieder sie selbst und ich kann den Zügel aufnehmen.

      Lina
      Chloe ritt auf ihrem Wallach als würde es nichts einfacheres geben. Der Fuchswallach schritt schön voran und wenn man ihn so ansah bekam das Wort Schritt gleich eine ganz neue Bedeutung. “Lina, lass deine Stute mehr vorwärts gehen”, rief Herr Holms mir zu. Ich versuchte mich wieder auf die Scheckstute unter mir zu Konzentrieren und trieb sie ein wenig an. “Nimm deine Zügel ein wenig mehr auf und lass sie nicht so auseinander fallen”, kam es sogleich hinterher. “Lina konzentrier dich”, sagte ich zu mir selbst. Doch daraus wurde nichts denn ich nahm Nikals abfälligen Blick wahr den er mir zuwarf. Auch wenn es nur ein paar wenige Sekunden waren, die ich mich nicht konzentrierte rechte es schon aus, dass meine Stute fast über ihre eigen Füße fiel. “Na, los Nathy dem Iditot zeigen wir was wir können”, flüsterte ich meiner Stute zu und nahm meine Zügel wieder vernünftig auf und Konzentrierte mich nur noch auf mein Pferd. Es zeigt tatsächlich Wirkung, denn so gleich nahm Nathalie eine ganz andere Haltung ein und begann aktiv mit der Hinterhand untertreten. “So ist es besser”, lobte Herr Holm mich. “Denk auch jetzt schon daran eure Pferde ein wenig zu biegen”, fügte er an alle Gewandt hinzu und ich lenkte meine Stute auf den Zirkel.

      Niklas
      Natürlich musste ich mal wieder ne große Fresse haben, aber was solls. Hoffentlich nimmt sich Ju die, die passt deutlich besser zu ihm - bekannt, gutaussehend und kann richtig gut reiten. Aber auch Lina machte auf dem Pferd eine gute Figur, auch wenn es nicht lassen konnte sie böse anzugucken, entschied ich mal etwas freundlicher zu sein.
      Während Ju immer wieder Probleme mit seiner neuen Stute hatte, musterte ich Lina auf ihrer Scheckstute. Als sie vorbei ritt musste ich einfach was sagen: “Du kannst besser reiten als ich dachte. Dein Pferd macht aus echt was her.”

      Lina
      “Danke”, erwiderte ich nur kurz angebunden und blieb mit den Gedanken bei meiner Stute. Wow, Niklas konnte ja scheinbar auch nette Dinge sagen. “Eure Pferde sollten nun genug vorbereitet sein. Ich möchte von euch mal ein wenig Seitengänge sehen und zwar im Trab”, rief der Trainer. Die Aufgabe freute mich, denn Seitengänge waren die Spezialität meiner Stute. Ich trieb sie in den Trab und nach ein paar lockeren Runden begann ich erst einmal langsam ein wenig Stellung und schließlich sogar das Schulterherein dazu zu nehmen. Nathalie war heute besonders fein an den Hilfen, sodass ich kaum Schwierigkeiten hatte.

      Vriska
      Nach dem ich mit dem Fahrrad in der Stadt etwas einkaufen war, stellt ich fest das noch Lina und Ju reiten, also führte mich der Weg geradewegs zur Großen Reithalle in der vorhin schon war mit Glymur. Als ich reinkam sah ich dass sie schon am Abreiten waren. Leider sah ich auch, das Ju und Chloe sich sehr intensiv unterhielten, als sie nebeneinander her ritten.
      “Tja Vriska, da bist du wohl zu spät”, piesackt mich Niklas. Ich ging aber nicht weiter drauf ein, sondern wandte mich an Lina.
      “UUUUnd wie war’s?”, rief ich ihr zu. Ihre Stute war völlig durchgeschwitzt aber Beide strahlten förmlich, was auch meine Laune direkt wieder verbesserte.

      Lina
      “Es war super”, antwortete ich Vriska, die inzwischen auch in die Halle gekommen war. “Die Zuschauer scheinen sie nur noch Angesport zu haben”, erzählte ich und strich Nathy über den verschwitzen Hals. “Ich glaube ich werde draußen noch ein paar Runden Schritt reiten. kommst du mit?”, fragte ich Vriska. “Wie war es bei dir, Glymur scheint ja als wäre er ein wahres Powerpaket”, plappert ich fröhlich vor mich hin.

      Vriska
      “Ja klar, können wir machen”, antwortete ich ihr und wir verließen die Halle. Beim rausgehen warf ich noch eine Blicke in seine Richtung, aber er schien mich nicht mal gesehen zu haben.
      Unerwartet höre ich Schritte hinter uns, als wir uns weiter über den Unterricht unterhalten. Neugierig drehe ich mich um.
      “Was willst du denn hier?”, frage ich Niklas genervt, der offenbar uns verfolgt.
      “Ich möchte mit euch reden”, sagt er dann.
      “Warte mal Lina. Hast du das auch gehört?”, frage ich schockiert und gucke suchend in der Luft herum.

      Lina
      “Was, meinst du etwa dieses Säuseln des Windes?”, sagte ich nur zu Vriska und ließ meine Stute weiter trotten. Doch sie blieb stehen um sich zu Schütteln.

      Niklas
      Irgendwie muss ich meinen Ruf verbessern, also muss ich mich bei den Außenseitern versuchen etwas einzuschleimen.
      “Es tut mir leid, wenn ich so eklig zu euch war. Manchmal habe ich mich nicht unter Kontrolle.”, sagte ich, obwohl die beiden offenbar versuchten mich zu ignorieren.
      “Wenn ihr Lust habt, heute Abend machen wir noch mal eine kleine Runde mit ein Paar auserwählten. Ihr seid herzlich eingeladen, diesmal wird nicht so übertrieben wie gestern”, lud ich die Beiden ein, eh mich wieder umdrehte um zurück zu Ju zu gehen, der sich offenbar sehr gut mit Chloe verstand.
      “Und ist sie was für dich?”, fragte ich neugierig nach, als er allein mit Amnesia die Halle verließ.
      “Das kann ich schlecht einschätzen. Sie ist sehr nett aber auch etwas eingebildet. Mal gucken was sich hier noch entwickelt, aber nach der letzten Trennung habe ich eigentlich keine Lust auf was festes”, sagte er zu mir.
      Wir reden noch weiter über was heute Abend stattfinden soll, bevor wir uns gedanken um Mittagessen machen, dass wir selbst machen müssten. Aber weder ich noch Ju können Kochen, vielleicht kann man sich was organisieren bei den anderen.
      +
      Lina
      “Der glaubt auch er könnte uns verarsche oder?”, sagte ich zu Vriska, als Niklas wieder verschwunden war. Inzwischen waren wir am Waschplatz angekommen und ich war abgestiegen. “Kannst du sie mal kurz halten”, sagte ich und drückte ihr die Zügel in die Hand. Ich sattelte Nathalie ab und verschwand kurz um ihr Halfter zu holen. Als ich zurück kam, war meine Stute geradewegs dabei Vriska voll zu sabbern und versuchte sich an ihr zu schubbern.

      Jace
      Nach dem Training kam ich endlich dazu mich mit Alec zu Unterhalten. Wir saßen auf der Bank vor der Hauskoppel und beobachteten Mina und Briair die friedlich in der Sonne dösten. “Warum bist du denn eigentlich immernoch hier. Hast du Zuhause nichts zu tun?”, fragte ich meinen Kumpel. “Na, ich hab schon genug zu tun, aber dich kann man ja scheinbar nicht unbeaufsichtigt lassen”, tadelte er mich. “Ja, du hast ja recht”, gab ich zerknirscht zurück. “Hast du dich wenigsten bei dem Mädel entschuldigt?”. Alec sah mich scharf an. “Ich habs versucht, aber ihr Freundin hat mich gar nicht erst reingelassen”. “Verständlich. so einen Deppen wie dich würde ich auch nicht rein lassen”, sagte er lachend.

      Vriska
      “Ich weiß nicht, vielleicht meint er es wirklich ernst? Hingehen werde ich auf jeden Fall, wenn das die einzige Möglichkeit ist Ju näher kennen zu lernen.”; sagte ich leicht in mich selbst versunken. Immer wieder sagte ich mir, dass er ein gutes Mensch sein wird und nur ein normales Gespräch mit Chloe geführt haben wird.
      “Langsam bekomme ich echt Hunger. Hast du Lust mit Samu zu mir rüber zu kommen? Ich war vorhin einkaufen und würde jetzt was kochen.”, lud ich Lina ein.

      Lina
      “Naja, wir werden sehen. Ich denke mal ich werde auch kommen“, mir war aufgefallen wie Gedankenversunken sie war. Ich nahm ihr die sabbernde Stute ab und begann sie ab zu trensen. “Klar kommen wir vorbei. Vorher bringe ich aber noch diese Schönheit hier auf die Koppel”,antwortete ich während ich begann die Stute abspritzen. “Was kochst du denn leckeres?”, fragte ich sie.

      Vriska
      “Okay dann werde ich gleich rüber gehen, lasst euch ruhig Zeit, dauert ungefähr eine Stunde bis es fertig ist. Ich werde Gemüse mit Reis machen, dazu Soja Sauce”, sage ich zu ihr und gehe still zurück in meinem Zimmer. Dort wasche ich mit zunächst die Hände und setze mich hin.
      Am liebsten wäre ich nun Zuhause, dann könnte ich weiter mit Songbird arbeiten oder Lulu wieder zu reiten. Die Zeit hier mit neuen Leuten finde ich gut, aber ich habe zu viele Möglichkeiten nach zu denken und das zieht mich schon ganz schön wieder runter.
      Langsam hatte ich wieder die Kraft und Motivation gefasst etwas zu essen zu zubereiten. Also stand ich auf, holte die Aubergine, Zucchini, Paprika und Möhren aus dem Kühlschrank. “Ach mist”, sagte ich. Ich hab vergessen den Brokkoli heraus zuholen, als dann schon das ganze Gemüse kleingeschnitten in der Pfanne war. Also nochmal schneiden. Als ich mich endlich wieder hingesetzt hatte und mir meinen Skizzenblock genommen hatte, Klopfte es an der Tür. Ich guckte hoch, da die Tür offen ist. Niklas und Ju.
      “Na was wollt ihr schon wieder? Unruhe Stiften?”, fragte neugierig.
      “Nee wir haben Hunger, können wir etwas mit Essen?”, erkundigte sich Niklas. Ich stand auf.
      “Mh könnte noch für euch reichen”, antwortete ich. “Aber es dauert noch einen Moment”, fügte ich noch hinzu. Völlig selbstverständlich kommen sie in mein Zimmer und setzen sich mit an den Tisch.

      Lina
      Auf dem Weg zu den Koppeln entdeckte ich Jace der mit Alec zusammen an der Hauskoppel saß. Also war er wirklich gekommen. Es war schon immer so gewesen, dass Alec derjenig war der Jace entweder den Arsch rette oder ihn wieder zu Vernuft brachte. Zwischen den beiden herrschte so etwas wie eine magische Verbindung und es war faszinierend wie anders Jace war, wenn Alec in der Nähe war. Nichts desto trotz war ich immer noch böse auf Jace, also ging ich wortlos an den beiden Vorbei.
      “Hey Samu. Da steckst du also”, rief wenige Minuten später als ich Samu gefunden hatte. “Hast du mich etwa gesucht?”fragte er und schloss die Tür der Box die er gerade gemistet hatte. “Vriska lädt uns zum Essen ein, kommst du mit?”, fragte ich den jungen Mann. “Klar klingt nach einer super Idee”, sagte er und wir machten uns auf den Weg zu Vriskas Hütte.

      In der Hütte von Vriska war nun reges treiben und auch gab es keine weiteren Anfeindungen. Doch das der Abend nun so verlaufen würde, damit hatte keiner Gerechnet. Die Trainer hatten alle wieder Schwarzen Brett versammelt um eine Ansage zu machen.

      Vriska
      “Schön das ihr alle hier seid. Damit der heutige Abend nicht genauso verläuft wie der gestrige haben wir uns eine schöne Sache überlegt um nun euren Kampf- und Teamgeist zu fördern. In vierer Teams werdet ihr um einen großen Preis kämpfen - Neben einem Taschengeld in Höhe von 2000 Dollar bekommt ihr einen Maßsattel sowie einen Wunsch frei. Damit ihr aber nicht miteinander Arbeiten könnt, gibt es für jedes Team andere Rätsel. Ich sage nun die Teams an, also hört gut hin. Team 1: Samu, Max, Milena und Jace. Team 2: Linh, Chloe, Chris und Hannes. Team 3: Emilia, Jayden, Finley und Abigail. Team 4: Vriska, Lina, Ju und Niklas. Team 5: Ethan, Anna und Jacob Team 6: Noha, Raphael und Ella.
      Also findet euch zusammen, nehmt euch die von uns vorbereiteten Rucksäcke. Bitte macht euch den GPS Tracker in die Hose, damit wir euch wiederfinden können wenn was ist. So und nun lasst die Spiele beginnen.”, sagt Frau Wallin an, die mit Herrn Holm und Luchy vor uns allen steht. Schnell laufe ich zu Lina rüber.
      “Musste ja wieder klar sein, denkst du die Trainer machen das mit absicht?”, frage ich sie skeptisch.

      Lina
      “Irgendetwas werden sie sich schon dabei gedacht haben”, erwiederte ich Schulterzuckend. Nikals und Ju hatten sich schon unseren Rucksack geschnappt und kamen auf uns zu. “Und da kommt auch schon der Rest”, sagte ich und deutete auf die beiden Jungs.

      Samu
      “Ich hoffe du hast aus gestern Gelernt”, meinte ich zu Jace. “Ja, und du hast Recht die Aktion heute morgen hab ich definitiv verdient. Danke”. “Wo sind eigentlich die anderen beiden?”, frage er sogleich und sah sich ein wenig ratlos um.

      Vriska
      “Na Mensch, die Herren der Schöpfung”, sage ich sarkastisch.
      “Wir freuen uns auch sehr euch wieder zu sehen”, antwortet Niklas ironisch.
      “Das ist schön, dann macht mal eure Pferde fertig, wir treffen uns dann hier”, sage ich überzeugt und Jogge zur Box. Je schneller wir vom Hof kommen, umso besser sind unsere Chancen. Das Geld könnte ich ziemlich gut gebrauchen, weil dann könnte ich Anfangen Glymur abzuzahlen.

      Milena
      “Boah, zum Glück bist du hier”, sage ich zu Jace als ich mit Max auch dazu stoße.
      “Und was jetzt? Ich hab sowas von keine Lust drauf”, nörgel ich.

      Lina
      Auch ich beeilte mich zu meiner Stute zu kommen da sie nicht wie die Pferde der anderen drei in der Box stand, hatte ich den weitesten Weg. Um auf dem Rückweg Zeit zu sparen schwang ich mich kurzerhand auf ihren Rücken. "Na los Nathalie", sagte ich zu der Stute und im Trab ging es zum Hof. Kaum auf dem Putzplatz angekommen sprang ich von der Stute runter und rannt in die Sattelkammer um mir ihre Trense zu schnappen.

      Jace
      "Ich vermute hier bleiben dürfen wir nicht", sagte ich zu der Gruppe und schnappte mir den Rucksack.

      Niklas
      “Ich hoffe einfach, dass wir schnell sind. Wirklich Lust den ganzen Abend nur mit den zu verbringen habe ich nicht”, sage ich genervt zu Ju, während wir zu den Pferden eilen.
      “Ach das wird bestimmt lustig”, versucht er mich aufzumuntern.

      Vriska
      Als die Gruppe wieder vollständig ist, ziehe ich die Helmlampe auf und ziehe unseren Rätselzettel aus dem Rucksack.
      “So Leute, hier steht ‘Wir haben kleine grüne Hüte, und wir leben hoch auf den Kronen.
      Im Herbst fallen wir auf den Boden, Kinder sammeln uns und basteln niedliche Figuren.’ Darunter ist dann geschrieben ‘Schon gelöst? Das ging ja schnell. Jeder nimmt 5 Stück mit und dann geht es weiter mit 5 Galoppsprüngen Richtung Süden’ Habt ihr eine Idee?”, lese ich vor und frage in die Gruppe, den allen Fragezeichen im Gesicht geschrieben sind.
      “Vielleicht irgendwas das an Bäumen wächst im Wald?”, schlägt Niklas überraschend vor.
      “Gute Idee, vielleicht Tannenzapfen? Halt, die haben keine Hüte”, wirft Ju dann etwas ratlos ein. Erwartungsvoll blicke ich zu Lina, die bisher nichts gesagt hat.

      Lina
      “Es sind Eicheln”, sagte ich enthusiastisch. “Ich weiß auch wo wir welche finden”,fügte ich hinzu trieb meine Stute in Richtung des kleinen Wäldchens, wo die alte Eiche stand. “Kannst du die Eicheln sammeln du kommst besser auf dein Pferd wieder rauf”, sagte ich zu Vriska als wir dort angekommen waren.

      Vriska
      “Das war richtig gut”, sage ich zu Lina und steige ab. Auch die Jungs sind nicht bemüht abzusteigen also sammle ich 20 Stück und gebe jeden ihre 5 Eicheln.
      “So aber 5 Galoppsprünge? Ich mein, mein Glymi hüpft ja ganz anders als eure Pferde. Zumal wer kann aus dem Stand einfach mal 5 Sprünge abzählen?”, rege ich mich leicht auf, als ich wieder aufs Pony steige.
      “Smoothi sollte das hinbekommen”, kommt Niklas aus dem verborgenen. Er holt aus dem Rucksack den Kompass und richtet die Stute aus. Dann springt Smoothie 5 Mal und er holt sie zurück in den Stand.
      “So angekommen, was jetzt?”, fragt er gespannt. Offenbar kommt langsam das kleine Kind aus ihm heraus.
      “Also ich bei mir steht, gucke auf Zettel 3. Den hat bestimmt einer von euch”, sage ich.

      Lina
      Ich sah in meinen Rucksack “Ich hab nur Zettel 4”, stellte ich kurz darauf fest. Nathalie machte den Hals lang um sich einen Snack von einem Ast über ihr zu holen. “Lass das, Nathi “, sagte ich empört zu der Stute und trieb sie ein Stück vor, sodass der ast außer Reichweite war. ”Ju, hast du den Zettel”, frage ich den jungen Mann der uns bisher einfach gefolgt ist ohne aufzufallen.

      Ju
      “Öhm ja sieht so aus. Ich lese mal vor. Hier steht: ‘Mensch, ihr seid ja schon weit gekommen.’ Leute. Da ist einfach ein Gedicht. Die Mädels können sicher damit mehr anfangen. Also ich lese weiter ‘Ich kenn ein Haus, gar wohl erbaut, das klingt und tönet hell und laut, du hörst von fern sein Rauschen. Viel Gäste spielen drin umher, von diesen wirst du nimmermehr nur einen Ton erlauschen. Es wandelt stets von Ort zu Ort, die Gäste wandeln mit ihm fort - dies Haus sollst du mir nennen.’ - Alter das ist voll schwer. Darunter steht noch ‘Dort angekommen, findet ihr an eine, kleinen Fels mit dem nächsten Rätsel. Gute Reise’.”, lese ich aufmerksam und ruhig vor.
      Natürlich regt es mich ein wenig auf, dass ich keinen Plan habe worum es geht. Doch noch viel mehr verwundert mich Niklas, der seit dem wir unterwegs total komisch ist.
      Während die Mädchen sich beraten reite ich zu Niklas, der verzweifelt nach Internetempfang sucht.
      “Und schon was gefunden?”, scherze ich.
      “Ne Mann. Hier ist voll das Loch”, echauffiert er sich.
      “Sag’ mal, was denn los? Du bist so … normal?”, frage ich ihn dann doch.
      “Ach nichts. Alles gut. Irgendwie habe ich doch voll Lust drauf. Der Abenteuerfaktor fehlt aber noch”, sagt er.

      Lina
      “Meinen die vielleicht ein Bach oder einen Fluss oder sowas”, dachte ich laut. “Ich glaube ich habe eine Idee wo wir hinmüssen. Und falls du Internet suchst, das wirst du hier nicht finden”, sagte ich im vorbereiten zu Niklas. Im Trab hielt ich auf den Wald zu bevor ich nach einem Busch meine Stute durch parierte.Im dunkeln kaum zu sehen begann dort ein schmaler Pferd “Ich hoffe eure Pferde sind alle trittsicher und passt auf eure Köpfe die Äste hängen hier tief”, sagte ich noch bevor ich auf den kleinen schmalen Trampelpfad abbogt. In steilen engen Serpentinen führte er eine Böschung hinab. Es war gar nicht so leicht den Weg zu sehen, doch Nathalie kannte den Weg gut genug um und sicher entlang zu führen.

      Niklas
      “Das wird wohl der Bach sein”, sagte ich zu Lina, der Wir alle fleißig nach Ritten. Nach einigen Minuten suchen fand ich den Zettel versteckt in einer Felsspalte, an die man nur zu Pferd kommen konnte. So gut ich in der Schule gelernt hatte, las ich das kleine Gedicht auf dem Zettel vor. Da kam Lina direkt wieder der nächste Einfall, dass damit nur ein kleines Häuschen mitten im Wald sein kann in dem Jäger oder Reisende übernachten können im Schutz vor Bären oder schlechtem Wetter. Der Weg dorthin war deutlich angenehmer als zum Fluss, den wir vorher überqueren mussten, was für Smoothie beinah eine Herausforderung war. Sie wehrte sich vehement gegen das Wasser und nur mit Biegen und brechen gelang es mir meine Stute vom Sprung aus dem Stand. Begeistert klatsche Ju und wir mussten lachen. Das war meine Chance. Vriska und mein bester Freund blieben einige Meter zurück, schwiegen sich dennoch an.
      “Deine Stute ist deutlich besser gesprungen als meine”, sagt ich zu Lina, als ich einige Meter vor trabte. Sie gucke nur zu mir und nickte.
      “Ich merk schon, du hast keine Lust auf ein Gespräch. Aber ganz ehrlich, es tut mir furchtbar Leid wie ich bisher war. Das war nicht cool. Ich hoffe wir können nochmal bei Null anfangen, da du doch ziemlich cool bist. Mit Menschen habe ich echt immer Startschwierigkeiten und versuche dann mehr zu sein als ich bin. Tut mir leid. Echt.”, versuchte ich es mich bei ihr zu entschuldigen. Wieder traf ein Schweigen in der Gruppe ein, da sie meine Worte offenbar wieder ignoriert hatte. Auch als ich mich umdrehte, schüttelte Vriska nur völlig entsetzt mit dem Kopf. Was stimmt bloß nicht mit dem Weibern immer. Jetzt versucht man schon wieder nett zu sein und wird dann trotzdem wie der letzte Idiot behandelt.
      Angekommen an der Hütte warteten schon zwei Trainer.
      “Ihr seid schon da, super. Das ging viel schneller als gedacht. Wir haben für alle hier einen Checkpoint gemacht und ihr seid die ersten. Bisher also, herzlichen Glückwunsch. Die Pferde könnt ihr dort drüben hinstellen und dann in die Hütte kommen zu einem Mitternachtssnack. Netterweise haben wir für jeden auch ein Bier, der möchte”, sagte uns der Trainer vom Kanadischen Team.
      “Ach cool, dankee”, bedankte ich mich sehr herzlich und war extrem froh endlich etwas Alkohol zur Verfügung zu haben.

      Lina
      Ich band meine Stute an dem Hochseil neben der Schimmelstute von Niklas an. Die beiden Stuten bummelten sich freundlich an. Scheinbar verstanden die Pferde sich deutlich besser. Ich betrachte sein Pferd. Die Stute scheint ein edle Abstammung zu haben. Freundlich blickte sie mich mit ihren dunklen Augen an. “Na, du”, ich hielt der Stute meine Hand hin und ließ sie an mir schnuppern, bevor ich ihr über den Hals strich. “Du scheinst ja recht freundlich zu sein”, sagte ich zu der Schimmelstute. Konnte jemand mit so einem netten Pferd wirklich so ein Idiot sein? Etwas nachdenklich blieb ich neben meinem Pferd stehen bis Vriska ihr Pferd auch angebunden hatte. “Bis jetzt läuft es für uns ja super”, sagte ich zu ihr als wir gemeinsam die Hütte betraten. Drinnen war ein kleines Buffet aufgebaut mit allerlei Snacks..

      Vriska
      Nach einer halbstündigen Pause ging es für uns weiter. Die Trainer berichteten uns erneut worauf wir achten sollen, dann ging es weiter. Wieder formierten wir uns in die klassische Verteilung, wir Mädels vorn und die Jungs folgen uns unauffällig. Schon nach einigen Metern wurde klar, war sie uns noch mal eingewiesen haben. Mehrere Baumstämme liegen auf dem Weg und können nicht umritten werden. Für die drei mit ihren Warmblütern stellt das kein Problem da, aber für mich mit Glymur ist das dann doch äußerst schwierig. Niklas und Ju warten bereits auf der anderen Seite, während Lina und ich noch Rätseln wie es weiter geht. Dann hatten wir eine Idee, ich versuche mit meinem Hengst einfach im Schritt rüber, vielleicht hüpft er von sich selbst rüber. Auch Lina ist schon vor mit Nati und die Drei warten nun auf mich. Doch mein Hengsti wirkt nicht sonderlich motiviert den Baumstamm zu überqueren.
      “Und jetzt, hat einer von euch noch eine Idee?”, frage ich in die Runde. Ju zuckt mit den Schultern, aber Niklas kommt näher und macht einen Vorschlag.
      “Willst du mal absteigen und ich versuche mit ihm rüber.”, sagt er zu mir. Ich nicke und steige ab. Niklas drückt Ju seine Stute in die Hand und steigt über den Baumstamm. Die Steigbügel stellt er nicht mal ein, sondern steigt direkt auf und ich halte noch gegen.
      “Mensch, ich hätte nicht gedacht, dass man auf dem Kleinen so bequem sitzt. Dann gucken wir mal”, sagt er und ich gehe zur Seite. Erst mal schnaubt Glymur zufrieden ab eh Niklas kurz mit ihm warm wird. Dann versucht er meinen Hengst anzutraben was nicht so gut klappt, da er Hilfen für den Tölt gibt.
      “Wo ist der Schalter für Trab? Das geht nicht”, flucht Niklas.
      “Wenn du galoppieren willst, geht das auch aus dem Tölt.”, rufe ihn zu.
      Darauf hin galoppiert auch schon Glymur und meistert mit bravour die im Weg liegenden Baumstämme.
      “Siehste, da müssen einfach mal Profis ran”, scherzt Niklas.
      “Jaja ist klar. Was würden nur ohne dich machen”, gehe ich darauf ein. Wir lachen. Dann steigt er wieder ab und begebe mich zu meinem Pferd. Wir reiten ein wenig weiter bis mir einfällt, dass wir gar nicht wissen wohin.
      “Lina, du müsstest den nächsten Zettel haben. Kannst du mal gucken?”, frage ich sie.

      Lina
      Ich kramte kurz in meinem Rucksack und fand den Zettel. “Jep”, sagte ich und faltete den Zettel. “Ääähhh, Leute…? Hier sind nur komische Symbole auf dem Zettel. Ich hab keine Ahnung was das bedeuten soll”. Ich sah den Zettel nochmal an. “Hier ist noch ein Hinweis. Unser Gold klimpert nicht, es glänzt in der Sonne und wiehert in der Nacht. Hat jemand von euch eine Idee was das Heißen soll?”

      Ju
      “Oh Symbole, das kann ich immer recht gut.”, sage ich halte neben Lina an, die mir den Zettel gibt.
      “Vermutlich wird damit ein Pferd gemeint sein, vielleicht sogar noch im Bezug auf dem Fellfarbe, also ein Fuchs. Aber was sollen wir damit anfangen?”, frage ich irritiert in die Gruppe.
      “Eventuell ist damit ein Fuchsbau gemeint?”, fällt Niklas ein und wir beide gucken zu Lina, die sich hier besser auskennt.

      Lina
      “Fuchsbau….”, mumelte ich vor mich hin, während ich überlegte. “Ahh.. ich glaub ich weiß wo wir hinmüssen”, ich trieb meine Stute in den Trab.Ich folgte einem Waldweg und hielt an einer kleinen Hütte an. Am Eingang der Hütte stand groß zum Fuchstanz geschrieben. “Das hier ist eine Wildtierauffangstation. Hier in der Gegend sind sie bekannt für einen kleinen Fuchs den sie von Hand aufgezogen haben und der ihnen folgt wie ein Hund. In der Touristensaison ist hier ein Campingplatz und ein Restaurant, was besonders beliebt ist, weil es hier Abends eine Wildfütterung gibt. Als Highlight darf man den kleinen zahmen Fuchs am Ende streicheln. Nur dann ist noch die Frage was wir hier sollen. Ju hast du vielleicht noch etwas auf dem Zettel gefunden?”. Nahe am Weg stand eins der Wildtier gehege wo es auf einmal raschelte. Nathalie begann mit den Ohren zu spielen und neugierig in die Richtung des Geräusches zu blicken. Jus Stute begann ein wenig zu tänzeln. Von einem der Pferde kam ein nervöses wiehern, als es erneut raschelte. Auf Einmal hüpfte ein kleiner dunkler Fellball an das Gitter. Meine Scheckstute zuckte zusammen und ein paar der Pferd machten sogar einen hüpfer zur Seite. Frech keckerte der kleine Waschbär uns sah uns mit seinen Knopfaugen an. “Ganz ruhig Nathy das ist nur ein Waschbär”, redete ich meiner Stute zu und strich ihr über den Hals. Nach ein paar Minuten beruhigten sich die Pferde wieder und Ju berichte was auf dem Zettel stand.

      Für die Truppe ging die Reise noch einige Zwischenstopps weiter und gemeinsam kamen sie als erstes am Hof zurück. Da die Schnitzeljagd insgesamt länger gedauert hat, als gedacht entscheiden alle Trainer, dass die Pferde in den Stall sollen und die Teilnehmer ins Bett. Am nächsten Tag ist der Treffpunkt wieder am Schwarzen Brett um 10 Uhr. Die Müdigkeit steht allen im Gesicht, doch so ist das. Das Leben mit Pferden ist hart und kurze Nächte sind vorprogrammiert.

      Lina
      “Guten Morgen, alle zusammen. Im Gegensatz zu gestern seht ihr heute ja alle sehr Munter aus”, begrüßte Herr Holm alle Teilnehmer. In der Hoffnung, dass wir heute wieder am Training teilnehmen dürfen, lungerten Samu und ich in der Nähe der Gruppe rum. “Heute steht folgendes auf dem Plan: Da wir ja gestern eine Dressureinheit hatten, steht heute das Springen auf dem Plan. Für alle die keine Springpferd haben oder nicht mit ihrem Pferd am Training teilnehmen wollen, besteht die Möglichkeit ein Pferd geliehen zu bekommen, dafür meldet ihr euch bei Frau Montrose. Das Training ist für alle verpflichtend. Egal, ob ihr eigentlich Springt oder nicht. Das Training heute soll das gegenseitige Verständnis für die Disziplinen der anderen fördern. Heute Nachmittag, dürfen dann die Gangreiter dann mal zeigen, was sie darauf haben. Wir haben hier zwar keine Ovalbahn, aber eine längere Galoppstrecke rund um den Vielseitigkeitsplatz. Dabei sind alle die nicht selber reiten verpflichtet sich das ganz anzusehen.” Er sagte noch wann und wo sich getroffen wird und danach stürzen sich wie immer alle, auf das Schwarze Brett um zu sehen wann sie mit wem reiten. “Duu, ich glaube Jace wollte sich gestern bei mir entschuldigen”, erzählte ich Samu müde und gähnte herzhaft. “Das hat mich einfach nicht schlafen lassen, ich hoffe ich fall nicht vom Pferd”, jammerte ich Samu an.

      Vriska
      ‘Det är lite för tidigt för mig. (Es ist zu früh für mich)’, denke ich mir, als ich mit meinem Kaffee in der Hand und noch in der Freizeitkleidung zur Besprechung komme. Herr Holm hat bereits angefangen zu sprechen und mustert mich, als ich mit der Kapuze über den Kopf mich in die Truppe stelle. Dann redet er weiter.
      “Dann kannst du heute mal zeigen, was du nicht kannst”, muckt Max auf. “Mh?”, hinterfrage ich nur und dann verstummt er wieder. Offenbar wollte er wieder eine Diskussion beginnen, doch darauf habe ich jetzt gerade echt keine Lust.
      Während alle zum Brett gehen, um zu gucken in welche Gruppe sie sind, warte ich deutlich Abseits von allen. Frau Wallin kommt zu mir.
      “Wie siehst du den aus? Hättest du dir nicht wenigstens was richtiges anziehen können. Wenn es so weitergeht mit dir, muss ich deinen Chef anrufen.”, droht sie mir und erwartet eine Erklärung. Ich murre sie an und sage nichts.
      “Vriska, ich meine das Ernst. Du bist keine 15 mehr.”, fügt sie hinzu und geht. Jeder Schluck Kaffee scheint mir mehr Energie zu geben, die ich jedoch bei jedem Atemzug wieder verliere.
      Alle haben auf dem Zeitplan geguckt, nur ich stehe in der Gegend herum. “Allvarligt (Ist das dein Ernst)”, schreie ich. Frau Wallin dreht sich wieder zu mir um. Ihre Blicke scheinen mir einen Dolchstoß zu geben. “Skynda dig, Vriska (Beeil dich)”, zischt sie mich an.
      “Behöver du hjälp? (Brauchst du hilfe?)”, fragt mich jemand und ich merke eine Hand auf der Schulter. Blitzartig drehte ich mich um. Niklas steht hinter mir und funkelt mich mit seinen Augen an.
      “Klar, warum nicht”, sage ich aus der Leere meines Gesichtes heraus. “Aber ich muss mich erst mal umziehen”, füge ich hinzu. Er folgt mir. Vor dem Bungalow schlage ich Niklas die Tür vor der Nase zu. Ich höre ein mürrisches Knurren, aber davon nicht beeinflusst wechsle ich die Kleidung. Wenige Minuten später laufen wir in den Stall zu Glymur, der noch immer in seiner Box steht. Sauber machen, kann ich nach dem Unterricht.
      “Bist du schon mal gesprungen?”, fragt Niklas mich neugierig, während ich meinem Hengst das Halfter umlege und aus der Box heraus führe. An seinem Schweif zieht er das Stroh hinter sich her. Ohne mir weiter darüber Gedanken zu machen, binde ich ihn an.
      “Ja, schon einige male. Mit Glymi allerdings noch nicht. Ich weiß allerdings, dass er es bis A kann.”, erkläre ich ihm, als ich an der Sattellage das Fell reinige.
      “Wenn du mir schon helfen willst, kannst du das Sattelzeut holen. Das muss da vorn sein, es steht mein Name dran”, sage ich abfällig zu ihm und zeige Richtung Sattelkammer. Er nickt und geht los. Wenig später haben wir zusammen mein Pferd fertig gemacht und laufen zum Reitplatz. Damit Glymur sich schon etwas aufwärmen kann, laufe ich mit beiden Zügeln in der Hand über seinen Hals dorthin. Er begreift schon worum es geht.
      “Hast du auf die Uhr geguckt?”, werde ich von Frau Wallin angefahren.
      “Ja, aber ich bin jetzt da.”, antworte ich genervt und steige auf. Niklas hält mir gegen und gurtet noch mal nach.
      “Tack (Danke)”, antworte ich und reite im Schritt los.
      “Ach Niklas. Vergreif dich doch nicht immer an den Erstis”, ruft sie Niklas zu, der sich an den Rand setzt und nicht weiter drauf eingeht.
      “So, da jetzt endlich alle da sind, können wir anfangen. Als erstes wärmt ihr eure Pferde noch etwas auf. In der Zeit wende ich mich jedem Einzeln zu.”, erklärt sie und guckt durch die Gruppe.

      Lina
      Ich war mit Nathalie schon am Schritt reiten als Vriska, auch endlich auftauchte, in der Begleitung von Niklas. Heute Morgen war sie schon zu spät bei der Ansprache gewesen. Sie sah weder besonders wach noch besonders begeistert aus. Nathalie stolperte und erinnerte mich somit daran mich auf sie zu konzentrieren. So schwer es mir auch fiel, wandte ich mit meine Gedanken von Vriska ab und konzentrierte mich auf die Scheckstute. Sanft treib ich Nathy an, sodass sie in den Trab fiel. Die Stute war heute relativ nervös und hitzig. Das sie heiß wurde, war normal bei Springen, doch so nervös hatte ich sie noch nie erlebt. “Ruhig Nathy, alles gut meine süße”. “Locker sitzen, Lina”, kam es von der Trainerin. Ich hatte gar nicht gemerkt wie angespannt ich war. “Und gib ihr mehr Zügel”. Ich versuchte mich ein wenig zu lockern und ließ den Zügel länger. Schon gleich hörte Nathalie auf mit dem Kopf zu schlagen und lief gleich ein wenig entspannter. Kurz darauf merkte ich auch was, besser gesagt, wer der Grund dafür war. Jace stand mit ein paar anderen Jungs zusammen am Zaun. Er war mit gestern Abend bei der letzten Heufütterung im Stall begegnet und hatte irgendwas von Entschuldigung und er sei ein Idiot gefaselt. Ich hingegen hatte ihn ignoriert, weil ich ihn zur Zeit lieber so wenig wie möglich sehen möchte. Natürlich hatte meine sensible Stute mein Stimmungsumschwung noch vor mir gemerkt. Die Scheckstute schnaubte, als wollte sie mich beruhigen. Um mich nicht weiterhin zu blamieren, weil es so schien, als sei ich zu blöd zum Reiten, fokussierte ich mich vollständig auf meine Stute. Ich begann Biegungen zu reiten damit sie lockerer wurde und nach ein paar Handwechseln begann sie abzuschnauben. Ich war so sehr auf Nathalie fokussiert, dass ich fast in Chris und seinen Wallach hineinritt. “Pass doch auf”, patzte er mich an. “Sorry”, murmelte ich zurück. “Was ist denn heute los mit euch. Der eine zu spät, der andere schafft es nicht mal geradeaus zu reiten”, schnautze Frau Wallin uns an. “Jetzt reißt euch zusammen und reitet vernünftig”. Scheinbar hatte nicht nur ich heute schlecht geschlafen.

      Vriska
      Es war nicht leicht, mich zusammenzureißen ohne Frau Wallin für ihre blöden Sprüche fertig zu machen. So gut es ging, konzentriere ich mich auf mein Pferd. Glymur spielt sich heute besonders auf, weil nur eine Stute mit auf dem Platz ist, die ihm offenbar immer wieder schöne Augen macht. “So mein Junge, entweder wir sind jetzt mal wieder ein normales Pferd oder ich lass dich hier alleine stehen”, ranze ich ihn an. Nervös schüttelt er mit seinem Kopf. Kurz gucke ich mich - niemand hat das kleine Gespräch mit meinem Pferd mitbekommen und ich treibe ihm vorwärts, damit er etwas aktiver vorwärts geht.
      “Okay Vriska, ich fange mit dir an. Als erstes trabst du mit deinem Pferd einige male über die Cavalettis. Danach gehen wir über zur Kombination. Dort trabst du über die zwei Cavalettis, galoppierst an und über den Oxer. Also los”, sagt meine Trainerin zu mir. Ich nicke und trabe Glymur an. Mit einer hohen Aufrichtung schwingt er seine Beine nach vorn und federt bei jedem Sprung gut ab. Mit meinem Gewicht lenke ich ihn zu den Cavalettis. Geland schwebt er über diese. Ich höre bestätigende Rufe von den Jungs. Ein kleines Lächeln erstrahlt mein Gesicht. Mehrere male haben die Cavalettis gut funktioniert und ich bereite mich mit Glymur auf die Kombination vor, deswegen galoppiere ich ich zunächst zwei Runden auf dem Zirkel, um seine Aufmerksamkeit zu testen. Alles gut, somit pariere ich ihn zurück in den Trab durch und peile die Kombination. Die beiden Stangen nimmt er mit bravour, ich galoppiere an, der Hengst macht einen kleinen Sprung, verfängt sich mit den Vorderbeinen im Oxer. Wir stürzen. Unkontrolliert fallen wir vorn’ über und er begräbt mich unter seinem Körper. In meiner Vorstellung liegen wir einige Minuten bewegungslos auf dem Boden. Ich spüre wie die Jungs zu uns gerannt kommen, Frau Wallin ruft bereits den Notarzt. Mit der wenigen Luft, die ich bekomme, taste ich die Beine von Glymur ab. Es scheint alles okay zu sein und er steht auf. Nur ich komme nicht hoch, doch Niklas kommt mir zu Hilfe. “Bleib’ liegen”, ruft er.

      Lina
      Ein krachen reißt mich aus meiner Konzentration und ich sehen nur noch wie Glymur seinen Reiter unter sich begräbt. “Oh, Gott Vriska”, rufe ich nur noch und bin im gleich Moment von der noch traben Nathalie gesprungen. Dies war so verdutzt, dass sie stehen blieb, wo sie war. Wie paralysiert laufe ich rüber zu der Unglücksstelle, wo sich die Jungs bereits versammelt hatten. “Vriska, geht es dir gut?”. Ich zitterte vor Aufregung und wollte mich durch die Jungs zu ihr vor wühlen, doch etwas hielt mich auf, jemand. Jemand hatte seine arme um mich geschlungen und hielt mich fest. “Lina, beruhig dich. So bist du nicht hilfreich”, redet jemand auf mich ein. “Beruhig dich”, sagte die Stimme. Ich atmete tief durch und braucht ein paar Augenblick um die Situation zu begreifen. Jace hielt mich fest umschlossen, denn ich zitterte wie Espenlaub. Glymur war inzwischen Aufgestanden und stand mit gesenktem Kopf etwas abwesend daneben. Nathalie stand immer noch verwirrt in der Ecke, nur dass sich inzwischen einer der Jungs zu ihr gesellt hatte. “Lina, hör mir zu. Du musst dich beruhigen, wenn du ihr helfen willst”. Jace hielt mich immer noch fest. Vom Hof her kam Luchy angelaufen um zu sehen, was passiert war. Ich sah wie Samu und Melina gerade aus der Halle kamen und ihr Pferde schnell in die Box brachten. Scheinbar hatte sich die Nachricht wie ein Lauffeuer verbreitet. “Der Notarzt wird erst in 10 Minuten da sein. Solang darf sie sich nicht bewegen”, sagte Frau Wallin, die gerade das Gespräch beendet hatte.

      Nachdem der Krankenwagen samt Notarzt war, konnte kurze Zeit später Entwarnung gegeben werden. Vriska hat sich nur die Schulter ausgekugelt, eine Rippenprellung und einen Schocken. Über die Nacht muss sie noch im Krankenhaus bleiben. Währenddessen am Hof …

      Milena
      “Was ist denn passiert”, frage ich neugierig in die Gruppe.
      “Sei ruhig, das Thema hatten wir in den letzten Minuten so oft. Die Beiden haben den Abstand zwischen Cavaletti und Oxer unterschätzt und sind zusammen im Hindernis gelandet.”, entgegnet Niklas genervt.
      “Ist ja gut”, sage ich widerwillig.
      “So Leute, das ist schrecklich aber es ist nichts weiter schlimmes passiert. Wenn es euch emotional nicht allzusehr trifft, schnappt euch eure Pferde wieder und wir machen weiter im Plan. Etwas positives hat die Sache jedoch. Seid euch immer bewusst, was passieren kann und wie Schlimm ein Unfall enden könnte. Bleibt aufmerksam und denkt nicht, dass euer Pferd das alles regelt. Das Tier vertraut euch.”, sagt Herr Holm und geht zurück in die Reithalle. Mein Training ist bereits so gut wie zu Ende und ich bringe Kempa zurück in den Stall. Dort nehme ich den Beinschutz ab, bringe den Sattel zurück und gebe meiner Palomino Stute noch etwas zur Stärkung. Danach kann sie zurück auf die Weide. Zufrieden wälzt sie sich im trockenen Gras und trabt zu den anderen Stuten.
      Im nächsten Moment befinde ich mich in meinem Zimmer und überlege wie was ich in meiner freien Zeit machen kann. Nachher werde ich mit Snúra am Gangreiten teilnehmen, weil Kempa gestern schon genug tun musste. Es klopft. Neugierig gehe zur Türe, öffne. Vor mir steht Niklas vor mir.
      “Was machst du hier?”, frage ich überrascht.
      “Ich wollte dich sehen”, erwidert er und drückt mich in den Raum.

      Lina
      Nachdem Vriska versorgt war, hatte ich mich immerhin so weit beruhigt, um wieder auf mein Pferd zu steigen. Ich muss mich zusammenreißen, auch wenn das Gefühlschaos in meinem Kopf das recht schwierig machte. Das Training verlief sehr gut und ich hatte das Gefühl, dass Nathalie heute zu Hochform auflief. Nachdem Training versorgte ich die Gescheckte Stute und entließ sie auf die Weide. Nach der ganzen Aufregung beschloss ich mich meiner Lieblingstätigkeit, neben dem reiten zu widmen, allerdings nicht hier. Hier war zu viel los, besser gesagt hier ist zu viel Jace. Der Vorfall eben hatte mich reichlich verwirrt, nachdem er sich die letzten Tage zu genug demonstriert hatte, dass er weder ein Gewissen noch Interesse an mir hatte, war er heute so anders.
      Ich war auf mein Zimmer gegangen, um einen Rucksack zu holen, darin mein Zeichenzeug. Auf den Weg nach unten begegnete mir Samu. “Hey, alles ok bei dir?”, fragte er besorgt. “Ja, alles gut ich brauch nur etwas Zeit für mich”. “Kann ich dir irgendwie helfen?”, fragte der Finne. “Eigentlich nicht…. Könntest du vielleicht Legolas übernehmen?, der Rest ist versorgt”, fragte ich ihn zögerlich. Zielsicher schlug ich den Weg zu den Koppel ein und erblickte am Waldrand einen weißen Fleck. Leise betrat ich die Wiese und ging auf das weiße Pferd zu. Sobald er mich kommen hörte, hob er den Kopf. “Na komm mein kleines Einhorn”, flüsterte ich eher als ich reif. Der Hengst setzte sich in Bewegung und kam auf mich zu getrottet. Ich zog mich auf seinen Rücken, ritt von der Weide runter und schloss das Tor hinter mir. “Na los mein hübsche, du weißt wohin”, flüsterte ich dem Freiberger zu. Zuverlässig schlug der Hengst den richtigen Weg ein. Allein seine weiche Mähne unter meinen Fingern beruhigten meine Gefühle soweit, dass ich das alles für eine Weile vergessen konnte.

      Vriska
      Langsam erwachte ich. Aber wo bin ich. Für mich verging eine Ewigkeit bis ich realisiert habe, dass ich im Krankenhaus liege. Rechts neben mir stehen einige Maschienen, die immer wieder komische Piep-Geräusche von sich geben.
      “Hallo?”, rufe ich in der Hoffnung, dass jemand kommt. Wenig später kommt ein Arzt rein, er stellt sich als mein behandelter Arzt vor. Dann erzählt er mir, was passiert ist. “Kann ich jemanden anrufen?”, frage ich erschöpft. Er nickt und zeigt auf das Telefon neben meinem Bett, daraufhin verlässt er den Raum. Kurz dreht sich mein Arzt noch mal um. “Wenn was ist, drück den Knopf neben deinem Bett. Dann kommt eine Schwester. Und Essen gibt es in einer Stunde”, fügt er hinzu. Dann schließt er die Tür.
      Ich versuche mich aufzurichten, aber meine Schulter schmerzt stark und auch das Atmen fällt mir schwer. Langsam bewege ich meinen rechten Arm zum Telefon und wähle die Nummer vom Büro. Tut. Tut. Tut. Stille. “Lindö Dalen Stuteri, Vad kan jag göra för er? (Was kann ich für Sie tun)”, höre ich Tyrell sagen.
      “Tyrell … ich bin’s”, flüstere ich. Meine Erschöpfung hört man deutlich raus.
      “Gut, dass du anrufst. Weißt du eigentlich, was ich mir für Sorgen gemacht habe?”
      “Tut mir Leid. Skit händer, va? (shit happens)”
      “Jetzt erzähl’ mir bitte, woran du dich noch erinnerst und wie es dir geht.”
      “Ich kann nicht so gut atmen und mir tut die Schulter weh. Was passiert ist. Mhm. Glymur und ich haben den Abstand zwischen Oxer und Cavaletti zu Lang eingeschätzt, er hat mir vertraut und wir sind gefallen. Dann wachte ich im Krankenhaus auf. Der Arzt sagte, dass ich mir meine Schulter ausgekugelt hatte und einige meiner Rippen geprellt sind. Ich habe keine Gehirnerschütterung. Jag börjar bli trött. (Ganz ehrlich, ich bin einfach nur müde)”, erläutere ich ihm. “Gå till sängs. (Leg dich schlafen)”, antwortet er mir.
      Ich lege den Hörer beiseite und schlafe ein.
      “Miss Isaac! You’re food is ready”, weckt mich eine nette Dame. “Ah, thank you”, bedanke ich mich und richte mich langsam auf. Noch immer liegt er Hörer neben mir. Ich hänge ihn zurück in die Halterung und beginne an zu Essen.

      Lina
      Zuverlässig hatte Divine mich an mein Ziel gebracht. Wir waren gerade aus den Vorhang aus Pflanzen geglitten. Dahinter lag die wunderschöne Lichtung, an die ich mich gerne zurückzog. Das hier ist mein Refugium. Sacht glitt ich vom Rücken des Weißen Hengstes und meine Füße berührten das weiche Gras. Ich blieb einen Moment stehen und atmete durch, während ich den Stab beobachte wie er glitzern durch die Sonnenstrahlen flirrte, lauschte den Geräuschen um mich herum. Divines leises atmen, der Wind der sacht durch die Blätter fuhr und etwas entfernt, der Bach der gurgelnd über die Steine floss. Ich merkte wie das Gefühlschaos in mir endgültig abebbte und sich mein Körper entspannt. Ich ließ mich auf dem alten bemoosten Baumstumpf nieder und nahm meinen Zeichenblock aus dem Rucksack. Ein zerknittertes Blatt fiel heraus und blieb auf dem Gras liegen. Neugierig stapfte Ivi näher und stupste das Blatt an. Ich wusste was drauf war und sogleich kam das Gefühlschaos in mir wieder hoch. Zitternd streckte ich meine Hand danach aus. Ich hob es auf und strich es glatt. Die Zeichnung zeigte einen jungen Mann auf einem Pferd. Da war er wieder Jace, wie ein Geist der mich heimsucht. Wütend zerknüllte ich das Blatt und warf es fort. “Muss er mich denn überallhin verfolgen?”, fragte ich … ja wen eigentlich mich, das Pferd was vor mir stand und mich fragend und freundlich aus seinen großen braunen Augen anstarrte. “Tut mir leid mein hübsche, du kannst ja nichts dafür”, wehmütig strich ich dem Freiberger den Schopf aus der Stirn. Freundlich rieb er den Kopf an meiner Schulte und schubste mich fast von meinem Baumstumpf. Gedankenverloren streichelte ich den Kopf des Pferdes. Nach einer Weil löste ich mich von dem Hengst und begann zu zeichnen.

      Am Nachmittag bereiten sich die Gangreiter mit ihren Pferden auf das besondere Training vor, während alle anderen herzlich Eingeladen sind das Geschehen mitzuerleben. Vriska liegt im Krankenhaus unter Beobachtung. In der Zeit hatten Milena und Niklas einen gemeinsamen, sehr intensiven, Nachmittag. Er hat sein Springtraining verpasst und die Trainer haben ziemlich schlechte Laune. Wirklich schlechte Laune.

      Milena
      Im Stall stehen wir bereit und bekommen erste Einweisungen von Frau Wallin, die mich konstant ignoriert und somit meine Frage nicht beantwortet, ob wir frei reiten sollen, um die Rasse zu präsentieren oder ernsthaftes Training vor uns steht. Es fällt mir ziemlich schwer ihrem Gesprochenen zu Folgen. Auch meine Stute Snúra scharrt nervös mit dem Huf. In meinem Kopf schweben tausend andere Dinge herum, als an das zu denken, was gleich passiert.
      “Ich wette mit dir, dass Vriska sich nur vor der Blamage bewahren wollte, die ihr jetzt passiert wäre”, flüstert Max mir zu, der mit Blá an mir vorbei läuft. Zu langsam begreife ich, was er wollte, um zu antworten. Linh kommt zu mir.
      “Denkst du Vriska geht es gut?”, fragt sie mich freundlich.
      “Ich weiß es nicht. Wir hatten vor zwei Tagen einen Streit und haben seitdem nicht viel miteinander gesprochen. Aber ich denke ja, sonst wäre die Stimmung eine andere und die vom Rettungsteam haben ja gesagt, dass sie nochmal Glück gehabt hat.”, antworte ich ihr.
      “Håll käften! (Halt die Klappe)”, mault mich Frau Wallin an, als ich kichern mit Linh ankomme. Die hat echt ein Problem mit mir. Linh entfernt sich mit Móra direkt von mir und steigt etwas weiter weg auf ihre braune Stute auf.
      “So ihr lieben. Ich freue mich, dass alle da sind. Wir beginnen erstmal mit etwas einfachen - Warmreiten. Unsere Gangreiter zeigen euch jetzt, wie sie die Gangpferde auf die nachfolgende Prüfungssituation erwärmen. Als erstes Starten wir mit einer Viergangprüfung und danach folgt eine Fünfgangprüfung. Darum bitte ich, dass alle mit einem Fünfgänger während der V3 in die Mitte kommen. Zum Ende, nach einer kleinen Pause, reitet ihr eine T3. Bei Fragen aus dem Publikum stehe ich gerne zur Verfügung. Ich werde die Prüfungen kommentieren, damit ihr einen Eindruck habt, wer richtig mit seinem Pferd umgeht und wer nicht. Am Ende werde ich auch Noten verteilen. Als Hinweis für die Teilnehmer - die Note wird bereits in eurem Portfolio eingetragen, also strengt euch an. Viel Erfolg”, sagt Frau Wallin an und stellt sich an den Rand.
      Ich merke jetzt erst, dass wir nur Linh für die V3 haben, da Kempa und Blávör Fünfgänger sind.

      Jace
      Seit heute Vormittag hatte ich Lina nicht gesehen. Auch bei der Gangvorführung sah ich sie nicht, so langsam mache ich mir Sorgen um sie. Samu stand etwas abseits mit Jayden und Luchy. Auch wenn ich mir Sorgen um Lina machte, mit ihm wollte ich heute lieber nicht reden. Ich wusste, dass er immer noch sauer war wegen der Sache, die am ersten Abend vorgefallen war. Nervös stand ich an der Bande und spielte mit meinen Fingern.

      Milena
      Im Schritt bereite ich Snúra auf den Tölt vor, immer wieder halte ich sie an und reite dann an. An der kurzen Seite Stelle ich sie mit der Schulter herein, um die Vorderhand elastischer zu machen und die Hinterhand aktiver. Meine Blicke schweifen immer wieder zu Linh, die mit Móra auch Übungen macht, jedoch ist ihre Stute deutlich interessierter und engagierter als Snúra, die jeden Schritt als eine Qual empfindet. Obwohl sie sehr arbeitswillig ist, zeigt schon jetzt nicht ihre Höchstform.
      “So ihr lieben. Linh zeigt nun die V3 mit Móra.Viel Erfolg”, sagt Frau Wallin an. Max und ich steigen von unseren Pferden und gehen in die Mitte.
      “Für alle, die die Prüfung nicht kennen, werde ich kurz diese Spezielle Prüfung erklären. Die V3 wird normalerweise in einer Gruppe von 3 bis 5 Reitern geritten. Es gibt 5 Aufgabenteile, wobei die schlechteste Note aus Aufgabenteil zwei bis vier gestrichen wird, sodass die Gesamtnote sich aus vier Einzelnen Noten zusammensetzt. Die Noten werden direkt nach der Prüfung präsentiert. Genaueres kann auf dem Notenzettel bei der Meldestelle eingesehen werden. Auf einem Turnier richten drei Sportrichter. Heute bin ich allein.”, erklärt sie. Das Publikum klatscht.
      Gespannt beobachte in Linh. Móra steht und sie atmet tief durch. Aus dem Stand tölten die Beiden an.
      “Die Prüfung beginnt”, sagt Frau Wallin an.
      “Wir sehen nun das ruhige Tempo Tölt, im vergleich zum langsamen Tempo kann das Pferd etwas schneller vorwärts. Das schwierige an den langsamen Bewegungen ist, dass der Reiter mit seinen Hilfen den Isländer im Takt hält, ohne Steif dabei zu werden. Für das Pferd ist es eine große Anstrengend. Die Hinterhand sorgt für den nötigen Schwung, um die hoch weiten Bewegungsabläufe der Vorderhand zu unterstützen und den Reiter dementsprechend zu tragen.
      Linh du machst das Super. Weiter so.”, lobt die Trainerin.
      Vorsichtig gucke ich zu Max, der Linh die ganze Zeit ziemlich komisch nachschaut. Aber das geht mich nichts an. Als ich durch die Zuschauer gucke, fällt mir auf, dass Niklas nicht da ist. Anna auch nicht. In meinem Kopf eröffnen sich plötzlich tausende Szenarien, wo die Beiden sind und warum er vorhin mit mir im Zimmer war.
      “So, nun folgt Aufgabenteil zwei. *Pause* Langsames bis mittleres Tempo Trab. Bevor ich dazu komme, möchte ich noch Anmerkungen zum ersten Teil geben. Móra war an einigen Stellen, besonders beim Wechsel von der kurzen zur langen Seite, zu schnell und verlor den Takt. Nichtsdestotrotz konnte Linh sie immer wieder gut Auffangen. *Pause* Im Aufgabenteil zwei, kann der Reiter selbst entscheiden, ob er aus dem Tölt in den Trab umstellt oder vorher noch einmal in den Schritt durchpariert. Jedoch sind nur wenige Schritte im Schritt zulässig. Bevor ihr euch fragt: Die Prüfung wird nur auf einer Hand geritten, bei der Nennung kann der Reiter selbst entscheiden, ob er auf der linken Hand oder rechten Hand vor reitet. Linh stellt Móra rechts vor. Der Vorteil dabei ist, dass die meisten Nennungen auf der linken Hand, somit ist es wahrscheinlicher das man rechts alleine die Prüfung reiten kann.”, erzählt Frau Wallin.
      Die restliche Zeit höre ich nur noch wenig zu. Linh reitet Móra natürlich hervorragend vor und es ist nur mit einer sehr guten Note zu rechnen. Sogar den schnellen Tölt meistern die Beiden, als wäre es das leichteste auf der Welt.
      “So, nun kommen wir zum Ende. Linh und Móra haben euch heute eine großartige Leistung gezeigt. Ich vergebe hierfür eine 7,9. Wie schon am Anfang gesagt, ist Móra teilweise im Tölt zu schnell geworden und im schnellen Tempo ging der Takt stellenweise verloren. Im Trab war so gut wie alles perfekt, aber du klammerst dich noch zu sehr am Zügel, sodass der Kontakt immer wieder zu stark am Pferdemaul war. Der Schritt war sehr gut gefedert mit einer schönen Haltung deiner Stute. Der Galopp ist noch ausbaufähig. Doch wir wissen Beide, dass das euer Problem ist. In den Kurzen wurde sie immer zu schnell und es schien, als hättest du die Kontrolle über ihr Tempo verloren. Aber im Großen und ganzen eine sehr gute Leistung. *Pause* Du kannst noch einige Runden Schritt reiten und dann folgen die Fünfgänger. Bitte reitet eure Pferde auch noch etwas im Schritt. Ich sage dann wann es los geht.”, unterbricht mich Frau Wallin in meinen Gedanken. Ich beobachte, wie sie sich dem Publikum zuwendet und einige Fragen beantwortet. Währenddessen gurte ich den Sattel von Snúra noch einmal nach und steige auf. Komischerweise hält Max mir gegen und ich nicke ihm freundlich zu. Es scheint, als würde er merken, dass etwas nicht stimmt.

      Jace
      Mir ließ das ganze keine Ruhe. Nachdem die erste Reiterin die Vorführung beendet hatte, verließ ich die Halle. Nervös tippe ich eine Nummer in mein Telefon. “Na los Alec, nimm schon ab”, raunte ich während ich nervös auf und ab lief. Es tutute zweimal dann nahm er endlich ab. “Alec”,rief ich in das Gerät. “Was ist los Jace, warum bist du so aufgeregt?”, kam es ruhig wie immer von der anderen Seite. Alec hatte das Talent total gelassen zu bleiben. “Es ist wegen Lina, ich habe sie seit heute Morgen nicht gesehen”, sagte ich und fuhr mir durch die Haare. “Jace, jetzt beruhig dich erst mal. Hast du einen von den Anderen gefragt?”, sagte er mit ruhiger Stimme. “Divine fehlt, Alec was ist, wenn ihr etwas passiert ist”. “Ganz ruhig Jace, ich bin eh auf dem Weg zu euch. Beweg’ dich nicht vom Fleck bis ich da bin, verstanden! Ich bin in 10 Minuten da”, kam es nur recht gelassen von ihm zurück. “Ok”, sagte ich kurz angebunden und legte auf. Ich rannte zur Koppel um Fashion Girl und Black Lady von der Koppel zu holen. Im Trab ging es mit den Stuten zurück wo ich sie vor dem Torstall anband. Gerade als ich mit den Tresen in der Hand aus der Sattelkammer kam, rollte Alecs Wagen vor, was mich zum Stehen brachte. “Jetzt mal ganz ruhig Jace”, sagte Alec während er ausstieg. “Hast du überhaupt überall auf dem Hof geschaut?”, fragend sah er mich an. “Ja, hab ich, also ich gebe ja zu manchmal bin ich ein Idiot, aber nicht Grenzdebil”, antwortete ich ihm ein wenig patzig. “Ok, ist ok Kleiner”, mit einem Grinsen klopfte er mir auf die Schulter. Du bleibst hier und ich gehe mal Samu fragen, ob er weiß, wo sie ist und mach’ keine Dummheiten bis ich wieder da bin ja. ich habe keine Lust dich zum hunderstenmal aus der Scheiße zu ziehen”. Für meinen Geschmack war sein dämliches Grinsen viel zu breit. Natürlich dachte er mal wieder ich übertreibe nur. Etwas grummelig wartete ich also auf meinen vielleicht nicht mehr besten Freund. Um nicht aus zu rasten, kraulte ich Fashion Girl die weiße Stirn und entspannte mich einen wenig.
      Nicht mehr ganz so entspannt war ich allerdings, als Alec, Samu und Jayden zusammen zurückkamen. “Was ist los, ihr wisst auch nicht wo sie ist?”, fragte ich und blickte Samu an. “Nein Jace, aber Ersten ist sie alt genug um allein zu entscheiden, was sie tut und zweitens wollte sie etwas Abstand von dir”, sagte er, wobei den letzten Teil betonte. “Und genau deshalb, wirst du hier bleiben während Alec, Jay und ich sie suchen gehen. Verstanden!” grummelte mich der Finne an. “Da müsst ihr mich hier schon anbinden”, ranzte ich ihn an. “Jace!”, ermahnte mich Alec und warf mich einen scharfen Blick zu. “Ist ja ok”. Somit verkrümelte ich mich also, da ich ja gerade von der Suche, die ich angezettelt hatte ausgeschlossen wurde.

      Alec
      Nachdem ich dafür gesorgt hatte, dass Jace blieb, wo er war, Stieß ich wieder zu Jayden und Samu, die bereits Girly, Lady und Flanell fertig gemacht hatten. “So wen von den drei bekomme ich”, fragte ich neugierig. “Du hast heute die Ehre Flany zu reiten”, sagte Jayden. “Na dann los”, sagte ich fröhlich. Ich bin mir ziemlich sicher, Jace hat heute mal wieder übertrieben und Lina ist einfach nur gemütlich ausreiten und hat die Zeit vergessen. Ist mir auch schon öfters passiert.

      Zur gleichen Zeit im Krankenhaus …

      Vriska
      Das Essen war ziemlich gut, sogar richtig Knorke. Als ich es mir wieder bequem machen wollte in dem Krankenbett klingelt das Telefon.
      “Isaac?”, gehe ich neugierig an’s Telefon.
      “Hej Kleine, hier ist Folke. Der alte Sack vom Hof”, scherzt er am andere Ende der Leitung.
      “Freut mich dich zu hören, was ist los?”
      “Tyrell meinte, dass du die Aufmunterung gebraucht kannst, deswegen dachte ich, dass ich anrufe und dir vom Terrortinker erzähle. Also, Hedda und Eorann machen ziemliche Fortschritte …”, ich unterbreche Folke.
      “Halt, Stop. Wer ist Eorann?”, frage ich schockiert.
      “Ach, ich hatte dir noch nicht erzählt, das ich eine Freundin habe? Sorry. Wird wohl untergegangen zu sein. Wir sind seit ungefähr zwei Wochen zusammen”, klärt er mich auf.
      “Ich bin seit knappen vier Tagen nicht da und gefühlt bricht die ganze Welt auseinander?”
      “Du weißt doch, dass ich nicht der Typ bin, der das allen unter die Nase hält. So wo waren wir, ach ja. Eorann und Hedda arbeiten täglich mit Holy. Besonders das longieren, bei dem du geholfen hast, dass ihr Nahezubringen, macht meiner Schwester besonders viel Spaß. Die Stute lernt extrem schnell und verlangt sogar jeden Tag neue Übungen zu machen. Wir müssen jedes Training anders gestalten, damit sie nicht auf blöde Gedanken kommt. Schön ist auch, dass wir mit ihr üben in der Box zu stehen. Heute stand sie bereits eine Stunde ohne Aufsicht. Erst als wir wieder kamen, wollte Holy die Box zerlegen. Auf der Weide hat sie etwas Futter bekommen. Morgen wollen wir dann zum See gehen, etwas Schwimmen, weil ihr das so gefällt im Aquatrainer.”, erzählt Folke mit viel Freude.
      “Toll, ich weiß nicht was ich sagen soll. Ich macht das toll. Leider muss ich dann auch auflegen, dass Atmen fällt mir schwer und möchte gern wieder zum Hof.”, antworte ich ihm. Er verabschiedet sich und legt auf. Vorsichtig packe ich den Hörer beiseite. Innerlich geht mir einer ab, weil Holy sind in den wenigen Tagen immer besser entwickelt. In mir geht wieder die Hoffnung auf, dass die Stute noch ein gutes Reitpferd wird für Hedda.

      Zurück auf dem Hof, machen sich Milena und Max für die Fünfgangprüfung bereit. Doch Vriskas beste Freundin ist sehr nervös und das überträgt sich natürlich auch auf Snúra, die entspannt im Schritt vorwärts rennt. Dabei fällt sie immer wieder auf die Vorderhand.

      Milena
      “Diese F2 ist auch eine spezielle Prüfung, da die Noten vom Aufgabenteil Tölt und Rennpass verdoppelt werden. Allerdings wird nur zweimal Pass gezeigt. *Pause* Hier im Tölt sieht man gut, wer ein besseres Team mit dem Pferd bildet. Max sitzt entspannt auf Blávör, die ein aktives Ohrenspiel hat und konzentriert im guten Takt vorwärts läuft. Snúra von Milena hingegen schlägt hektisch den Kopf von links nach rechts und möchte sichtlich der Situation entfliehen. Für sowas gibt es bei der Benotungen ein Minus, bei besonders guten Leistungen wie Linh mit Móra im Trab, gibt man ein Plus. Sollte es einem Noten Gleichstand im Finale geben, wird nach solchen Faktoren geguckt, um den ersten Platz ermitteln.”, klärt meine Trainerin das Publikum auf. Es ist mir unangenehm, dass ich es nicht schaffe Snúra gerecht zu werden. Aus dem Frust heraus bremse ich ab, steige ab und verlasse die Reithalle. Das will ich mir nicht mehr geben. Im Paradeschritt schreite ich mit Snúra zum Stall. Aus der Halle höre ich nur irgendwas von Disqualifiziert und einer 6, aber das nehme ich so hin. Im Stall lasse ich mich mit dem Rücken an einer Box fallen. Der kalte Boden kühlt förmlich meinen ganzen Körper ab. Ich bin komplett durchgeschwitzt. Das war zuviel für mich. Snúra schubert sanft an mir. “Alles gut meine Hübsche, es liegt nicht an dir. Ich bin das Problem”, sage ich und streiche ihr langsam über den Nasenrücken.

      Alec
      “Mal abgesehen davon ,dass Jace heute ein aufgekratztes Huhn ist. Was ist denn so bei euch auf dem Hof los?”, fragte ich die beiden Jungs, während wir Seite an Seite durch den Wald ritten. “Ziemlich viel Trubel”, antwortete Samu. “Naja und ein paar hübsche Mädels schwirren hier auch rum, aber da bist du ja zum Glück keine Konkurrenz”, fügte Jayden fröhlich hinzu.
      “Jay, sei kein Jace, das sind unsere Gäste”, ermahnte ihn Samu. “Ach, die Jungs sehen auch nicht schlecht aus”, kommentierte ich lachend. “Aber der hübscheste von allen wartet Zu Hause auf mich”. Flanell schüttelte den Kopf und schnaubet. “Entschuldigt eure Majestät, ihr seid natürlich der Hübscheste”, fügte ich lachend hinzu und strich ihm über den grauen Hals.

      Lina
      Meine Finger zeichneten von ganz allein, bis Divine den Kopf hob und ein leises Wiehern Ausstoß.”Was ist mein großer, was hörst du?”, fragend beobachtete ich den Hengst und lauschte. Ganz entfernt hörte ich Hufgetrappel. Wer könnte da bloß sein? Außer mir und Samu kennt keiner diesen Ort. Auf einmal merkte ich, dass die Sonne verschwunden war. Wie lange hatte ich hier gesessen. Das Hufgetrappel kam näher und mischte sich nun mit Stimmen. Schnell packte ich meine Sachen ein und wollte schon gehen, als Ivi das Zerknüllte Papier anstupsen. Schnell warf ich auch das in meinen Rucksack. Niemand durfte das finden, vor allem nicht Jace. Ich lauschte einen Moment, ich kannte die Stimmen. Alec und Samu waren definitiv dabei und noch ein weiterer, aber das konnte ich nicht ganz zuordnen.

      Alec
      “Wartet wir sind fast da, weiter reiten wir nicht”, sagte Samu. “Wo sind wir fast?”, fragte ich. “An ihrem Lieblingsort”, antwortete der blonde Finne kurz angebunden und wollte gerade an mir vorbeireiten. “Nein, ihr zwei wartet hier. Ich weiß, du bist ihr bester Freund Samu, aber wenn sie nicht Mal dir gesagt hat, wo sie ist, war das vermutlich Absicht. Ich gehe”, sagte ich und trieb Flanell an Samus Pferd vorbei. Ich folgte einem kleinen Trampelpfad, bis zu einer Stelle, wo ein Pflanzenvorhang war. “Lina, bist du da?”, rief ich. “Wenn du Jace dabei hast, könnt ihr euch direkt wieder verpissen”, kam es als Antwort. “Nein, nur ich”, antworte ich ihr, dann war es einen Moment still.
      Nach ein paar Minuten kam erst ein weißer Pferdekopf und dann auch Lina durch den Vorhang aus Efeu. “Oh, wer ist denn der hübsche Kerl?”, fragte ich sie um sie nicht gleich mit dem eigentlichen Grund der Suche zu konfrontieren. “Das ist HMJ Divine, hat dir nicht irgendeiner von diesen Hirnis schon von ihm erzählt?”, fragte sie brummig. “Ja, .. einer von den Hirnis, hat mir bereits von ihm Berichtet. Darf ich erfahren, warum sie Hirnis sind?”, fragte ich vorsichtig. “Wenn du mir eine Umarmung gibst und die anderen beiden weg schickst, erzählt ich es dir vielleicht auf dem Rückweg”, murmelte sie.

      Milena
      “Alles gut bei dir?”, fragt Herr Holm, der den Stall betritt.
      “Nein, nichts ist gut. Niklas ist ein Arsch, ich kann nicht reiten und meine eigentlich beste Freundin will nichts mehr von mir wissen. Ich will das nicht mehr”, antworte ich offen mit einigen Tränen in den Augen. Er setzt sich zu mir.
      “So ist das mit den Älteren, die denken nur das eine, wenn sie euch jungen Mädchen seht. Und wegen Vriska. Morgen sollte sie eigentlich wieder hier sein, dann braucht sie sicher auch deine Hilfe. Mach’ dir nicht so einen Stress. Ich werde mit Frau Wallin auch noch mal reden, ob du später noch mal einen Leistungstest machen kannst”, bietet er mir an und reicht mir die Hand zum aufstehen.
      “Tack”, bedanke ich mich. Er nickt mir freundlich zu und geht. In mir ist neuer Mut geschöpft, vielleicht auch, weil ich mit jemanden drüber sprechen konnte. Zufrieden schnaubt Snúra ab.Ich nehme ihr das ganze Reitzeug ab und bringe sie auf die Weide. Dort steht Niklas. Das hat mir gerade noch gefehlt. Gekonnt versuche ich ihn zu ignorieren, aber als ich das Tor öffnen möchte, hält er mich am Arm.
      “Vorhin war schön”, sagt er und zieht mich an ihn heran. Ich versuche mich zu befreien aber er hält mich fest.
      “Was willst du?”, entgegne ich ihm genervt.
      “Dich”, antwortet er und küsst mich. In mir schaltet sich alles ab.
      Im nächsten Moment lässt er mich los und geht.
      “Va fan, din jävel? (Was soll das, du “Mistkerl”?)”, rufe ich ihm zurück. Kurz dreht er sich um und streckt die Zunge heraus, dann geht Niklas weiter. Das soll mal einer verstehen. Snúra hat sich in der Zeit neben der Weide einige Grashalme gesucht.
      “Komm’, geh’ lieber bei deinen Kameraden fressen”, sage ich zu ihr und löse den Strick vom Halfter. Im Trab geht sie zu den Anderen. Pferd müsste man sein, denke ich und setze mich an den Rand. Ich stelle meine Beine auf und lege meine Arme um diese. Es fühlt sich nicht richtig an, was macht der mit mir. In dem einen Moment, ist er der beste Mensch der Welt und im anderen zieht er mich alles unter den Beinen weg, ich stürzte in ein Loch.
      “Milena?”, höre ich jemanden meinen Namen sagen. Ich drehe mich um. Linh kommt mit Móra. Direkt an der Weide nimmt sie das Zeug vom Pferd runter und lässt sie zu den Anderen.
      “Was war denn heute los mit dir? Du bist doch sonst so gut mit Snúra unterwegs”, fragt sie und stellt sich neben mich.
      “Ach … Männer”, antworte ich trocken.
      “Milena, wir sind wegen der Pferde hier. Nicht wegen der Typen. Die haben alle nichts im Hirn außer … ihren primären Geschlechtsorganen.”, sagt sie und lacht.
      “Du drückst dich immer so gediegen aus”, antworte ich ihr.
      “Wenigstens lachst du jetzt. Komm, wir gehen zu dir auf’s Zimmer. Zu mir wäre doof, da ist Anna”, sagt sie. Zusammen gehen wir und machen etwas zu essen.

      Alec
      Ich hatte die beiden Jungs weg geschickt und noch einen Moment mit Lina gewartet, bevor wir aufstiegen. “So, jetzt sind wir allein”, sagte ich zu der Frau auf dem weißen Hengst. “Mmmm, also das wichtigste weißt du ja schon, aber eigentlich ist da noch viel mehr”, druckste die junge Frau rum. “Also genaugenommen hat das ganze angefangen, als ich mit Divine aus Schweden zurückgekommen bin. Ich fasse es mal kurz zusammen. Ich habe ihn meine Lebensgeschichte und Ängste offenbart. Er hat mit mir geflirtet. Ich hab ihm gesagt ich liebe ihn, aber ich brauche Zeit. Dann war alles soweit gut und naja den Rest kennst du, dann hat er mit einer Anderen rumgemacht und sich wie ein Arsch benommen”, alles kam aus ihr wie ein Wasserfall. “Mmm .. ok ich kann eindeutig verstehen, warum du nichts mit ihm zu tun haben willst. Weißt du was, wir beide machen uns einen schönen Abend und morgen, werde ich mir mal Jace vornehmen”, sagte ich zu Lina. “Das klingt nach einer grandiosen Idee”, nach dem Gespräch wirkte Lina schon gleich ein wenig fröhlicher und begann mir von Divines Training zu erzählen.

      Jace
      “Wir haben deine angebetet gefunden”, rief Jayden als er die Stallgasse betrat in der ich gerade mistete. “Aber wie es aussieht, möchte sie gerade mit niemandem außer Alec reden. Also viel Spaß, allein”, sagte er und verschwand sogleich wieder. Immerhin hatten die drei sie gefunden. Irgendwie war ich erleichtert, aber gleichzeitig war ich auch ein wenig enttäuscht, dass ich wohl keine Chance haben würde, mein Fehler wieder gut zu machen.

      In der Halle war das Training wirklich zu Ende und die Sonne untergegangen. Das gemeinsame Abendessen steht nun auf dem Plan. Langsam aber sicher trudeln alle an und Herr Holm möchte der ganzen Truppe was ansagen. Während dessen im Krankenhaus bei Vriska.

      Vriska
      Das halte ich nicht mehr aus. Ich will hier weg. Spontan fasse ich die Entscheidung mich selbst zu entlassen.
      “Hello?”, rufe ich. Eine Krankenschwester betritt den Raum. Ich erkläre ihr die Situation und sie holt den Arzt.
      “Frau Isaac, sie müssen noch beobachtet werden.”, versucht er mir einzureden.
      “Nein, ich möchte hier weg. Wenn es mir nicht gut geht, komme ich wieder”, versichere den Arzt. Er nickt. Zur Kontrolle sieht er sich alle Werte noch einmal an und tastet mich ab. Nach dem Gespräch mit Folke bin ich nochmal eingeschlafen, seit dem geht es mir besser.
      “Wen sollen wir Anrufen? Sie haben Betäubungsmittel im Blut und können deshalb nicht alleine gehen”, erklärt er mir. Ich nicke und suche aus meinem Handy die Nummer von Frau Wallin.
      “Ich bin gleich wieder da”, sagt er und verlässt den Raum.

      Niklas
      Milena denkt wirklich, dass ich mich so schnell auf jemanden Einlasse. Umso mehr Spaß macht es mir, sie wie ein Fisch am Haken wackeln zu lassen. Mit Ju und Chris laufe ich zum Abendmahl.
      “Ich freue mich, dass alle Gesichter da sind. Einige habe ich heute bei dem Gangtraining vermisst.”, fängt er an zu reden. Natürlich merke ich die Blicke, die er mir zu wirkt. Arrogant lehne ich mich in den Holzstuhl.
      “Wo war ich? Ach ja. Morgen kommt der Rest aus dem Schwedischen Team, die es nicht geschafft haben bei dem ersten Flug mit zu kommen. Also seid freundlich!”, er stoppt zu sprechen. Das Handy von Frau Wallin klingelt.
      “Ja, das bin ich. .. mh .. Muss das sein? … ja … ja … ja, okay. Ich fahre los. Wiederhören”, höre ich. Herr Holm guckt sie neugierig an.
      “Ich soll Vriska abholen, sie möchte nicht weiter im Krankenhaus bleiben. Es geht ihr schon deutlich besser”, höre ich sie flüstern. Mein Trainer nickt und sie verlässt die Runde.
      “Diggah, deine Ische kommt wieder”, sage ich zu Ju und Boxe ihn in den Oberarm.
      “Aua. Was soll dis? Und es ist nicht meine Ische. Ich fand’ sie ganz Nett, das war’s.”; antwortet mein bester Freund.
      “Jetzt stell’ dich nicht so an”
      “Wer stellt sich denn hier an? Du hast gerade mit Zwei was am Laufen und machst beiden Mädls Hoffnungen. DU solltest dir Gedanken machen.”, pöbelt Ju.
      “Håll käften! (Verdammt noch mal, Ruhe!)”, meckert Herr Holm mit uns.
      “Ihr könnt nach her den Schwanzvergleich weiter machen. Jetzt bin ich dran. *Pause* Gut, also morgen kommt der Rest, seid Nett und habt heute noch viel Spaß. Morgen gibt es keinen Tagesplan, erstmal. Am Abend machen wir ein Training mit Flutlicht, ein Teamtraining. Es werden von uns Punkte vergeben, eure Partner könnt ihr euch selbst aussuchen. Und jetzt: Guten Appetit!”, spricht er zu Ende. Natürlich lasse ich mir nichts anmerken, aber das ich wieder so laut gesprochen habe, wusste ich nicht. Eigentlich sollte das nicht so laut sein. Hoffentlich haben Milena und Anna nicht mitbekommen.

      Hannes
      Während gefühlt alle Teilnehmer des Abendbrotes mitbekommen hatten, dass mein großer Bruder also know as das größte Arschloch wieder mal mehrere sogenannte “Ischen” am Start hatte, beschäftigte ich mich mehr mit meinem Essen als den dämlichen Tischgesprächen. Gott sei Dank war nach Herr Holms Ansprache etwas Ruhe eingekehrt, doch man hörte es an jeder Ecke tuscheln. Ob Menschen auch Probleme hatten, die nichts mit ihrer Fortpflanzung und ihren Trieben zu tun hatten? Während ich auf meinem Teller herum stocherte ließ ich den Blick durch den Raum schweifen und nahm Blickkontakt zu Max und Finley auf, die anscheinend ähnlich genervt von der Situation waren wie ich. Um mich etwas abzulenken, ließ ich das heutige Springtraining in meinem Kopf Revue passieren; Checkpoint und ich waren selbst in so kurzer Zeit zu einem guten Team zusammengewachsen und ich war gespannt, was die restliche Zeit hier in Kanada noch bringen würde. Niklas riss mich aus meinen Gedanken “Na wen hast du dir geklärt, Kleiner?”. “Skit på dig, diggih!” (Fick dich!), entgegnete ich ihm angepisst.

      Jace
      Nach der Stallarbeit freute ich mich wenigstens auf mein Abendessen. Ich war etwas nach den Anderen angekommen, weshalb ich natürlich auffiel als ich den Raum betrat. “Hey Jungs, ist bei euch noch Platz?”, fragte ich Niklas. “Klar, setz dich dazu”, bekam ich als Antwort und somit setzte ich mich. “Hab ich was verpasst, warum sind alle so ruhig hier?”.

      Niklas
      “Nichts. *Pause* Na gut. Also Herr Holm hat erzählt, dass wir morgen quasi den ganzen Tag frei haben. Am Abend gibt es ein Partnertraining auf dem Platz mit Flutlicht. Unseren Partner dürfen wir uns aussuchen. Vermutlich wird das ‘Wir geben einander Reitunterricht Ding’ und Pferdetausch. Zumindest haben wir das letztes Jahr so gemacht. Ach und Vriska kommt gleich wieder, die Wallin holt sie aus dem Krankenhaus ab. Scheint es wohl nicht lange ohne Ju auszuhalten”, sage ich am Ende scherzhaft zu meinem Kumpel und stoße ich leicht an. Damit er nicht wieder herum heult.
      Unauffällig suche ich Milena, die nicht dazusein scheint. Auch Anna ist nicht da. Hoffentlich streiten sich die Beiden nicht.

      Hannes
      Als Niklas fast schon panisch durch die Gegend schaut, wahrscheinlich um seine Herzensdame für den Abend auszuwählen, muss ich mein Lachen unterdrücken und stattdessen stoße ich etwas Luft aus, was mir komische Blicke des ganzen Tisches einbringt. In diesem Moment hallten Niklas’ Worte in meinem Kopf “Partnertraining” und ich überlegte mir, mit wem ich gerne ein Team bilden wollen würde - vielleicht Max oder Finley oder doch Linh? Nun schaute ich ebenfalls in der Gegend rum, um verzweifelt mit jemandem Blickkontakt aufzunehmen. Junge mach doch einfach deine Klappe auf, sagte ich zu mir im Stillen. Schließlich drehte sich Finley um und ich fragte ihn durch wildes Herumfuchteln mit den Händen und einer seltsamen Mimik, ob wir ein Team bilden wollten, also Jace mich ablenkte und fragte “Jo Hannes, weißt du schon mit wem du das ‘tolle’ Partnertraining absolvieren willst?”. “Ähhh… ähhhh.. was? Achso ähm ich dachte eigentlich an Finley wieso?”, antwortete ich verdutzt.

      Lina
      “Naja, ich vermute, das ich es mit meinen üblichen Trainingspartnern für heute ordentlich verkackt habe”, antwortete Jace auf Hannes frage, bevor er weiter mein Essen mampfte. “An deiner Stelle würd ich es mir überlegen, du hast nicht häufig eine Chance auf ein so cooles Pferd”. Da war er ja wieder, der alte Jace. Im vorbeilaufen funkelte ich ihn böse, bevor ich mich wieder zu Alec in die Ecke verkrümelte. Wie schaffte es dieser Mann denn nur immer so Großkotzig zu sein. Am liebsten wurde ich jetzt etwas nach ihm Werfen. “Lina, mach hier keine Szene, das ist nicht zu empfehlen. Freu dich lieber auf das beste Springtraining, deines Lebens”, redete Alec auf mich ein. “Wo wir schon dabei wären, wo nehme ich ein Pferd dafür her”, fragte er scherzhaft. Das brachte mich zum Lächeln “Ach, Alec wir haben einen Stall voller Pferde. Am besten nimmst du Farena, das passt doch größenmäßig perfekt”, begann ich nun mit ihm rumzublödeln.

      Hannes
      “Ach ja? Meinst du deiner ist so viel hochkarätiger? Auf jeden Fall hätte ich dann mal mehr Farbe unterm Sattel.”, scherzte ich mit Jace. “...achja ich helfe einem Bruder gern aus der Patsche.”, ergänzte ich noch auf seinen ersten Satz. Er lächelte und konterte sofort “Das werden wir ja sehen, ist das dann ein Ja zum Team der absoluten Perfektion?”. Ich konnte nicht anders als zu lachen, aber schließlich lächelte ich und nickte zustimmend.

      Vriska
      “Danke, dass sie mich abgeholt haben.”, sage ich zu Frau Wallin als wir am Hof aussteigen.
      “Bitte benimm dich den restlichen Tag. Du kannst dir nicht vorstellen, wie viele graue Haare ich wegen dir bekomme”, antwortet sie. Ich nicke und gehe in den Essenssaal. Natürlich sind die Jungs wieder ziemlich laut und somit nicht zu übersehen. Allerdings halte ich ausschau nach Milena - nicht da. Aber Lina sitzt auch dort. Kurz seufzte ich und mache mich auf den Weg dorthin. So eine kurze Strecke hat mir noch nie so schwer gefallen wie heute.
      “Ach unser Unfallopfer ist wieder da. Wie geht es dir?”, fragt Niklas erstaunlich freundlich.
      Perplex antworte ich: “Eigentlich ganz gut. Die Atmung fällt mir noch schwer durch die Rippenprellung. Tack för att du frågar. (Danke der Nachfrage)”, antworte ich ihm und schmunzel. Ich gucke zu Ju, der Wortlos am Tisch sitzt. Aber Männer können mir echt den Buckel herunterrutschen.
      “Ist hier noch Platz?”, frage ich Lina und setze ich mich ganz frech zu ihr. “Habe ich irgendwas verpasst?”, füge ich noch hinzu.

      Lina
      “Klar, setzte dich. Naja… viel verpasst hast du nicht. Morgen ist Training mit Partnertausch. Wie gehts dir eigentlich?”, fasst ich zusammen. “Naja und weil Jace ein Idiot ist, ist diese hübsche Mann morgen mein Partner. Das ist Alec. Alec das ist Vriska.”, vermittelte ich.

      Vriska
      Ich mustere Alec von oben bis unten. Nicht schlecht denke ich. “Passiert heute noch was?”, frage ich sie dann.
      “Saufen natürlich”, höhnt es aus der Ecke.
      “Du irriterar, Niklas (Du nervst, Niklas)!”, rufe ich ihm zu.
      “Dafür, dass du vorhin fast gestorben bist auf dem Weg, hast du ne ganz schön große Fresse auf einmal”, droht er mir.
      “Man alter, setz’ dich wieder hin.”, ruft Ju ihn zurück. Mit einem Zähneknirschen geht er zurück.
      “Wollen wir uns nach draußen setzen? Hier sind mir zu viele Leute und eine entspannte Runde am Lager hat doch was. Denkst du nicht?”, frage ich Lina, die ziemlich abwesend zu sein scheint.

      Lina
      Vriskas fragen, riss mich aus meinen Gedanken. “Ja, gerne”, antworte ich ihr. “So ihr zwei ich lass euch mal kurz allein, ich ruf mal grad Zuhause an “, meldete Alec sich ab und verschwand in die andere Richtung. Die kühle Nachtluft tat gut und brachte ein wenig mehr Klarheit in meine Gedanken.

      Hannes
      “Kann nicht einfach mal Ruhe sein…Niklas halt doch einmal deine Klappe und lass alle in Frieden”, murmelte ich vor mich hin und hoffte, dass es niemand hören würde. Wieder abgelenkt durch die Mitmenschen am Tisch, die allesamt ihre Köpfe umdrehten, als Vriska und Lina den Speisesaal verließen. Niklas schien irgendwas zu Ju zu tuscheln und ich verdrehte bloß die Augen, dämlicherweise hatte Nik das mitbekommen und starrte mich genervt an. “Was denn Kleiner? Neidisch? Du kannst doch ne Frau nicht von nem Kerl unterscheiden”, feixte er arrogant. Mir fehlten die Worte und ich hielt nur meinen Mittelfinger hoch - was ein Arsch. Jace stupste mich lachend an und und signalisierte durch seinen Blick, dass er Niklas genauso lächerlich fand. So stopfte ich das letzte Bisschen Essen in meinen Mund und stand noch kauend auf und lief zum Stall, um Checkpoint noch einen Besuch abzustatten.
      Im Stall war bereits das Licht an, was mich etwas verwunderte, dennoch ging ich schnurstracks auf den lackschwarzen Hengst zu, der seinen Kopf hob und leise brummelte. “Na Dicker, gar nicht so schlecht hier, was?”, fragte ich ihn und tätschelte seinen schönen Kopf, mit der ungewöhnlichen Blesse. Sein Interesse an mir weichte aber seinem Hunger, weshalb er den Kopf wieder ins Heu tauchte. Da ich unter keinen Umständen wieder in den Speisesaal wollte, beobachtete ich ihn noch eine Weile.

      Vriska
      Ein laues Lüftchen weht und lässt das Feuer tanzen. Gespannt beobachte ich die kleinen Funken, die in der Luft schweben und verglühen. Es ist besser wieder am Hof zu sein, auch wenn es nicht meine gewohnte Umgebung ist, fühle ich mich mit den Menschen hier sehr wohl, denn auch wenn einige von ihnen, nicht unbedingt freundlich sind, versuchen sie etwas zu verstecken. Warum verstecken Menschen etwas? Ist es ihnen peinlich? Wollen sie die Wahrheit nicht erkennen? Oder fehlt es an Empathie?
      Schritte kommen von hinten. Nur eine Person kenne ich, die solche Bewegungen macht - Milena.
      “Ach schon wieder da?”, fragt sie neugierig und setzt sich dazu.
      “Offenbar, ja”, antworte ich abwesend. Ich wende ihr keinen Blick zu, sondern beobachte noch immer die Flamme gespannt.
      “Schön”
      “Ja.”
      “Willst du dich nicht unterhalten oder was ist?”, kommt nun etwas genervt von meiner besten Freundin.
      “Ich … ich brauche Ablenkung”, antworte ich und wende mich zu ihr.
      “Oh okay. Dann ist alles gut? Ich hab’ mit Niklas geschlafen”, offenbart sie mir.
      “Wer hätte es gedacht, sonst hättest du dir auch kein Einzelzimmer geben lassen”, entgegne ich trocken.
      Milena schweigt. Ruhe. Endlich Ruhe.
      “Lina, soll ich dir was von Holy erzählen?”, frage ich wenig später Lina, die auch mit am Feuer sitzt.

      Der Abend endet ohne weitere Vorkommnisse, so dass der Tag ruhig beginnt. Alle kommen pünktlich zur Besprechung und die restlichen aus dem Schwedischen Team erscheinen, der dritte Jahrgang aus dem auch Niklas und Anna sind. Aufgrund eines großen Turnier in Schweden, war es für sie nicht möglich früher zu erscheinen.

      Niklas
      “Schön, dass ihr alle heute pünktlich sein. Wie gestern schon gesagt, habt ihr freies Training mit euren Pferden aber denkt dran, dass heute Abend noch ein Training ist. Strapaziert die Tiere nicht zu sehr am Vormittag. Der Rest des Teams ist vor weniger als einer Stunde am Hof angekommen. Also wer sie noch nicht kennt das sind Emilia, Mika, Ambrose und Darya.”, stellt Herr Holm. Freundlich winke ich dem rest zu. Endlich sind die normalen Menschen da.
      “Bevor ihr sie nun überfordert, esst erst mal in Ruhe. Bis später.”, sagt er und geht aus dem Raum.

      Mika
      Wir hörten Herr Holm aufmerksam zu, auch wenn mein Blick durch die Traube von Personen schweifte, viele Typen und ein paar Mädels zwischen ihnen, sah nach Drama aus. Ehe wir uns aufteilten ergriff ich kurzer Hand das Wort “Ähm Hej, ja ich bin Mika, der Nigga hier ist Ambrose, sorry warn Spaß Bro, und die süße Russin hier ist Darya, nennt sie einfach Dasha.”, Ambrose boxte mich auf den Arm und wir beide lachten, während Dasha nur schüchtern lächelte und “Hej” murmelte. “Um uns noch etwas weiter vorzustellen…”, fuhr Ambrose fort, “Wir kommen vom gleichen Hof wie Vriska und Max, okay vorher waren wir woanders, aber jetzt sind wir ebenfalls auf dem LDS, da ein neuer Trainer des Vereins Collin Jones uns auf den Hof geholt hat. Joa meine schöne Grulla Stute Oline seht ihr später, der zickige Fuchs aka Caja gehört zu Mika hier und die hübsche braune Winnie wird von Dasha geritten. Aber wir gehören alle zum Verein im Fältrittklubben. Auf eine schöne Zeit!”, beendete Ambrose seine Rede und gestikulierte eine Bierflasche, die er imaginär zum Anstoßen in die Luft streckte. Ich lachte und “stieß mit ihm an”. Auch wenn ich nicht der Fan von öffentlichen Liebesbekundungen war, hatte ich das Gefühl Darya als mein Eigen zu markieren und zog sie in meinen Arm und drückte ihr sanft einen Kuss aufs Haar, was mir von Ambrose Seite ein Kotzgeräusch einbrachte. Aus der Gruppe gegenüber kamen Jubelrufe und seltsame Geräusche, weshalb ich die Augen verdrehte und Dasha nur noch fester hielt. Mein Held des Tages war ein Mann namens Jace, der uns aus der unangenehmen Situation befreite und uns den Weg zum Stall zeigte. Gezwungenermaßen musste ich Dasha loslassen und holte Olli vom Transport und führte sie zusammen mit den anderen in den Stalltrakt. Glücklicherweise hatten die Pferde die lange Reise echt gut weggesteckt und durften sich nun etwas erholen und sich an die neue Umgebung gewöhnen. Bevor wir uns zum Frühstück los machten, räumten wir noch schnell unser ganzes Gerümpel in die Sattelkammer.


      Lina
      Gut gelaunt hatte ich heute Morgen die morgendliche Heurunde gemacht und bei der Gelegenheit auch gleich die Pferde der Nachzügler bewundert. Am besten gefiel mir die Fuchsstute. Freundlich hatte sie, mich aus ihrer Box beobachtet und sich noch ein wenig extra Heu geklaut. Der Abend war gestern noch sehr schön gewesen und es hatte mich gefreut noch einiges über Holy zu erfahren. Fröhlich ging ich zum Frühstück und sah auch schon gleich Vriska und Milena an einem Tisch sitzen. “Guten Morgen ihr zwei”, begrüßte ich sie fröhlich.

      Vriska
      “Guten Morgen”, begrüßt Milena Lina fröhlich. Ich nicke mal wieder nur. Die Nacht war blöd. Egal wie ich mich hingelegt habe, schmerzte meine Schulter oder mein Brustkorb. Irgendwann schlief ich im Sitzen ein. Im Spiegel hatte ich bereits meine Augenringe betrachtet. Da hat nicht mal Make-Up was gebracht.
      “Lina! Siehst du die drei? Das sind die neuen”, versucht Milena ihr zu zuflüstern. Jedoch spricht sie so laut, dass sogar Niklas vom Nachbartisch es hören konnte. Mit prüfenden Blicken guckt er zu ihr.
      “Schlecht geschlafen oder warum sagst du nicht irgendwas, worauf ich eingehen kann?”, fragt er mich dann verwundert. Ich knurre zurück und stochere müde in dem Gurkensalat herum. Es scheint mir, als würden die Schmerzmittel aus dem Krankenhaus nun Nebenwirkungen ausbilden. Meine Stimmung ist noch gedrückter als sonst, alles tut mir weh und alles was ich möchte ist nach Hause zu fahren. Doch den Flug würde ich sicher auch nicht schaffen.
      “Alles gut bei dir?”, fragt nun auch Milena. Offenbar muss ich nun doch antworten. Sonst bildet sich noch eine Traube um mich herum und ALLE werden fragen, was mit mir los ist.
      “Ich habe beschießen geschlafen, mir tut alles weh und ich glaube, dass mein Gurkensalat mit mir spricht. Reicht das für’s erste?”, sag ich genervt und stehe auf.

      Darya
      Als wir vom Stall zurückgekommen waren, wurden wir Niklas, zum Tisch gewunken und setzten uns dazu. Auch wenn ich diesen Kerl nicht kannte, war ich froh, dass ich am weitesten von ihm weg sitzen konnte. Mika schien meine Anspannung zu merken und drehte sich zu mir um und lächelte mich beschwichtigend an und drückte sanft meinen Oberschenkel unter dem Tisch - ich bedanke ihn mit einem kleinen Grinsen. Wie immer gliederten sich Ambrose und Mika super in die Gruppe ein und ich saß nur still da, starrte in die Leere und stocherte im Frühstück herum. Am anderen Ende des Tisches saß eine junge Frau, die mir irgendwie bekannt vorkam, ich beneidete sie um die coole Haarfarbe, doch irgendetwas stimmte mit ihr nicht, sie sah noch anteilnahmsloser aus als ich und auch irgendwie traurig, weshalb mir rausrutsche “Was ist mit ihr?”, leider hatten es alle am Tisch mitbekommen - na toll.

      Niklas
      “Ach, beachte sie gar nicht. Sie hatte gestern einen Reitunfall, war im Krankenhaus und wollte am Abend unbedingt wieder zurück kommen. Bestimmt wollte sie Ju einfach wieder sehen”, scherze ich noch.
      “Ja klar, ganz bestimmt. Wir haben gestern nicht einmal miteinander gesprochen”, wirft er direkt ein.
      “Das war doch nur ein Witz”, merke ich an und rolle mit den Augen.
      “Habt ihr Lust eine Runde auszureiten? Kanada ist schöner als ich dachte, aber nichts ist so schön wie Schweden!”, frage ich in die Runde und stehe auf. Ju folgt mir.

      Vriska
      Müde schleppe ich mich zu Glymur, den Lina mir freundlicherweise schon auf die Weide gestellt hat. Sogar mit seiner Decke. Aufmerksam schnalze ich ihm zu. Neugierig hebt er seinen Kopf, schüttelt sich und kommt gemütlich auf mich zu. Seine Blesse ist bedeckt mit einigen Kratzern.
      “Tut mir Leid”, sage ich zu ihm und streiche über die Wunden. Er schnuppert an meinem Arm, mit seinen Lippen knuspert er an meinem Ärmel. Ich muss lachen.
      “Nein, dass kannst du nicht essen.”, entgegne ich in dem Moment.
      “Weißt du, ich kann heute sicher nichts mit dir machen. Wenn ich könnte, würde ich gern ausreiten mit dir, einfach nach Hause.”, flüstere ich und lehne mich mit dem Rücken am Zaun an. Er streckt den Hals durch diesen und scheint mir einfach zuzuhören.

      Lina
      “Dann kennst du noch nicht die schönsten Ecken”, grölte Jace und verließ zusammen mit den beiden Jungs den Raum. “Tja, sieht so aus als wären wir nur noch zwei”, sagte ich zu Milena, die mir gegenüber saß. “Wie ist das eigentlich ein Islandpferd zu reiten”, fragte ich neugierig. “Naja, im Prinzip ist es nicht anders als bei jedem anderen Pferd”, antworte mir das blonde Mädchen.“Eure Vorführung gestern hab ich leider verpasst. Darf ich dir vielleicht beim Training zusehen?”.

      Jace
      “Du hast da ein echt hübsches Pferd”, sagte ich zu Ju, der gerade mit seiner Rappscheckstute um die Ecke kam. “Sieht echt edel aus“, sagte ich noch bevor ich mir Girlys Halfter schnappte, um sie von der Koppel zu holen. Ich hatte mich heute Gegen Herkules entschieden, der Buckskin hatte in den letzten Tagen schon genug getan. Wie als könne die Stute Gedanken lesen, stand sie schon am Tor und wartete. “Na Süße, Wartes du schon”, begrüßte ich sie und strich ihr über die hübsche weiße Stirn. Freundlich schnaubte sie und genoss die kleine Streicheinheit. Nachdem ich sie gehalftert hatte, ging es mit der Stute im Schlepptau zurück zu den beiden Jungs, die schon dabei waren ihre Pferde zu putzen.

      Milena
      “Ähm … wollen wir nachher drüber reden? Ich würde gern mit Ausreiten gehen, außer du kommst auch mit. Pass auf, wir machen das so. Wir machen nachher das Partnertraining, dass zeige ich dir was und du kannst dann gern auch Kempa nehmen”, sage ich hektisch zu Lina und stehe auf ohne auf ihre Antwort zu warten.
      “Niklas warte, ich komme auch mit”, rufe ich ihm nach.
      “Dann mach Lack”, sagt er mit seiner Schimmelstute am Halfter. Ich nicke und renne weiter zur Stutenweide, auf der ich Snúra mit dem Halfter nehme.
      “Komm’ wir müssen uns beeilen”, treibe ich die Stute vorwärts. In der Gasse angekommen, sehe ich wie Jace sich mit Ju unterhält über Amnesia. In dem Moment merke ich, dass ich ziemlich neidisch bin. Natürlich sind meine beiden Mädels auch hübsche Pferde, doch wenn Ju mit Amnesia einen Raum betritt leuchtet alles.
      Ohne meine Stute anzubinden, steht sie entspannt in der Gasse bei den anderen Stuten. Noch putzen alle anderen ihre Pferde, doch ich habe Snúra schon fertig.
      “Wie hast du das gemacht?”, fragt Niklas überrascht.
      “Wir machen unsere Pferde nicht schickimicki sauber. Hauptsache der Dreck ist weg, wo das Zubehör liegt. Schließlich geht es hier um nichts”, scherze ich und setze meinen Helm auf.

      Ambrose
      Gerade als die anderen herauseilten, um ihre Pferde für den Ausritt fertig zu machen, schlenderten wir gemütlich hinterher und schlossen uns der Truppe an. „Ey chillt doch mal, was eine Eile!“, rief ich den anderen belustigt zu und grinste. Dasha meldete sich bedenklich zu Wort „Wartet mal, unsere Pferde sind gerade nach einem langen Flug angekommen, das wäre doch doof jetzt ihnen auch noch den Stress anzutun.“ Wie immer hatte sie recht und wir stimmten ihr geknickt zu. Gerade in diesem Moment stieß Miss Montrose zu uns und unterbreitete ein Angebot, dass wir nicht ablehnen konnten. Sie begleitete uns zum Stall und zeigte uns drei Pferde, welche sich über einen Ausritt freuen würden. Royal Champion, ein Hengst aus der Hofeigenen Zucht, der wirklich etwas hermachte, den sich natürlich Mika als erstes schnappte. Dasha konnte sich nicht von ihren Trakehner trennen und griff zu Vakany, die ein wirklich außergewöhnliche Zeichnung hatte. „Haben sie einfach ein entspanntes Pferd für mich?“, fragte ich Miss Montrose. „Luchy, Bitte. Ich denke British Gold könnte gut zu dir passen.“, antwortete sie lächelnd und drücke mir das Halfter der Stute in die Hand. Nachdem jeder nun sein Pferdchen hatte, beeilten wir uns die drei hübschen Warmblüter fertig zu machen, um den Anschluss nicht zu verlieren. Fertig gestriegelt und geschniegelt standen wir mit den anderen vor dem Stall und warteten darauf, dass es losgeht.

      Lina
      Pff, auf den Ausritt kann ich gerne verzichten. Aber ich hatte heute Vormittag eh etwas anderes vor. Ich hatte nämlich Luchys Tochter versprochen mit ihr heute den Vielseitigkeitsplatz zu erkunden, zu Pferd versteht sich natürlich. Also machte ich mich auf dem Weg zum Haupthaus und klopfte. Colin öffnete mir die Tür. “Hey, ich wollte mir mal euer Kind ausleihen”, sagte ich zur Begrüßung. “LIINA”, kam da auch schon das kleine Mädchen angerannt. “Gehen wir jetzt auf den Geländeplatz?”, fragte mich die kleine.”Ja, genau. Hol deine Reitsachen dann gehts los”, sagte ich ihr und schon flitzte sie davon. “Meinst du ich kann mir Nurja ausleihen?”, fragte ich Colin während ich wartete. “Ja klar, das sollte kein Problem sein”, meinte er nur.
      Ein paar Minuten später war ich mit Aleen im Schlepptau auf dem Weg die Pferde zu holen. “Wen darf ich heute reiten?”, fragte sie neugierig. Normalerweise ritt die kleine ihr Shetty Farena, doch da ich befürchtet, dass die kleine vermutlich im Wassergraben versinken würde, durfte sie heute wen anders reiten. “Du, meine süße darfst heute Mad Eye reiten”, sagte ich und deutete auf den grasenden Schecken. “Möchtest du ihn rausholen?”.”Ja”, rief die kleine und nahm sein Halfter entgegen.

      Milena
      Mittlerweile hat sich die Gruppe deutlich vergrößert. Einige der Teilnehmer sind mit neu.
      “Ach, ich bin Milena”, stelle ich mich kurzer Hand vor. Im Vergleich zu den Anderen komme ich mir mit Snúra ziemlich klein vor.

      Mika
      „Jo ich bin Ambrose, Bitte keine Spitznamen, danke.“, stellte sich mein bester Kumpel vor und lachte sie etwas flirty an. Sie grinste und schaute danach fragend zu uns. „Hej, ich bin Mika und das hier neben mir ist meine Freundin Darya“, stellte ich nun uns beide auch vor. Höflich wie sie ist antwortete Darya die Hand ausstreckend, „Dasha, freut mich dich kennenzulernen!“.

      Milena
      “Ich freue mich auch euch kennenzulernen”, antworte ich. Aktiv treibe ich Snúra vorwärts, da sie einige Probleme hat hinterher zukommen.
      “Leute, ich drehe um”, sage ich gefrustet, während die Anderen sich unterhalten. Niklas hält Smoothie an wartet auf mich.
      “Ach, setzt dich bei mir mit rauf und nimm dein Pony als Handpferd. Passt schon”, sagt er und gibt mir die Hand. Vorsichtig steige ich auf den Rücken von Snúre und schwinge mich auf den Rücken seiner Stute. Kurzer Hand schnelle ich die Zügel an das Reithalfter. Plötzlich kann sie das Tempo mithalten.
      “Und besser?”, fragt er schelmisch.
      “Natürlich.”, antworte ich.
      “Halt dich ruhig fest”, fügt er noch hinzu und trabt Smoothie an.
      Angekommen an bei der Gruppe pariert er sie wieder durch. Verwirrt mustert Ju uns.
      “Was wird das denn, wenn’s fertig ist? Ich dachte schon, dass ihr im Busch verschwunden ist”, kommentiert er unsere Ankunft.

      Jace
      “Naja, siehste doch. Das wird ein romantischer Ausritt”, antwortete ich neckisch auf Jus frage. “Ein paar gute Pferde hab ihr euch da geben lassen“, sagte ich nun an die drei neuen gewandt. “Gerade der kleine Champ hat ordentlich etwas darauf”.

      Lina hat inzwischen zusammen mit Aleen Mad Eye und Nurja fertig gemacht und war am Vielseitigkeitsplatz angekommen. Nach einer kurzen Aufwärmphase für die Pferde ging es an die Erkundung des Platzes.

      Lina
      “Was möchtest du als erstes Probieren?”, fragte ich das kleine rothaarige Mädchen. “Das da”, sagte sie und deutete auf den vorderen Teich mit dem Wassereinsprüngen. “Na gut, dann lass uns mal schauen ob Mad Eye Wasser mag”, sagte ich und ging mit Nurja Richtung Wasserloch. Zuverlässig lief die Freibergerstute hinein. Als das Wasser ihr bis zu den fessel ging, drehte ich sie um und hielt sie an. “Na los, komm einfach her. Lass den Zügel schön lang, damit Mady sehen, kann was unter ihm ist”, erklärte ich der kleinen. Der Ponywallach trottet brav bis zum Ufer, wo er sich erst einmal einen Drink genehmigte, bevor er weiter in Wasser ging. Als der Ponymann etwa bis zu den Knien drin stand, begann er im Wasser zu planschen. “Super macht ihr zwei das. Pass nur auf das er sich nicht hinlegt”, lobte ich Aleen und ließ auch Nurja ein Stück weiter hinein. Gut das es heute recht warm, war denn Mad Eye sorgte gerade dafür, dass wir alle ziemlich nass wurden.

      Mika
      “Achja, stattlich sieht er ja aus, hab gehört der hat nen hohen Blutanteil? Und wie testen wir jetzt am besten, was er so alles drauf hat?”, fragte ich Jace und war stolz wie Oskar, da ich auf einem solch krassen Pferd saß, wobei mir im gleichen Moment meine kleine Zicke fehlte. Ich drehte mich im Sattel um und hielt Ausschau nach Dasha, die nur kurz hinter ritt. Ihre Stute Vakany schien sich nur wenig für die Hengste der Gruppe zu interessieren und Darya grinste bis über beide Ohren, “Na freust dich wohl über die bunte Trakistute? Deine ist ja auch echt langweilig mit dem Einheitsbraun”, stichelte ich sie. Wie zu erwarten setzte sie sofort eine entsetzte Miene auf und fing an zu protestieren. “Ey lass meine Winnie in Ruhe! Dein fetter Fuchs ist auch nicht besser, zumal meine auch kein Biest ist!”, polterte Dasha los, sodass ich nur noch lachen musste. Um sie zu besänftigen gab ich klein bei und sendete ihr einen Luftkuss, worauf Jace gleich reagierte “Jaja romantisch, sag ich doch.”. Ambrose steckte etwas weiter hinten in der Gruppe und versuchte British nach vorne zu bringen, die Stute überinterpretierte seine Hilfen und galoppierte freudig los, wobei sich Ambrose etwas erschrak und im Sattel rumhüpfte, wie ein Reitanfänger. Die gesamte Gruppe verfiel in Gelächter und Niklas kommentierte die Situation recht passend “Jaja die reiterliche Elite von Schweden”, was das Gelächter nur noch vertiefte.

      Milena
      Ich hätte wirklich zurück reiten sollen. Die Älteren sind eine ganz andere Nummer, als Vriska oder Max. Gespannt folge ich den Gesprächen, kann jedoch nicht genau Nachvollziehen, worum es sich handelt. Um das Eis zu brechen stelle ich eine Frage in die Runde: “Wie seid ihr denn dazu gekommen, ein Teil im Nationalteam zu werden?”
      “Gute Frage, das weiß ich tatsächlich von euch noch gar nicht. Also fange ich einfach mal an. Mein Opa ist im Sommer 1956 bei den Reitspielen in Schweden mitgeritten und hat den zweiten Platz gemacht, da sich seine Stute nach dem vorletzten Sprung vertreten hat und eine Fesselverletzung zugezogen hat. In seine Fußabdrücke ist jedoch mein Onkel getreten, weil mein Vater nichts mit Pferden anfangen konnte. Als ich aufwuchs verbrachte ich mehr Zeit mit ihm als mit Vater, sodass ich früh auf dem Rücken eines Pferdes saß. Mit 6 Jahren habe ich mein erstes Pony von Onkel bekommen. So ging es immer weiter, bis ich mit 15 Jahren plötzlich nichts mehr hatte, was ich im Turniersport erreichen konnte. Nur noch die Großen Veranstaltungen hatte ich nicht besucht, was allerdings an meinem Alter lag und nicht an der Leistung. Als ich mit der Schule fertig war, reiste ich um die Welt und bekam das Angebot mit zur Elite zu kommen. Jetzt bin ich hier mit Smoothie.”, erzählt Niklas.
      In mir macht sich eine Traurigkeit breit, weil meine Geschichte total unspektakulär und langweilig ist. Deswegen halte ich mich zurück und warte gespannt auf die nächste Story.

      Darya
      Niklas Geschichte hörte sich an wie eine Filmstory, doch er konnte gut erzählen und zog so alle in seinen Bann. Erstaunt von meinem eigenen Mut fing ich an zu erzählen “Bei mir war es wenig spektakulär, allerdings reite ich schon eine ganze Weile, eigentlich von der Pike an. Ich bin mit meinen Eltern erst vor ein paar Jahren nach Schweden gezogen, wir lebten im europäischen Teil Russlands auf dem Anwesen meiner Großeltern. Unsere Familie züchtete Trakehner von Beginn ihrer Entstehung an, deshalb auch meine persönliche Gebundenheit zu dieser Rasse, ein Stück Heimat eben. Allerdings fokussierten sich alle primär auf die Zucht und nicht auf Leistung oder ähnliches, weshalb ich recht spät erst zur klassichen, gesunderhaltenen Dressur fand, zugegebenermaßen mit dem Pferden ohne Sattel durch die Wälder zu heizen war schon cool.”, beendete ich lächelnd meine Rede. Mika, der offensichtlich erstaunt war, dass es aus mir wie ein Wasserfall sprudelte setzte nun ebenfalls zum Wort an, “Meine Family hat nichts mit Pferden am Hut, doch sie haben mich immer unterstützt, auch wenn meine Hobbys besonders in der Pubertät sehr schwankten, von Rocker über Skater bis hin zum heutigen Pferdenarr. Ich hatte Glück, dass wir finanziell sehr gut aufgestellt waren und ich so früh neben der Gitarre und dem Skateboard schon das erste Pferd besaß. Als Action liebender Kerl, fand ich mich früh in der Vielseitigkeit zu Hause und heizte deshalb mit meinem damaligen Buschpony durch die Gegend, obwohl mir die Dressur auch liegt und ich wert darauf lege meine Pferde gesunderhaltend zu trainieren. Caja kam Anfang des Jahres in meine Hände und sie hat ordentlich Feuer unter dem Hintern, eigentlich auch schöne Gänge, aber langsam mag sie nicht so gern.”. Auch wenn ich es unhöflich fand, dass nun auch Ambrose das Wort ergriff und nicht die anderen der Gruppe zu Wort kommen ließ, erzählte er nun auch seine Story. “Jo, ich weiß eigentlich gar nicht mehr wie ich zu den Pferden gekommen bin, bestimmt durch ein Chick, was ich mal geil fand”, lachte er und setzte fort “jedenfalls habe ich Talent und keine reichen Eltern oder gar ein eigenes Gestüt, so arbeitete ich hart, um mir durch Turniergewinne und Stallarbeiten ein eigenes Pferd zu finanzieren, damals hatte ich einen süßen Mixwallach, den ich selbst bis zu den S-Lektionen der Dressur zusammen mit meinem Trainer ausbildete. Leider mussten wir ihn bereits Anfang 2019 einschläfern lassen. Olli stammt genau wie Caja, Checkers und Winnie vom Gut Naundorf und gehört seit Januar zum Team ‘Entspannung pur’”, kam er zum Ende.

      Fortsetzung folgt ...

      © Mohikanerin, Wolfszeit & Zion | 99345 Zeichen

    • Mohikanerin
      Dressur E zu A | 14. Februar 2021
      Vintage | Satz des Pythagoras | Wunderkind

      Die Halle füllte sich mit den Reitschülern, drei davon waren Traber aus Schweden, ein Freiberger aus Canada und Ceara Isleen, die kleinste im Bunde von der Bow River Ranch wurde geritten von Octavia. Wir begannen mit einem leichten warm werden, bestehend aus Schritt-Trab-Übergangen und einem Stangenkreuz. Mir fiel schnell auf, dass Wunderkind unter seinem Reiter ziemlich grobmotorisch zu sein schien und so schaute ich mir die beiden genauer an. Die Übergänge fielen ihm schwer. Er stockte oft, bevor er wieder in den Schritt kam, also hieß es für Folke mehr Übergänge einzubauen, vor allem aber auch die Stangen zu nutzen. Luchy und Nurja waren ein Team, das sah man ihnen an, nur war Nurja auch eher von der gemütlichen Fraktion. “Sie muss etwas mehr untertreten und Schwung bekommen, nur weil sie im Schritt ist, muss sie nicht schlurfen”, sagte ich Luchy und zeigte ihr 1,2 Übungen, mit der sie den Gang fördern konnte. Vintage und Tyrell kannten die ganzen Lektionen, das einzige, woran bei den beiden gefeilt werden musste, war die Taktsicherheit. Ab und zu lief der Hengst nicht ganz rein, was daran lag, dass Traber gerade im Galopp Schwierigkeiten hatten, keinen Gangsalat zu verursachen. Der Scheckhengst wusste gleich was zu tun war, als er die Stangen auf dem Boden erblickte. Er hob die Beine schön an und trat dabei auch schön unter. “Super Tyrell!”, sagte ich und sah zu Octavia, die nun auch die Galopparbeit aufgenommen hatte. Cira, wie sie sie nannte, war eine schnelle Lernerin, das hatte ich schon bei ihrem Springtraining gemerkt. Die Eigenschaft musste man sich nur zu Nutzen machen. “Du musst sie mehr untertreten lassen und sie muss mehr Last auf die Hinterhand aufnehmen, dann geht das von ganz allein. Reite ein paar Volten im Galopp und mach in den Ecken kehrt. Die Volten sollten immer mal etwas enger werden, dann nimmt sie durch die Hankenbeugung mehr Last auf und voila, wenn ihr dran bleibt, nimmt sie gut Last auf und tritt besser unter!”, erklärte ich ihr. Octavia war eine gute Reiterin, eigentlich alle von ihnen.Umso erfreulicher war ich am Ende der Reitstunde, dass alle fünf Reiter sich Übungen für Zuhause mitnehmen konnten. Niklas und Satz des Pythagoras hatten mich besonders überzeugt und eigentlich wäre für die beiden eher die L-Dressur Übungen wichtiger gewesen, denn die beiden waren für die A-Dressur gut gewappnet.

      © Sosox3 (Nathan) | 2366 Zeichen

    • Mohikanerin
      Nationalteam Teil III | 28. Februar 2021
      Satz des Pythagoras // St.Pauli’s Amnesia // Snúra // Glymur // HMJ Holy // Alfred’s Nobelpreis // Schneesturm // Outer Space // Rainbeth // Kempa
      Checkpoint // Oline // Caja // Windrose
      HMJ Divine // LMR Fashiongirl // LMR Royal Champion // British Gold // Vakany // Rumkugel // Miss Grisella Braun


      Jace
      “So,genug gequatscht”, unterbrach ich die Vorstelllungsrunde, als Girly ein wenig anfing zu tänzeln. “Wer hat Lust auf ein kleines Wettrennen?”, fragte ich und lenkte die braune Stute auf eine Wiese die sich neben dem Weg erstreckte. Aus der Gruppe gab es von den meisten Zustimmung. Ich ließ Girly weiterhin im Schritt, bis alle auf der Wiese waren. “Na, dann zeigt mal was ihr so drauf habt”, rief ich und ließ die Zügel meiner Stute lang. Sofort schoss sie los und gab Vollgas. Für einen Moment waren wir an der Spitze. Doch die anderen besonders Mika mit Champ holten relativ schnell auf.

      Niklas
      “Ich muss leider passen, hab schließlich einen Gast auf dem Pferd”, sage ich Jace ab.
      “Aber ich kann doch auch … “, fängt Milena an.
      “Nein, alles gut”, flüstere ich ihr zu.
      Wir trennen uns von der Gruppe, Ju folgt uns.
      “Kommt noch jemand mit uns?”, fragt er. Alle verneinen und wir machen uns zu dritt durch den Wald. Wo wir genau lang können oder nicht, weiß ich allerdings auch nicht so recht.
      “Wieso macht ihr nicht mit?”, ruft mein Bruder mir nach.
      “Weil unsere Pferde was Wert sind im Vergleich zu euren”, rufe ich zurück. Was er darauf antwortet, kann ich nicht mehr verstehen.
      Nach ungefähr einer Stunde sind wir endlich am Hof zurück.

      Hannes
      Ob das nen Dreier im Busch wird, dachte ich im Stillen, als Niklas, Milena und Ju davonritten, allerdings musste ich mich wieder auf Checkers konzentrieren, da er ein ordentliches Tempo vorlegte und schnaubend an Royal Champion mit Mika anschloss, der mich schelmisch angrinste. Darya sah etwas verloren aus, kein Wunder eine Dressurprinzession auf einem Springgaul, so ein Tempo war sie gar nicht gewöhnt, lachte ich in mich hinein. Allerdings schien der Schein zu trüben, denn in null komma nichts stritt sie mit mir, Mika und Jace um den ersten Platz. Sie drehte sich einmal kurz nach Ambrose um, der auf British Gold entspannt hinterhertrottete und ich nutze den Moment der Unaufmerksamkeit und drängte mich frech vor sie.

      Jace
      Zusammen mit Mika und Hannes erreichte ich den Rand der Wiese. “Gar nicht so schlecht”, sagte ich anerkennend zu den anderen, während ich Girly wieder in den Schritt brachte. Wir warteten auf Ambrose, bevor wir unsere Tour fortsetzen. “Was reitet ihr eigentlich für Disziplinen”, fragte ich den Rest der Truppe interessiert. “Ich komme ja eigentlich aus dem Fahrsport, bin aber inzwischen in der Vielseitigkeit Zuhause”, führte ich aus.

      Ambrose
      “Warum muss bei euch immer alles so hektisch sein, können wir nicht einmal chillen und es langsam angehen?”, drückte ich zwischen tiefen Luftzügen raus und tätschelte British, die wahrscheinlich gern noch schneller gelaufen würde, den Hals und pariere sie durch. “Ach cool, ja ich fühle mich auch im Eventing zu Hause”, antwortete Mika auf Jace’ Frage. Als auch ich wieder zu Luft gekommen war, sprach ich für Dasha und mich, “Wir beide mögen es eher gemütlich und diszipliniert, wir sind die Dressurcracks, natürlich nicht auf Droge oder so.”

      Vriska
      Offenbar war ich am Zaun auf der Weide eingeschlafen. Unsanft weckt mit Niklas, der zusammen mit Milena auf Smoothie sitzt.
      „Na du Schlafmütze. Ohne richtige Männlichkeit findest du wohl nicht in den Schlaf“, scherzt er. Milena steigt ab und führt Snúra in die Stallung. Auch Ju mit Amnesia folgt ihr. Nur der hochnäsige steht noch da und betrachtet mich.
      „Ich dachte, du wolltest netter sein. Vor zwei Tagen hast du dich noch bei mir entschuldigt“, merke ich provokant an.
      „Dann verzeihen Sie mir, min älskade (meine Liebste)“, sagt er und verbeugt sich.
      „Nicht mal im Traum“, entgegne ich entschlossen und möchte aufstehen. Doch durch die Überbelastung der anderen Schulter, schaffe ich nicht die nötige Kraft aufzubauen um mich hochzudrücken.
      „Komm‘ ich helfe dir“, sagt Niklas plötzlich vollkommen freundlich, lässt seine Stute an Ort und Stelle stehen, kommt zu mir und greift mir vorsichtig unter die Arme.
      „Tack, aber wäre nicht nötig gewesen“, bedanke ich mich. Plötzlich steht er sehr nah vor mir, erst jetzt begreife ich, wie groß der Kerl eigentlich ist. Für einen Moment gucken wir uns ganz tief in die Augen, eh ich einen Schritt zurück setze um dieser unangenehmen Situation zu entfliehen. Zum Glück ruft ihn Milena in dem Moment: „Wo bleibst du? Ist dein Pferd betoniert oder was?“
      „Tack“, bedanke ich mich erneut und laufe zu meiner Hütte. Ich komme mir warnsinnig schnell vor, doch selbst eine Schnecke könnte mich gerade überholen. Wo ist eigentlich der Rest Gruppe, überlege ich, doch verschwende keinen weiteren Gedanken mehr an die.

      Jace
      “Ich glaube wir sollten uns langsam auf den Rückweg machen”, sagte ich zu der Truppe und wendete die Stute. Da der Weg durch den Wald deutlich kürzer war, schlug ich diesen Weg ein. Nach ungefähr einer halben Stunde hatten wir den Hof wieder erreicht. “So, da wären wir wieder”, sagte ich und schwang mich von meinem Pferd.”Ihr seid echt cool drauf. Hat echt Spaß gemacht mit euch”. Ich begann die Stute abzusatteln und hängte die nasse Schabracke in die Sonne.

      Darya
      Nachdem uns Jace über den kürzesten Weg wieder zurück zum Gestüt brachte, begannen wir die Pferde abzusatteln, um sie anschließend wieder auf die Weide zu bringen. Eigentlich wollte ich mich nochmal bei Miss Montrose bedanken, aber sie war gerade nicht in Sichtweite. Stattgdessen widmete ich mich wieder Vakany, die heute ganz wundervoll war. Mika riss mich aus den Tagträumen, “Min älskade” (meine Liebste) und umarmte mich von hinten und schlang seine Arme um mich, wobei er mich kurz kitzelte und mir ein grelles Kichern entwich. Er küsste mich sanft auf den Hals, als ich hörte, dass noch jemand den Stalltrakt betrat, drehte ich mich panisch und etwas peinlich berührt um. Es waren Milena, Niklas und Vriska, die uns etwas verwirrt anschauten, aber nur lächelten und sich den Kommentar verkniffen. Flüchtig drückte ich Mika einen Kuss auf die Wange und brachte endlich die hübsche Stute weg. Ambrose schien schon wieder auf Weibersuche zu sein.

      Lina
      Inzwischen war der Ausflug zum Wasser mit Aleen beendet und die beiden Pferde standen wieder glücklich auf der Koppel. Die Anderen waren vom Ausritt zurückgekehrt. Auf dem Weg zurück von den Koppel zum Stall begegnete ich Vriska, die sich furchtbar langsam in Richtung Hof bewegte. “Vriska, kann man dir irgendwie helfen?”, fragte ich sie, als ich sie eingeholt hatte, was bei ihrem Tempo nicht sonderlich schwierig war.

      Vriska
      “Nein, alles gut. Niklas hat mir gerade schon hochgeholfen”, erzähle ich.
      “Obwohl … Ich hab hunger, denkst du ich kann noch was vom Frühstück bekommen?”, füge ich hinzu.

      Lina
      “Vom Frühstück eher nicht mehr. Hast du mal auf die Uhr geschaut”, sagte ich lachend. “Aber ich weiß, wo ein Kühlschrank, voll mit Essen steht”, sagte ich und deutet Richtung Mitarbeiterunterbringungen.

      Vriska
      “Das wäre richtig Knorke”, antworte ich lachend und zusammen gehen wir zur Unterbringung.
      “Kommt keiner”, flüstere ich ihr zu, während Lina für mich etwas Reis von gestern rausholt. Zusammen laufen wir in mein Zimmer, in dem ich den Reis in der Mikrowelle noch mal warm mache. In meinem Kopf schwebt schon wieder der kurze Moment, in dem Niklas so extrem dicht vor mir stand. Es schien, als hätte er irgendwelche Zeichen gesendet. Vermutlich bilde ich mir das aber auch nur ein. Einbildung. Alles nur Einbildung. Ich atme Tief ein und wieder aus. Ganz ruhig. Er ist nur das kleine reiche verwöhnte Kind aus der Nachbarschaft, dass direkt heult, wenn er was nicht haben kann. Schon allein aus diesem Grund kann der Typ mich kreuzweise. Meine Hände formen sich zu einer geballten Faust voller Wut. Ich bemerke wie Lina mich beobachtet, als würden meine Augen die Gedanken an die Wand projizieren. In mir schreit alles, es ist so laut, dass ich es nicht mehr trage. Ich schreie, nun wirklich.

      Lina
      “Alles Ok”, fragte ich etwas perplex. Doch Vriska wütet einfach weiter. “Egal, warum du dich so fühlst lass es einfach raus”. Ich konnte sie nur zu gut verstehen. Ich hätte Jace gestern gerne selbst zerfetzt, doch leider hatte Alec mich davon Abgehalten. Vermutlich war es besser so. Somit saß ich einfach nur da und beobachte Vriska.

      Ambrose
      All die Turteltäubchen hier kotzten mich dermaßen an, dass erstmal kurz etwas Luft brauchte und über den Hof spazierte, doch schon an der nächsten Ecke traf ich auf ein Girl, EMilia glaube ich. Untervögelt war ich ja schon dachte ich im Stillen und ging bewusst auf sie zu. “Hej Hübsche”, begrüßte ich sie etwas provokant. Sie lachte und winkte sofort ab. Aha hard to get also, weshalb ich mich so dicht vor sie stellte, dass sie verwundert nach hinten stolperte und ich sie geradezu auffangen musste - Plan hat funktioniert. Sie schaute verlegen zur Seite, aber bedankte sich trotzdem. “Vielleicht nochmal von vorn, ich bin Ambrose und du gefällst mir.”, sagte ich wieder etwas zu forsch. “Du siehst aber auch nicht schlecht aus.”, gab sie zu, während sie immer noch in meinen Armen hing und sich langsam aufrappelte . “Hi, ähm Emilia, also Emi, hab schon viel von dir gehört.”, erwiderte sie nun etwas selbstsicherer. Warum auch immer musste ich lachen und fragte Emi anschließend, ob sie noch etwas mit mir machen wollte vor dem Training.

      Vriska
      „Mehr oder weniger okay. In meinem Körper ist Krieg. Es schreit in mir, es schmerzt, aber ich weiß nicht was das ist.“, murmle ich teilweise etwas undeutlich vor mich her.
      „Ich erzähle dir mal was. Erst seit 2,5 Jahren reite ich. Vorher war ich ein typisches Stadtkind, jedes Wochenende bin ich mit meiner Clique feiern gegangen in diversen Clubs in London. Und natürlich gab es nicht nur Alkoholexzesse. Je mehr ich genommen habe, umso weniger ich selbst. Doch genau darauf war ich auf. Meine Mutter musste mich oft von der Polizei abholen, weil ich mal wieder in irgendeiner Gasse herum lag. Trotzdem war sie mir nie böse, vermutlich, weil meine kleine Schwester das sonst mitbekommen hätte. Mein Vater kenne ich nicht persönlich, aber ihm gehört eins der größten Finanzunternehmen in England. Zu meinem 18. Geburtstag hat er mich zu sich in die Firma eingeladen. An mehr erinnere ich mich nicht, nur das Mama mich am nächsten Tag aus dem Krankenhaus abholen musste. Sie hat auch die folgenden zwei Jahre alles versucht um mich aus dem Umfeld heraus zu bekommen. Der letzte Schritt war, dass ich mit meiner Schwester zu meiner Tante nach Deutschland gehe über die Sommerferien. Tante Eva hat ein Pferd - einen Isländer. Natürlich sollte ich mich als Erziehungsmaßnahme um dieses Pferd kümmern. Zu dem Zeitpunkt waren Pferde für mich einfach nur dreckig und ich hatte Angst. Doch Bruce und Tyrell haben mich dabei unterstützt. Im Anschluss bin ich bei Eva geblieben und jetzt sitze ich hier. Die Gedanken, die ich damals in London hatte, waren genau die gleichen, die ich jetzt habe.“, erzähle ich ihr offen. Meine Geschichte gehört zu mir und wenn jemand fragen würde, würde ich auch jeder Zeit die Story erzählen. Aber es fragt nie jemand. Es musste raus aus meinem Kopf. Wirklich.

      Lina
      “Wow. Das waren eine Menge Informationen”, sagte ich und musst einen Moment darüber nachdenken. Vriskas Geschichte, ist so anders als meine, aber auch wieder nicht. “Ich werde jetzt nicht sagen, dass ich weiß wie du dich fühlst, weil das nicht Wahr wäre. Aber ich kenne das Gefühl, wenn die Vergangenheit einen einholt”, sagte ich, um die Stille im Raum zu unterbrechen. Ich zögerte einen Moment, ob ich es ihre erzählen sollte. Immerhin hatte der letzte dem ich es erzählt hatte, sich von mir abgewandt. “naj…”, begann ich zögerlich. “... ich bin auch ohne Eltern aufgewachsen. Meine Mutter verließ mich und meine Geschwister als wir noch klein waren. Mein Vater hat uns dann bei unserer Tante abgestellt und ein neues Leben ohne uns angefangen. Wir hatten zwar noch Kontakt, aber nur sehr wenig, weil ich mich mit meinen Halbgeschwistern nie verstanden habe. Meine Tante hatte ein paar Kutschpferde. Naja und so verbrachten meine Schwester und ich jede frei Sekunde im Stall und natürlich ließen wir uns das auch nicht nehmen zu reiten. Ich kann sagen ich hatte eine gute Kindheit bis zu dem einen Tag an dem der Unfall passierte. Bei dem Unfall kamen meine Tante und mein Lieblingspferd ums Leben. Du musst wissen er war alles für mich. An dem Tag verlor ich alles, was ich hatte. Mein Vater wollte uns nicht. Er sorgte für das nötigste, aber da war keine Art von Beziehung. So verbrachte ich viel Zeit, bei Samu auf dem Hof seiner Eltern, bis ich zusammen mit ihm hierherkam. Naja und dann kam Divine der mich an all das Erinnerte”, erzählte ich. “Vermutlich fragst du dich jetzt, Warum erzählt sie mir das alles?. Die Antwort ist, ich weiß es, nicht”, endete ich. Seltsam irgendwie war es einfach aus mir rausgeflossen. Tja, scheint so, als hätten wir beide jemanden gebraucht, der einfach nur Zuhört. Ein seltsame Stimmung lag in der Luft.

      Mika
      Zurück von den Weiden schlenderte wir gemütlich zurück zum Hof, um uns dann zum Mittag im Speisesaal zu versammeln. Im Vergleich zu sonst waren wir mal nicht die letzten, obwohl ich mit “wir” diesmal auch nur mich und Dasha meinte, keine Ahnung wo sich Ambrose wieder umher trieb. Kurzerhand entschied ich mich für einen recht kleinen Tisch, Drama brauchte ich nicht beim Essen, und setzte mich hin und zog Dasha auf meinen Schoß solang noch keiner da war. Sie lehnte sich entspannt und auch etwas erschöpft zurück, sodass ich den Duft ihrer Haare aufsaugen konnte und erst jetzt merkte ich, wie müde ich auch war, Jetlag war nicht zu unterschätzen dachte ich. “Kleines Mittagsschläfchen bis zum Training nachher?”, flüsterte ich ihn ihr Ohr, sie nickte gähnend. Im selben Moment betraten Ambrose und ähh ich war mir nicht sicher wer sie war in den Saal, könnte Emilia sein. Die beiden strahlten wie Tschernobyl und ich hoffte sehr, dass sie keine Strohreste in der Unterwäsche hatten. “Na ihr Schlafmützen? Das hier ist Emilia, aber ihr kennt sie ja eigentlich.”, stellte er uns euphorisch vor, doch mehr als ein gutgemeintes Lächeln brachten wir nicht hervor. Nun nahmen auch die beiden am Tisch Platz und es war noch ein Platz übrig. Hannes, mit dem ich mir gerade den zweiten Platz des Rennens teilte, gesellte sich zu uns.

      Niklas
      Milena war ziemlich schnell zusammen mit Snúra aus dem Stall heraus. Wo sie sich herum trieb, wusste ich allerdings auch nicht mehr. Hoffentlich kommt sie gleich zum Essen, da alle anderen kaum noch was haben, habe ich einige von ihnen eingeladen bei uns zu essen. Ju sollte schon vor der Hütte im Freien einige Sitzgelegenheit errichtete. Meiner Stute Smoothie gebe ich zum Abschied noch einen Kuss auf die Stirn.
      Mein Weg zurück führt mich am Essenssaal vorbei, aus dem ich Stimmen wahrnehmen konnte.
      “Hannes? Du solltest doch wissen, dass es kein Mittagessen gibt.”, sage ich zu ihm und stehe in der Tür mit verschränkten Armen. Es dann sehe ich, dass Ambrose, Darya und Mika ebenfalls am Tisch sitzen. Einen Moment überlege ich, ob die Menge an Essen reicht.
      “Wenn ihr wollt, kommt mit. Ich koche gleich für so gut wie den ganzen Verein”, biete ich den anderen an und mache eine passende Armbewegung.

      Jace
      “Was macht ihr denn hier für eine Party?”, fragte ich die Gruppe, die sich im Essensaal versammelt hatte. “Hat euch keiner gesagt das es ihr euch selbst um euer Mittagessen kümmern müsst”, sagte ich grinsen. “Naja, ich gehe jetzt einkaufen, soll ich euch vielleicht etwas mitbringen”, bot ich an.

      Darya
      “Oh entschuldigung, das wussten wir nicht.”, stammelte ich peinlich berührt herum. Die Herren der Schöpfung waren mal wieder etwas lapidarer unterwegs und bettelten förmlich nach Essen, weshalb ich mich gezwungen sah noch einmal höflich zu antworten, “Das ist lieb Jace, Niklas hatte angeboten für uns zu kochen, wenn er noch etwas braucht, wären wir dir echt dankbar, wenn du uns was mitbringst.”. Ambrose mal wieder durch meine gute Erziehung belustigt lachte mich aus, was ihm aber einen bösen Blick von Mika einbrachte - die Genugtuung reicht mir. “Jace soll dich vielleicht jemand begleiten?”, fragte ich unschuldig noch.

      Jace
      “Na, wie siehts aus Nikals, braucht ihr noch was?”, wandte ich mich an den jungen Mann neben mir. “Wenn du so charmant fragst, sag ich nicht Nein”, antwortete ich dann Dasha auf ihre Frage.

      Niklas
      “Oh, dann kann ich ja was richtiges Kochen. Ich bräuchte drei Gläser Preiselbeeren und noch eine weitere Packung Pilze, welche ist egal.”, antworte ich erst mal und denke laut weiter: “Sahne müsste noch reichen, weitere Pilze habe ich bestellt, das Hack ist auch noch genug, Mehl ist in der Küche, Zitronensaft auch, Dill habe ich vorm Haus gesehen.” Ich überlege. “Ach ich bräuchte noch 2kg festkochende Kartoffeln”, sage ich. Aus meiner Tasche ziehe ich ein Bündel Geld und weiß nicht so genau, wie viel man beim Einkaufen bezahlt. 50 C$ sollten reichen und drücke Jace den roten Schein in die Hand. “Falls was übrig bleibt, kauf dir was schönes”, sage ich etwas flirty und lache.

      Jace
      “Natürlich, mein liebster”, antwortete ich säuselnd. “Also wer mit will, bitte folgen”, sagte ich noch und stiefelte lachend aus dem Raum. Jayden, der vorhin noch mal auf dem SMA war um Alec dort zu helfen, hatte das Auto freundlicherweise direkt auf dem Hof stehen lassen. Ich stieg schonmal in den schwarzen Jeep und warte auf meine Mitfahrer. “Wow, es sind ja gefühlte 100 Grad hier drin”, schimpfte ich ein wenig als ich mich auf dem Sitz niederließ und ließ die Fenster runterfahren.

      Ambrose
      “Dude wir kommen mit!”, rief ich Jace, der bereits kehrt gemacht hatte, hinterher. Emilia ließ ich um ehrlich zu sein etwas links liegen und eilte los und sah, dass Mika und Dasha mir folgten. “Ach wenn’s ums Essen geht ist er ganz vorn dabei!”, rief Mika mir zynisch zu. Ich lachte und zeigte ihm den Mittelfinger. Gemeinsam stiegen wir in den schwarzen Jeep und Jace zündete den Motor an. “Dude ich bin zwar schwarz, aber kochende Hitze feier ich jetzt nicht so. Schmeiß doch mal die Klimaanlage an!”, befahl ich Jace und boxte ihm lachend gegen die Schulter. “JA Gebieter”, gab er ironisch zurück und lachte ebenfalls. Obwohl die Fahrt zum Supermarkt nicht sonderlich lang war, schienen Dasha und Mika eingeschlafen zu sein; belustigt stupste ich Jace an und gestikulierte, dass er mal in den Rückspiegel schauen sollte. Bei der angenehmen Ruhe im Auto ließ ich mein Blick über die Landschaft schweifen, die sogar ziemlich ähnlich zu Schwedens war. “Wirklich wundervoll”, murmelte ich schläfrig, bis mir schließlich auch die Augen zu fielen.

      Niklas
      Während Jace für mich die restlichen Zutaten holt, bereite ich in der Küche die Füllungen vor. Als erstes schneide ich ungefähr 1 kg Zwiebeln, damit ich das Hack sowie die Pilze darin anbraten kann. Die Pilze schneide ich dafür ebenfalls klein und packe die in eine andere kleine Schüssel.
      “Ju?”, rufe ich nach draußen, wo er bereits mit Chris sitzt und sich unterhält.
      “Ja?”, antwortet er wenig später.
      “Kannst du mir bitte Dill, Petersilie und Majoran reinbringen”, frage ich ihn.
      In der Zeit hole ich das Hackfleisch aus dem Kühlschrank und lege es in eine große Schüssel. Bevor ich ein Ei, die Gewürze und Brötchenreste hinzufüge, wasche ich noch einmal die Hände. Dann kommt auch schon mein bester Freund in die Küche und legt mir die gewünschten Kräuter hin, ich bedanke mich und er geht wieder raus zu den Anderen. Also schneide ich noch die die Petersilie und den Majoran klein, werfe es mit zum Hackfleisch. Dann schlage ich das Ei dazu, füge die Brötchenkrümel hinzu und die Gewürze wie Salz und Pfeffer. Natürlich darf der Senf nicht fehlen. Nun kann ich kneten. Aus der Masse forme ich kleine Bällchen, die im ersten Moment eher an Köttbullar erinnern aber keine werden. Für Kroppkakor habe ich von meinem Opa ein eigenes Rezept gelernt. Dafür erhitze ich eine große Pfanne mit Olivenöl auf dem Gasherd. Während die Pfanne heiß wird, mache ich mit der vegetarischen Füllung weiter. Die nächste Pfanne steht bereits auf auf dem Herd und ist warm. Ich schmeiße eine große Handvoll Zwiebeln in das Öl. “shite (Mist)”, rufe ich durch den Raum, als das heiße Öl an meine Hand spritzt. Außerdem habe ich den Knoblauch vergessen zu schneiden. Also halte ich kurz die Hand unter kaltes Wasser, trockne sie ab und nehme den Knoblauch aus dem Kühlschrank. In Lichtgeschwindigkeit ist der Knoblauch kleingeschnitten und ich nehme einen Esslöffel Knoblauch, werfe ihn mit zu den Zwiebeln. Für einige Minuten lasse ich die Zwiebeln glasig werden und tue die kleingeschnittenen Pilze dazu.
      “Lieferservices”, sagt Jace und kommt rein.
      “Oh danke! Genau im richtigen Moment”, antworte ich ihm und nehme die Lebensmittel entgegen. Als er den Raum wieder verlassen hat, kommt Anna. Auf sie hätte ich wirklich verzichten können.
      “Brauchst du noch Hilfe?”, fragt sie. Ich nicke und stelle ihr die Packung Kartoffeln hin.
      “Die müssen alle geschält werden”, kommentiere ich und hole aus der Schublade einen Kartoffelschäler. Ohne was zu sagen, fängt sie an die Kartoffeln zu schälen. Ich schneide die restlichen Pilze und packe alle zusammen in die Pfanne. Nachdem sie schön braun gebraten sind, nehme ich einige Löffel dieser heraus und wollte sie mit zum Hack machen. Erst dann bemerke ich meinen Fehler. Ich habe bereits die Bällchen gemacht, obwohl die Pilze und Zwiebeln fehlen. Genervt werde ich alle wieder in die Schüssel und knete erneut alles durch. Ich prüfe noch einmal, ob wirklich alles drin ist. Diesmal ja.
      “Warum hast du mit Milena geschlafen?”, reißt mich Anna aus meinem Flow.
      “Weil ich Lust hatte, betrunken war und es verlockend war”, antworte ich ihr, ohne sie anzugucken. Dabei drücke ich in der Schüssel voller Hackfleisch herum.
      “Also liebst du mich nicht?”, fragt sie. Ich überlege. Soll ich ehrlich sein? Für mich ist Liebe ein großes Wort, mit viel Bedeutung. Je öfter man es sagt, desto weniger bedeutet es. Anna ist noch zu Jung, um das wirklich nachvollziehen zu können.
      “Doch”, antworte ich kurz und lege die fertigen Bällchen in die heiße Pfanne. Ich brate sie scharf an und nehme sie wieder heraus.
      Nach einer Überlegungspause antwortet sie mir: “Warum guckst du mich dann nicht an?”
      “Förlåt, men jag är upptagen. (Sorry, ich bin beschäftigt)”, fahre ich sie an. Dann gucke ich doch zu ihr. Sie legt den Schäler beiseite, steht auf und geht nach draußen zu den Anderen. Endlich kann ich in Ruhe weiter machen. Die Pfannen nehme ich alle vom Herd und stelle den Topf voller Kartoffeln darauf, dass sie kochen können.
      “Ju, ich geh’ duschen. Kannst du zwischen durch nach den Kartoffeln gucken?”, rufe ich ihm zu und gehe ins Bad.

      Jace
      Nachdem ich mit meiner sehr hilfreichen Begleitung vom Einkaufen zurück war und wohlgemerkt alleine, die Einkäufe zu Niklas brachte, weil die Schlafmützen noch pennen, kehrte ich zum Auto zurück. “Wir sind zurück, ihr Schlafmützen”, rief ich und riss die Autotür auf. Keine Reaktion von den Insassen. “Uff, wie können die bei den Temperaturen nur Pennen”, murmelte ich. Ich habe da schon eine Idee. Ich ließ die Tür offen und ging zu den anderen vor dem Haus. “Wer von euch hat denn, Lust den Schlafmützen da drüben eine kleine Abkühlung zu verschaffen”, sagte ich und deutete auf das Auto.

      Hannes
      Jace, der gerade vom EInkauf zurückgekehrt war, schlug vor die Neuankömmlinge anständig aufzuwecken. Meine Idee mit Eimern auf sie zu schütten, war nicht sonderlich schlau, da sie nach wie vor im Jeep saßen. “Hat jemand Wasserpistolen?”, fragte ich in die Runde und erntete ordentlich Gelächter, “Rich kids ey, das macht man mit nem Wasserschlauch!”, “Nimm doch Pistole aus deiner Hose!” kam lachend zurück. Jace deutete auf einen Schlauch in der Ecke, den ich übermütig zum Auto zog, leise den anderen ein Zeichen gab den Wasserhahn aufzudrehen. Das Wasser schoss geradezu aus dem Schlauch, sodass ich ihn fest packen musste, um nicht die Kontrolle zu verlieren. Aus dem Auto ertönten quietschende und erschrockene Töne und die drei sprangen wie angestochen in die Luft und fingen danach an heftig zu gackern. Ambrose und Mika rannten auf mich zu und hoben mich hoch, während Dasha den Schlauch griff und mich ordentlich einseiften. Nun kamen auch die anderen mit Wassereimern dazu und wir lieferten uns eine legendäre Wasserschlacht. So viel Spaß hatte ich nie in meiner Kindheit…
      Niklas
      Die Dusche tat gut. Nicht nur, dass es draußen furchtbar warm ist, koche ich zusätzlich ein ziemlich deftiges Gericht. Die Kartoffeln waren mittlerweile fertig und Ju hatte sie schon abgegossen sowie abgeschreckt. Mit nur einem Handtuch am Leib stehe ich in der Küche und stampfe die Kartoffeln mithilfe eines Kartoffelstampfers. In die Masse gebe ich zwei Eier, etwas Muskat und Salz. Auch das Mehl darf nicht fehlen. Ich forme zwei ungefähr gleichgroße Rollen und schneide sie jeweils in 12 Scheiben. Darin drücke ich mit meinem Daumen ein Loch, lege entweder ein Fleischbällchen oder etwas … Mist. Ich habe vergessen, die Pilzfüllung fertig zu machen. Da ich für die Soße eh noch mal die Pfannen erhitzen muss, kommen die Pilze zurück ihre Pfanne. Aus dem Kühlschrank nehme ich den Gorgonzola und schneide ihn so gut es geht in würfel, die mit in die Pfanne kommen. Nach dem der Käse geschmolzen ist, nehme ich sie runter und befülle weiter die Kartoffelklöße. Den Topf mit Wasser habe ich erneut aufgesetzt, um dort die Klöße ziehen zu lassen. Damit ich sie unterscheiden kann, haben die mit Fleisch Kräuter in der Kartoffelhülle. Sie müssen noch mal 20 Minuten ziehen, sodass ich in Ruhe die Soße zubereiten kann. Doch als erstes muss ich die Preiselbeer Beilage machen.
      “Und wie weit bist du?”, fragt mich Ju, der fast Liebevoll mit seinen Händen an der Hüfte anfasst und mir über die Schulter ins Ohr flüstert.
      “20 Minuten noch”, antworte ich lachend. Er lässt mich natürlich direkt wieder los und stellt sich neben mich.
      “Willst du dir nicht mal was anziehen?”
      “Es ist so warm draußen. Gefällt dir mein Handtuchrock etwa nicht? Soll ich für meinen Liebsten ein anderes Outfit wählen?”
      Wir lachen und blödeln einige Minuten weiter herum. Ich nehme mir seinen Rat zu Herzen und ziehe mir eine Unterhose sowie Kurze Hose drüber.
      “T-Shirt ziehe ich trotzdem nicht an”, rufe ich Ju zu, der das Essen beobachtet.
      “Mach’ was du willst. Aber nicht das ich wegen dir noch meine sexuelle Gesinnung ändere”, antwortet er schelmisch.
      Die Klöße sind fertig, die Preiselbeermasse mit etwas Rotwein und Vanille mittlerweile abgekühlt und die Soße mit Sahne, etwas Mehl und Milch angedickt in dem Sud aus den Fleischbällchen. Zusammen mit meinem Kumpel servieren wir das Gericht.
      “Essen ist fertig.”, rufen wir raus.
      “Was das”, fragt jemand.
      “Kroppkakor.”

      Jace
      Nass, kamen wir rübergelaufen, sobald Niklas verkündete, dass das Essen fertig ist. “Das sieht ja grandios aus”, lobte ich Niklas. “Wo hast du so kochen gelernt?”, fragte ich ihn. “Warte bis du es probiert hast bevor du urteilst”, kam es von einem der Jungs frech. “Ey, Jace du Faulpelz”, kam es von Jayden der gerade aus dem Stall trat. “Denk dran, du bist heute dran das Wasserfass auf der Sommerkoppel aufzufüllen. Viel ist nicht mehr drin. Und abäppeln musst du auch noch”, sagte er während es rüber kam. “Jaja, keine Sorge das mach ich gleich noch. Jetzt komm her und chill erstmal n bisschen”, erwiderte ich. Jayden setzte sich seufzend und betrachte das was Inzwischen auf dem Tisch stand. “Wer von euch kann denn so gut kochen?”, fragte er etwas verwundert.

      Niklas
      “Mein Opa hat mir beigebracht zu kochen .. und unsere Hausdame, die sonst für uns kocht. Man könnte behaupten, dass es eins meiner kleineren Hobbys ist neben der Pferde.”, erzählte ich stolz. Dann wendete ich mich Jayden zu. “Ich habe natürlich gekocht. Das ist Kroppkakor ein schwedisches Kartoffelklöße Gericht mit einigen Veränderung meinerseits. Die mit den Kräutern haben eine Fleischfüllung und die ohne sind mit einer Pilz-Gorgonzola Füllung. Dazu serviert eine Sahnesoße und Preiselbeeren”, erkläre ich ihm.
      “Wenn du willst, nimm dir auch einen Teller. Es ist genug für alle da”, füge ich noch hinzu. Von weiten sehe ich auch Lina und Vriska anschleichen.

      Lina
      “Der hat mir heute noch gefehlt”, mumelte ich vor mich hin. Nachdem unangenehme Stille im Zimmer geherrscht hatte, hatte Vriska vorgeschlagen, mal zu sehen, was die anderen so machen. Wo sie waren, war nicht sonderlich schwierig herauszufinden, denn sie unterhielten sich lautstark über Niklas tolle Kochkünste. Ich versuchte einen Platz möglich weit Weg von Jace zu finden, was sich aber als relativ schwierig gestaltet, da er natürlich in der Mitte des Tisches saß. Die einzigen freien Plätze waren zwischen Ju und Niklas, direkt gegenüber von Jace. Etwas hilflos sah ich mich nach einer Alternative um.

      Niklas
      “Willkommen in der Runde”, begrüße ich die beiden Mädchen, die dazu kommen. Vriska knurrt mich nur an.
      “Keiner hat dich gezwungen hierher zu kommen”, zische ich sie an. Ich sehe wie sie mich von unten nach oben mustert.
      “Wenn du mit kommst, kannst du gern noch mehr sehen”, sage ich schelmisch zu ihr.
      “Ich verzichte, danke.”, winkt sie ab.
      “Wollt’ ihr was essen?”, biete ich einen Moment später an. Keine Antwort also gehe ich zurück zu Ju, aber auch sie nehmen den Weg dorthin. Ich bemerke, dass Lina sich schwer tut, sich mit an den Tisch zu setzen. An Ju scheint es wohl nicht zu liegen, der hat eigentlich keinen Stress mit irgendwen, also kann es nur Jace sein. Vorsichtig ziehe ich sie zur Seite und flüstere ihr zu: “Soll ich den woanders hinbringen?” In meinem Ton schwingt etwas ernsthaftes mit und kann mir auch nicht erklären, wieso mir das gerade so wichtig erscheint.

      Lina
      Ich sah Niklas einen Moment verwirrt an, bevor ich registrierte, dass er mir eine Frage gestellt hatte. “Ich fürchte, wenn du ihn nicht auf den Mond schießen kannst, kannst du mir leider nicht helfen”, antwortete ich ihn leicht zynisch. Ich hatte durchaus gemerkt, dass er mir ernsthaft helfen wollte. Bisher hatte ich, gedacht er, sei genauso hoffnungsvoll in sich selbst verliebt wie Jace, doch scheinbar musste ich diesen Gedanken nochmal überdenken. Niklas schien immerhin ein Fünkchen Empathie zu besitzen, im Gegensatz zu Jace, der dämlich grinsend mit den anderen Jungs rum scherzte.

      Niklas
      “Dabei kann ich leider nicht helfen, soweit ist Elon noch nicht Menschen im Weltall auszusetzen”, antworte ich lachend. Sehr wohl habe ich seit dem ersten Abend mitbekommen, dass da was im argen ist.
      “Jace, komm’ mal bitte. Hilf mir mal beim Aufräumen”, rufe ich den Kerl zu mir. Die Mädchen nehmen sich einen kleinen Teller mit etwas vom Essen und können nun in Ruhe essen. Doch in mir herrscht eine Ruhe ein und will unbedingt wissen, was los ist.
      “Du sag mal. Was stimmt den bei euch Beiden nicht? Ihr seid ihr zusammen auf einem tollen Hof und geht einander ziemlich aus dem Weg. Das ist doch keine gute Atmosphäre. Pferde nehmen das war und das tut niemanden gut”, sage ich ernst zu ihm.
      Ich muss wieder an Opa denken, der vor einigen Jahren verstorben ist, dem immer wichtig war, dass am Hof eine gewisse Freundlichkeit herrscht. Natürlich muss man sich nicht um den Hals fallen, aber der Respekt sollte vorhanden sein.

      Lina
      “Danke”, mumelte ich noch Niklas zu, bevor ich mich an den Tisch setzte. Ein wenig erleichtert, das ich zu mindesten Jace nicht ertragen muss. Das essen schmeckte einfach fantastisch und erst jetzt bemerkte ich wie riesig mein Hunger eigentlich war.So schaufelte ich fröhlich mein Essen in mich rein.

      Jace
      In der Küche angekommen, stellte mir Niklas eine Frage, die so ähnlich vor ein paar Tagen schon mal gehört hatte. Sofort verschlug es mir meine Gute Laune. “Naja… mmm… Um ehrlich zu sein, bin ich mir nicht so ganz sicher”, druckste ich herum. “Jonathan Cristopher Sherwood, wer hat dir eigentlich ins Hirn geschissen”, hörte ich die Stimme meines besten Freundes in meinem Kopf. Alec war weitaus unentspannter gewesen als Niklas jetzt gerade und er hatte mich auch am Leben gelassen, also beschloss ich es zu erzählen.“Ok….Ich fasse es mal kurz. Eigentlich dachte ich Lina hätte mich gefriendzoned, dann war auch eine ganze Weile alles gut zwischen uns… Naja und dann hab ich vor ein paar Tagen vergessen da ich ihr mit Divine helfen wollte. Und was an euren ersten Abend passiert ist, weißt du ja.” Erzählte ich zögerlich. “Und seitdem geht sie mir aus dem Weg”, endete ich. Das Blut war mir in die Wangen geschossen. Sehr konzentriert wischte ich an der Pfanne rum. Irgendwie war es mir Mega unangenehm, dass es Scheinbar auch den anderen auffiel, das etwas zwischen mit und Lina nicht stimmte.

      Mika
      Gegen Niklas kann man sagen was man will, aber kochen und reiten kann der Kerl vom feinsten, er zauberte eine meiner Lieblingsspeisen Kroppkakor. Da wir pitschnass waren, zog ich das triefende T-Shirt aus und hängte es in die Sonne, viele der anderen taten es mir gleich, was vielen Mädels der Runde gefiel, Dasha guckte mich schockiert an und zog dann provokant auch ihr Shirt aus und mir fiel fast die Kinnlade runter. Ich war froh, dass sie so einen ollen cockblocker Sportbh anhatte, der ihre Boobies, die mir gehörten, gut verdeckte. Beeindruckt griff ich ihren Teller und meinen und befüllte beide mit sowohl vegetarischen, als auch normalen Klößen. Mein Magen knurrte und ich schaufelte mir viel zu große Bissen in den Mund, sodass meine Backen prall gefüllt waren. Niklas schaute mich grinsend an und neckte mich, “Na Hamsterbäckchen schmeckt’s?”. Da ich nicht in der Lage war zu sprechen, hielt ich nur einen Daumen nach oben, es war wirklich verdammt lecker. “Er möchte sagen es schmeckt ihm hervorragend, es ist eine seiner Lieblingsspeisen.”, antworteten Dasha und Ambrose im Chor und verfielen ins Lachen. Ich verdrehte die Augen, die beiden kannten mich wohl doch zu gut. Zu meinem Erstaunen drehte sich Dasha weg und widmete sich der Gruppe um Ju, Lina und Vriska, wie mutig sie doch auf einmal war, solang Ju seine Finger bei sich behält, machte mir das auch nichts aus, denn es war wichtig, dass sie neue Freunde fand, sonst war ich immer der Einzige mit Ambrose, der für sie da war.

      Darya
      “Hej, sorry ich wollte euch nicht unterbrechen, aber ich würde euch auch gern ein bisschen kennenlernen.”, sagte ich etwas verlegen. Lina, die etwas abwesend schien bedankte mich sofort mit einem Lächeln und lud mich sozusagen in die Gruppe ein, während Vriska einfach still dasaß. “Vriska und Lina ihr macht doch beim diesjährigen HMJ mit oder? Hab das über Social Media etwas verfolgt, Divine ist ja wirklich ein Prachtstück”, versuchte ich ins Gespräch zu kommen.

      Lina
      “Danke, das war ja auch ein Haufen Arbeit”, bedankte ich mich bei Dasha. “Wenn du möchtest, kannst du ihr später kennenlernen”, bot ich ihr an und sie nickte zustimmend. “Tatsächlich war sein Training bis es ans Reiten ging relativ unkompliziert”, begann ich fröhlich vor mich hinzuplappern. Über Divine könnte ich stundenlang reden.

      Darya
      “Oh ich würde gern mehr über das Training hören!”, sprudelte es förmlich aus mir heraus, “also natürlich wenn die anderen nichts dagegen haben.”, fügte ich fix hinzu. Ju musste kurz lachen über meine wahrscheinlich etwas zu korrekte Art. “Interessiert dich denn etwas bestimmtes, weil ansonsten sitzen wir wahrscheinlich noch morgen hier?”, fragte sie daraufhin lachend. “Naja eigentlich alles, aber um es genauer zu machen, vielleicht in welcher Richtung ihr unterwegs seid und wo du mit ihm vielleicht mal hin möchtest? Wie ihr die Mähne so lang und dick bekommen habt, würde mich auch sehr interessieren, Winnies kurze Fusseln sehen leider nicht so schön aus.”, plapperte ich weiter.

      Lina
      “Aktuell sind wir sehr viel Ausreiten. Denn der kleine Mann bewegt sich in Hallen oder auf Reitplätzen nur sehr spärlich, oder wenn ein zweites Pferd dabei ist. Ansonsten versuche ich aktuell herauszufinden wie ich ihn auch in der Halle reiten kann. Mein Ziel ist es eigentlich ein Vielseitigkeitspferd aus ihm zu machen. Ich habe nämlich selten ein Pferd erlebt, was so zuverlässig überall hingeht”, erzählte ich . “Naja, das mit der Mähne hat viel Zeit und Liebe benötigt. Einerseits hat uns unter Tierarzt mehrere Nährstoffmängel festgestellt. Und dann ist er auch noch Ekzemer. Zum Glück nicht so krass. Naja, wegen seinem Ekzem wird er ein bis zweimal die Woche gewaschen und seitdem wir das fleißig machen, wächst die, Mähne. Vielleicht solltest du bei Winnie mal eine Blutanalyse machen lassen”,riet ich Dasha

      Darya
      “Danke für den Tipp! Ich habe sie auch noch nicht lange, sollte ich wirklich mal in Betracht ziehen.”, bedankte ich mich bei Lina und unterhielt mich noch ein bisschen mit ihr über Divine.

      Niklas
      Kurz musste ich nachdenken, weil ich zwar verstand, was er mir da gesagt hat aber irgendwas muss noch fehlen.
      “Schwierig”, fing ich an.
      “Viele Möglichkeiten hast du nicht, es ist zumindest einfacher für euch Beide, wenn ihr nichts miteinander habt. Sollte nämlich das dann enden, wird es noch schlimmer. Am Hofen haben wir dafür eigentlich eine Regel, ein Quasi jeder kann jeden wann er will. Nur … Anna hat das noch nicht so wirklich geschnallt, entweder man teilt sich Gegenseitig oder man lässt es. Sonst gibt es nur Stress”, erzähle ich ihm dann. Jetzt wo ich es ausspreche klingt es ziemlich makaber, als wären wir eine Sekte. Doch wir haben alle das gleiche Ziel, also müssen wir gemeinsam daran arbeiten.

      Vriska
      Gespannt folgte ich dem Gespräch, aber wirklich konnte ich nichts dazu beitragen. Innerlich zog es mich irgendwie zu Niklas, doch das geht nicht. Dennoch richtete ich immer wieder mein Blick zur Hütte in der er ist mit Jace. Jetzt begreife ich erst, dass die sich darin unterhalten und ich bin total neugierig worum es da geht.
      “Lass dich nicht täuschen”, sagt Ju ruhig zu mir.
      “Wenn der was will, dann tut er alles dafür.”, fügt er noch hinzu.
      “Ja … nein. Alles gut”, lenke ich ab. Doch er scheint schon gemerkt zu haben, dass meine Blicke immer wieder zu seinem Oberkörper gehen.
      “Warte mal”, sagt er nun und zieht selbst sein Shirt aus.
      “So, jetzt kannst du zu mir gucken und dich nicht von einem Idioten kontrollieren lassen.”, lacht Ju.

      Jace
      Ich schwieg eine Weile. Es gab da nämlich einige Dinge, die im ihn nicht erzählt hatte.Nicht nur das Seine Regel klang als würde sie in eine Kommune leben, sondern auch, weil ich genau wusste, dass mich solche Regeln wieder zu jemandem machen würden, der ich nie wieder sein wollte. Als ich noch mit Alec in der Stadt wohnte, war ich ähnlich wie Niklas gewesen. Jedes Mädchen was ich haben wollte bekam ich eigentlich immer. S** bedeutet für mich nichts. Das und ein paar andere Dinge machte mich irgendwann zu einem gewissenlosen Arsch. Nicht nur den Mädels gegenüber, die ich verführte, sondern auch meinen Freunden gegenüber, bis ich niemanden mehr hatte außer Alec. Alec hatte auch nur zu mir gehalten, weil er zu der Zeit in mich verliebt war. Doch ich war natürlich zu dämlich, um das zu kapieren. Naja, irgendwann hat auch er mich im Stich gelassen. Naja, das er mich auch im Stich gelassen hatte war ich selber schuld, immerhin hatte ich seiner kleinen Schwester irgendwann das Herz gebrochen. Und dann hatte ich nichts mehr, keine Freunde, kein Zuhause, absolut gar nichts.”Naja, ich kann Anna verstehen, für manche ist S** halt mehr als nur ein körperliches Verlangen”, sagte ich nach einer Weile zögerlich. “Außerdem, … hat Lina mich nicht direkt gefriendzoned… sie hat um Zeit gebeten”, flüsterte ich schon fast. Ich ließ nicht viele hinter meine Fassade blicken, weshalb ich auch wenig echte Freunde hatte, denn durch irgendetwas hatte ich auch meisten diese vergrault. Umso mehr wunderte ich mich jetzt drüber, das ich hier in diese Küche stand und mit Niklas überhaupt über solche Dinge redete.

      Niklas
      “Na also, lass ihr Zeit. Aber deswegen muss man einander nicht ignorieren. Aus eigener Erfahrung heraus geht es ihr nur um das ganze Gefühlezeug, was sie gerade nicht gebrauchen kann. Sei normal zu ihr, als wäre sie eine gute Klassenkameradin. Am besten suchst du das Gespräch. Wenn du willst, kann ich das einleiten .. ich geh dann auch. Aber so ist nicht gut. Für ein Beide nicht.”, antworte ich mitfühlend und klopfe ihm auf die Schulter.

      Jace
      “Nein, schon gut. Ich schaff das schon selbst”, sagte ich zu ihm. Das Geschirr war inzwischen sauber, sodass ich den Raum verließ. Das Gespräch war mir unangenehm gewesen.
      Ich sah zu dem Platz, wo ich vorher gesessen hatte. Lina unterhielt sich angeregt mit Dasha und Ju hatte sich inzwischen auch das Shirt ausgezogen. “Ihr scheint ja Spaß zu haben”, sagte ich lachend an Ju und Vriska gewandt und setzte mich wieder dazu.

      Vriska
      “Ach, die Kleine kommt mit ihrem Blick von Nik nicht weg.”, sagt Ju zu Jace und deutet dabei auf seinen Körper.
      “Ha ha lustig.”, füge ich genervt hinzu und will aufstehen.
      “Du machst Situationen nicht besser, wenn du immer gehst.”, sagt Niklas der Jace offenbar gefolgt ist. Mit seiner einen Hand berührt er einen meinen Hals und wie unter Kontrolle setze ich mich wieder.
      “Geht doch”, antwortet er.
      “Wie sieht es eigentlich mit deiner Schulter aus, kannst du wieder reiten?”, fragt Ju.
      “Ich kann nicht mal richtig reiten, denke nicht, dass ich überhaupt aufs Pferd raufkomme”
      “Dann helf’ ich dir halt hoch”, kommentiert Niklas und legt seine Hand auf meinen Oberschenkel. Nervös gucke ich zu ihm, sage nichts und versuche auch nicht die Hand beiseite zu packen.
      “Wir können es gern probieren”
      “Na dann machen wir nachher das Training zusammen.”
      “Deal”, antworte ich Niklas.
      Ich bemerke jetzt erst, wie schockiert Ju und Lina zu mir gucken. Niklas hat immer noch sein Hand auf meinem Oberschenkel.

      Lina
      “Ähhh Vriska… du konntes vorhin nicht mal schnell als eine Schnecke gehen und willst auf ein Pferd steigen? Du bist sicher nicht auf deinen Kopf gefallen”, sagte ich und starrte sie weiterhin schockiert an. Und ganz ehrlich, Niklas war mir immer noch ein wenig suspekt. “Ju, sagt doch auch mal was”, sagte ich empört und boxte leicht gegen seinen Arm. “Au”, kam es nur von Ju und er rieb sich den Arm. “Vriska, das ist vollkommen verrückt!”, schloss ich aufgebracht an.

      Jace
      Etwas verwirrt, sah ich zwischen den beiden Parteien hin und her. “Ähhh….ich glaube, das solltest du nochmal überdenken, Vriska”, trug ich wenig hilfreich zum Gespräch bei. “Danke Jace, du bist ja doch für etwas gut”,kam es von Lina. Scheinbar war sie so perplex, dass sie wohl keine Zeit hatte mich zu hassen.

      Vriska
      Ich gucke ernst zu Ju und erwarte ihn bei meiner Idee.
      “Ähm … Eigentlich soll man sich nach dem Fall auf jeden Fall wieder auf’s Pferden setzen aber einen Tag später mit Schmerzen, halte ich auch nicht unbedingt für die beste Idee”, kommentiert er, was die Anderen auch gesagt haben.
      “Zum Glück kann ich Entscheidungen selbst treffen. Außerdem kann ich auch wieder Absteigen, wenns nicht geht”, verteidige ich meine Idee. Niklas hält sich aus der Diskussion heraus und rutscht mit einer Hand weiter rein. Sein Griff ist fest und in mir wird es warm. Ehrlich gesagt fühlt es sich gut an. Er hat es mir schon angetan.
      “Ich dachte wir wären Freunde”, schnaube mich meine eigentliche beste Freundin an. Niklas zieht ruckartig seine Hand von meinem Oberschenkel.
      “Warte”, rufe ich ihr nach, doch sie ist schon weg. Natürlich versuche ich ihr nachzugehen, doch schon das aufstehen funktioniert nicht so richtig.
      “Merkste selbst, wah?”, merkt Ju an und geht Milena nach. Abfällige Blicke kommen zu mir und Niklas von ihm, bevor er meiner Freundin nach geht.

      Lina
      “Ihr seit doch alle gleich”, schrie ich Jace und Niklas an. “Ihr denkt alle nur an das eine!”. Auf einmal war es gespenstisch ruhig, denn alle Gespräche am Tisch waren verstummt. Alle starrten zu uns rüber. Ich überlegte kurz, ob ich aufhören sollte, doch ich entschieden mich dagegen. “Habt ihr noch nie was von Gefühlen gehört, Ihr Steinzeitmenschen”, damit war mein Vortrag beendet und ich stapfte wütend davon.

      Jace
      Wow, so wütend habe ich Lina noch nie erlebt. Naja ein Vorteil hatte es, es hatte mich in meinem Verdacht bestätigt, was genau ich falsch gemachte hatte.
      “Das ist genau der Grund, warum wir solche dämlichen Regeln nicht haben”, zischte ich Niklas noch zu, bevor ich aufsprang und mich auf die Suche nach Lina machte. Ich rannte, als erstes in die Sattelkammer um nachzusehen, ob sie sich schon wieder ein Pferd geschnappt hatte um zu verschwinden.
      Alle Sättel waren da, die Trensen auch. Ich drehte mich um zu den Spinden. Alle zu, doch… aus Lina Spind lugte etwas vor. Die Tür des Spindes, war nicht ganz geschlossen, sodass
      ich ihn öffnete. Ein zusammengeknülltes Stück Papier purzelte mir entgegen.

      Vriska
      “Jetzt drehst du auch noch durch”, schreie ich Lina nach. Doch sieh dreht sich nicht mal um. Für mich ist nun auch der richtige Moment zu gehen, als Niklas das merkt, hilft er mir wieder. Ich bedanke mich und schleppe mich zum Zimmer. In meiner Tasche suche ich nach meiner Notfallschachtel.
      “Tack gode Gud (Gott sei dank)”, spreche ich mit mir selbst. Ich nehme die Schachtel, stecke auch noch das Feuerzeug in die Hosentasche und gehe nach draußen. Hektisch suche ich nach einem Platz zum Rauchen. Das Gras ist trocken und ich möchte natürlich nicht den Hof anzünden. Auf einem Tisch auf einem gepflastert Stück erblicke ich einen Aschenbecher und mache mich auf den Weg.
      Befreiend brennt meine Lunge. Ich huste.
      “Vielleicht solltest du aufhören”, sagt Milena und setzt sich zu mir. Ohne zu fragen, nimmt sie sich ebenfalls eine und zündet sie an.
      “Jag är verkligen ledsen, Milena. (Es tut mir wirklich leid)”, entschuldige ich mich bei meiner Freundin.
      “Ach alles gut. Ich hatte nur schlechte Laune. Wir haben alle unsere Bedürfnisse.”, antwortet sie und pustet den Rauch in die Luft.
      “Aber …”, versuche ich mich heraus zu reden, oder möchte die Situation erklären. Doch sie hat mich gar nicht danach gefragt.
      “Nichts aber, ich bin auch nicht besser. Komm’ mit zur Reithalle. Ich will mit Snúra etwas trainieren. Du bist jetzt meine Trainerin”, sagt sie und lacht. Nachdem wir aufgeraucht haben, geht Milena in ihr Zimmer und ich gehe schon mal in den Stall. Wenig später kommt sie mit der Isländer Stute in den Stall.
      “Es ist echt Warm, hoffentlich ist es kühl in der Halle”, merkt sie an und beginnt die Stute zu putzen.

      Jace
      “Lina?”, fragte ich und klopfte an ihrer Zimmertür. “Verpiss dich Jace”, kam die Antwort. “Ich muss mit dir reden”, sagte ich und öffnete die Tür. Prompt flog mir ein Buch entgegen.”Jace, raus”, kam es nochmal von Lina. “Lina, hör mir zu”, ich trat in das Zimmer und schloss die Tür hinter mir. “Ich weiß, ich war blöd”, begann ich. Sie stand am geöffneten Fenster und sah nach draußen. “Ich hätte nichts mit Abigail anfangen sollen und schon gar nicht hätte ich sie abfüllen und dann alleine lassen sollen es tut mir leid”,sagte ich. Mit Tränen in den Augen drehte sie sich zu mir um. Wütend blickte sie mich an. “Jace, du bist sie ein verdammter Idiot”, fauchte sie mich an. “Und ein Feigling bist du auch”, schrie sie weiter und boxte mir vor die Brust. Sie warf mir weitere Dinge an den Kopf und boxte weiter auf mich ein. Ich stand einfach nur da und ließ sie machen. Nach einer Weile hörte sie auf und weinte nur noch. Ich nahm sie in den Arm. “Es ist ok. du bist verdammt süß wenn du wütend bist”, schrezte ich. Ich war mir nicht sicher ob sie weinte oder lachte. “Und du ein verdammt süßer Idiot”, nuschelte sie kurz darauf und löste sich von mir. Plötzlich kam mir eine Idee. “Lina, was hältst du davon, wenn wir noch mal von vorne Anfangen. Ein Neustart sozusagen. Wir vergessen alles und beginnen ganz von vorn”, erläuterte ich meine Idee. “Das klingt nach einer verdammt guten Idee, sagte sie und hatte ein breites Lächeln im Gesicht. Ich verließ den Raum und schloss die Tür hinter mir. Kurz atmete ich durch, bevor ich an die Tür klopfte. “Herein”, kam es kichernd von der anderen Seite. “Hallo, ich bin Jace”

      Vriska
      “Na dann los”, sagt Milena zu mir und zusammen liefen wir in die Halle. Also ich schleppe mich her dorthin.
      “Setz’ dich erst mal”, schlägt sie und reicht mir einen Stuhl. Ich bedanke mich und beobachte die Beiden zunächst.
      “Versuche Snúra auch beim Warmreiten mehr auf die Hinterhand zu bringen. Auch das Warmreiten hat einen Effekt”, rufe ich ihr zu. Milena bremst die Stute, richtet sie einige Schritte rückwärts und reitet wieder an.
      “Viel Besser”, schmunzel ist. Weiter konzentriert sie sich auf ihr Pferd.
      Unbeachtet nehme ich mein Handy aus der Hosentasche und scrolle durch die Instagram Timeline. Nur langweilige Beiträge, bis ich ein Bild von Folke und seiner Freundin Eorann sehe. Bisher wusste ich nicht, wie sie aussieht. Doch nun ein Bild. Misstrauisch betrachte ich das Bild. Gern würde ich es liken, aber Tyrell meinte, dass ich mein Handy in der Tasche lasse. Also scrolle ich weiter. Da tauscht er schon auf mit Nobel.
      “Ach Zuschauer”, ertönt es von Milena. Erschrocken drehe ich mich um. Niklas und Ju stehen am Eingang.
      “Wollt ihr euch nicht mal was anziehen?”, sage ich zu den Beiden. Im Kontrast zu zwei halbnackten Kerle und ich mit Hoodie und Kapuze auf dem Kopf.
      “Vielleicht solltest du dich lieber mal ausziehen”, antwortet Niklas.
      “Das geht dich gar nichts an”, schnaubt Milena ihn an.
      “Jetzt lass die Kerle und tölte Snúra an. Achte darauf, dass sie nicht direkt los sprintet. Sie muss erst versammelt sein und die Hinterhand aktivieren”, rufe ich ihr zu. Über ihren Sitz bremst sie die Stute ab und baut mit den Hilfen mehr Kontakt auf. Dann töltet sie los.

      Lina
      “Hallo, Jace ich bin Lina”, antwortete ich den jungen Mann der in meiner Tür nach. “Verstehst du was von Pferden, Jace”, fragte ich ihn. “Na, klar ich bin der beste Pferdeflüsterer der Welt”, sagte er mit stolz aufgerichteter Brust. “Na, dann komm mal mit und ich Zeig dir mein Problem”, sagte ich und schlüpfte kichernd an ihm vorbei. “Ey, warte auf mich”, rief Jace mir nach und das spornte mich nur an schneller zu laufen. “Du musst wohl schneller werden, du lahme Ente”, rief ich ihm zu und rannte die Treppe nach unten.

      Milena
      “Hallo, hier bin ich”, rufe ich meiner Freundin zu, die schon wieder mit ihrem Handy beschäftigt ist.
      “Sorry”, antwortet sie abgelenkt. Ich bremse mit Snúra vor ist.
      “Du musst mir nicht helfen, aber ich dachte das könnte mir helfen, nach dem ich gestern so elendig verkackt habe”, erzähle ich ihr.
      “Wie du hast verkackt?”, fragt sie.
      “Ach ja, du warst ja in der Klinik. Wir hatten eine Prüfungssituation. Ich war unkonzentriert, Snúra nervös und dann kam das eine zum anderen und ich hab abgebrochen.”, erläutere ich kurz.
      “Okay, mach’ mal noch ein wenig mit ihr, dann wechseln wir das Pferd”, schlägt Vriska vor.
      “Wie, wir wechseln das Pferd?”, frage ich verdutzt.
      “Ich lasse einen der Kerle Glymur fertig machen und sollen den her bringen. Dann kannst du den Champ mal nehmen.”, erzählt sie.
      “Wie einer der Kerle”, kommentiert Niklas.
      “Los hop, ihr habt gehört was zu tun ist. Macht das Pferd fertig”, kommandiert sie herum. Ohne noch was zu sagen, gehen Niklas und Ju.
      “Na hoffentlich wird das was”, sage ich zu Vriska und lache. Mit Snúra tölte ich an.

      Jace
      Am Ende der Treppe hatte ich sie eingeholt. “Hab ich dich”, rief ich triumphierend und hielt sie fest. “Tja, du bist wohl doch keine lahme Ente”, kam eine freche Antwort. “Wo geht's hin?”, fragte ich neugierig. “MMM… du hast doch bestimmt vom HMJ gehört, oder?”, fragend sah sie mich an. “Naja, eins dieser Pferde steht hier auf dem Hof und ist zufälligerweise mein Schützling. Auf dem Weg dahin erzählte sie mir was sie mit Ivi die letzten Tage gemacht hatte. Bei dem Hengst angekommen, halfterte Lina ihn und dann ging es zurück zum Putzplatz. Friedfertig und brav trottete der Freiberger uns hinterher.

      Niklas
      “Oh Hallo, Wer seid ihr und was habt ihr mit Lina und Jace gemacht?”, scherze ich und binde Glymur an. Ju hat schon eine bürste geholt und putzt den Hengst.
      “So ein Pony ist schon seltsam”, kommentiert er.
      “Da hast du vollkommen recht.”, stimme ich ihm zu. Hektisch guckt uns der blauäugige an. Um nochmal zu prüfen, ob der Hengst wirklich geritten kann, überprüfe ich die Beine und die Reaktion der Muskulatur. Es scheint wirklich alles gut zu sein, doch als Ju den Sattel holt, springt er panisch Beiseite.
      “Ich glaube, dass wird nichts”, sagt er dazu.
      “Jetzt stell’ dich nicht so an, als würdest du Pferde überhaupt nicht kennen”, fauche ich ihn an und nehme ihm den Sattel ab. Vorsichtig gehe auf Glymur zu und streiche ihm mit einer Hand über den Kopf. Neugierig beschnuppert er den Sattel. Langsam nähere ich mich dem Rücken. Diesmal streiche ich ihm mit der Hand über den Rücke und lege meinen Arm ab. Zufrieden schnaubt er ab und lässt mich den Sattel ablegen. Bevor ich weiter mache, nehme ich den Sattel erneut ab und beginne von vorn, etwas schneller. Glymur ist vollkommen entspannt auch das schließen des Gurtes stellt kein Problem dar.
      “Jetzt doch mal die Trense”, weise ich Ju zusammen. Widerwillig geht er in die Sattelkammer und kommt zurück mit der Trense.
      “Tack”, sage ich und lege dem Hengst diese an. Zusammen gehen wir zurück zur Reithalle.
      “Dein Pferd hat ein Problem”, sage ich zu Vriska, die schon wieder am Handy ist. Ungezügelt nehme ich es ihr weg.
      “Ey”, beschwert sie sich.
      “Dein Pferd hat ein Problem”, wiederhole ich.
      “Was ist denn mit dem?”, fragt sie.
      “Er hatte Angst vor dem Sattel, aber ich hab’s jetzt erstmal regeln können.”, erkläre ich ihr. Milena ist noch mit Snúra beschäftigt, also beschließe ich Kurzerhand die Steigbügel auf meine Länge einzustellen und mich auf das Pony zu setzen.

      Lina
      Während Jace den weißen Hengst putzte, widmete ich mich seiner Mähne. Unter der dicken langen Mähne tendierte er bei diesem Wetter immer zu schwitzen. “So, Jace jetzt will ich dir mal unser Problem zeigen”, sagte ich und führte Ivi zur Aufstiegshilfe. Jace hielt mir freundlicherweise gegen, sodass ich aufsteigen konnte. “Hier draußen läuft er wunderbar”, sagte ich und drückte dem Hengst meine Schenkel gegen die Flanken. Ich ritt ihn bis zu Halle. “Tür frei bitte”, rief ich und bekam gleich ein “Ist Frei “, als Antwort. Ich durchschritt das Tor mit Divine. “Und hier drinnen, passiert das”, sagte ich. Brav ging Divine genau eine Runde außen rum, bevor er wie von Zauberhand auf der Mittellinie einparkte. “Und genau das passiert, jede einzelne Runde”, sagte ich resigniert. Aufmerksam beobachtete Divine die anderen Pferde und der Halle. Als Niklas mit den Isländer Hengst relativ nah an uns vorbei ritt, lief er von alleine los und lief perfekt neben Glymur her. “Ja, und da wären wir auch schon bei dem zweiten Problem”.

      Vriska
      Schon waren wir zu dritt in der Halle. Noch immer kann ich nicht fassen, dass er sich auf mein Pferd gesetzt hat, doch begreife warum er das tut. Sein Umgang mit den Tieren ist großartig und auch Milena bewundert ihn gerade dafür. Sie hat sich mit Snúra in die Mitte gestellt, da sie noch sehr unsicher mit zwei Hengsten in der Halle. Milena steigt ab und wartet, bis Nik das Pferd frei gibt. Mein erster Gedanke ist der Stallburschen Kalender, der bei in Schweden im Aufenthaltsraum hängt.
      “Nimm’ ihn nicht so eng. Der braucht seinen Freiraum”, rufe ich ihm zu. Natürlich diskutiert er nicht mal sondern wendet das gesagt an.

      Jace
      Divine zog sein üblichen Verhalten ab. “Niklas könntest du zu Demonstrationszwecken bitte mal ein paar Bahnfiguren reiten?”, bat ich den jungen Mann auf Glymur. Lina ließ demonstrativ die Zügel von Divine lang. Wie immer, blieb der weiße Hengst in perfektem Tempo neben dem anderen Pferd egal in welche Richtung es ging. Zirkel, Schlangenlinien, Handwechsel alles kein Problem. “So, hat einer von euch vielleicht eine Lösung dafür?”, fragte Lina. “Wir haben schon alles Mögliche versucht. Alleine in der Halle parkt er nach einer Runde und bewegt sich dann keinen Meter mehr. Ist ein anderes Pferd dabei klebt er an ihm und macht einen auf perfektes Quadrille Pferd, das ist zwar manchmal ganz cool, aber sehr unpraktisch, wenn man zukünftig Turniere reiten möchte”, ergänzte ich.

      Niklas
      “Dein Pferd hat Trennungsängste aus der Fohlenzeit”, sage ich kurz angebunden zu Lina, die neben mir her reitet. “Wenn du das wegbekommen willst, bleibt dir nur Bodenarbeit. Viel Bodenarbeit. Du musst mit sein Kopf umprogrammieren, aber nicht dass er sich dann auf dich fokussiert sondern auf die Arbeit. Also jedes mal, wenn er neben einem anderen Pferd ist, wendest du ab und trabst an. Nicht vorher, nicht danach, sondern genau daneben. Das Ziel ist, ihn positiv zu verstärken. Am besten verbindest du es mit Clickern.”, erkläre ich ihr trocken. Lina sagt nichts und hört gespannt zu. Also erkläre ich weiter: “Am besten übt ihr auf dem Platz. Eine Freundin stellt sich mit einem Pferd an den Rand. Erst am Boden, dann auch vom Sattel aus. Dann sollte das was werden. Aber überfordere ihn nicht, bestrafe ihn nicht. Das ist sein Fluchtinstinkt.”

      Lina
      “Klingt als würde das eine Menge Arbeit werden”, kommentierte ich Niklas Tipp. “Na, dann werden wir wohl mal üben gehen”, sagte ich und lenkte den Freiberger auf die Mittellinie. Irgendwie sahen Niklas und Glymur ziemlich gut zusammen aus. Ich war so abgelenkt, da ich vergaß abzusteigen. “Sieht der auf jedem Pferd so gut aus”, wollte ich eigentlich denken, doch scheinbar hatte ich es laut ausgesprochen. Denn von Milena und Vriska, bekam ich ein lautes Ja, als Antwort. Egal wie blöd ich ihm am Anfang fand, Ahnung von Pferden und vom reiten hatte er definitiv. “Lina, bis du da festgewachsen oder kommst du jetzt mal”, riss mich Jace aus meiner Faszination. “Noch nie nen Kerl auf nem Pferd gesehen oder was?”, kam es feixend von Ju.

      Darya
      In der Luft schwebte eine unangenehme Stille, alle waren entweder wütend oder entschuldigend weggerannt und nun saß ich hier etwas allein in der Runde und entschied mich wieder zu Mika und Ambrose zu gesellen. Emilia war mittlerweile dazugestoßen und saß provokant auf Ambrose‘ Schoß, der ihre Schenkel eng umfasste - wie schön dünn ihre Beine waren dachte ich und verglich sie mit meinen Kloppern und starrte sie dabei an, was sie natürlich merkte. „Ist was?“, fragte sie etwas verunsichert. „Nein nein alles gut, ich war grad bloß in Gedanken versunken, tut mir leid.“, gab ich beschämt zurück. Mika, der mich aus meiner unangenehmen Situation befreien wollte, zog mich auf seinen Schoß, er war immer noch nass, aber bei der Hitze war es ganz angenehm. „Jo wo sind denn eigentlich alle hin?“, fragte Ambrose, der anscheinend mal wieder nichts gecheckt hatte. Mika und ich lachten gemeinsam und schüttelten herablassend die Köpfe. „Wollen wir vielleicht mal in der Reithalle nachsehen?“, schlug ich nun vor. Emilia waren Gruppenangelegenheiten immer sehr zuwider, weshalb sie sich ins Zimmer verabschiedete, Ambrose schien einen Moment lang zu überlegen, ob er ihr folgen sollte, aber entschied sich dagegen und schloss sich uns an.
      In der Reithalle schien Hochbetrieb zu sein und Jace und Lina standen plötzlich mit Divine da, so konnte ich den schönen Hengst auch mal sehen, dachte ich. „Noch mehr Zuschauer.“, sagte Vriska, aber ich konnte nicht sagen, ob sie Genervt war, oder es ihr egal war. Ich fühlte mich etwas fehl am Platz und gab hektisch zurück, „Oh wir können auch wieder gehen, wir wollten nur gucken, wo …“. „Ach Püppchen entspannt dich mal, klar könnt ihr zugucken.“, unterbrach Niklas der da so oben ohne auf dem Pferd saß, er gab eine gute Figur mit dem Isländer ab, also nur reittechnisch natürlich.

      Lina
      Als nun noch mehr Leute die Halle betraten, stieg ich dann doch mal von meinem Pferd ab. “Wenn dir hier zu viel los ist, kannst du gerne mit mir kommen. Ich geh mit dem hübschen hier jetzt auf den Platz”, verkündete ich und stiefelte aus der Halle. Am liebsten wäre ich ja da geblieben und hätte Niklas weiter beim Reiten zu geschaut, doch jetzt forderte Divine erst mal meine Aufmerksamkeit. Vor dem Stall nahm ich Sattel und Trense ab und ließ Divine einfach so da stehen. Der würde eh nicht weggelaufen. In der Sattelkammer tauschte ich das Reitzeug gegen, ein Knotenhalfter und warte auf Jace, der ein weiters Pferd holen wollte.
      Kurz darauf kam Jace mit Rumkugel zurück und wir gingen zum Reitplatz.

      Alle am Hof kämpften mit den heißen Temperaturen, doch mittlerweile ist die Sonne untergangen. Eine romantische Stimmung liegt in der Luft. Bevor es zu Pferd geht, gibt es Abendessen. Spontan haben die Trainer beschlossen den Grill anzuheizen.

      Vriska
      „Heute Abend steht was besonderes an. Hoffentlich hat jeder von euch einen Partner gewählt, denn das Partnertraining steht an. Das besondere ist, dass ihr die Pferde tauscht. Es werden immer drei Paare gleichzeitig auf dem Platz im Flutlicht reiten. Doch bevor wir anfangen, könnt ihr euch stärken. Da es heute
      bestimmt etwas länger wird, ist morgen frei. Außerdem sollen die Temperaturen auf 32 Grad ansteigen. Und nun: Guten Appetit!“, sagt Herr Holm an. Unmotiviert betrachte ich den Grill. Nur Fleisch steht zur Auswahl, im Kartoffelsalat ist Ei und im Nudelsalat Mayonnaise. Ich wähle somit nur eine kleine Auswahl von Gurken und Mais. Spannend. Bei der Wahl meines Platzes ist die Auswahl genauso groß wie vom Essen. Entweder ich setze mich zu Max und Hannes, oder neben Niklas, der gerade mit Anna rum macht. Doch lieber das Pärchen als Max. Unauffällig setze ich mich an den Tisch und fange an die Gurken in meinen Mund.
      „Da passt sicher noch mehr herein“, kommentiert Niklas. Offenbar hat er mich doch bemerkt. Anna ignoriert mich.

      Lina
      Um mich etwas abzukühlen, war ich nach dem Training mit Divine erst mal Duschen gegangen. Somit kam ich jetzt beim Abendessen mit noch tropfenden Haaren an, was aber eigentlich angenehm kühl war. Mit meinem voll beladenen Teller machte ich mich dann auf die Suche nach einem Sitzplatz. Schließlich entdeckte ich Hannes, der zusammen mit Jace und ein paar anderen an einem großen Tisch saß. “Hey Jungs ist bei euch noch ein Plätzchen frei?”, fragte ich, bevor ich mich auf einen freien Stuhl setzte. “Na, eigentlich war das ja mein Platz”, beschwerte sich einer der Jungs. “Sei ein Gentleman Chris und hol dir einen neuen Stuhl”, bekam er sogleich von den anderen zu hören.

      Ambrose
      Mittlerweile hatten wir uns alle beim Abendbrot versammelt und ich hatte für unsere Dreier Clique ein lausches Plätzchen zwischen den anderen gefunden. „Jo Männers, wir haben noch keine Partner, lässt dich da ne entspannte Lösung finden.“, fragte ich in die Runde und sofort meldete sich Anna, die Niklas einen Todesblick schenkte und mich dann anschließend charmant anlächelte und sagte „Ich mach mit dir, mein Pferd ist glaube ich nicht so entspannt wie deins, das wird interessant.“. Na super Beziehungsstress, da ist ja so gar nicht meins. Anschließend fragte Ju, ob Dasha mit ihm ein Team bilden wollte, wobei sich Mika sofort dafür einsetzte, dass er zeitgleich mit den beiden auf dem Platz sein wollte. „Alles gut, sie gehört zu dir, aber ich dachte sie würde gern mal Amnesia reiten.“, besänftigte Ju ihn entspannt. Er schenkte ihm ein ehrliches Lächeln. „Und mit wem mach ich jetzt?“, fragte Mika nun gekünstelt beleidigt. Gerade in diesem Moment lief Samu mit Jayden an uns vorbei und wendete sich uns zu. „Wenn du magst, machen wir. Briar soll auch mal neue Reiter kennenlernen.“, schlug er freundlich vor, sodass Mika nur zustimmen konnte und mit ihm einschlug. Jetzt wo alles geklärt war verschlang ich gierig das geile Gegrillte Zeugs, also das Essen in Kanada lässt nichts zu wünschen übrig.

      Vriska
      Mein Teller ist leer, alles was Essen könnte an der Auswahl ebenfalls. Besorgt kommt Frau Wallin zu mir und sagt: “Du hast doch nicht wirklich vor heute mit zu reiten.”
      “Doch, wenn’s nichts wird, steige ich halt ab”, antworte ich gelassen.
      “Bitte sei vorsichtig”, antwortet sie. Natürlich überdenke ich direkt, wer ihr das gesagt haben könnte, da bleibt Ju nur übrig. Irgendwie versucht er immer die Welt zu verbessern, aber das wird nichts. Das Ziel ist zu groß.
      “Also, die ersten drei Paare können ihre Pferde fertig machen.”, sagt Herr Holm.
      “Hier”, ruft Niklas direkt und guckt zu mir. Ich nicke ihm zustimmend zu.

      Lina
      Als die Trainer verkündeten, dass die ersten sich fertig machen können, begann ich mich nach meiner Partnerin umsehen. Es dauerte nicht lange und ich fand sie zusammen mit Vriska und Niklas ein paar Tische weiter. “Hey Milena, gehen wir auch mit?”, rief ich ihr zu.
      “Ja, können wir gern machen”, antwortet sie. “Wir gehen auch mit”, teilte ich den Trainern mit. “Na, dann zeige ich dir mal dein Pferdchen für heute, ich hoffe, du bist Bereit für eine Herausforderung”, sagte ich und ging zusammen mit Milena in Richtung Hauptstall. Ich hatte die Stute schon vorhin von der Koppel geholt. Kaum betraten wir den Stall, kam auch schon ein Kopf über die Boxentür. “Ah, da ist sie ja auch schon”, sagte ich und deute auf ihre Box. “Das ist Miss Griselda Braun. Entschuldige ihr misstrauische Art, sie war mal ein Tierschutzfall”, erklärte ich. Wie immer schaute Griselda mir angelegten Ohren aus ihrer Box und guckte vor allem Melina sehr böse an.

      Milena
      “Es ist jetzt nicht dein Ernst?”, frage ich Lina geschockt, die mir offenbar einen Teufel geben will. Sie lacht. “Bitte, bitte nicht. Die kommt sicher nicht mal raus aus der Box”, flehe ich. Sie verneint und drückt mir das Halfter der gescheckten Stute in die Hand. Also eine Herausforderung. Na gut. Langsam gehe ich zur ihr, misstrauisch schnappt sie nach mehr.
      “Jetzt mal ganz ehrlich. Warum machen wir direkt jetzt das Training, in zwei Stunden hätte ich sie bestimmt aus der Box draußen.”, sage ich verärgert zu Lina, die sich ziemlich schlapp lacht. Warum ist Vriska nicht an meiner Stelle? Die konnte durch Bruce so viel über Problempferde lernen. Ich hingegen hatte immer die tollen Reitschulpferden. Aber Angst und mein Fluchtgedanke hilft der Stute auch nicht. Selbstsicherheit ist der Plan. Ich laufe im Stall auf und wieder ab. Dann atme ich tief durch ich kralle mir ein Leckerli aus der Hosentasche und halte es ihr hin. Die Ohren von bewegen sich minimal nach vorn und ich weiß, dass auf dem richtigen Weg bin. Während sie abgelenkt das Genussmittel genießt, lege ich ihr vorsichtig das Halfter um. Lina öffnet mir die Box und die Stute stürmt heraus. “Ruhig”, sage ich zu Ihr. Als würde sie sich Gedanken macht, bleibt sie stehen und ich kann sie anbinden.
      “Siehste, ist gar nicht so schwer”, scherze ich und Lina beobachtet uns gespannt.

      Lina
      Etwas belustigt schaute ich Milena dabei zu wie sie Grisi aus der Box holte. “Du weißt aber schon ,dass das ein Pferd ist und kein Löwe?”, fragte ich leicht ironisch. Ich brachte ihr Griselda Putzbox und stricht der Scheckstute sanft über den Hals und begann sie zu kraulen. “Siehst du sie kann ganz freundlich sein”, sagte ich während die Stute begann den Hals langzumachen. “Wen darf ich eigentlich heute reiten?”, fragte ich die junge Frau die sich gerade mit Striegel und Kardätsche bewaffnete.

      Ambrose
      Bei der Frage, wer in der ersten Trainingsgruppe sein wollte, lehnte ich mich entspannt zurück und versuchte mich etwas zu entspannen, bis Anna sich hektisch meldete und fast schon kreischte “Ambrose und ich machen auch noch mit!”. Genervt verdrehte ich meine Augen und hievte mich aus dem Stuhl hoch und versuchte Anna auf dem Weg zum Stall einzuholen. Das wird ja ein Spaß mit Anna, die die ganze Zeit abgelenkt ist und nur kontrollieren will, was Niklas macht. Deshalb beschloss ich sie vorerst zu ignorieren und mich ausschließlich mit Oline zu beschäftigen und trat gelassen an ihre Box. “Na Olli, hast du die Reise gut überstanden?”, fragte ich die hübsche Falbstute, die ihren Kopf rausstreckte, um mich zu begrüßen. Soweit sah sie ganz fit aus und ich denke ein bisschen Bewegung könnte ihr guttun. Schnell griff ich das Halfter heben der Box und holte sie anschließend raus, um sie dann anzubinden. “Ganz schön fett geworden, Dicki.”, neckte ich meine Stute und strich ihr über den ziemlich runden Bauch, während sie mich mit einem argwöhnischen Blick bedachte. Während ich Olli putze, führte Anna ihre Stute vorbei, die ich noch gar nicht gesehen hatte - hochgewachsen, dressurbetont, samtiges braun und glänzte wie verrückt, natürlich war auch die Mähne eingeflochten. Meine Fresse müssen die Eltern reich sein, so wie das Pferd und sein Zubehör aussah. Die beiden kamen neben mir zum Halten, sodass Anna ihre Stute anbinden konnte und sie mir anschließend vorstellte, “So das hier ist meine Lubumbashi oder einfach Lubi, schwedisches Warmblut und ebenfalls Dressur geritten.”. Kurz ließ ich von Oline ab und begrüßte die außerordentlich hübsche Stute. “Das da...”, ich deutete auf mein Dickerchen, “...ist Oline oder einfach Olli oder Dicki, dänisches Warmblut und auch dressurbetont.”, stellte ich die beiden nun auch miteinander vor und Anna tätschelte sofort ihren Kopf. Gemeinsam bereiteten wir die Pferde vor und ich musste schlucken, als Anna mit ihrem Kram ankam: Glitzer, alles personalisiert und, wie sollte es auch anders sein, teuer. Etwas verlegen schaute ich auf mein einfaches Zeug, welches teilweise noch von meinem Wallach Piko stammte.

      Jace
      Während die ersten zu ihren Pferden verschwanden, saß ich noch zusammen mit den anderen gemütlich beim Essen. “Sagt mal Jungs, wie seit ihr eigentlich so zu euren Pferden gekommen?”, fragte ich neugierig in die Runde.

      Milena
      “Lach’ nicht so doof”, sage ich zu Lina, die immer noch einfach nur da stand. Gekonnt greife ich nach einer Bürste, um Grisi zu putzen, die natürlich in die Bürste beisst. Ich gehe einen Schritt zurück und lasse sie die Bürste betrachten, die Grisi neugierig inspiziert. Dann darf ich sie weiter putzen. So mache ich weiter, bis es zum satteln geht. Lina hat mir bereits alles gebracht.

      Vriska
      “Du bist mir auf vielen Ebenen heute klar im Vorteil”, sage ich zu Niklas, als wir die Pferde putzen.
      “Warum?”, fragt er dümmlich mit einem dreckigen Grinsen.
      “Ich bin teilzeit behindert und auf meinem Pferd hast du auch schon gesessen”, erkläre ich ihm. Über meine Wortwahl muss er lachen und stimmt mir zu. Mein Satteln muss Niklas mir helfen, nicht nur, weil ich so klein bin sondern auch meine Arme nicht helfen kann.
      Am Platz angekommen, sind wir die ersten. Frau Wallin ist mittlerweile auch dabei und beachtet kritisch, als Niklas mir auf’s Pferd hilft. Ich spüre einen Schmerz, doch als ich sitze, ist wieder alles gut. Ungewöhnlich zuhause fühle ich mich auf dem Rücken von Smoothie. Auch er hat sich schon auf meinen Hengst gesetzt und zusammen reiten wir die Pferde warm.

      Mika
      Als die anderen eine ganze Weile verschwunden waren, entschieden Dasha und ich, dass wir unserem Zimmer mal einen Besuch abstatten, unsere Sachen auspacken und vielleicht auch noch eine Runde schliefen. Da Dasha keine Anstalten machte aufzustehen, beschloss ich kurzer Hand sie einfach über meine Schulter zu werden und sie eben so ins Zimmer zu bringen. “Wollen wir nicht mal nach den Pferden sehen?”, fragte sie etwas beunruhigt, da sie sich wie immer Sorgen um ihren ‘geliebten Schatz’ machte. “Ach quatsch, wir befinden uns hier auf einem äußerst renommierten Hof, auf dem die Pferde gefühlt 24/7 verwöhnt werden.”, wehrte ich den Vorschlag freundlich ab und setzte sie vor den Treppen zu den Zimmern ab.

      Ambrose
      Kurz nachdem Niklas und Vriska sich zum Reitplatz begaben, waren auch wir fertig mit dem Vorbereiten der Pferde, zumindest dachte ich das, bis Anna aus der Sattelkammer mit Bandagen zurückkam und mühsam begann sie Lubi anzulegen. “Du weißt schon, dass die Teile nichts bringen oder? Mit einer Bandagierunterlage vielleicht noch ein bisschen Schutz, aber ansonsten unterbrichst du so eher die Blutzufuhr.”, belehrte ich sie etwas verwundert darüber, dass sie wirklich mit vollem Ernst die Teile da ranklatschen wollte. “Okay.”, gab sie leise, aber auch etwas genervt zurück und feuerte die weißen Stoffteile in die Ecke und ergänzte schließlich noch “aber sie neigt dazu sich vorne in die Fesselbeugen zu treten.”. Etwas belustigt verschwand ich in der Sattelkammer und kam mit einem Paar Hufglocken zurück, “Hier versuchs mal damit, ich schau mir das im Training gleich mal an.” Anna bedankte sich und legte die Teile an, sodass wir endlich auch zum Reitplatz gehen konnten.
      Gentleman wie ich bin, bat ich ihr an sie aufs Pferd zu setzen oder ihr zumindest zu helfen, eigentlich wollte sie bereits abwehren, doch als sie Niklas und Vriska zusammen reiten sah, griff sie nach meinen Händen und packte sie auf ihre Hüfte und zählte von drei runter. Sie machte ein gutes Bild auf Oline, die noch gar nicht zu merken schien, dass dort oben jemand anderes saß. Mit der Aufsteigshilfe schwang ich mich nun auch auf Lubis Rücken, die doch größer, aber vor allem schlanker als Olli war.

      Lina
      Nachdem Milena es geschafft hatte Grisi fertig zu machen, ohne gefressen zu werden und ich auch noch schnell Kempa fertig gemacht hatte, trudelt auch wir endlich auf dem Reitplatz ein. “Warte, ich halte dir gegen”, sagte ich zu Melina die der Scheckstute einen nervösen Blick zu warf. “Keine Sorge, du kannst das. Ich habe die gesehen wie du mit deinen beiden Umgehst, ich stell dir doch kein Pferd hin, was du nicht reiten kannst. Im Grunde ist Grisi sehr fein geritten, doch sie kann manchmal echt stur sein. Du darfst ihr nur nicht zuviel Druck machen”, erklärte ich Ihr. Auch wenn Grisela ein wenig schwierig sein konnte, im Grunde genommen ist sie ein kluges Pferd. Melina stieg auf die Aufsteighilfe und kletterte auf die Stute.
      Vriska
      Natürlich hatte ich mitbekommen, wie Anna zu uns geguckt hat und versuchte Niklas eifersüchtig zu machen mit Ambrose. Doch er hatte das gar nicht gesehen und war auf Vollkommen auf Glymur konzentriert. Lina und Milena sind auch am Platz angekommen. Wirklich gut gelaunt scheint das Pferd, welches sie bekommen hat, nicht zu sein.
      Im Schritt reite ich zum Ambrose, der gerade mit Lubi unterwegs ist. “Du Ambrose.”, spreche ich ihn an. “Mh?”, antwortet er entspannt. “Ich brauch’ was. Du weißt was ich mein”, erkläre ich ihm. “Alles klar, machen wir nachher”, kommt von ihm und er wendet die Stute ab.
      “Vriska, versuch’ dich mehr in den Sattel zu setzen, wenn es geht”, sagt Herr Holm zu mir. Dann halte ich Smoothie an und er kommt zu mir. Er richtet meine Beine hin. Irgendwie es anders als auf den Isländern. Vermutlich sitze ich für die richtigen englischen Reiter wie der letzte Kartoffelsack auf dem Pferd.
      “Niklas, setze dich weiter nach hinten in den Sattel. Der Schwerpunkt bei einem Islandpferd ist etwas weiter hinten im Sattel. Deswegen sattelst du etwas weiter hinten.”, erklärt Frau Wallin ihm. Direkt setzt er sich anders hinten ohne zu diskutieren. Das bewundere ich an ihm, einerseits ist er immer in Abwehrhaltung, doch sobald er auf dem Pferd sitzt, scheint es diesen Niklas nicht mehr zu geben.
      “Konzentriere dich auf Smooth und nicht auf dein Pferd. Niklas macht den nicht kaputt”, ruft Herr Holm mir zu.

      Lina
      Auch ich war inzwischen aufgestiegen. Kempa machte keinerlei Probleme. Mit der größe der Isländerstute hatte ich keinerlei Probleme, einzig die Gangart war ein wenig seltsam. Typisch kurze Ponyschritte, aber irgendwie auch nicht. “Melina, lass den Zügel länger, dann rennt Grisi auch nicht so”, rief ich dem Mädchen auf der Scheckstute zu. Sogleich befolgte sie meine Anweisung und schon wurde Grisi und auch ihre Ohren lagen gleich nicht mehr ganz so fest an ihrem Kopf. Ich trieb Kempa ein wenig an damit sie ein wenig fleißiger Vorwärts ging.
      “Lina, auch wenn wir gerade die Pferde warmreiten, sollte Kempa und auch du ordentlich arbeiten. Gib’ ihr etwas mehr Zügel, Schultern zusammendrücken, und Hände weiter nach Oben. Und du schiebst keinen Kinderwagen, sondern sitzt auf dem Pferd. *Pause* Achte auch auf deine Beine. Deine Haken sind zu weit unten, versuch deine Fußsohle locker nach außen zu lehnen. Dann sind sie automatisch richtig.”, kommentiert Frau Wallin und läuft neben mir her. Sogleich versuchte ich die Kritik der Trainerin anzuwenden. Wow, jetzt erst merkte ich wie lange ich keine richtige Reitstunde hatte. Wenn wir hier auf dem Hof Stunde hatten, wärmten wir in der Regel alleine auf. Und gerade ich ließ es da häufig erst mal gemütlich angehen. Das hier war definitiv eine andere Nummer. “Schon besser”, kam es von der Trainerin als Kommentar.

      Ambrose
      Während ich bemüht war Lubi anständig warm zu reiten, ließ Anna Oline nur so vor sich hin stolpern - kein Wunder, dass ihr Riesengaul sich in die Fesselbeugen tritt. Durch die paar extra Zentimeter war ihr Schritt aber deutlich bequemer als der von Olli, obwohl ich doch zu tun hatte mich selbst beisammen zu halten, um auch ordentlich die Hilfen geben zu können.
      “Ambrose, Lubi bewegt sich in Zeitlupe. Treibe sie mehr vorwärts, verlagere dein Gewicht mehr nach hinten. Sie stolpert die ganze Zeit, weil du ihr kaum Raum gibst sich zu strecken und fällt dadurch auf die Vorderhand.”, kommentiert Herr Holm. Vielleicht war ich doch generell etwas zu entspannt, weshalb ich mich aufrichtete und sofort die Anweisungen von Herrn Holm umsetzte und die Stute vorwärts trieb und tatsächlich suchte sie nun den Weg nach unten und in die Länge. “Hui warum ist die denn so schnell im Schritt?”, rutsche es mir dann heraus, was den Anderen ein Lächeln ins Gesicht zauberte. Tatsächlich war ich mehr besorgt um mein eigenes Pferdchen und schaute deshalb oft zu Anna, die irgendwie abwesend schien. “Anna, so bezaubert du auf dem Pferd aussiehst, musst du Olli nicht dermaßen versammeln. Außerdem muss dein Blick durch die Ohren gehen und nicht auf deine Hände. Du solltest spüren, was die machen, ansonsten wäre ein Besuch beim Arzt angebracht. Komm’ dann bei A mal auf den Zirkel, wir müssen an deinem Sitz arbeiten”, ruft Herr Holm Anna zu, die nicht mal guckt oder überhaupt so wirkt als würde sie zuhören. Natürlich habe ich damit recht. Sie erreicht A und reitet einfach weiter. “Hallo, hörst du mir zu? Wenn du nicht mal schaffst die einfachsten Anweisungen zu begreifen, steig’ ab und geh’”, kommt nun von ihm empört.

      Milena
      Stolz reite ich mit Grisi über den Platz, die hektisch zu jedem Pferd gibt. Sogar nach Smoothie schnappt sie, aber Vriska ignoriert es gekonnt. “Milena. Du musst nicht jeden Schritt vom Pferd treiben. Das ist eine super schlechte Angewohnheit von dir. Setz’ dich still hin und arbeite mit dem Gewicht, nicht mit dem Haken im Pferdebauch”, sagt Frau Wallin zu mir, die merkt, dass ich etwas überfordert mit der Scheckstute. Gern würde ich mit meinen Beinen aufhören doch jedes mal, wenn ich mich nicht darauf konzentriere, beginne ich wieder. Doch Grisi erinnert mich jedes mal daran, dass sie es blöd findet. Wenn ich anfange dreht sie sich hektisch zu mir und schlägt mit dem Schweif. Also lege ich mein Augenmerk auf die Beine. Ich erwische mich dabei, auf die Beine zu gucken, statt zu Grisi zu gucken. Im Schritt binde ich einige Bahnfiguren ein, damit ihr nicht langweilig wird.

      Lina
      “So, eure Pferde sollten jetzt warm sein, nehmt den Trab dazu. Bei den Isländer dürft ihr auch tölten wenn es euch einfacher fällt”, sagte Herr Holm. Tölte, äh ja richitg ich saß ja auf einem Isländer. Doch wie sollte das denn bloß funktionieren? Am besten versuche ich es erstmal die Stute in den Trab zu bekommen. Ich setzte mich also ein wenig tiefer in den Sattel und nahm den Zügel minimal nach, bevor ich der Stute die Hilfen für den Tab gab. Doch die kleine Palominostute machte mir einen Strich durch die Richtung. Kempa hob den Kopf nach oben und töltete los. Auch wenn das Tölt war, war ich mir ziemlich sicher, dass sich das so nicht anfühlen sollte. “Ähhh, kann mir mal jemand erklären wie das funktioniert mit dem Tölt?”, fragte ich während ich die Stute wieder in den Schritt brachte. Da wandte sich Frau Wallin an mich: “Also, so schwer ist das nicht. Setz dich in Vollsitz, also tief im Sattel, Arme locker, Schenkel nach innen. Nun musst du mehr Spannung bekommen, dann reagiert auch Kempa. Verkürze langsam und sanft die Zügel, verlagere das Gewicht mehr nach hinte, damit der Motor startet. Mit einigen halben Paraden vermittelst du ihr, dass gleich was kommt. Mit dem Unterschenkel drückst du leicht, um sie vorwärts zu bekommen. Nun müsste sie im Tölt sein und du musst die Spannung halten, mit leichten Paraden ihre Haltung aufrecht behalten. Wenn du die Spannung verlierst, dann stellt sie in den Trab um, da Kempa kein Naturtölter ist und viele Hilfen benötigt.” Mit der Hilfe von Frau Wallin, hatte ich es tatsächlich geschafft, die Stute in den Tölt zu bekommen. Doch nach einer halben Runde, musste ich sie in den Trab umstellen. Der Tölt der Stute war verdammt bequem. “Wow, jetzt verstehe ich warum alle Isis wollen”, murmelte ich ein wenig erstaunt vor mich hin. Ich trabte die Stute ein paar Runden, bevor ich es erneut versuchte anzutölten. Dieses Mal schaffte ich es auch schon den Tölt länger zu halten. Es macht richtig Spaß mit der Stute zu rumzudüsen.

      Niklas
      Ich hatte Glymur bisher nur getrabt, weil ich nicht wirklich Interesse hatte Gangsalat unter mir zu haben. Umso besser konnte ich mit ihm Traben. Auch wenn die Schritte ziemlich kurz waren, erschien mit der Schwung so viel größer als bei Smoothie. Dann bemerkte ich, dass Vriska als einzige im Schritt ist. Also bremste ich ihren Hengst ab und reite auf dem zweiten Hufschlag neben ihr her. “Du musst nicht schneller, wenn du nicht willst”, versuchte ich sie aufzumuntern. Ihr Gesicht sah aus, als wäre nicht ansatzweise alles gut.
      “Passt schon”, antwortet sie kurz gebunden. Beim erreichen des Hufschlags, trabe ich Glymur wieder an.

      Vriska
      Emotionen und Gefühle verstecken liegt mir nur bedingt. Traben wollte ich nicht. Schon bei dem Gedanken daran, schüttelt sich mein Körper. Dann viel mir etwas interessantes ein. Smoothie ist ein Standardbred, ein edler Standardbred. Deswegen kann es sein, dass sie tölten kann. In mir fasst sich neuer Mut, also bereite ich sie vor, wie jedes Jungpferd, dass ich bisher unter dem Sattel hat. Anfangs beginne ich erste Temposchübe aus dem Halt und eine höheren Haltungen. Dann baue ich Spannung auf und Smoothie töltet einige Schritte. Mein Gesicht strahlt vor Freude. “Wow”, sagt Frau Wallin und auch Herr Holm ist überrascht.
      “Bitte was?”, fragt Niklas schockiert, der gerade nicht begreifen kann, was seine Stute da gemacht hat. “Nochmal”, fordert er direkt. Also versammle ich sie erneut, baue Spannung auf und Smooth töltet wieder an. Diesmal kann sie einige Schritte mehr halten und ich pariere sie direkt in den Schritt durch.

      Alle Teilnehmer hatte ein erfolgreiches oder zumindest Aufschlussreiches Training. Während die letzten noch dabei waren ihre Pferde wegzubringen, waren die anderen dabei, ein Lagerfeuer anzuzünden.

      Lina
      “Ey Jungs, macht euch mal nützlich und holt nochmal ein bisschen Holz”, sagte ich zu Jace, Ju und Niklas die es sich gerade bequem machen wollten. “Das da sieht ganz schön traurig aus”, ergänzte ich und deute auf das recht kleine Feuer. Die drei murrten zwar ein bisschen, aber machten sich dann doch auf den Weg zum Holzlager. Kurz darauf, kamen sie dann mit ein paar weiteren Jungs und einer großen Ladung Holz zurück.

      Vriska
      Ambrose hatte mir nach dem Training den Brokkoli übergeben und am Feuer entschied ich nun für uns alle eine Aufmunterung zu schaffen. Auch Milena hat es nun auch mitbekommen. Bis auf Lina und sie kennt niemand meine Story, weswegen sie kurz hinterfragt: “Denkst du, dass eine gute Idee?”
      “Ja”, sage ich kurz und schließe das Blatt wie es sich gehört - holländisch. Den Rest wackel ich ab.
      “Will jemand anfangen?”, frage ich freundlich in die Runde. Niemand meldet sich, aber die Jungs kommen mit neuem Holz wieder.
      “Was wird denn das hier?”, kommt von Niklas und setzt sich zu Milena.
      “Wonach sieht es denn aus?”, antwortet meine beste Freundin gernevt. Also nehme ich den ersten Zug, den zweiten, den Dritten und gebe weiter. Motiviert nimmt Niklas das Brokkoli Papier entgegen. Auch er zieht zweimal kräftig und gibt weiter zu Ju. Dann macht er die Runde.

      Jace
      Inzwischen war der Brokkoli bei mir angekommen und auch ich hatte ein paar Züge genommen. So wünscht man sich doch einen Tagesabschluss. Nun war nur noch Lina übrig, die noch etwas skeptisch dreinblickte. “Lin, sei kein Frosch, ich weiß, dass es nicht dein erstmal ist”, neckte ich sie ein wenig. Ein paar erstaunte Blicke richten sich auf sie.”Na los”, sagte ich nur und drückte ihr den Brokkoli in die die Hand. Einen Moment lang zögerte sie noch und schien zu überlegen, ob das eine Gute Idee war. “Ach, Scheiß drauf”, kam es dann nur noch von ihr und zum Erstaunen der meisten, nahm sie auch einen kräftigen Zug, bevor sie den Brokkoli wieder an Vriska reichte.

      Ambrose
      „Jo Diggi wenn ihr schon mein Zeug raucht, hätte ich doch auch schon gern einen Zug davon.“, protestierte ich lachend und zerrte ihn förmlich aus Vriskas Hand und nahm einen tiefen Zug. Gutes Zeug haben die Schweden, nicht zu harzig, einfach perfekt und vor allem nicht gepunscht. „Respekt, wusste gar nicht, dass du bauen kannst!“, lobte ich Vriska, als ich mir das Teil nochmal näher anschaute. Entspannt ließ ich mich tiefer in den Stuhl sinken und reichte den Blunt weiter. Plötzlich packte mich jemand an den Schultern und griff nach dem Brokkoli. „Ey!...“ - „Ganz ruhig Dicker, kein Zug hier ohne mich, muss aber gleich zum Training.“, antwortete Mika, der sich nun zu erkennen gab. Er warf einen Blick in die Runde und blieb auf Ju stehen, „Kommst du mit? Die zweite Gruppe ist dran und du machst doch mit Dasha. Ich hab auch noch was von dem Zeug, dann verpasst du nichts.“, fragte er ihn schließlich.

      Niklas
      „Ich hatte schon zwei Züge“, sagt Ju zu Mika und folgt ihm zum Stall. Das kann nichts werden denke ich. Dann schweift mein Blick und Anna, die nach dem Vriska erneut zwei Züge genommen hat, auch tief inhaliert. Offenbar waren alle schon ziemlich breit. Besonders die Kleine, die Aktion imitiert hat, schien gut dabei zu sein.
      „Wisst ihr warum es so viele Verschwörungstheorien gibt?“, fragte sie nachdenklich in die Runde.
      „Nein, aber du wirst uns sicher gleich aufklären“, Scherze ich.
      „Also gut. Ich denke, dass die mehr wissen als wir. Deswegen gibt es auch die Diagnose Gotteskomplexe. Wir wurden erschaffen von Göttern, also sind ein Teil von denen. Und die, die das haben, sind quasi mehr von denen. Die Verschwörungstheorien sind also Erinnerungen von der Welt, unserer Götter, weil kein Mensch war jemals so intelligent Pyramiden bauen zu können. Sonst gäbe es ja noch mehr. Ägypten war quasi der Ort, an dem die ersten Menschen wieder gelassen wurden“, fängt sie an. In Gruppe sieht man nachdenkliche Gesichter, die den Sternenhimmel betrachten.
      „Irgendwie macht das total Sinn“, antwortet Anna. Auch ich machte mir meine Gedanken darüber. In mir kamen fragen auf, die sie sicher beantworten kann. Oder jemand anderes.
      „Aber warum führen wir dann miteinander Krieg?“, frage ich ohne jemanden anzugucken.
      „Das ist total einfach. Wir haben uns weiter entwickelt und es liegt in unserer Natur. Schließlich sind wir nur da, um für die Götter eine Bewohnbare Welt zu schaffen. Damit sie uns, ihre Kinder, nicht umbringen müssen, haben sie in die Genetik gelegt, dass wir es von selbst tun“, wirft Milena ein. Ich brumme zustimmend.

      Lina
      "Ich glaube eher da liegt ein Konstruktionsfehler in den Menschen vor", sagte ich nachdenklich. "Ich glaube nicht, daß die Götter vorgesehen habe das wir irgendwann schlau genug werden um das Weltall zu erkunden", murmelte ich vor mich hin. Nachdenklich betrachte ich den Mond der inzwischen am Himmel erschienen war und ein silbriges Licht auf uns warf. Der Mond faszinierte mich sodass meine Gedanken abschweiften. "Ich sag euch Freunde, irgendwo da draußen sitzt irgendwer der uns beobachtet", kam es von irgendwem.

      Jace
      Es herrschte eine sehr entspannte Stimmung am Lagerfeuer und die Flammen tanzen lustig im Feuer. Während die andern Irgendwas über Götter faselten was ich nicht ganz peilte gingen meine Gedanken wo ganz anders hin. Mein Blick schweift über die Gruppe bis sie bei Lina hängen blieb. Nachdenklich blickte sie in den Himmel. So entspannt wie jetzt hätte ich sie schon lange nicht mehr gesehen. Über was sie wohl Nachdenkt?

      Vriska
      „Natürlich werden wir beobachtet und nicht nur von den Göttern“, werfe ich ein. „Ach ja?“, fragt Milena, die offenbar beim düppeln ziemlich dumm wird.
      „Ja klar, ich hab da so zwei Theorien und bin mir nicht sicher, ob sogar beide Stimmen. Situation eins. Ihr geht irgendwo hin und wisst nicht mehr was ihr wolltet, stimmt’s?“, vergewissere ich mich. Ein zustimmendes Raunen geht ums Feuer.
      „Ihr alle habt schon mal Sims gespielt und eine Aktion abgebrochen. So ist das dann, aber das geht noch viel tiefer. Und zwar sind wir Teilnehmer einer TV-Show. Jeder Mensch ist ein Sender und wenn wir hier gemeinsam sitzen, ist es ein Crossover das inszeniert wurde aus Werbezwecken. Deswegen denken wir auch nach. In dem Moment reden wir zum Publikum. Wenn also was vergessen wird, dann haben die das entschieden, um die Serie zu steuern.“, erkläre ich.
      „Und deswegen ist Niklas so ein Arsch?“, fragt Milena.
      „Ja fast. Das sorgt halt dafür, dass mehr Klick generiert werden von deinen und seinen Fans. Deswegen haben Lina und Jace auch so eine komplizierte Beziehung miteinander. Das bringt Klicks, ein Haufen Klicks. Und Klicks sind Geld oder wie auch immer die das in den anderen Dimensionen machen. Vielleicht verlängern die Zuschauer auch ihr Leben mit unseren Leid, wetten oder sowas.“, sprudelt es aus mich heraus.

      Lina
      "Ey unsere Beziehung ist gar nicht kompliziert", beschwerte ich mich. "Aber wenn deine Theorie stimmt bin ich wenigstens der insgeheime Publikumsliebling",sagte ich mir einem breiten Grinsen. "Bei den Komplizierten Beziehungen wollen nämlich alle immer wissen wie es ausgeht und egal wie sehr sich die Parteien zu Streiten, am Ende bleiben sie doch aneinander kleben", plappete ich weiter. "Na ja, dachte ich weiter nach, aber das heißt auch,... Dass Niklas gaaanz tief in sich drin" dabei deute ich mir auf die Brust," eigentlich ein ganz lieber ist", endete ich stolz. Das war das Ergebnis meiner Analyse aller Serien die ich so kannte.

      Ambrose
      “Junge junge, wart ihr noch nie breit? Ist ja anstrengend mit euch, genießt doch einfach die Ruhe und das Gefühl von vollkommener Schwerelosigkeit.”, maulte ich wegen der tiefgründigen Gespräche. Ich hatte es schon oft erlebt, dass die Menschen sehr verrückte Sachen von sich gaben, wenn sie ein paar Zügen genommen hatten. “Sagt mal wo sind hier eigentlich die Süßigkeiten? Ich bekomme immer solchen Hunger vom Brokkoli.”, fragte ich nun in die Runde und wurde komplett ignoriert, da alle den Gesprächen und Theorien lauschten.

      Darya
      Das Gras war auf dem ganzen Hof zu riechen und ich war etwas neidisch gerade keinen Zug nehmen zu können, allerdings freute ich mich auch das Pferd von Ju zu reiten. Gemeinsam holten wir die Stuten aus ihren Boxen und begannen sie fertig zu machen, wobei mein Blick immer wieder auf Amnesia fiel, eine wahnsinnig anmutige Stute. Mika hatte Caja etwas entfernt angebunden, da sie doch manchmal etwas zickig werden konnte, dennoch versuchte er sich mit ins Gespräch einzubringen. Winnie schien noch etwas schläfrig von der Reise zu sein, da sie deutlich empfindlicher war als sonst. “Oh na da wünsche ich dir viel Spaß mit ihr, pass auf, dass du deine Schenkel nicht zu stark anlegst.”, warnte ich Ju, der aber lachte und antwortete gelassen, “Ich reite nicht zum ersten Mal und auch unsere Pferde waren nach der Anreise erschöpft.” Aus der Ecke tönte ersticktes Gelächter, Mika krümmte sich vor Lachen und wir guckten ihn verwirrt an, als er wieder zu Luft kam erklärte er sich selbst, “Sorry, aber ihr habt Probleme, wollt ihr mal die Zicke hier reiten? Auch wenn du deine Schenkel von ihr weg hast, rennt sie los.”. Ich verdrehte die Augen und lachte, da Caja ihm wirklich schon manchmal unter dem Arsch wegrannte. “Wo bleibt denn Samu?”, fragte Ju um das Thema zu wechseln. “Komme schon!”, rief es am Stalleingang. Er führte eine weiße Stute mit sich, die ein sehr interessantes Mal im Gesicht hatte, welches ich so noch nie gesehen hatte. “Das ist Briair. Das da in ihrem Gesicht ist übrigens ein Bloodmark, weil ihr so seltsam schaut. Keine Sorge das ist ne ganz liebe und geduldige”, stellte er uns die hübsche Stute war. “Na dann wünsche ich dir viel Spaß mit dem Fuchstier hier.”, entgegnete Mika und klopfter der Stute auf den Po.

      Samu
      “Na, mit der werde ich schon fertig”, sagte ich und band die Stute auf der Stallgasse an. “Hübsche Tierchen habt ihr da mitgebracht”, sagte ich anerkennend, als ich ein Blick auf die beiden neuen Pferde warf. Mikas Stute war ein hübscher Fuchs mit einer breiten Blesse. Sie sah meiner Sally recht ähnlich, doch charakterlich schien sie eher das komplette Gegenteil zu sein. Sie blickte ziemlich zickig drein und deute ab und zu auch an irgendwo reinzubeißen. Auch Dashas Stute wirkte nicht besonders glücklich über die nächtliche Trainingseinheit. Einzig Bri döste entspannt vor sich hin und genoss die Putzeinheit.

      Mika
      So sehr ich meine Stute zwar liebte, war ich äußerst froh mal ein gelasseneres Pferd zu reiten, das es mit Caja doch immer ein kleiner Kampf war. Selbst der Osteopath konnte nichts finden, weshalb wir nun aufs Training setzen, um sie ruhiger und gelassener zu bekommen. Hoffentlich kommt Samu mit ihr klar und denkt nicht, dass wir dieses Pferd versaut haben. Am Boden hatte sie aber mittlerweile ausreichend Vertrauen gesammelt und ließ sich zumindest von mir gut händeln. “Wa Dicke?”, fragte ich sie und genoss eine kleine Kuscheleinheit mit ihr.

      Niklas
      „Natürlich bin ich ein lieber Kerl“, stimme ich Lina zu.
      Mittlerweile ist Ambrose dazu gekommen und schiebt seine typische schlechte Laune, schließlich sind nicht alle so still wie er, sondern genießen den Zustand auf ihre eigene Art und Weise.
      “Süßigkeiten haben wir nicht”, wendet sich Milena ihm zu. Ich habe gar nicht mitbekommen, was er zu sagen hatte. Langsam merkte ich auch, wie die Stimmung kippte und es der richtige Moment war zu gehen.
      “So ich werde mich dann zurückziehen. Es gibt noch einiges zu tun.”, merke ich an und gucke zu den Beiden, die mich seit Minuten intensiv betrachtet haben.

      Vriska
      “Also wie immer?”, fragt Ju genervt als Niklas den Platz verlässt. Mit Anna. Und Milena. Erschrocken schüttel ich mit dem Kopf und Ju guckt zu mir.
      “Ja klar, aber du bleibst auf deiner Seite”, sage ich zu ihm und lache. Gekonnt setzt er sich zu mir und legt seinen Arm um meine Schulter. Perplex bleibe ich an der Stelle sitzen und bewege mich kein Stück mehr.

      Lina
      Gedankenverloren sah ich in den Himmel. Die Sterne leuchteten inzwischen Hell am Himmel und auch die Wolken, die sich vor den Mond geschoben hatten, verzogen sich nun. Ein klares kühles Licht fiel auf uns. In meinen Gedanken versunken hatte ich gar nicht gemerkt, dass Niklas, Anna und Milena gegangen waren. Zufällig streifte mein Blick Vriska und Ju neben mir. Er hatte seinen Arm um sie gelegt, doch Vriska sah abgespannt aus. “Hat eigentlich sonst noch einer von euch hier Hunger?”, fragte Jace auf einmal und kam mit einer Tüte voll mit Süßigkeiten vom Hof her.

      Vriska
      “Nein, danke”, antworte ich Jace und betrachte dabei die Tüte intensiv. In mir kommt ein Verlangen hoch, jedoch kann ich schwer einschätzen, ob es die Süßigkeiten sind oder der hübsche Typ neben mir. Zur Ablenkung krame ich mein Handy aus der Hosentasche. Erst jetzt sehe ich, dass Folke mir eine Nachricht gesendet hat. Sie ist lang, sehr lang. “Hej Vriska. Jag hoppas du mår bra. (Ich hoffe, es geht dir gut.) Henne war heute da, der Sohn von meinem Chef aus Kalmar. Zusammen haben wir mit Alfi, Nobel, Snow und Betti gearbeitet. Dabei stellt sich nicht nur heraus, dass die Gurte der Sulky ungeeignet sind, sondern das Alfi eine schiefe Hüfte hat. Der Arme hatte heftige Schmerzen aber mit einem kräftigen Ruck konnte er das Hüftgelenk wieder an die richtige Stelle drücken. Er hat nun erstmal Pause und dann werden wir langsam mit ihm Anfangen. Eorann möchte mit ihm am Boden weiterarbeiten. Nobel braucht etwas mehr Erziehung, aber ist auf einen guten Weg. Snow muss braucht mehr Sicherheit und Ausdauer zum Fahren, sonst fehlt es ihr an nichts. Betti ist ebenfalls unerzogen, dadurch möchte sie Dinge auf ihre eigene Art regeln. In den nächsten Tagen kommt der Zahnarzt, um ihr die Zähne zu machen. Und jetzt fragst du dich sicher was mit Holy ist? Sie kommt ebenfalls mit zum Zahnarzt. Henne hat auch bei ihr sich alles mal angeschaut. Der Rücken ist super, die Beine sind in Ordnung. Leider gibt es auch Probleme. Ihr Sprunggelenke weisen Ansätze von Spat auf, da er aber kein Tierarzt ist, muss das näher untersucht werden. Grundsätzlich schränkt es die Arbeit mit ihr nicht ein, sie sollte nur mehr Zeit bekommen zum Warm werden, sodass ihre Sprunggelenke mit Gelenkflüssigkeit gefüllt werden und die Bewegungen fließender sind.”, lese ich konzentriert, als Ju mich aus dem Lesefluss bringt.
      “Was liest du da so lange?”, flüstert er mir zu.
      “Folke hat mir ein Update geschickt vom Hof”, berichte ich ihm und muss grinsen. Es ist komisch, wenn sich jemand dafür interessiert. Er nickt und zieht mich näher an sich.
      “Ich möchte mit lesen”, sagt er darauf hin. Ich halte mein Handy anders, sodass Ju ebenfalls alles sehen sollte.
      “... fließender sind. Hedda habe ich davon bisher nichts gesagt, ich möchte sie nicht enttäuschen. Eorann hat schon Erfahrung mit solchen Problemen und möchte noch mehr helfen. Außerdem: Sie hat schon wieder ein Halfter kaputt gemacht. Aus dem Shop habe ich mir ein neues genommen, für Nobel gab es ein neues Gebiss und Henne hat ebenfalls was gekauft. Nur damit du dich nicht wunderst. Ich habe dabei etwas Unordnung zurückgelassen aber versuche es die nächsten Tage wieder zu sortieren. Ansonsten liebe Grüße vom ganzen Team und wir freuen uns, wenn du wieder da bist. Varma hälsningar, (liebe Grüße) Folke.”, lese ich zu Ende. Auch Ju scheint schon fertig zu sein und fragt mich, wer Holy ist. Ich erzähle ihm von dem Terrortinker, der im Zuge einer Rettungsaktion zu uns kam. Nun ist es eine Art Wettstreit, wer in einer bestimmten Zeit am meisten mit einem Pferd schafft mit Blick auf Tierschutz. Anfangs konnte ich noch mit ihr arbeiten, dann kam das Team und nun ist Folkes Freundin und Hedda dabei.

      © Mohikanerin, Wolfszeit, Zion | 97.659 Zeichen

    • Mohikanerin
      Nationalteam Teil IV | 07. März 2021
      Baroness Of the Guard // Antigone // WHC’ Candela// WHC’ Mitena // Abe’s Aelfric // Crystal Sky// HMJ Divine// Nabuko// PFS’ Caruso // Miss Leika// Acerado// Saturn// Finest Selection//Chessqueen// Maskotka // Vikar
      Glymur // HMJ Holy // Kempa // St.Pauli’s Amnesia // Satz des Pythagoras // Blávör // Snúra


      Vriska
      In der Runde ist Ruhe eingekehrt. Ein bekanntes Gesicht tritt dazu. “Was ist denn hier für eine Trauerrunde?”, fragt Max überrascht.
      “Bis eben haben wir die Ruhe der Natur genossen”, zischte ich ihn an. Im Flammenschein sah ich, dass er die Augen verdrehte und sich zu uns setzte.
      “So und was geht hier jetzt ab?”, stört er wieder Ruhe.
      “Håll käften!”, beschimpfte ich Max an.
      “Selber!”
      “Boa, könnt ihr mit dem Kindergarten aufhören?”, mischte sich nun auch Ambrose ein, der wie alle anderen, die Ruhe genießen mochte.
      “Wollen wir ins Bett gehen?”, flüsterte mir Ju zu. Ich verabschiedete mich von allen, besonders Lina, die sich offenbar Sorgen machte.

      “Darf ich wieder mit in Bett oder diesmal auf dem Boden?”, fragte er liebevoll. Tatsächlich habe ich mir darüber keine Gedanken mehr gemacht, aber wäre es nicht besser, wenn er wie ein Hund auf dem Boden schläft?
      “Nein, du kannst mit ins Bett kommen”, bot ich ihm an.
      Es ist still. Die Stille wird immer wieder durch leises Gelächter vom Feuer unterbrochen. Ebenfalls bin ich der Meinung, dass aus einigen Zimmern weiter stöhnen die Ruhe stört. Durch meinen Kopf strömen tausend Gedanken. Wieso macht Milena sowas? Wieso bin ich hier? Ich hätte am Hof bleiben sollen, oder sogar nach den Ferien zurück zu meinen Eltern nach London. Dort war alles gut. Meine Freunde haben mich unterstützt, ich hatte Spaß. Vielleicht war doch nicht alles gut? Ich habe viele Nächte und Tage in diversen Krankenhäusern verbracht, meine Eltern haben sich immer Sorgen gemacht. Wieso? Sie hätten sich mehr Kümmern sollen. Jetzt liege ich hier, fühle mich unwohl und warum? Meine Eltern hat es nie wirklich interessiert, was mit mir ist. Es war nur wichtig, dass die Noten stimmen. Mein Gewicht. Meine Kleidergröße. Sein ganzes Leben dreht sich um Zahlen. Es war nur wichtig, wie ich auf sein Team wirke.
      “Du bist ja noch wach.”, sagt Ju plötzlich und guckt zu mir. An meiner Wange laufen Tränen herunter.
      “Ich kann das nicht mehr”, antworte ich und fange endgültig an zu weinen.
      “Ach, Kleines. Hör auf zu weinen. Wir kennen uns nicht, oder kaum. Wie es dir lieber ist. Aber du bist ein starkes Mädchen. Was auch immer los ist, es werden bessere Zeiten kommen. Ich kann dir nicht sagen, wann oder wie lang es dauern wird. Aber ich weiß, dass es besser wird. Und ich habe bisher niemanden getroffen, der sich so gegen Niklas Magie wehren konnte”, muntert er mich auf. Bei dem letzten Satz muss ich sogar lachen, schließlich bin ich fast schwach geworden. Er legt sich wieder hin. Seine Schulter ist nun der einzige Platz den brauche und möchte.

      Lina
      Eine Weile, nachdem Vriska das Feuer verlassen hatte, beschloss auch ich ins Bett zu gehen. Heute waren immerhin ein anstrengender Tag gewesen. “Ciao Leute”, verabschiedete ich mich in die Runde und machte mich auf den Weg zu meiner Wohnung. “Warte Lina”, kam es von Jace. “Ein wenig verwirrt drehte ich mich um. ”Ich begleite dich”, sagte er und legte mir den Arm um die Schultern. “Hast du Sorge, dass ich auf den zwei Metern gefressen werde?”, fragte ich ihn neckisch. “Nein, eigentlich nicht. Eigentlich wollte ich mit dir Reden”, antwortete er. Inzwischen standen wir vor der Tür des Mitarbeitergebäudes. Der Hof lag dunkel und still hinter uns. Die einzige Lichtquelle waren die zwei kleinen Lampen neben der Tür, die ein gelbliches Licht auf uns warfen. Ich drehte mich zu Jace um und sah ihn an. “Jace… Ich denke, ich muss das alles erst einmal verarbeiten. Es war ziemlich viel in den letzten Tagen. Ich denke, ich muss das Erst einmal verarbeiten. Und ich denke, wir sollten wirklich noch einmal ganz von vorne beginnen und das ganze erst einmal langsam angehen”, erklärte ich ihm. “Ok”, ich konnte sein Ausdruck nicht ganz deuten er schien einerseits enttäuscht, aber auch wieder nicht. Dieser Mann verwirrte mich eindeutig. ”Wir sehen uns morgen”, sagte ich und ging ins Haus. Müde und erschöpft schleppte ich mich in mein Bett.

      Vriska
      “AUFSTEHEN. ALLE.”, weckt mich die kratzige Stimme von Frau Wallin, die offenbar auch eine kurze Nacht hatte. Hoffentlich gibt es keinen Ärger, dachte ich mir. Mein Blick geht nach links auf die andere Bettseite, auf der Ju lag. Doch wo ist er? Ich klopfe an die Badezimmertür, keine Reaktion. Langsam öffne ich die Tür - niemand da. Komisch. Rasch ziehe ich mir etwas über und gehe zu dem Raum, in dem gefrühstückt wird. Dort sehe ich bereits Ju bei Niklas sitzen. Auch Milena und Anna sind da, die sich nun prächtig vertragen. Nervös bleibe ich am Türrahmen stehen und gucke, wo ich hin soll. Lina ist noch nicht da, generell scheinen nur die Schweden anwesend zu sein. Also bleibt mir nichts anderes, als mich dort zuzusetzen.
      “Na gut geschlafen, Kleines?”, fragt Ju freundlich und legt wieder seinen Arm um mich.
      “Mehr oder weniger.”, antworte ich kurz gebunden.
      “So Leute, schön das ihr da sein. Es tut mir leid, dass ich euch so früh wecken musste. Heute kommt der Schmied für einige Pferde. Also wenn eure dazu müssen, sagt mir bitte jetzt Bescheid. Ansonsten trainiert ihr heute für euch. Wir werden für euch da sein, wenn ihr Hilfe braucht aber schätze ihr seid alle Volljährig und müsst selbst wissen, was ihr macht. Deswegen möchte ich auch gar nicht wissen, warum es so stark am Feuer gerochen habt. Aber denkt dran, vor jedem Turnier müsst ihr zum Drogenscreening. Für euch steht Ende Oktober die Qualifikation für das nächste Semester an.”, erklärt Herr Holm und setzt sich zurück zu den anderen Trainern.
      “Nach dem Niklas deinen Hengst gestern schon reiten durfte, sogar zweimal, würde ich heute auch gern mal das Island-Feeling bekommen”, sagt Ju selbst sicher. Skeptisch gucke ich zu ihm.
      “Wenn du möchtest, aber ich setze mich nicht auf deine Stute. Smoothie war mir gestern bereits zu groß”, antworte ich.
      “Ich bin ja dafür, dass Nik Smoothie uns heute mal oben ohne präsentiert”, entscheidet Milena und fängt an zu kichern. Anna steigt mit ein. Um keinen zu beleidigen, beiße ich mir auf der Zunge herum. Die beiden Weiber nerven mich gerade so sehr, dass ich am liebsten den nächsten Flug nach Hause nehmen würde. Interessehalber ziehe ich mein Handy aus der Hosentasche und prüfe bei Google die Flüge. Tatsächlich gibt es einen Last-Minute-Flug in 4h, aber dann müsste aber Glymur hier bleiben. Das geht nicht. Gerade als ich das Ding zurück in meine Hosentasche stecken, als es Vibriert. “Hej alles gut bei dir? Du hast dich nicht gemeldet. Wenn was ist, sag’ bitte Bescheid. Ich mache mir Sorgen”, schreibt Tyrell.
      “Ist das dein Freund?”, fragt Ju neugierig, als er offenbar mit liest.
      “Nein, nein. Das ist mein Chef.”, antworte ich kurz und packe mein Handy schnell weg.
      “Aber da war …”, fängt er an zu sprechen. Natürlich weiß ich, worauf er hinaus möchte. Mein Hirn schalltet schnell und ich küsse ihn.
      “Das war ja nicht weiter anzusehen. Endlich hat einer von euch den Schritt gemacht”, seufzt Niklas erleichtert.

      Lina
      Das Klingeln meines Weckers riss mich aus meinem Schlaf. Träge rollte ich aus dem Bett. Jetzt brachte ich erst mal eine schöne Dusche. Der Tag heute würde anstrengend genug werden. Ich hatte nämlich Schmieddienst. Das hieß den ganzen Tag Pferde holen, beruhigen, Hufe halten, das volle Programm.
      Zwanzig Minuten später trudelte ich dann auch bei Frühstück ein. Bisher waren nur wenige da, obwohl es schon spät war. Mit den Augen überflog ich die Tische in der Hoffnung jemanden zu entdecken, mit dem ich Frühstücken konnte. Ich hatte gerade Vriska entdeckt, da kam Jayden an. “Ah, gut das ich dich gefunden hab”, sagte er erleichtert. Er wirkte als sei er hergerannt. “Alles, gut du siehst aus als seiest du einen Marathon gelaufen?”, fragte ich ihn. “Ääääää, … nein. Baroness ist durch den Zaun gerannt, hat ihn kaputt gemacht und jetzt rennen alle Pferde von der Koppel, besonders die Fohlen überall um. Vor allem die beiden Jungstuten scheinen ihre Freiheit zu genießen. Also bitte hilf uns die ganzen Tierchen wieder einzufangen”, erklärte er ein wenig hektisch.
      Na toll das war's wohl mit einem entspannten morgen. Ich folgte Jayden und sah das Chaos. Fiama fraß gerade die frisch gepflanzten Blumen am Reitplatz. Mimithe und Donut fegten über den Platz und sahen nicht so aus als wollten sie sich von Hazel und Samu fangen lassen. Immerhin hatten Quinn und Sheena schon Mijou, Minnie Maus, Briar und Vakany eingefangen. Venice war das einzige Fohlen, was sich zu benehmen wusste und bei seiner Mama blieb. Während Mitena gemütlich auf dem Rasen graste, demonstrierte Candela gerade ihr Springtalent und setzte elegant über den Zaun vom Reitplatz, um den Ponys in ihrem Auslauf einen Besuch abzustatten. Die Fellponystute, die das Chaos verursachte hatte, kam geradewegs auf mich zu gerannt.
      “Stop Nessi”, reif ich der Stute zu und breitete die Arme aus. Die Stute, die scheinbar nicht mit widerstand, gerechnet hatte, legte einen wunderschönen Sliding Stop ein und blieb verblüfft vor mir stehen. Scheinbar wollte die Stute doch Westernpferd werden. Noch bevor die Stute es sich anders überlegen konnte, schnappte ich mir eine Strähne ihrer Mähne und führte die daran zum leeren Ponyauslauf um sie dort zu parken.
      “So, genug Auslauf für dich”, sagte ich zu der Stute bevor ich mir überlegte wie wir jetzt noch die andern Pferde einfangen konnten.

      Vriska
      So schnell Lina da war, war sie auch schon wieder weg. Von draußen hörte man hektisches Rufen und Pferdegetrappel. In mir spielte sich das reine Chaos ab. Ich verabschiede mich und renne raus. Offenbar hatte eine der Ponystuten am Hof den Zaun zerstört, in mir lässt es mich jedoch nicht los. Auch, wenn ich Glymur noch nicht lange kenne, weiß ich, dass er unberechenbar sein kann und teilweise seine Hormone nicht im Griff hat.
      “Habt ihr Glymur gesehen?”, frage ich panisch.
      “Nein, der müsste draußen stehen”, ruft Lina im Stress zurück.
      Zur Sicherheit gehe ich in den Stall und hole den Strick von ihm, mache mich auf den Weg zur Weide. Es ist Tag der offenen Tür. Super. So schnell ich mit meiner Verletzung rennen kann, gehe ich zu Lina, die noch immer Schwierigkeiten hatte die fliehenden Ponys zu bekommen. Eins, dass mir nicht bekannt ist, läuft mir in die Arme und ich lege den Strick um ihren Hals.
      “Wir haben ein großes Problem.”, sage ich zu Lina und reiche ihr das Pony.
      “Ein größeres als frei laufende Ponys und Fohlen? Bist du schwanger?”, scherzt sie.
      “Nicht ich, aber bald alle Stuten. Entweder hat jemand das Tor nicht richtig zu gemacht, oder Glymur hat herausgefunden, wie dieses aufgeht. Er steht nicht mehr auf der Weide. Checkpoint steht noch da und frisst. Doch das Testotier ist weg.”, sage ich verzweifelt zu ihr.

      Lina
      “Oh, dann müssen wir ihn wohl zuerst finden”, antwortete ich und stellte Antigone zu Nessi auf den Paddock. Das hatte ja noch gefehlt ein frei laufender Hengst.
      “Eigentlich gibt es nicht allzu viele Möglichkeiten”, sagte ich zu Vriska, während ich schon loslief, “unsere Stuten, stehen fast alle auf der Sommerkoppel, da müsste er schon verdammt weit gelaufen sein. Ich vermute, er wird eher zu euren Stuten gelaufen sein”. Da die Gastpferde deutlich näher am Hof standen, war es deutlich wahrscheinlicher das der Hengst eher da auf Erkundungstour sein würde. Mein Verdacht bestätigte sich leider, als ich um die Ecke des Stalls bog. Hinten bei den Stutenkoppeln galoppierte etwas Schwarz Weißes auf den Zaun zu.

      Vriska
      “Kom hit, Fähundar! (Komm her, Idiot)”, brülle ich meinen Hengst an. Erschrocken bleibt er stehen und spitzt die Ohren. Langsam laufe ich Glymur zu, der entspannt am Gras zupft.
      “Nochmal gut gegangen?”, fragt Lina vorsichtig.
      “Ich weiß es nicht.”, antworte ich und nehme ihn an den Strick. Vertraut folgt er mir. Nun bleibt uns nur zu beten. Mittlerweile hat auch Frau Wallin wind davon bekommen.
      “Hat er seine Arbeit verrichtet?”, fragt sie.
      “Ich weiß es nicht. Er stand auf der Weide”, erkläre ich ihr. Sie nimmt mir den Hengst ab. Durch das kurze Joggen bin ich noch immer aus der puste und bekomme schlecht Luft. Langsam folge ich Gruppe. Frau Wallin stellt den Hengst zurück, wo er hing gehört und bindet den Strick zusätzliches als Verschluss ran.
      “Geht’s?”, fragt sie dann, als ich angeschlichen komme.
      “Mehr oder weniger”
      “Am besten setzt du dich erst mal hin”, rät meine Trainerin mir. Sie hat recht. Langsam gehe ich zurück in den Saal, in dem noch immer die Truppe sitzt.
      “Alles gut?”, fragt Ju mich, als ich mich dazu setze.
      “Mehr oder weniger. Tausend Leute stellen mir die gleichen Fragen stellen. Glymur hat sich aus dem Staub gemacht, wie die Ponys vom Hof. Dann ist er zu unseren Stuten.”, erzähle ich.
      “Warte was? Dein Monster war bei unseren Stuten? Der macht die unrein!”, fängt Milena an sich aufzuregen.
      “Was ist denn jetzt dein Problem? Ich kann das Pferd nicht bemuttern”, schnaube ich sie an. Anstatt mir diesen Stress anzutun, hätte ich zurück in mein Zimmer gehen sollen. Milena nervt mich schon wieder total. Erst macht sie gestern einen ‚Es tut mir so unglaublich leid, ich hab dich so lieb‘ und jetzt ist Nik wieder aktuell. Immer bin ich das fünfte Rad am Wagen.
      „Es reicht mir mit dir. Ich merke, dass du neidisch bist auf das, was ich mit Niklas habe. Und Anna.“, beginnt nun Milena wieder. Es scheint sie wirklich zu stören, dass ich sie ignoriere. Innerhalb weniger Tage hat sie es geschafft ihren Charakter um 180 Grad zu wenden, was sagt das über sie aus?
      „Hallo? Hörst du mir zu?“, die Wut kocht in hier hoch und langsam hebe ich meinen Kopf. Dabei fällt mir auf, dass Anna ihre Hand hält.
      „Was möchtest du von mir hören? Dass ich stolz auf dich bin, dass du mit Niklas geschlafen hast und Anna? Oder soll ich mich entschuldigen, dass ich vom Pferd gefallen bin und deswegen du nicht mehr die primäre Rolle bei den Trainern bist?“, erwidere ich.
      „Wenigstens habe ich schon mit jemanden geschlafen und nicht wie du, die jeden Typen anweist, nach dem er eine feste Bindung sucht. Mehr möchte. Du missbrauchst jeden emotional und dann liegst du in deinem Bett, heulst und fragst dich, wieso doch keiner mag. Denk‘ mal drüber nach“, keift sie.
      Plötzlich ist es still. Jemand lässt seine Gabel auf den Teller fallen. Wenn nun noch ‚Cut‘ gerufen werden würde, wäre ich glücklich. Dann wüsste ich, dass es ein Traum war.

      Niklas
      Während die Weiber ab Diskutieren sind, überlege ich die ganze Zeit, wer von den beiden seine Tage hat. Es ist doch nicht normal, dass sich jeder hier anzickt. Vriska ist Jungfrau? Das hätte ich nicht erwartet. Sie gehört zu den interessanten Menschen. Einerseits zeigt sie ihre harte Seite, niemand kann ihr etwas, doch mit dem richtigen Schalter sind die lammfromm. Als würde ich Smoothie von D-Ring auf Kandare verwechseln.
      „Ich kenne da jemanden, der das ändern kann.“, sage ich unbedacht zu Vriska, die nervös auf ihrer Unterlippe herum beißt und immer wieder ihren Kiefer anspannt. Das ist eine blöde Angewohnheit. Als ich jünger war, habe ich das auch getan und heute, wenn es besonders stressig ist, mache ich es noch immer.
      „Wisst ihr was? Wenn jetzt schon der ganze Raum aufmerksam dem Gespräch folgt: Ja, es kann sein das ich Männer emotional missbrauche, doch das tue ich nicht bewusst. Ich möchte einfach nichts Festes. Ja, ich bin Jungfrau und genug von euch, werden das sicher als kostenlose Matratze betrachten. Könnt ihr vergessen. Und nun noch zu dem Offensichtlichen. Ja, ich bin magersüchtig. Ja, meine Brüste sind fast nicht da. Ja, mein Kreuz ist trotzdem so breit wie von einem Bodybuilder. Ja, ich komme nicht aus Schweden und auch nicht auf Deutschland. Ich bin Britin. Und ja, ich war drogenabhängig und kämpfe seit fast 3 Jahren mit den Folgen“, sprudelt es auf Vriska heraus, bevor Frau Wallin sie dabei stoppt. Mittlerweile ist es unangenehm, was ich zu ihr gesagt habe. Als ich mich entschuldigen möchte, sagt Herr Holm zu uns: „Anna, Niklas und Milena - Gespräch.“
      „Und was ist, wenn ich nicht mitkommen möchte? Was hab ich den mit dem Zickenkrieg zu tun?“, entgegne ich ihm angepisst.
      „Dann rufe ich jetzt dein Vater an“, antwortet er und zieht sein Telefon aus der Tasche.
      „Ok, ok, ok. Sorry“, versuche ich die Situation wieder geradezubiegen und stehe auf. Gemeinsam verlassen wir den Raum und setzen uns in eine ruhige Ecke auf dem Hof.
      “Ich kann nachvollziehen, das ihr jung seid, euch ausprobieren wollt’ und jeden Tag etwas Neues entdeckt. Auch ich war jung, experimentell. Aber das ist hier kein Spiel, ihr seid nicht mehr in der Schule. Das Land zahlt sehr viel Geld dafür, dass die Jugend im Sport gefördert wird. Und wie zeigt ihr euren Dank dafür? Ihr macht euch gegenseitig schlecht, demotiviert euch. Jeder von euch ist ein Teil des Teams. Zusammen müsst ihr stark sein.”, beginnt Herr Holm. Es ist jedes Jahr das Gleiche. Mein Trainer muss mich immer wieder auf den Boden, der Tatsachen zurückholen. Im ersten Jahr war es schwierig für mich an das Team anzupassen, viele Stunden musste ich damit verbringen mit ihm darüber zu reden und vor allem diskutiert. Es endete mit einem Streit mit meinem Vater. Seit dem versuche ich jedes Gespräch zu vermeiden im Verein, in dem er beteiligt werden soll. In dem Fall kommt dazu, dass ich 26 Jahre alt bin und eigentlich in der Lage bin meine Probleme selbst zu lösen. Jedoch wird vieles in die Familie mit getragen, besonders wenn man zu den obersten zehntausend gehört.
      “Niklas. Hörst du mir zu?”, riss mich Herr Holm aus meinen Gedanken.
      “Wenn ich ehrlich sein kann, nein. Es ist jedes Jahr das gleiche, jedes Jahr reite ich mich tiefer in den Mist und lerne nicht daraus.”, antworte ich ihm mit ernster Miene.
      “Okay, ich denke, du weißt, worum es geht. Du kannst nun gehen. Ich möchte mit den Beiden allein weiter sprechen. Benimm dich, bitte.”, erwidert er und ich stehe auf, um zu gehen.

      Jace
      Erschrocken fuhr ich hoch als es an meine Tür klopfte. Kurz darauf stand Samu im Zimmer. “Ey, was ist eigentlich mit dir. Liegst hier und pennst, während unten voll das Chaos herrscht”, schimpft er. “Was…?”, murmelte ich und fuhr mir müde mit den Händen übers Gesicht. “Ness hat mal wieder einen Zaun zerstört und dann sind alle Stuten mit ihren Fohlen auf dem Hof herumgerannt und haben sich nicht einfangen lassen”.
      “Samu, erzähl mir gleich, lass mich erst mal wach werden”. Scheinbar hatte der Finne erst einmal genug gemeckert, denn er verkrümelte sich tatsächlich. Ein Blick auf meinen Wecker verriet mir, dass ich verschlafen hatte. Scheinbar habe ich meinen Wecker überhört. Die Sache zwischen Lina und mir, naja eigentlich meine Doofheit, hatte mich nicht schlafen lassen. Tatsächlich war ich zu dem Schluss gekommen, dass ich auch auf mich sauer gewesen wäre, gerade bei meiner Vergangenheit. Und genau diese hatte mich auch in meinen Träumen heimgesucht. Ich muss diese Gedanken eindeutig für heute beiseiteschieben, denn scheinbar gab es schon genug Drama auf den Hof für heute. Ich quälte mich aus dem Bett, um erst einmal zu duschen. Aus müden Augen sah mir mein Spiegelbild entgegen. Die Spuren der letzten Nacht waren deutlich sichtbar. Naja, vielleicht sah ich nach einer Dusche ja besser aus.
      20 Minuten später saß ich geduscht auf der Terasse hinter unserm Haus. Für ein Frühstück in der großen Truppe war ich heute definitiv zu müde.
      “Guten Morgen, du Waschbär”, kam Quinn gut gelaunt aus der Küche und stellte mir einen Kaffee vor die Nase. Ich gähnte nur. Doch das schien sie nicht zu stören, denn sie setzte sich einfach dazu und begann fröhlich zu plappern. “Das Beste hast du heute schon verpasst”, bekam ich mit bevor ich lieber in meinen Kaffee starrte, denn zuhören war zu anstrengend.

      Vriska
      Während Herr Holm sich die Drei geschnappt hatte, nahm auch Wallin mich zur Seite. Vieles hatte ich erwartet, was sie sagt, jedoch nicht das.
      “Vriska, du weißt, was du unterschrieben hast?”, fragt sie wehmütig. Obwohl ich nicht genau wusste, worauf sie hinaus möchte, nickte ich ihr zu.
      “Dann solltest du wissen, dass die Teilnahme am Team Voraussetzungen hat, die du nicht erfüllst. Sogar noch schlimmer, du hast gelogen. *Gedankliche Pause* Eine Sucht und erst recht eine Drogensucht setzt eine ärztliche Bescheinigung voraus, dass du dich in Therapie befindest oder es länger als fünf Jahre her ist.”, klärt sie mich auf. In mir bricht eine Welt zusammen. Offenbar war ich so aufgeregt bei dem Gespräch vor ein paar Monaten, dass ich das überlesen habe. Es ist das erste Mal, dass ich davon höre.
      “Bevor du was sagst, wir finden eine Lösung dafür und natürlich kannst du noch beim Training bleiben. Nichtsdestotrotz muss ich es heute noch melden. Tut mir leid.”, sagt sie und befindet sich auf den Weg zu ihrer Hütte.
      “Frau Wallin? Welche Lösungen gibt es dafür?”, frage ich sie.
      “So oder so, wirst du das Team erst einmal verlassen müssen. Dann könnten wir dich zum Dienstarzt schicken, der das weiter untersucht. Je nachdem wie die Ergebnisse ausfallen, werden wir gucken wie es weiter geht. Okay?”, erwidert sie.
      “Okay.”, antworte ich und lasse mich auf den Boden sacken.

      Lina
      In der Hoffnung endlich noch ein wenig ruhen genießen zu können, bevor der Schmied kam, doch der Frühstücksraum stellte sich als alles andere als ruhig raus. Überall wurde getuschelt. Ich brauchte einen Moment um die Situation zu verstehen, bis ich Vriska in einer Ecke entdeckte. Sie sah niedergeschlagen aus. “Hey, alles Ok bei dir?”, fragte ich, als ich bei ihr angekommen war.

      Vriska
      “Auf kurz oder lang, hat sich der Verein erstmal erledigt. Möchte gerade aber wirklich nicht drüber reden, sondern die restliche Zeit in vollen Zügen genießen.”, erkläre ich ihr als ich wieder aufstehe. Eh ich weiter spreche, stütze ich mich an der Wand ab.
      “Hast du vielleicht irgendwas pferdiges für mich? Glymur muss nicht unbedingt geritten werden.”, frage ich sie im Anschluss.

      Lina
      “Mmmm, ich nehme mal an, dass du möchtest eher ein Pony haben? Du sahst auf Smoothie eher nicht so glücklich aus”, überlegte ich laut. “Also je nachdem was du machen möchtest, könntest du dir ein der Shetty schnappen und mit dem ein wenig Bodenarbeit oder so was machen oder du kannst etwas Größeres zum Reiten haben. Wonach ist dir denn so?”, fragte ich Vriska. Ich konnte sehr gut nachvollziehen, weshalb sie lieber Beschäftigung wollte, als darüber zu reden.
      “Du fragst mich ja Sachen. Was willst du denn jetzt machen?”, antwortet sie nachdenklich und scheint nicht ganz bei der Sache zu sein.
      “Ich habe gleich Schmiededienst, deshalb haben meine Pferdchen heute vermutlich frei. Du kannst auch gerne Pferde holen und Hufe halten, aber ich denke mal das entspricht nicht deinen Vorstellungen von Entspannung”, scherzte ich. “Aber ich könnte dir eins von meinen Pferdchen anbieten, damit du es bespaßen kannst”, erläuterte ich.
      “Dann hätte ich gerne was zum Ausreiten, denkst du jemand anderes vom Hof möchte auch mitkommen? Ich weiß nämlich nicht so recht, ob dann vor Sonnenuntergang wieder ankomme”, lacht sie.
      “Ah das passt gut, Alefric würde sich bestimmt mal wieder über einen Ausritt freuen. Klar, ich denke Samu oder Jace haben bestimmt ein wenig Zeit mitzukommen. Und ansonsten finden wir bestimmt noch, wen anders”.
      “Gute Idee, hilfst du mir beim Suchen der beiden und beim fertig machen?”, frage Vriska.
      “Ja, klar helfe ich dir noch”, antworte ich und ging in Richtung Tür.
      Draußen dauert es auch nicht lange bis wir auf Samu trafen. “Hey Samu, Vriska sucht noch eine Ausreitbegleitung, hättest du vielleicht Lust sie zu begleiten? Ich würde ja mitgehen, aber ich habe ja heute das Date mit dem Hufschmied gewonnen”, sprach ich ihn an.
      “Klar, kein Problem, ich wollte heute eh mit Sky ausreiten gehen. Wann möchtest du denn los, jetzt gleich?”, wandte er sich an Vriska.

      Vriska
      Es ist großartig sein eigenes Pferd zu haben, oder zumindest halb. Doch es fehlt mir einfach eins der Tiere zu nehmen und mit ihm zu arbeiten.
      “Danke dir Samu. Und Lina, dir auch. Zu Hause kann ich einfach mein nehmen und gucken, welches Pferd mit der Arbeit dran ist”, erkläre ich den Beiden und ziehe mein Handy aus der Tasche. Sie gucken ziemlich verblüfft als ich ihnen die App vom Hof erkläre.
      “Guck’, das ist die Akte von Holy. Hier steht, was sie aktuell gefüttert bekommt. Außerdem welche Medikamente verabreicht werden müssen. Wie ich sehe, schlafen alle noch, aber Eorann wurde eingetragen, dass die Stute am Morgen in den Aquatrainer soll und am Nachmittag nochmal longiert werden. Hedda hat ein Kommentar hinterlassen. Bitte aufpassen, die hat einen großen Cut an der Brust durch den Unfall mit dem Zaun.”, präsentiere ich und lese Heddas Kommentar vor. Offenbar hat sie wieder den Reitplatz zerstört, aber dazu müsste sicher was im Stalllog stehen. Neugierig swipe ich zum Stallmenü.
      “Ach guckt. Hier hat Folke den Schaden eingetragen. Holy hat wohl beim Longieren sich erschreckt, losgerissen und die ganze kurze Seite an der Reithalle mitgerissen. Begeistert hat Tyrell kommentiert mit, super…”, erkläre ich weiter.
      “Wow, das ist echt cool. Wir sollten hier sowas auch anschaffen”, sagte Samu begeistert. “Ja, dann würde einer von euch endlich mal daran denken Divines Spind zu reparieren”, steuerte Lina bei und sah Samu ein bisschen vorwurfsvoll an.
      “Tyrell und ich haben die entworfen. Alle Daten werden in einer Cloud gespeichert, aber ich möchte euch nicht mit der technischen Seite vorquatschen, sonst stehen wir morgen noch hier. Es ging ihm sehr schlecht nach dem Tod seines Vaters, dem Brand, der gerade so umgangenen Privatinsolvenz… Da brauchte er Ablenkung. Ich kann ihn fragen, ob ihr auch die Anwendungen bekommen könnt. Ihr könnt dann auch vom PC aus darauf zugreifen und Dinge ausdrucken”, erläutere ich weiter und merke, dass wieder dieses Gefühl in mir hochkommt. Ohne mir was anmerken zu lassen, kneife ich mir in den Arm. Mein Therapeut hat immer zu mir gesagt, dass ich mich ohne Fingernägel kneifen soll, statt den Hass gegen jemanden zu richten und erst recht nicht weitere Schritte zu unternehmen. Ich atme tief durch.

      Lina
      Vriska wirkte ein wenig angespannt, weshalb ich das Thema wechselte. “Ok, genug von der Technik, aber jetzt werde ich dir mal dein Pony Vorstellen. Samu wir kommen dann vor den Hauptstall, wenn wir fertig sind”, sagte ich zu den Beiden, bevor ich mir Vriska in Richtung Koppel ging.
      Dort angekommen, ergab sich ein idyllisches Bild. “Ach, wie friedlich die doch sein können”, sagte ich zu Vriska, mit Blick auf die grasenden Pferde. Divine stand mit Nabuko und den anderen Ponys am Bach. Staub flog durch die warme trockene Luft und obwohl es noch früh war zirpten schon die ersten Grillen.
      Aelfric, stand wie immer etwas Abseits von der Herde. “Darf ich dir vorstellen, der kleine braune da mit der Zottelmähne ist deiner”, sagte ich und deutete auf das Pony. Während wir auf das Pony zugingen, erzählte ich ihr ein paar Dinge zu dem kleinen Pony, “Also Rici ist ein ganz lieber, ein wenig zurückhalten und eigenbrötlerisch, aber er kann echt Spaß machen”. Aelfric hob den Kopf und sah uns neugierig entgegen.

      Vriska
      “Rici also, okay”, flüsterte ich dem Hengst zu, als ich ihm vorsichtig das Halfter über den Kopf zock. Etwas überrascht zeiht er den Kopf nach oben, eh er mich erblickt hat. Beruhigend streiche ich ihm über seine Stirn, als seine blauen Augen mich anfunkeln. Zusammen verließen wir die Weide und Lina hatte noch einen Schecken direkt mitgenommen.
      “Wer ist das?”, frage ich neugierig.
      “Caruso, aus der einer Zucht aus England”, erklärt sie mir.
      Auf dem Rückweg zum Stall wechselten wir beide keine weiteren Worte miteinander, offenbar hatte sich auch irgendwas mit sich selbst zu klären. Irgendwie schon sehr ironisch. Eigentlich könnte dieses Treffen, der beste Sommer unseres Lebens sein, doch stattdessen scheinen wir eher das Gegenteil zu empfinden und vermutlich würde sie genauso gern den Ort verlassen. Jedoch kann dieser nichts dafür, denn es ist wunderschön hier. Es ist eher das drum herum: Männer, die sich wie vierjährige verhalten.
      Am Stall hilft sie mir beim Putzen des Hengstes. Als sie mit dem Sattel ankommt, stoppe ich sie schockiert.
      “stopp, stopp, stopp. Das Ding soll ihm passen? Guck’ doch mal!”, sage ich zu ihr, als der Sattel auf dem Rücken von Rici liegt. Ich nehme ihre Hand und ziehe sie langsam unter dem Polster des Sattels entlang. Verdutzt guckt sie mich an, als wüsste sie nicht so ganz was ich meine.
      “Merkst du das? Da bildet sich total die Brücke und links drückt ihm das Polster. Ich hole mal meinen Sattel, der hat Gelpolster und sollte auch von der Länge besser liegen.”, äußere ich und verlasse den Stall, eh ich mit meinem Sattel ankomme und ihm auflege.
      “Schau, viel besser. Der Sattel ist deutlich kürzer und Rici wirkt viel entspannter”, weise ich sie drauf hin und lege auch nur mein Gummipad drunter, dass nur den Effekt des Schutzes vom Sattel hat.

      Lina
      “Na Rici, dann haben wir zwei wohl morgen einen Termin beim Sattler”, sagte ich zu dem Pony. “Ja, ist auch nicht sein Sattel. Er ist erst seit dem Frühling unterm Sattel und ich reite ihn aktuell nicht viel. Dadurch das er noch wächst, ist das leider immer ein wenig schwierig mit ihm, aber danke für den Tipp, ich werde gleich morgen mal mit unseren Sattler sprechen”.
      Nachdem Vriska fertig gesattelt hatte, reichte ich ihr noch seine Trense.

      Vriska
      “Ich kann dir gern die Artikelnummer geben und die Nummer vom Hersteller, oder ich lass dir den hier und hole mir in Schweden einen neuen. Nur als Idee.”, schlage ich ihr vor, eh ich dem Hengst die Trense anlege. Lina wirft mir einige kritische Blicke zu, aber ich kann es mir nicht nehmen lassen auch den Sitz des Gebisses zu kontrollieren.
      “Alles gut, mach’ dir keine Gedanken”, scherze ich. Mit dem Gebiss passt alles. Lina hält mir gegen und ich steige langsam auf den Hengst auf. Freundlich guckt er zu mir, als ich im Sattel sitze. Gemeinsam gehen wir zum vereinbarten Treffpunkt als ich Milena erblicke.
      “Menar du allvar? (Im Ernst?)”, sage ich genervt zu ihr, während sie sich mit Samu unterhält.
      “Vriska, ich möchte mit dir reden. Deswegen halte ich es für keine schlechte Idee, dann Kempa sich etwas lockern und du dich hoffentlich auch.”, schlägt sie mir vor.
      “Nej, Jag orkarinte se på dig. (Nein, haub ab. Verschwinde.)”, pfeife ich sie an. Stur schültet sie mit dem Kopf.
      “Ich möchte mich doch nur bei dir entschuldigen.”, versucht Milena mich vorsichtig zu überzeugen.
      “Denkst du nicht, dass das etwas viele Entschuldigungen werden sollen in so kurzer Zeit?”
      “Nog … (schon)”, antwortet sie verlegen.
      “Ich gebe dir die Chance, aber komm’ jetzt”, ranze ich sie wieder an und treibe den Hengst im Schritt vorwärts. Samu steht derweil sprachlos neben uns und folgt mir dann im Schritt mit seinem Schimmel.

      Samu
      “Pidä hauskaa molempien kanssa (Viel Spaß mit den Beiden)”, rief mir Lina noch ein wenig ironisch hinterher, während ich mit den beiden Streithähnen Richtung Wald verschwand.
      “Es wäre sehr gut, wenn ihr zwei friedlich bleibt, das nächste Krankenhaus ist ein bisschen weiter Weg”, ermahnte ich die beiden Mädels. Ich hatte Vriska recht schnell eingeholt, auch wenn das der fleißigste Schritt war, den ich bei Ric je gesehen hatte. Melina, hatte mit ihrem Pony schon ein wenig mehr Mühe mit ihrer Isländerstute.

      Lina
      Ich war ein wenig schadenfroh, das Samu die Beiden jetzt an der Backe hatte. Naja, er wird das schon schaffen, schließlich ist er der einfühlsamste Mensch, den ich kenne. Und egal was kommt, er ist ein Idealer Streitschlichter. Kurz nachdem die dreier Gruppe verschwunden war, kam auch schon der Schmied. Ich begrüßte ihn, bevor ich ihm Caruso hinstellte. “Na, hast du Spaß Lina”, kam es von Jace, der gerade dabei war Vikar zu putzen, wohlgemerkt ohne Tshirt, da es auch jetzt schon gut 25 Grad hatte. “Jace, an deiner Stelle wär ich mal nicht so frech”, sagte ich scherzend zu ihm und musste mich zusammenreißen nicht auch noch ein Kommentar über sein nicht vorhandenes Outfit zu machen. Mit ihm zu Scherzen fühlte sich seltsam an, gerade nach dem Gespräch gestern Abend. Faszinierend beobachtet wie Jace die Mähne des Hengstes kunstvoll einflocht. “Seit wann kannst du denn Sowas?”, fragte ich ein wenig verwundert. Das hatte ich von Jace nicht erwartet. Ja Tunierzöpfchen oder so, aber einen französischen Zopf und dann auch noch mit der dicken Mähne des Tinkers, das erfordert schon einiges an Geduld. “Seit ich Pferde mit so langer Mähne reite”, kam es nur als Antwort.

      Vriska
      “Keine Sorge Samu, ich verscharre sie dann im Wald”, scherze ich und bekomme einen beinah tödlichen Blick zugeworfen. Direkt versucht sie sich auf irgendwelche Art und Weise für irgendwas zu rechtfertigen, was ich jedoch konstant ignoriere und mich viel mehr darauf konzentrieren muss, dass der junge Hengst vor lauter Nervosität meinerseits, die Beine haken in den Bauch bekommt. Irgendwann hatte ich mir angewöhnt immer meine Beine zu bewegen, wenn ich nicht weiter weiß. Erst dauert fast 10 Minuten, so mein Empfinden im Kopf aber wird vermutlich ansatzweise so lange gedauert haben, bis meine Beine sich beruhigt haben.
      “Weißt du Milena, es ist mir vollkommen egal.”, sage ich und hoffe, dass sich die Sache damit gegessen hat.
      “Du hast mir wirklich nicht zu gehört. Ist mal wieder typisch. Aber Gut, dann wiederhole ich mich, nog. Es tut mir Leid, dass ich im Essenssaal so zu dir war. Doch gestern Abend hatte ich die beste Nacht meines Lebens”, beginnt sie zu sprechen. Offenbar hatte auch Samu mit bekommen, was gestern Abend passiert ist, als Niklas mit ihr und Anna das Feuer verlassen hat, denn er rollt mit den Augen.
      “Milena, wir wollen hier jetzt keine Bettgeschichten hören.”, ermahne ich sie.
      “Man, hör’ mir doch mal richtig zu. Ich .. Es geht nicht darum, dass wir zu Dritt im Bett was miteinander hatten. Sondern es geht um Anna. Niklas war nur hübsches Beiwerk. Viel interessanter war die Erfahrung mit ihr und ich denke … Nein, ich weiß nun was ich fühle und was ich will.”, erzählt sie.

      Samu
      “Langsam Melina, du wolltest dich gerade Entschuldigen, nicht über dich Reden, auch wenn das natürlich sehr schön ist, das du jetzt weißt, was du fühlst”, versuchte ich vorsichtig Melina in ihrem Redefluss auszubremsen und sie wieder auf das eigentliche Thema zu lenken. “Und du Vriska”, sagte ich während ich vor sie ritt, um sie ein wenig auszubremsen, da sie immer noch ein ganz schönes Tempo darauf hatte, “musst ihr wenigstens die Chance geben, sich zu entschuldigen”, ermahnte ich sie.

      Vriska
      “Mach’ ich doch. Sie darf doch gerade reden”, pampe ich nun auch Samu an, obwohl das nicht die feine englische Art ist, die mich meine Mutti gelehrt hat.
      “Ja, alles gut aber ich muss das dazu sagen, damit das alles einen Sinn ergibt”, geht Milena nun in die Verteidigung. Alles, was ich gerade höre, sind einfach Phrasen ohne inhaltliche Bewandtnis, aber äußere mich nicht weiter dazu. Vielleicht sollte ich sie wirklich ausreden lassen.
      “Also ich hatte also gestern den Abend meines Lebens. Es schien auch Anna so ergangen zu sein, weil wir zusammen noch auf mein Zimmer gegangen sind. Wenig später kam Niklas dann dazu, hatte einen großen Streit mit Anna. Ich war so sauer, dass ich es an dir ausgelassen hatte. Es tut mir leid, so ist man nicht zu seiner besten Freundin.”, entschuldigt sie sich schlussendlich.
      “Das erklärt jedoch nicht, wieso du erstens dann heute beim Essen so an ihm geklebt hast und zweitens dich so aufgeregt hast, weil mein Pferd seinem Instinkt gefolgt ist.”, sage ich genervt zu ihr.
      “Ja, da hast du recht. Du gibst mir einfach immer das Gefühl gegen dich ankommen zu müssen. Es provoziert einen immer, weil du von Natur aus alles kannst. Außerdem weiß ich, dass Niklas dich kennenlernen will und … und das will ich nicht. Ich hatte ihn zuerst.”, gibt sie dann zu.
      “Er ist doch kein Spielzeug, dass man sich einfach so nimmt und ich denke, dass ich alt genug bin. Mit jedem Satz, den er sagt, eigentlich bei allem, was er tut, merkt man, wie sehr er mit sich selbst zu kämpfen hat und um jede kleine Aufmerksamkeit ringt. Auch nach dem, was du mir erzählt hast. Niklas will nur auch mal etwas für sich allein haben und vor allem Liebe abbekommen. Ich habe genug eigene Probleme, um die ich mich kümmern muss. Da kann ich nicht noch Anfang seine Mutterfigur zu ersetzen, die er sich in seinem Kopf erschaffen hat, die von Grund auf immer gegen ihn ist. Ich bitte dich. Du weißt, dass ich keine Lust auf irgendwelche Männer habe mit Komplexen.”, sage ich und muss sogar lachen. Milena setzt mit ein.

      Samu
      Wow, wo bin ich hier nur reingeraten, dachte ich, während die beiden Mädels ihre Probleme ausführten. “Na geht, doch. Meint ihr, ihr Schafft es dann einen Tag friedlich zu sein?”, sagte ich zu den Mädels und dachte mir noch im Stillen wofür ich jetzt eigentlich da war. Warum hatten sie es nicht allein geschafft miteinander zu reden.

      Niklas
      In meinem Zimmer entschied ich mich dazu eine heiße Dusche zu nehmen. Die Aktion von Milena und auch Anna in der Cafeteria war mir zu viel, viel zu viel. Während das Wasser auf mich einprasselt versagen meine Knie und ich lasse mich auf den Boden sinken. Mein Körper zittern, mein Herz rast. Es wird schwarz vor meinen Augen.
      Im nächsten Moment finde ich mich in einem Raum wieder, ich friere. Der Boden ist weich, bei einem genaueren Blick scheint es Sand zu sein, bedeckt mit Stroh.
      “Hallo? Ist da jemand?”, rufe ich verzweifelt. Niemand antwortet und ich versuche einen Weg herauszufinden. Ich laufe an den Wänden entlang, die aus Holz sind. Einige Lichtstrahlen fallen in die Dunkelheit. Mein Puls steigt immer weiter an und auf meinem Rücken läuft der Schweiß hinunter. Es ist wieder die Scheune. Verzweifelt schreie ich nach Hilfe, suche einen Weg nach Draußen. Doch es gibt keine Tür, oder ein Fenster.
      “Niklas? Alles gut”, höre ich plötzlich Ju rufen, der mich besorgt anguckt nach dem er im Badezimmer vor mir steht. Verunsichert nicke ich.
      “Komm’, steh’ auf. Der Schmied ist da.”, fügt er noch hinzu und verlässt wieder den Raum.
      “Ich bin in Kanada, unter der Dusche. Es ist Sommer, kurz vor 11 Uhr im Jahr 2020. Mein Name ist Niklas Olofsson, ich bin 26 Jahre jung”, flüstere ich vor mich hin. Dann atme ich tief durch, schalte den Wasserhahn ab und greife nach einem Handtuch.
      Wenig später gehe ich zusammen mit Ju in den Stall.
      “Wirklich alles gut?”, fragt er besorgt erneut nach. Ich nicke nur. Natürlich ist ihm bewusst, dass nicht alles gut und ich wieder ein Flashback hatte. Wir haben nie drüber gesprochen. Er ist ein guter Freund. Ju hinterfragt nicht, akzeptiert es und unterstützt einem egal was passiert ist oder wird. Wieder verliere ich mich in meinen Gedanken.

      Lina
      “So, der ist fertig, kannst du ihn mir einmal bitte vorführen?”, sagte der Schmied zu mir und unterbrach so mein Gespräch mit Jace. “Klar”, antwortete ich, band den Junghengst los und lief mit ihm erst im Schritt und dann im Trab ein paar mal mit ihm Hin und Her. “Super, passt so, dann kannst du den nächsten Kandidaten holen”.
      “Die nächste Stute steht schon direkt in der ersten Box”, sagte ich zu dem Schmied und brachte den frisch beschlagenen Hengst zurück zu Koppel.
      Als ich zurückkam, hatte der Schmied schon angefangen Miss Leikas Hufe zu machen. Jace war zum Glück mit seinem Hengst verschwunden. Da der Schmied scheinbar erst einmal allein zur recht kam, machte ich mich auf die Suche nach dem nächsten Pferd. Ein Blick auf die Liste verriet mir, dass es Niklas Stute war. Also hieß es Niklas suchen. In der Hoffnung, dass er schon bei seiner Stute war, wollte ich im Stall suchen.
      Dort fand ich ihn auch tatsächlich mit Ju.
      “Hey, Nikals…”, begann ich und kam in Stocken als ich merkte, das er sein Shirt komplett falsch rum anhatte. “... Warum hast du das T-Shirt falsch rum an?”, fragte ich ein wenig verwirrt. “Aber eigentlich wollte ich dir nur sagen, dass Smoothie die nächste beim Schmied ist”, teilte ich ihm mit. Niklas sah mich ein wenig verwirrt an, als habe er nicht zugehört und stattdessen antworte Ju. “Alles klar, danke für die Info”. Ich blieb noch einen Moment stehen und überlegte, ob ich gehen sollte oder nicht, doch ich entschloss mich zu gehen. Denn was auch immer da los war, es ging mich nichts an. “Also ich bin dann draußen, wenn ihr irgendwas braucht”, hängte ich zögerlich an und verließ den Stall wieder.

      Niklas
      “Oh, danke für den Hinweis”, sagte ich etwas verspätet zu Lina, zog mein Shirt über den Kopf und drehte es um.
      “Schaffst du es allein?”, frage Ju und wandte sich dann zu Lina: “Du sag mal, ist Amy dann auch gleich an der Reihe?”
      “Äää, ja”, antworte Lina.
      “Also soll ich sie auch gleich mitbringen?”, frage ich meinen besten Freund. Er nickt und ich gehe los zur Weide. In meinem Kopf kommen immer wieder die Bilder hoch von dem Staub, der im Lichtstrahl tanzt.
      “Vielleicht ist es doch besser, wenn ich dich begleite”, sagt Ju zu mir, als er angejoggt kommt.
      “Danke”, sage ich still. Ich versuche mir so gut es geht nichts anmerken zu lassen, doch es scheint klar zu sein, dass mit mir etwas nicht stimmt.
      Wenig später kommen wir mit den beiden Stuten am Stall an. Smoothie ist voll mit Grasflecken.

      Ju
      “Kannst du das regeln?”, fragt mich Nik mit leicht zitternen Händen, als er mir seine Stute in die Hand drückt.
      “Natürlich”, antworte ich ihm.
      “Super, es geht um das Eisen hinten links. “, merkt er noch an, eh er sich wieder am Stall entfernt. Vermutlich sucht er sich nun eine ruhige Stelle und setzt sich in die Sonne, hoffe ich. Aber ich bin nicht sein Betreuer, solang er nicht mit mir drüber sprechen möchte, kann ich nicht viel für ihn tun.
      “Er ist nicht so scheiße, wie man denkt.”, sage ich zu Lina, die den Schmied bei seiner Arbeit betrachtet.
      “Ja, Nik verhält sich oft unausstehlich und hat sich nicht im Griff”, beginne ich an zu erzählen. Vermutlich will sie das alles gar nicht hören, aber ich muss mit wem drüber sprechen, damit es mich selbst nicht belastet. Außerdem war er nicht unbedingt nett zu ihr, also fühlt es sich an, als wäre ich ihr zumindest eine Entschuldigung schuldig. Ich binde seine Stute etwas weiter von der Cremello Stute an, da sich die beiden Pferde nicht kennen und ich nicht weiß, wie diese auf Smoothie reagiert. Entspannt versucht sie vom Boden einige Krümel zu fressen. Noch bevor Lina was sagen kann, rede ich weiter.
      “Ich habe ihn sitzend in der Dusche gefunden. Er hatte wieder einen Zusammenbruch. Das ist das erste Mal seit Monaten. Vermutlich fragst du dich jetzt, warum ich dir das erzähle. Eigentlich will ich mich nur in seinem Namen entschuldigen, weil er damit wirklich Schwierigkeiten hat einzuschätzen, wie weit er gehen kann.”

      Lina
      Aufmerksam hörte ich Ju zu. Ich schweig einen Moment und sah Smoothie dabei zu, wie sie am Boden nach Futter suchte. “Ist schon ok. Ich denke viele von uns haben ein Päckchen mit sich herumzutragen”, antwortete ich ihm und musste an meine eigene Vergangenheit denken. “Du bist ein echt guter Freund für ihn, jeder braucht jemanden wie dich”, ich wusste nicht genau warum ich das sagte, aber ich hatte das Gefühl das sagen zu müssen. Seitdem Niklas mir geholfen hatte, hatte ich schon das Gefühl, das da mehr war als der coole Niklas. “Mag sie Möhren?”, fragte ich Ju und deutete auf die Stute.
      “Ja, sie liebt die, aber darf nicht so viele fressen, weil Möhren viel Fruchtzucker haben und Nik auf ihre Figur achten will. Ach ja, hast du irgendwas was er machen kann? Ich denke, dass ihn hier allein auf dem Hof herumlaufen zu lassen ist doch nicht so gut. Nach so einer Situation ist er eine tickende Zeitbombe.”, antwortet er offensichtlich besorgt.
      “Na, das muss er ja nicht wissen und von einer Möhre wird sie schon nicht gleich 10 Kg zunehmen”, antworte ich und steckte der Stute trotzdem ein Stück Möhre zu.” Naja, er kann doch bestimmt mit einem Akkuschrauber umgehen, oder? Dann könnte er Divines Spind reparieren”, antwortete ich ihm auf seine Frage.

      Ju
      “Tatsächlich kann er noch mehr. Am Hof in Schweden hat er die viele Zäune selbst gebaut und alle unserer Spinde. Die Muskeln sind nicht nur Deko.”, erzähle ich ihr und muss lachen.
      Dann verabschiede ich mich kurz von ihr und mache mich auf die Suche nach dem Kerl. Mein erster Anlaufpunkt ist unser Zimmer, in dem ich ihn weder erwartet habe, noch angetroffen. Von Lina weiß ich, dass nicht weit weg vom Stall eine Wiese ist.
      “Nik, Lina braucht deine Hilfe”, rufe ich ihm zu.

      Niklas
      “Meine handwerklichen Fähigkeiten werden verlangt?”, frage ich belustig, als ich zurück in den Stall komme mit meinem Shirt in der Hand.
      “Vorher müsste dein Pferd noch zurück”, sagt Lina zu mir.
      “Ach, das übernehme ich, wenn Amy fertig ist”, wirft Ju fix ein. Ich bedanke mich bei ihm und wende mich dann Lina zu.
      “Also was soll ich tun?”, frage ich während ich mich etwas vor ihr aufrichte und runterschaue.

      Lina
      Wow, er war verdammt groß. Ich blicke zu ihm hoch “Also du hast eindeutig Gemeinsamkeiten mit deinem Pferd”, sagte ich halb scherzend, halb ernst gemeint.
      “Du, könntest mal deine Fähigkeiten nutzen und Divines Spind reparieren”, sagte ich ihm. Wenn ich mal so recht darüber nachdachte, konnte ich irgendwie nachvollziehen, was Vriska an ihm fand.
      “Komm ich zeig dir den Weg”, sagte ich und ging in Richtung Scheune um nach den Nötigen Werkzeug zu suchen.
      Natürlich lag es ganz oben auf dem Regal, ich wollte gerade nach dem Hocker suchen, doch Niklas schob mich einfach zu Seite.
      “Ich mach schon”, und keine Sekunde später hatte er auch schon den Werkzeugkoffer in der Hand.
      “Na gut, wenn wir das dann haben, zeig ich dir deine Baustelle.”

      Ju
      Während Lina mit Niklas verschwunden war, stand ich allein mit dem Schmied im Stall, der mit Amy deutlich schneller fertig war als erwartet.
      “So, ich brauche dann das nächste Pferd”, sagte er zu mir.
      “Öhm, ich würde Ihnen gern helfen aber ich bin nicht von ihr.”, entschuldige ich mich bei ihm.
      “Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit”, sagte er genervt. Also gucke ich mich hektisch im Stall um eh ein Pferd in einer Box entdecke, deren Hufe eindeutig länger nicht mehr an der Reihe waren, da die Sohle bereits deutlich über die Eisen wuchs. Vorsicht begrüße ich das Tier, dass mich neugierig an der Hand beschnuppert. Ich nehme den … vorsichtig gucke ich unter den Bauch … den Hengst an den Strick und binde ihm bei dem Schmied an, der sich direkt an die Arbeit macht.
      “Lina müsste gleich wieder da sein”, sage ich zu ihm und schnappe mir die beiden Stuten, um sie zurück auf die Weide zu bringen. Samu, Milena und Vriska kommen mir entgegen, die offenbar vom Ausritt wieder da sind.

      Niklas
      “Gladeligen, Lina (Sehr gern, Lina)”, antworte ich ihr. Einen Moment gucken wir uns tief in die Augen, eh mich abwende und mir den Schrank anschaue. Ich höre wie sie rasch den Raum verlässt. Als erstes Räume ich ihre Sachen aus dem Stall, die deutlich besser sortiert sind, als ich gedacht hätte. Die Kleine macht auf mich einen sehr verstreuten Eindruck, deswegen habe ich einen ziemlich chaotischen Spind erwartet. Womit ich jedoch richtig liege, sind die Anzahl an Dingen, die in sich ihm befinden. Mehr als vier Schabracken hatte ich bereits in der Hand, sowie die verschiedensten Salben, Cremen und Sprays. Von einigen ist sogar die Mindesthaltbarkeit seit mehr als einem Jahr vorbei. Doch es geht mich natürlich nichts an und ich stelle sie ebenfalls zu dem anderen Zubehör. Dann mache ich mich an die Arbeit. Ich löse die Scharniere von den Türen, stelle sie an einen anderen Spind. Mehrere Bretter sind ebenfalls abgebrochen, die ich mit Winkeln neu befestige. Die linke Tür ist mit ihrem Scharnier nicht mal ansatzweise in der Waage.
      Das Ein- und Ausräumen hat wirklich länger gebraucht, als die Reparatur an sich. Um Lina nicht noch mehr zu nerven, bringe ich das selbstständig zurück in den Schuppen, aus dem wir es geholt hatte. Dann begebe ich mich zurück in den Stall, in dem sich Lina und Ju sich über die Pferde unterhalten.
      “Ich melde mich zur Bereitschaft”, scherze ich, als ich ankomme.

      Lina
      “Ah, da ist ja der Ritter in glänzender Rüstung”, scherzte ich übertrieben theatralisch. “Es fehlen nur noch Saturn und…” ich schaute mich kurz um, doch die Box von Ace war leer “wo ist denn Acerado hingekommen?”, fragte ich Ju.
      “Der braune der das in der Box stand? Der ist schon beim Schmied”, antwortete Ju.
      “Oh, dann geht das heute aber schnell”, sagte ich ein wenig verwundert. Unser Schmied wurde noch nie für seine Geschwindigkeit bekannt. “Ausnahmsweise scheint es hier ja doch mal Menschen zu geben, die von allein Arbeiten”, verkündete ich fröhlich.

      Samu
      Die beiden Mädels und ich waren inzwischen ziemlich weit gekommen und die Sonne stand schon recht Hoch am Himmel. Die Stimmung war deutlich lockerer geworden und alle schienen den Ausritt zu genießen. Zumindest für den Moment schienen alle friedlich zu sein. Wir hatten den Waldrand erreicht und vor uns eröffnete sich eine riesige Bergwiese und im Hintergrund konnte man den Gletscher erkennen, wo sogar zu dieser Jahreszeit noch Schnee lag. Mein Schimmelhengst blieb aufmerksam stehen und sah zu den Felswänden hoch.
      Wie zwei kleine Bergsteiger kletterten Schneeziegen die Steilwände entlang.” Seht nur ihr zwei, Schneeziegen”, wies ich Vriska und Milena daraufhin.

      Vriska
      “Oh wie niedlich”, schwärmte Milena, als sie auch die Ziegen betrachtet hatte.
      In der Zwischenzeit habe ich über den Kuss mit Ju nach gedacht und wie gut es sich angefühlt hat. Es ist seit dem letzten ziemlich viel Zeit vergangen, genau genommen mehr als 2 Jahre. Als ich am Atomics Valley ankam, habe ich oft darüber nachgedacht, wie es mit Bruce wäre. Jedoch hat keiner von uns Beiden den Schritt gewagt. Seitdem er nicht mehr so häufig am Hof ist, haben wir uns auch ein wenig aus den Augen verloren.
      “Lina meinte das eure Beiden bitte am Stall bleiben sollen”, wieß Ju ein, als am Hof ankamen und er Smoothie und Amy zurück auf die Weide brachte.
      “Oh, danke. Machen wir”, bedanke ich mich bei Ju.
      “Was ist den mit Nik, dass du seine Stute mit wegbringst?”, fragt Milena etwas besorgt.
      “Der hat gerade anderes zu tun. Nichts wildes”, scherzt Ju und geht weiter.
      Am Stall angekommen, steigen wir alle von unseren Pferden. Als meine Füße den Boden berühren, zieht es deutlich in meinem Rücken und vor Schmerz verziehe ich das Gesicht.
      “Alles gut?”, fragt Samu. Um ihn nicht zu verunsichern, sage ich ja und nehme alles vom Pferd herunter. Dabei hilft er mir alles wegzubringen. Der Schmied ist gerade fertig mit einem braunen Hengst, sodass ich ihm den nächsten Kandidaten direkt dazu stellen kann. Auch Samu bindet seinen Schimmel an. Erst jetzt fällt mir auf, dass Lina sich wirklich gerade mit Niklas unterhält, der ziemlich selbstsicher neben ihr steht und kein einziges hochnäsiges Kommentar abgibt. Jedoch kann Milena keinen Spruch verkneifen.
      “Hey Lina, um dein Kopfkino etwas zu beruhigen. Ja, der Rest von ihm ist genauso groß”, sagt sie und geht mit Kempa weiter zu Weide. Es scheint ihm sichtlich unangenehm zu sein und er guckt kurz verärgert zu ihr, aber geht nicht weiter darauf ein.
      “Hast Niklas irgendwas verabreicht?”, flüstere ich Ju zu, zu dem ich mich etwas abseits gesellt habe.
      “Nein, der … er hatte vorhin einen kleinen Aussetzer und seit dem ist der so. Ist aber nichts Neues. Heute Abend ist er wieder der gleiche Arsch wie immer”, versichert er mir. Ich nicke überrascht aber frage nicht weiter nach.
      “Willst du hier bleiben oder wollen wir irgendwas machen?”, frage ich dann.
      “Nein, nein. Ich möchte hier bleiben und das Gespräch beobachten. Irgendwas ist ganz anderes.”, antwortet er verunsichert.
      “Ach gut, dass ich euch gefunden habe”, sagt Herr Holm, der auch ohne Shirt auf uns zu kommt.
      “Was ist los? Und willst du dir nicht mal was überziehen?”, sagt Ju etwas überrascht. Ich inspiziere unauffällig den Körper vom Trainer und bin sehr überrascht wie gut er noch in Form ist für sein Alter.
      “Bist du neidisch? Falls ihr die anderen trefft, sagt den mal bitte Bescheid, dass wir heute Abend gegen 20 Uhr für ungefähr eine Stunde Theorieunterricht haben und danach einen kleinen Filmabend machen. Bevor ihr fragt, ja Anwesenheit ist beim Unterricht Pflicht.”, scherzt er. Bevor er weiter geht, erklärt Herr Holm, dass auch alle vom WHC eingeladen sind ihr Wissen aufzufrischen. Wir bedanken uns für die Information und ich gehe allein zu den beiden Turteltauben rüber,

      Lina
      Natürlich hatte Milena mal wieder einen dämlichen Kommentar auf lager. Ich ignorierte sie einfach.
      “Na, ihr zwei”, kam Vriska zu uns rüber. “Ich soll euch zwei mitteilen, das heute Abend Theorieunterricht und Filmabend ist”, unterbrach sie unser Gespräch.
      “Wieder da und die Sonne ist noch da”, begrüßte ich Vriska. “Hat dir Rici gefallen?”, fragte ich sogleich.
      “Ja, er war ziemlich bequem. Es ist auch schön mal wieder was anderes Kleines zu reiten. Zu Hause sitze ich nur noch auf den Trabern oder auf dem Sulky.”, antwortet sie.
      “Sehr schön. Aber so ein Traber muss doch auch cool zu reiten sein, oder? Wenn der Schmied fertig ist, bin ich erst einmal fertig. Ich würde dann Limo und Eis für alle die wollen Spendieren”, schlug ich vor. Der Schmied ist gerade dabei den letzten von Aelfrics Hufen zu machen.

      Samu
      Die ist heute gut gelaunt, dachte ich mir als ich Lina entdeckte, die sich scheinbar gut mit Niklas unterhielt. “Limo und Eis klingt super”, stimmte ich meiner Freundin zu als ich vorbeiging. “Ich geh dann schon mal alles vorberieten, ihr und alle anderen können dann gerne auf unsere Terrasse kommen, wenn ihr so weit seid”, fügte ich noch hinzu und verschwand in Richtung Haus.

      Vriska
      “Du kannst dich ja im demnächst mal auf Smoothie setzen, sie ist auch ein Standardbred”, warf Niklas ein, bevor ich was sagen konnte. “Hat er sonst noch was gesagt hat?”, wandte er sich nun zu mir und sprach möglichst leise, in der Hoffnung, dass Lina es nicht mitbekam. Ich schüttelte nur mit dem Kopf und in seinem Gesicht machte sich eine Erleichterung breit. Während er sich in das Gespräch mit Lina kehrte, betrachtete ich sein Körper und besonders seine Brust, die genau auf meiner Augenlinie befand.
      “Wenn du willst, kannst du auch ein Foto mit mir machen”, bot er lachend an, als wäre er etwas Besonderes. Was Niklas auf irgendeine Art und Weise natürlich ist, aber nein. Vriska. Nicht weiter drüber nachdenken, sagte ich in Gedanken zu mir.
      “So er kann weg.”, sagte der Schmied und eh Lina sich dem Pony zuwenden konnte, band ich ihn ab.
      “Ich bringe ihn zurück”, sage ich nur zu ihr ging mit ihm los zur Weide. Mein Hirn spielt im Moment verrückt und jeder der Typen verdreht etwas, ist anziehend oder eher ausziehend. Vielleicht sollte ich mich eher auf die Mädchen konzentrieren, dann kann das nicht passieren. Obwohl, wenn ich so an Milena denke, die vorher nie solche Gedanken mir gegenüber geäußert hat, lässt sich nicht ausschließen, dass ich mein erstes Mal mit einer Frau habe.

      Lina
      “Oh, ja Smoothie würde ich gerne mal ausprobieren”, sagte ich begeistert als Niklas das vorschlug. Bevor ich überhaupt reagieren konnte, hatte Vriska sich schon das Pony geschnappt und war mit ihm verschwunden. “Sag mal wie kommt es eigentlich, dass du so ein hübsches Pferd besitzt. Ich mein, ich habe zwar keine Ahnung von Trabern, aber sie scheint echt gut zu sein”, fragte ich neugierig.
      Irgendwie hatte ich Interesse an Niklas gefunden. Ich hätte niemals erwartet, dass ich mal so einen Frauenhelden interessant fände, aber Niklas war irgendwie anders. Hinter seiner Fassade schien etwas zu schlummern, was ihn schwer zu belasten schien.
      “Standardbreds bzw. alle Trabrennpferde haben in Schweden eine lange Tradition. Aus dem Grund hat Opa es sich zur Aufgabe gemacht dieser Rasse mehr als ein reines Rennpferd einzuhauchen. Viele Jahre hat er damit verbracht die richtigen Elterntiere zu suchen und anzupaaren. So entstand auch Satz des Pythagoras, wie sie mit vollem Namen heißt. Öfter hat er auch englische Vollblüter mit hereingezogen um mehr Temperament zu bekommen. Außerdem sind bei der Rasse alle Fellfarben erlaubt und Opa hat immer ein Gräuel gegen die Deutschen Rassen gehabt, die durch die deutsche Kriegsführung im langweiligen Braun gezüchtet wurden. Bevor ich sie hatte, hatte ich ein schwedisches Warmblut. Und bekommen habe ich sie zur Aufnahme in den Verein, bevor er starb.”, erzählt er offen. Natürlich sind seine Blicke nicht zu übersehen, die er mir zuwirft. “Beindruckende Geschichte”, sagte ich, bevor der Schmied mich unterbrach, den nun auch mit Sky fertig war. “Begleitest du mich?”, fragte ich, während ich den Schimmel losband, um ihm zur Koppel zu bringen. Natürlich begleitete er mich. “Hast du ein Glück ein eigenes Pferd zu haben, ich träume davon seit ich ein kleines Mädchen bin”, fing ich an zu erzählen.

      Niklas
      “Bei uns in der Familie ist es üblich, dass jeder sein eigenes Pferd hat neben den Zuchtpferden. Damit kein Streit entsteht. Vielleicht sprichst du da mal mit Vriska drüber, sie hat Glymur noch nicht lange und eine Traberstute in Aussicht”, erzähle ich dann Lina. In mir fühle ich eine Erleichterung, dass ich mich mit jemanden Unterhalten kann, der mich nicht auf meinen Körper reduziert. Doch bevor ich irgendwas passiert muss ich sie darauf ansprechen.
      “Du, ich muss jetzt aber mal was fragen, bevor … was weiß ich. Was ist das mit dir und Jace, ist das was Ernstes?”, frage ich sie auf dem Rückweg zum Hof, nach dem sie Sky zu den anderen Pferden gestellt hat.

      Lina
      “Naja, das ist… Kompliziert”, fing ich ein wenig zögerlich an. Seltsamerweise vertraute ich ihm, obwohl ich ihn gerade einmal ein paar Tage kannte. “Das ganze fing an als ich für das HMJ in Schweden war. Seltsam wie einem Gefühle erst klar werden, wenn man weit entfernt von jemandem ist. Dann habe ich ihn in einem schwachen Moment meine Vergangenheit offenbart und meine Gefühle offenbart und er ist einfach ... Jace. Sagen wir mal seine Reaktion war nicht angemessen. Aber nein das ist nichts Festes und das war es auch nie. Ich denke, er verschweigt mir irgendwas und da Ehrlichkeit für mich eine Grundvoraussetzung ist... Naja, er hat seine Chance fürs Erste verspielt”, erzählte ich ihm offen. “Auch wenn mein Verstand mir sagt, dass es vollkommen logisch ist ihn auf den, Mond zu schießen, so ist das mit den Gefühlen leider nicht so einfach, vor allem wenn man ihn jeden Tag sehen muss.”, endete ich.

      Niklas
      “Und warum hast du nicht angerufen?”, scherzte ich, nach dem sie von Schweden sprach. Damit konnte ich wenigstens wieder ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Kurzerhand stellte ich mich ihr vor den Weg. Noch einmal warf ich einen Blick auf unsere Umgebung, weit und breit war niemand zu sehen. Zum Hauptteil des Hofes waren noch einige Meter. Vorsichtig lege ich meine Hände an ihre Hüfte.
      “Was denkst du?”, frage ich sie sanft und gucke ihr tief in die Augen.
      “Ich weiß nicht “, antworte sie zögerlich und versucht meinem Blick auszuweichen. “Ich kenn dich doch gerade mal ein paar Tage. Woher weiß ich den, das du kein böser Vergewaltiger bist”, scherzte sie dann aber gleich. Sie flirtete eindeutig mit mir.
      “Deswegen habe ich dich vorher gefragt. Wollte dich nicht in Verlegenheit bringen, tut mir leid.”, antworte ich verlegen.
      “Außerdem, wenn es danach gehen würde… Ich bin deutlich größer als du und aufjedenfall stärker. Dann hätte ich dich bereits in den nächsten Busch gezogen.”, scherze ich eh ich still werde und kurz nachdenke. Dann hebe ich sie nach oben, hänge sie mir wie einen Schal über die Schulter und laufe Richtung Hof weiter. Natürlich zappelt sie, aber Lina hat keine Möglichkeit dem zu entfliehen.

      Lina
      “Ey, wo willst du hin”, schimpfte ich lachend und wehrte mich ein wenig, aber natürlich hatte ich keine Chance gegen ihn. Seine muskulösen Arme hatten mich fest im Griff. Niklas schien auch schon genau zu wissen, wohin er wollte. Zielsicher steuerte er auf seine Hütte zu. Vor der Tür musste er mich absetzen um aufzuschließen. Erstaunlicherweise war die Tür aber nicht abgeschlossen und ein leicht verdutzter Ju sah uns entgegen. “Äääh Hi”, stammelte ich und das Blut schoss mir in die Wangen. Ihn hatte ich hier nicht erwartet. “Niklas wollte mir nur … etwas zeigen”, stammelte ich weiter. Vielleicht sollte ich jetzt lieber die Klappe halten, ich klang, wie eine 12-jährige die von Ihren Eltern erwischt worden war.

      Niklas
      “Hoffentlich nur den Inhalt des Kühlschranks und nicht seiner Hose”, antwortet Ju scherzhaft.
      “Lina denk dran, der Rest wartet auf Eis und Limo. Beeilt euch. Jace wartet schon auf dich.”, fügt er noch hinzu und geht. Ich gehe in die Hütte und krame in meiner Tasche nach einer kurzen Hose. Typisch sieht der Raum aus wie ein einziges Schlachtfeld.
      “Du kannst auch in den Büffelstall hereinkommen, offenbar wolltest du dir ja etwas angucken”, scherze ich und zeihe meine Reithose herunter. Natürlich werfe ich sie nur auf den Boden. Meine kurze Hose habe ich jedoch immer noch nicht gesehen.
      “Wow, ein typisches Jungszimmer. Irgendwie hätte ich bei dir mehr, Ordnung erwartet”, antwortete sie mir, nach dem sie einen kritischen Blick durch den Raum geworfen hatte.
      “Ordnung? Nur, weil ich Geld habe? Zu Hause habe ich eine Reinigungskraft, die macht das.”, antworte ich etwas eingebildet und erwische mich direkt dabei, dass ich dieselbe Antwort noch ein mal in einer anderen Betonung von mir gebe. Endlich finde ich eine kurze Hose, die zwar von Ju ist, aber der wird schon kein Problem damit haben. Rasch ziehe ich sie mir über und merke erst jetzt, dass diese etwas eng anliegt. Kurz gucke in den Spiegel, ja passt. Dann ziehe ich wieder meine Reitstiefel und nehme Lina an die Hand mit nach draußen.
      “Komm wir gehen lieber, bevor noch irgendwelche Gerüchte aufkommen”, sage ich rasch zu ihr und schließe die Tür ab.
      “Ach, der Weltenbummler ist da”, sagt Ju freundlich zu mir. Weltenbummler ist unser Codewort für ‘Ich habe nichts gesagt, keine Sorge’
      “Haha ja, wir hatten uns etwas verquatscht an der Weide”, weiche ich schnell aus, um Lina nicht noch einmal in Verlegenheit zu bringen.
      “Deine Hose zeichnet aber eindeutig was anderes ab”, merkt dann Milena an.

      Lina
      “Kann sie eigentlich auch was anders außer dummen Kommentare Abgeben?”, sagte ich mit gesenktem Stimmer zu Niklas. Die Limonade stand bereits auf dem Tisch, sodass nur noch das Eis fehlte. “Ich geh dann mal das Eis holen”, sagte ich und verschwand im Haus. Bevor ich allerdings in den Keller ging, flitze ich noch in mein Zimmer, um mich umzuziehen. Aus Gewohnheit hatte ich heute am Morgen eine Reithose angezogen. Bei den sommerlichen Temperaturen draußen würde ich allerdings bald schmelzen, wenn ich weiter darin rumlief.
      Kurz entschlossen Griff ich mir eine kurze Jeans und ein Croptop aus meiner Kommode und zog mich um, meine Stiefel tauschte ich gegen Sneaker.
      Als ich wieder unten war kam mir Jace im Flur entgegen. “Lina, du hast dich nicht etwa was mit dem, oder?”, fragte er ein wenig zu harsch. “Nein und selbst wenn, geht dich das gar nichts an. Ich bin alt genug, um selbst zu wissen mit wem ich schlafe und ich bin auch nicht den Besitzt, Jace. Außerdem scheinst du mir kein bisschen besser zu sein als er.”, erwiderte ich ein wenig zickig. Diese Antwort schien ihm für Erste zu reichen, denn er trollte sich in die Küche.
      “Der Eiswagen ist da”, rief ich als ich nach draußen ging, mit einem Tablett voll mit Eis. Ich stellte das Tablett ab und nahm mir auch sogleich ein Fruchteis “Bedient euch”.
      “Na, haste dich extra noch hübsche gemacht”, kam ein dämlicher Kommentar von einem der Jungs. “Sagen die, die hier alle halb nackt rumrennen”, erwiderte ich nur und setzte mich an den Tisch.
      Jace kam aus der Küche zurück mit einem seiner komischen Proteinshakes und setzte sich Demonstrativ neben mich. “Jetzt mach hier mal nicht das Alphamännchen”, zischte ich ihm zu.

      Niklas
      „Daaaaaas ist meins“, griff Vriska rasch vom Tisch das einzige Wassereis. Natürlich fiel mir direkt auf, dass sie ihr Shirt ebenfalls entblößt hatte und nun ihm ihren Calvin Klein dasaß. Ju zog eine seiner Brauen hoch und legte merklich seine Hand auf ihren Oberschenkel, um sein Gebiet abzustecken. Dann ließ ich meinen Blick durch die Runde streifen. Milena ignorierte mich nun und unterhielt sich mit Samu über ihre Pferde. Zu Lina hatte sich nun Jace gesellt, der offenbar nicht begeistert von unserem gemeinsamen Ausflug scheint.
      „Nå … Had ni? (Und, hattet ihr?)“, flüstert Ju mir zu.
      „Ein Gentleman genießt und schweigt. Men, nej. (Aber nein)“, antworte ich vertrauensvoll. Er nickt nur und spricht mit Vriska weiter.
      „Das ist doch Bullshit! Du hast ’nen Korb bekommen, die zweite Enttäuschung dieses Tages!“, belustigt sich Anna, die gerade zum Tisch kam und unser Gespräch verfolgt hat.
      „Hmm?“, murre ich sie enttäuscht an.
      „Ich habe euch gesehen auf dem Weg. Du hast deine Hände an ihre Hüfte gelegt und ihr schöne Augen gemacht, so wie du es immer machst!”, wirft sie mir vor eh sie vorfährt. Vorsichtig werfe ich einen Blick zu Jace, in dem es vor Wut kocht. In der Runde ist es nun mucksmäuschenstill. Viele gucken zu mir, aber auch im Wechsel zu Anna und Lina, der das am unangenehmsten zu sein scheint.
      “Nur, dass du heute nicht das bekommen hast, was du unbedingt wolltest, du Bastard. Zum Glück ist das seit gestern Abend mit uns vorbei.”, belustigt Anna sich an der Situation, eh sie sich mit Milena von der Runde entfernt. Natürlich hat sie sich vorher noch ein Eis genommen.
      “Ich bring’ dich um”, schreit mich nun Jace voller Wut an. Lina hat Schwierigkeiten ihn zurückzuhalten, aber es gelingt ihr dennoch.
      “Was habe vorhin zu dir gesagt? Ich bin alt genug selbstständig Entscheidungen treffen zu können, außerdem war er nicht aufdringlich, nach dem ich nein gesagt habe”, flüstert sie ihm zu. Doch es war nicht so leise wie sie dachte, denn alle haben es gehört.
      “Ich werde dann mal gehen”, versuche ich mich zu verabschieden.
      “Nein, dass kannst du vergessen. Du bleibst hier”, stoppt mich Ju und setzt sich auf meinen Schoss.

      Jace
      Wütend war ich aufgesprungen, und vermute Lina, war der einzige Grund warum ich diesem Idioten nicht eine verpasste. Aufgebracht verließ ich den Tisch und stapfte in den Keller, wo mein Boxsack hin.
      Wütend schlug ich immer wieder auf den Sack ein und wünschte, dass es das Gesicht von Niklas war.
      “Na, genug abreagiert”, kam es aus dem Türrahmen nach einer Weile. Ich hielt inne um mich Umzudrehen. Samu stand im Türrahmen. “Wie lange stehst du da schon?”, fragte ich ihn.
      “Lang genug”, antwortet er nur knapp. Erst jetzt merkte ich wie sehr mein Knöchel schmerzten, weil ich natürlich nicht klug genug gewesen war sie zu schützen.
      “Also Jace falls du jetzt wieder in der Lage bist vernünftig zu denken, würde ich gerne wissen, wo du dir eigentlich das Recht hernimmst über Linsa Entscheidungen zu Urteil?”, frage ich ganz ruhig und gelassen, ganz nach seiner Art. Er war immer der Vernünftige. Statt ihm zu antworten, drehe ich mich wieder um und schlug erneut zu. “Fuck”, Gleich nach dem ersten Schlag bereute ich es auch schon gleich wieder, denn dieser letzte Schlag hatte ausgereicht, dass die Haut an meinen Knöchel aufplatzte.
      “Hier”, Samu reichte mir ein Taschentuch und einen Eisbeutel. Dankbar nahm ich das ganz entgegen und ließ mich in den Sessel in der Ecke sinken. “Gedenkst du mir auch zu antworten?”, hakte Samu weiter nach.
      “Mmmpf”, war meine einzige Antwort. Woher hatte ich mir dieses Recht genommen? Das war tatsächlich eine gute Frage. Ich vermute, eigentlich war da mehr zwischen ihr und mir als ich wahrhaben wollte. Nein ich vermute es nicht nur, es war da gewesen und ich hatte mich wie ein Arsch verhalten, ganz der alte Jace. “Ich bin einfach ein Idiot”, murmelte ich eigentlich zu mir selbst, denn Samus Anwesenheit hatte ich schon wieder vergessen. Verdammte Eifersucht. Bei jedem anderen wäre es mir egal gewesen, aber nicht bei ihr. Ich hatte das Bedürfnis Lina zu schützen, vor allem vor Leuten wie Niklas. Naja, eigentlich gehörte ich selbst zu den Leuten, oder? Kann sich ein Mensch so krass in seinen Grundzügen verändern? Scheinbar nicht, ich hatte ja glorreich das Gegenteil bewiesen.
      Erst jetzt fiel mir auf das Samu noch immer Türrahmen stand.
      “Darf ich dich mal was fragen: Wie schaffst du es eigentlich immer so verdammt beherrscht zu sein?”, fragte ich ihn. Schon oft hatte mich, es genervt wie ruhig er war und vernünftig, denn so hat er schon die ein oder andere Aktion gecancelt.

      Lina
      Jace, war wütend abgdampft und Samu war im gefolgt, vermutlich um sicherzustellen, dass er nichts dummes anstellte.
      Na großartig, jetzt hatte wirklich jeder mitbekommen, was zwischen mir und Jace war. Besser gesagt was da nicht war.
      “Glotz nicht so blöd”, fauchte ich die verblieben an, die sich reichlich zu amüsieren schienen. Mein Leben schien gerade wie ein Jengaturm zusammenzufallen. Wie kann man in so kurzer Zeit so viel Chaos verursachen … Wobei nein, nicht es ging schon länger als die paar Tage, die das Nationalteam da waren. Es hatte alles mit Divine angefangen, als mich meine Vergangenheit einholte. Am liebsten würde ich weglaufen, wie ich es sonst Tat, doch ich konnte nicht.

      Ju
      “Eh wir alle in unserem Selbstmitleid ertrinken und versuchen den anderen die Schuld dafür zu geben, sollten wir Spaß haben und den Tag genießen. Was haltet ihr davon, wenn wir schwimmen gehen? Amy könnte die Erfrischung gebrauchen”, schlage ich den verbleibenden vor.
      “Nein, ich will nicht ins Wasser, aber ich komme mit”, antwortet Vriska. Bevor ich da nochmal nachhaken werde, nickte ich zustimmend.
      “Ja gut, ich komme auch mit. Smooth ist aber rossig. Wäre cool, wenn wir nur Stuten nehmen könnten”, warf Niklas dann ein.
      “Ich werde Samu auch mal fragen. Lina, wenn Jace auch mitkommt, geht es für dich auch klar? Zur Not hetze ich Ju dann auf ihn.”, versucht Vriska sie ebenfalls davon überzeugen. Auch Niklas guckt mit seinen funkelnen Augen zu ihr.
      Sie brauchte einen Moment, bis sie merkte, das sie angesprochen war. “Ja, ist schon ok”, antworte sie dann.

      Vriska
      “Gut, dann gehe ich mal die beiden Männer suchen”, antworte ich erfreut und laufe in die Richtung, in die sie verschwunden sind. Ich sehe eine Tür, die in einen Keller zu führen scheint und nehme auch Samus Stimme war. Hier werde ich richtig sein, hinke die Treppe herunter und stehe neben Samu, der mich kurz verwundert anschaut.
      “Wir wollen zum Bach uns erfrischen, ach und nur Stuten, wenn ihr Pferde mitnehmen wollt. Ihr seid nicht nur herzlich eingeladen, sondern auch äußert erwünscht.”, lade ich die beiden ein. Eh Jace sich herausreden kann für ich noch etwas dazu: “Auch du Jace. Wir würden uns freuen.”
      “Ja, klar kommen wir mit. Wir kommen gleich hoch”, antworte Samu, denn Jace schien ein wenig verwirrt zu sein.
      “Okay, wir machen uns dann fertig und treffen uns in spätestens 30 Minuten vor dem Hauptstall”, erkläre ich den beiden und gehe wieder hoch zu den anderen auf der Terrasse.

      Niklas
      Ju hatte sich auf den Weg zur Hütte gemacht, um sich etwas anzuziehen und Vriska die anderen zu suchen. Nun saßen nur noch Lina und ich da.
      “E-Es tut mir leid. Ich hatte extra geguckt, dass uns niemand sieht, … Ich wollte dich nicht in eine unangenehme Situation bringen, weil ich mich nicht im Griff habe. Tut mir wirklich leid.”, versuche ich mich bei ihr entschuldigen. Doch aus welchem Grund? Ich schätze, dass die Zeichen nicht nur von mir gesendet wurden, sie ist eindeutig drauf eingegangen.
      “Ist schon ok, du kannst nichts dafür das Jace ein eifersüchtiger Wachhund ist”, antworte sie “und auch nicht das mein Leben so chaotisch ist”, fügte sie noch ganz leise hinzu.
      Verlegen grinste ich sie an, stand auf und hielt ihr meine Hand hin. Fragend blickt sie mich an.
      “Komm’ wir holen Smooth. Du kannst dich dann daraufsetzen und ich laufe mit”, schlug ich ihr vor. Offenbar konnte ich ihr damit wieder ein Lächeln ins Gesicht zaubern.

      Lina
      “Ähh warte kurz, ich muss mich noch kurz umziehen”, entschuldigte ich mich und flitzte auf mein Zimmer. Ich nutze den Moment für mich, um mich wieder zu sammeln, schlimmer konnte es ja wohl nicht mehr werden.
      Kurz darauf kam ich in Shorts und Bikini zurück. Angesichts der Temperaturen hatte ich beschlossen, dass ein Shirt wohl überflüssig sei.
      “So, dann können wir los”, sagte ich, als ich wieder vor Niklas stand. “Meinst du eigentlich Vriska will laufen oder nicht?”, überlegte ich laut auf dem Weg zur Koppel, als mir einfiel das Vriska ja nur einen Hengst dabeihatte.

      Niklas
      “Da Ju ja Amy nimmt, denke ich, wird es sie mit daraufsetzen”, sage ich kurz und taste mich vorsichtig zu ihrer Hand vor.
      “Hej, wartet”, ruft Ju uns dann zu und kommt angelaufen. Schnell nehme ich Linas Hand wieder aus meiner.
      Gemeinsam gehen wir die Pferde holen und unterhalten uns etwas über diese. Ju spricht die meiste Zeit, als hätte er heute Quasselwasser getrunken, worüber ich jedoch zum glücklich war. Immer wieder warf ich einen Blick zu ihr, doch sie war sehr in das Gespräch mit ihm vertieft, sodass es ihr nicht auffiel. Auf der Weide kamen unsere beiden Damen direkt zum Zaun. Sowohl Amy als auch Smoothie sind zwei richtige Arbeitstiere. Egal wie viel man ihnen gemacht hat, sie wollen und können immer wieder. Jetzt, wo die Schuhe auch wieder schön sind, sollte es auch kein Problem darstellen. Ich nahm meiner Schimmel Stute das Halfter ab und warf es neben das Tor. Wer sollte so ein Ding schon stehlen? Dann legte ich ihr das Knotenhalfter um, dass ich geholt hatte, als Lina sich umzog. Dazu habe ich einen Langen Strick genommen, dessen Ende ich an den unteren Verschluss anband. Unüberlegt hob ich Lina auf den Rücken meiner Stute. Sie lachte und wir liefen los. Auch Ju hatte sich schon auf seine Stute gesetzt.
      “Wann war der Treffpunkt?”, fragte ich noch mal nach, nachdem ich auf meine Uhr am Handgelenk geschaut hatte.
      “Nog, zehn nach eins”, antwortete Ju nach kurzem Nachdenken.
      “Oh dann müssen wir uns beeilen. 5 Minuten noch”, sagte, ich joggte los. Da ich viel Bodenarbeit mit Smoothie bisher gemacht habe, trabt sie direkt mit an und Lina fällt nach Vorn. Die Stute bremst direkt ab, um sie aufzufangen.

      Lina
      “Ey, du hättest mich warnen können, dass ein Pferd keine Zwerge gewohnt ist”, beschwerte ich mich gespielt, beleidigt bei Niklas. Ich sortierte mich wieder und ließ die Stute nun von mir aus antraben. Scheinbar war Smoothie es nicht gewohnt, von andren geritten zu werden, während ihr Besitzer nebenherlief.
      Im Trab kamen wir schnell wieder am Hof an und wir waren nicht die letzten, denn Vriska war die Einzige, die schon vor dem Stall wartete.
      “Typisch, Jace immer der letzte”, rief ich ihn fröhlich entgegen als er und Samu mit ihren Stuten und die Ecke kamen.
      “Und du willst scheinbar hoch hinaus”, kam es gleich von ihm zurück.
      “Ey, Smooth ist nicht viel größer als Masko, als hättes du mich noch nie auf einem großen Pferd gesehen”, erwiderte ich. Wobei er insofern recht hatte, das Smoothie durch ihre langen schlanken Beine um einiges größer aussah als meine Hannoveraner Stute.
      “Aber sie macht doch eine gute Figur auf ihr, va?”, scherzte Niklas noch.
      “Ach Jace ist doch nur eifersüchtig, weil sein Pferd nicht das größte ist”, scherzte Samu.
      “Zum Glück kommt es nicht immer auf die Größe an, sondern auf die inneren Werte”, warf nun noch Vriska ein, die auch so ein Zwerg ist wie ich.
      “Na, los wenn wir hier noch länger rumstehen, schrumpft sein Pferd noch”, fügte der Finne belustigt hinzu und treib seine Fuchsstute an.
      Ich konnte Jace ansehen, dass er am liebsten noch einen blöden Kommentar gemacht hätte, doch er begnügte sich lieber damit Samu zu folgen.

      Niklas
      Immer wieder warf ich einen prüfenden Blick zu Lina, die wirklich eine gute Figur auf meiner Stute macht. Doch wurde dann von zwei mir bekannten Stimmen aus den Gedanken gezogen.
      “Wir kommen auch mit”, sagt Milena sehr knapp bekleidet auf ihrer Scheckstute in Begleitung von Anna, die ebenfalls auf einer Isländerstute sitzt.
      “Wie kommt es denn, dass Max dir Blávör überlassen hat?”, frage ich verwirrt, denn bis auf ich durfte noch niemand auf seinen Stuten sitzen.
      “Er hielt es für eine gute Idee, weil es ihm nicht so gut geht”, antwortet Anna sehr von sich überzeugt.

      Vriska
      “Aha, okay. Was hat er denn?”, frage ich darauf hin. Ich versuchte mein Interesse zu verschleiern, denn obwohl er ein ziemlicher Arsch seit der Aufnahme im Verein ist, war unsere gemeinsame Zeit in Deutschland was wirklich Besonderes. Ich vermisse es wirklich, wie viel Mühe er sich gegeben hat, wenn ich mal wieder schlechte Laune hatte am Hof. Doch sein Ego hat es nicht verkraftet, dass wir beide gut genug sind, um den Hof zu vertreten im Verein.
      “Alles gut”, flüstert Ju mir zu, der vor mir auf Amnesia sitzt.
      “Ja, alles gut.”, antworte ich und meine Hänge wandern hoch zu einer Brust. Vorsichtig drücke ich mich an ihn heran. Natürlich spüre ich, dass sein Körper sich direkt entspannt.
      “Ach, der hat ziemliche Kopfschmerzen und irgendwas ist mit seiner Mutter”, antwortet dann Milena. Ich gehe nicht weiter drauf ein und versuche mich auf das hier und jetzt zu konzentrieren.
      Am Wasser angekommen, nutzt Ju meine Unaufmerksamkeit und schubst mich rein.
      “Was stimmt mit dir nicht?”, rufe ich ihm wirklich aggressiv zu. Auch er springt nun rein und taucht vor mir wieder auf.
      “Man, ich hatte mein Handy noch in der Tasche”, sage ich dann verärgert.
      “Jetzt mach’ dir mal keine Gedanken.” antwortet er und guckt sich das Modell an.
      “Das iPhone 11 pro kann bis zu 4 Meter tief ins Wasser für maximal 30 Minuten am Stück”, erklärt er und nimmt es mir ab. Kurz verlässt er das Wasser, zieht seine Schuhe und das Shirt aus. An einem Baum legt er die ganzen Sachen hin. Ich folge ihm, um auch dort meine vollkommen in Wasser getränkten Reitschuhe hinzustellen. Hoffentlich sind sie wieder trocken, wenn wir zurückgehen.

      Samu
      Während die ersten schon schneller im Wasser lagen, als ihnen lieb war, rutsche ich vom Rücken meiner Stute runter und legte meine Schuhe am Ufer ab. Mein Seepferdchen konnte es sich nicht nehmen lassen Jace und seiner Stute einfach in Wasser zu folgen und sich natürlich erst einmal reinzulegen. So brav wie Sally auch war, manchmal war sie einfach eine Knalltüte.
      Smoothie die eigentlich mit Lina am Ufer wartete, bis Niklas seine Schuhe und sein Handy beiseite legte, fühlte sich scheinbar von Selection animiert und begann im flachen Wasser zu planschen, sodass alles in ihre Umgebung nass wurde.
      “Na, du bist ja ein Spielkind”, sagte Lina lachend und ließ sie Stute weiter ins Wasser treten.
      “Also Jace, ich finde du bis noch viel zu trocken”, rief ich und ging ins Wasser, um diesen Zustand zu ändern. Mein Pferd dachte sich scheinbar dasselbe, denn Sally stand gerade prusten wieder auf und schüttelte sich. Kurz drauf hatte ich ihn auch schon erreicht und schubste ihn von seinem Pferd.

      Lina
      So wie die Schimmelstute im Wasser spielte, erinnerte sie mich stark an Divine, was meine Laune gleich noch ein wenig verbesserte. Der Stute stand das Wasser inzwischen bis zum Bauch und es fehlte nicht mehr viel, bis sie schwimmen würde. Da ich durch ihre Planscherei schon nass war, sparte ich es mir Schuhe und Hose auszuziehen und ließ die Stute in die Mitte des Flussbetts treten. Sobald sie den Boden unter den Füßen verlor, ließ ich mich von ihrem Rücken gleiten und schwamm neben ihr her. “Na, jetzt kommt doch endlich rein. Seid ihr wasserscheu”, rief ich dem Rest zu, der immer noch am Ufer stand.

      Vriska
      Ich stellte mich zu Niklas ans Ufer. Wasser ist nicht mein Element. Verärgert gucke ich an mir herunter, denn ich hatte als Einzige eine lange Hose an, was nun auch Nik vernommen hatte.
      “Du kannst die auch ausziehen. Dir guckt schon keiner was ab”, sagte er belustigt.
      “Ne, ne alles gut”, lenkte ich ab. Natürlich war nichts gut. Ich hasse es, wenn Kleidung förmlich an mir klebt und sich noch enger anfühlt.
      “Komm, du kannst meine Hose haben, wenn du willst. Oder besser sagt, die Hose von Ju. Ich habe noch eine Boxershorts drunter”, bot er mir dann an. Kurz musste ich drüber nachdenken aber stimmte dann zu. Er zog sich provokant seine Hose runter, jedoch etwas zu harsch und plötzlich stand Niklas mit herunter gezogenen Hosen vor mir. Milena hatte offenbar recht gehabt. Doch um es ihm nicht noch schwieriger zu machen, drehte ich mich schnell um, eh sich seine Shorts wieder hochgezogen hatte.
      “Spart es euch doch bitte für zu Hause auf”, rief Anna nun sehr eklig zu, dass auch Lina darauf aufmerksam wurde.
      Keiner von uns Beiden ging auf ihr Kommentar ein, stattdessen drückte er mir die kurze Hose in die Hand und ich verschwand im Busch.
      “Es muss dir doch nicht peinlich sein”, sagte er dann und kommt näher zum Busch, in dem ich mich gerade umziehe.
      “Geh’ weg”, versuche ich ihn zu verscheuchen aber vergeblich.
      “Alles gut?”, frage er dann wehmütig. Es war natürlich klar, dass er unbedingt zu gucken wollte oder was auch immer mal wieder perverses in seinem Kopf los ist.
      “Das ist Geschichte”, versuchte ich das Thema zu beenden. Niklas sagte nichts weiter und schien ziemlich gerührt zu sein. Seitdem es immer mehr Narben wurden, habe ich niemanden mehr meine Beine betrachten lassen und auch im Haus trug ich zu 90 % eine hautfarbene kniefreie Leggings.
      Gemeinsam gingen wir wieder Richtung und ich hielt Niklas am Arm fest.
      “Bitte sei vorsichtig mit ihr. Verletz sie bitte nicht”, ermahnte ich ihn.
      “Ich gebe mein Bestes”, gestand er mir und stürmte ins Wasser. Im Austausch kam Ju mit Amy her.
      “Alles gut? Hat er dich betatscht?”, hinterfragte Ju harsch.
      “Ja, es ist alles gut.”, beruhigte ich ihn dann wieder. Erleichtert atmet er aus und versucht mich wieder aufs Pferd zu ziehen. Spielerisch wehrte ich mich, doch natürlich war er deutlich kräftiger und ich liege im nächsten Moment wie ein Sack Reis über dem Rücken der Stute.

      Lina
      Natürlich war mir die Szene am Ufer eben nicht entgangen. Nach der ersten Irritation stellte sich bei mir erstaunlicherweise eher Neugierde ein. “Sag mal, was läuft da eigentlich zwischen dir und Vriska?”, fragte ich neugierig, denn auch wenn die Situation eben eindeutig sehr seltsam war, ging er mit Vriska so anders um als mit den anderen Mädels aus dem Team. “Also du musst mir auch nicht antworten”, fügte ich noch hinzu, weil ich auf einmal doch sehr unsensibel vorkam.

      Niklas
      “Nej, alles gut. Deine Frage ist schon berechtigt … “, fing ich an zu Lina zu sagen. Normalerweise würde ich nun abwinken, mir irgendwas ausdenken, aber es fühlte sich nicht richtig an. Ungeschickt warf ich immer wieder einen Blick zu ihr und Ju ans Ufer, die aber Beide lachend sich unterhielten.
      “Eigentlich würde ich jetzt sagen wollen, dass ich nur gucken möchte, ob sie für diesen Moment die richtige für Ju ist. Aber das wäre Nonsens. Nog … mehr oder weniger. Ich bin jetzt ehrlich zu dir. Es ist als würden wir beide ein Spiel miteinander spielen, in dem wir gegenseitig testen, wie weit der andere geht, ohne irgendetwas davon wirklich ernst zu meinen. Mir macht es einfach unglaublich Spaß andere … du weißt schon. Aber mit dir ist das anders. Ich. Ich spiele mit dir nicht.”, versuchte ich nun mein Verhalten zu verteidigen, was mir deutlich schwerer fiel als ich dachte.
      “Sie ist verschlossen, sucht nach Aufmerksamkeit und hauptsächlich nach jemanden, der auf sie achtet. Jemanden, der ihr hilft das Gepäck zu tragen. Krampfhaft schreit sie innerlich danach. Und … wie sage ich das jetzt. Vriska gibt mir das Gefühl, dass ich ihr helfen soll und mit jeder Kleinigkeit, die ich mache, scheint es besser zu werden. Es ist als würde ich sie psychisch Befriedigen und das schwimmt auf mich über.”, spreche ich weiter. Mittlerweile klingt es schwachsinnig was ich erzähle und hoffe, dass Lina das reicht.

      Lina
      Da war es wieder, das Gefühl, dass da mehr hinter steckte als der coole Macho, den Niklas nach außen hin gibt. Je mehr ich ihn kennenlernte, umso mehr verstand ich sein Verhalten. “Mit dir hat sie einen guten Gepäckträger”, antworte ich nachdenklich, weil ich nicht wusste, was ich sonst sagen sollte.
      Smoothie, deren Gegenwart ich schon fast vergessen hatte, pruste mir auf einmal in den Nacken.
      “Na, du was willst du denn Jetzt”, fragte ich die Stute und drehte sich zu ihr um. Grob schubste ich die Stute an, sodass ich fast umfiel.

      Niklas
      Geschickt fing ich Lina auf und setzte sie kurzerhand zurück auf den Rücken meiner Stute.
      “Bevor wir uns falsch verstehen. Ich möchte auf keinen Fall ihr Gepäck tragen. Es ist eher … ich genieße jeden Moment, in dem sie danach bettelt, dass ich ihr helfe”, gebe ich zu und fühle mich nicht wirklich wohl damit. Von hinten höre ich jemand durchs Wasser patschen, nervös drehe ich mich um. Vriska und Ju kommen dazu. Ich spüre wie das Blut in meinen Kopf hochsteigt. Hoffentlich hat es keiner gehört.
      “Du, komm’ mal mit”, sagt Ju zu mir, ich entschuldige mich kurz Lina. Vriska bleibt bei ihr.
      “Was los?”
      “Vriska hat es nicht mitbekommen, aber ich weiß ganz genau worüber du mit Lina gesprochen hast. Bitte. Bitte, versau es mir nicht. Nicht schon wieder”, fleht er mich förmlich an. Natürlich weiß er darüber Bescheid.
      “Mach’ dir keine Gedanken, ich werde versuchen sie nicht weiter zu provozieren und zu schikanieren.”, beruhige ich ihn.
      “Danke, aber bitte lass deine sadistische Ader nicht an ihr aus”, fügt er noch hinzu eh Ju sich wieder Vriska widmet.

      Lina
      Na, toll. Natürlich hatte ich es mal wieder geschafft, in das einzige Fettnäpfchen weit und breitzutreten. “Sag mal Vriska, Niklas hat erzählt du hättest Glymur gekauft. Wie hast du das eigentlich finanziert?”, fragte ich um das Gespräch auf ein hoffentlich sicheres Terrain zu lenken.
      “Ähm … Da scheint Nik was falsch verstanden zu haben. Er gehört mich nicht komplett. Also Tyrell und Bruce haben mir ihn geschenkt, da ich nun seit knapp 2 Jahren zur Familie gehöre und wirklich viel gearbeitet habe. Besonders am Anfang noch auf freiwilliger Basis, ohne Geld dafür zu bekommen. Jedoch ist das eigentlich gar nicht so ausschlaggebend. Sagen wir es mal so. Mein Vater hat eine große Firma in England und jedes Jahr bekomme ich eine Gewinnausschüttung, weil mit 5 % gehören, deswegen habe ich eigentlich keine Sorgen in diese Richtung. Aber ich lebe sehr verschwenderisch …”, erzählt sie mir offen und verschluckt die letzten Worte. Na herzlichen Glückwunsch, da hatte ich scheinbar gleich das nächste Fettnäpfchen gefunden. “oh, ich wollte jetzt nicht … “, stammelte ich etwas verlegen. Irgendwie war ich heute scheinbar der Elefant im Porzellanladen. Ein wenig verlegen, spielte ich mit der Mähne der Stute und war ein wenig erleichtert, als ich sah, dass die Jungs wieder zu uns kamen.

      Niklas
      “Willst du ihn noch mal sehen, oder warum guckst du so interessiert?”, frage ich Vriska provokant.
      “Nein, ich verzichte aber danke für die Nachfrage”, antwortet sie und Ju guckt böse zu mir. Natürlich was es wieder genau das worüber wir gesprochen hatten. Ich hielt es für das richtige mit Lina etwas abseits von den anderen zu gehen. Neugierig folgt mir meine Stute, auf der sie noch immer saß. Auf dem Weg blieben wir bei Samu stehen, der noch immer nicht zu glauben scheint, dass ich es nur gut meine mit ihr. Das, was in mir brodelt, ist anderes. Es fühlt sich so nahbar an, echt. Jedoch ist es zu früh darüber zu sprechen, schließlich verbindet uns bisher nur das reiten.
      “Pass gut auf sie auf, sonst hast du hier keinen Spaß mehr”, sagte er zu mir und warf mir einen kritischen Blick zu.
      “Ich gebe mein Bestes”, gab ich zu und führte sie weiter. Etwas Abseits steig Lina von meiner Stute ab und setzte sich in die Sonne, während Smoothie weiter im Wasser spielte.
      “Bedrückt dich etwas?”, fragte ich sie dann. Lina ist still geworden und scheint sich über irgendetwas Gedanken zu machen. Irgendwie macht es mich unsicher, sie so zu sehen. Genauso blöd finde ich, dass alle nur schlechtes in mir sehen.

      Lina
      “Irgendwie scheine ich aktuell einfach alles falsch zu machen”, sagte ich und ließ mich auf den warmen Sand sinken. “Es ist so viel passiert in den letzten Monaten”, fügte ich hinzu. “Ich dachte gerade, dass ich mein Leben in den Griff bekomme und dann scheint einfach alles einzustürzen”, begann ich zu reden. Es war schon seltsam, dass ich gerade dabei war, einem Mann, den ich gerade einmal vier Tage kannte, alles zu offenbaren, aber irgendwie fühlte es sich richtig an. Vielleicht gerade, weil ich ihn kaum kannte. “Naja, damit du das ganz verstehen kannst, muss ich ganz vorne Beginnen, in meiner Kindheit. Unsere Mutter hat meine Familie und mich verlassen, als ich noch sehr klein war, ist mit irgend so einem Typen durchgebrannt. Von heute auf Morgen stand mein Vater mit drei kleinen Kindern allein da. Somit zogen meine älteren Geschwister und ich zu meiner Tante. Mein Vater war nicht viel Zuhause, ständig auf Geschäftsreise. Er hat uns zwar geliebt, ist aber nie darüber hinweggekommen, dass seine Frau ihn verlassen hat. Das heißt soviel wie, auch wenn er Zuhause war, haben wir ihn nur selten zu Gesicht bekommen. So kam es, dass ich meine Zeit hauptsächlich mit meiner Tante im Stall verbrachte. Sie hatte einen Kutschbetrieb, so kam ich zu den Pferden. Und natürlich gab es für mich auch ein ganz besonderes Pferd. Vijami kannte ich, seit er ein Fohlen ist wir sind zusammen aufgewachsen und irgendwann zusammen über die Wiesen gefetzt, aber zu ihm später mehr. Mein Bruder ist, sobald er konnte ausgezogen, sodass nur noch meine Schwester und ich übrig waren. Mein Vater hat sich nämlich irgendwann eine neue Familie gesucht und uns gemieden. Naja und an meinem 12. Geburtstag passierte es”. Ich musste einen Moment innehalten, von diesem Unfall hatte ich bisher fast niemandem erzähl und es fiel mir immer wieder schwer darüber zu sprechen. Meine Kehle wurde eng und ich wusste, hörte ich jetzt auf zu sprechen würde ich vermutlich daran erstickte. Niklas setze sich vor mir und griff nach meinen Händen. Also sprach ich mit einem Beben in der Stimme weiter “Meine Tante wollte mich Überraschen. Sie hatte Vijami angeschirrt und hübsch gemacht, denn sie wollte ihn mir schenken. Sie warteten draußen vor dem Hof auf der Straße, während meine Schwester mich holte. Eine der Angestellten meiner Tante, kam gerade mit einem der Jungpferde von einer Trainingsfahrt zurück, als ein LKW laut hupend vorbeiratterte. Da Jungpferd erschrak und rannte panisch los, die beiden Kutschen trafen aufeinander und ich musste mit ansehen, wie sich die Deichsel durch Vijamis Brust bohrte und meine Tante durch die Luft flog”, ich hielt einen Moment inne, um noch einmal tief Luft zu holen. “Beide Menschen und beide Pferde starben bei dem Unfall. Meine Tante war unsere letzte wirkliche Bezugsperson gewesen. Mein sogenannter Vater schickte uns einfach auf ein Internat in der Stadt, statt sich um uns zu kümmern. Nie wieder, hatte ich mir geschworen, wollte ich etwas mit ihm zu tun haben. Er hatte seine eigenen Kinder einfach im Stich gelassen. Naja, so kam es dann, dass ich nach der Schule auswanderte und hier herkam”.
      Ich blickte Niklas einen Moment lang an wie er einfach nur dasaß und zuhörte, bevor ich weitersprach. “Naja, du fragst die jetzt bestimmt, was das mit hier und heute zu tun hat. Lange Zeit war ich hier sehr glücklich und dachte zu mindesten, ich habe mein Leben im Griff, doch dann kam das HMJ. Durch die ganze mediale Aufmerksamkeit fiel meinem Vater scheinbar doch ein, dass er noch andere Kinder hatte und hat sich gemeldet. Ich habe ihm bis heute noch nicht geantwortet, weil ich nicht weiß, ob ich ihm das jemals verzeihen kann.
      Und noch etwas, Divine ist Vijami unheimlich ähnlich. Nicht äußerlich, denn ein Finnpferd hat relativ wenig mit einem Freiberger gemeinsam, aber sein Charakter. Das mag jetzt vielleicht absolut bescheuert klingen, aber manchmal habe ich das Gefühl Divine ist die Wiedergeburt von Vijami. Aber zurück zum eigentlichen Punkt: An dem Abend, wo ich mit Divine ankam, hatte ich dann einen kleinen Nervenzusammenbruch und den Rest der Geschichte kennst du schon”, endete ich kaum hörbar. Eine Träne löste sich aus meinem Augenwinkel und tropfe vor mir in den Sand.

      Niklas
      Gespannt lauschte ich der wirklich lange Geschichte, die mir Lina da erzählte. Viele Dinge schossen mir durch den Kopf und eigentlich wollte ich ihr gern helfen, doch mir fiel natürlich nichts ein. Vielleicht könnte ich sie mit irgendwas aus meinem Leben aufmuntern, aber ich wollte natürlich ihre Geschichte nicht weniger wertig machen. Deshalb entschied ich das einzige Mittel zu nehmen, dass ich habe - lange Arme und einen breiten Oberkörper. Ohne sie zu erdrücken, zog ich sie an mich. Ich hörte die Kleine schluchzen. Auch ich musste mich zusammenreißen nicht mitzuweinen.
      “Weißt du, ich kann gerade nichts Aufmunterndes sagen, ich kann nur für dich da sein. Aus eigener Erfahrung weiß ich, das Sätze wie ‘das wird schon wieder’ oder ‘du schaffst das’ nicht wirklich das mit bringen, was man von ihnen erwartet.”, fing ich an mit ihr zu reden.
      “Aber ich kann dir sagen, dass ich ansatzweise nachempfinden kann, wie es dir jetzt gerade geht. Ich hatte vorhin in der Dusche wieder mal einen Break down mit Flashbacks zu der Scheune meines Onkels.”, ich stoppte. Mit feuchten Augen blicke in den Himmel und atme mehrfach tief ein und wieder aus. Dann entschied ich, Lina die Zeit zu geben, die sie gerade braucht.

      Milena
      “Denkst du wirklich, dass das eine gute Idee ist”, fragte ich noch einmal Anna, die mir gestern einen Plan verriet, in dem sie Niklas das Leben zur Hölle machen will.
      “Ja, zu 100 %. Du weißt doch selbst wie er ist und ich habe das nun mehr als 8 Monate mit mir machen lassen, weil ich es für das richtige hielt. Bis ich dich traf.”, sagte sie verliebt zu mir. Ich nickte ihr zustimmend zu. Tausende von Gedanken schwirren durch meinen Kopf, weil ein Teil davon ist, Ju die Wahrheit zu verraten. Gerade dieser Teil beängstigt mich. Was geht mir die Beziehung der beiden Männer etwas an, schließlich langen diese Dinge in der Vergangenheit aber Anna war getrieben von ihrer Rachsucht.
      “Lass und doch erstmal etwas Spaß mit den Pferden haben”, versuchte ich sie ein wenig abzulenken, doch Anna war nicht zu bremsen. Im Trab ritt sie zu Ju und Vriska, die gerade andere Dinge im Kopf hatten.
      “Ju, können wir kurz sprechen?”, fragte sie kurz. Er nickte und zu dritt entfernten wir uns von Vriska, die uns verwirrt nachschaute.

      Ju
      Etwas verwundert folgte ich den beiden Mädels, ohne wirklich zu verstehen, weshalb sie mit mir sprechen wollten.
      “Weißt du noch, was wir uns kennengelernt haben?”, fragte sie dann, ohne wirklich die richtigen Worte zu suchen. Vriska weiß natürlich nicht, dass ich Niklas und Anna damals einander vorstellte. Vor allem weiß sie auch nicht, dass wir damals ein Paar waren. Milena wurde offenbar schon eingeweiht und unterstützte sie bei unserem Gespräch.
      “Natürlich erinnere mich noch daran. Es war schließlich eine schöne Zeit”, erinnerte ich mich zurück.
      “Da hast du recht. Aber weißt du, Niklas war in der Zeit nicht wirklich begeistert davon. Als du uns einander vorgestellt hast, war ich erst ziemlich unsicher, ob ich wirklich mit dem besten Freund meines Freundes Kontakt haben sollte. Jedoch erschien es mir eine gute Möglichkeit zu sein, dass wir beide uns besser kennenlernen können. Niklas schien allerdings anderes in seinem Erbsenhirn zu haben. Ungefähr nach zwei Wochen rief er mich jeden Tag an. Anfangs unterhielten wir uns viel über dich und mich, was ich mit dir machen könnte. Sowas halt. Irgendwann wurde jedoch daraus, woran Nik gerade denkt, was er gern mit mir machen wollte. Das faszinierte mich und ich entschied eines Nachts zu ihm zu fahren.”, erzählte sie offen, teilweise beschämt.
      “Und was willst du mir damit nun sagen?”, frage ich sie trocken.
      “Niklas hat es nicht ausgehalten, dass du jemanden kennenlernst und er alleine da steht”, versuchte Anna mich nun davon überzeugen, dass es eine große Verschwörung ist.
      “Anna bist du wirklich so naiv und denkst, dass Niklas und ich nie miteinander sprechen? Ich kenne diese Version schon. War’s das?”, fragte ich sie dann genervt. Schockierte gucke sie mir nach, als ich zurück zu Vriska gehe. Natürlich wusste ich nur Teile davon, aber ich wollte nicht das sie die Freundschaft kaputt machte. Bruder vor Luder oder so.

      Milena
      Offenbar schien der erste Teil des Plans schon mal nicht aufzugehen und ich versuchte Anna nun noch das was folgen sollte, auszureden. Doch wie besessen machte sie sich nun auf den Weg zu Jace und nur mit Mühe konnte ich ihr und Blávör auf Snúra folgen. Vielleicht war es doch nicht so das Richtige mit ihr.
      Als ich bei Jace ankam, war Anna bereits dabei ausgewählte Teile ihrer Beziehung zu erzählen. Geschichten, in denen Niklas sich bei irgendeiner Party abgeschossen hatte und mit irgendjemanden im Badezimmer wiederfand. Geschichten, in denen er wahllos auf Anna losgeht, sie für irgendwas beschuldigt und teilweise mit der Hand ausholt. Alles das, was man aus irgendwelchen Talkshows kennt. Jedoch zweifle ich langsam daran, ob das alles der Wahrheit entspricht. In Jace kochte es bereits und als Anna ihm nun noch sagte, dass sie genau weiß, dass Lina nur eine weitere auf seiner Liste ist, stieg er aus. Gedanklich. Aus Angst erzählte sie ihm das ganze, weil sie nicht wollte, dass noch jemand leiden musste.

      Samu
      Etwas verwundert beobachtete ich wie Anna und Melina zu Jace rübergingen, nachdem sie mit Ju geredet hatte. Keine Ahnung was sie ihm erzählten, aber ich konnte erkennen, das es nichts Gutes in ihm heraufbeschwor. Er schien förmlich größer zu werden, als er wütend begann loszustampfen. Nein, da konnte nichts Gutes bedeuten. Er war schon halb bei Lina und Niklas angekommen und das Bild, was sich bot, würde ihn definitiv nicht beruhigen, denn Lina lag schluchzend in seinen Armen. Eilig sprang ich vom Rücken meiner Stute, um ihm zu folgen.
      “Was bist du nur für ein Scheißkerl”, schreit er Niklas an. Jace kochte vor Wut, da konnte jeder sehen. Niklas sah zu ihm hoch und schob ich gleichen Moment Lina hinter sich.
      Jace stand nun genau vor ihm und blickte ihn scharf in die Augen. “Deine Ex hat mir alles erzählt”, zischte er ihn wütend an und hob den Arm mit geballte Faust.
      “Nein, Jace tu das nicht”, rief ich und legte noch mal an Tempo zu… Doch bevor ich ihn erreichen konnte, landete seine Faust in Niklas Gesicht.

      Niklas
      Das hatte ich nicht kommen sehen. Noch bevor ist realisierte, dass Jace mir gerade mit voller Wucht die Nase zertrümmert hat, merkte ich, wie das Blut herunterläuft.
      “Alter was stimmt mit dir nicht?”, fragte ich geplagt durch Schmerzen. Mittlerweile hatte sich eine Traube um uns herum gebildet und Lina schreckhaft aufgestanden.
      “Vielleicht solltest du DICH lieber fragen, was mit dir nicht stimmt. Was du Anna angetan hast, machst du nicht mit Lina”, schrie er mich an und wollte ein weiters mal ausholen, doch Samu der sich inzwischen durch die Leute gequetscht hatte, stellte sich dazwischen. “Jetzt halt mal die Luft an Jace”, sagte er in einem scharfen Ton. “Nein, Samu geh mir aus dem Weg. Das verdient dieser Bastard”, erweiterte er und versuchte an dem Finnen vorbeizukommen.
      “Junge, wie wäre es denn, wenn du mich vorher fragst und einer gerade 18-Jährigen nicht direkt glaubst. Die kommt halt einfach nicht klar, dass ich keine Lust mehr hatte auf ihren Kindergarten.”, versuchte ich mich zu verteidigen, auch wenn es mir gerade wirklich egal ist. Ich merkte nur noch wie mir schwarz vor den Augen wurde und nach hinten wegkippte.

      Ju
      “Großartige Leistung, Jace. Bist du stolz auf dich?”, pampte ich ihn nun auch noch an.
      “Macht euch mal nicht in die Hose. Er wird an einer gebrochenen Nase schon nicht sterben”, sagte er immer noch wütend.
      “Könnte den mal bitte jemand entfernen? Tack”, rief ich in die Runde und Samu versuchte so gut er konnte, den Kerl von hier wegzubringen.


      © Mohikanerin, Wolfszeit | 99.353 Zeichen

    • Mohikanerin
      Nationalteam V | 11. März 2021
      HMJ Divine // Fanya HMJ 7469 // Legolas // WHC’Ahvani // PFS’ Arctic Tiger // Jora
      Glymur // St. Pauli’s Amnesia // Blávör // Satz des Pythagoras


      Niklas war zur Kontrolle im Krankenhaus aber konnte noch am gleichen Tag zurück. Natürlich gab es für Jace aber auch Anna ein Gespräch.

      Jace
      Natürlich hatte es eine ordentliche Standpauke gegeben. “Schöne scheiße”, murmelte ich vor mich hin. Nach dem Gespräch hatte ich mich draußen auf den Hof gesetzte. Ich war nicht verwundert, dass ich ganz allein hier saß. So im Nachhinein betrachtet hatte ich überreagiert. Dennoch hatte Niklas das verdient, vor allen, wenn das stimmte, was Anna erzählt hatte. Aber was hatte er gesagt, dass er kein Bock auf ihren Kindergarten hatte. Irgendwie konnte ich da nicht ganz glaube, pff.
      Und wie er dann noch Lina im Arm hatte, ich könnte Kotzen, das Schrie doch nur so nach Verführung. Warum sah das eigentlich keiner außer mir, waren die alle so blind?

      Niklas
      Meine Nase war gebrochen und ein Teil meines Wangenknochens angerissen. Jedoch konnten die Ärzte nicht viel machen, außer die Nase zu richten. Auch wenn es nicht unbedingt die beste Aktion von Jace war, konnte ich die Reaktion nachvollziehen. Um ihn nicht noch mehr in die Scheiße zu reiten, entschied ich mich dazu das Gespräch zu suchen und klopfte an sein Zimmer. Samu hatte mir gezeigt, wo ich genau hinmuss, wollte mich aber davon abbringen. Dafür habe allerdings einen zu großen Dickschädel.
      “Bevor du was sagst oder mich wegschickst, wollte ich dir nur Bescheid sagen, dass ich im Krankenhaus gesagt habe, dass mich ein Pferd getreten hat. Schließlich muss Körperverletzung angezeigt werden. Ob ich will oder nicht.”, sagte ich zu ihm.
      “Danke, womit habe ich die Ehre verdient”, sagte ich zynisch.
      “Ich hatte keine Lust dich da mit hereinzuziehen, nur weil Anna dir mal wieder die halbe Wahrheit erzählt hat. Interessiert es dich oder soll ich gehen?”, fragte ich ihn.
      “Mmm, würde mich mal schon interessieren”, brummte ich.
      “Okay”, sagte ich, betritt den Raum und schloss die Tür hinter mir.
      “Ich weiß natürlich nicht genau, was sie dir erzählt hat, aber ich mache einen Rundumschlag. Also Ju hatte sie mir vorgestellt aber aus verschiedenen Gründen hat es halt nicht funktioniert. Vermutlich hing das auch mit mir zusammen, weil Anna und ich viel miteinander telefoniert hatten. Darum geht es aber nicht wirklich. Ju und ich sind cool damit, wir haben mehrfach drüber gesprochen. So worauf ich aber hinauswill.”, fing ich an zu sprechen. Natürlich merkte ich, wie wild ich versuchte die richtigen Worte zu finden, um ihn nicht wieder zu provozieren, da mir das mit Lina bisher wirklich war.
      “Also, ich war ungefähr 8 Monate mit ihr zusammen und … vor 3 Monaten wurde sie 18.”, machte ich vorsichtig weiter.
      “Ja, und was hat das jetzt damit zu tun?”, fragte Jace ein wenig irritiert. Kurz musste ich an seinem Verstand zweifeln, aber fuhr fort.
      “Junge, ich bin 26. So und genau aus dem Grund haben wir uns darauf geeinigt, solange eine offene Beziehung zu führen. Sprich, wir sind zwar zusammen auf Partys gegangen, aber wenn ich jemanden ansprechend fand, dann lief da auch was über Nacht. Das galt auch für sie. Ihre Eifersucht wurde aber immer schlimmer, sie dachte sich jede Woche neue Dinge aus mit den sie mich erpresst. Irgendwann wurde es mir zu viel und begann, Abstand zu nehmen. Deswegen bin ich froh, dass Milena sie jetzt an der Backe hat.”, sprach ich zu Ende und stellt mich an die Tür.

      Jace
      “Oh, da hat Anna aber ein paar Details ausgelassen”, sagte ich. “So betrachtet, hast es nicht verdient. Tut mir leid, manchmal habe ich mich nicht so ganz unter Kontrolle”, versucht ich mich zu entschuldigen. “Aber weißt du, wenn es um Menschen geht, die mir nahestehen, reagiere ich manchmal ein wenig über”, erklärte ich noch.

      Niklas
      “Alles cool. Du bist nicht der Erste, der mir die Fresse poliert hat”, antwortete ich ihm und machte mich auf die Suche nach Lina, um Bescheid zu sagen, dass alles gut ist. Noch nicht lange bin ich zurück aus dem Krankenhaus und wichtiger war mir erst mal, dass mit Jace zu klären. Es scheint mehr oder weniger gut funktioniert zu haben. Ich guckte noch mal zur Sicherheit auf die Uhr. Es ist noch Zeit, bis die Theorie beginnt.
      “Lina, bist du da?”, rief ich in den Stall. Natürlich antwortete sie nicht, aber aus ihrer Geschichte wusste ich, dass sie nur bei Divine sein kann. Von Vriska wusste ich, wo der Hengst steht und ich machte mich auf die Suche. Von weiten sehe ich den Po des Hengstes und seinen Hals nach unten gestreckt hat. Vorsichtig trat ich an die Box und blickte herunter zu Lina, die in der Box bei ihrem Pferd saß.
      “Ich kann verstehen, warum du so gern bei ihm bist. Er strahlt so eine Ruhe aus, eine Gelassenheit, die nicht leicht zu beschreiben ist”, sagte ich zu ihr. Neugierig drehte er sich zu mir und knuspert vorsichtig an meinem Hemd. An meinem weißen Hemd. Ich guckte mir den Fleck genauer an. Bevor es in den Saal geht, müsste ich noch mal das Oberteil wechseln.

      Lina
      “Weißt du, für mich sind Pferde wie göttliche Spiegel, sie reflektieren alle Gefühle. Und er ist da irgendwie besonders”, antworte Niklas und strich den Hengst durch die Mähne. “Ja, dass solltest du definitiv”, sagte ich mit einem Blick auf sein Shirt. Ich für meinen Teil hatte mir etwas Trockenes angezogen. “Na, komm”, sagte er und reicht mir seine Hand, um mir aufzuhelfen. “Ich würde mir was anderes anziehen wollen, kommst du mit? Danach wäre etwas essen sicher nicht schlecht, oder hast du mittlerweile was anderes gegessen als das Eis?”, fügte er freundlich hinzu. “Mmm, nein. Essen klingt nach einer guten Idee”, antworte ich ihm. “Gute Nacht, mein kleiner Prinz “wandte ich mich an mein Pferd, bevor ich Niklas aus der Box folgte.

      Niklas
      “Ich habe mit Jace gesprochen.”, tastete ich mich vorsichtig an das Thema heran. Mit einem prüfenden Blick guckte ich zu ihr. “Ja, und hat er sein Hirn wiedergefunden?”, fragte sie ein wenig grimmig. “Mehr oder weniger. Im Krankenhaus habe ich gesagt, dass ich vom Pferd getreten wurde, damit er keine Anzeige bekommt. Das empfand ich nicht als fair, schließlich hatte Anna ihn angestachelt. Dann habe ich ihm noch meine Version davon erzählt, was mit ihr abgelaufen ist. Ich weiß allerdings nicht so ganz, wie das hier bei euch ist, denn er hatte nicht ganz so richtig verstanden, worauf ich hinauswollte, schließlich waren wir knapp 8 Monaten zusammen und erst vor 3 wurde sie volljährig. Also naja”, versuchte ich das ganze normal klingen zu lassen. Auf der einen Seite wollte ich ehrlich sein zu Lina, auf der anderen aber sie auch nicht verunsichern. “Und deswegen war sie so … grumpy. Ich wollte vorher nicht mit ihr schlafen und wir hatten uns auf etwas Offenes geeinigt”, fügte ich vorsichtshalber hinzu. “Wow, und deshalb hat sie Jace dazu angestachelt dich zu schlagen? Nur weil sie Eifersüchtig war, auf etwas, was abgesprochen war? Das ist ganz schön verrückt”, kommentierte sie.
      “Offenbar, ja. Allerdings wollte sie auch unbedingt, nun”, sagte ich und nahm beide verbildlichend an die Lenden. “Aber das war mir zu riskant. Auch wenn ich nicht so. Nog, lassen wir das”, lenkte ich ein.
      Als ich den Raum betrat, guckte ich mich etwas paranoid um. Keiner da. Von Ju lag Zettel auf dem Tisch “Jag sitter i middagen. (Ich bin am Abendessen)”, las ich. Tatsächlich hatte er sich Mühe gegeben beim Schreiben, schließlich konnte man die Worte voneinander unterscheiden. Unsicher stand Lina noch immer vor der Tür. Als nahm ich ihre Hand und brachte sie zu meinem Bett. Das Zimmer war im Vergleich zu heute früh nicht nur sauberer, sondern sogar ordentlich. Demonstrativ stellte ich mich vor sie und zog mein Shirt über den Kopf herunter, jedoch ziemlich ungeschickt. Den Kragen des Poloshirts hatte ich vergessen aufzuknöpfen und bei dem Zug kam ich an meine Verletzung. Das war dann wohl nichts mit sexy ausziehen.

      Lina
      “Also wenn du im Zirkus anfangen willst, kannst du so weiter machen”, sagte ich lachend. Das war definitiv nicht die erwünschte Reaktion gewesen, da war ich mir sicher. Natürlich hatte ich auch gemerkt, dass das Zimmer kein Vergleich zu heute Morgen war. Ju musste ein echt guter Freund sein, denn ich war mich ziemlich sicher, dass Niklas nicht selbst aufgeräumt hatte. Doch ich konnte nicht lang das Zimmer bewundern, denn Niklas zog meine Aufmerksamkeit auf sich. Ich ließ meinen Blick über seine Körper wandern und erst jetzt registrierte ich seine Tattoos. “Hübsche Körperkunst hast du da”, sagte ich und beobachte fasziniert wie sich die Muskeln unter der tätowierten Haut bewegten.
      “Ja, die sind aus dem Knast”, sagte er mit ernster Miene und fing an zu lachen.
      “Das ist natürlich ein Scherz. Bei jedem Turnier lasse ich mir Eins stechen, so als Erinnerung. Dabei ist nicht relevant, ob ich einen Platz belegt habe und wie gut dieser war. Allerdings … hier diese Karte, da habe ich nur den zweiten Platz mit ihr belegt.”, zeigte es mir an seinem Unterarm. “Da ist eine echt coole Tradition”, sage ich und fahre mit meinen Fingern fasziniert die Umrisse des Motivs entlang. “Ich habe ja viel zu viel Schiss vor so was. Tut das nicht weh?”, fragte ich und blickte zu ihm hoch.
      “Ach es geht. Was dein kleiner eifersüchtiger Freund mit meinem Gesicht fabriziert hat, schmerzt eindeutig mehr.”, begann er zu erklären. “Wenn du willst, können wir ja zusammen zum Studio. Ich habe hier in der Nähe in einigen Tagen ein Termin.”, fügte Niklas noch hinzu. “Da würde ich gerne mit gehen”, hatte mein Mund dann auch schon schnelle ausgesprochen, als dass ich drüber nachdenken konnte. “Und das tut mir echt leid, was Jace mit deinem Gesicht veranstaltet hat, mich gibt es scheinbar nicht ohne Chaos”, fügte ich noch hinzu.
      Ein Magengrummeln erinnerte mich auf einmal daran, dass ich seit heute Morgen, noch nichts außer einem Eis zu mir genommen hatte. “Ich glaube allerdings, jetzt sollten wir erst mal zum Essen gehen”, kommentierte ich das Geräusch.

      Niklas
      Ich ging in die Knie, um mit ihr auf Augenhöhe sein zu können, legte meine Hänge auf ihre Oberschenkel und begann zu sprechen: “Kleines, du kannst doch nicht ansatzweise dafür, dass Chaos um dich herum ist. Das, was du gerade erlebst, sind nur die Ausläufe der Pubertät. Zudem haben wir alle dieses Chaos. Ich mein, guck dir mich an. Anfangs warst du nicht mal in der Lage meine kleinen Sticheleien wertlos entgegenzunehmen und jetzt kannst du deine Blicke nur schwer von meinem Oberkörper abwenden. Da könnte ich mich natürlich auch hinsetzen und fragen ‘Warum gucken mich alle immer nur so oberflächlich an?“ stattdessen mache ich mir Gedanken drüber, warum sie denn nicht gucken sollen. Schließlich sehe ich wirklich gut aus”, erklärte ich und stand auf, um meine Muskeln zu präsentieren.
      “Sicher, dass du was essen gehen willst? Dann muss ich mir wieder was drüberziehen.”, stichelte ich etwas weiter herum.
      “Da hast du natürlich recht, schöner Mann, aber ich fürchte, dass ich bald verhungere, wenn wir hier noch länger herumsitzen”, erwiderte sie mit einem lächeln auf dem Gesicht.
      “Naaaaa gut”; knickte ich ein und holte aus meiner Tasche das weiteste Tanktop, dass ich besaß. Wirklich etwas bedeckt, wird mit dem Ding nicht.
      Mit etwas Schwung warf ich sie mir wieder um die Schulter, dann gingen wir gemeinsam zu Saal. Kurz vor der Tür durfte sie die letzten Meter allein laufen. Das Jace mir das Gesicht neu dekoriert hat, war natürlich nicht zu übersehen, aber meine Hoffnung war es, dass der Grund noch nicht alle anwesenden erreicht hat. Beim Betreten sah ich wild eine Hand in der Luft wedeln. “Komm mit”, sagte ich zu Lina und stiefelte zu meinem besten Freund an den Tisch an dem Samu und Vriska ebenfalls saßen.

      Lina
      “Du hast echt schön aufgeräumt”, wandte ich mich an Ju, während ich mich setzte. Samu warf mir einen Blick zu, von dem ich nur genau wusste, was er bedeutet. Er schien noch nicht ganz von Niklas überzeugt zu sein. Ich signalisierte ihm nur, dass alles ok sei und wir später darüber redeten. Immerhin war mein bester Freund zivilisiert genug mich vorher zu fragen, bevor er versucht irgendwen zu schlagen.” Was steht heute eigentlich noch so an”, fragte ich dann in die Runde, weil ich schon wieder vergessen hatte, was Vriska heute Morgen gesagt hatte.
      „Also bevor ich das verrate, möchte wissen, was ihr schon wieder zusammen in unserem Zimmer gemacht habt und ob mein Bett daran beteiligt war“, scherzte Ju.
      „Du hast die letzten zwei Nächte bei mir verbracht und denke das Milena und Anna sicher dein Bett beschmutzten“, fügte Vriska hinzu.
      “Keine Sorge, deinem Bett ist nicht passiert. Niklas wollte nur ein sauberes Shirt anziehen”, beantworte ich Jus Frage und musste ein wenig drüber grinsen. “Außerdem scheinst du ja schon ein neues Bett in Aussicht zu haben”, fügte ich noch ein wenig schelmisch hinzu.

      Niklas
      “Ich weiß ja nicht, ob ich das heute zulasse. Schließlich wollen wir in 10 Jahren heiraten”, scherzte ich noch einmal. Lina und Vriska guckten mich mit dem gleichen Gesichtsausdruck fragend an.
      “Wir haben da so ein Deal, wenn wir in 10 Jahren niemanden passenden gefunden haben, dann heiraten wir. Und deswegen Schatzi müssen wir leider getrennt schlafen. Du weißt ja, kein Sex vor der Ehe und so”, fügte Ju noch hin.
      “Ach und gleich beginnt der Theorieunterricht”, sagte er noch. Dann beobachtete ich Lina, wie sie sich was zum Essen holte. Durch die Schmerzmittel hatte ich nicht wirklich Hunger und wartete deswegen noch ab. Stattdessen merkte ich was ganz anderes, was sicher auch von den Medikamenten kam, denn seit Jahren hatte ich kein Ständer mehr in der Öffentlichkeit gehabt. Geschickt versuchte ich diese zu verstecken, was jedoch bei der Wahl meiner Kleidung nicht so leicht war.
      “Freust du dich schon so sehr darauf?”, wandte sich nun mein bester Freund zu mir.
      “Ja, sieht man doch.”, antwortete ich geschickt und versuchte das Beste daraus zu machen. Kurz kam mir Gedanke jemanden zu fragen, ob er mit mir das Problem beseitigen möchte, doch das wäre unangebracht. Lina würde sicher ablehnen und weiteren Damen das Angebot zu offerieren, würde sie sicher auch nicht so gut finden. Dennoch fiel mir direkt eine Person ein, die ich mit nur wenigen Worten dazu bringen konnte, die schönsten 40 Sekunden ihres Lebens zu haben. Je mehr ich drüber nachdachte, umso mehr spürte ich wie er mehr anschwoll. Verärgert kreuzte ich die Beine übereinander.

      Lina
      Mit einem voll beladenen Teller kehrte ich zum Tisch zurück. “Du willst wirklich nichts essen?”, fragte ich Niklas, doch der lehnte ab. Na gut, wenn er nicht wollte. Ich für meinen Teil hatte einen riesigen Hunger. Wie konnte ich nur den ganzen Tag so herumlaufen und es nicht merken? Ok, doofe Frage es war definitiv nicht das erst mal, dass ich vergaß zu essen. Immerhin war es heute mal nicht mit einer Unterzuckerung geendet, das wäre heute definitiv alles andere als hilfreich gewesen. “Sagt mal, wie lang kennt ihr euch eigentlich schon?”, fragte ich Ju und Niklas neugierig, bevor ich mir einen bissen in den Mund schob. Schließlich hatte ich recht selten so eine gute Männerfreundschaft erlebt.
      “Ich muss mich entschuldigen, bin in 5 bis 10 Minuten wieder da, aber Ju hilft dir dabei gern weiter”, verschwand Niklas schneller als der Wind.
      “Okay, wo waren wir? Ach ja. Wir kennen uns schon ziemlich lange. Gemeinsam sind wir in der gleichen Gemeinde gelebt, die gleiche Grundskola besucht. Doch als Nik hat diese ein Jahr früher beendet und war noch früher fertig mit dem Studentexamen als ich. In der Zeit haben wir uns etwas aus den Augen verloren, doch nach seiner Rückkehr aus dem Ausland, trafen wir uns im Verein wieder. Durch Zufall wurden wir zur gleichen Zeit zugelassen. Nach dem sich Joanna 2018 von ihm getrennt hat, ging es immer weiter mit ihm Bergab und ich bin bis heute sein Fels in der Brandung”, erklärte Ju, als wäre es das normalste auf der Welt. Zwischendurch nahm er etwas von seinem Teller. “Ja, das merkt man”, kommentierte ich Jus letzten Satz. Niklas verschwinden wundere mich zwar ein wenig, aber ich beschloss es nicht weiter zu hinterfragen. “Samu und ich kennen uns auch schon ziemlich lange”, erzählte ich dann. “Und wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht, wo ich heute ohne ihn stehen würde”, fügte ich noch hinzu.
      “Ja, das Internat, das waren nicht unbedingt die einfachsten Zeiten”, sagte Samu, während er an die alten Zeiten zu denken schien. “Damals war noch vieles anders und ich kann euch sagen, wir gehörten damals definitiv nicht zu den coolen Kids”, sagte Samu lachen.
      “Warum?”, fragen Ju nach.
      “Naja, wir waren die Oberstreber. Gerade Lina war kaum vom Lernen abzuhalten gewesen”, fügte mein bester Freund lächelnd hinzu.
      “Dann könnt’ ihr euch ja gleich nach Vorne setzen, wenn Nik wieder da ist”, kommentierte Ju unsere kleine Geschichte.
      “Wo ist der eigentlich hin? Und auf was für einem Internat wart ihr? Bis zum Abschluss war ich auch auf einem. Allerdings würde ich sagen, dass es rundum die beste Zeit meines Lebens war.”, hinterfragte nun Vriska.
      “Auf einem ziemlich guten. Es war auch weniger das Internat, es waren eher die Umstände, die es für mich nicht leicht machten”, antworte ich und hoffte ein wenig, das Vriska nicht weiter nachfragte. Die Umstände wie ich dort gelandet war, waren ein Kapitel was ich gern aussparte.
      “Vriska, um deine Frage zu beantworten, die sich sicher sonst nachher nicht ein schlafen lässt. Er holt aus der Hütte und wird noch Masturbieren.”, antwortete Ju ohne großes Umschweifen. Vriska schien darauf hin, keine Fragen mehr stellen zu wollen und brachte stattdessen ihren Teller weg. Natürlich kam in dem Moment auch Nik wieder.
      “Das ging ja heute schnell, hattest du was im Lesezeichen?”, scherzte sein bester Freund.
      “Nein, tatsächlich nicht”, antwortete Niklas.
      Ich beschloss auf Jus Kommentar nicht weiter einzugehen, schließlich war es vollkommen natürlich, jeder hatte schließlich seine Bedürfnisse.

      Niklas
      Die Vier am Tisch waren tief in einem Gespräch verwickelt, in dem ich mich nicht einmischen wollte. Stattdessen half ich Herrn Holm beim Umstellen der Tische, auch wenn er sich immer wieder absicherte, ob ich wirklich in der Lage dazu bin. Wie gewohnt, setzte ich mich direkt in die erste Reihe und wartete ab, dass es losging. Auch meine Brille hatte ich aufgesetzt, die sonst wirklich meide aufzusetzen.
      “Ich freue mich, dass ihr alle so zahlreich erschienen seid. Gibt es noch Fragen bevor wir mit dem Theorieunterricht beginnen?”, stellte sich Herr Holm vor uns. Niemand sagte etwas.
      “Okay, gut. Wir setzen heute das Thema Feines Reiten fort. Jeder von euch ist gewillt, sein Pferd auf die bestmögliche Art und Weise zu reiten, doch wie sollte das Aussehen? Dafür greifen wir den Gedanken von der letzten Stunde noch einmal ab. Wenn ihr jetzt auf eure Pads guckt, seht ihr ein Zitat. Ihr habt nun fünf bis acht Minuten Zeit euch darüber Gedanken zu machen. Vor allem, weil noch nicht jeder diese Unterrichtseinheit besucht hat. Ach, und an die Lieben vom WHC, setzt euch doch bitte zu jemanden mit Pad, damit ihr auch den Unterricht multimedial Verfolgen könnt’”, sagte er und setzte sich zurück in seinen Stuhl. Leise las ich vor mich her ‘Beginne jede Einheit damit selbst losgelassen zu sein’.

      Lina
      Natürlich setzte ich mich neben Niklas, in der ersten Reihe war natürlich auch noch Platz. Auch wenn ich mich etwas zusammenreißen musste, keinen neckischen Kommentar zu Niklas Brille abzugeben, sorgte der Streber in mir dafür, dass ich mich gleich konzentriert der Aufgabe zu wand.
      “So dann wollen wir mal mit dem Austausch beginnen. Teilt eure Gedanken mit uns”, kündigte Herr Holm nach einer Weile an.
      “Das erste Problem, dass dem ein Hergeht ist, dass vor der Losgelassenheit in der Ausbildungsskala ein Pferd Takt haben sollte. Natürlich ist die Frage, wer war zuerst da, das Huhn oder das Ei? Meiner Meinung nach, sollte ein Pferd erst losgelassen sein, eh man weiter im Training machen kann.”, warf Vriska als Erste in den Raum.
      “Da hast du vollkommen recht, aber ließ den Satz noch einmal genauer. Um wen geht es? Das Pferd oder dem Reiter?”, erwiderte der Trainer der Schweden.
      “Na um den Reiter. Man kann von seinem Pferd keine Losgelassenheit erwarten, wenn man selbst angespannt ist “, antwortete ich.
      “Ganz richtig, Lina. So Niklas, magst du dann den Inhalt der letzten Stunde noch einmal zusammenfassen?”, sprach er nun Niklas an, der neben mir nicht ganz konzentriert war. Stattdessen guckte es sich irgendwas auf seinem Handy an, was ich nicht erkennen konnte.
      “Hm? Ja, kann ich machen. Der Grundgedanke ist es, dass man dem Pferd nicht abverlangen kann, sich zu lösen, wenn man von meinem stressigen oder anstrengenden Tag seinen Gefährten besucht. So beobachtet man häufig eine gewisse Unachtsamkeit auf vielen Höfen. Man muss sich vor Augen führen, dass das Pferd die letzten 20 bis 22 Stunden sein eigenes Leben geführt hat und dann kommt der Mensch, verlangt Höchstleistungen oder sogar noch mehr. Dabei trägt die Person so viel Last auf den eigenen Schultern, die das Pferd auch noch auf sich nehmen soll, va? So kann die beste Ausbildung des Tieres nicht die Fähigkeiten des Reiters ersetzen. Die Voraussetzung ist der eigene physische und psychische Zustand. Um dem Vorzubeugen kann man Rituale einführen, wie eine 5-Minuten Meditation, bevor man aus dem Auto steigt und sein Pferd holt.”, erklärte er.
      Wow, scheinbar sah er nicht nur klug aus, sondern war es auch tatsächlich. Nicht dass ich das angezweifelt hätte, aber ich habe auch nicht erwartet, dass er gleich das Lehrbuch verschluckt hatte.
      “Danke dafür, man kennt dich nicht anderes. So wo waren wir. Ach ja, feines Reiten. Heute setzen wir uns mit dem Gedanken von Salomon de la Broue auseinander, der einmal das sagt, was nun auf euren Pads erscheint. Hoffentlich muss ich euch allen nicht noch mal erklären, wer er ist und welche Rolle er spielt.”, begann Herr Holm fortzusetzen. Mein Blick richtete sich zum Tablett, dass mittig auf dem Tisch lag. “Die vollkommene Leichtigkeit des Pferdes beginnt schon im Maul”, las ich.
      “Zu Beginn möchte ich euch ein kleines Video zeigen mit typischen Bildern eines Abreiteplatzes zeigen. *Filmende* Neben der offensichtlichen Hyperflexion sieht man Pferde, die nervös auf ihren Kiefer anspannen, deren Reithalfter zu eng sind und keinen Ansatz der Losgelassenheit zeigen. Generell wirken die Tiere gestresst und benehmen sich wie eine Maschine, die nur funktionieren soll. Den Richtern fällt heutzutage nicht einmal mehr auf, wie falsch die Tiere unter den Reitern laufen.
      Nun kommen wir zurück zu dem Zitat. Warum denkt, ihr gibt es so einen großen Zusammenhang vom Kiefer des Pferdes und dem Rest des Körpers?”, fragte Herr Holm nun in die Runde.
      “Der Pferdekörper ist eine Einheit. Ist ein Teil wie der Kiefer angespannt, wird sich der komplette Körper anspannen und versteifen”, meldete ich mich zu Wort.
      “Du bist auf dem richtigen Weg, aber welcher anatomische Aspekt spielt dabei eine Rolle? Weißt du das? Oder jemand anderes?”, fuhr er fort. Ich schüttelte den Kopf. Diesmal meldete Ju zu Wort.
      “Am Schädel des Pferdes gibt kleine Öffnungen, die Blutgefäße und Nerven nach Außen führen. Ein permanenter Druck durch das Reithalfter sorgt für große Schmerzen am Kopf. Diese Nerven und vor allem Muskeln verbinden den ganzen Körper.”, erzählt er.

      Niklas
      Obwohl ich dem Unterricht verfolgen wollte, fiel es mir heute wirklich schwer. Nicht nur meine Nase tat extrem weh wieder, sondern auch der Rest meines Kopfes pumpte ganz schön. Dazu kommt, dass ich immer wieder zu Lina guckte, die interessiert dem Unterricht folgte. Ich wollte sie aber nicht ablenken, weswegen ich lieber auf meinem Feed auf Instagram herum scrollte. Unerwartet sehe ich ein Bild von Joanna, die scheinbar schon wieder irgendwo im Urlaub ist. Mit ihrem neuen Freund. Um mir das Elend nicht weiter anzugucken, legte ich mein Handy wieder weg.
      “Ich hab’ Kopfschmerzen. Kann ich ins Zimmer?”, fragte ich dann Herrn Holm. Er stimmte zu, ich ließ Lina das Pad da und machte mich auf den Weg.
      Draußen ging die Sonne unter und eine abendliche Stimmung kam auf. Ich machte mir Gedanken über das, was ich gesehen habe. Das Joanna wieder einen Freund hatte, wusste ich von Ju, der ab und zu noch Kontakt mit ihr hatte.

      Lina
      Natürlich hatte ich gemerkt, dass Niklas nicht ganz bei der Schache zu sein schien. Ich machte mir ein wenig Sorgen, dass er vielleicht doch mehr Schmerzen hatte, als er zugab. Also beschloss ich ihm zu folgen, auch wenn ich gerne noch mehr gelernt hatte. “Ich muss noch mal nach den Pferden sehen”, entschuldigte ich mich und stand auf. Natürlich registrierte ich Samu fragenden Blick beim Verlassen des Raumes.
      Ich fand Niklas, draußen, wo er sich auf einer Bank niedergelassen hatte. Die Sonne stand bereits tief am Himmel und tauchte den Hof in ein rötliches Licht. In seinem Gesicht war ein trauriger Ausdruck zu erkennen.
      “Alles ok?”, fragte ich ihn ein wenig besorgt und setzte mich zu ihm.

      Niklas
      “Vor zwei Jahren, war ich noch jemand anderes”, begann ich Lina zu erzählen, die mir natürlich gefolgt ist. Aus meiner Hosentasche zog ich mein Handy und zeigte ihre alten Bilder von mir. Auffällig war, dass ich mehr als 30 kg weniger Gewicht hatte auf 190 cm. Das alles ist nun verteilt in meinem Rücken, Schultern, Brust und vor allem Oberschenkel. Außerdem war ich noch komplett blond, heute nur noch die Spitzen.
      “Damals als mich Joanna verlassen hatte, musste ich irgendwas tun, um sie zu beeindrucken. Ich hoffte, dass sie mich zurückkommt, wenn ich mir neue Ziele gesetzt habe. Wie du aber merkst - hat nicht funktioniert.”, schwafelte ich vor mich hin.
      “Willst du nicht vielleicht vorne anfange und mir erst einmal überhaupt erzählen, wer Joanna ist?”, fragte Lina, die mich ein wenig verwirrt ansah.
      “Du hast recht. Also Joanna ist die Stieftochter von meinem Onkel, der den Hof von Opa übernommen hat. 2008 kamen wir zusammen, da war ich 14 Jahre. Fast auf den Tag genau verließ sie mich nach 10 Jahren. Es war nicht nur ein Schock für mich, als ich erfuhr warum, sondern verstarb mein Opa eine Woche zu vor. Sie sagte zu mir, dass es nicht an mir liegt, aber sie im Leben gern noch was erleben möchte. Doch eine Pause wollte sie auf keinen Fall, weil ich ein Jahr zuvor auf Weltreise war - ohne sie. Ich denke, das hat uns beide kaputt gemacht. So zieht sich das nun immer durch für mich. Irgendwie vermisse ich sie, irgendwie aber auch nicht. Leider sehe ich sie öfter als es mir lieb ist, denn Joanna führt eine Beziehung mit einem Arbeitskollegen.”, erzählte ich ihr. Dann pausierte ich und gucke zu ihr. Wieder machte sich das Gefühl bereit, dass jemand geht.
      “Ich habe Angst, verstehst du? Du löst viel Gutes in mir aus, aber ich habe Angst, dass es endet wie mit Joanna. Allerdings hatte ich das immer, deswegen verstecke ich mich hinter meinen blöden Sprüchen oder versuche eine Bindung so kurz wie möglich zu halten.”, gab ich ihr schlussendlich zu. Vorsichtig griff ich nach ihren Händen und hoffte, dass Lina nichts Schlechtes von mir dachte. Ein tätowierter Sadist mit Trennungsangst gehört nicht unbedingt auf die Wunschliste einer Frau, allerdings würde ich gerade alles für sie tun.

      Lina
      Einen kurzen Moment sah ich ihn nur an. Ich konnte spüren wie nah ihm, das ganz ging. Ich konnte ihn nur zu gut Verstehen, denn meisten stieß ich selbst die Menschen von mir fort, bevor sie mir zu viel Bedeuteten. Bei ihm war irgendwie alles anders, noch nie hatte ich jemanden so schnell so nah an mich herangelassen. Eigentlich hatte ich noch nie jemanden so nah herangelassen.
      “Ich kann dich nur zu gut verstehen”, sagte ich etwas zögerlich. Ich hatte ein wenig Angst jetzt alles mit ein paar Worten alles zu versauen. “Ich verspreche dir, ich werde alles mir Mögliche tun, dass es nicht so enden wird. Egal was du denkst, du bist da beste was jemanden passieren kann, denn ich habe noch nie jemand erlebt, der so ehrlich ist wie du”, sagte ich, während ich ihm in seine traurigen Augen blickte.

      Niklas
      “Wenn ich könnte, würde ich dir das gern glauben. Aber in 9 Tagen geht es für mich und den Rest zurück nach Schweden. Jeder von uns lebt sein Leben weiter. Ich habe meinen Job, du hast deine Pferde. Das funktioniert so nicht. Weißt du?”, sagte ich zu ihr und guckte weg. Direkt kamen mir wieder Gedanken, was ich machen könnte, um mich besser zu fühlen.
      “Ja... verstehe ich… ”, nuschelte sie mehr als dass es wirklich aussprach. Sie schien noch etwas hinzufügen zu wollen, doch sprach es nicht aus.
      “Das soll hier keine Trauerfeier werden. Lass’ uns die Zeit genießen, Spaß haben.”, begann ich und stand auf.
      “Du meintest, du hättest auch gern ein eigenes Pferd. Hast du denn da was in Aussicht?”, versuchte ich sie nun abzulenken und vor allem mich, denn ich musste mich daran gewöhnen in wenigen Tagen wieder in den Alltag zurückzukehren.

      Lina
      Seine Worte versetzten mir einen kleinen Stich, doch er hatte ja recht. In 9 Tagen würde sich unsere Wege wieder trennen. Ich hätte es nur so gern glaubt, dass es funktionieren könnte. Für den Moment schien es so nah, so greifbar gewesen zu sein.
      Er hatte recht, ich sollte den Moment genießen, solange er anhielt. Also schluckte ich den bitteren Beigeschmack des nahenden Endes runter und konzentrierte mich auf seine Frage.
      “Ja, ich würde es so sehr wünschen, dass ich Divine nie wieder hergeben muss”, antworte ich ihn und versuchte zu lächeln. Der Gedanke an den Freiberger ließ meine Trauer tatsächlich ein wenig in den Hintergrund rücken. Er war vermutlich der einzige Mann, den ich nie wieder gehen lassen muss, wenn ich es irgendwie schaffte ihn zu kaufen.
      “Wieso kommst du darauf, dass du ihn wieder hergeben musst?”, hinterfragte er meine Antwort.
      “Naja das Ding ist Divine ist nur hier, weil ich förmlich drum gebettelt habe, dass er herkommen darf. Eigentlich wollte Luchy keine neuen Pferde auf dem Hof und schon gar nicht einen Hengst. Das letzte HMJ Pferd Fanya, ist mit Alec aufs SMA gezogen und auch nur deshalb, weil Eva, Anu und Alec quasi ihre Seele dafür verkauft haben, dass sie nicht zur Auktion geht. Doch was kann ich denn tun, ich habe keine Eltern, die mich dabei unterstützen würden”, beantworte ich seine Frage.

      Niklas
      Wenn ich nicht bei ihr bleiben kann, musste ich zumindest dafür sorgen, ihr eine Freude zu machen.
      „Lass uns zurück gehen, der Filmabend beginnt gleich. Oder wollen wir was anderes machen?“, fragte ich sie darauf hin.
      “Was für ein Film läuft heute denn?”, fragte Lina.
      „Du, das weiß ich nicht mal. Aber ich bin ehrlich. Ich habe keine Lust einen Film zu sehen, Ju sicher auch nicht.“, machte ich ihr klar.
      Zusammen mit ihr lief ich zurück in den Saal, in die Tische bereits wieder an Ort und Stelle standen. Schnell entdeckte ich Vriska, Ju und Samu.
      „Und wie war’s?“, fragte ich interessiert.
      „Wirklich gut. Aber du hast nichts verpasst“, versicherte Ju mir.
      „Wärst du so freundlich und würdest Lina ein wenig beschäftigen?“, flüsterte ich Vriska zu. Sie nickte.
      „Also es läuft gleich Human Centipede, alle Teile. Aber Ju und ich wollen lieber ans Wasser die Natur genießen. Du begleitest uns doch sicher?“, sagte sie zu Lina und nahm sie zur Seite.
      „Samu, können wir mal kurz reden?“, bot ich ihn und ging vor zur Tür.

      Lina
      Ein wenig überrumpelt ließ ich mich von Ju und Vriska mitschleppen. Ich versuchte gar nicht zu protestiert, denn die beiden sahen nicht so aus als würden sie Widerstand dulden. “Darf ich fragen, was ihr vorhabt? Ich mein Kanadas Sommernächten sind schön, aber meint ihr nicht wir sind zu viele für ein romantisches Date?”, scherzte ich.
      “Guck’ ihn dir doch an. Ich möchte nicht allein sein, verstehst du?”, flüsterte sie mir kichernd ins Ohr.
      “Da hast du recht, er sieht sehr gefährlich aus”, erwiderte ich mit stark ironischem Unterton und musste auch kichernd.
      “Weiber”, murmelte Ju nur vor sich hin und schüttelte den Kopf.

      Samu
      “Ähh, klar”, antworte ich Niklas und folgte ihm nach draußen. “Ich hoffe du möchtest mir nicht mitteilen, dass du was Dummes gemacht hast?”, fragte ich ihn ein wenig Misstrauisch. Auch wenn Lina ihm zu vertrauen schien, ich tat es noch nicht.

      Niklas
      “Noch ist sie nicht schwanger”, scherzte ich. Für Samu schien es nicht der passende Augenblick zu sein, so etwas zu sagen, denn seine Miene verzog sich direkt.
      “Keine Sorgen, mehr oder weniger alles gut. Ich muss mit Luchy sprechen. Jetzt. Sofort.”, antwortete ich kurz und hoffte, dass er sie zu bringt. Doch wie ein Felsen stand Samu vor mir und schien noch mehr auf der Seele zu haben.

      Samu
      “Warum das denn jetzt?”, fragte ich Begriffsstutzig. “Egal was du in deinem verrückten Hirn ausheckst ich hoffe, ich muss danach keinen Scherbenhaufen zusammenkehren”, fügte mich noch hinzu und bewegte mich immer noch keinen Zentimeter. Erst wollte ich wenigstens eine Ahnung davon haben, was er vorhatte. Dann würde ich mir vielleicht überlegen, ob ich ihm helfe oder nicht, schließlich stand hier das Seelenheil meiner besten Freundin auf dem Spiel.

      Niklas
      “Okay, dann jetzt in kurz und in ehrlich. Eigentlich wollte ich ihr zeigen, wie sie sich mir gegenüber zu verhalten hat, doch. Ich weiß auch nicht. Nach meinem Nervenzusammenbruch kam altes hoch und ich merkte, dass meine Abneigung ihr gegenüber einer Zuneigung zu sein scheint. Dann unterhielten wir uns, bemerkten die Gemeinsamkeiten und ich muss ihr helfen. Vorhin haben wir auf einer Bank gegessen und gemerkt, dass wir uns nach dem gleichen Sehnen. Aber das funktioniert so nicht. Deswegen habe ich beschlossen ihr das Einzige zu geben, was sie braucht. Divine.”, öffnete ich mich Samu und hatte wirklich Mühe die richtigen Worte zu finden. Denn das Letzte, was ich nun brauche, ist eine weitere Faust im Gesicht.

      Samu
      Ich spürte wie sich meine Muskeln anspannten, als er begann zu reden. Genau das war es, wo vor ich Lina schützen wollte. Doch als er weitersprach, merkte ich, dass es tatsächlich ernst mit ihr meinen Schien.
      “Irgendwo in dir drin, scheint doch eine Seele zu existieren”, sagte ich trocken. Er konnte echt froh sein, dass ich nicht war wie Jace, denn er hätte ihm vermutlich gleich noch mal mit seiner Faust bekannt gemacht.
      “Wenn du es tatsächlich so ernst meinst, werde ich dir helfen”, sagte ich ein wenig freundlicher und setzte mich in Bewegung. Divine war definitiv nicht das Einzige, was sie brauchte, doch der Hengst bedeutete ihr mehr als jedes andere Pferd auf diesem Planeten, das wusste ich. Ich hatte schon viele Nächte lang darüber nachgedacht, wie ich es anstellen konnte, dass sie für immer an seiner Seite bleiben konnte, doch mir fehlten einfach die Mittel dazu.
      Vor Luchys Bürotür blieb ich stehen und klopfte. “Luchy, da möchte jemand mit dir sprechen”, kündigte ich Niklas an und gab die Tür für ihn frei.

      Niklas
      “Hej, wir kennen uns gar nicht aber ich muss Ihnen sprechen. Ich habe von Lina erfahren, wie schwierig es am Hof ist, dass Divine hierbleibt und würde ihr, und dem Hof, eingefallen tun. Das alles hier ist so liebevoll gemacht, aber ich merke das es immer wieder am nötigen Kleingeld gefehlt. Mir fehlt es Herzlichkeit, Liebe und Familie. Wenn ich ihnen einen Scheck in Höhe von 500.000 SEK, also ungefähr 70.000 CAD, kann Lina dann Divine haben?”, platzte es aus mir heraus. Es nach dem ich zu Ende sprach, merkte ich wie abwertend das ganze klang. Hoffentlich verstand sie mich nicht falsch.
      “Also, mal ganz langsam junger Mann, was genau willst du mit dem Pferd überhaupt?”, fragte sie mich ein wenig irritiert.
      “Lina soll ihn bekommen”, antwortete ich überzeugt.
      “Na, wenn das so ist, da kann ich einfach schlecht nein sagen. Ich habe selten ein Pferde- Reiterpaar gesehen, das so perfekt harmoniert”, antwortete sie ruhig.
      Erleichtert zog ich aus meiner Hosentasche das Scheckheft, trug den Betrag ein und unterschrieb. Zum Glück hatte die Hofbesitzerin auch noch einen Vertrag da, den auch direkt unterschrieb. Mit der Eigentumsurkunde bewaffnet, lief ich mit Samu zum Bach an dem Vriska, Ju und Lina ein kleines Feuer im Sand entzündet hatten. Einige leere Bierflaschen standen ringsum.

      Samu
      “Egal, was du tust, warte noch einen Moment, ich muss erst noch mit ihr sprechen”, raunte ich Niklas zu, bevor ich auf Lina zuging.
      “Lina, was hältst du davon, wenn wir mal kurz spazieren gehen?”, sagte ich zu meiner Freundin. Sie schien zu ahnen, worum es ging und folgte mir ein Stück von dem anderen Weg. “Ich vermute du weißt, worüber ich mit dir reden will?”, fragte ich sie und sah ihr in die Augen.
      “Ja, ich denke, du willst mit mir über Niklas reden. Es ist wirklich ok Samu, du brauchst mich nicht vor ihm beschützen, er ist nicht das, was du denkst”, sagte sie recht überzeugt. Doch ich überhörte auch nicht den winzigen Hauch von Beben in ihrer Stimme. Ich nahm ihre Hände in meine und sah sie noch mal an. Ich sah immer noch das kleine zarte Mädchen, auf das ich damals zuging, als es weinend im Schulflur saß. Doch das war sie nicht mehr, ich musste wohl akzeptieren, dass sie nun ihre eigenen Entscheidungen traf und ich sie nicht mehr vor allem beschützen konnte. So musste es sich anfühlen, wenn die kleinen Geschwister Erwachsen wurden. “Und du bist dir ganz sicher, kleines?”, fragte ich sie noch einmal.
      “Ja, Samu ich möchte das, das hier der beste Sommer meines Lebens wird, auch wenn das Opfer erfordert”. Ich spürte, dass sie es tatsächlich ernst meinte und gleichzeitig wie viel Gefühl in der Antwort mitschwang. “Ich werde dir nicht im Weg stehen. Du weißt, ich bin für dich da, wenn du mich brauchst”, erweiterte ich sanft und umarmte sie freundschaftlich. “Ich weiß Samu, ich weiß”, flüsterte sie mir zu. Ich drückte sie noch einmal, bevor ich sie Sprichwörtlich in die große, weite Welt entließ.
      Ich sah ihr einen Moment lang hinterher, wie sie fröhlich zurück zu den andern ging, bevor ich ihr folgte.

      Niklas
      Erst jetzt wurde mir klar, was innerhalb eines Tages als passiert war. Aus der Verzweiflung heraus versuche ich mir ein Mädchen zu erkaufen, dass so viel zu ertragen bisher hatte. Egal was ich nun noch tue, es wird nicht gut enden. Außerdem schwang in meinem Kopf noch immer Vriska mit, die ich mit wenigen Worten zu allem bringen kann. Etwas, dass ich seit Jahren immer erträumt hatte. Doch ich möchte auch Ju nicht noch einmal enttäuschen. Aus dem Augenwinkel erblickte ich Lina, die mit Samu zurückkam. Glücklich setzte sie sich zu mir.
      “Ich finde es gibt nichts, was du jetzt mehr verdient hättest”, sagte ich zu Lina und drückte ihr etwas herzlos die Eigentumsurkunde in die Hand. Ju blickte schockiert zu mir, sagte jedoch nichts.

      Lina
      “Was ist das?”, fragte ich ein wenig verdutzt als mir Niklas etwas in die Hand drückte.
      Eigentumsurkunde, stand in großen Buchstaben darauf. HMJ Divine stand etwas weiter unten. Das konnte nicht wahr sein, dass alles hier musste ein Traum sein. Ich kniff kurz die Augen zu und sah mir das Stück Papier noch einmal an. Doch es war immer noch da, und es stand immer noch dasselbe drauf.
      Eine Welle von Emotionen überkamen mich, sodass ich kaum noch klar denken konnte. Es dauerte eine ganze Weile, bis ich registrierte, was tatsächlich gerade geschehen war.
      “Das kann nicht dein Ernst sein”, sagte ich mit einem zittern in der Stimme. Ich spürte wie mir Tränen in die Augen stiegen und konnte beim besten Willen nicht sagen, ob es Freudentränen waren oder ob es die bittere Erkenntnis war, dass dieser Tag kein Traum gewesen war. All das, was heute geschehen war, war echt. Tatsächlich hatte ich mich innerhalb eines einzigen Tages in einen Mann verliebt, den ich nie würde haben können. Und oben darauf hatte genau dieser Mann mir gerade das Pferd meiner Träume Geschenk.
      Ich wusste absolut nicht, ob ich jetzt lachen oder heulen sollte.
      Seit ich Divine begegnet war, war das mein einziger Wunsch gewesen.
      “Nein das kann nicht wahr sein”, flüsterte ich und eine Träne lief mir über die Wange.
      Das Glücksgefühlt hatte den Kampf der Emotion nun doch gewonnen und ich konnte nicht anders, als Niklas um den Hals zu fallen.

      Niklas
      “Nicht so stürmisch, junge Dame.”, scherzte ich.
      “Jetzt mal ehrlich, hast du den ganzen Hof gekauft?”, fragte nun Ju kritisch.
      “Juha, dein Ernst? Was soll ich mit einem ganzen Hof in Kanada, der nicht danach aussieht, dass er schwarze Zahlen schreibt? Also No Front, euer Hof ist schön”, versuchte ich meine Aussage. Jedoch werde ich nicht ganz so falsch liegen.
      “Na, wenn das so ist Lina. Dann stoßen wir jetzt an”, forderte Vriska alle auf. Ich setzte Lina zur Seite und holte für uns alle ein Bier, dass im Bach zum Kühlen lag.
      Ehrlich gesagt, war mir das gerade alles zu viel. Alles, was ich wollte, war das sie glücklich ist. Nun ist sie es, aber zu welchem Preis? Ein Pferd, das sie jeden Tag daran erinnern wird, dass ich existiere und ihr auf lang oder kurz das Herz brach. Schließlich wird das Leben ohneeinander weiter gehen und darüber dachte ich nur noch nach.
      “Entschuldigt mich”, sagte ich, zog mein Shirt, Hose und Schuhe aus. Diese stellte zur Seite und sprang in Wasser.

      Samu
      Auch wenn ich kein gutes Gefühl bei der Sache hatte, hatte ich es zugelassen. Doch ich kann sie nicht ewig Beschützen. Und was ich wusste war, wenn Lina sich was in den Kopf gesetzt hatte, war es dort nicht mehr wegzubekommen, egal was es kosten würde.
      Für den Augenblick schien sie glücklich und ich freute mich auch für sie, doch was würde danach kommen.
      Was würde kommen, wenn sie endgültig merkt, dass er weg war. Würde ihr kleines, zartes Herz in tausend Stücke zerspringen? Würde sie das wirklich verkraften?
      Ehrlich gesagt ich weiß es nicht. Vielleicht hatte Jace zumindest in dem Punkt recht, dass Niklas nicht gut für sie war, nur dass es nicht aus dem Grund war, den ich zuerst angenommen hatte.
      Nachdenklich beobachte ich die Flammen, wie sie im Feuer tanzten und verfolgte den Flug der Funken. Wo würde das ganze hier nur hinführen?
      “Vriska, kannst du mir bitte sagen, dass das hier kein Traum ist?”, riss mich Linas Stimme aus meinen Gedanken. Meine beste Freundin hatte sich inzwischen ein wenig beruhigt, konnte scheinbar immer noch nicht ganz glaube, was passiert war.

      Vriska
      “Nein, Lina das ist kein Traum und wenn doch, dann kein guter”, platzte es aus mir heraus. Natürlich machte es mich auch glücklich, dass sie nun ihr Seelenpferd haben konnte, aber ich musste an den Stall zurückdenken.
      Auch Ju schien sichtlich unzufrieden mit der Situation zu sein
      “Bitte höre mir jetzt ganz genau zu. Erst mal herzlichen Glückwunsch zum Pferd, aber sieh ein das Niklas für genau den Moment als der Richtige erscheint”, begann er zu sprechen und setzte sich zu ihr. Aufmerksam hörte nun auch ich zu.
      “Aber genau dieser Typ wird spätestens in Schweden wieder in diverse Clubs mit mir gehen und anderen diese Hoffnungen machen, die er dir gegeben hat. So ist er halt und das wird sich nicht ändern. Vermutlich hat er dir auch von Joanna erzählt und dass sie 10 Jahre zusammen waren. Jedoch wird Nik dir gesagt haben, wie oft er sie hintergangen hat, besonders in seinem Auslandsjahr. Nie habe ich ihn derartig erlebt. Ich sage dir das jetzt nicht, damit du weinst oder die nächsten Tage nicht genießen kannst. Ich möchte nur, dass du das im Hinterkopf behältst. Also sollte er dir erzählen wollen, dass das als Fernbeziehung funktionieren wird. Dann bildet er sich das ein. Ich kann nicht immer darauf aufpassen, was er tut, denn ich habe ebenfalls ein Leben. Seitdem er letztes Jahr seine Ausbildung abgeschlossen hat, wurde er so oft versetzt, dass ich nicht mehr mitgezählt habe. Versteh das bitte und versuche nicht in irgendeinen Heiligen zu sehen, denn das ist er nicht und wird es auch nie sein.”, erklärte Ju nun ihr. Es war still geworden und alle schienen in dem Moment darüber nachzudenken, wieso er das ausgerechnet jetzt erzählen musste. Besonders, weil Niklas gerade nicht dabei war.

      Lina
      Jus Worte holten mich wieder auf den Boden der Tatschen zurück und mein kleiner naiver Traum zerplatze wie einer Seifenblase. Tief in mir drin wusste ich, dass er vermutlich... nein, dass es ziemlich sicher nicht funktionieren würde. Doch ich wollte es einfach noch nicht wahrhaben. Ich wollte so sehr daran glauben, dass ein einziges Mal funktionierte.
      Meine bisherigen Beziehungen, waren immer an dem Punkt gescheiter, wo ich mein tiefstes inneres offenlegte. Die meisten stießen mich dann weg, als hätten sie sich verbrannt. Keiner wollte ’beschädigte Ware’. Meine längste Beziehung endete in einem Nervenzusammenbruch meinerseits, womit mein damaliger Freund nicht klarkam. Seitdem hatte ich Männer gemieden und vor allem hatte ich mich nie getraut zu zeigen, wer ich eigentlich wirklich bin. Bei Niklas hatte sich alles richtig angefühlt und ich wollte zumindest für ein kurzen naiven Moment daran glauben, das es möglich war. Nur einen kurzen Augenblick.
      Umso schmerzlicher wurde mir gerade genau das bewusst, was Ju sagte.
      In 9 Tagen würde dieser Mann wieder nach Schweden verschwinden und ich wäre wieder allein. Samu hatte mich gewarnt und ich war trotzdem das Risiko eingegangen.
      So schnell wollte ich nicht aufgeben, ich würde darum kämpfen.
      “Lasst es mich wenigstens versuchen”, flüsterte ich mehr, als dass ich es wirklich sagte, “wenigstens ein paar wenige Tage”. Die letzten Worte gingen im Knistern des Feuers unter. Ich blickte die anderen nicht an, sondern zeichnete kleine Muster in den Sand. Ein Tick, den ich irgendwann entwickelt hatte, um emotional nicht vollkommen außer Kontrolle zu geraten.

      Niklas
      Erst als ich aus dem Wasser kam, wurde mir klar, dass keiner mit gefolgt war.
      “Was ist denn hier für eine Trauerstimmung?”, fragte ich zunächst scherzhaft. Dann bemerkte ich Lina, die irgendwas in den Sand kritzelte. Das kam mir bekannt vor. Als Hannes noch jünger war, hat er das auch immer gemacht. Etwas ernster fragte ich nun: “Ist irgendwas passiert? Ich war doch nur 10 Minuten weg und hatte was ganz anderes erwartet, wenn ich wieder komme.”
      “Du bist ein Arsch”, kommentierte Vriska. Unüberlegt trat ich näher an sie heran.
      “Wärst du so freundlich, dass zu wiederholen”, sagte ich klar und legte meine Hand fest an unter ihren Unterkiefer am Kinn.
      “Du bist ein Arsch”, wiederholte sie und begann zu grinsen.
      “Überleg’ dir ganz genau was du sagst”, flüsterte ich zu ihr und zog die Braue hoch. Eh ich weitersprechen konnte, stoppte Ju mich.
      “Beruhigt euch mal wieder’, das ist das Letzte, was wir heute noch gebrauchen können”, ging jetzt auch Samu dazwischen.
      “Ach Samu, mach’ dir da mal keine Gedanken. Das Einzige, was er gerade provoziert ist, dass ich mich aufrege. Aber ich bin’s wirklich langsam satt. Und genau deswegen habe ich Lina auch erklärt, wie es nach 9 Tagen weiter geht”, erzählt mir mein bester Freund nun. Natürlich hatte er auf eine Art recht mit Vriska, aber das gibt ihm nicht das recht so über mich zu urteilen.
      “Und was ist 9 Tagen? Vielleicht hilft mir das auch weiter, dann weiß ich, was ich nicht machen sollte”, fragte ich interessiert und setzte mich zu Lina, die es offenbar nicht mitbekam. Vorsichtig tippte ich sie an der Schulter an, damit sie sich nicht erschrak. “Was willst du jetzt? Hierbleiben oder gehen?”, flüsterte ich ihr zu, da Ju nicht wirklich motiviert war, es mir ins Gesicht zu sagen.

      Lina
      Es dauerte ein paar Sekunden, bis ich wieder in der Gegenwart angekommen war. Sofort bemerkte ich die angespannte Stimmung. “Können wir bitte gehen, das ist alles viel zu viel heute”, antwortete ich Niklas, der auf einmal wieder da war. Er half mir auf, schnappte sich seine Klamotten und dann verließen wir das Feuer. “Warte bitte kurz”, sagte ich, als wir uns ein Stück entfernt hatten. Ich brauchte einen Moment durchzuatmen, jetzt in diesem kurzen Augenblick war schon wieder so viel passiert. Ich schloss meine Augen einen Moment und amtete die kühle frische Nachtluft ein. Auch wenn ich es eigentlich nicht hören wollte, ich musste ihn trotzdem fragen, also sammelte ich all meinen Mut und stellte ihm diese Frage: “Ju, hat recht, oder? Es wird kein gutes Ende nehmen...”. Mit großen Augen sah ich ihn an und wappnete mich schon mal für die Antwort, denn vermutlich würde sie hart werden. “Und das hier...”, ich wedelte mit der Eigentumsurkunde “.... soll ein Abschiedsgeschenk sein, oder?”, fügte ich noch hinzu.

      Niklas
      Ich erwischte mich bei dem Gedanken, wie viel wohl ein Taxi in Kanada kostet, um ihr dieses zu zahlen. Während sie einen Moment für sich brauchte, entschied ich mich dennoch dazu mich vor sie zu stellen. Ich konnte mir gerade nichts besseres Vorstellen, als mit ihr allein zu sein, unter dem Sternenhimmel.
      “Es kommt darauf an, was du bereits bist zu opfern”, begann ich zu ihr zu sagen und legte meine Hänge an ihre Taille.
      “Ich bin bereit darum zu kämpfen”, antworte sie und sah mich weiter mit großen Augen an.
      Unbedacht, dies Mal, ohne zu fragen, legte ich nun meine Hände an ihren Kopf und küsste sie. Einige Minuten vergehen eh sie mich weiter sprachen ließ.
      “Es gibt nur eine Möglichkeit, na gut eher anderthalb. Die für uns beide schmerzhafteste Lösung wäre die Tage miteinander zu nutzen.”, eh ich weitersprach, versicherte ich mich, dass wirklich richtige zu sagen. “Die weniger schmerzhafte wäre es, wenn du mitkommst. Denn, Kanada ist für mich wirklich keine Alternative. Bisher hatten wir noch nicht drüber gesprochen, aber ich bin bei der Polizei in Schweden. Weißt du? Sobald ich wieder zu Hause bin, habe ich Nachtschicht”, erklärte ich ihr und lass sie los. Ich musste einige Schritte zurückgehen, denn ich konnte nicht von ihr verlangen in ein anderes Land auszuwandern.

      Lina
      Dieser Moment war zwar weit entfernt von perfekt, doch bei dem Kuss fühlte ich mich für einen Wimpernschlag als würde ich schweben. Hoffnungsvoll lauschte ich seinen Worten und betrachte ihn im schwachen Mondlicht. Wollte ich den Moment genießen und mich auf ein bitteres Ende vorbereiten oder wollte ich tatsächlich kämpfen und nichts unversucht lassen? Jetzt lag es an mir abzuwägen. Würde ich hierbleiben, wäre ich in meiner gewohnten Umgebung, doch ob ich da emotional verkraften würde, wieder allein dazustehen, mit einem Pferd was mich jeden Tag daran erinnerte? Ob ich so eine Chance einfach verstreichen lassen konnte?
      Den Hof zu verlassen, würde mir sicherlich schwerfallen schließlich hatte ich hier so was wie eine zweite Familie gefunden. Doch Schweden würde auch bedeuten, dass ich näher an meiner Heimat war. Näher an meiner Schwester, von Schweden aus war es sogar denkbar, dass ich die mal wieder Besuchen konnte. Jahrelang hatte ich sie nur über einen Bildschirm gesehen und ich vermisste sie schon sehr, in letzter Zeit immer mehr.
      In ein anderes Land zu ziehen war ein großer Schritt, was wenn es nicht funktionieren sollte zwischen Nik und mir? Fand ich dort wieder einen Job? Was würde aus meinen Freunden hier werden?
      All diese Gedanken und noch einige mehr ratterten mir gerade durch den Kopf. Auch wenn ich fest entschlossen war, alles zu versuchen, war dies eine Entscheidung, die nicht leichtfertig getroffen werden sollte. “Ich denke, ich brauche ein paar Tage Zeit darüber nachzudenken. Das ist eine große Entscheidung,” antworte ich, auch wenn mein Herz bereits die Antwort kannte.

      Niklas
      Dass darüber nachzudenken schien, weckte Zweifel in mir. Ihren Traum zu zerstören, wollte ich jedoch auch nicht.
      “Klar, aber bedenke, dass das nichts Endgültiges sein muss. Du kannst es erstmal versuchen in Schweden Anschluss zu bekommen und bevor du beginnst, wie schön es wäre …”, verstummte ich. Dass ich mit 26 Jahren noch bei meinem Vater lebte, gehörte auch zu den Gründen, wieso ich zögerte. Eh die anderen uns erwischen, nahm ich sie hoch auf meinem Rücken und trug sie zu ihrem Zimmer. Bei dem Weg füllten sich meine Schuhe voll mit weichem Sand, was das Gehen mit einem menschlichen Rucksack nur bedingt leichter machte. Vor ihrer Zimmertür setzte ich sie ab und sprach weiter: “Was hältst du davon, wenn wir später mit Vriska drüber sprechen? Das LDS ist nur 20 Minuten entfernt vom Trainingszentrum und dort hättest du den ganzen Tag was zu tun. Ich weiß, dass Tyrell nicht viel zahlen kann, aber du kannst am Hof leben, bekommst die Nahrung finanziert und vor allem keine festen Arbeitszeiten. Und wenn dir das in paar Wochen oder erst Monaten wirklich zusagt, dann holen wir Divine her. Okay?”, versuchte ich ihre Gedanken in eine bestimmte Richtung zu lenken, besonders vom ‘ich sitze bei ihm zu Hause herum und warte, dass er kommt’.

      Lina
      ‘’Okay, du hältst es also für möglich?’’, murmelte ich leise. Der Flur, in dem mir standen, war dämmrig, das einzige Licht kam vom Mond, welches durch das Fenster am Ende fiel. Ich betrachtete Niklas, so wie er vor mir stand. Niemals hätte ich gedacht, dass ich mich in jemanden wie in Verlieben könnte, doch jetzt war es geschehen und auch noch so schnell.
      Wie konnte ein einziger Tag so viel in einem verändern? Mein Gehirn schrie mich förmlich an, dass ich diesen Gedanken lieber ganz schnell wieder vergessen sollte, doch da gab es noch die andere Seite. Die Seite in mir den Glauben und Hoffen wollte, die Seite, die heute so viele Entscheidungen heute getroffen hatte, die Seite, die diese ganze Kette an Ereignissen ausgelöst hatte.
      Nur zu gut spürte ich gerade die Wand in meinem Rücken. Flucht schien also kein Ausweg zu sein. Ich musste mich jetzt mit den Dingen auseinandersetzen. Ich konnte nicht mehr Weglaufen wie es sonst getan hatte, denn selbst wenn ich es Versuchte, die Ereignisse würden mich wieder einholen.
      Ich fragte mich was in Niklas gerade vorging. Bereute er seine Entscheidung? Die Frage viel mir schwer, aber ich musste sie einfach stellen.
      “Was denkst du wirklich über das hier? Und bitte sei ehrlich”. Ich hatte Angst davor ihn anzusehen, und die Antwort bereits zu erkennen, also wandte ich mein Gesicht von ihm Weg.

      Niklas
      “Ich versuche so ehrlich zu sein, wie ich kann.”, flüsterte ich vor mich hin und musste tatsächlich einen Moment darüber nachdenken.
      “Es fällt mir schwer zu beurteilen, ob das für uns beide in die richtige Richtung geht. Aber das können wir nur wissen, wenn wir es versuchen. Noch haben wir einige Tage vor uns. Sollte es länger dauern, dann bleibe ich erstmal und versuche meine Schicht zu tauschen. Ich möchte nicht, dass du allein fliegst. Aber ich gehe jetzt rüber. Vermutlich hat Ju mir noch ein paar Sachen zu sagen.”, flüsterte ich ihr zu und gab Lina einen Kuss auf die Stirn, dann bewegte ich mich in Richtung Zimmer.
      “Okay”, hauchte sie nur und blieb dort stehen.
      Der Weg erschien mir unendlich lang. Immer wieder flackerte der Mond durch die Bäume und ich spürte wie mein Herz ins unermesslich stieg. Ich kann dem nicht entfliehen, dachte ich mir und stand zum Glück vor der Tür. Ju war da. Allein. Tatsächlich legte sich meine Anspannung etwas ab, denn ein Flashback könnte jeden Moment kommen. Schnell zog ich mein Handy aus der Hosentasche, besser gesagt, ich wollte es herausziehen. Denn es war nicht da.
      “Was suchst du?”, fragte mich mein Kumpel.
      “Eigentlich mein Handy, aber es ist nicht mehr in meiner Tasche.”, antwortete ich verwirrt, aber machte mir keine Gedanken weiter drüber.
      “Wollen wir draußen gucken gehen?”, bot er seine Hilfe an. Ich schüttelte den Kopf. Meine Sachen warf ich in die Ecke, holte aus dem Kühlschrank ein weiteres Bier und setzte mich zu Ju an den Tisch.
      “Was hast du auf dem Herzen?”, fragte ich ihn wenig später.
      “Du machst es mir nicht leicht, weißt du das? Ich habe dich mit Lina reden gehört. Vielleicht solltest du dir auch die ganze Sache noch mal durch den Kopf gehen lassen. Denk dran, bald kehren wir zurück in die Normalität. Du musst zur Arbeit, das Training und dann noch eine Freundin. Wie willst du das alles stemmen? Wenn wir nicht zusammen trainieren würden, sähen wir uns gar nicht.”, versuchte Ju an meine Vernunft zu appellieren.
      “Ich werde nächstes Jahr 27 Jahre und habe gerade mal meine Ausbildung fertig. Den Leistungssport werde ich sicher auch nicht mehr lange machen können, also muss ich mich doch vorbereiten.”, wollte ich ihm klarmachen, aber verstummte dann. Das Bier war innerhalb kurzer Zeit schon leer und ich machte mich fertig fürs Bett. Auch Ju schien geschafft vom Tag zu sein.
      “Also meinst du es ernst mit ihr?”, fragte er, als wir im Bett lagen. Ich antwortete ihm nicht.

      Lina
      Ich hatte Niklas noch nachgeschaut, wie er den Flur runterlief, bis er am Ende der Treppe verschwunden war. Wie angewurzelt Stand ich da. Erst als er verschwunden war, war ich in der Lage mich wieder zu bewegen. Erschöpft stolperte ich in mein Zimmer. Ohne Licht anzumachen, legte ich Divines Eigentumsurkunde auf die Kommode und ließ mich auf mein Bett fallen. Ich hatte heute so viel gefühlt, dass ich mich jetzt nur noch leer fühlte. Ich war nur noch eine leere Hülle. Mechanisch streifte ich mir noch die Schuhe von den Füßen, bevor ich einschlief.

      Nachdem auch die letzten den Weg ins Bett gefunden hatte, kehrte Ruhe auf dem Hof ein. Allmählich wich die Nacht dem Tag und die ersten Sonnenstrahlen locken die Bewohner wieder aus ihren Betten.

      Samu
      Schon bei Sonnenaufgang, war ich aufgestanden, um ein Runde joggen zu gehen. Gestern war so einiges geschehen, was ich nicht gutheißen konnte, doch ich brauchte dringend einen klaren Kopf, bevor ich Lina wieder gegenübertrat. Was auch immer sie sich gedacht hatte, als sie sich auf Niklas einließ. Ich konnte jetzt nur noch versuchen ihr, als Freund beizustehen.
      Da ich Lina seit gestern Abend am Bach nicht mehr gesehen hatte, machte ich mich nach einer Dusche auf die Suche nach ihr.
      Vorsichtig klopfte ich an die Zimmertür, “Darf ich reinkommen?”, fragte ich. Von drinnen kam keine Antwort. Vorsichtig öffnete ich die Tür. Lina stand vor dem Spiegle und starrte sich selbst an. Sie trug immer noch die Klamotten von gestern und die Schuhe lagen achtlos neben dem Bett.
      “Alle ok, Kleines?”, sprach ich sie an, als ich in das Zimmer trat. “Bin das noch ich”, fragte sie mich sah aber weiterhin in den Spiegel. Sie war definitiv noch sie selbst, wenn nicht sogar mehr als sie selbst als sie die letzten Jahre gewesen war, denn die Fassade des immer fröhlichen Mädchens war verschwunden.
      “Ja, du bist mehr du denn je. Du kannst nicht ewig vor dir selbst wegrennen, du musst es zulassen”, sagte ich sanft und legte meine Hand auf ihre Schulter. Jahrelang hatte sie sich versteckt und ihr Probleme in sich reingefressen. Doch jetzt, wo sie sich endlich jemandem anvertraut hatte, der sie verstand, schien sie daran zu zerbrechen. Endlich drehte sie sich um und sah mich an. “Lina, egal wie du dich entscheidest, ich werde dich bei allem Unterstützen”, sagte ich sanft zu ihr und nahm sie in den Arm. “Danke, Samu” flüsterte sie in mein Shirt.
      “Weißt du, du gehst jetzt duschen, ziehst dich um und dann gehen wir erst einmal Frühstücken. Das bringt dich vielleicht auf andere Gedanken, schlug ich ihr vor. Sie schon gleich ein wenig zuversichtlicher zu sein. “Ich hol dich in 20 Minuten ab”, sagte ich noch und verschwand aus dem Raum.

      Vriska
      So schnell wie Lina und Niklas verschwanden, kann er nichts Gutes im Schilde haben. Doch ich konnte nicht weiter meine Gedanken an den Kerl verschwenden, denn es ist bald vorbei. Bevor ich mich auf den Weg zum Essen machte, stand Duschen auf dem Plan.
      “Guten Morgen”, kam ich in den Raum und setze mich an einen freien Tisch. Weder Lina war da noch Ju oder gar Niklas. Stattdessen kam Milena zu mir.
      “Und ist was gelaufen mit euch?”, fragte sie aufgeregt.
      “Selbst wenn, dann erzähle ich es dir nicht.”, knurrte ich sie an und warf einen Blick über das Buffet. Schnell wurde ich fündig und stapelte das Frühstück auf meinem Teller. Damit setzte ich mich zurück an den Tisch. Dann kam endlich Ju wieder, allein.
      “Wo ist denn deine bessere Hälfte?”, scherzte ich, als er sich dazu setzte.
      “Godmorgon, der schläft noch und scheint nicht so fit zu sein, deswegen habe ich ihn im Bett gelassen.”, erklärte er mir, eh Ju sich selbst was zum Essen organisierte.

      Lina
      Samu hatte recht. Ich lief schon mein ganzes Leben lang vor mir selbst weg und das musste endlich aufhören. Auch wenn das nicht einfach werden wird, gehört auch meine Geschichte dazu.
      Nach einer heißen Dusche fühlte ich mich schon um einiges besser und auch die trüben Gedanken waren ein wenig in den Hintergrund gerutscht.
      Als ich meine Klamotten, raussuchte fiel mein Blick auf Divines Eigentumsurkunde und das heiterte mich ein wenig auf. Egal was passieren mag, dieser Hengst würde mich ab jetzt für immer begleiten.
      Es klopfte an der Tür und Samu steckte seinen Kopf durch die Tür. “Bist du fertig”. Bei seinem Anblick musste ich unwillkürlich grinsen. Wie schaffte es mein bester Freund eigentlich jeder Situation, doch noch etwas Positives zu finden? Er strahlte jetzt schon wieder so eine Zuversicht aus, das ist einfach unglaublich.
      “Ja, aber bevor wir zu Frühstück gehen, muss ich noch mal kurz woanders hin”, sagte ich mit einem kurzen Blick auf das Papier auf der Kommode.
      “Na, klar, dein kleiner Prinz wartet bestimmt schon auf seine Möhre, die du ihm immer bringst”, sagte der Finne. Er hatte mich bisher immer damit aufgezogen, dass ich morgens als Erstes zu Divine ging, doch heut schien er sich tatsächlich darüber zu freuen.
      “Na dann los”, sagte ich und quetschte mich an Samu vorbei.
      Im Stall angekommen lief ich, als Erstes in die Sattelkammer um etwas aus dem Spind zu holen.
      Der Spind sah wohlgemerkt wieder wunderschön aus, da hatte Niklas ganze Arbeit geleistet. “Na, wo ist denn…”, sagte ich zu mir selbst und begann im Spind zu suchen. “Ohhhh, da ist es ja”, rief ich triumphierten, als ich endlich die Leckerlipackung fand und aus dem Fach zog. Dabei fiel noch etwas anderes heraus. Ein kleiner Schutzengel. Meine Schwester hatte ihn mir damals Geschenk und eigentlich war er für Vijami vorgesehen gewesen.
      Lange hatte ich ihn den kleinen Engel in der Schublade gelassen.
      “Ich glaube, heute ist der Tag gekommen, wo du einen Job bekommst”. Jeder der mich sah, wie ich gerade mit einem kleinen Anhänger redete, musste mich vermutlich für vollkommen verrückt halten. Gut, dass mir keiner zusah.
      Samu war in der Stallgasse geblieben und kraulte Divine ausgiebig, der natürlich seinen Kopf über die Boxentür steckte.
      “Guten Morgen, mein kleiner Prinz”, begrüßte ich den Freiberger als ich seine Box betrat. Natürlich begann er gleich nach einem Leckerli zu suchen, welches er auch bekam. Ausgiebig kraulte ich den Hengst an seine Lieblingsstellen. Freundlich begann er mich anzuknabbern. Das war unser allmorgendliches Ritual und diese Momente gehört nur meinem Pferd und mir. Irgendwann trat ich aus der Box heraus und Samu wollte schon gehen, doch ich hielt ihn noch kurz auf. “Warte, ich muss noch eine Kleinigkeit erledigen”, sagte ich, während ich nach Ivis Halfter griff. Mit ein paar Handgriffen befestigte ich den kleinen Anhänger an seinem Halfter. Die blauen Perlen und die silbernen Flügel passen einfach perfekt zu seinem blauen Halfter, wie als wäre das schon immer so gedacht gewesen.
      “So, jetzt können wir gehen”, sagte ich mit einem Lächeln auf den Lippen.
      Auf dem Weg zum Frühstücksraum wurde ich ein wenig nervös, weil ich nicht abschätzen konnte was mich dort erwarten würde. “Das wird schon”, sagte Samu zu mir, der meine Anspannung bemerkt hatte. Mit einem mulmigen Gefühl betrat ich den Raum.

      Vriska
      Endlich erblickte Lina. Zusammen mit Samu betrat sie den Raum.
      “Hier” winkte ich die Beiden aufgeregt zu uns.
      “Na, gut geschlafen?”, fragte Ju die Ankömmlinge.
      “Naja, geht so, war ein wenig unbequem”, antwortete Lina.
      “Also ich habe wunderbar geschlafen”, schloss sich Samu an.
      “Wieso unbequem?”, fragte ich Lina etwas ungläubig, den von Ju wusste ich, dass Niklas nicht bei ihr geblieben ist. Demnach musste sie sich das Bett niemanden teilen und hatte alle Freiheiten.
      “Es empfiehlt sich eindeutig nicht in Jeans zu schlafen”, antwortete Lina knapp.
      Ich lachte.
      “Guten Morgen! Nach dem Theorieunterricht am gestrigen Tag wollen wir das nun am Pferd einmal anschauen. Deswegen findet euch in kleinen Gruppen zusammen und wir treffen uns alle am Stall. Dann werden wir heute die Ausrüstung kontrollieren und in der Reithalle Lockerungsübungen für das Genick machen. Wir sehen uns später”, sprach Herr Holm zu uns und kam an unseren Tisch.
      “Ju, sag’ mal wo ist denn Niklas. Der kommt doch sonst nie zu spät.”, fragte er offensichtlich besorgt.
      “Dem geht es nicht so gut, offenbar sind die Schmerzen größer als er wartet.”, sagte Ju. Der Trainer des Teams nickte nur und Verstand.
      “Ich weiß nicht, wie es bei euch aussieht, aber ich will jetzt reiten”, gab ich zu stand auf.

      Lina
      “Reiten klingt gut”, stimme ich Vriska zu. Als Ju erwähnt hatte, dass Niklas heute Morgen wohl nicht kommen würde machte ich mir zwar ein paar Gedanken, doch ich vermute, dass ich in dem Punkt gerade nicht viel helfen konnte. Also blieb mir wohl nichts anderes übrig, als mich auf die kommende Stunde zu konzentrieren.
      Da kam mir gleich die Frage, welches Pferd ich nehmen sollte. Divine, könnte ein bisschen Arbeit gut vertragen, aber da war ja immer noch das Problem, das er klebt. Das war keine Gute Voraussetzung für eine Gruppenstunde. Also musste ich mich wohl oder über für ein anderes Pferd entscheiden. Während ich darüber nachdachte, folgte ich den andern, die bereits aufgestanden waren und gerade den Raum verließen.

      Niklas
      Geplagt von den schlimmsten Kopfschmerzen, die ich je hatte, suchte ich nach meinem Handy, dass ich zuletzt am Wasser hatte. Also zog ich mir rasch eine Hose und ein dünnes Shirt drüber, um mich auf die Suche zu machen. Es gibt nichts Schlimmeres, als im Ausland zu sein, ohne Handy. Seit der Ankunft konnte ich kein Back-Up machen, weswegen es mir umso wichtiger war, das blöde Ding wiederzufinden. Draußen war es nahezu still. Einige Pferde hörte man in seinen Boxen, andere fraßen auf den Weiden und Vögel sangen ihre Lieder. Das Licht stach mir in die Augen, weswegen ich noch einmal umkehrte, um meine Sonnenbrille zu holen.

      Vriska
      “Kommst du auch mit?”, fragte ich Ju, der bereits aufgegessen hatte.
      “Öhm ja, aber ich gucke nur zu. Amy war gestern nach dem Baden fertig”, antwortete er. Also nahm ich seinen Teller mit und stellte beides in die Schüssel, in der das dreckige Geschirr abgelenkt werden sollte.
      Ich hatte mir am Morgen bereits meine Reitsachen angezogen, um mir nicht den Stress zu machen, den Ju nun hat. Er verabschiedete sich kurz von mir und zog sich etwas anderes an. In der Zeit holte ich Glymur von der Weide, auf der zur Sicherheit wieder ein Strick zusätzlich herumgebunden wurde am Tor.
      “Na du Strolch. Heute musst du arbeiten.”, begrüßte ich den Hengst und bot ihm ein Stück Möhre an, dass ich vom Frühstück mitgenommen hatte. Freundlich prustet er mich an und schleckt meine Hand ab.
      Im Stall stand bereits Lina mit einem schicken Rappen.
      “Oh, was hast du denn da ausgepackt? Willst du jemanden beeindrucken etwa?”, scherzte ich, als ich Glymur einige Meter weiter anband.
      “Das ist Legolas. Also bitte, ich kann nicht dafür das, ich für diesen schicken Kerl verantwortlich bin”, antwortete sie grinsend.
      “Na dann bin ich mal gespannt, wer von euch beiden in der Halle eine bessere Figur macht”, neckte ich sie und begann meinen Hengst fertig zu machen, der nicht wirklich begeistert von Legolas zu sein scheint. Mit angelegten Ohren schnappt mein Isländer nach dem etwas größeren Hannoveraner, der sich davon überhaupt nicht beeindrucken lässt. Gelassen steht dieser da und beobachtet Lina beim Putzen. Vermutlich hofft er eine Leckerei zu bekommen.
      “Ach schön, ihr seid schon so weit”, sagte Herr Holm und kam näher.
      “Anna ist schon vorgegangen mit Lubi. Bei ihr war das Reithalter zu eng, weswegen ich es einfach entfernte”, setze er fort und präsentierte dieses.
      “Gut, dass das Ding eh keiner braucht”, ging Lina auf den Kommentar des Trainers ein.
      “Das kommt darauf an, du bist ja leider früher gegangen, deswegen Zeige ich dir mal kurz was oder noch besser, erklärst du Lina doch einmal wieso ein schwedisches Reithalfter nur mit bedacht genutzt werden sollte”, sagte er dann zu mir und drückte mit Lubis Reithalfter in die Hand. Da Legolas noch nicht getrenst war, zog ihm das Halfter über den Hals und das Ding an den Kopf.
      “Ähm, grundsätzlich ist mit dem Reithalfter alles gut. Auch an deinem Hengst sitzt es zwei Finger entfernt vom Jochbein. Leider ist das Verschließen ein großes Problem. Immer weniger achten darauf, dass zwischen Halfter und Nasenbein mindestens 2 Finger drunter passen sollten. So passiert es auch schnell bei diesem Verschluss. Einmal gezogen und fester wird es nicht mehr. Die Umlenkrolle verändert die Krafteinwirkung so, dass man nicht merkt, wie doll es drückt.”, erkläre ich ihr und demonstriere es vorsichtig am Kopf des Hengstes. Obwohl ich zum Schutz meine Finger dazwischen gelegt habe, legt Legolas seine Ohren an, als ich am Riemen ziehe zum fest machen.
      Herr Holm lobt uns beide und guckt sich noch an, wie wir gesattelt haben und vermittelt uns freundlich, aber diskret, dass wir zur Halle kommen sollen.
      “Also eigentlich ist das nicht so mein Ding, aber ich will wissen was das mit dir und Niklas ist”, tastete ich mich langsam an Lina ran, als wir uns auf dem Weg zur Halle befanden.

      Lina
      “Das ist… ein wenig kompliziert”, zögerte ich ein wenig ihr zu antworten. Naja, eigentlich konnte ich es ihr auch erklären. Ich vermute früher oder später wurde sie es eh mitbekommen, dennoch hatte ich ein wenig Schiss vor ihrer Reaktion. “Ok, du solltest wissen, ich hatte es nicht immer einfach. Niklas … gibt mir einfach das Gefühl etwas Besonderes zu sein und das alles an mir ok ist”, erklärte ich Vriska. Inzwischen waren wir fast an der Halle angekommen.
      “Ja … Das kann ich nachvollziehen.”, murmelte sie, aber ich konnte es noch hören.
      “Naja ... dieses Gefühl hatte ich noch nie bei einem Außenstehenden, der meine Geschichte nicht miterlebt hat”, erzählte ich weiter. “Und wenn ich ehrlich bin…, bin ich selbst ein wenig überrascht, dass das ausgerechnet hier und jetzt passiert”, fügte ich hinzu. Ich spüre wieder den Drang Muster zu malen, da dass hier nicht möglich war, begann ich automatisch die Zügel in meiner Hand durchzukneten.
      Mit einem schnipsen holte sich mich zurück. “Lina? Aber wie geht es den weiter, weil naja. 8 Tage sind schneller vorbei als man denkt.”, wiederholte sie leise, damit Anna es nicht mitbekam, die an uns im Schritt vorbeiritt.
      “Konzentration bitte, aufsteigen!”, motzte Herr Holm.
      “Ich weiß es nicht”, flüsterte ich Vriska zu, bevor ich mich meinem Pferd zu wand und aufstieg. Seit gestern Abend hatte ich nicht weiter darüber nachgedacht, wie es weitergehen sollte. Legolas stolpern, erinnerte mich daran, dass ich mich jetzt auf etwas anderes konzentrieren muss. Ich amtete einmal tief durch und fokussierte mich auf mein Pferd. Jetzt gerade musste meine volle Aufmerksamkeit dem Rapphengst gehören.

      Vriska
      “Du Idiot”, flüstere ich zu mir und meinte mich damit. Was hatte ich eigentlich erwartet von den Fragen? Vermutlich spricht sie gerade jeder Zweite darauf an, wieso sie jetzt was mit dem hat. Niemanden geht das was an. Ich sah das auf der Tribüne Samu, Milena und Ju sitzen.
      “Tief durchatmen”, sagte ich mir und blieb mit Glymur zunächst in der Mitte stehen. Wenn ich mich nicht fallen lasse, dann kann ich es auch nicht von meinem Hengst erwarten.
      “Är du rädd? (Hast du Angst?)”, wird Anna frech. Ich beachtete sie nicht weiter, aber die Worte trafen mich dennoch. Sie schien es mitbekommen zu haben und freute darüber. Herr Holm maßregelte sie.
      Im Schritt ritt ich an und wärmte den Hengst zunächst auf.
      „Anders, ich schätze mit Isländer wirst du nicht viel Anfangen können“, merkte Frau Wallin an, die die Reithalle betrat. Er lachte und bot sie dazu.
      Es war deutlich zu spüren, dass Glymur ziemlich kurz ist in seinen Tritten, sich deswegen nicht fallen lässt. Mit einigen Übungen hoffte ich, dass er seinen Rücken etwas mehr aufwölbt. Damit er sich auch ein bisschen mehr fallen lässt und Schritte vergrößert. Als Erstes achtete ich darauf, dass er gleichmäßigere Schritte machte. Da es für Glymur aber sehr anstrengend war, gab er nicht auf sich dem zu entziehen. Er schüttelte seinen Kopf und wurde immer kürzer. Zur Hilfe stellte ich ihn ein wenig nach Innen, damit er Außen etwas mehr Luft hatte. Dabei dehnte er sich schon etwas mehr. In seiner guckigen Art, weil Lubi mit in der Halle war, stolperte er mehrfach. In meinem Kopf kam die Angst vom Sturz wieder. Panisch hielt ich den Hengst an.
      “Vriska, wenn Glymur gleichmäßiger laufen soll, musst du ihm auch die Möglichkeit dafür geben. Selbst wenn er stolpert, wirst du nicht direkt herunterfallen. Und wenn doch, dann solltest du deinen Sitz einmal mehr kontrollieren. Also bremse ihn nicht andauernd und wenn es dir hilft, lass die Zügel noch länger. Dann klammerst du dich nicht mehr so denen”, merkte Frau Wallin an, nachdem ich den Hengst wieder einmal in den Halt durchparierte. Ich atmete noch einmal tief durch und setzte mein Pferd wieder in Bewegung. Je mehr ich mich in den Sattel setzte, umso mehr richtete sich Glymur auf. Einen Naturtölter zu haben ist Segen und Fluch zugleich. Mit ihm wird man die Schwierigkeiten haben den Takt im Tölt zu finden, doch einen ordentlichen Trab zu haben oder gar Galopp bedarf so viel mehr Training. Doch ich kann mich nicht beschweren. Noch immer freute ich mich sehr dieses Pferd zu haben und wir kennen uns einander auch noch nicht so gut, da ich nur einige Tage vorher ihn geritten bin am Hof, dann ging es schon wieder weiter nach Kanada. So könnte man sagen, dass Glymur und ich gerade eine Kennenlernfahrt haben. Mit diesem Gedanken flutschte das Aufwärmen direkt viel besser. Ich gewann mehr Sicherheit und seine Ohren vermitteltet mir ebenfalls, dass er gut zuhörte.

      Lina
      “Bevor wir hier auch mit dir richtig anfangen, wollte ich noch fragen, ob du kurz was zu dir und deinem Pferd sagen kannst, damit ich einen besseren Eindruck von euch bekomme. Wie lange reitest du schon? Wie alt ist dein Rappe? Was fällt ihm schwer, was besonders gut?”, begann Herr Holm den Unterricht mit mir.
      “Also ich reite jetzt ungefähr schon knapp 14 Jahre, aber erst seit knapp 5 Jahren mit Unterricht. Legolas hier reite ich jetzt ca. seit ca. 4 Monaten. Er ist 12 Jahre alt. Besonders schwerfallen ihm Seitengänge, vor allem auf der linken Hand. Übergänge und Tempowechsel sind dafür sein Spezialgebiet”, beantwortete ich den Trainer die Fragen, während ich auf dem Zirkel um ihn herumritt. Da ich vorher immer bevorzugt, kleiner Pferde geritten bin, fiel mir die Umstellung auf diesen großen Hengst damals gar nicht so leicht, denn er brachte sehr viel Schwung mit sich, was mir auch heute teilweise Probleme bereitet.
      “Gut, dann erstellen wir jetzt wohl noch einen Fahrplan für euch Beide. Du möchtest also das die Seitengänge besser funktionieren?”, fragte er mich. “Ja, genau”, antwortete ich.
      “Supi. Dann reite ihn zunächst so warm, wie du es sonst machst, denk auch dran ihn auch zu versammeln. Wenn was ist, wirst du es schon mitbekommen”, lachte er und wendete sich zu Anna mit Lubi ab. Ich begann also damit, den Hengst erst einmal im Schritt aufzuwärmen. Wie immer startete ich dabei erst mit größeren und dann immer kleineren gebogenen Linien. Legolas war kooperativ, auch die anderen Pferde störten ihn nicht. Nachdem ich ihn ausreichend im Schritt vorbereitet hatte, nahm ich auch den Trab dazu. Auch diesen ritt ich mit vielen gebogenen Linien. Ab und zu ließ ich ihn an der langen Seite ein wenig an Tempo zulegen, bevor ich ihn wieder einfing. Der Hengst war heute schon aufmerksam und gab sich Mühe, meine Hilfen umzusetzen. Solang ich noch Leichtraben konnte klappe es so weit auch ganz, gut doch als ich begann das Aussitzen dazu zunehmen, stieß ich mal wieder an meine Grenzen.
      „Lina, wenn du nicht sicher bist im Aussitzen dann Trab lieber leicht. Ansonsten kann Anna dir das sicher erklären.”, sagte Herr Holm zu mir und ich schaute zu Anna, die gerade mit ihrer Stute versammelt trabte. Ihr Gesichtsausdruck drückte keine Begeisterung aus, doch sie schien mir helfen zu wollen.
      “Wenn’s sein muss, okay. Also deine Beine müssen entspannt parallel zum Pferd liegen. Achte darauf, dass du nicht verkrampfst, sondern die Bewegung deines Pferdes fühlst. Deine Beinmuskelatur zieht? Dann ist es richtig. Setz’ dich so tief wie möglich in den Sattel, ohne dich nach Hinten zu lehnen, schließlich bist du nicht Vriska mit ihrem Kartoffelsacksitz. Denk’ auch daran zu atmen. Was mir damals geholfen hat, war die Steigbügel über den Sattel zu legen und dann den Gedanken zu haben, dass ich Wasserkanister an den Füßen habe. Deine Hüfte muss leicht nach vorne bewegt sein.”, erklärte sie mir dann. Natürlich war mir ihr Kommentar zu Vriska nicht entgegen, aber ich hatte definitiv keine Lust noch jemanden da zuzubringen mir wegen irgendetwas auf die Nerven zu gehen.
      Ich versuchte ihre Tipps so gut wie möglich umzusetzen, auch wenn ich mich ein wenig wie ein Reitanfänger fühlte, als ich die Steigbügel über den Sattel legte.
      Aus dem stand heraus ich meinen Hengst wieder an und konzentrierte mich auch meinen Sitz. Ok, Lina tief in den Sattel und vor allem, weiteratmen, dachte ich mir. Und siehe da es funktionierte tatsächlich. Da das bei einem Pferd mit so viel Schwung allerdings recht anstrengend war, ging ich doch recht schnell wieder zum Leichttraben über.
      Auch, wenn ich mich auf mein Pferd konzentrierte waren, mir Milenas spöttische Blicke Vriska gegenüber nicht entgangen.

      Niklas
      Das Ding war es nicht Wert weiter meine Zeit mit der Suche zu verschwenden. Meine Hoffnung beruhte darauf, dass es keiner gefunden hat, denn ich Idiot habe keinen Pin zum Entsperren drin. Im Zimmer zog ich mir etwas anderes über und warf noch eine Schmerztablette ein, denn die vorherige schien langsam ihre Wirkung zu verlieren. Über der Tür hing eine Uhr, die mir zeigte, dass ich fast zwei Stunden damit verbracht hatte mein Handy zu finden. Auch Schuldgefühle kamen in mir hoch. Lina dachte nun bestimmt, dass ich sie verarscht habe oder irgendwas. Kurz musste ich innehalten, eh mich auf die Suche nach dem Viergespann machte. Ich begegnete niemanden, denn ich hätte fragen können, wo alle sind. Es schien, als seien alle vom Erdboden verschluckt worden sein. Natürlich konnte ich es mir nicht nehmen zu lassen, mal ‘mein’ Pferd zu besuchen. Da Lina ihn selbst auf die Weide brachte, kam es nicht viele Möglichkeiten, wo Divine steht. Tatsächlich entdeckte ich ihn im Stall.
      “Guten Morgen. Ich hoffe, du kannst dich besser um sie kümmern als ich. Schließlich musst du nicht damit rechnen jeder Zeit was Falsches zu sagen”, führte ich einen Monolog mit dem Schimmel, der mich freundlich anstupste.
      “Was denn los?”, versuchte ich von ihm zu erfahren, was sich als eher schwierig herausstellte. Sogar Smoothie antwortete mir nie auf diese Frage.
      “Denkst du, Lina ist sauer, wenn wir mal gucken gehen, was sie gerade macht?”, fragte ich ihn, doch nun schien er mir was zeigen zu wollen. Divine hob sein Kopf, als würde er darauf warten mitzukommen. Also schnappte ich mir das Halfter, dass an der Box hing. Ein kleiner Engel hing dran.
      “Oh, was hast du denn da dran?”, zeigte ich ihm. Keine Reaktion. Pferde halt. Vorsichtig zog ich ihm das Halfter um und führte ihn heraus. Beim Herausgehen griff ich noch nach einer Gerte, die am Eingang herumlag. Schnellen Schrittes versuchte er vorauszulaufen, doch mit der Gerte an der Brust bremste ich ihn. Sein Blick richtete sich zur Reithalle, da er vermutlich gerade mehr sehen konnte als ich, entschied ich ihm diesen Willen zu lassen. Schon von weiten konnte ich Herrn Holm hören. Neugierig stellte ich mich an den Eingang der Halle, während der Hengst fröhlich ein paar Grashalme verschlang.
      “Was hast du denn da mitgebracht?”, fragte Anna abwertend, was ich nur an ihrer Stimme erkennen konnte.
      “Das wohl wertvollste Pferd hier in der Halle”, antwortete ich stumpf.

      Lina
      Ich war etwas irritiert, als ich die Antwort auf Anna Frage hörte, denn es war ganz klar Niklas’ Stimme. Neugierig lenkte ich meinen Rappen zum Tor, wo Anna mit ihrem Pferd stand, denn die Antwort hatte mich Neugierig gemacht. War Smoothie so wertvoll? Doch der Anblick vor der Tür überraschte mich. Vor der Tür stand Niklas mit Divine am Strick, der gemütlich ein paar Grashalme rupfte. “Was machst du denn hier?”, fragte ich ein wenig erstaunt und wusste nicht genau, ob ich, damit mein Pferd oder Niklas meinte.
      “Ich kann auch wieder gehen, wenn dir das lieber ist!”, scherzte er, ohne meine Frage wirklich zu beantworten. “Nein, nein bleib ruhig da, aber meinst du nicht ich hätte mein Pferd auch selbst gefunden? Auch und es ist ja schön, dass du dieses Pferd so sehr zu schätzen scheints, aber… so wertvoll ist er jetzt auch nicht. Nur weil er so heißt, ist er trotzdem noch kein Gott”, antworte ich immer noch ein wenig verwirrt. Ich hatte mit Legolas die Reitbahn, verlassen um nicht allen im Weg zustehen, der Unterricht war ohnehin beendet.
      “Doch ich glaube ganz fest daran, dass du dein Pferd selbst gefunden hättest. Nur ich hätte dich wohl ohne ihn nicht gefunden. Und doch schon, wenn wir es materiell betrachten. Ich habe einen Jahreslohn auf den Tisch gepackt für ihn.”, flüsterte Niklas mir zu und schien die letzten Worte eher verschlucken zu wollen. Erst jetzt, als ich abgestiegen war, merkte ich das Niklas mich anblinzelte, wie ein Maulwurf, doch das war mir gerade egal.
      “Bitte was hast du?”, fragte ich ein wenig geschockt. “Nicht dein erst!”. Ich musste mir sehr viel Mühe geben, meine Lautstärke zu zügeln, damit es nicht die ganz Halle mitbekam. Divine hob den Kopf und sah mich verständnislos an.
      “Jetzt beruhig dich, das geht die alle nichts an.”, begann er zu sprechen und führte den Hengst ein Stück weiter weg von der Halle.
      “Ich wollte dir eigentlich nicht sagen, wie viel ich dafür hingeblättert, da das Geld alles abdecken sollte. Und ganz ehrlich? Geld ist da, um es auszugeben. Denkst du wirklich, dass ich Arbeiten gehe, um welches zu verdienen?”, fragte Nik neckisch und versuchte mich zu kitzeln. Ich versuchte ihm auszuweichen, doch da stand mein Hannoveraner Hengst im Weg. Lachend musste ich mich ihm ergeben.
      “Entschuldigen sie Majestät, das ich nicht von jedem erwarte, dass er in Geld schwimmt”, erwiderte ich nun auch in der Stimmung für Späße, als ich wieder etwa Luft bekam und deute einen Knicks an.
      “Aber wo wollte ihr zwei denn eigentlich hin”, fragte ich Niklas, denn so ganz genau hatte ich noch nicht gepeilt, warum er mit meinem Pferd über den Hof spazierte.
      “Was heißt hier, Majestät? Wenn ich ein Teil des Königshauses wäre, dürfte ich gar nicht arbeiten oder gar hier sein, allein. Und wo wir hinwollten, dass weiß ich so genau nicht. Es war eine impulsive Handlung. Ich suchte nach dir, da war meine erste Vermutung, dass du bei ihm bist oder im Stall am Arbeiten bist. Stattdessen trafen wir uns beide und er beschloss mit mir zu Halle zu gehen. Vielleicht hätte er sich dann was abgucken können, wenn er sieht, dass die anderen Pferde nicht so aneinanderkleben”, antwortete er fürsorglich und griff nach meiner Hand. “Na, dafür wart ihr leider ein bisschen spät, fürchte ich”, antwortete ich lächelnd. Legolas schnaubte mir in den Nacken und begann seinen Kopf an mir zu schubbern, offensichtlich ein Zeichen, das er jetzt die Trense loswerden wollte. “Ich glaube, da möchte jemand nach Hause”, sagte ich entschuldigen und wollte loslaufen.

      Vriska
      Frau Wallin hatte mit mir und Glymur viel im Schritt gearbeitet. Besonders wichtig war die Vorbereitung im Schritt, bevor ich Tölten möchte, denn mein Hengst machte es sich selbst nicht so ganz leicht. Selbstständig verkürzte er immer wieder seine Schritte, um ein höheres Tempo heraufzubeschwören. Am Ende konnte Glymur noch ein paar Runden tölten, eh ich ihn locker im Schritt abritt.
      Lina hatte irgendwann plötzlich die Halle verlassen, aber ich konnte nicht genau sehen wieso. Erst als Ju mir vom Pferd half und erzählte, dass Niklas von einem auf den anderen Moment am Tor stand, wusste ich Bescheid. Ohne etwas zu sagen, liefen wir vorbei.
      “Ich muss dann Amy holen gehen”, verabschiedete sich Ju, um seine Stute zu holen. Plötzlich stand ich allein im Stall, wirklich wohlfühlte ich mich nicht damit.
      “Jetzt musst du wohl mit mir alleine klarkommen”, scherzte ich mit meinem Hengst.
      “Das ist mir aber eine Ehre.”, ertönte es hinter mir. Das konnte eine Person sein, Max. Zusammen mit Blávör stand er hinter mir.
      “Wie lief das Training?”, fragte er dann unerwartet nach.
      “Ganz gut, denke ich. Glymur muss noch mehr schreiten im Schritt, Tölt war gut”, beantwortete ich seine Frage und er ging wieder. Männer sind komisch, außer mein Pferd. Freundlich wuschelte ich ihm durch die Mähne und nahm den Sattel ab, um ihn in der Sonne trocknen zu lassen. Pony brachte ich samt Trense raus, den womit ich ihn führte, war am Ende des Tages Jacke wie Hose.

      Ju
      Seitdem Niklas Vriska am Strand ziemlich unsanft am Hals gepackt hatte, schien sie nicht mehr dieselbe zu sein. Ihre Freude schien wie erlosch und irgendwas trug sie mit sich. Allerdings hatte ich kein Recht dazu, sie danach zu fragen. Außerdem: The show must go on. Ganz einfach. Bevor ich meine Stute von der Weide holte, machte ich noch eine Atemübung, die Niklas und ich sonst zusammen machte. Nur hat er wieder andere Interessen. In letzter Zeit musste ich viel allein machen, aber so ist er eben. Nach einigen Minuten war mein Kopf frei von negativen Gedanken, sodass ich nun unbeschwert meine Stute holen konnte.

      Lina
      Hand in Hand lief ich zusammen mit Niklas zu Stall rüber. “Ich fürchte du wirst mich jetzt loslassen müssen”, sagte ich zu Niklas und zog meine Hand aus seiner.” Dafür kannst du ihn mal halten”, sagte ich und drückte ihm den Rappen in die Hand, um das Pferd abzusatteln. Mit Sattel in der Hand lief ich in die Sattelkammer.
      Zurück kam ich ohne Sattel, dafür aber mit dem Halfter des Rapphengstes und trenste ihn ab.
      “Schaffst du es zu laufen, oder soll ich dir hoch helfen?”, scherzte Niklas. “Sehe ich so aus, würde ich es nicht schaffen?”, sagte ich gespielt empört und wollte mit Legolas an ihm vorbeigehen.
      “Schon, mit solch kurzen Beinen”, begann er zu begründen, eh er mich hochhob und auf den Rappen setzte.
      “Und wie findest du jetzt den Weg zu Koppel?”, fragte ich, denn mir war durchaus nicht entgangen, dass er momentan nicht besonders gut sah.
      “Na, du kannst doch noch sprechen, oder müssen wir das zusammen jetzt lernen?”, neckte er mich und lief mit Divine voran. “Na dann pass mal auf, dass du nicht gleich über die Aufstiegshilfe fällst”, warnte ich ihn lachend, denn er verfehlte sie nur knapp.
      “Achtung, du musst weiter links laufen”, rief ich ihn zu, denn er marschierte geradezu auf den Koppelzaun zu.
      Immerhin hörte er mich zu, denn er befolgte die Anweisung. “So uns jetzt Stopp, wir sind da. Du musst nur noch das Tor öffnen”, sagte ich zu ihm und rutsche von Legolas runter.

      Niklas
      Wie ein Gentleman öffnete ich ihr das Tor und ließ sie gewähren.
      “Wärst du dann so lieb Smoothie zu holen, ich denke, es wäre besser, wenn ich auch gleich zum Training gehe. Doch ich sollte vorher noch was anderes anziehen und vor allem Kontaktlinsen reinmachen”, erklärte ich ihr, während ich mein Outfit betrachtete. Meine ehemals weißen Nikes, bei denen sich auch die Sohle bereits löste, waren nicht optimal für ein Training. Eben so wenig die kurze Jeans, nur mein Muskelshirt war okay.
      "Ja klar hol ich sie, aber verlauf dich nicht auf dem Weg", neckte Lina mich.
      Ohne was zu sagen, ging ich los zum Zimmer, dass ich zum Glück fand. Panisch suchte ich meine Verpackung der Kontaktlinsen, jedoch schien sie nirgendwo zu sein. Also blieb mir nichts, als meine Brille aufzusetzen. Im Spiegel versuchte ich meine Frisur noch etwas zu richten, eh mein Helm wieder alles versaute. Auch meine Reithose konnte ich nicht finden. Irgendwas unterschied den heutigen Tag von den anderen. Denn das Zimmer war bis vor meiner Suche beliebiger Gegenstände noch ordentlich. Meine Chaps schienen noch in meiner Tasche zu sein, deswegen nahm ich sie mit und zog meine Jogginghose an, besser als nichts.
      “Lina?”, rief ich durch den Stall, doch konnte sie nicht finden. Vor mehr als 20 Minuten lief sie los, um Smoothie zu holen.
      "Hier bin ich doch und dein Pferd ist auch schon fertig", kam sie um die Ecke mit meinem fertig gesattelten Pferd.
      “Du bist ein Engel, was würde ich ohne dich nur tun!”, sagte ich erleichtert zu ihr, gurtete nach und stieg auf. Vorher hatte ich noch meine Chaps rumgemacht. Smoothie reagierte direkt auf meine Unruhe mit hektischen herumtänzeln, doch ich war wirklich gerade nicht in der Stimmung für dieses Kindertheater und trieb sie energischer vorwärts. In der Halle waren bereits Max, Ju und Sam am Warmreiten. Offenbar wird das nun eine Männerrunde.

      Lina
      Niklas hatte heute ein interessantes Outfit zum Reiten gewählt. Doch ich hinterfragte das nicht weiter, vermutlich hatte das Chaos einfach das Zimmer schon wieder übernommen. Da ich nichts besseres Zutun hatte, beschloss ich meine Zeiten Hobby neben den Pferden nachzugehen. Also holte ich mir mein Zeichenzeug aus meinem Zimmer und begab mich in die Reithalle um währenddessen beim Unterricht zusehen. Über das Motiv hatte ich mir bisher noch keine Gedanken gemacht, aber da würde mir ziemlich sicher etwas einfallen.
      Die Sonne stand inzwischen hoch genug, dass ihr Licht durch die großen Hallenfenster viel und eine angenehme Lichtstimmung erzeugte.

      Vriska
      Eh ich den Rückweg antrat, warf ich noch einen Blick auf Glymur, der sich nicht wirklich vom Zaun entfernen wollte. Als ich ihn so betrachte, ärgere ich mich ziemlich darüber, dass meine Kamera in Schweden geblieben ist. Da ich aber wusste, dass Ju in wenigen Minuten Training haben wird, entschied ich mir das ganze Mal anzusehen.
      Das Training hatte bereits begonnen, stille setzte ich mich zu Lina, die gerade am Zeichnen war. Kurz guckte ich rüber, aber war mir noch nicht sicher, was das werden sollte. Da sie sehr konzentriert war, störte ich sie nicht. Stattdessen warf ich einen Blick auf Instagram. Hedda hatte wieder eine Reihe von Holy-Bildern gepostet. Ich vermisste immer mehr den Hof.

      Lina
      Eine Weile hatte ich den Jungs bei Training zugesehen, doch als ich Max und seinen Isländer erblickte, fiel mir auf einmal ein Motiv ein. Neulich als ich bei Alec auf dem Hof war, hatte ich das inzwischen nicht mehr so kleine Stutfohlen fröhlich über die Wiese tölten sehen. Schnell kritzelte ich eine grobe Skizze aufs Papier, bevor ich an die feinere Ausarbeitung ging. Da meine Skizzen häufig recht wüst waren, musste es für einen Außenstehenden, sehr verwirrend aussehen. Ich war so konzentriert gewesen, dass ich nicht gemerkt hatte wie Vriska sich neben mich gesetzt hatte, die auf ihrem Handy rumscrolle. “Oh hi Vriska”, sprach ich sie an. “Ich habe dich ja gar nicht kommen gehört”, fügte ich freundlich hinzu.
      “Ich wollte niemanden stören”, sprach sie zu mir. “Du störst doch niemanden, die da sehen so konzentriert aus, dass sie es eh nicht merken”, sagte ich und deute mit einem Kopfnicken an wen ich meinte.

      Vriska
      “Die Testosteron gesteuerten Dödel meine ich doch nicht, sondern vor allem dich.”, murmelte ich vor mich hin, als ich mir alte Bilder auf dem Account von meinem Chef ansah. Dabei wurde mir klar, dass ich mir jemanden reden muss. Milena fiel dabei auf jeden Fall raus.
      “Kann ich dir was im Vertrauen sagen?”, fragte ich sie leise, da Max gerade vorbeiritt. Unverschämt gut saß er auf Blávör, die ohne mich nicht mal Tölten würde. Bis heute habe ich keinen Dank von ihm bekommen, nur irgendwelche Phrasen, die eine Selbstverständlichkeit ausdrückten. Schließlich gehörte ich zum Personal. Schon bei dem Wort Personal lief es mir kalt den Rücken herunter.
      “Ja, klar”, antwortete mir Lina und sah von ihrer Zeichnung auf.
      “Ich habe nie darauf hingearbeitet, um ein Teil vom Verein zu werden. Es war ein Zur-Richtigen-Zeit-Am-Richtigen-Ort Moment. Zurzeit mache ich meine Ausbildung zum Pferdewirt in Kalmar. Diese Akademie gehört mit zum Verein, aber jeder kann dort lernen. Frau Wallin hatte alles in die Wege geleitet und empfand es als eine gute Idee, wenn frischer Wind zu den Isländern kommt. Doch auch Max konnte sich auf diesem Wege, dafür Qualifizieren. Nur, dass er bleiben kann. In 8 Tagen ist für mich das ganze schon wieder vorbei”, wurde ich immer Stiller zum Ende hin. Einige Tränen flossen an meiner Wange herunter, denn meine größte Angst dabei ist es, darüber zu Hause zu sprechen.
      “Ich bin mir sicher, was auch immer der Grund dafür ist, es wird sicherlich eine Lösung, dafür geben”, sagte sie und reichte mir ein Taschentuch.
      “Danke … Ich hatte dir ja erzählt, was alles in London abgegangen. Dadurch das Milena beim Frühstücken gestern herumgebrüllt hat und ich mich dann sozusagen geoutet hat, musste Frau Wallin es melden. Denn jede gesundheitlich schädigende Sucht muss in der Akte stehen und 5 Jahre zurückliegen. Jetzt brauche ich ein Attest von meinem Arzt und bin für mindestens 6 Monate erstmal gesperrt. Dann beginnt die ganze Prozedur wieder von vorne mit Vorreiten, schriftliche Tests und das ganze”, sprudelte es aus mir. Zwischendurch schnaubte ich meine Nase.
      “Kommt ihr beiden klar?”, fragte plötzlich Niklas, der mit Smoothie stehen blieb.
      “Ja, wir kommen klar. Es gibt hier kein Problem, bei dem du helfen könntest”, sagte sie zu ihm und schien in davon überzeugen zu wollen, dass er verschwinden sollte.
      “Ich bin überzeugt, davon dass du das Schaffen wirst. Immerhin hast du es schon einmal geschafft und du bist seitdem besser geworden, allein heute fand ich dich genial mit Glymur”, wand sie sich wieder an mich.
      “Ich hatte vorher sowas nicht direkt, sondern es wurden meine Leistungen aus der Ausbildung genommen und jedes Jahr steigen die Anforderung. Zudem wird dieser Platz nun jemand Anderes angeboten”, versuchte ich ihr die Lage klar zu machen.
      “Na dann musst du wohl einfach alle so aus den Socken hauen, dass sie keine andere Wahl haben, als dich wieder zu nehmen. In 6 Monaten kann man noch sehr viel erreichen”, versuchte sie mich aufzumuntern.
      “Vielleicht hast du recht, oder der Verein ist gar nichts für mich. Denn ich muss auch wieder mit den Hengsten zu den Rennen. Eigentlich habe ich so viel mehr zu tun, als durch die Welt zu Reisen und Schweden zu vertreten”, gab ich als Einsicht heraus.
      “Denkst du nicht, dass du das Zeug für größere Turniere hast? Mit etwas mehr Übung könnten du und Legolas echt was erreichen”, fragte ich Lina nach einer Pause. Sie begann gerade wieder zu zeichnen, aber ich wollte mir nicht die Männer auf den Pferden ansehen. Dafür sind meine Hormone nicht gemacht.

      Lina
      “Darüber habe ich bisher noch nie nachgedacht”, gab ich Vriska nachdenklich als Antwort, während ich weiterzeichnete. “Worüber ich allerdings nachgedacht habe...”, sagte ich und sah sie an, “...ist, dass du so aussiehst als könntest du jetzt eine Ablenkung gebrauchen. Was hältst du davon, wenn ich dir mal den kleinsten Hofbewohner vorstelle?”
      “Wie kann das denn sein, dass du deinen Kerl allein lässt? Offenbar schafft er es nicht mal sich selbst anzuziehen?”, antwortete Vriska und schien vom Thema ablenken zu wollen.
      “Ich bin doch nicht sein Babysitter. Er ist alt genug, um auch mal zwei Sekunden allein zu Recht zu kommen. Auch, wenn du recht hast, dass seine Outfitwahl für heute sehr interessant ist. Aber wenn du meine Anwesenheit nicht brauchst, kannst du dir auch jemand anderen suchen”, antworte ich ein wenig schnippisch, denn seit gestern schienen alle zu glauben, dass ich an ihm festgekettet war. Ein wenig eingeschnappt, wand ich mich wieder meiner Zeichnung zu.
      “Aber einen Babysitter könnte er trotzdem gebrauchen”, lachte sie und versuchte mich zum Aufsteigen zu bewegen. Offenbar wollte sie nun doch los.
      Da Jace gerade die Halle betrat, packte ich dann doch bereitwillig mein Zeichenzeug zusammen. Er war der letzte den ich heute sehen wollte, denn ich war immer noch sauer auf ihn. Ich konnte mir nämlich nicht vorstellen, dass es einen vernünftigen Grund für die gestrige Aktion gegeben hatte.
      Ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen, ging ich an ihm vorbei.
      “Oh, wo willst du denn jetzt so schnell hin?”, rief Vriska und stürzte mir nach.
      “Egal wohin, Hauptsache der Idiot da hinten ist da nicht”, antwortete ich ihr und schlug den Weg Richtung Hof ein. Auf dem Hof war einiges los, da die nächste Truppe, bereits dabei war ihre Pferde zu putzen.
      “So und wo willst du jetzt mit mir hin?”, fragte sie mich neugierig. Einen Moment musste ich darüber nachdenken. “Magst du Ponys, ich weiß, wo ein paar zuckersüße Exemplare hier wohnen”, kam ich wieder auf meinen eigentlichen Plan zurück.
      “Ist gerade nicht dein hellster Moment, va?”, scherzte sie. “Natürlich, sonst würde ich einen der Riesen mithaben und nicht Glymi”, fügte Vriska an.
      “Na dann komm mal mit”, antwortete ich lachend und ging mit Vriska zum Auslauf der Hengstgruppe. “Darf ich vorstellen, das ist Arctic Tiger, einer unserer kleinsten Bewohner hier”, präsentierte ich den Miniature Horse Hengst, dem mal wieder die anderen Pferde als Sonnensegel nutzte. Der kleine silberne Hengst hatte die lustige Angewohnheit einfach unter einem seiner Kumpels zu parken, wenn er ein Dach braucht.

      Juha
      “Wenn du Amnesia einfach mal machen lassen würdest, könnte sie ihren Rücken wölben. Jeden Schritt treibst du bei ihr und verunsicherst dein Pferd damit”, bemängelte Herr Holm meine Reitweise. Also gab ich ihr etwas mehr Zügel und versuchte meine Beine ruhiger zu halten. Einfacher gesagt als getan, denn meine Gedanken waren viel mehr dabei, wieso Vriska so schnell die Halle wieder verließ. Als wir vorhin Glymur wegbrachten, war sie so aufgeregt die heutige Stunde zu sehen. Etwas hintergangen fühlte ich mich, obwohl es gar keinen Anlass dafür gab. Also raufte ich mich wieder zusammen.
      “So Leute, ihr scheint heute alle nicht wirklich gut im Sattel zu sitzen, also alle Mann Steigbügel überschlagen”, weißte Herr Holm an. Schlagartig bremste ich Amy in den Stand, lobte sie und legte die Steigbügel vor mich auf den Sattel. Dann ritt ich im Schritt wieder an. In meinen Oberschenkel zog es in der Muskulatur. Auch in meiner Hüfte merkte ich eine Veränderung, da sie deutlich weicher in der Bewegung des Pferdes mitging. Zufrieden lobte ich meine Stute erneut. Dann warf ich einen Blick zu Niklas, der lange nicht mehr so schlecht ritt wie heute. Außerdem war ich sehr verwundert darüber, dass er in der Öffentlichkeit seine Brille trug. Normalerweise vermied er es sich so zu zeigen, was ich bis heute nicht nachvollziehen konnte. Im Vergleich zu anderen Leuten hat mein bester Freund ein Brillengesicht, außerdem machte es ihn intelligenter.
      “Ey Samu, du sitzt auf deiner Stute wie angewachsen. Sieht super aus”, lobte ich ihn, denn das konnte ich mir wirklich nicht nehmen lassen. Seine Beine lagen ruhig und parallel zum Pferd, seine Hände setzte er kaum ein und den größten Teil steuerte er mit der Stimme. Mir persönlich war es unangenehm mit meinem Pferd zu sprechen, da es sonst niemanden anging.


      © Mohikanerin & Wolfszeit | 98.759 Zeichen

    • Mohikanerin
      Nationalteam VI | 14. März 2021
      Jora // Fraena von Hulshóf// Miss Monty// Nurja//Ursel- die Bäringöttin// Amigo// Cremella // Songbird// Little Buddy//What’s Happend In The Dark
      St.Pauli’s Amnesia // Satz des Pythagoras // Snotra



      Samu
      Mit einem nicken nahm ich den Kommentar meines Mitreiters zur Kenntnis, denn ich musste mit meiner Konzentration dringen bei Jora blieben. Die braune Stute hatte eindeutig nicht das Dressurtalent von ihrer Mutter geerbt, denn sie neigte dazu über ihre eigenen Füße zu fallen, wenn man nicht aufpasste. Nicht nur einmal war ich deswegen mit Pferd im Sand gelandet. Auch wenn sie sich immer Mühe gab, war sie nicht gerade der schnellst Lerner, weshalb sie für ihr alter noch Recht wenig konnte. Dazu kommt auch noch, dass sie wegen einer Weideverletzung erst recht spät angeritten wurde. “So ist gut”, lobte ich die Stute als sie meinen Hilfen zum Anhalten sofort folgte. Auch ich überschlug meine Steigbügel, der Stute würde es nicht schaden, mal ein wenig anders als sonst geritten zu werden. Mit Absicht ließ ich Jora ein wenig länger stehen als, nötig, da ruhiges Stehen auch nicht gerade ihr Paradedisziplin war. Ich musste sie zweimal korrigieren, bevor sie so lange stehen blieb, wie ich es wollte.
      Irgendwie war mein Pferd heute äußerst unkonzentriert, dann kaum war ich wieder losgeritten, stolperte sie fast über ihre eigenen Füße. “Aufpassen süße”, murmelte ich der Stute zu und nahm die Zügel wieder ein wenig kürzer.

      Juha
      “So, ich denke ihr und vor allem eure Pferde habt heute genug geschafft.”, sagte Herr Holm und verließ schneller als man gucken konnte die Halle. Offenbar wollte er eine Pause machen, bevor die letzte Gruppe in die Halle kam. Nach dem Warmreiten stieg ich ab und ging ebenfalls.
      “Du Samu? Hast du vielleicht etwas Hafer für Amy?”, fragte ich den Blonden, als er seine Stute absattelte.
      “Ja, klar. Die Futterkammer ist die vorletzte Tür links vor der Sattelkammer, du kannst dir einfach ein Futterschüssel aus dem Regal nehmen. Den Hafer findest du im Futterwagen”, erklärte er mir.
      “Okay, super danke dir”, bedankte ich mich und ließ Amy bei Niklas stehen.
      “Sehe ich heute aus, als würde ich der Pferde-Halter sein?”, hörte ich ihm aus der Gasse rufen, aber ignorierte es. Mit einem Trog gefüllt mit Hafer stellte ich Amy hin, doch auch Smoothie steckte ihren Kopf mit rein.
      “Sag’ mal, wie siehst du eigentlich aus?”, fragte ich ihn, während unsere Pferde fraßen.
      “Es ist alles weg, meine Reithose lag nicht mehr im Schrank, meine Kontaktlinsen nicht mehr im Bad und von meinem Handy spreche ich gar nicht erst. Als hätten wir irgendwelche Diebe am Hof.”, antwortete Niklas verärgert.
      “Ich denke nicht, dass hier jemand klaut”, merkte ich an.
      “Sicher, dass du deinen Kram nicht einfach verlegt hast? Denn hier vom Hof stiehlt ganz gewiss niemand, dafür würde ich die Hand ins Feuer legen”, mischte sich Samu ein.
      “Mein erster Gedanke war auch keiner vom Hof”, murmelte er, zog seine Stute vom Trog und stampfte aus dem Stall heraus.
      “Ich glaub, ich lass den mal für sich. Der scheint einiges verarbeiten zu müssen”, wendete ich mich zu Samu und zuckte mit den Schultern. Dann guckte ich zu Amy, die wie immer in Slow Motion fraß.

      Samu
      Scheinbar war Niklas heute ein wenig schlecht gelaunt, was ihm allerdings nach dem Vorfall gestern nicht zu verdenken war. Meine Stute begann ungeduldig mit den Hufen über den Boden zu kratzen, weil sie auf ihr Futter wartete. Also holte ich das ganze aus der Futterkammer und stellte es der Stute vor die Nase. “Du scheinst da eine echte Genießerin zu haben”, sagte ich zu Ju, als ich das Tempo sah, indem seine Stute kaute.
      „Eher eine Mäkeltante“, antwortete er belustigt.

      Lina
      Neugierig, wie der kleine Hengst war, war er an den Zaun gekommen. Freundlich steckte er den kleinen Kopf durch den Zaun und begann Vriska auszuschnüffeln.
      „Wir hatten auch mal Minis am Hof, aber unsere Traber fanden die ziemlich uncool. Jedes Mal erschraken sie panisch, deswegen mussten sie leider wieder in ein anderes zu Hause“, erzählte sie, während der kleine Hengst ausgiebig in der Mähne gewuschelt wurde.
      “Unsere großen, kommen zum Glück sehr gut mit den kleinen aus”, sagte ich und deute auf Amigo der fröhlich zwischen den großen an der Heu raufe stand und futterte. “Übrigens ich hätte da noch eine kleine Dame, die noch gerne beschäftigt werden, würden. Hättest du Lust mir dabei zu helfen?”, fragte ich freundlich.
      „Ohja, Ausreiten.“, schrie sie plötzlich wie eine Vierjährige, die das erste Mal auf einem Pferd durfte. “Na dann, werde ich dich mal mit der kleinen bekannt machen”, sagte ich lachend über ihre plötzlich aufflammende Euphorie.
      Mit Vriska im Schlepptau ging ich auf die andere Seite des Hofes, wo die kleinen Stuten wohnten. Auf dem Auslauf war es recht ruhig, denn die beiden Kleinpferde, Ursel und Nurja standen gemütlich am Heu, während die ganze Ponybande gemütlich im warmen Sand lag und ein wenig schlief. “Tja, sieht so aus als wären hier alle schon beim Mittagsschlaf”, scherzte ich.
      Ein kurzer Pfiff meinerseits genügte allerdings, dass eines der Ponys die Augen aufmachte und sich in Brustlage rollte. “Das da”, sagte ich und deutete ich auf die kleine Fuchsstute “Ist die kleine Fraena und sie würde sich bestimmt sehr über einen Ausritt freuen”. Das Shetty war inzwischen aufgestanden und begann sich nun zu strecken, was auch die anderen Ponys dazu brachte langsam die Augen zu öffnen. “Du kannst dich ja schon mal mit ihr anfreunden, während ich die Halfter hole”, fügte ich noch hinzu und ließ Vriska bei den Ponys stehen, um die Halfter von Fraena und Miss Monty zu holen.

      Vriska
      „Du hast aber eine schicke Frisur“, sprach ich mit der Shetlandpony Stute. Interessiert zupfte sie an meinem T-Shirt, denn unter ihm in meiner Hosentasche befanden sich Leckerlis fanden. Lina kam mit den Halftern zurück und drückte mir das von Fraena in die Hand. Aufgeregt tippelte sie mir nach.
      Obwohl es noch mitten im Sommer war, begann die Fuchsstute ihr Fell zu wechseln. An der Brust war noch die letzte Rasur zu erkennen, die scheinbar noch nicht so lange zurückliegt.
      „Hat sie eine Krankheit oder wieso hat sie so viel Fell?“, fragte ich Lina, die gerade Miss Monty putzte.
      “Sie hat Cushing. Doch, außer dass sie super viel Fell schiebt, hat sie keine Probleme damit”, erklärte sie mir.
      „Ah okay“, murmelte ich und putzte die Kleine Stute weiter. Hervorkommend brachte Lina die Trense von Fraena, sodass ich ihr das Halfter abnehmen konnte und auf diese wechsle. Bevor es losging, warf ich noch mal das Halfter über, um meinen Helm zu holen, den ich bei Glymur an der Box angehängt hatte.

      Lina
      Währen Vriska noch ihren Helm holte, machte ich mir die kleine Pintostute fertig. Da sie durch ihren zierlichen Körperbau recht unbequem ist, holte ich mir ein Reitpad aus der Sattelkammer. Gerade als ich die Sattellage putzte, entdeckte ich eine fette Beule in der Sattellage. Scheinbar war die empfindliche Stute, mal wieder den Bremsen zum Opfer gefallen.
      “So kann ich dich nicht mitnehmen, Monty”, sagte ich zu der Stute und beschloss sie wieder wegzubringen. Vorher versorgte ich allerdings noch ihren Stich und zog ich eine Fliegendecke über, um sie vor weiteren Insektenangriffen zu schützen.
      “Na, dann darfst du heut wohl etwas Spaß haben, Melly” meinte ich zu der kleinen Palominostute, die bereit neugierig angetrottet kam. Vriska kam gerade mit ihrem Helm zurück, als ich die Shettystute anband.
      “Kleine Planänderung, Monty hat leider einen fetten Bremsenstich in der Sattellage, deshalb kommt die kleine hier jetzt mit”, erklärte ich ihr während ich begann die kleine Dame zu putzen.
      “Zur Not können wir die restlichen Kleinen in der Halle laufen lassen, wenn die noch Bewegung bräuchten”, schlug sie vor und nahm Fraena das Halfter wieder ab.
      “Ja, das stimmt, aber jetzt sind erst mal die beiden hier dran”. Ich hatte Cremella grob über geputzt und verschwand noch mal kurz, um ihre Trense zu holen.
      “So, fertig wir können los”, sagte ich, während ich noch den letzten Riemen der Trense schloss. Mein Pony schien von dem Plan noch nicht ganz überzeugt, denn sie schüttelt sich erst einmal kräftig.

      Vriska
      Im Schritt machten wir uns auf den Weg zum Wald. Die Sonne brannte meine Hose förmlich in mein Bein. Vom Schmerz erfüllt, zog ich immer wieder meine Oberschenkel nach Oben und rieb mit meiner Hand auf meiner Hose. Die Wahl zur Schwarzen schien heute auf jeden Fall die Falsche zu sein. Jedoch hatte ich keine Andere mitgenommen. Ein Blick in den Horizont verriet mir, dass etwas Großes auf uns zu kommen wird.
      “Lina, ich habe ein ungutes Gefühl”, murmelte ich.
      “Heute ist es viel zu wenig los. Aber nicht im Sinne von - heute ist ein ruhiger Tag, sondern eher die Ruhe vor dem Sturm”, setzte ich fort. Eigentlich irre ich mich nie, wenn ich solch ein Bauchgefühl hatte. Unter mir trappelte die Stute fröhlich vor mir her.
      Auch Lina warf einen Blick in den Himmel. “Ich denke, du hast recht, das Wetter hier kann recht schnell umschlagen. Wir sollten die Runde heute kurzhalten”, antwortete sie mir dann.
      “Dabei meine ich nicht nur das was da kommt, sondern auch die anderen”, murmelte ich.
      “Wie meinst du das? Kannst du etwa in die Zukunft sehen?”, scherzte sie.
      “Mutti dachte das auch immer, aber ich weiß es auch nicht. Ich habe da so ein Bauchgefühl und bisher hatte ich mich noch nie geirrt”, antwortete ich Lina und trabte Fraena an, die höchst motiviert vorwärtsging. Dabei hängten wir Lina und Melly ziemlich ab.
      Etwas später im Wald hörte ich ein Grummeln, was mich Ungutes erahnen ließ.
      “Können wir umdrehen?”, fragte ich Lina, die ziemlich konzentriert mit ihrer Stute voranritt. Fraena schien die ganze Sache auch nicht koscher zu sein und ihr Fluchtinstinkt fragte immer mal wieder nach, ob die andere Richtung nicht die bessere wäre.
      “Wir nehmen eine Abkürzung, dann sind wir am schnellten”, kam es von Lina und sie bog mit ihrem Pony auf einen kleinen Trampelpfad ab.
      Schnell folgte die kleine Fuchsstute, ohne dass ich etwas machen konnte. Im nächsten Moment krachte es Hinter uns. Das Grummeln war nun extrem laut und wie aus Eimern schütte es. Ein Wolkenbruch schien direkt über uns zu sein. Ich guckte an mit herab. Meine Hose sog sich voll mit Wasser und ein Gefühl von Enge kam in mir auf. Es fiel mir immer schwerer, mich auf die kleine Stute zu konzentrieren. Mein Shirt war zum Glück locker, hing jedoch ebenfalls wie ein nasser Sack an mir. Lina schien das alles nicht zu stören und bewegte sich rasch mit der Stute voran. Von weiten konnte man schon den Stall sehen und Fraena entschied kurzerhand in den Galopp umzuschlagen. So schnell sie konnte, rannte sie zurück. Ein Blick nach hinten verriet mir, dass Lina nur mit Mühe hinterherkam. Im nächsten Moment krachte es schon wieder. Ein Baum fiel auf den Weg. Erschrocken stiegen die Kleine und ich stand hinter ihr.
      “Alles gut bei dir?”, fragte ich Lina, die Melly gerade noch bremsen konnte.
      “Ja, alle gut, ist bei dir auch alles in Ordnung? Ich fürchte nur wir haben jetzt ein Problem”, antwortete sie.
      Unruhe machte sich in mir breit. Wenn ich etwas noch weniger Leiden kann als Regen, dann ist es Gewitter. Früher habe ich mich dann im Keller versteckt, zwischen den Waschmaschinen. Doch mitten im Nirgendwo wird es keinen Schutz geben. Nervös kratze ich an meinem Unterarm.
      “Seh’ ich und jetzt?”, pflaumte ich Lina unsanft an.
      “Irgendwo dahinten, müsste eine alte Scheune sein, doch dafür müssen wir querfeldein durchs Unterholz, ich weiß nicht, wie sicher das ist”, antwortete sie besorgt und deute links von uns in den Wald.

      Juha
      Amy hatte es dann endlich geschafft ihr Futter aufzufressen und stand auf der Weide. Der Himmel war unruhig, weswegen ich mich lieber zum Zimmer bewegte. Frustriert saß Niklas auf seinem Bett und schaute ins nichts.
      “Alles gut bei dir?”, fragte ich besorgt.
      “Nein, eigentlich nicht. Ich werde verrückt. Nichts finde ich mehr, obwohl ich überall gesucht habe. Verstehst du? Das macht alles keinen Sinn”, murmelte er.
      Ich versuchte ihn aufzumuntern und setzte mich dazu. Dann wollte ich das leidige Thema ansprechen, was mir immer ziemlich unangenehm war. “Hast du deine Tabletten genommen?”, fragte ich vorsichtig.
      “Ich weiß es nicht”, schwafelte er vor sich hin. Also stand ich wieder auf und ging zu seiner Kommode auf dem sein Medikamentendosierer lag. Die letzten zwei Tagen waren unberührt. Besorgt wendete ich mich zu ihm und zeigt es ihm. Leer guckte Niklas zu mir. Ich hatte recht gehabt, dass irgendwas mit ihm nicht stimmt. Umso mehr ließ es mich nicht los, dass das mit Lina gestern eine falsche Entscheidung war. Doch für heute werde ich das Thema ruhen lassen. Er griff nach dem Schieber und der Flasche Wasser, die neben ihm stand. Rasch schluckte er die heutige Dosierung und legt sich hin.
      Als ich den Raum wieder verlassen wollte, um mal wieder mit den anderen zu sprechen, knallte es nicht weit weg vom Hof und der Regen rasselte herunter. Vielleicht sollte ich doch lieber hierbleiben.
      “Wollen wir Karten spielen?”, fragte mich Niklas plötzlich und setzte sich an den Tisch. Das war eine gute Idee und setzte mich dazu.

      Samu
      Nachdem ich mein Pferd auf die Weide gebracht, hatte ich mich daran gemacht mein Sattelzeug zu putzen. Da ich in letzter Zeit nur wenig Zeit dafür gehabt hatte, war es auch dringend nötig. Das laute krachen draußen ließ mich aufschrecken. Ein Gewitter war aufgezogen und so wie es sich anhörte, war es ziemlich nahe. Hoffentlich waren alle schlau genug gewesen um am Hof zubleiben. Vielleicht sollte ich besser nachschauen, wo Lina steckte, ich hatte sie nämlich seit dem Training heute Morgen nicht mehr gesehen. Ich legte mein Putzzeug beiseite und als sich am Fenster vorbeilief, entdeckte ich das zwei Ponys fehlten und ein böser Verdacht beschlich mich. Auf der Koppel konnten sie nicht sein, dass die kleinen Ponys erst späte auf die Koppel, kamen damit sie nicht zu viel Gras fraßen und da Lina die Einzige war, die die Ponys ritt, musste sie mit ihnen Weg sein.
      Insgeheim hoffte ich, dass sie die Ponys in der Longierhalle einfach nur laufen ließ. Also beschloss ich, als Erstes in der Longierhalle nachzusehen, wo sie für gewöhnlich die Ponys liefen. Als ich den Kopf aus der Stalltür musste ich leider feststellen, dass es in Strömen regnete. Egal wohin ich jetzt gehe, ich würde pitschpatschnass werden.
      Einen Moment überlegte ich, was der trockenste Weg war. Leider gab es keinen, also musste ich wohl schnell sein.
      So schnell wie ich konnte, rannte ich zu Halle rüber. “Verdammt hier ist sie nicht”, fluchte ich als ich dort ankam. Da zwei Ponys fehlten, war es eigentlich unmöglich, dass sie mit den Ponys trainierte. Mit dem letzten bisschen Hoffnung, dass sie vielleicht einfach in einem anderen Halle war, kramte ich mein Handy aus der Tasche und versuchte sie anzurufen.
      Hektisch wählte ich ihre Nummer und wartete. Er klingelte lange, bis ihr Anrufbeantworter ran ging. In der großen Halle konnte sie nicht sein, denn dort trainierte noch die letzte Gruppe und in die kleine Halle wurde um diese Uhrzeit in der Regel gefahren.
      Doch wo konnte sie dann noch sein. Hatte ich mich vielleicht einfach die Ponys übersehen und sie war irgendwo anders?
      Mein Gehirn arbeitet auf Hochtouren. Wenn sie in ihrem Zimmer war, würde sie wohl an ihr Handy gehen, also blieb mir nur ein Schluss, wo sie noch sein könnte. Sofort rannte ich los und stand nur wenig Minuten später vor der Hütte von Niklas und Ju. Es brannte Licht, das war ein gutes Zeichen, das hieß das irgendjemand hier war und hoffentlich auch Lina.
      Nervös klopfte ich an die Tür.
      “Offen” rief Ju. Ich öffnete die Tür und trat ins Zimmer. Leider fand ich dort nur Ju und Niklas vor, die Karten spielten und mich ein wenig verwundert ansahen, wie ich Tropfnass in ihrer Tür stand. Sofort wurde ich noch nervöser. “Habt ihr zwei Lina, irgendwo gesehen? Zwei von den Ponys fehlen und ich konnte sie nirgendwo finden. Ich hatte gehofft sie sei vielleicht bei euch”, erklärte ich. Hektisch wedelte Ju mit seiner Hand an seinem Hals herum, offenbar schlechtes Thema.
      “Als ich Smoothie auf die Weide brachte, habe ich beiden auf zwei Shettys Richtung Wald reiten sehen”, sagte Niklas und legte eine Karte auf den Tisch. Dabei guckte er nicht mal zu mir.
      “Oh, verdammt”, fluchte ich leise. Auch, wenn mich Niklas Reaktion ein wenig verwundert hatte ich jetzt keine Zeit das groß zu hinterfragen. Lina und Vriska waren tatsächlich ausreiten gegangen, bei dem Wetter. Nervös überlegte ich was ich jetzt machen konnte. Da Gelände um den Hof war riesig und sie konnten ungefähr überall sein und jetzt bei dem Wetter nach ihnen zu suchen war lebensmüde. Allerdings bei dem Wetter im Wald zu sein war genauso lebensmüde, gerade weil durch die lange Trockenheit einige Bäume sehr instabil waren.
      “Ich würde dir gern helfen, aber ich muss bei Niklas bleiben. Der hat gerade erst seine Medikamente genommen.”, merkte Ju an und bekam einen bösen Blick von seinem Kumpel zu geworfen. Offenbar war das ein sensibles Thema.

      Vriska
      Lina schien auch nervös zu sein.
      “Ich habe eine blöde Idee, da hier draußen Schutz zu finden, wird wohl schwierig”, versuchte ich stark zu sein. Nervös guckte sie mich an und sagte nichts.
      “Wir lassen die Ponys drüber springen und reiten dann so schnell es geht”, rief ich ihr zu. Der Regen wurde immer stärker und wir verstanden einander nicht mehr so gut.
      “Ich weiß nicht, ob die beiden das Schaffen so hohe und undurchsichtige Hindernisse kennen sie nicht”, rief sie und griff nervös in die Mähne der Stute.
      “Mehr als es zu versuchen bleibt uns nicht. Du steigst jetzt rüber und ich treibe die beiden”, sagte ich. Lina stieg über den Baum. In der Zeit band ich die Zügel so dicht es ging an den Hals der beiden Stuten. Auch sie waren sichtlich nervös.
      “Ihr schafft das, schneller schaffen wir es sonst nicht zurück”, versuchte ich die Stuten zu motivieren. Ich zeigte ihnen noch, was auf sie zukommen wird und atmete tief durch. In der Lunge spürte ich ein Stechen, dass wohl von der Rippenprellung kommen muss. Immer wieder peitschte mir der Regen unsanft ins Gesicht und langsam wurde es schwieriger etwas zu sehen.
      Fraena nahm allen Mut zusammen und sprang wie ein Kleiner Champion über den ca. 70 cm breiten Baumstamm. Nur Melly war noch immer unsicher. “Vielleicht solltest du dich mit ihr für Kanada bewerben”, scherzte ich und versuchte das Beste aus der Situation zu machen. “Mutig war sie schon immer”, kam es nur angespannt von der anderen Seite des Baumstamms zur Antwort, wo Lina die Fuchsstute abfing.
      Mit Melly hatte ich deutlich mehr Probleme, also blieb nur noch ein Versuch - ich werde mit ihr zusammen springen. Mit etwas Anlauf rannte ich mit Melly los, wozu hatte ich in der Schule Hochsprung, überlegte ich dabei. Wenig später hatten wir es geschafft. Beide Ponys waren auf der anderen Seite des Baumstammes und nichts lag mehr im Weg.

      Lina
      Genau in dem Moment als Vriska mit Melly auf meiner Seite landeten, zuckte ein Blitz über den Himmel dicht gefolgt von einem lauten Donner. Bilder von Funken schlagenden Hufeisen kamen mir in den Kopf und ich fühlte mich in der Zeit zurückgesetzt. Nein, das durfte jetzt nicht passieren, das war ein denkbar schlechter Zeitpunkt.
      Weiter Bilder spielten sich vor meinen Augen ab und ich war wie eingefroren. “Nein, da ist nicht real”, sagte ich laut zu mir selbst und kniff die Augen zusammen, um die Bilder aus meinem Kopf zu vertreiben. Der Regen prasste weite hin unaufhörlich auf uns nieder und zusammen mit dem Rauschen der Blätter wurde es immer lauter um und herum. Fest klammerte sich meine Finger um die Zügel der Shettystute neben mir, der nervös auf der Stelle tänzelte.
      “Lina, komm. Wir müssen weiter”, lenkte sich mich ab und zog mich am Arm.
      Ich amtete noch einmal tief durch, Vriska hatte recht wir haben jetzt keine Zeit für Nervenzusammenbrüche. “Ok, dann los”, sagte ich und schwang mich auf den Rücken des Ponys. Auch Vriska hatte sich wieder auf ihr Pony begeben. “Bring uns Nachhause”, flüsterte ich der kleinen Stute noch zu, bevor es in vollem Galopp zurück zum Hof ging.

      Samu
      “Dann lass ich euch mal wieder allein”, sagte ich und verschwand eilig aus dem Zimmer. Weil ich nicht wusste, was ich tun sollte, lief ich wie ein Löwe im Käfig nervös die Stallgasse hoch und runter in der Hoffnung, dass den beiden Mädchen nichts passierte. Draußen wütete das Gewitter immer heftiger und der Wind peitsche den Regen gegen die Fenster. Blitze zuckten über den Himmel und erleuchtet immer wieder alles in einem grellen weißen Licht.
      Nach einer gefühlten Ewigkeit glaubte ich Hufgetrappel durch den ganzen Lärm hindurchzuhören und keine Minute später, betraten zwei tropfnasse Mädchen samt Ponys die Stallgasse.
      “Oh, Gott seid ihr eigentlich komplett wahnsinnig bei dem Wetter da draußen herumzulaufen?”, brach es aus mir heraus.

      Vriska
      “Schön, dass ihr lebend wieder da seid, wäre eine deutlich freundlichere Begrüßung gewesen”, raunte ich Samu an, der offensichtlich nicht ganz Herr seiner Sinne war.
      “Sorry”, murmelte er darauf nur “Geht es euch gut?”, fügte er dann ein wenig sanfter hinzu und sah dabei vor allem Lina an.
      “Vielleicht nimmst du Lina mal mit, ich schaff das schon mit den Kleinen”, antwortete ich und verstand wieder im Regen. Auch wenn es für eine sichtliche unangenehme Situation war, sollte ich auch mal zurückstecken. Noch immer peitsche der Regen in mein Gesicht und die Ponys waren ebenfalls wenig begeistert. Doch auf dem Paddock begaben sie sich direkt in den Unterstand und zupften fröhlich am Heu. Natürlich war der Ausritt am Ende ein einziger Horrorfilm, doch ich hatte ihn genossen. An der anderen Ecke entdeckte ich auch Songbird, die Tyrell vor einigen Monaten leihweise auf den Hof befrachtet hatte. Freundlich kam sie auf mich zu.
      “Schön, dass es dir gut geht”, begrüßte ich sie. Im Hintergrund schepperte immer wieder der Regen gegen die Hütte und eine Latte schien nicht mehr ganz fest zu sein. Vielleicht sollte sich das jemand man angucken, doch ich bin sicher nicht die richtige Person. Einige Minuten verbrachte ich noch bei den Ponys, eh ich mich zum Zimmer bewegte, um mich umzuziehen.

      Lina
      Vriska nahm mir die Zügel aus der Hand und verschwand mit den Ponys im Regen. Ich war auf einmal nicht mehr in der Lage mich zu rühren und stand einfach nur da. Auf einen Schlag schien das komplette Adrenalin aus meinem Körper zu weichen und ich begann zu zittern. “Alles ok”, fragte mich mein bester Freund sofort und nahm mich in den Arm. “Ja, ich glaube schon. Ich hatte nur im Wald ein Flashback”, antwortete ehrlich und genoss die Umarmung. Allmählich entspannten sich meinen Muskeln wieder und das Zittern ebbtet ab. Erst jetzt fiel mir auf das Samu patsche nass war. “Und warum bist du eigentlich so nass?”, fragte ich ein wenig verwundert. “Na, weil ich euch gesucht habe und du ja nicht an dein Handy gehst”, sagte Samu ernst. “Ich habe mir Sorgen gemacht!”
      “Oh, ja mein Handy hatte ich gar nicht mit”, sagte ich.
      “Lina, du weißt, dass ich es nicht mag, wenn du ohne Ausreiten gehst”, scharf sah Samu mich dabei an. “Jaaa, weiß ich”, murmelte ich. Samu machte sich meisten viel zu schnell Sorgen um mich. “Es ist doch nichts passiert”, fügte ich noch leise hinzu. “Aber es hätte was passieren können”, rief er empört. “Genug davon erstmal, ich glaub, ich brauch ne Pause von meinem Leben”, sagte ich erschöpft.
      Samu verstand natürlich, dass damit das Thema erst einmal beendet war. “Ok, dann lass uns mal etwas Trockenes anziehen”, entgegnete er widerwillig und zusammen gingen wir rüber zum Haus, wo ich mich in mein Zimmer verkrümelte.
      Meine nassen Sachen ließ ich im Badezimmer einfach auf den Boden fallen und wickelte mich in ein Handtuch. Ich brauchte erst einmal einen Moment um wieder ich selbst zu werden.

      Vriska
      Als ich mich im Spiegel betrachtete, fiel mir auf, dass ich noch mehr abgenommen hatte. Der Stress tat mir nicht gut, weswegen die Entscheidung den Verein wieder zu verlassen, gar keine schlechte Sache ist. Statt mich wieder unter die Menschen zu mischen, holte ich mein Pad aus der Tasche. Dort öffnete ich die App der Ausbildung, in der unsere Unterlagen zur Verfügung stehen. Bald sind meine Abschlussprüfungen für den Pferdewirt und langsam musste ich anfangen zu lernen. Im Gegensatz zu allen anderen komme ich nicht aus einer Pferdefamilie und saß nicht auf dem Rücken eines Pferdes bevor laufen konnte. Meine Voraussetzungen waren deswegen von Anfang an schlecht. Also nahm ich mir das Thema vor, dass mich an meine Grenzen bringt - Fütterung und Pflanzenkunde.
      “ … wird das Pferd besonderen Belastungen wie starkem Training o.Ä. ausgesetzt, müssen entsprechende Kraftfuttermengen zugefüttert werden.”, murmelte ich, während ich die Dokumente las.
      “Nach der Fütterung braucht ein Pferd zwei bis drei Stunden Ruhe bekommen zum Verdauen”, kam es von Niklas plötzlich, der nass an meiner Tür stand.
      Verwirrt guckte ich zum ihm, da ich damit überhaupt nicht gerechnet hatte.
      “Ju hatte mir gesagt, dass du noch lernen musst aber er selbst nicht so die Leuchte ist, dachte ich, dass ich mal rüberkomme”, sagte er zu mir, schloss die Tür und setzte sich mit seiner nassen Hose auf den Stuhl.
      “In wie viele Portionen sollte die tägliche Ration geteilt werden?”, fragte er mich direkt. Darüber musste ich erst mal nachdenken und wischte verzweifelt auf dem Pad. Er stoppte mich bei der Suche, in dem er meine Hand vom Pad nahm und mir dieses abzog.
      “Sag’ mir jetzt bitte nicht, dass du das nicht weißt”, veralberte er mich. Doch ich hatte mir nie Gedanken darüber gemacht, weil wir am Hof feste Zeiten hatten. Also dachte ich darüber nach.
      “Also auf dem Hof gibt es im Sommer morgens und mittags Heu und am Abend geht es auf die Weide. Die Hengste bekommen noch einmal Kraftfutter. Also schätze ich mal 3 bis 4 Rationen.”, antwortete ich unsicher. Begeistert klatscht er.

      Lina
      Ich war gerade dabei durchzugehen, was in den letzten Tagen passiert war, als mich das Klingen meines Handys aus den Gedanken riss. Genervt stand ich vom Boden auf, auf dem ich saß und folgte dem Klingen. Meine Schwester rief an. Normalerweise freute ich mich über ihre Anrufe, doch jetzt war einfach nicht der richtige Moment dafür.
      “Was ist?”, sagte ich mürrisch in mein Telefon. “Alles ok bei dir, Lina?”, kam es aus dem Hörer. “Warum fragt das eigentlich Momentan jeder?”, ranzte ich sie unfreundlich an. Langsam hatte ich echt keine Lust mehr, dass jeder immer wissen wollte wie es mir ging. “Und bevor du weiterfragst, Nein es ist nichts OK”, schimpfte ich weiter und begann im Zimmer herumzulaufen. “Jace verhält sich wie testosterongesteuerter Idiot, ich habe mich einen Mann verliebt, mit dem ich vermutlich niemals eine Zukunft haben werden und ich bin bei einem super Gewitter durch den Wald geritten und hatte nichts Besseres zu tun, als fast einen Nervenzusammenbruch zu bekommen. Also NEIN es ist alles andere als OK, Juliet”, sprudelte es so aus mir heraus. “Ach und was ich vergessen hab, dieser Mann hat mir dann auch noch ein Pferd für ein halbes Vermögen geschenkt!” Wütend trat ich gegen meine Mülleimer, der laut scheppernd umfiel. Die ganze Szene wurde durch einen Blitz, der draußen über den Himmel zuckte, dramatisch untermalt. “Langsam, langsam so versteht doch keiner, möchtest du mir nicht vielleicht erst einmal erzählen, was los ist?”, hörte ich die Stimme meiner Schwester aus dem Handy sagen. Wie immer, wenn ich extrem wütend war, begannen mir nun Tränen über die Wangen zu rollen und ich ließ mich auf den Boden sinken.
      “Also… wir haben hier aktuell das kanadische und das schwedische Nationalteam auf dem Hof, ... und dann ist da Niklas. Am Anfang dachte ich er sei voll der Arsch, denn er hat immer so dämliche Bemerkungen gemacht und quasi jeden Abend ein andere mit aufs Zimmer genommen”, schniefte ich nun. “ Und dann ist da noch Vriska mit der er nur spielt… und seine Exfreundin, die einfach nur eifersüchtig ist. Jace hat dann am ersten Abend ein abgefüllt und das fand ich scheiße, denn du weißt ja was ich ihm gesagt hatte. Dann war da Niklas, der ihn dazu bracht sich zu entschuldigend. Auf einmal war Niklas total nett und hilfsbereit und dann ist Jace auf einmal getobt und hat Niklas geschlagen” erzählte ich weiter. “Stopp Lina, ich glaube, du vergisst da irgendwas, denn so macht das gerade alles keinen Sinn”, stoppe ich meine Schwester. “Na, doch. Nachdem Jace sich entschuldigt hatte, war da erst einmal alles ok. Niklas war gestern auf einmal so ganz anders als zu Beginn und hat mir zugehört und er ist nicht wie alle anderen weggelaufen, sondern hat mich Verstanden. Es fühlte sich alles so richtig an. Wir waren dann gestern alle zusammen am Fluss und ich habe mit ihm noch mal geredet. Auf einmal ist Jace getobt und hat Niklas die Nase gebrochen. Niklas hat mir dann später noch von sich erzählt und dann hat er mir auf einmal Divine geschenkt”, sagte ich und schwieg einen Moment. “Ja und wo genau ist jetzt das Problem?”, fragte Juliet ein wenig verwirrt. “Na, das Problem ist, das mir jeder verdammte Mensch hier auf dem Hof ständig sagt, dass es falsch ist und keine Zukunft hat, weil er auf kurz oder lang das Herz brechen wird” sagte ich leise. “Das Traurige daran ist, dass sie recht haben. In 7 Tagen ist das Trainigscamp vorbei und er zurück nach Schweden und ich bleibe dann hier allein zurück. Es gibt zwar auch eine andre Möglichkeit, doch das würde bedeuten, dass ich mit ihm nach Schweden gehe”, dass alles musste für sie einfach nur verrückt klingen.

      Vriska
      “Der, der Futterpläne erstellt hat, muss wohl ein Genie sein. Da sie Abendration immer die größte des Tages sein. Weißt du auch warum?”, schwärmte er von Tyrell und baute natürlich die nächste Frage mit ein. Wieder kamen mir Zweifel, warum ich diesen Beruf lerne. Lieber würde ich in einem Büro sitzen und irgendwelche Formeln berechnen und Theorien ausarbeiten, als mir Gedanken über die Fütterung meines Pferdes zu machen. Schließlich steht der fast nur auf der Weide und macht sein eigenes Ding.
      “Frag mich doch bitte was Leichteres … Vielleicht, weil sich abends eh niemand um die Pferde kümmert?”, jammerte ich.
      “Mehr oder weniger, ja. In der Zeit können die Pferde ungestört fressen und haben somit mehr Zeit zu verdauen. Außerdem sollte die erste Mahlzeit des Tages kein Kraftfutter sein, da sonst der Magen aufblähen könnte.”, erklärte Niklas mir und fuhr direkt fort mit der nächsten Frage. “Wenn es dann aber keine Weide mehr gibt, wie viel Grundfutterration insbesondere Heu sollte das Pferd bekommen ungefähr?”
      “Das ist leicht. 5-6 kg also ungefähr 2,5 % des Körpergewichts.”, antwortete ich gekonnt.
      “Wenn du den Prozentsatz schon weißt, dann sollte dir Auffallen, dass 5 bis 6 Kilogramm etwas wenig sind.”, merkte er etwas arrogant an.
      “Nej, du Leuchte. Ich mache den Pferdewirt in speziellen Reitweisen mit Fachgebiet Gangreiten bzw. Isländer. Sprich 5 bis 6 kg sind schon richtig. Wenn du dir das mal auf Pad vorher angeguckt hättest, wüsstest du das.”, duellierte ich. Hochmut kommt vor dem Fall, sagt man so schön. Dazu äußerte er dann nicht mehr und fuhr mit den Giftpflanzen fort. Dabei erklärte er mich auch, welche insbesondere in Schweden auftreten und bei welchen es bei der Prüfung Zusatzpunkte gibt.
      Das Lernen mit Niklas hatte wirklich etwas Gutes. Er kann Dinge erklären, die sogar Dummies verstehen. Kurz dachte ich darüber nach, ob er das wegen seines Bruders konnte oder Ju der Grund dafür war.

      Lina
      Einen kurzen Moment herrscht stille am anderen Ende. “Ach Süße, da hast du ja einiges Erlebt. Aber ich sag dir eins, lass dein Leben nicht von anderem Bestimmen”, sagte sie verständnisvoll. “Hör auf dein Herz und wenn das beinhaltet nach Schweden zu gehen, dann tue es”.
      “Meinst du wirklich?”, schniefte ich ins Telefon. “Aber hier ist doch mein ganzes Leben. Meine Freunde, meine Arbeit, einfach alles, bis auf dich. Das ist alles schön viel immerhin ist es ein andres Land, eine andere Sprache und was ist mit dem finanziellen Aspekt. So ein Flug ist überaus teuer und ich kann doch auch nicht einfach mein Pferd hierlassen. Und dann brauche ich ja auch einen Job...”, gab ich zu bedenken. “Lina, hör mir zu, für alles gibt es eine Lösung! Und ich für meinen Teil werde dich bei deiner Unterscheidung Unterstützen egal wie sie ausfällt”, sagte sie. “Danke, Juli”, sagte ich erleichtert darüber, wenigsten meine Schwester auf meiner Seite zu haben. “Danke für das Gespräch, ich ruf dich noch mal an”, beendete ich das Gespräch und ließ mein Handy zu Boden sinken. Draußen regnete es immer noch in Strömen.

      Vriska
      “Wäre es okay, wenn ich wieder gehe?”, fragte er dann plötzlich.
      “Nichts lieber als das”, antwortete ich stumpf. Entgeistert verzog Niklas sein Gesicht und stürzte sich zurück in den Regen. Erst einige Minuten später, stellte ich fest, dass ich mich nicht mal bedankt habe. Eigentlich würde ich nun gern rüber gehen und dies nachholen, doch der Regen brachte mich wieder dazu, dass es eine schlechte Idee ist. Mein Gepäck war nicht sinnvoll verpackt. Da kam es mir. Geld ausgeben. Jetzt sofort. Ich suchte nach meinem Telefon und schrieb Lina eine Nachricht: “Denkst du wir können in die nächste größere Stadt fahren? Ich habe das dringende Bedürfnis Geld aus dem Fenster zu schmeißen.”
      “Ok. In 10 Minuten vor dem Haus”, bekam ich so gleich als Antwort. Erleichtert rannte ich ins Bad, um mein Make-up aufzufrischen. Durch den Regen war mein Eyeliner vollkommen verwischt. Also musste das alles erst mal wieder runter. Nervös guckte ich auf die Uhr - 15 Minuten später war ich fertig, nahm einen Schirm und stürzte mich in zum Haus, vor dem Lina bereits im Auto wartete.
      “Super, dass das so spontan geklappt hat”, bedankte ich mich bei ihr.
      “Darf man wissen woher, diese Laune auf einmal kommt?”, frage sie.
      “Ach weiß auch nicht, aber hier nur herumzusitzen, ist ja auch doof”, sagte ich und entschied ihr nicht davon zu erzählen, dass ich mit Niklas zusammen gelernt hatte. Schätzungsweise ist das Thema gerade nicht so angebracht, da ihre Augen offensichtlich verweint waren. Immerhin hatte sie keine Panda-Augen wie ich vor 20 Minuten.
      “Da hast du recht, also los”, sagte sie und startete den Motor.
      “Willst du drüber reden?”, fragte ich kurz. Denn die Antwort wird vermutlich nein sein, aber klingt besser als zu hoffen, dass alles gut ist. Den das wird es sicher nicht sein. Seit Tagen haben wir alle am Hof eine Persönlichkeitskrise, als wären wir wieder 16 / 17 Jahre.
      “Ich habe mit meiner Schwester telefoniert, den Grund kannst du dir sicher selber denken”, antwortete sie nur angebunden und konzentrierte sich auf die Straße.
      Kurz musste ich drüber nachdenken, ob es nicht, doch besser wäre ihr zu sagen. Später vielleicht. Stattdessen lenkte ich das Thema in eine andere Richtung.
      “Wann hast du dir zuletzt mal was gegönnt?”, fragte ich dann und hoffte, dass sich nicht wieder an den Kerl denkt.
      “Mmm, das ist schon eine ganze Weile her”, sagte sie, nachdem sie kurz nachgedacht hatte.
      “Na dann ist ja heute der richtige Tag, um dir was Schickes auszusuchen. Ich will nach einer Jacke gucken und neuen Schuhen, vielleicht auch einer Hose.”, antwortete und dachte weiter darüber nach, was ich gerne hätte. Besonders wann ich das alles mal anziehen sollte, denn auf dem Hof sind neue Sachen immer direkt dreckig und bis ans Ende ihres Lebens Hofkleidung.
      “Da hast du aber große Pläne ich denke, ich werde mal sehen, was mit so zuläuft”, sagte Lina und ich konnte ein kleines Lächeln auf ihrem Gesicht entdecken.
      Die nächsten Kilometer dachte jeder für sich über irgendwas nach. Ich gucke interessiert aus dem Fenster und was verwundert darüber, wie Tod die Gegend zu sein scheint. Am Horizont sah man immer mal wieder ein Getreidesilo emporragen oder mal ein Bauernhaus. Doch die klassischen Einfamilienhäuser, die man bei uns findet, wenn man Richtung Stockholm fährt, sucht man hier vergebens. Es machte mich etwas traurig, dass diese Fahrt bisher so verlaufen war. Eigentlich wollten Milena und ich zusammen eine großartige Zeit haben, doch nun hatte sie Anna. Seit dem Ausritt haben wir beide kein einziges Wort miteinander mehr gewechselt, allerdings irgendwo tief in mir, war ich auch froh darüber. Stattdessen musste ich auch wieder an Glymur denken. Was wird Tyrell machen, wenn ich ihm davon erzähle? Werde ich es ihm überhaupt erzählen? Wäre es klüger erst einmal mit Bruce darüber zu sprechen? Schätzungsweise wird das der richtige Weg sein. Er reagierte für gewöhnlich entspannter als sein großer Bruder.

      Lina
      Nach einer dreiviertel Stunde erreichten wird endlich Hinton. Es war eine für die Gegend hier typische Touristenstadt. Vor allem Restaurants und Hotels reichten sich hier aneinander. Auch Souvenirshops fand man hier in großer Zahl. Aber natürlich gab es auch hier eine Mall.
      “Ich hoffe, du erwartest nicht zu viel. Wir sind hier nicht gerade in einer Shoppingmetropole”, warnte ich Vriska, während ich das Auto parkte.
      “Krass, es regnet nicht mehr. Und nein, natürlich erwarte ich das nicht. Trotzdem wird man doch was Schönes finden. Was hältst du davon, wenn wir erst mal was zum Essen suchen?”, schlug sie vor.
      “Das klingt nach einem hervorragenden Plan”, stimmte ich Vriska zu. Der Himmel war deutlich aufgeklart und nur die Pfützen auf dem Asphalt zeugten von dem vorherigen Regen. “Was hältst du von Pizza?” wandte ich mich an sie und deutete auf die Pizzeria auf der anderen Straßenseite.
      “Gute Idee, hoffentlich haben die welche ohne Käse”, antwortete sie und lief in dir Richtung des Restaurants. Provokant nahm Vriska eine Speisekarte und suchte direkt, erst als sie fündig wurde, setzte sie sich hin und ich mich dazu. Auch ich warf einen Blick auf die Speisekarte, schnell wurde ich fündig. Ein wenig Gedankenverloren begann ich auf die Serviette zu kritzeln, während wir auf die Bedingung warteten. Schnell entstand eine kleine Möwe und sie erinnerte mich an Zuhause.
      “Wie lange zeichnest du eigentlich schon?”, fragte Vriska, nach dem meine Kritzelei sah.
      “Ich habe als Kind schon immer gerne gezeichnet, doch so richtig angefangen habe ich dann auf dem Internat. Da ich nicht viele Freunde hatte, müsste ich mich häufig allein beschäftigen und so habe ich angefangen zu Zeichen”, erzählte ich ihr.
      “Klingt traurig, aber förderlich für dich selbst. Wie kommt es eigentlich, dass ihr Pferdemenschen auf dem Internet wart?”, fragte sie dann verwundert.
      “Mmm, was du nicht sagst. Also Samu war dort freiwillig, denn er wollte schon früh unabhängig sein und er hätte irgendwann keine Lust mehr mit drei Geschwistern Zuhause zu wohnen. Meine Schwester und ich wurde von unserm ‘’ Vater’’ dahin abgeschoben, als er sich eine neue Familie gesucht hat.”, antwortete ich Vriska ehrlich.
      “Willst du irgendwann noch mal mit dem sprechen?”, wurde sie nun wieder etwas tiefsinniger.
      “Eigentlich habe ich geschworen, dass ich nie wieder mit ihm sprechen möchte, deshalb bin ich ja hier, aber vielleicht gebe ich ihm irgendwann noch mal eine Chance” antwortete ich nachdenklich.
      “Für deinen inneren Seelenfrieden wäre es sicher besser, wenn du dem mal richtig deine Meinung geigst. Danach kannst du ihn immer noch auf den Mond schießen”, murmelte Vriska und begann an unsere Bestellung aufzugeben.
      “Mmm, das sagt sich immer so leicht”, sagte ich und begann eine weitere Möwe auf die Serviette zu malen.

      Vriska
      Als sich Lina wieder ihrer Serviette zuwendete, guckte ich durch die Gegend. Dann sah ich etwas, womit ich nicht gerechnet hatte. Anna und Milena liefen auf der anderen Seite vollbepackt mit Einkaufstüten von ziemlichen teuren Marken. Irgendwie dachte ich mir bereits, dass keiner von den beiden das Geld dafür hatte, also lauschte ich ihnen mit meinen Fledermausohren. Plötzlich wurde mir einiges klar.
      “Lina, ich muss kurz telefonieren. Bin gleich wieder da”, sagte ich hektisch zu ihr und verschwand wohin, wo die Beiden mich nicht hören konnten.
      Zum Glück ging Ju direkt an sein Handy und ich bot ihn, dass Niklas nach seinem Portemonnaie gucken solle. In diesem fehlte, wie gedacht, seine Kreditkarte. Außerdem erfuhr ich, dass er seit gestern sein Handy nicht mehr gefunden hatte und dieses benötigt wird, um Zahlungen zu autorisieren. Hoffentlich kann er nun noch alles sperren.
      “Du wirst es nicht glauben”, kam ich zurück zum Tisch, an dem schon unsere beiden Pizzen standen. Überrascht schaute Lina mich an und sagte: “Was werde ich nicht glauben?"
      “Okay, in ganz kurz. Anna ist richtig am Arsch. Sie hat das Handy und die Kreditkarte von Niklas gestohlen. Damit offenbar ein Haufen Geld verbraten.”, flüsterte ich ihr zu und lehnte mich dafür über den Tisch. Dann zeigte ich auf die andere Straßenseite, wo die Beiden noch saßen mit mehr als 10 großen Einkaufstüten.
      "Wow, also mir ist ja schon aufgefallen, dass sie extrem eifersüchtig ist, aber dass sie so eine hinterhältige B**** ist hätte ich nicht erwartet", antwortete Lina ein wenig fassungslos.
      “Ich finde, dafür dass wir zusammen das Rätsel gelöst haben, genießen wir unsere Pizza und geben dann unser eigenes Geld aus”, sagte ich begeistert und biss von der viel zu heißen Pizza ab.

      Lina
      "Naja, eigentlich hast du das Rätsel ja allein gelöst, aber genießen klingt super", sagte ich und biss triumphieren in meine Pizza in gleich darauf das sie noch viel zu heiß war.
      In Ruhe genossen Vriska und ich unsere Pizzen, bevor wir zahlten und zur Mall rüber schlenderten.
      Auf dem Weg dorthin, kamen wir an einem kleinen Geschäft vorbei, welches allerlei Souvenirs verkaufte. Im Schaufenster waren klassische Touriartikel wie Shirts und Schlüsselanhänger, aber auch die für die Gegend typischen Figuren und den Schmuck aus der hübschen dunkelgrünen Kanada-Jade. "Wusstes du das hier Jade mystische Fähigkeit haben soll?", fragte ich Vriska neugierig und deutete auf das Schaufenster.
      "Jade soll angeblich die Selbstentwicklung fördern. Außerdem soll es ausgleichend und harmonisierend wirken, wie auch die Kreativität fördern", erzählt ich die Mythen, die sich um diesen Stein ranken. "Vielleicht haben wir ja einfach zu wenig Jade auf dem Hof", scherzte ich fröhlich.
      “Oh, dass will ich für Glymur mitnehmen.”, sagte Vriska und stürmte in den Laden herein.
      “Ok” sagte ich belustigt über ihren Überschwung und folgte ihr in den Laden. Drinnen war es recht gemütlich, überall waren Regale und Ständer mit Sachen. An den Wänden hingen verschiedene Bilder und Schilder. Angenehm fiel die Sonne durch das große Schaufenster und erzeugte eine fast magische Stimmung. Schneller als man gucken konnte, durchsuchte Vriska nach dem richtigen etwas. Was wie wirklich suchte, wusste ich nicht.
      “Ich habe das richtige!”, rief sie dann plötzlich, sogar die Verkäuferin erschrak sich.
      “Was genau hast du überhaupt gesucht?”, fragte ich neugierig und versuchte zu sehen, was sie in der Hand hielt.
      “Das hier”, sagte Vriska triumphierend und zeigte einen kleinen Jade-Anhänger in Form eines Pferdekopfes in die Höhe.
      “Ein wirklich schönes Stück”, murmelte ich und betrachtete den Anhänger.

      Währenddessen am Hof …

      Niklas
      Nach dem Ju mir sein Handy gab um meinen Bankmitarbeiter anrufen, den ich wirklich zu jeder Tageszeit telefonisch erreichen kann, schließlich ist es gerade 0 Uhr in Schweden, ließ ich alle Zahlungen meines Kontos einfrieren sowie alle Schecks sperren. Bis auf den für das WHC, bei der ich die Nummer des Scheckes durchgab. Nur wenige Minuten dauerte dieser Vorgang und nun würde ich meinen Vater anrufen. Im strömenden Regen lief ich rüber zum Zimmer, in dem Herr Holm war. Genau genommen Herr Holm und Frau Wallin, denn jeder wusste, dass die Beiden seit Jahren ein Verhältnis miteinander hatten. Doch niemand sprach darüber.
      “Anders, ich brauche dein Handy. Ich muss mit meinem Vater sprechen.”, sagte ich zu ihm, als er oberkörperfrei die Tür öffnete. Auf dem Bett lag Frau Wallin, die sich Kurzerhand die Decke überzog. Da ich normalerweise nie meinen Vater kontaktieren würde, wusste Herr Holm, dass es etwas Ernstes sein würde. Er stellte keine Fragen und gab mir das Telefon. Ich konnte die Nummer nicht auswendig, sonst hätte ich bereits im Zimmer mit Jus Handy ihn kontaktiert. Unsere Eltern, egal im welchen alter wir sind, müssen die Bürgschaft für uns übernehmen, deswegen hatte mein Trainer die Nummer für ihn.
      Ohne tiefsinnige Fragen zu stellen, sprach ich mit meinem Vater über die Situation. Dieser Verstand, dass das nun kein Spaß mehr ist und unverzüglich ein Strafantrag über den Anwalt an Anna gestellt wird. Da ich mich jedoch nicht im Heimatland befand und die Mühlen der Justiz langsam mahlen, muss die Sache über die Botschaft laufen. So versicherte mir mein Vater, dass er unverzüglich jemanden vorbeischicken wird, um Beweise zu sichern. Von meiner gebrochenen Nase und dem damit verbundenen Zwischenfall mit Jace erzählte ich ebenfalls nichts. Dass ich kurzerhand ein Pferd gekauft habe und direkt wieder verschenkt, auch nichts. Zufrieden gab ich meinem Trainer das Handy zurück. Da er das Gespräch belauscht hatte, musste ich zum Glück nichts weiter erklären und lief zurück zur Hütte. Natürlich war ich wieder komplett Nass. Dich fühlte mich gut, wirklich gut. Um das Geld geht es mir auf keinen Fall, da es sich nicht um mehr als 200.000 SEK handeln wird, kann ich das Verkraften, aber mich zu Hintergehen und meine Familie hat Grenzen.
      “Wie war dein Vater drauf?”, fragte mein bester Freund mich, als ich zurück im Zimmer ankam.
      “Er war wirklich müde, aber in einigen Stunden wird einer von der Botschaft kommen.”, sagte ich kurz und nahm mir zur Belohnung ein Bier aus dem Kühlschrank.

      Zurück in der Stadt …

      Vriska
      Auch Lina zeigte mir, was sie sich ausgesucht hatte. Es war auch ein kleiner Grizzly aus Jade. Zusammen scherzten wir und liefen weiter. An der Ecke sah ich einen Schuhladen und hoffte darauf neue zu finden. Interessiert lief ich durch den Laden und entdeckte genau das, wo nachsuchte. Ich zeigte Lina die weißen Sniker mit schwarzer Sohle und Swoosh.
      “Guten Geschmack hast du da”, sagte sie anerkennend.
      Kurz musste ich über den Preis nachdenken, da er deutlich höher war, als ich ausgeben wollen würde. Doch ich musste sie haben, also ging ich zur Kasse, ohne mich weiter umzugucken und zahlte. Lina schaute sich zwar um, schien aber nicht so richtig fündig zu werden.
      “Wollen wir weiter?”, fragte ich dann lieber noch nach.
      “Ja, ich vermute Samu würde nur schimpfen, wenn ich schon wieder mit einem neuen paaren Schuh ankomme. Er ist eh der Meinung zwei paar wären ausreichend”, antwortete sie lachen.
      “Ich denke, dass wir Kerle gerade am Hof haben, die mehr haben als du”, scherzte ich und verließ mit ihr den Laden. Freundlich verabschiedete ich mich noch von den Verkäufern.
      Ohne weitere interessante Läden zu liefen, trödelten wir durch die Stadt. Dann sah ich etwas, wo nach ich nicht suchte - ein Reitfachgeschäft.
      “Lina. Pferdeladen”, sagte ich stumpf und steuerte darauf zu.
      “Definitiv einer meiner Lieblingsform von Laden. Vielleicht finde ich je was Hübsches für Divine”, sagte ich begeistert und folgte Vriska.
      Eigentlich wusste ich nicht genau wonach ich suchte, aber entgehen lassen war ebenfalls nicht möglich. Lina guckte sich noch um.

      Lina
      Neugierig stöberte ich durch den Laden. “Vriska, was hältst du von dieser Schabracke?”, fragte ich und hielt ihr eine bordeauxfarbene Schabracke hin. “Oder von der”, deutet ich begeistert auf eine dunkele Purpurfarbene. In Sachen Pferdeoutfits bin ich leider ein absolutes Shoppingopfer. Meine Pferde laufen meistens modischer rum als ich selbst.
      “Dann eher die Rote”, antwortete sie verwirrt. Da wurde mir bewusst, dass sie auf Glymur nur mit einem Gummipad saß.
      “Ja, ich glaube, du hast recht”, stimmte ich zu ihr und begann weiter durch den Laden zu schlendern. Als ich an dem Regal mit den Fliegenmasken vorbeikam, fiel mir ein, dass Divine seine leider auf der Koppel zerstört hatte. Da er ohne allerdings Sonnenbrand bekommt, muss wohl eine neue mit. Also machte ich mich dran nach einer stabilen Maske mit Nüsternschutz zu suchen, was sich wie immer recht schwierig gestaltete. Ich warf noch einen Blick zu Vriska, die zur anderen Ecke des Ladens lief. Sie schien noch etwas entdeckt zu haben.
      “Nehme ich mit”, sagte sie zu mir überzeugt mit einem komischen Gebiss in der Hand und in der anderen ein Trensenzaum.
      “Was genau ist das?”, fragte ich und deutete auf das Gebiss.
      “Ähm?”, fing sie etwas irritiert an. “Das ist eine isländische Kandare - in Schwarz. Sieht man doch”, feigste Vriska dann. “Interessant ich habe noch nie so ein Teil gesehen”, kommentierte ich. Bevor ich noch mehr unnötiges Zeug entdecken konnte, was ich am Ende großartig finden würde, beschloss ich den Einkauf abzuschließen. “Also ich bin fertig”, sagte ich zu Vriska und machte mich auf den Weg zu Kasse. Als ich zahlte, stellte ich fest, dass ich wieder viel zu viel Geld mal für eine Schabracke ausgegeben hatte. Geduldig wartete ich dann noch bis auch Vriska gezahlt hatte. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass wir nun schon drei Stunden hier waren. “Ich denke, wir sollten uns langsam mal auf den Rückweg machen”, schlug ich Vriska dann vor und gemeinsam machten wir uns auf den Weg zum Auto.

      Vriska
      Wie üblich schlief ich nach einigen Kilometern ein. Erst vor der Hofeinfahrt wachte ich auf. “Habe ich was verpasst?”, murmelte ich frisch aufgewacht und schaute Lina verträumt an.
      “Nein, absolut nichts, außer dass wir jetzt da sind”, antwortete sie mir. Zustimmend murmelte ich und stieg aus dem Wagen. Wann es aufgehört hatte zu regnen, war schwer zu beurteilen. In den Löchern stand das Wasser. Doch am Hof war es ruhig. Es schien auch niemand auf uns gewartet zu haben.
      “Irgendwas stimmt hier nicht”, merkte ich das zweite Mal heute an.
      “Dann sollten wir mal herausfinden, ob du heute diesbezüglich noch ein zweites Mal recht hast”, antwortete Lina, die gerade die Autotür zuschlug.
      “Vermutlich wird es nicht schön”, sagte ich noch und holte aus dem Kofferraum meine beiden Tüten. Dann verließ ich Lina erstmal und brachte meine Sachen ins Zimmer. Dort fiel ich ins Bett und könnte direkte wieder einschlafen. Es kam nicht dazu, weil es an der Tür klopfte. Manchmal fragte ich mich wirklich, wieso jeder so großes Interesse an mithatte. Müde trat ich an die Tür. Ein mir Unbekannter stand davor.
      “Vriska Isaac?”, fragte er dann. Von oben nach unten warf ich ein Blick auf den Herrn, der im Anzug, Lackschuhen und Gel in Haaren vor mir stand. Ein eher ungewöhnliches Bild für jemanden auf einem Pferdehof.
      “Ja und fragt mich das?”, gab ich etwas verwundert von mir.
      “Erik Löfström von der schwedischen Botschaft und ich würde gerne eine Zeugenaussage mit Ihnen aufnehmen.”, stellte er sich dann vor. Wenn ich raten müsste, würde ich sagen, dass er gerade mal 5 Jahre älter als ich war und gerade neu dort war. Nervös zupfte er an dem Bund seiner Hose. Freundlich bat ich ihn in die Hütte und erzählte ihm, was ich im Gespräch in der Stadt gehört hatte, als ich mit Lina unterwegs war. Im gleichen Zuge erzählte ich auch, dass sie die beiden zwar gesehen hatte aber nichts davon hörte. Zumindest sagte sie nichts. Genauso schien Herr Löfström das auch aufzuschreiben. Er lobte mich ebenfalls dafür, dass ich es direkt meldete und nicht auf Komfortration ging. Dass der Mann mir nichts über die aktuellen Fakten sagen durfte, aufleuchtete mir ebenfalls auf. Doch ganz gegen meine Erwartungen erzählte er, was bisher bekannt ist und auch, dass die Bank bereits bestätigt hatte, dass die Zahlungen getätigt wurden. Ich war mir mittlerweile nicht mehr ganz wohl und ein Gefühl der Verzweiflung machte sich in mir auf. Davon erzählte ich ihm auch, doch Herr Löfström versicherte mir, dass ich mir keine Sorgen machen müsse. Die Dame wird heute noch vom Hof entfernt und muss in der Botschaft bleiben. Der Rückflug wird darauf hin von denen organisiert. Auf Nachfrage, was mit dem Pferd sei, sagt er, dass sich ihr Trainer darum kümmere. Wenig später war das Gespräch beendet und verabschiedete sich von mir, dabei bedankte er sich noch einmal für die Aussage und verschwand. Schnell zog ich mein Handy aus der Hosentasche und schrieb Lina: “Hier war eben ein Typ von der schwedischen Botschaft, der übrigens ziemlich heiß ist, der vermutlich noch zu dir kommen wird. Ich habe ihm nur gesagt, dass wir zusammen in der Stadt waren und du sie auch gesehen hast. Wusste aber nicht, was du diesbezüglich weißt. Nur damit du dich nicht wunderst. PS: Er wirkte nicht wirklich was mit Pferden zu tun zu haben :(

      Lina
      Ich hatte mich gerade daran gemacht einen geeigneten Platz für den Grizzly zu suchen, als mein Handy mir den Eingang einer Nachricht mitteilte. Es war eine Nachricht von Vriska. “Ok, danke fürs Mitteilen. PS. Du weißt aber schon der er hier zum Arbeiten ist nicht zum Flirten :D” antworte ich ihr und keine 5 Minuten später klopfte es an der Tür.
      Freundlich öffnete ich die Tür und ein junger Anzugträger stand vor mir. Hätte Vriska nicht mich vorgewarnt, wäre ich vermutlich ziemlich verwundert gewesen. “Lina Valoo?”, fragte er.
      “Ja, genau die steht vor ihnen”, antwortete ich. Kurz darauf stellte er sich und den Grund seines Kommens vor. Auch wenn es mich kaum betraf, war es kein Thema für den Flur, weshalb ich ihn hineinbat. Ich bestätigte ihm das, was Vriska ihm bereits erzählt hatte und so kam es, dass er genauso schnell wieder verschwand, wie er gekommen war.
      “Wer weiß, vielleicht versuchte er nur mehr Infos über mich zu bekommen :D”, hatte Vriska mir geantwortet.
      “Also, darum ging es eben eindeutig nicht, aber wer weiß vielleicht wollte er nur professionell wirken;)”, schrieb ich ihr zurück und es klopfte schon wieder an der Tür. “Offen” rief ich und Samu steckte seinen Kopf durch die Tür. “Wer war denn der Schlipsträger im Flur? Haben wir jetzt schon den Geheimdienst im Haus”, fragte er ein wenig misstrauisch.
      “Das? Ach, der wollte sich nur als Vriskas neuen Freund vorstellen”, scherzte ich und Samus blick wurde noch misstrauischer. “So sah er aber nicht aus”, kommentierte er.
      “Ach Samu, manchmal hast du aber echt eine Lange Leitung. Natürlich ist das noch nicht Vriskas Freund. Herr Löfström ist von der schwedischen Botschaft und war nur wegen einer Zeugensage hier”, erklärte ich, was ihn nicht gerade zu beruhigen schien. “Keine Sorge nichts wildes”, sagte ich und verdrehte die Augen.
      “Wo ist er hin?”, kam Vriska plötzlich angelaufen und störte unser Gespräch. Wenn ich sie so betrachtete, schien sie sich neu geschminkt zu haben. “Ich muss dich enttäuschen, aber dein Traumprinz ist gerade gegangen, auch wenn du dir offensichtlich sehr viel Mühe gegeben hast”, antworte ich Vriska leicht amüsiert.
      “Dann warte ich an seinem Auto. Der BMW steht noch im Matsch.”, sagte sie und verschwand wieder.
      “Wow, sich scheint es ja echt erst zu meinen” kommentierte Samu das ganze amüsiert. “Ja, sag ich doch, dass das Vriskas fast Freund ist”, lachte ich ihn an.

      Vriska
      Was mache ich hier eigentlich, überlegte ich, als ich Knöcheltief im Matsch stand. Mit meinen Reitstiefeletten. Und kurzer Hose. Oversized-Pullover, obwohl es gefühlt wieder 25 Grad Celsius waren. Typisch schwül war es nach diesem heftigen Sommergewitter. An einigen Stellen blinzelte auch die Sonne durch die grauen Wolken.
      “Ach, ist noch was?”, fragte Löfström überrascht.
      “Jein, hast du - äh … Sie noch eine Visitenkarte für mich, falls mir noch was einfällt?”, fragte ich gekonnt und versprach mich natürlich.
      “Klar” antwortete er fröhlich und griff in seine Brusttasche des Mantels. Bisher dachte ich, dass nur amerikanische Filme und Serien sich das als Thing überlegten. Doch nun traf ich den ersten Anzugträger damit. Unglaublich. Einige Minuten blieb ich noch wie angewurzelt stehen und wirkte nicht unbedingt klug dabei.
      “Kann ich dir sonst noch helfen oder hast du einen Schlaganfall?”, lachte er. Einen Moment brauchte ich, bevor eine Antwort aus meinem Mund kam.
      “Hoffentlich hast du keinen”, fügte Löfström nun deutlich ernster hinzu.
      “Oh tut mir leid, ich war gerade irgendwie woanders.”, antwortete ich kurz und drehte mich um, um zu gehen.
      “Du kannst auch so mal anrufen”, rief er mir noch nach und stieg in seine viel zu große schwarze Karre. Die Pfützen spritzten gegen den bis dahin sauberen Lack.
      Was war den hier passiert? Schnell musste ich wieder zu Lina, um ihr das zu erzählen. Noch immer war sie mit Samu in ihrem Zimmer. Als ich reinplatzte, konnte ich nicht verstehen, worum es gerade ging. Unhöflich fiel ich dazwischen: “Ha! Ich habe seine Nummer!”, triumphierte ich und hielt die Visitenkarte in die Hand.
      “Aww super”, quietschte sie aufgeregt. “Und Samu du musst hier jetzt verschwinden wir haben Mädchenkram zu besprechen”, wandte sie sich an den Finnen und schob ihm aus dem Zimmer.
      “So, jetzt sag mal, wie hast du das angestellt”, fragte sie neugierig als sie die Tür hinter sich geschlossen hatte.
      “Der hätte auch bleiben können, hätte ihn sicher auch interessiert. Aber gut. Ich habe einfach mein Pulli hochgezogen - fertig.”, scherzte ich. Lina warf mir verwirrte Blicke zu.
      “Spaß, ich habe ihn nach seiner Visitenkarte gefragt, falls ich mir noch was einfällt. Stand dann gedankenverloren einige Minuten an seinem Auto. Da sagte er mir zu mir, dass ich auch so mal anrufen kann”, antwortete ich und ließ mich rückwärts auf ihr Bett fallen.
      “Scheint ja, als wäre das quasi perfekt für dich gelaufen” antwortete sie begeistert und setzte sich neben mich aufs Bett.
      “Ach, als ob ich den anrufe. Ich weiß auch nicht, was das sollte. Vielleicht wollte ich einfach gucken, ob ich es noch kann”, sagte ich zu ihr und starrte an die Decke ihres Zimmers.
      “Also irgendwie kann ich das nicht so ganz glauben, dass du ihn nicht mehr anrufst, so wie du gerade aussiehst”, sagte Lina und ich konnte das Grinsen quasi hören. Ich zog das Pappkärtchen aus meiner Hosentasche und betrachtete es genauer.
      “Guck mal”, kam es nun völlig verwirrt aus mir. Ich deutete darauf, dass es seine private Karte sei und nicht die aus dem Büro. Entweder war er ein ziemlich Creep oder auch in ihm sind die jungen Pferde durch gegangen.
      “Sieht so aus, als wäre er doch zum Flirten hier gewesen”, kam es ein wenig neckisch von ihr.
      “Habe ich doch geschrieben. Ich habe immer recht”, lachte ich und stand auf. Dann zog ich sie an der Hand ebenfalls hoch aus dem Bett.
      “Vielleicht solltest du zu Nik. Der hat sicher einen harten Tag gehabt”, merkte ich an und nahm Lina mit raus.

      Lina
      “Na, da hast du wohl Recht”. So genau hatte ich bisher nicht darüber nachgedacht. Zusammen mit Vriska ging ich also zu den Hütten, in denen die Gäste untergebracht waren. Ich blieb vor Niklas Tür stehen, während Vriska sich zu ihrem eigenen Zimmer begab. “Niklas, bist du da?”, fragte ich und klopfte sacht an die Tür.
      “Nein, ich tarne mich als Bettdecke”, hörte ich es leise aus dem Zimmer.
      “Darf ich reinkommen?”, fragte ich und öffnete vorsichtig die Tür.
      “Du bist doch quasi schon da, jetzt kann ich dich auch nicht mehr wegschicken”, antwortete er und lachte. Also trat ich in den Raum und schloss die Tür hinter mir. “Dieser Tag heute ist ganz schön verrückt”, versuchte ich ein Gespräch zu starten.
      “Wie kommst du darauf? Ist doch ein normaler Dienstag”, scherzte Niklas und schien heute positiv zu sein. “Naja, ich bekomme nicht jeden Tag Besuch von einem Botschafter”, scherzte ich ebenfalls. “Möchtest du vielleicht über den Grund dafür reden?”, fragte ich und ließ mich auf einen Stuhl sinken.
      “Ach, Erik ist doch ein Netter. Ich bin mit dem zur Schule gegangen”, begann er und schien nachzudenken.
      “Ich mach’s kurz. Für Anna habe ich nie wirklich viel Geld ausgegeben, weil ich das als nicht wichtig empfand. Doch irgendwie hat sie mitbekommen, dass ich dir deinen Traum vom Pferd erfüllt habe. Das war wohl ihr Grund, dass alles nachzuholen. Allerdings wird das nun teuer für sie und unangenehm. Herr Holm will nachher beim Essen noch mal drüber reden”, erzählte Niklas dann doch noch.
      “Dieses Mädchen ist doch einfach nur verrückt”, kommentierte ich und schüttelte den Kopf. “Ist das also der Grund warum du so gut gelaunt bis oder gibt es da noch etwas?”, fragte ich und sah ihn an.
      “Du bist da”, antwortete er kurz und guckte mich an.
      Unwillkürlich musste ich lächeln und mir wurde ganz warm ums Herz. “Schön, dass du dich über mich freust,” sage ich und ging zu ihm rüber, “Ich freu mich nämlich auch dich zu sehen, vor allem nach dem Abenteuer heute Morgen”.
      “Abenteuer? Weil ich halb blind mit dir durch Gegend gelaufen bin?”, neckte er mich.
      “Das war zwar sehr lustig, aber nicht das was ich meinte”, sagte ich lachend und erst dann fiel mir ein, dass er vermutlich gar nicht mitbekommen hatte, wo Vriska und ich während des Gewitters gesteckt hatten. “Weißt du ich glaube, ich bin heute ein wenig über mich selbst hinausgewachsen”, begann ich zu erzählen “Obwohl ich mitten in einem Gewitter in einem Wald gestanden hab, hatte ich nur fast einen Nervenzusammenbruch”.
      “Herzlichen Glückwunsch” Aber fast klingt trotzdem nicht so schön”, sprach Niklas berührt und legte seine Hand auf meinen Oberschenkel. Schlagartig wurde mir warm und ein angenehmes Ziehen, breitet sich in mir aus. “War es auch nicht, aber wie du siehst habe ich es überlebt”, murmelte ich.
      “Zum Glück”, flüsterte er dann.
      “Ja, zum Glück, sonst hätte ich nie wieder diesen schönen Kerl hier betrachten können”, flüsterte ich lächelnd und legte meine Hand auf seine.
      “Ist hier noch jemand?”, schockiert suchte Niklas nach einem ungebetenen Gast.
      “Oh, du bist doch blöd”, sagte ich und ohne groß weiter darüber nachzudenken, küsste ich ihn.
      “Nicht so stürmisch, junge Dame. Das könnte gefährlich enden.“, antwortete er und hatte offenbar noch viel mir in seinem Kopf herumzuschwirren.
      “Alles ok?”, fragte ich und sah Niklas nachdenklich an.
      “Wollen wir reiten? … Okay, die Frage erscheint falscher, als ich sie meine. Ich meine natürlich auf Pferden.”, kam es verlegen. Was auch immer in seinem hübschen Köpfchen vorging, er schien es nicht mit mir teilen zu wollen.
      “Pferde klingen gut”, antwortete ich ihm ein wenig frech.
      “Na dann los. Ich habe auch meine Hose wieder, dann bin ich nicht wieder so peinlich für dich. Es gibt bestimmt eins, dass mal wieder richtig geritten werden muss”, kam es typisch männlich von ihm. Dann zog er provokant seine Shorts runter und wechselte zur Reithose, die über einem Stuhl lag. “Na, da findet sich sicherlich jemand”. Kurz sah ich an mir runter, um zu überlegen, ob ich mich auch noch umziehend wollte. Nach unserem ziemlich nassen Ausritt hatte ich mir nur schnell Jeans und Shirt übergeworfen. “Doch bevor wir uns ein paar Pferde suchen, sollte ich mich glaub ich noch mal umziehen, denke ich „und sprang vom Bett auf.
      Verfolgt von Niklas lief ich rüber zum Haus. “Warte hier, ich bin gleich zurück”, meldete ich mich ab und ließ ihn vor der Zimmertür stehen. Im Zimmer tausche ich meine Jeans, gegen eine Reithose und angesichts des schwülen Wetters entschied ich mich auch noch dazu ein Top anzuziehen. Schnell schrieb ich Samu noch eine Nachricht, welche Pferde noch bewegt werden müssten und bekam auch sogleich eine Antwort.
      “So, ich bin wieder da”, verkündete ich und trat aus dem Zimmer. “Und ich habe gehört Little Buddy und Darky würden sich noch über ein bisschen Bewegung freuen.”
      “Wenn ich mich umziehe, spannerst du, aber ich darf nicht mal mitkommen?”, sagte Niklas eingeschnappt und begann zu schmollen. “Aber gut, dann ran da”
      “Ich kann mich für dich auch noch mal umziehen”, antwortete ich schnippisch und stolzierte in Richtung Außenboxen, wo die beiden Hengste wohnten. “Darf ich Vorstellen, da sind die beiden”, sagte ich und deutete auf die beiden Pferde. Während der Braunfalbe freundlich aus seiner Box schaute, drehte Darky uns nur den hinter zu.
      “Gut, ich nehme den Hellen”, entschied Niklas fix, nahm ein Halfter und führte den Hengst aus der Box. Auch ich holte Darky heraus. Gemeinsam putzten wir die Pferde. Mittlerweile war er deutlich stiller geworden und mit einigen Sätzen, versuchte ich wieder ein Gespräch in die Bahn zu lenken, was mir nicht gut gelang. Ich hielt kurz inne und beobachte wie Niklas mit kräftigen Strichen, das Fell des Hengstes striegelte. Er sah einfach verdammt heiß aus, egal was er tat, dazu fühlte ich mich in seiner Gegenwart einfach nur super. Jede Sekunde, die ich mit ihm verbrachte, war es Wert und auf einmal musste ich an das Gespräch mit meiner Schwester zurückdenken. ’Hör auf dein Herz’, hatte sie gesagt. Auf mein Herz zu hören würde bedeuten, dass ich am liebsten nie wieder eine Sekunde ohne diesen Mann verbringen. Doch ist das tatsächlich das Richtige? Mein Verstand sagte eindeutig Nein, doch mein Herz…

      Niklas
      Lina dachte über irgendetwas war, aber ich wollte sie danach nicht fragen. Stattdessen wandte ich mich an sie, um das Sattelzeug zu holen. Da der Hengst, den sie sich nahm, nur etwas größer als war, brauchte sie eindeutig keine Hilfe beim Satteln. Wenn auch unvernünftig setzte ich keinen Helm auf. Gemeinsam führten wir die Pferde in die Halle, sollte es wieder anfangen zu regnen, wären wir somit geschützt.
      “Wo sind die denn alle? Hier am Hof ist echt toten Stille”, versuchte ich das Schweigen zu brechen.
      “Mmm, das ist echt eine gute Frage. Vielleicht haben die vergessen aus dem Fenster zu gucken?”, antwortete sie, während des Nachgurtes. Ich nickte nur zustimmend und tat ihr gleich.
      Im Schritt ritt in den Hengst an und begann mich mit ihm anzufreunden. Schon nach einigen Metern merkte ich, dass sich ziemlich viel Pferd unter mir befand. Mit einem Tempo stolzierte er bereits im Schritt voran und nur mit etwas Geschick gelang es mir ihn deutlich langsamer vorwärts zu schicken. Der lange Zügel empfand er, als Aufforderung schneller zu werden, auch der Kontakt zum Bein wirkte eher als Gaspedal, statt ihm eine Hilfe zu sein. So brauchten wir einige Runden und Bahnfiguren, um uns aufeinander einzustimmen. Dabei stellte ich fest, dass Buddy unsicher war und alles so schnell wie möglich hinter sich haben wollte. Durch einen verstärkten Einsatz der Stimme und kurzen, aber klaren Hilfen, begann er mir besser zuzuhören und aktiver in der Hinterhand zu werden. Ein kurzer Blick zu Lina verriet mir, dass sie ihr Pferd deutlich besser unter Kontrolle hatte. Allerdings erschien es mir auch kein Wunder zu sein, warum ich dieses Pferd zugeteilt bekommen habe. Kostenlosen Beritt nimmt jeder dankend an. So setzte ich die Lockerungsphase mit kurzen Trabeinheiten auf dem Zirkel fort, um seine Elastizität im Genick zu fördern. Das Stellen und Biegen fiel im deutlicher leichter im Trab als im Schritt, auch legte er sich nicht mehr auf den Zügel. Nach jeder kurzen Einheit merkte ich eine Veränderung im Rücken des Pferdes und immer häufiger schnaubte er ab. Das war mit ihm der richtige Weg.

      Lina
      Auch wenn ich schon ein paar wenige male auf Darky gesessen hatte, brauchte ich dennoch einen Moment, um mich an den Hengst zu gewöhnen, denn bisher hatte ich ihm nur beim Springen geritten und da war er quasi ein anderes Pferd. Fleißig schritt er vorwärts und achtete gut auf die Hilfen, die ich ihm gab. Dark ist ein äußerst launisches Pferd, doch heute schien er mal ausnahmsweise gut gelaunt zu sein. Als ich antraben wollte, musst ich leider feststelle, dass der Hengst ein wenig zu gut darauf war denn die Hilfe interpretierte lieber, als Zeichen, laut quietschend einen ordentlichen Bocksprung hinzulegen. Unfreiwillig landete ich so vor dem Sattel. “Benimm dich Dark”, schimpfte ich und sortierte mich wieder und traben ihn erneut an. Diesmal war ich allerdings vorbereitet und reagierte schnell als der Schecke, der schon zu einem erneuten Bocksprung angesetzt hatte. Meinetwegen sollte der Hengst sich freuen dürfen, aber bitte, ohne mich dabei zu verlieren. Damit der Hengst erst einmal seine überschüssige Energie loswerden konnte, ließ ich erst einmal in einem recht hohen Tempo durch die Halle traben, bevor ich damit begann ihn im Trab zu lösen. Ein Blick auf Niklas verriet mir, dass er natürlich auch auf diesem Pferd einfach nur unverschämt gut aussah, wie macht er das nur? Den einen Moment, in dem ich nicht aufmerksam war, nutze der Schecke aus um aus einem vollkommen unerklärlichen Grund losschießen wie eine Rakete. Natürlich ließ der Hengst sich nicht wieder durch Parieren, weshalb ich ihn in eine recht große Volte, brachte und begann diese zu verkleinern. Tatsächlich wurde es dem Hengst irgendwann zu eng und er war gezwungen in den Trab zu wechseln.

      Niklas
      „Alles gut bei dir?“, fragte ich nach dem sie wieder den Schecken wieder im Schritt hatte.
      “Ja, alles Gut. Darky schient heute nur nicht so kooperationsbereit zu sein”, antwortete sie mir. Beruhigt setzte ich die Einheit mit dem Falben fort, der schon ruhiger unter mir lief als zu Anfang. Da ich mit ihm kein wirkliches Ziel außer einer erfolgreichen Einheit entschied ich mich dazu, weiter am Tempo zu arbeiten. Schnell sollte kein Problem sein, aber die Versammlung fiel im deutlich schwer. Buddy reagierte zuverlässig auf den Schenkel, auch wenn er diesen immer mit mehr Geschwindigkeit verband. Mit etwas Durchsetzungsvermögen funktionierte es.

      Max
      Bisher hatte nur Blávör etwas getan und Snotra brauchte dringend mehr Bewegung. In den letzten Tagen und vor allem Monaten hatte sie mehr fett angesetzt. Nachdem ich sie im Stall geputzt hatte und auch gesattelt, lief ich zur Halle, in der ich hoffte, allein zu sein. Doch, bevor ich dort ankam, hörte ich stimmen, die mir verrieten, dass ich nicht ohne Beobachtung trainieren konnte. Ich gurtete noch nach und rief Tor frei. Aufmerksam wartete ich auf eine Reaktion, die kam nach dem Niklas am Tor vorbeitrabte mit einem schicken Falben. Um niemanden zu stören, stellte ich mich mit der Stute in den Mittelpunkt des Zirkels bei A. Dort stieg ich auf und ritt im Schritt an. Unentspannt tippelte Snotra vorwärts, warf den Kopf nach oben und unten, legte diesen auf die Zügel. Ich bemerkte, dass Niklas immer wieder kritische Blicke auf uns warf, verkniff sich aber einen Kommentar. Einige Runden später schnaubte sie unter mir ab. Da die anderen Beiden in der Halle wieder im Schritt waren, töltete ich auf dem Zirkel an und aktiv rollte sie vorwärts.

      Lina
      Nach dem Abreiten verließen Niklas und ich die Halle. Darky hatte mich heute echt fertig gemacht, denn er hatte noch ein paar mal zu testen, ob ich denn auch wirklich wach war. Das Fell des Arabers war verschwitzt und auch mir war ordentlich warm geworden. Die Temperaturen trugen auch nicht gerade zu Abkühlung bei. “Der war heute vielleicht anstrengend, ich könnte mich auf der Stelle ausziehen”, sagte ich während ich den Hengst abtrenste. “Warum muss es heute denn auch so ein ekliges Wetter sein?”, jammerte ich ein wenig vor mich hin.
      “Na dann los, aber bedenke, dass dich dann jeder hier sehen wird”, kommentierte er und guckte nervös auf die Uhr.
      “Hast du heute etwa noch was vor?”, fragte ich ein wenig neugierig.
      “Herr Holm wird vor dem Essen noch eine kleine Rede halten, bei der alle vom Verein anwesend sein müssen. Das ist in 20 Minuten”, verriet Niklas.
      “Na dann musst du dich wohl ein bisschen beeilen”, stellte ich fest. “Geht es um die Sache mit Anna?” fügte ich noch neugierig hinzu, während ich den Sattel von Darkys Rücken zog.
      “Denkbar, er hat nichts weiter in der Gruppe geschrieben.”, antwortete und guckte noch mal auf sein Handy, dass Niklas wieder hatte.
      “Soll ich die mitnehmen?”, fragte ich und deutet auf die Trense, die er bereits über den Putzbalken gehängt hatte. Da ich von ihm keine Antwort bekam, schnappte ich mir auch noch seine Trense und trug mein Sattelzeug in die Sattelkammer, wo ich alles wegräumte.

      Niklas
      “Willst du mitkommen?”, fragte ich hektisch, als die Uhr mir verriet, dass noch 5 Minuten verblieben.
      “Gerne” antwortete sie mir, “wir müssen nur die beiden gerade noch schnell auf Paddock stellen. Das liegt aber auf dem Weg”, fügte sie dann noch schnell hinzu.
      Ich rannte mit dem Hengst los, der mir im Trab folgte. Lina öffnete das Tor und wir stellten die Pferde darauf. Gerade noch pünktlich setzten wir uns an einen freien Tisch.
      “Schön, dass nun alle da sind. Wie ihr sicher alle mitbekommen habt, konnte Anna ihre Emotionen nicht im Griff halten. Da wir jegliche Strafarten im Verein nicht dulden, wurde sie ohne Umwege entlassen. Ebenfalls hat sie Hausverbot am Hof bekommen. Ihre Stute wird in der Zeit versorgt, wofür Anna bzw. ihre Familie aufkommen muss. Aufgefallen wird euch sicher auch sein, dass Milena nicht mit im Raum ist. Aktuell wird noch geklärt, welchen Anteil sie dazu beigetragen hat. Bitte grenzt sie nicht aus, sie hat selbst entschieden jetzt nicht hier zu sein. Außerdem wollen wir euch noch berichten, dass Vriska ebenfalls gehen muss, da sie eine der Bestimmungen im Vertrag nicht erfüllt. Sie bekommt aber in 6 Monaten eine weitere Chance wieder zu uns kommen zu dürfen. Wenn ihr noch Fragen habt, stellt sie ruhig. Aber jetzt guten Appetit!”, erzählte unser Trainer. Meine Erwartungen hatte er damit nicht erfühlt. Etwas enttäuscht stand ich auf und bediente mich am Buffet. Normalerweise achte ich darauf, was ich esse, doch heute hatte ich einfach Hunger. Schon als ich auf Buddy saß, schwebten mir alles Fettige durch den Kopf. So griff ich nach den Pommes und türmte sie auf dem Teller. Dazu einige Hackbällchen und eine große Kelle braune Soße. Auch Lina nahm sich etwas auf den Teller und zusammen liefen wir zurück zum Tisch.

      Lina
      “Du scheinst heute ziemlich hungrig zu sein”, sagte ich zu Niklas, als einen Blick auf seinen voll beladenen Teller warf. Ich für meinen Teil hatte nicht allzu viel Hunger, weshalb ich mich nur mit ein paar Pommes begnügte. In der Ansprache der Trainer hatte ich kaum etwas Neues erfahren, denn das meiste wusste ich bereits. Nachdem das schwedische Team bereits anwesend war, trudelten nun auch langsam alle anderen ein, auch Samu.
      “Warum ist hier denn schon so viel los, sonst sind doch nicht alle zu früh da?”, fragte er ein wenig verwundert.
      “Die Schweden hatten noch was zu besprechen” antwortete ich ihm.
      Eine Hand spürte ich an meiner Schulter und schockiert schaute ich hinter mir. Herr Holm stand dort.
      “Niklas, denk dran. Ab Morgen beginnt das Erarbeiten der Kür”, sagte er und ging wieder.
      “Wofür müsst ihr denn eine Kür erarbeiten?”, fragte ich Niklas dann neugierig.
      “Das Training ist natürlich nicht zum Spaß, auch wenn du das sicher anderes siehst. Die Kür wird die erste Note, um zu gucken, auf welchen Leistungsstand wir sind und wie es für die nächste Saison weiter geht. Danach werden wir platziert. Es entscheidet somit darüber, ob wir nächstes auf großen Veranstaltungen mit reiten können oder nicht.”, erklärte Niklas mir.
      “Natürlich denke ich nicht, dass ihr nur zum Spaß um die halbe Welt geflogen seid, schließlich sind wir hier nicht in einem Ferienlager”, sagte ich und verdrehte die Augen.
      “Also haben wir keinen Spaß zusammen? Okay.”, erwiderte Niklas eingeschnappt und war im Begriff aufzustehen.
      “Halt, wir haben nur keinen Spaß, wenn du jetzt verschwindest”, protestierte ich und weil mir nichts Besseres einfiel, um ihn effektiv aufzuhalten, setzte ich mich kurzerhand auf seinen Schoß.
      “Nehmt euch doch bitte ein Zimmer”, merkte Chris an, der uns gegenüber am Tisch saß.
      “Am besten deins?”, fragte Niklas ihn dann und gab mir einen Kuss.
      Im ersten Moment war ich ein wenig überrascht, aber irgendwie gefiel es mir, sollten die anderen doch denken, was sie wollten. Chris murmelte irgendetwas Unverständliches vor sich hin und widmet sich wieder seinem Essen.
      “Also muss die Kür alles Wichtige zeigen, was ihr könnt?”, kam ich wieder auf das ursprüngliche Thema zu sprechen.
      “Ja genau. In unserem Fall ist es S-Dressur. Nur bin ich lange keine hohen Lektionen mehr mit ihr geritten, da sie seit Wochen eine Verspannung in der Hüfte hat. Das zieht sich bis in das Sprunggelenk. Also müsste ich innerhalb von 6 Tagen mit ihr das Problem lösen eh ich mir überhaupt eine Kür ausdenken kann.”, erklärte Niklas.
      “Unser Osteopath wollte morgen wegen Divine vorbeikommen. Ich könnte fragen, ob er sich Smooth dann auch gleich mal anschaut”, bot ich ihm an.
      “Sie ist aktuell schon in Betreuung, aber ja, wieso nicht. Ansonsten kann ich das ich noch immer abbrechen”, erklärte er und stand auf, um den Teller wegzubringen. Auch meinen nahm er mit.
      “Wer bist du und was hast du mit Lina gemacht”, fragte Samu nun, der die ganze Zeit mit am Tisch gesessen hatte. Als wäre ich etwas Sonderbares stupste er mich an. “Was heißt das denn jetzt’”, fragte ich empört. “Es ist ja jetzt nicht so, als hätte ich noch nie eine Beziehung geführt hätte”.
      “Ja, aber irgendwie bist du heute anders”, sagte er und betrachtete mich nachdenklich. “Bist du dir sicher, dass du nicht vielleicht vom Blitz getroffen wurdest?”, scherze er weiter.
      “Niklas, gehen wir? Dann können wir mal den Abend miteinander verbringen”, brachte sich Ju nun auch noch mit ein und verschwand mit meinem Kerl.
      “Gut gemacht, jetzt hast du ihn vergrault, du Nervensäge. Und nein, ich wurde nicht vom Blitz getroffen”, sagte ich ein wenig pikiert. Neugierig wurde ich nun von einigen der anderen beobachtet, was mir auf einmal echt unangenehm wurde. “Und jetzt genug davon, vielleicht sollte ich mir lieber einen neuen besten Freund suchen”, gespielt beleidigt antwortete ich und verließ den Raum.

      Niklas
      Zusammen mit Ju machte ich es mir am Tisch im Zimmer bequem. Bevor wir uns eine Kür beginnen würden zu überlegen unterhielten wir uns über den heutigen Tag. Mit den Gedanken war ich nicht beim Thema, sondern musste schon jetzt an den Rückflug denken und wie viel in den wenigen Tagen passierte. Auffällig dabei war meine Beteiligung an so viele Aktionen oder auch eine Mitschuld trug. Aus den Gedanken riss mich mein Handy, dass in der Hosentasche vibrierte. Diesmal war es die Chatgruppe meiner Arbeit. Gespannt öffnete ich die Nachrichten und lass etwas, was mich wirklich verärgerte. Morgen werden die Dienstpläne fertig gemacht und wir sollen unsere Wunschschichten angeben. Außerdem waren bereits einige Demonstrationen angesagt, an denen ich auf jeden Fall mit reiten soll.
      “Wir müssen reden, oder schreiben. Wie du willst, ist wichtig”, schrieb ich Lina eine Nachricht.
      “Ok, soll ich rüberkommen?”, bekam ich auch sogleich eine Antwort.
      “Ju ist aber hier, der sicher nicht gehen wird. Also sag du …”
      “Möchtest du dann vielleicht zu mir rüberkommen? Wenn es wichtig ist, würde ich lieber persönlich mit dir sprechen”
      “Okay, ich bin gleich da”, antwortete ich Lina kurz.
      “Ju, ich muss kurz was mit Lina besprechen. Ich bin gleich wieder da”, sagte ich zu ihm und verließ den Raum, eh er was dazu sagen konnte.
      Ohne weiter nachzudenken, klopfte ich an der Tür und ging rein.
      “Worum geht es? Klingt echt wichtig”, fragte sie und blickte von ihrem Handy auf.
      Eh ich was antwortete, gab ich ihr mein Handy mit der Nachricht im Chat. “Hej kollegor, tills i morgon bitti har du fortfarande tid i några dagar att ange önskat skift. Om du behöver en viss servicedag, vänligen ange.”, war zu lesen.
      “Ähh Niklas, du weißt aber schon, dass ich kein Schwedisch kann? Das, was ich nämlich verstehe, macht nicht gerade viel Sinn”, sagte sie ein wenig verwirrt, nachdem sie auf den Bildschirm geschaut hatte.
      “Oh, Sorry. Habe ich im Eifer des Gefechts nicht dran gedacht. Wir sollen bis morgen früh unsere freien Tage und Dienstwünsche abgeben. Morgen früh ist in 20 Minuten. Ich will dich ungern zu irgendeiner Entscheidung zwingen, aber ich muss wissen, ob du mitkommst oder nicht. Weil 50h Flug will ich dir nicht allein zumuten.”, erklärte ich kurz und ließ mich auf ihr Bett fallen. In meinem Magen krampfte es und ich hatte wirklich Angst, was sie nun antworten würde.
      “Ich habe heute Morgen lange darüber nachgedacht”, begann sie zu Sprechen, “Und auf die Gefahr hin das mich alle für vollkommen Bescheuert halten, bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass ich mitkommen werde. Es wird Zeit ein neues Kapitel in meinem Leben aufzuschlagen.”, beendete sie ihre Antwort.
      “Das freut mich”, sagte ich etwas trocken und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Dann stand ich auf, ohne was zu sagen und ging zurück ins Zimmer.

      Lina
      Ein wenig perplex beobachtete ich wie er das Zimmer verließ. Ein wenig mehr Begeisterung hatte ich schon erwartet.
      “Habe ich das gerade wirklich getan”, fragte ich mich dann einen Moment später und musste mich kneifen. Ja, das hier war die Wirklichkeit und kein Traum, eindeutig.
      Einerseits freute ich mich, dass es kein Traum war, andererseits hieß das, dass ich jetzt ein paar unangenehme Gespräche führen musste. Das Erste würde mit Samu sein. Ich hatte ihm nämlich bisher nicht erzählt, dass ich nur daran dachte mit Niklas nach Schweden zu gehen. Vermutlich hätte er mir das ausgeredet, aber bevor ich zu Samu ging musste ich dringend mit meiner Schwerster reden, zum Glück müsste sie schon wach sein.
      Schnell wählte ich ihre Nummer und wartete ungeduldig, bis sie endlich ran ging. “Womit habe ich die Ehre schon so früh mit dir zu sprechen, müsste es bei dir nicht mitten in der Nacht sein?”, kam es aus dem Hörer.
      “Juliet, ich habe es getan!”, sagte ich kurz angebunden. “Lina kleines, was genau hast du getan?”, scheinbar war Juliet nicht ganz bei der Sache, denn sie peilte mal wieder nichts.
      “Juli, ich habe getan, was du gesagt hast. Ich habe auf mein Herz gehört, ich werde nach Schweden gehen!”, verkündete ich aufgeregt.
      “Wow, das ging schnell”, nuschelte meine Schwester am anderen Ende. “Lina, ich weiß ich habe gesagt, du sollt auf dein Herz hören und ich unterstütze dich bei jeder Entscheidung, aber hast du dir das wirklich gut überlegt? Ich meine, unser letztes Gespräch ist gerade mal einen halben Tag her?”.
      “Natürlich habe ich mir das gut überlegt und jetzt sein nicht so ein Moralapostel und freu dich lieber, dass ich dich dann öfter besuchen kann”, antwortete ich genervt. Das war typisch Juli, immer war sie die vernünftige von uns beiden, das hat sie definitiv mit Samu gemeinsam. In der Hinsicht würden die beiden ein wunderbares Pärchen abgeben.
      “Ok, ok ich freu mich ja Schon. Aber eine Frage hätte ich noch, wann soll das ganze dann passieren?”, gab sie klein bei und brachte mich zugleich zu etwas, worauf ich die Antwort nicht kannte, zumindest noch nicht. “Ähh ... Vermutlich ziemlich bald schließlich muss Niklas arbeiten und er will mich nicht allein Fliegen lassen”, antwortete ich.
      “Klingt ganz so als hättest du mal wieder nicht bis zum Ende gedacht”, antwortete meine Schwester ein wenig abschätzig.
      “Entschuldige, dass wir mitten in der Nacht besseres zu tun haben. Aber genug fürs Erste ich muss jetzt erst mal Samu, beichten, was ich vorab. Ich teile dir dann mit, ob ich noch lebe”, scherzte ich, denn ich konnte absolut nicht einschätzen wie Samu reagieren würde, nur begeistert würde er definitiv nicht sein.
      “Ok Lina, wir reden dann noch mal drüber, wenn du einen genaueren Plan hast”, sagte sie noch bevor ich mich von ihr verabschiedete. Das war das einfache Gespräch gewesen, auch wenn meine Schwester immer alles ein wenig pessimistisch sah, wusste ich, dass sie mich immer unterstützen würde. Außerdem war sie diejenige die mich überhaupt erst auf die Idee gebracht hatte, dass es gar nicht so unmöglich war, wie es schien.
      Ein leicht mulmiges Gefühl breitet sich in mir aus, wenn ich daran, dachte zu Samu rüberzugehen. Früher oder später muss ich dieses Gespräch allerdings ohnehin führen, denn eine Abreise würde wohl kaum unauffällig sein. Dann lieber früher als später.
      Ich atmete noch einmal tief durch und trat in den Flur. Unter seiner Tür war noch ein schwacher Lichtschein zu sehen, dass musste heißen, dass er noch wach sei. Leise klopfte ich an.
      “Komm rein”, kam es als Antwort und ich trat in das Zimmer. Samu saß mit einem Buch auf dem Bett und sah mich darüber hinweg an. Er schien sich keineswegs darüber zu wundern, was genau ich so spät noch von ihm wollte.
      “Du Samu… ich muss dir was sagen”, druckste ich ein wenig herum und starrte auf meine Füße. “Ich werde mit Niklas nach Schweden gehen”, flüsterte ich schon fast. Einen Augenblick lang sagte er nicht.
      “Lina, das ist ein Scherz, oder?”, fragte er ernst.
      “Nein, ist es nicht”, sagte ich ein wenig kleinlaut. “Und bevor du etwas sagst, ja ich habe mir das gut überlegt”.
      “Und wie genau stellst du dir das ganze vor? Du kannst nicht einfach da rüber fliegen und erwarten, dass das Leben alles Regelt”. Er war deutlich ruhiger als ich erwartet hatte, ich bin mir allerdings nicht sicher, ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen ist.
      “Naja, ... Niklas meinte, ich könnte vermutlich auf dem LDS wohnen und arbeiten. Das Ganze ist zwar noch nicht geklärt, aber…”.
      “Und du meinst, das klappt einfach so?”. Samu sah mich streng an.
      “ääää… wir können Vriska fragen, immerhin arbeitet sie dort?”, sagte ich und warf ihm einen schrägen Blick zu.
      “Na, dann Los“. Samu sprang bereits auf und wollte zur Tür gehen.
      “Warte, ich weiß nicht ob sie noch wach ist”, stoppe ich ihn und schrieb eilig eine Nachricht an Vriska, ”Bist du noch wach?”.
      “Japp. Ich erwarte dich.”, ploppte es einige Sekunden später auf.
      “Ok, wir können rüber, aber ich gehe vor”, sagte ich zu meinem besten Freund und quetschte mich an ihm vorbei.
      Leise schlichen wir die Treppe hinunter und gingen über den Hof, der nur noch vom Mond beleuchtet wurde.
      “Vriska, ich bin es”, sagte ich und öffnete ihre Tür.
      Ein ungewöhnliches Bild erblickte ich. Mit offenen Haaren, die sie sonst immer im Zopf trug, saß sie am Tisch. Rechts lagen ihr Handy und links die Visitenkarte. Sie guckte nicht einmal, als wir hineingingen.
      “Ähh, Samu hat da eine ganz wichtige Farge die er unbedingt jetzt beantwortet haben möchte”, sagte ich ein wenig genervt. “Und was genau, machst du da?”, fügte ich ein wenig verwirrt hinzu.
      “Das ist die Frage, die ihn so quält?”, antwortete sie verwundert und guckte zu uns.
      “Naja, ich habe gerade beschlossen mit euch nach Schweden zu kommen. Samu möchte nun wissen, ob das möglich wäre, dass ich bei euch auf dem Hof arbeite. Ich habe zwar versucht zu erklären, dass jetzt nicht die richtige Uhrzeit dafür ist, aber er hört sonst nicht auf zu nerven”. Beim letzten Teil sah ich Samu absichtlich ein wenig böse an.
      “I don’t get it. Du fragst gerade für Samu, ob DU etwas tun kannst, was davon abhängig ist, was ich sage? Warum fragst du mich nicht direkt?”, stellte sie als Gegenfrage ohne sie zu beantworten.
      “Vielleicht weil ich diesen Entschluss sehr spontan getroffen habe, ohne daran zu denken, zuerst mit dir zu reden?”, versuchte ich mich zu erklären, doch es klang nach einer eher kläglichen Ausrede.

      Vriska
      “Einen Moment, ich rufe kurz den heißesten Chef an auf diesem Planten”, sagte ich kurz zu den Beiden.
      “Godmorgon, geht schnell”, begrüßte ich Tyrell am Telefon.
      “Bevor du weiteres sagst. Warum antwortest du nicht? Was stimmt mit dir nicht?”, regte er sich direkt auf.
      “Du sorry, viel zu tun. Brauchen wir noch eine billige Arbeitskraft, die wir ausbeuten können, für alles was keiner machen will?”
      “Sag’ nicht, dass du wen für den Papierkram gefunden hast”, Hoffnung war in seinem Ton. Ein Blick zu Lina verriet mir, dass das wohl nichts werden würde.
      “Solang es nach Farben sortiert werden müsste, schafft sie das. Alles was Zahlen angeeht, wäre schwiiiierig.”, antwortete ich lachend. Lina wirkte nicht nur verwirrt, sondern vorwiegend verärgert. Wer um die Zeit in mein Zimmer kommt, hatte in meinen Augen aber nichts anderes verdient.
      “Also eher Bad putzen und vor allem putzen?”, stieg er mit auf die Schiene.
      “Genau, damit du nicht immer mit dem Staubwedel durch die Halle rennst.”, wir lachten.
      “Worauf auch immer du hinauswillst, trag sie einfach in der App ein und teile ihr eine Hütte zu, alles andere werden wir dann sehen. Außerdem solltest du schlafen.”, antwortete Tyrell und legte auf. Ich hatte seine Stimme wirklich vermisst, auch wenn ich mir nicht vorstellen konnte wieso. Schließlich war er wie ein Bruder für mich.
      “So Lina, du musst jetzt mit kurzem Rock und Staubwedel die Halle jeden Tag putzen”, sagte ich zu ihr so ernst wie möglich und öffnete die Stall-App, um ihr ein Profil anzulegen.
      “Wow, das ging jetzt aber schnell”, sagte Lina nur staunend.
      “Bei euch rennt jemand mit einem Staubwedel durch die Reithalle?”, fragte Samu dann ein wenig verwirrt.
      “Samu weiß nicht wie unsere Halle aussieht, oder?”, flüsterte ich Lina zu, die vom HMJ bereits das Gelände kannte.
      “Nein ich denke, er geht von einer normalen Halle aus”, erwiderte sie und lachte.
      „Okay Samu, dann setz‘ dich mal lieber“, bat ich ihn zu Tisch und wechselte auf meinem Handy zu Fotos. Vor geraumer Zeit hatten Bruce und ich aus der Laune heraus ein kleinen Imagefilm gemacht. Ich legte ihm das Phone vor die Nase. Gespannt verfolgte er das Bild. Das Video startete mit einem Blick vom Pferd im Dunkeln, in der die große Glasfront und die innere Beleuchtung die Nacht erhellte. Danach eine Blende zu einer B-Roll die in Bewegung von links nach rechts ein laufendes Pferd im Hallensand zeigte. Die nächste Szene war ein Top-Down Aufnahme einer Drohne durch die Halle, auf der Vintage geritten wurde auf dem 80x40m Reitplatz. Zu sehen waren auch die 12 Partnerboxen zur Linken mit Solarium ganz hinten. Am Ende der Drohnenaufnahme kamen die beiden Häuschen in der Halle und der Aquatrainer. Weitere B-Rolls folgten mit Aufnahmen der Innenansicht der Häuser. Dort gab eine große Gemeinschaftsküche mit einigen Tischen und einer Art Balkon-Terrasse, von der aus man das Geschehen auf dem Platz betrachten konnte. In der oberen Etage waren ebenfalls einige Räume für Seminare. Das andere Haus war die Sattelkammer und Futterkammer. Alle Sättel hingen ordentlich an den Wänden wie einem Einbauschrank. Dazu kleine Fächer in die Helme lagen, Schabracken auf Bügel hingen. Ganz oben türmten sich Pokale und Schleifen. Die Trensen hingen an einer anderen Wand und in der Mitte stand ein Sofa. Weitere Aufnahmen gab es vom Rest des Hofes.
      “Wow, das ist unglaublich”, kam es erstaunt von dem Finnen.
      “Lässt sich gut leben, aber die Wege sind immer ziemlich weit. Wir denken aktuell darüber nach Segways anzuschaffen.”, lachte ich und nahm mein Handy zurück.
      “Dann haben wir alles geklärt, oder?”, fügte ich noch hinzu und bereitete gedanklich vor mich endlich schlafen zu legen.
      “Ja, fast”, antwortete Lina. “Aber du Samu kannst schon mal gehen ich finde mein Zimmer auch alleine”, wandte sie sich an Samu und schob ihn einfach aus dem Raum.
      “Ach ich habe nur überlegt Erik eine Nachricht zu schreiben, da es eine Handynummer ist und kein Telefon. Ich habe es bisher aber nicht gemacht. Kurz dachte ich ihm auch freizügige Bilder zu schicken aber den Gedanken hatte ich recht schnell verworfen”, erzählte ich Lina offen.
      “Besser das du letzteres verworfen hast. Aber ich finde, du solltest ihm trotzdem schreiben”, sagte sie grinsend.
      “Mal sehen. Schließlich ist er hier in Kanada und ich will eigentlich nicht hierbleiben”, begann ich zu scherzen.
      “Wenn du meinst, aber er wird bestimmt traurig sein, wenn du ihn nicht ein einziges Mal schreibst”, erwiderte sie lachend.
      “In meiner ersten und einzigen Beziehung wurde ich geschlagen, verprügelt. Ich weiß nicht, ob ich bereit bin für irgendwas”, wechselte ich plötzlich das Thema. Dann drehte ich mich und schob mein T-Shirt hoch. Auf meinem Rücken waren diverse Narben von Peitschenhieben und Verbrennungen, die lange Vernarbt waren.
      “Tut mir leid, ich wollte keinen wunden Punkt bei dir treffen”, sagte Lina vorsichtig.
      “Ach alles gut, ich wollte nur das gesagt haben. Deswegen bin ich mir unsicher. Deswegen habe ich heute auch so gut wie kein Wort mit Ju gewechselt.”, lachte ich nun.
      “Ob du bereit bist, kannst nur du selbst wissen, aber denk dran dafür musst du dir auch selbst eine Chance geben, das herauszufinden”, antwortete Lina.
      “Du hast recht, ich werden dann auch schlafen gehen”, sagte ich zu ihr bat sie zu gehen. Freundlich verabschiedete ich mich von ihr, ging nochmal kurz Duschen, dass wie vielte mal an diesem Tag auch immer und legte mich ins Bett. Dort musste ich über Linas Worte nachdenken. Natürlich konnte ich nachvollziehen, was sie meinte. Ich musste nur auf den richtigen Moment abwarten, doch ich wusste, dass er kommen wird. Auch wenn es ihr nicht gefallen wird, musste ich es tun. Einmal muss ich etwas wirklich durchziehen. Dann schlief ich ein.


      © Mohikanerin & Wolfszeit | 91.922 Zeichen

    • Mohikanerin
      Dressurtraining | 14. März 2021
      Gruppe 1
      St.Pauli's Amnesia mit Juha // Dressur E zu A
      Snúra mit Milena // Dressur E zu A
      Caja mit Mika // Dressur E zu A
      Oline mit Ambrose // Dressur E zu A

      Gruppe 2
      Satz des Pythagoras mit Niklas // Dressur A zu L
      Snotra mit Max // Dressur A zu L
      Acerado mit Samu //Dressur A zu L

      Gruppe 3
      Checkpoint mit Hannes // Dressur E zu A
      Windrose mit Darya // Dressur E zu A
      HMJ Divine mit Lina Valoo // Dressur E zu A
      Nurja mit Vriska Isaac // Dressur E zu A


      Das diese Trainingsfahrt dermaßen eskalieren würde, das hätte keiner vermutet. Meine Karriere als Berufsreiter und Trainer der Nationalmannschaft in der Dressur und Springen hatte ich mir so nicht vorgestellt. Hier in Kanada mutierte ich zum Kindergärtner und versuchte alle Schäfchen im Stall zu halten, was mir offensichtlicher eher schlecht als Recht gelang. Der Tag startete entspannter. Kristine hatte sich rechtzeitig aus meinem Zimmer verkrümelt und im Saal zum Frühstück saßen bereits alle.
      “Godmorgon, an der Tür habe ich euch die Liste gehängt, wer in welcher Gruppe reiten wird. Bitte seid pünktlich. Pro Gruppe sind ungefähr 45 Minuten bis 60 Minuten eingeplant. Als Erstes machen sich Ju, Milena, Mika und Ambrose bereits. Danach Niklas, Samu und Max. In der letzten Gruppe sind dann Hannes, Darya, Lina und Vriska. Ich freue mich auf euch alle und wünsche euch bekömmliches Frühstück”, sagte ich zu den Halbstarken und nahm mir ebenfalls etwas. Im Anschluss entschied ich noch Zähne putzen zu gehen und mich dann langsam auf dem Weg zur großen Reithalle zu machen. Heute wäre ich lieber auf den Platz gegangen, doch die Pfützen vom Unwetter waren überall verteilt und das, obwohl es wieder sonnig war und Temperaturen um die 30 °C erwartet wurden.
      Entgegen meiner Erwartung ritt die erste Gruppe bereits die Pferde im Schritt am langen Zügel warm. “Milena, soweit mir bekannt können Isländer auch vorwärtslaufen, ohne das Gewicht auf die Vorderhand zu verlagern”, scherzte ich. Snúra trampelte unmotiviert immer auf der ganzen Bahn herum, während Ju mit Amnesia bereits Volten und Zirkel ritt. Mika, der auf Caja saß, schien noch damit beschäftigt zu sein, die Steigbügellänge richtig einzustellen und arbeitete zum Warm werden mit einer Stute vom Boden aus. Dann warf ich einen Blick zu Ambrose. “Denkst du nicht, dass dein Sitz auch beim Warmreiten dein Pferd unterstützen sollte? Du bist doch kein nasser Sack”, bemängelte ich seinen Sitz und er setzte sich ordentlich auf sein Pferd.
      Alle waren mittlerweile im Trab, dabei fiel mir auf, dass Amnesia immer die Handbremse zog, wenn ihr Reiter aussitzen wollte. Dabei machte sie sich steif, legte sich auf den Zügel und fiel auf die Vorderhand. “Ju versuch Amy mal im Schritt mehr am Schenkel zu arbeiten. Sie ist noch jung und versteht nicht. was du von ihr willst. Bleib mal auf der Volte und trabe dort in der Biegung an, während du sitzen bleibst”, rief ich ihm zu. An der kurzen Seite bremste er seine Stute zurück in Schritt. Mit leichtem Druck am Bein schob er sein Pferd weichend am Schenkel vorwärts. Auch Ambrose arbeitete mit seiner Mausfalbstute noch am Schenkel. Dazu richtete er sie mehrfach Rückwärts und trabte sie direkt an, um den Schwung aus der Hinterhand zu verbessern.
      “Mika, steig doch mal auf”, sagte ich zu ihm, da er noch immer neben seinem Pferd herlief und sie arbeitete die einige Seitengänge, die heute gar nicht gefragt sind. Für heute wollen wir noch mal die A-Dressur durcharbeiten. Die Grundbausteine müssen bei allen im Verein sitzen. Milena arbeitete mit Snúra bereits einige Lektionen der Dressur ab, so verkleinerte und vergrößerte sie das Viereck im Schritt und Trab. Ihre Stute reagiert sensibel auf den Schenkel und ließ sich mit wenig Hilfen sehr gut stellen. Auch auf dem Zirkel konnte der Isländer mit Takt und Schwung galoppieren.
      “Ambrose, bitte reite eine Kehrtwendung auf der Vorderhand”, befahl ich ihm. Er ritt Oline auf den zweiten Hufschlag und stellte sie geschlossen hin. Dabei stellte Ambrose nach rechts, damit sich die Hinterhand nach links bewegt. Dafür legte er seinen äußeren Schenkel verwahrend an das Pferd, der Innere trieb verstärkt. Den inneren Zügel verkürzte er etwas und begrenzte mit dem anderen, damit seine Stute mit der Schulter nicht ausbricht. Langsam, aber korrekt kreuzte das innere Hinterbein vor das äußere bei jedem Schritt und die Vorderhand trat auf der Stelle. Lösend schnaubte Online ab. Ich lobte beide und wendete mich zu Mika, der endlich auf seinem Pferd saß. Im Vergleich zu den anderen Dreien war seine Stute bereits sehr gut warm und er konnte mit dem Galopp beginnen. So ließ ich ihn Caja auf dem Zirkel angaloppieren. Zunächst sollte Mika mehrere einfache Galoppwechsel machen und an der langen Seite überstreichen. Dabei traten keine Probleme auf.
      “Milena, ich weiß, dass es dir schwerfällt, aber setze dich tiefer in den Sattel, um auszusitzen. Dann reitest du bitte eine einfache Schlangenlinie und bei Erreichen der nächsten langen Seite lässt du dir die Zügel aus der Hand kauen. Dann nimmst du die Zügel vorsichtig wieder auf, gehst auf den Zirkel und galoppierst an.”, sagte ich ihr. Snúra wurde entspannter, nach dem sie mehr Zügel bekam und der Galopp schien ihr beim Lockern zu helfen. Auch den einfachen Galoppwechsel sprang sie richtig.
      Ju mit seiner Stute ließ ich ebenfalls eine Vorderhandwendung machen, daraus sollte seine Stute rückwärtsrichten und direkt antraben. Die Abfolge mehrere Lektionen half Amy dabei losgelassener zu werden und besser auf ihren Reiter zu konzentrieren. So schafften es alle am Ende der Reitstunde die Bahnfiguren und Lektionen der A Dressur abzurufen. Auch die Rahmenerweiterungen in das mittlere Tempo stellte kein Problem für die Reiter und ihre Pferde dar. Eh die nächsten kommen würde, setzte ich mich kurz an die frische Luft und trank etwas. Mein Mund war vom ganzen Reden schon trocken geworden und ich bräuchte mehr Augen, um alle so zu fördern, wie sie es brauchten. Doch am nächsten Tag wird es ein Einzeltraining für alle geben, überlegte ich dann. Dann kam schon die nächsten.
      Im Schritt ritt Niklas mit Smoothie in die Halle, auch Samu mit Acerado und gefolgt von Max mit der Isländer Stute Snotra.
      “Ich hoffe ihr seid bereit. Es steht Dressur L auf dem Plan”, versuchte ich die Jungs zu motivieren, die ohne Freunde im Gesicht auf den Pferden saßen. “Na dann beginnen wir mal mit dem Aufwärmen”, sagte ich zu den Jungs und sie setzten ihre Pferde in Bewegung.
      “Lass deinen Hengst nicht so wegrennen“, rief ich Samu zu. Sein Brauner war schon beim Stehen rumgehampelt und scheinbar geht es ihm hier zu langsam. Von Samu versuch ihn auszubremsen schien der Hengst nicht viel zu halten, denn nun begann er mit dem Kopf zuschlagen. “Gibt ihm mehr Zügel und setz dich mehr hin”, korrigierte ich ihn und schon ging Acerado ein wenig ruhiger.
      Bei Smoothie beobachtete ich, dass sie immer wieder mit ihrem Sprunggelenk wegbrach. Das Problem hatte die Stute einige Wochen schon, aber mir wurde berichtet, dass eine Osteopathin es sich näher angucken wird noch am selben Tag. Was mir noch auf fiel war, dass Niklas seine Hänge im Trab nicht ruhig halten konnte. Mit einigen Tipps sah es nach einigen Minuten bereits besser aus. Gemeinsam entschieden wir, dass seine Stute heute mehr im Schritt gearbeitet werden sollte. Da die L-Dressur für die Beiden kein Problem mehr darstellen sollte. Smoothie kann bereits alle Gangarten versammelt laufen und auch alle Übergänge.
      Snotra unter Max hingegen hatte große Schwierigkeiten bei der Versammlung im Trab, da sie in den Tölt ging, um die Balance zu halten. So machten sie zusammen einige Wendungen auf der Vorderhand und Hinterhand, um die Muskeln durch die einseitig wirkende Hilfe besser zu entspannen. Die Stute reagierte gut auf den Schenkel und konzentrierte sich genau darauf, was sie tun sollte. Snotra läuft zu viel auf der Vorhand und nimmt zu wenig Last auf. Im Galopp hingegen fiel es ihr leichter, weswegen die beiden nun darin erst mal weiterarbeiten sollen, eh wir im Verlauf dieser Trainingseinheit noch die Versammlung im Trab uns näher anschauen.
      Samu konnte mittlerweile mehr Ruhe in seinen Hengst einbringen und somit auch schon erste Versammlung im Trab und Galopp reiten, in Verbindung mit Handwechseln und kleineren Volten. Der Braune hörte ihm genau zu, um die Lektionen auf den Punkt genau zu laufen. Wenn auch nicht gefordert, ritt Niklas im Schritt mit Smoothie verschiedene Seitengänge und besonders schön sah die Traversale aus, an der sie zusammen monatelang arbeiteten.
      Zum Ende der Einheit ist Niklas mit Smoothie noch einige Runden locker getrabt und das Knacken ihres Sprunggelenks trat ebenfalls nicht mehr auf, da das Gelenk sich mit Flüssigkeit gefüllt hatte. Für einige Hufschlagfiguren wie der Schlangenlinie mit vier Bögen oder Handwechsel auf der Ecke kehrt auf 8 Meter, war die Stute genug vorbereitet. Auch Max schaffte es noch seine Stute genügend im Trab zu versammeln durch viele Übergänge vom Schritt in den Trab, vom Trab in den Halt und immer weniger einige Galoppsprünge, damit die Energie etwas abgelassen wurde. Ace unter Samu fehlte es vorrangig an der Geduld, was sein Reiter von ihm wollte. So müssen die Beiden noch etwas mehr miteinander Arbeiten und keine Routine in die Einheiten einbringen. So wird sein Pferd ihm zuhören müssen und aufmerksam bleiben. In den Lektionen an sich gab es keine Probleme, nur die Versammlung müsste noch mehr erarbeitet werden, wenn Ace mehr auf seinen Reiter achtet.
      Die Dritte Gruppe ließ mir keine Verschnaufpause, sondern kam direkt in die Halle für das Dressur-A Training. Dominant war, dass Divine unter Lina den anderen Pferden einfach nur nachlief, ohne dabei auf seine Reiterin zu achten. So forderte ich sie auf, vom Pferd zusteigen, um zunächst den hübschen Hengst von der Hand aus aufzuwärmen. Hannes und Checkpoint machten ein gutes Bild, weswegen ich mich Darya auf Windrose widmen konnte. Sie hat ihre Stute noch nicht so lange, deswegen wollte sie mir mit gemeinsam die Lektionen mal abrufen. Vriska saß auf einer braunen Stute, die nicht zum Verein gehörte. Aber Kristine hatte mir bereits berichtet, dass Glymur wieder ein dickes Bein hatte und deswegen heute eine Pause brauchte. So saß sie auf einer Freiberger Stute, die grundsätzlich ein gutes Bild machte. Nurja reagierte auf den Schenkel, war weich im Genick und kaute aktiv auf dem Gebiss.
      Ich zeigte Lina, wie sie besser ihren Hengst vom Boden ausführen kann und die Gerte als Schenkelhilfe einsetzen konnte. Dieser schielte immer wieder etwas hektisch zu den anderen Pferden, wenn einer der anderen Reiter vorbeiritt. Doch mit einem leichten ziehen am äußeren Zügel, wandte Ivy sich schnell wieder zurück zu uns. Aufmerksam hörte er auf Lina, die mit ihm auch schon in Seitengängen arbeitete, was in meiner klassischen Ausbildung viel später es kommen würde. Der Hengst jedoch schien genau das zu benötigen, um überhaupt gerade laufen zu können und genug Takt zu entwickeln. Auch die Rahmenerweiterung konnte sich am Boden sehen lassen. Dann ließ ich die Beiden erst mal selbstständig weiter machen, um mich Hannes und seinem Hengst zu widmen. Er war bereits im Trab unterwegs und ritt einige Bahnfiguren. Der Rappe lief fleißig unter ihm und hörte auf die Hilfen, die ihm gegeben wurden. Dazu hatte er eine konstante Anlehnung und Hannes saß ruhig im Sattel. Seine Haltung der Zügel könnte jedoch noch verbessert werden. Man könnte meinen, dass Niklas und Hannes sich heute abgesprochen hätten. Es war deutlich sichtbar, dass sie Brüder waren, wenn auch von der Persönlichkeit komplett unterschiedlich. Ohne etwas zu ihm sagen zu müssen, ritt er Volten im Trab. Schlangenlinien und ließ sich die Zügel aus der Hand kauen. Im Galopp konnte er überstreichen und auch der fliegende Galoppwechsel war ein Kinderspiel für die Beiden.
      Vriska und Nurja machten ein schönes Bild zusammen. Besonders empfand ich sie auf einem Warmblüter auch deutlich eleganter als auf ihren Isländer. Vriska war körperlich genau richtig gebaut, um hohe Dressurklassen mitzureiten. Wer weiß, vielleicht schafft einer der Jungs sie davon zu überzeugen, das Fahrzeug zu wechseln.
      Am Ende setzte sich Lina doch noch auf ihren Hengst und ich lief immer wieder ein Stück mit, damit er sich an kein anderes Pferd hängen konnte. Je mehr sie mit Divine sprach, umso weniger klebte er.
      Auch Darya auf Windrose konnte den Rahmen ihres Pferdes erweitern und sogar einige fliegende Galoppwechsel reite. Mit einigen Wochen mehr intensiven Training, wird es beiden gelingen schon mit L-Lektionen zu beginnen.
      Hannes und Checkpoint waren auf einem ganz anderen Level unterwegs. Der Hengst lief aufmerksam vorwärts, stellte sich wunderbar im Genick und konnte alle geforderten Lektionen der A-Dressur bereits auf den Punkt genau laufen.
      Vriska und Nurja hatten heute das erste Training miteinander, doch sie konnte der Braunen ziemlich viel Sicherheit geben und so schon die ersten Lektionen der A reiten. Besonders der Galopp war noch ausbaufähig der Stute aber mit etwas Geduld, würde das etwas werden.

      © Mohikanerin (Anders Holm) | 12.581 Zeichen

    • Mohikanerin
      Nationalteam VII | 21. März 2021
      Nurja // HMJ Divine // El Pancho // Look at my Hair // Promise Of Sundance
      Satz des Pythagoras // Northumbria // Snúra


      Vriska
      Die Reitstunde heute stellte sich als deutlicher anstrengender heraus, als ich gedacht hätte. Auch als ich zu Nurja guckte, die müde neben mir herlief, zeigte sich das Training. Es war leichter eine nasse Stelle an der Stute zu finden, als eine trockene. So folgte ich Lina in den Stall, in dem wir zuerst das ganze Zubehör abnehmen und noch einmal über die Pferde putzten.
      “Das war heute richtig gut mit Ivy. Mit etwas mehr Übung wird er nirgendwo mehr nachlaufen”, sagte ich. Dann biss ich mir auf die Zunge, da mir wieder einfiel, was Lina mir gestern berichtet hatte. Schließlich wollte sie einen neuen Weg gehen und den erst mal ohne ihr Pferd, soweit ich das verstanden habe.
      “Ja, das wird es den anderen leichter machen, mit ihm zu arbeiten, wenn ich weg bin”, antwortete sie ein wenig traurig. “Aber du sahst heute auch nicht schlecht aus. Schonmal überlegt öfter Warmblüter zu reiten?”, fügte sie dann hinzu.
      “Wenn’s dir bei uns gefällt, kann Ivy sicher nach kommen”, versuchte ich sie aufzumuntern und auch ihr Hengst stupste sie an der Schulter an. Wir lachten. Über das zweite musste ich nachdenken, weil Dressur war für mich immer nur das Mittel zum Zweck, nie etwas ernstes.
      “Nog… Auf dem Hof reite ich auch die Traber, weil wir kaum Isländer haben. Die sind alle aber so groß und werden unter dem Sattel nur korrigiert für die Rennen.”, gestand ich ihr dann.
      “Eigentlich Schade, ich glaube mit einem Pferd wie ihr, könntest du einiges hermachen”, antwortete sie und deutet auf die braune Stute.
      “Du kennst unsere Breds nicht, wirst schon sehen, was die darauf haben! Besonders Snow ist eine ganz andere Nummer. Für Rennen ist die Stute eher weniger geeignet, dafür springt sie sehr gut mit viel Feingefühl und Achtsamkeit”, schwärmte ich von der Schimmelstute, die vor einigen Wochen erst am Hof ankam.
      “Dann freu ich mich sie bald kennenzulernen”, sagte Lina lächelnd. Ich antwortete ihr nicht, sondern dachte nur wieder daran, wie es weiter gehen würde. Als die Freiberger aufgefressen hatten, kamen sie noch unter die Dusche.
      “Was machst du heute noch?”, fragte ich dann als wir die Pferde wegbrachten.
      “Luchy meinte nach dem Unwetter gestern müssen die Zäune kontrolliert werden, vor allem die Sommerkoppel oben am Waldrand. Eigentlich wollte ich mir gleich Pancho schnappen und das erledigen, schließlich sollen die Pferde bleiben, wo sie sind”, erklärte sie ihre Pläne.
      “Wer oder was ist Pancho?”, antwortete ich interessiert.
      “Pancho ist sozusagen Divines pferdiger Kumpel, ein ganz freundliche Kanbstrupper. Oh, wo wir beim Thema Divine sind, es kommt ja gleich noch der Osteo. Mal schauen, wie lang es dauert, im Zweifel müssen die Jungs den Zaun halt allein kontrollieren”, sagte Lina und strich über das nasse Fell von Divine. Unter dem hellen Fell kamen lauter dunkle Punkte zum Vorschein.
      “Okay, dann werde ich mich mal verabschieden und wünsche dir viel Erfolg. Wenn du dann fertig bist, kannst du gern zu mir kommen. Wir müssen dir dann noch zusammen ein Profil am Hof anlegen”, sagte ich zu ihr, drückte Nurjas Halfter in ihre Hand und ging zur Hütte.
      Dort ging ich erst mal Duschen. Die Temperaturen sind wieder extrem gestiegen und die schwüle Luft dominierte noch immer. Mein Geruch stieg mir in die Nase und ekelte mich. Direkt warf ich das T-Shirt und auch mein nicht notwendiger BH auf den Wäschehufen.

      Lina
      Divine stellte ich vor dem Stall ab und räumte Nurjas Halfter weg. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass der Osteo jede Sekunde da sein müsste. Jetzt ist nur noch die Frage wo Niklas mit seiner Stute abgeblieben ist. Auf den Hof sah ich ihn nicht, also beschloss ich im Stall nachzusehen.
      “Niklas, bist du hier?”, rief ich durch die Stallgasse, bekam aber keine Antwort. Von seinem Pferd war auch weit und breit keine Spur. Also muss ich wohl weitersuchen. Auf der Koppel wird sein Pferd vermutlich nicht sein, schließlich hatte ich ihm gesagt, wann der Termin ist. Viele Möglichkeiten gab es nicht, schließlich konnten sich ein Pferd und ein Mann sich nicht einfach auflösen. Ich ging um das Gebäude herum, denn war ein Stück Wiese, wo alle auf dem Hof gern ihre Pferde grasen ließen. Da stand Niklas auch und ließ Smoothie ein paar Grashalme rupfen.
      “Hier steckst du also”, sagte ich und ging auf ihn zu. “Die Ostheopartin ist gleich da”.
      “Godmorgon, erst mal”, ging Niklas nicht weiter auf mich ein und gab mir einen Kuss auf Stirn. Interessierte folgte Smoothie ihm. Dann sprach er weiter: “Kleines, ich kann die Uhr. 5 Minuten sind noch Zeit.”
      “Ok, du hast ja recht, ich bin mal wieder überpünktlich”, sagte ich und streichelte Smooth freundlich, die Interessiert an mir schnüffelte. “Übrigens ich habe gestern mit Vriska gesprochen. Ich kann auf dem LDS wohnen und arbeiten”, berichtete ich über das Gespräch der gestrigen Nacht.
      “Super. Zum Lindö Dalen Stuteri fahre ich vom Hof aus ungefähr 20 Minuten. Dann können wir uns nach dem Training sehen.”, antwortete Niklas begeister und umarmte mich.
      “Das klingt wundervoll”, nuschelte ich an seiner Brust.
      Unsere Zweisamkeit wurde durch das Klingeln meines Handys unterbrochen. Es war Mrs. Smith, die Osteopathin.
      “Hallo”, ging ich ran.
      “Also Miss Valo, ich bin jetzt da und ihr Pferd auch. Ist nur die Frage wo sind sie?”, fragte sie ein wenig verwundert.
      “Ich bin sofort bei ihnen”, sagte ich und legte auf.
      “Niklas, wir müssen los, Mrs. Smith ist da”, verkündete ich, bevor ich loslief.
      “Nog, dann los!”, kam es und er lief mit seiner Stute im Schritt los. Als ich nachlief, fiel direkt auf, dass Smoothies Sprunggelenk auf der rechten Seite bei dem Schritt hängenblieb und sie deutlich vor dem Schwerpunkt abfußte.
      Keine Minute später wir dann auch wieder vor dem Stall angekommen.
      “Guten Morgen, Mrs. Smith”, begrüßte ich die Frau freundlich und reichte ihr die Hand. “Ich hatte ihn ja, bereits geschrieben, dass ich heute noch eine Patientin für sie habe. Das ist Herr Olofsson mit Smoothie”, stellte ich dann noch meine Begleitung vor. Auch Nikals begrüßte sie freundlich, bevor er Smooth anband.
      “Ein prächtiges Tier und gut im Training wie ich sehe”, lobte sie die Stute, als sie einen ersten Blick darauf warf.
      “Aber lasst uns erst mal mit Divine beginnen. Wie ich sehe, hat er sich prächtig entwickelt. Hab ihr noch irgendwelche Probleme?”, fragte sie, während sie begann Divines Problemzonen abzutasten.
      “Bis auf, dass er ab und zu mal stolpert, haben wir keine Probleme mehr”, antwortete ich.
      “Ausgezeichnet ich sehe auch keine Verspannungen mehr, nur ein paar kleine Blockaden im Rücken, die haben wir allerdings schnell gelöst. Kannst du ihn mir nochmal kurz Vortraben”.
      Ich band Ivy los und trabte einmal vor dem Stall Hoch und runter.
      “Ah, ich sehe euer Problem”, kommentierte Mrs. Smith.
      Ich stellte den Hengst ein Stück von der Wand weg, damit Mrs. Smith Platz zum Arbeiten hatte. Die Osteopathin begann an seinen Beinen, die Gelenke wieder einzurenken, bevor sie mit ein paar wenigen Handgriffen auch den Rücken wieder in Ordnung brachte.
      “So, das müsste es gewesen sein. Nochmal Vortraben bitte”.
      Erneut trabe ich den Hengst einmal rauf und runter und Mrs. Smith schien zufrieden zu sein.
      “Super, damit wäre er fertig. Wie immer heute nicht mehr arbeiten und morgen nur leicht”, wies sie nun an. Während ich Divine wieder anband, wand sie sich nun an Niklas, “Was ist denn das Problem Herr Olofsson”.
      “Nog … vielleicht stelle ich mein Pony erst mal vor. Mit vollen Namen heißt sie Satz des Pythagoras und ist aus unserer eigenen Zucht. Smooth ist jetzt 10 Jahre alt geworden und läuft in der S-Dressur, aber auch S-Springen sowie S-Gelände oder wie auch immer das hier heißt. Jetzt seit ungefähr einem Monat hakt ihr rechtes Sprunggelenk. Beim Röntgen wurde leichte Verknöcherung gefunden, die wohl keine Schmerzen hervorrufen soll. Dennoch macht sie sich mittlerweile unter dem Sattel im Rücken ziemlich steif und schön sieht es nicht aus, wenn sie so Schritt läuft. Nach ungefähr 30 Minuten wird es besser, aber dann ist Smoothie ziemlich müde. Eigentlich muss ich jetzt nur wissen, ob man da noch was machen kann oder ob ich für die Turniere ein weiteres Pferd kaufen sollte.”, erzählte Niklas ziemlich ernst und strich seiner Stute über den Hals.
      Mrs. Smith begann sich die Stute anzusehen, besonders die Hinterbeine und ließ sich die Stute im Schritt vorführen. Die ganze Zeit über machte sie ein ziemlich ernstes Gesicht.
      “Ich fürchte ich habe keine guten Nachrichten für sie, Herr Olofsson, ihre Stute hat Athrose. Sie wird zwar nicht unrreitbar sein, aber hohe Dressurlektionen sollte sie definitiv nicht mehr gehen. Alles, was man jetzt noch tun kann, ist dafür zusorgen, dass die Symptome sich nicht verstärken”, sagte sie ziemlich ernst.
      “Okay, alles klar. Danke. Die Vermutung hatten wir bereits in Schweden.”, antwortete Niklas, als wäre es etwas Alltägliches. Freundlich tätschelte er noch mal ihren Kopf und tritt einige Schritte zurück.
      Ich verabschiedete die Osteopathin, das war eine ganz schön harte Diagnose, dennoch sah Niklas aus als wäre alles ganz normal.
      “Ganz schön harte Diagnose”, sagte ich zu Niklas und strich seiner Stute über das seidige Fell.
      “Ach, ich hatte damit schon gerechnet, obwohl wir sie erst mit 4 angefangen haben zu arbeiten. Zudem wäre sie bald zu alt gewesen um die hohen Prüfungen mitzureiten. Ich muss jetzt nach einem anderen Pferd suchen und darauf hatte ich eigentlich keine Zeit, weil mein Onkel hat derzeit nichts da.”, erzählte er mir und band die Stute ab.
      Auch ich band Divine los.
      “Gibt es denn keine anderen guten Traberzuchten bei euch?”, fragte ich neugierig.
      “Ju meinte, dass das Vriskas Chef auch züchtet, aber da ich sie nie auf einer Show gesehen habe, werden die sicher keine vierjährige haben. In Neuseeland kenne ich jemanden. Vielleicht rufe ich sie nachher mal an”, kam es nachdenklich aus ihm.
      “Neuseeland. Das ist ja am anderen Ende der Welt”, stellte ich fest. “Ist die Traberszene da so groß?”, fügte ich noch hinzu.
      “Grundsätzlich nicht, aber mein Opa war zu Kriegszeiten dort und hat jemanden kennengelernt. Ich könnte auch mal hier in der Umgebung gucken”, fiel Niklas ein und holte sein Handy aus der Tasche.
      “Nicht das mir bekannt wäre, dass er hier Traber gibt, aber das ist für mich ja eh eine ganz neue Welt”, sagte ich nach kurzem Überlegen. Auch, wenn mir diese Welt noch gänzlich unbekannt war interessierte es mich.
      “Was ist eigentlich das worauf man bei einem Traber achtet?”, fügte ich dann noch hinzu.
      “Das er schnell trabt”, lachte Niklas eh er fortfuhr. “Also wirklich. Das Zuchtbuch sieht vor, dass jedes Standardbred eine gewisse Geschwindigkeit erreichen muss, um der Rassen angehörig zu sein. Mehr gibt es tatsächlich nicht, aber wieso ich und vor allem meine Familie - bis auf Hannes - auf die Rasse schwört ist ihr Charakter. Sie sind Nervenstark, ausdauernd und mutig. Durch die weiteren Gänge ist es dieser Rasse möglich eine höhere Schubkraft in der Hinterhand zu entwickeln und der Schritt hat eine große Raumgreife. Das Problem ist nur der Galopp, der häufig zum Vierschlag tendiert, aber das habe ich bei Smoothie auch verbessern können.”, erklärte er mir und stellte die Stute zurück auf die Weide. Zugleich legte sie ins Gras, um sich zu wälzen.
      “Das klingt als wären sie quasi perfekt für den großen Sport”, sagte ich bevor ich ein Stück weiterlief, um Divine zwei Koppel weiter abzustellen, bevor ich wieder zurück zu Niklas lief. Smooth war inzwischen wieder aufgestanden und ihr Fell wurde gezierten von großen grüne Flecken.
      “Jetzt sieht sie gleich viel hübscher aus”, scherzte ich.
      “Hast du jetzt noch was vor?”, fragte er mich.
      Ich warf einen Blick auf die Uhr, der Termin hatte länger gedauert als erwartet.
      “Da ich glaube, dass die Jungs schon fertig sind, mit der Zaunkontrolle habe ich nichts weiter vor”, überlegte ich laut.
      “Dann lass uns nach Pferdchen gucken”, freute er sich und lief los zum Zimmer.
      “Ja, das klingt super”, antwortet ich freudig und folgte ihm

      Niklas
      Im Zimmer lagen überall lose Blätter und diverse andere Sachen herum. In der Mitte dazu saß Ju und wirkte verzweifelt. Bevor Lina eintrat, bat ich sie kurz zu warten.
      “Was wird das hier, wenn’s fertig ist?”, fragte ich ihn verwundert.
      “Ich versuche zu lernen”, kam es kurz von ihm und er griff nach einem anderen Zettel, nach dem Ju einen anderen zur Seite warf.
      “Okay, dann will ich dich nicht weiter stören. Aber ich brauche ein anderes Pferd. Smoothies Arthrose wird immer schlimmer und die großen Turniere kann ich auf keinen Fall weiter reiten.”, berichtete ich ihm. Um mein Tablett zu holen, stieg ich vorsichtig über sein Chaos.
      “Und was passiert jetzt mit ihr?”, fragte er und guckte auf zu mir.
      “Weiß nicht, entweder stelle ich sie zurück zu Nils oder wenn Lina jetzt aufs LDS geht, dort hin.”
      “Warte was? Lina kommt mit?”
      “Ja, habe ich dir das nicht erzähl? Hat sie gestern Abend entschieden.”
      “Du bist doch bekloppt. Denkst du wirklich, dass das was für dich wird?”
      “Können wir bitte, wann anderes darüber diskutieren. Ich will gucken, ob ich in den nächsten Tagen noch ein Pferd finde.”
      “Jag orkarinte se på dig.”, fluchte Ju, aber ich ging nicht weiter drauf ein. Der scheint in der vergangenen Nacht nicht genug geschlafen zu haben oder was auch immer.
      “Gut, hier können wir nicht bleiben. Lass uns auf die Terrasse gehen, da war doch vor ein paar Tagen auch Schatten und bei so guten Wetter muss man sich nicht nach drinnen verkrümeln.”, schlug ich Lina vor.
      “Da hast du recht, dieses Wetter muss man genießen”, stimmte sie mir zu und folgte mir auf die Terrasse.
      Dort zog ich als allererstes mein Shirt aus und krempelte die Reithose nach oben auf Höhe meiner Waden und stellte meine Reitstiefel beiseite. Auch Lina zog ihre Reitstiefel aus und ließ sich auf die Bank fallen. Ich setzte mich zu ihr und legte das Pad auf meinem Schoß. Im Browser öffnete ich eine Website auf der nur Standardbreds zum Verkauf stehen, so wie Abstammung und was sie auszeichnet. Kurz überlegte welche Filter ich eingeben sollte, da ich bei ca. 10.000 Pferden in Kanada nicht wirklich Lust hatte alle durchzuschauen. So gab ich mein Hauptkriterium ein - Pferde ab 25.000 $, alles darunter hat weder eine gute Abstammung noch könnte Interessant werden als Reitpferd. Da ich es mir offenlassen wollte, wenn ich einen Hengst finden sollte, wählte ich nur Wallach ab. Außerdem wählte ich bei dem Alter ab 4 Jahren an, in der Hoffnung auch Pferde dabei zu haben, die nicht seit zwei Jahren auf der Rennbahn laufen. Nun standen nur noch 1300 Pferde zur Wahl. Das war doch schon mal ein Anfang. Dann drückte ich Lina das Pad in die Hand, damit sie die Postleitzahl eingeben konnte mit einem Umkreis von 350 km. So hatte ich nun die Wahl aus knapp 400 Pferden.
      “Na, bei der Auswahl sollte was zu finden sein. Und die sehen ja alle so schick aus”, sagte sie und sah fasziniert auf das Pad.
      “Dann fang mal an und such was cooles raus”, kommentierte ich, stand auf und ging zur Toilette. Dort schrieb ich meinen Onkel eine Nachricht über die Diagnose von Smoothie und steckte dann mein Handy zurück in die Hosentasche. Einen Moment hielt ich inne, um darüber nachzudenken, ob ich überhaupt für ein neues Pferd bereit sei. Aber, wenn es weiter gehen soll, brauche ich nun mal ein weiteres Pferd, dass jedoch nie meine Stute ersetzen wird, die mit mir in den letzten Jahren so viel erreicht hatte. Bevor ich das Badezimmer wieder verließ, atmete ich tief durch.

      Lina
      Neugierig scrollte ich durch die zahlreichen Anzeigen.Die meisten der Pferde waren braun oder Schwarz, doch ein paar hatten hübsche Scheckungen. Da ich absolut keine Ahnung von Abstammung bei Trabern hatte, entschloss ich einfach nach dem Aussehen zu entscheiden. Beim scrollen entdeckte ich eine hübsche Palominostute mit auffälliger Scheckung. Interessiert klickte ich ihre Anzeige an und betrachtete die Bilder. Dann kam Niklas wieder und ich präsentierte ihm die Stute.
      “Könnte was sein”, antwortete er und guckte sich die Bilder mit mir zusammen an. Sein nächster Blick ging zu den anderen Pferden, die der Herr aus Lacombe anbot.
      “Da können wir durchaus mal gucken fahren, hast du Lust?”, fragte Niklas mich spontan.
      “Oh Ja, das fände ich sehr interessant”, antworte ich begeistert.
      “Gut, dann gehen wir kurz Anders … ähm Herrn Holm Bescheid sagen und können wir los, denke ich. Wir nehmen dann den Transporter, mit dem wir herkamen.”, sagte Niklas und rannte direkt los. Nicht mal seine Schuhe hatte er angezogen. Ich streife mir meine Stiefel über und folgte ihm etwas langsamer. Ich würde ihn eh nicht einholen können.

      Niklas
      Ungebremst öffnete ich die Tür meines Trainers der mal wieder mit Kristine beschäftigt war. Nur konnte ich mir diesmal nicht einen Kommentar verkneifen: “Habt ihr nichts besseres Zutun?”
      “Niklas, du kannst auch nächstes Mal klopfen. Und nein, haben wir nicht. Schließlich seid ihr auch andauernd am Reiten.”, scherzte Herr Holm.
      “Wir können auch Tauschen … stopp.”, merkte ich, dass es ein schlechter Witz werden würde.
      “Jetzt sag’ was du hier willst, ich habe noch Zutun.”, hakte mein Trainer noch mal nach.
      “Smoothie muss in den Ruhestand, weil die Arthose schlimmer ist, als erwartet. Deswegen habe ich hier in der Umgebung mal geguckt und einen Züchter gefunden bei dem ich mir jetzt mal die Pferde anschauen will. Falls ich was finde, nehme ich es auf Probe mit. Soweit geplant.”, erklärte ich ihm was ich vorhatte. Ohne zu protestieren, gab er mir den Schlüssel und die Fahrzeugpapiere vom kleinen Transporter. Dann kam Lina und schlagartig schlug er die Tür vor meiner Tür zu.
      “So, dann werde ich mir mal ein anderes Shirt anziehen und wir treffen uns gleich am Transporter?”, fragte ich Lina aufgeregt.
      “Jep, und vielleicht solltest du auch noch Schuhe anziehen”, lachte sie und deutete auf meine Füße.
      “Mal gucken, vielleicht fahre ich auch nackt.”, sagte ich trocken und lief zurück ins Zimmer, in dem Ju immer noch im Chaos saß.
      “Schon wieder da?”, wunderte er sich.
      “Nein, wir fahren uns jetzt Pferde angucken. Willst du dann Bilder haben?”, fragte ich ihn freundlich. Von meiner Euphorie angesteckt, nickte er aufgeregt.
      “Berichte mir dann so früh wie du kannst.”, antwortete er dann und hielt mir die Faust hin, die ich erwiderte.
      Am Transporter wartete ich auf Lina. Ich hatte mir ein helles Poloshirt angezogen und meine Sonnenbrille mit Stärke auf. In einem kleinen Beutel, den ich in meiner Hand hatte, war meine richtige Brille. Dazu hatte ich noch mein Scheckheft bei, auch wenn die alle gesperrt sind, kann mein Berater jeder Zeit eine Zahlung via Anruf veranlassen. Ich hatte mich bereits Mister Echeverria angekündigt und offensichtlich war mein Familienname auch außerhalb der EU bekannt, was mich überraschte. Vor der Abfahrt prüfte ich noch ob ich alles dabei hatte. Im Transporter gab es einen kleinen Kühlschrank, der mit Getränken und einigen Snacks gefüllt war. Nur noch das wichtigste fehlt - Lina.
      “Sorry, Quinn hat mich aufgehalten, sie wollte unbedingt noch was zu einem der Ponys wissen, was offensichtlich nicht warten konnte”, entschuldigte sie sich als sie auf mich zukam. Auch sie hatte sich umgezogen, denn sie hatte nun ein blaues Shirt an. Ihre Haare hatte sie zu einem ordentlichen Zopf frisiert und eine Sonnenbrille steckte darin.
      “Na dann Lady, einsteigen. Wir haben eine 3h Fahrt vor uns”, sagte ich zu ihr und half beim Einsteigen in den Transporter.
      Die Fahrt verging wie im Fluge und freundlich wurden wir am Transporter vom Halter der Pferde begrüßt.
      “Hallo Herr Olofsson, schon viel von Ihnen gehört”, sagte er freundlich.
      “Ich hoffe nur Gutes, Mister Echeverria”, antwortete ich professionell.
      “Und sogar … ihr Freundin dabei?”, fragte der ältere Herr.
      “Eine gute Freundin, genau”, sagte ich und Lina warf ein kurz einen leicht irritierten Blick zu, sagte aber nichts weiter. Augen sagen mehr als Worte, doch wir hatten noch gar nicht weiter drüber gesprochen, deswegen hielt ich es für das Beste diese Antwort zu geben. Zusammen liefen wir über den Hof und gern hätte ich ihre Hand genommen, doch ich wollte den Schein wahren. Besonders wusste ich nicht so wirklich, wer dieser Mann war und wie vertrauenswürdig.
      “So, was suchen Sie denn genau?”; fragte er als wir im Stall ankamen. Viele Pferde Köpfe schauten zu uns und Lina begrüßte direkt eine Fuchsstute, die neugierig an ihrem Zopf schnüffelte.
      “Ich suche am liebsten eine Stute, aber ein Hengst wäre auch okay, die nicht überbaut ist. Der Hals sollte nicht zu tief angesetzt sein und eine konvexe Linie bilden in der oberen Halslinie. Von der Länge her auf keinen Fall zu kurz zu lang wäre machbar.”, begann ich zu erzählen, eh er mich unterbrach.
      “Was haben Sie denn vor mit dem Pferd”, fragte Mister Echeverria verwundert.
      “Eventing und vor allem Dressur in den hohen Klassen”
      “Wir hätten drei Stuten, die zwar eine Qualifikation auf der Bahn bekommen, haben aber unter meiner Tochter im Sport deutlich mehr hermachen. Folgen Sie mir.”, sprach er und lief los. Wir folgten ihm und er zeigte uns die Pferde. Das eine war die Palomino Stute, die Lina mir bereits gezeigt hatte. Das andere eine Mausfalbstute mit einer auffälligen Sabino Färbung und eine dunkle Stute, mit einem hübschen Kopfabzeichen.
      “Ich würde sagen, ich lasse alle drei Pferde fertig machen und dann auf den Platz bringen”, sagte er. Ich stimmte zu und ging mit Lina vor. Sie hatte in der Zeit schon alle drei Stuten begrüßten. Er verschwand kurz, um uns allen etwas zum Trinken zu holen.
      “Und was denkst du?”, fragte ich Lina höflich, die ziemlich still neben mir stand.
      “Also hübsch sind die drei schon mal. Die Falbstute scheint am freundlichen zu sein, sie hat sich gleich ein wenig kraulen lassen. Die dunkle hingegen scheint ein wenig zickig zu sein”, antwortete sie mir dann.
      Eh ich etwas sagen konnte, kam der Herr wieder. Ich nahm mir den Kaffee.
      “So, wollen sie sich dann darauf setzen?”, fragte er mich.
      “Erstmal noch nicht, möchte mir die Pferde vom Boden aus genauer anschauen.”, antwortete ich ernst. Offenbar schien er damit nicht gerechnet zu haben und guckte durch die Gegend, wer sich da nun drauf setzen könnte. Dann gucke ich an Lina runter, die zumindest noch Reitsachen anhatte und ich zog meine Augenbrauen hoch.
      Sie sah mich kurz an und schien zu verstehen. “Ich kann mich doch draufsetzten, dann kannst du dir das Ganze in Ruhe ansehen”, schlug sie dann vor.
      “Danke dir, Kleines”, sagte ich zu ihr und half beim Aufsteigen. Als Erstes wollte ich mir die Mausfalb Stute angucken.
      “So das ist Dumpty Humpty, eine 5-jährige Stute aus Stalino. Seit ungefähr zwei Jahren ist sie unter dem Sattel und läuft bereits Dressur in der L.”, begann er zu sprechen. Innerlich kam mir das kotzen. Das arme Pferd würde somit in spätestens 5 Jahren zusammen mit Smoothie stehen und nichts weiter als mein Geld verschlingen. Aus Höflichkeit ließ ich ihn jedoch weiter sprechen.
      “Durch ihren gut ausgeprägten Widerrist kann ich mir gut vorstellen, dass sie auch beim Springen eine gute Figur macht. Zum Testen werde ich gleich ein Kreuz aufstellen lassen.”, sagte er und zeigte mit seinem Finger auf den Platz. Direkt kamen zwei Mitarbeiter und stellten dieses hin. Ich entschied mich den Platz zu betreten und neben Lina herzulaufen, die mir verraten sollte, was sie vom Pferd hält.
      “Also ich hab den Eindruck sie ist recht fein im Maul, aber den Schenkel scheint sie nicht ganz so gut anzunehmen. Ich finde sie ein wenig faul und ich muss sie schon ein wenig motivieren nicht durch die Gegend zu schlurfen. Außerdem beginnt sie sofort sich einzurollen, wenn ich den Zügel ein bisschen mehr aufnehme”, vermittelte sie mir ihren ersten Eindruck von der Stute. Ich nickte ihr zustimmend zu.
      “Gut, danke. Ich hätte dann gern die Dunkle”, sagte ich zu dem Herren, dem es offenbar ziemlich wichtig war, mir dieses Pferd anzudrehen. Lina stieg ab und jemand nahm ihr die Stute ab. Dann stolzierte die dunkle Stute auf den Platz. Erst im zweiten Blick fiel auf, dass sie nicht nur ein interessantes Abzeichen hatte, sondern auch an einigen Stellen leichte Dapples und helle Färbungen. Auf den ersten Blick würde ich auf einen dunklen Buckskin tippen. Lina steig auf und die Stute schnappte nach ihrem Oberschenkel. Skeptisch beobachtete ich das ganze.
      “Das ist Northumbria, eine 6-jährige Stute, die etwas speziell ist. Humbi akzeptiert nicht jeden. Seit ungefähr zwei Jahren wird sie von meiner Tochter geritten, die es mittlerweile im Blut hat mit ihr umzugehen. Jedoch ist Humbi sehr fordernd und braucht viel Aufmerksamkeit. Springen kann sie gut, vor allem über Zäune.”, erklärte Mister Echeverria. Auch jetzt ließ ich mir wieder von Lina berichten, die nun einige ruhige Runden im Schritt auf der Stute ritt.
      “Ich wurde sagen, sie ist typisch Stute, empfindlich und launisch. Im Gegensatz zu der Falbstute ist sie allerdings sehr fleißig. Sie hört gut auf meine Hilfen und scheint mir auch recht viel Schwung mitzubringen.”, erklärte sie mir.
      “Dann Trab mal an bitte”, sagte ich bestimmt zu Lina. Etwas unsicher guckte sie mich ab aber trieb dann das Pferd vorwärts. Mit einem Ruck sprang die Stute in den Trab über, streckte den Kopf nach unten und schwebte vorwärts.
      Zuletzt ließ ich Lina nun noch auf die Palomino Stute setzen, die nach dem Aufsteigen erst mal den Kontakt zu ihrer Reiterin suchte. Aufmerksam lief sie im Schritt los und achtete bei Schritt und Tritt auf Lina, die sich auf dem Rücken der Stute wohlzufühlen scheint. Auch im Trab machten beide ein gutes Bild. Zum Test überquerte sie das Kreuz.
      “So, was sagst du?”, fragte ich ein letztes mal.
      “Sie gefällt mir am besten. Sie ist schön aufmerksam. Fleißig, aber nicht hibbelig. Sie hat schön auf meine Hilfen reagiert und hat immer schnell verstanden, was ich von ihr will. Sie scheint viel Spaß am Springen zu haben, denn sie hat denn Sprung fast von allein gemeistert“, erzählte mir Lina überaus begeistert. Ich nickte ihr zustimmend zu und half ihr von der großen Stute runter. Dann vereinbarte ich mich mit dem Herren, dass ich es mir jetzt mal durch den Kopf gehen lasse und in spätestens einer Stunde mich melden werden.
      Zusammen setzte ich mich mit Lina ins Auto, um über die Pferde zu sprechen. Ich hatte einige Videos und Fotos gemacht, die ich bereits zugeschickte hatte. Auch er war deutlich überzeugt von der Palomino Stute.
      “Lass uns mal Tanken fahren, nicht das es zu spät wird und mit einem Pferd hinten drin, möchte ich ungern irgendwo anhalten.”, sagte ich zu Lina und schnallte mich an.
      “Gute Idee. Können wir bei der Gelegenheit noch was zu essen mitnehmen? Die ganze Reiterei hat ganz schön hungrig gemacht und ich fürchte ein Müsliriegel, wird da nicht ausreichen”, fragte sie und schnallte sich ebenso an.
      “Klar, du kannst dir alles aussuchen, was du möchtest”, versicherte ich und fuhr los.
      Während Lina noch das richtige Essen auszuwählen, suchte ich mir eine Packung Zigaretten aus, die ich wirklich gerade brauchte. Eigentlich hatte ich vor mehreren Jahren aufgehört, doch heute war nicht der Tag dafür um sinnvolle Entscheidungen zu treffen.
      “Du rauchst?”, fragte Lina beiläufig. Sie legte ein belegtes Bagel und eine Tüte Studentenfutter auf den Tresen, stellte noch eine Wasserflasche dazu.
      “Eigentlich nicht”, antwortete ich beim Zahlen und verließ mit ihr das Tankstellengebäude. Ich fuhr das Auto von der Zapfsäule weg und stellte mich mit Lina auf den Parkplatz. Sie setzte sich auf die Stufe der Beifahrertür und ich zündete die Zigarette an. Bei dem ersten Zug musste ich stark husten, aber ich ignorierte es. Auf meinem Handy sah ich Ju, der mir geantwortet hatte.
      “Ju findet die Palomino Stute auch am besten.”, erzählte ich Lina, als durch seine Nachrichten scrollte.
      “Weise Entscheidung. Die dunkle was zwar hübsch, aber für meinen Geschmack zu nervös”, kommentierte sie und begann ihren Bagel zu essen.
      “Aber ich nehme die nervöse. Humbi war mir als Pferd deutlich sympathischer und ich denke, dass mit Obsidian würde mir schnell langweilig werden würde”, murmelte ich zu Lina.
      “War ja klar, dass du lieber eine Herausforderung willst, aber wunder dich nicht, wenn sie dich irgendwann aufrisst”, scherzte sie.
      “Wenn’s nicht klappt, bringe ich sie zurück. Ich zahle nur eine Kaution und wenn sie mir zusagt, überweise ich den Rest und bekomme alle unterlagen zusammen mit dem Pferd zugeschickt”, erklärte ich Lina.
      “Und bevor sie mich auffrisst, fresse ich sie”, fügte ich noch hinzu und tritt die Zigarette aus.
      “Vielleicht wird sie ja noch freundlicher, wenn sie nicht den ganzen Tag in deiner Box verbringen muss”, sagte sie schulterzuckend und kletterte zurück in den Wagen.
      Zusammen fuhren wir zurück auf den Hof und ich einigte mich auf eine Anzahlung von 10.000 (US)$. Mein Bankberater hatte bereits einen Anruf von mir bekommen. Er gab mir für die Stute noch eine Trense mit, die ihr auf jeden Fall nicht passt, aber ich packte sie doch ein. Das Verladen begann mit einigen Problemen aber am Ende stand sie.
      Auf dem WHC kamen wir im Dunkeln an. Lina schlief immer wieder ein und ich versuchte nicht bei der Musik mitzusingen, obwohl viele gute Lieder gespielt wurden.
      “Schlafmütze, wir sind da. Humbi muss irgendwo hin, wo keine Fluchtgefahr besteht.”; sagte ich zu Lina, die gerade wach wurde.

      Lina
      Ich brauchte ein paar Sekunden um mich zu orientieren und streckte mich erst einmal, bevor ich Niklas antworte. “Wenn dein Pferdchen bleiben soll, wo es ist empfiehlt sich die Hauskoppel. Seit Griselda mehrmals über den Zaun gesprungen ist, erinnert die an einen Hochsicherheitstrakt. Ansonsten wäre bestimmt auch noch irgendwo eine Box frei”, murmelte ich verschlafen.
      “Box wäre wohl nicht die beste Idee, so wie sie einen anfauchte, braucht sie frische Luft”, antwortete er mir.
      “Na, dann lass uns mal dein verrücktes Pferdchen auspacken”, sagte ich und öffnete die Autotür. Etwas steif, kletterte ich aus dem Auto und streckte mich noch einmal gründlich, bevor ich zu Ladeklappe rumging, die Niklas bereits geöffnet hatte.
      “Die ist nicht verrückt, sie ist sensibel”, protestierte er und stieg in den Transporter, um die Stute langsam herauszuführen. Neugierig guckte sie durch die Luft.
      “Ich glaube einfach, dass du eifersüchtig bist auf diese Schönheit”, fügte Niklas noch hinzu.
      “Was soll das denn jetzt heißen?”, fragte ich und sah ihn empört an.
      “Soweit habe ich bisher nicht gedacht, das Argument, dass ich 6h gefahren bin, würde nämlich nicht zählen. Schließlich bin nur für dich über 20h geflogen.”, gab er zu.
      “Ja, da hast du recht, da wäre ein sehr schwaches Argument”, stimmte ich ihm zu und streckte vorsichtig die Finger nach der Stute aus. Neugierig schnupperte sie daran und beknabberte vorsichtig meine Fingerspitzen. Ganz so launisch schien sie doch nicht zu sein.
      “Aber bevor wir weiter darüber diskutieren sollte, wir vielleicht erst mal deine ‘Schönheit’ auf die Koppel bringen. Die hat bestimmt Hunger, in dem Fall wäre ich auch so schlecht gelaunt”, sagte ich mit einem Kopfnicken in Richtung Koppel.

      Niklas
      Bevor ich loslaufen konnte, stand Ju schon vor uns und bewunderte Humbi. “Ich wusste, dass du die nimmst”, sagte er dann zu uns. Verwirrt legte sie die Ohren an und richtete sich einige Schritte rückwärts. Dann ging es weiter und keiner sagte etwas. Entspannt aber offensichtlich müde schritt die Stute neben mir her. Auf der Koppel stürzte sie sich direkt auf das Heu. Einige Minuten beobachtete ich sie dabei, doch bei jedem zwinkern meiner Augen wurde ich müder. Die Fahrt war ansprechend.
      “Lina, ich würde jetzt ins Bett gehen. Das war mir heute zu viel.”, sagte ich zu ihr. Daraufhin bekam sie ein Kuss auf sie Stirn.
      “Na, dann träum was Schönes. Dein neues Pferd können alle auch morgen noch bewundern”, erwiderte sie und lächelte mich an.
      Müde lief ich mit Ju ins Zimmer und fiel ins Bett. Es gelang mir noch die Kleidung auszuziehen, eh ich einschlief.

      Nächster Tag beginnt …

      Der nächste Tag begann früher als ich dachte mit einem Anruf von Herrn Holm, der nicht wirklich zufrieden war.
      “Dein neues Pferd steht auf dem Hof herum und lässt sich von niemanden anfassen. Komm oder wir erschießen es.”, wurde ich am Telefon angebrüllt. Einen Moment brauchte ich um zu verstehen, wovon er sprach. Dann wusste ich es - Humbi. Irgendein Shirt griff ich und zog eine kurze Hose an. An der Tür schlüpfte ich in die Stiefeletten. Dann sah ich, wovon er sprach. Mehrere Menschen wedelten mit ihren Armen. Es wirkte nicht so, als würden sie meine Stute einfangen zu wollen, sondern sie zu verängstigen.
      “Jetzt lasst Humbi doch mal in Ruhe. Sie hat Angst vor euch. Was stimmt mit euch nicht?”, rief ich verärgert drückte meinem Trainer die Schlüssel vom Transporter in die Hand und bekam im Austausch einen Strick. Ruhig lief ich auf sie und sprach mit ihr. Humbi spitze die Ohren und guckte mich an.
      “Suuuuuper”, lobte ich sie leise und legte den Strick an das Halfter.
      “Dafür musste ich jetzt aufstehen, weil ihr Pferdemenschen nicht in der Lage seid einer Stute einen Strick anzulegen?”, sagte ich genervt zu der Traube.
      “Was macht ihr eigentlich alle hier für einen Lärm?”, fragte Lina, die verschlafen aus dem Haus gestolpert kam.
      “Pony ist geflohen. Kurz kam mir der Gedanke sie mit ins Zimmer zu nehmen, eh mir auffiel, dass es Pferd ist und kein Hund”, antwortete ich Lina müde und Humbi folgte mich aufmerksam. Zwischendurch zupfte sie an Grashalmen, die unseren Weg kreuzten.
      “Und warum ist ein einziges Pferd, der Grund für so einen Aufstand?”, fragte sie immer noch ein wenig verwirrt. “Hier sollten doch alle in der Lage sein es einfangen zu können ohne so ein Theater”, murmelte sie vor sich in.
      “Kannst du einen Tierarzt anrufen, der vielleicht heute noch kommen kann? Ich möchte sie noch durchchecken lassen, eh ich mich darauf setze”, bat ich Lina und brachte Humbi zurück auf die Weide. Dort sah ich, dass das Tor offen stand. Offenbar war irgendjemand nicht in der Lage ein Pferd zu füttern, ohne das es neugierig die neue Umgebung betrachten möchte. Also stellte ich sie wieder hin und nahm den Heusack mit. Im Stall fand ich den Heuballen und ich befüllte den Sack mit diesem. Als ich zurückkam, stand die Stute aufgeregt am Gatter und konnte es gar nicht abwarten was zu futtern. Eh ich wieder die Koppel betrat, scheuchte ich Humbi weg. Respektlos blieb sie vor mir stehen und war kurz davor den Heusack aus meiner Hand zu stehlen. Einige Minuten erst vergehen, eh sie diesen haben durfte. Zufrieden tätschelte ich ihren Hals und kehrte zu Lina zurück, die sich wieder in ihr Bett gelegt hatte, aber offenbar wach war.

      Lina
      Nachdem ich enttäuscht festgestellt hatte, das hier scheinbar keiner in der Lage war ein frei laufendes Pferd einzusammeln, war ich wieder in mein Zimmer gegangen.
      “Dein Tierarzt kommt um halb 12”, murmelte ich als Niklas das Zimmer betrat. Wie ist sie überhaupt da herausgekommen”, fragte ich müde, denn wenn ich schon unnötigerweise so früh aufgestanden war, wollte ich wenigstens wissen warum.
      “Ich habe einen eigenen Tierarzt, das nenne ich mal cool. Wie sie herausgekommen ist, kann ich nur vermuten. Das Koppeltor war offen und wirkte so, als wollte jemand füttern und hat sich minimal blöd angestellt. Ich habe dann ihren Heusack befüllt. Humbi akzeptierte nicht wirklich, dass ich den selbst anhänge und stand respektlos vor mir. Das Spiel kann ich jedoch genauso lange spielen wie sie. So standen wir also einige Minuten da, eh sie zurückwich und den Raum gab zum Anhängen des Sackes.”, erklärte Niklas.
      “Natürlich ist das nicht ‘dein’ Tierarzt”, sagte ich und warf ein Kissen nach ihm bevor ich ihm weiter zuhörte.
      “Mmm, wenn das so ist, hat bestimmt Hazel heute gefüttert. Das wäre nicht das erst mal, dass ihr ein Pferd ausbüxt. Ich habe ihr schon mindestens 100-mal gesagt, dass sie das Tor hinter sich richtig schließen muss, gerade bei Pferden wie Humbi”, erklärte ich ein wenig genervt.
      “Sie konnte ja nicht viel dafür. Keiner hatte ihr berichtet, dass da plötzlich ein neues Pferd sein wird.”, nahm er sie nun in den Schutz.
      “Na gut, du hast ja recht, ich hätte ihr wenigsten einen Zettel hinlegen sollen oder einfach gleich selbst füttern sollen”, murrte ich müde. So früh am morgen, fehlte mir einfach die Energie für solche Diskussionen, vor allem wenn mein Wecker eigentlich erst in einer Stunde geklingelt hätte.
      “Wollen wir uns …. Zusammen vielleicht noch mal eine Stunde hinlegen?”, fragte Niklas mich vorsichtig und deutete auf mein Bett.
      “Das klingt nach einem hervorragenden Plan, also komm schon her”, sagte ich rutschte ein Stück zu Seite.
      Überzeugt zog er seine Hose und Shirt aus, um sich zu mir zu legen. Gemütlich kuschelte ich mich an ihn und begleitet von seinen regelmäßigen Atemzügen schlief ich ein.

      Jace
      “Wo bleibt denn Lina, die hat sich gestern schon vor dem Zäune kontrollieren gedrückt”, rief Samu genervt. Luchy hatte gestern darauf bestanden, dass die Fohlen mit ihren Müttern noch vor dem Frühstück auf eine neue Koppel kommen. Da die anderen die letzten Tage die Morgenfütterung hatten, blieb es also an Lina, Samu und mir hängen die Pferde umzuweiden.
      “Keine Ahnung, die pennt bestimmt noch”, antwortete ich Samu.
      “Na, dann sollten wir die Schlafmütze mal wecken, gehen”, kam es von Samu und er marschierte in Richtung Haus. Eilig folgte ich ihm und rannte noch vor ihm die Treppe rauf.
      “Aufstehen, du Schlafmütze, die Arbeit….”, reif ich und öffnete ihre Tür. Mitte im Satz verstummte ich, denn das Bild, was sich mir bot, hatte ich nicht erwartet. Lina lag nämlich nicht allein in ihrem Bett. Auch Samu, der mittlerweile hinter mir stand, schien ein wenig überrascht zu sein.
      “Das wird dann der Moment sein, an dem ich gehe. Am besten klärt ihr eure Familienverhältnisse ohne mich. Wirklich Lust auf einen weiteren Krankenhausbesuch habe ich nicht.”, kam es von Niklas verärgert, der seine Sachen nahm und so wie er leicht bekleidet war, das Zimmer verließ.
      “Vielen Dank ihr zwei Steinzeitmenschen, man kann auch vorher anklopfen”, beschwerte sich Lina nun.
      “Wer kann denn auch schon Ahnen, das du scheinbar beschäftigt bist”, antworte Samu grinsend. Ich stand immer noch ein wenig sprachlos im Türrahmen.
      “Was heißt hier denn beschäftigt”, schimpfte sie nun und stand aus dem Bett raus. “Wir haben ganz normal geschlafen”.
      “Ja, ja klar ihr habt geschlafen”, scherze Samu gut gelaunt. Was ist denn mit dem auf einmal los? Warum stört ihn das nicht? Er ist doch sonst der nervige Moralapostel.
      “Ja, haben wir wirklich. Wenn ihr dann genug doofe Fragen gestellte habt, könnt ihr dann verschwinden. Ich brauche keinen Babysitter, um mich anzuziehen”, schimpfte sie weiter und machte uns einfach die Tür vor der Nase zu.
      “Hab ich was verpasst, oder warum sagst du nichts dazu?”, fragte ich Samu nun, weil ich immer noch nicht verstand, weshalb er das ganze auf einmal ok zu finden schien.
      “Sagen wir mal, die Lage hat sich verändert”, sagte er verheißungsvoll. “Aber wenn du es wissen willst, kannst du Lina mal schön selbst Fragen. Aus eurem Kindergarten halte ich mich raus”, fügte er hinzu und klopfe mir auf die Schulter. “Ich warte dann draußen auf euch”, rief er während er auf der Treppe verschwand.
      Diesmal klopfte ich an Linas Tür und wartete bis sie öffnete.
      “Was willst du noch Jace”, sagte Lina genervt, die immer noch ihren Schlafanzug trug.
      “Was läuft da eigentlich zwischen dir und Niklas”, fragte ich dann vorsichtig, weil sie nicht besonders gut gelaunt zu sein schien.
      “Wonach sieht es denn aus Jace”, schimpfte sie und verdrehte die Augen. “Wars das jetzt?”, fragte sie und wartete nicht mal auf eine Antwort, sondern schloss die Tür wieder.
      Offensichtlich wollte sie nicht mit mir darüber Reden, also ging ich runter zu Samu und wartete auf Lina.
      “Kann das sein, dass du ein klein wenig eifersüchtig bist, weil du nicht mehr der einzige Macho hier bist”, triezt Samu mich. Darauf antwortete ich ihm nicht, sondern widmete mich meinem Instagramfeed.
      10 Minuten später kam dann auch endlich Lina runter, sodass wir mit der Arbeit beginnen konnten.

      Vriska
      Nach dem Lina gestern nicht mehr kam und auch beim Frühstück nicht auftauchte, entschied ich mich dafür, ihr eine kurze Mitteilung zu senden. Am Nebentisch hatte ich das Gespräch von Samu und Jace belauscht, die auch verwundert waren, dass sie nicht auftauchte. Da Niklas ebenfalls nicht da war, haben sich verschiedene Theorien eröffnet, wo die Beiden sind. Ich hatte mich dagegen entschieden daran teilzunehmen, weil es niemanden etwas anging. Außerdem ging ich von einfacher Müdigkeit aus, nach dem sie gestern Stundenlang fuhren, um für Niklas ein Pferd zu kaufen. So spontan wie es halt ist, wenn man plötzlich ein neues Pferd braucht. Natürlich hatte es sich beim Frühstück schon herumgesprochen, dass auf einer Koppel eine neue Stute stand, die bereits einen kleinen Ausflug machte am Morgen. Da das heute Training erst am Nachmittag ist und ich gestern den halben Tag gelernt hatte, überlegte ich, was man machen könnte. Da Lina nicht auf meine Nachricht reagierte, suchte ich Samu auf, der irgendwelche Pferde umstellen sollte.
      “Hej”, begrüßte ich ihn freundlich aber unsicher.
      “Guten Morgen, Vriska”, begrüßte er mich freundlich.
      “Du hast nicht zufällig etwas für mich, was ich tun könnte? Vielleicht ein Pferdchen zum Longieren oder so?”, fragte ich vorsichtig.
      “Hast du ein Glück, das es hier immer etwas zu tun gibt. Du könntest Looki longieren”, antwortete er freundlich.
      “Okay und wo finde ich den hübschen?”, erwiderte ich.
      “Er müsste schon auf der Koppel stehen. Du hast das richtige Pony gefunden, wenn es die längsten Haare hat, die du je an einem Pferd gesehen hast, pass nur auf er flirtet gerne ”, erklärte der Finne.
      Durch Lina wusste ich schon wo ich Halfter und alles andere zu finden sein wird, so konnte ich den Hengst von der Weide holen und ihn putzen. Zur Begrüßung streckte mir der Hengst seinen Kopf in mein Gesicht und zupfte freundlich an meinen Haaren, die ich in einem Zopf trug. Das Halfter anlegen gestaltete sich schwierig mit der Maße an Langhaar, die er hatte. Doch nach einer Weile war alles an Ort und Stelle, dass wir gemeinsam zum Stall gehen konnten. Auf dem Weg traf ich Milena, die Sich Snúra von der Weide holte und offenbar etwas trainieren möchte. Freundlich grüßte sie mich, bekam aber keine Antwort von mir. Wie schon auf der Weide hatte ich einige Probleme damit den Hengst richtig zu putzen, da mir durch den Windzug, der im Stall herrschte, immer wieder Strähnen seiner Mähne im Gesicht lagen. So suchte ich in der Sattelkammer noch Haargummis und wurde sogar fündig. Mit einer Plastikbürste machte ich ihm die Haare schön und flocht alles zu einem Mozartzopf, der sich sehen lassen konnte. Seinen Schweif flocht ich ganz einfach, damit dieser nicht mehr auf dem Boden mitzog. Als einziges Hilfsmittel legte ich Looki ein Kappzaum um und nahm mir eine Gerte, die herumlag. Obwohl es ziemlich warm war, aber bewölkt ging ich auf den riesigen Reitplatz, auf dem ich alleine war. Zu Beginn machte ich einige Übungen mit dem Hengst, um seine Durchlässigkeit zu testen und wie nachgiebig er ist. So stellte fest, dass er sehr genau auf die Hilfen achtet und auch den Einsatz der Stimmenhilfe als wichtig empfand. Im Schritt drehten wir gemeinsam einige Runden.
      Nach erfolgreicher Beendigung der Einheit brachte ich den Hengst zurück auf die Weide. Kurz überlegte ich, ob die Zöpfe in den Haaren bleiben sollten, aber entschied mich dafür, sie nicht raus zu machen. Es war so warm, dass es für ihn sicher angenehmer sein wird. Kurz guckte ich noch, was er machte. Natürlich warf sich Looki in den Dreck, um sich zu wälzen.

      Lina
      Inzwischen hatten Jace, Samu und ich die Fohlen umgeweidet, was sich als gar nicht so einfach herausgestellt hatte. Die beiden Zwillingsfohlen waren die ganze Zeit von ihrer Mama weg geflitzt und hatten alle anderen beunruhigt, sodass Mijou sich aufgeregt hatte und sich lieber allein mit ihrem Fohlen eine neue Weide suchen wollte. Doch letztendlich hatten wir es geschafft alle, auf die neue Koppel zu bringen. Jace hatte sich direkt danach wieder verkrümelt und ich setzte mich mit Samu noch ins Gras, um den Fohlen beim Spielen zuzusehen.
      “Hätte ihr mich nicht früher wecken können, jetzt hab ich hunger und das Frühstück ist vorbei”, jammerte ich ihn an.
      “Also wirklich, dafür das du deinen Wecker nicht hörst, kann ich ja wohl auch nichts”, erwiderte Samu vorwurfsvoll.
      “Haben wir noch was im Kühlschrank?”, fragte ich ihn dann.
      “Nein, soweit ich weiß war niemand in den letzten Tagen einkaufen.”
      “mmm..., dann muss ich mir wohl überlegen, wo ich was zu essen herbekomme”, antworte ich resigniert.
      Ein Schmetterling flog über die Wiese und landete auf meinem Fuß. Venice, die den Falter bemerkt hatte, kam langsam angetrottet und beschnüffelte mit etwas Abstand neugierig meinen Fuß. Der kleine bunte Schmetterling schlug langsam mir seinen Flügel, bevor er still hielt. Das kleine braune Fohlen schien sich darüber zu wundern, dass er sich auf einmal nicht mehr bewegt und versucht in den Schmetterling zu beißen, worauf hin er aufflog.
      “Veni, du kannst doch keine Schmetterlinge fressen”, tadelte ich die kleine Stute, die dem kleinen Insekt verwundert hinterherschaute.
      “Scheinbar kann sie schon”, machte sich Samu über mich lustig.
      “Weißt du deine blöden Kommentare werden mir nicht fehlen”, murmelte ich.
      “Wer sagt denn das ich dich allein nach Schweden fliegen lasse”, sagte mein bester Freund auf einmal.
      “Ich sage das Samu, weil ich gar nicht allein fliege, ich habe ja Niklas. Außerdem arbeitet Vriska ja auch da”, antwortete ich bestimmt.
      “Du bist dir sicher, dass ich nicht mitkommen soll”, fragte er jetzt noch einmal nach.
      “Ja, ich bin ziemlich sicher. Wie ich dir und Jace heute Morgen schon erklärt habe, brauche ich keinen Babysitter! Wenn du um bedingt auf etwas aufpassen willst, kannst du dich um Divine kümmern. Der werde ich erst einmal hier lassen, schließlich muss ich erst einmal sehen, ob das alles so klappt, wie ich mir das vorstelle”, erklärte ich meinem besten Freund.
      “Na gut. Aber dann möchte ich wenigsten jeden Tag ein Lebenszeichen von dir bekommen.”
      “Samu, ich verschwinde nicht vom Planeten, aber keine Sorge du bekommst deine Lebenszeichen”, beruhigte ich ihn.
      “Wo wir gerade bei Thema sind, hast du eigentlich schon mit Luchy darüber gesprochen?”, fragte er unschuldig.
      “Nein, das muss ich noch machen”, murmelte ich. Dieses Gespräch würde vermutlich unangenehm werden, denn ich erwarte nicht, das Luchy Luftsprünge machen wird. Immerhin muss sie dann jemand neuen finden, der die Reitschule schmeißt, ganz besonders den Teil mit den Ponys.
      “Ich finde wir haben jetzt genug rumgesessen”, verkündete ich dann, um vom Thema abzulenken. “Keine Ahnung was du machst, aber ich werde mich auf die Suche nach etwas zu essen machen”, fügte ich noch hinzu und lief in Richtung Hof.
      Irgendwer hatte Divine schon aufs Paddock gestellt, doch er schien definitiv noch auf seine morgendliche Möhre zu warten. Also lief ich in die Futterkammer und holte eine.
      “Sorry süßer, aber heute musst du teilen”, sagte ich zu meinem Pferd und brach die Möhre durch um die eine Hälfte selbst zu essen.
      “Lass deinem Pony doch mal die Möhre”, kritisierte Niklas, als er mit Humbi vorbeilief, da der Tierarzt gleich kommt zur Kontrolle.
      “Sorry, aber das ist das einzig Essbare, was ich bisher finden konnte. Ivy wird es schon überleben, mal nur eine halbe Möhre zu bekommen”, verteidigte ich mich.
      “Ich kann gern was kochen, wenn Humbi fertig ist”, bot er dann an und lächelte.
      “Wundervoll, dann geh ich meinem Pferd mal eine neue Möhre holen. Möchte Humbi auch eine?”, fragte ich freundlich und rechnete schon damit, dass er eh nein sagen würde.
      “Gern. Sie freut sich sicher. Das Heu ist auch schon wieder, dass grüne Zeug, dass auf dem Boden wächst, scheint nichts zu sein.”, kam es überrachsend.
      “Na, wenn das so ist, bin ich gleich wieder da”, antwortete ich und verschwand kurz in der Futterkammer.
      Als ich wieder neben Niklas stand, streckte die dunkle Stute neugierig ihre Nase nach mir aus, denn sie schien die Möhren bereits zu riechen. Langsam, um sie nicht zu erschrecken, hielt ihr eine Möhre hin. Hungrig nahm sie die Möhre entgegen.
      “Das scheint ihr definitiv, besser zu schmecken als Gras”, stelle ich unnötigerweise fest.

      Niklas
      Humbi konnte nicht genug von den Möhren bekommen und Lina stopfte immer mehr in sie herein. Dann stand der Tierarzt schon da. Zu Beginn holte ich den Equidenpass und führte sie vor. Auf den ersten Blick gab es keine Probleme. Auch die Beugeprobe verlief ohne Befund. Die Impfungen waren alle aktuell. Nur ihre Zähne müssten etwas geraspelt werden, so lange könnte ich jedoch Gebisslos reiten. Der Rest ihrer Muskulatur wirkte normal, sodass der Tierarzt mir ihre Gesundheit bescheinigen konnte. Am Tag des Fluges würde er noch einmal kommen, um wie allen anderen Pferden eine Reisebestätigung auszustellen.
      „Dann muss wohl ihrer Art was Erlerntes sein“, sagte ich zu Lina, als wir Humbi zurück auf ihre Koppel brachten.
      "Ich möchte liebt nicht wissen, was sie alles schon erlebt musste, dass sie so darauf ist", antwortete Lina.
      “Der Hof war auf den ersten Blick gar nicht schlecht. Ich habe schon andere Höfe gesehen.”, merkte ich an, während wir am Zaun standen und die Stute betrachteten.
      "Der Schein kann trügen, kein Pferd ist von Sich auf so", sagte Lina nachdenklich. "Aber immerhin scheint sie dich zu mögen", fügte sie noch hinzu.
      “Ach, ich habe noch was für dich”, sagte ich zu Lina und hielt ihr mein Handy hin, auf dem das Flugticket war.
      "Toll, dann steht der Reise ja fast nicht mehr im Wege" antwortete sie mit einem freudigen strahlen in den Augen.
      “Nun, du müsstest das Ticket noch ein Scannen. Dann ist alles gut”, grinste ich. Sie holte ihr Handy heraus und wusste nicht genau, wo sie hin musste. Zweifelt, gab sie mir das Ding und ich suchte nach ihrer Wallet App, die ich dann auch fand. Währenddessen ploppten mehrere Nachrichten von Jace auf, der sich offenbar ziemlich über mich aufregte. Außerdem schickte er einige Bilder, die nicht sehen wollte. Das alles in weniger als zwei Minuten.
      “Vielleicht solltest du den Kerl mal in den Griff bekommen”, sagte ich verärgert und ging, ohne sie antworten zu lassen. Die Zweifel kamen wieder auf, ob es so eine gute Entscheidung gewesen sei. Doch nun kann ich es nicht mehr rückgängig machen und zur Not, hat sie noch Vriska.

      Lina
      "ähh, was", sagte ich verwirrt, als Niklas mir wortlos mein Handy wieder in die Hand drückte und verärgert davon stapfte. Dann war ich ein Blick auf mein Handy und sah was Jace mir geschickt hatte und könnte auf einmal sehr gut nachvollziehen, warum Niklas so reagiert hatte. Wütend rief ich ihn an und natürlich ging es sofort dran.
      Er wollte irgendetwas sagen, doch ich Schnitt ihm einfach das Wort ab.
      "Was zur Hölle stimmt nicht mit dir", schrie ich in das Handy.
      "Das du Niklas nicht magst ist eine Sache, aber DAS geht definitiv zu weit. Traurig genug, dass du meine Entscheidungen nicht akzeptierst, aber dass du denkst, dass ich wie deine kleinen Gespielinnen bin, macht mich wütend, sehr WÜTEND. Die Nummer mag vielleicht bei deine kleine Flittchen funktionieren aber nicht bei mir. Du bist einfach Ekelhaft, ich weiß nicht wie ich jemals Gefühle für dich haben konnte. Du bist für mich gestorben". Nach dem letzten Satz legte ich einfach auf. Jace versuchte mich erneut anzurufen doch ich drückte ihn weg, denn ich wollte absolut gar nichts mehr von ihm sehen oder hören. Es gibt keine einzige vernünftige Erklärung warum man sowas tun sollte. Scheinbar hat ihm keiner gesagt, dass absolut niemand ungefragt solche Bilder haben wollte. Das er dann auch noch die Frechheit besaß zu glauben, das ich das gut finden würde ist einfach das Letzte.
      Wütend löschte ich diese Bilder von meinem Handy.
      Ich hielt kurz inne, bevor ich seine Nummer löschte, da er ja leider immer noch mein Arbeitskollege war, doch ganz ehrlich, sollte er doch bleiben, wo der Pfeffer wächst.
      In meiner Wut hatte ich nicht bemerkt wie die Stute, die mich jetzt anstupste, an den Zaun gekommen war. Überrascht drehte ich mich zu ihr um erblickte ihr nervöse Ohrenspiel.
      Auf einmal war ich nicht mehr wütend, sondern war nur noch darum besorgt, ob jetzt alles kaputt war. Was würde Niklas nur jetzt denken? Traurig sah ich die Stute an, die mich nicht aus den Augen ließ und nun nervös am Zaun entlang lief.
      "Woha ist ja gut, ich wollte dich nicht aufregen", sprach ich ruhig zu der Stute.
      "Weißt du, du hast echt Glück einen so tollen Besitzer gefunden zu haben", sprach ich weiter und die Stute blieb mir etwas Abstand stehen, nur ihre Ohrenstellung verriet ihre Unruhe.
      "Ich bin mal wieder nur vom Pech verfolgt".
      Was genau mach ich hier eigentlich schon wieder. Ich rede gerade mit einem Pferd, welches ich gestern noch nicht besonderes mochte und hoffte es würde mich verstehen. Eigentlich vollkommen bescheuert, doch irgendetwas hatte die etwas Stute an sich. Es war nicht wie bei Divine, denn dieses Pferd strahlte keine Ruhe aus, dieses Pferd war Nervös und hektisch.
      “Du hast Angst, kleine oder?”, fragte ich die Stute und natürlich antworte sie nicht, sondern sah mich einfach nur weiter an.
      “Ich weiß zwar nicht wovor du Angst hast, aber weißt du ich habe auch Angst. Angst vor dem was jetzt auf mich zukommt, Angst davor das es jetzt schon alles vorbei ist, bevor es überhaupt richtig begonnen hat”, erzählte ich Humbi. Logischerweise sagte die Stute immer noch nichts. Eine ganze Weile lang sah ich sie nur an und beobachtete sie und sie tat dasselbe, stand einfach nur da und bewegt nicht außer den Ohren.
      In diesem Moment ging mir eigentlich nichts mehr durch den Kopf, außer der einen Frage. Was dachte Niklas nun über mich und gleichzeitig stelle ich fest, dass ich es nur herausfinden würde, wenn ich ihn frage.
      Mit einem mulmigen Gefühl ging ich rüber zu seiner Hütte. Davor blieb ich stehen, um noch mal tief durchzuatmen, bevor ich zaghaft klopfte.
      „Ja“, antwortete Ju, nicht Niklas.
      Unsicher öffnete ich die Tür. Niklas und Ju saßen am Tisch und schienen zu lernen. “Niklas…”, begann ich vorsichtig. “… kann ich mit dir Reden?”
      „Ob du das kannst, weißt nur du, Lina. Ich möchte aber nicht, was keineswegs an dir liegt. Es ist nur so, dass mich nicht in deine Familienverhältnisse einmischen möchte. Deswegen bitte ich dich, dass du es mit allen in den nächsten Tagen klärst. Wer weiß, wann du alle wieder sehen wirst. So ist es sinnvoller, wenn du im Frieden den Hof verlässt. Wenn was ist, kannst du jederzeit mit mir sprechen, aber ich würde dich gern in Schweden richtig kennenlernen und vor allem in Ruhe.“, sprach er ernst mit mir und guckte mir tief in den Augen. In mir spannte sich alles an. Innerlich war ich auf etwas komplett anderes Eingestellt gewesen. Ich wusste zwar auch nicht genau, was ich erwartet hatte, aber das definitiv nicht.
      Dass er mich kennenlernen wollte, war ein gutes Zeichen, aber gleichzeitig hieß das auch, dass ich mich mit den Geschehen der letzten Monate noch einmal auseinandersetzen musste. Ich konnte es nicht einfach vergessen und hinter mir lassen.
      “Ok, ich … ich glaube, ich geh dann mal wieder”, sagte ich und musste mich schwer zusammenreißen, um meine Emotionen unter Kontrolle zu halten.
      „Warte!“, hörte ich ihn rufen, eh ich wieder die Tür schloss und drehte mich um.
      „Willst du trotzdem mitessen? Ich fange in 20 Minuten an und würde dir dann schreiben wenn’s fertig ist“, sagte er freundlich.
      “Ähh, ja”, antworte ich ihm ein wenig verwirrt, denn in Gedanken war ich schon woanders. Ich hatte schon fast wieder vergessen, was für einen Hunger ich eigentlich hatte.
      Mit gemischten Gefühlen verließ ich die Hütte und beschloss erst einmal Vriska zu suchen, vielleicht konnte sie mir mit der Monsteraufgabe helfen, die nun vor mir lag. Zu meinem Glück fand ich Vriska recht schnell, denn sie war in ihrem Zimmer.
      “Vriska, ich brauche dringen den Hilfe”, verkündete ich, als ich eintrat.
      “Hilfe? Wobei?”, fragte sie mich entschlossen und trat vor zur Zimmertür. Ich musste einen kurzen Moment nachdenken, weil ich mir nicht überlegt hatte, wie genau ich ihr das erklären wollte.
      “Naja, also … Jace, war vorhin... Sagen wir mal das größte, sexistische Arschloch auf diesem Planeten. Er hat mir… Du weißt schon was für Bilder geschickt und Niklas hat das mitbekommen”, begann ich ihr zu erklären.
      “Und jetzt möchte Niklas, das ich mit ihm rede und das ganze kläre. Gut, er hat es nicht direkt gesagt, aber definitiv gemeint. Da ist nur das Problem, das ich Jace angerufen hab und ihm meine Meinung zu geigen und ich habe gesagt, dass ich nie wieder mit ihm Rede, weil mir das endgültig zu blöd mit ihm und seiner dämlichen Eifersucht wird”, beendete ich meinen Erklärungsversuch.
      “Hast du die Bilder noch?”, fragte Vriska interessiert und hatte offenbar nur das mit gehört. Dann lachte sie.
      “Nein, natürlich nicht” antworte ich empört. “Hast du mir überhaupt richtig zugehört?”, fügte ich noch hinzu.
      “Ja, klar. Hätte mich nur interessiert. Du sagst einfach zu ihm, dass du dich jetzt abgeregt hast und es mit ihm klären willst, da du das blöd fandest. Vor allem, weil du nicht danach gefragt hast.”, versuchte sie mir nun doch zu helfen.
      “Ja, das klingt sinnvoll, aber es geht ja nicht nur darum, es geht um das Ganze”, versuchte ich ihr klarzumachen und während ich das sagte, fiel mir auf das Vriska gar nicht die ganze Geschichte kannte was zwischen mir und Jace jemals passiert war.
      “Ok, damit du das verstehst, sollte ich dir vielleicht erzählen, was genau zwischen mir und Jace bisher passiert ist. Also dir ist sicherlich aufgefallen, dass ich Jace Aktion mit Abigail ziemlich Scheiße fand”, begann ich ihr zu erzählen. “Ich fand es nicht nur Scheiße, weil er sich benommen hat wie ein Arschloch, sondern auch, weil ich zu diesem Zeitpunkt noch dachte ich sein in Jace verliebt. Und Jace wusste auch davon. Und was danach passierte weißt du schon. Wichtig dabei, nachdem er sich entschuldigt hatte, hab ich gemerkt, dass ich eigentlich gar nichts für ihn empfinde, aber das möchte Jace einfach nicht verstehen. Und ich glaube, das ist der Grund warum er ständig so Ausrastet, wenn er Niklas sieht.”
      “Weiß er denn, dass du gehst?”
      “Nein… bzw. Vielleicht ich habs ihm erst in dem Telefonat vorhin um die Ohren gehauen”, gab ich ein wenig verlegen zu.
      “Also entweder du klärst es, oder du lässt es. Letztendlich wird es Niklas nicht interessieren, ob du das gemacht hast oder nicht. Ich denke, dass es ihm nur darum geht, nicht noch mehr Stress hier am Hof zu haben.”
      “Danke, aber das ist nicht gerade hilfreich”, sagte ich trocken.
      “Was erwartest du denn jetzt von mir?”, fragte Vriska mit einem genervten Unterton.
      “Na das weiß ich doch auch nicht”, sagte ich resigniert.
      “Vielleicht, dass du das Problem einfach wegzauberst?”, versuchte ich es mit einem Scherz.
      “Ich darf leider nicht für Andere zaubern.”
      “Man, blöder Zauberercodex”, murmelte ich und pustete mir eine Strähne aus dem Gesicht.
      “Aber jetzt im Ernst, was willst du machen? Such’ doch wen auf Tinder für ihn.”
      “Ich fürchte ich werde mit ihm reden müssen, sonst lässt der Esel mich nie in Ruhe, denn deine Methode klingt zwar verlockend aber Jace war früher bekannt für einen hohen Frauenverschleiß, das würde nicht lange anhalten”, murrte ich.
      “Aber die anderen Frauen gehen uns nichts an und mich noch weniger.”
      “Das denkst du jetzt, aber du musst dir ja auch nicht Samus gejammert am Ende anhören, dass er nicht schlafen kann.”
      “Samu sollte aufhören sich immer, um alle Anderen zu kümmern. Vielleicht braucht er auch eine Freundin … oder Freund. Was ihm auch immer beliebt.”
      “In der Hinsicht hast du eindeutig recht, vielleicht schafft er das ja endlich mal, wenn ich nicht mehr in seiner Nähe bin”, stimmte ich Vriska zu.
      “Wie alt ist er denn jetzt eigentlich?”
      “26.”
      “Bald wird’s eng.”, lachte Vriska.
      “Das versuche ich ihm auch schon seit zwei Jahren zu erklären”, stimmte ich in ihr lachen ein.
      “Weiß er vielleicht einfach gar nicht, wie das mit der Biene und der Blume funktioniert?”
      “Also ich bin mir ziemlich sicher er weiß wie das funktioniert. Ich glaube einfach, er denkt zu wenig an sich selbst.”
      “Ich bin mir da wirklich nicht so sicher. Gib mir mal dein Handy, ich frag’ ihn jetzt.”, fragte sie dann. Grinsend reichte ich Vriska mein Handy und sie begann auch gleich fröhlich etwas hineinzutippen.
      “Ach ich ruf ihn direkt an”, sagte sie dann und löschte das getippte.
      “Samu, bevor du irgendwas sagst. Hier ist Vriska und ich habe nur eine Frage. Weißt du wie das mit den Bienchen und Blümchen funktioniert, weil Lina und ich machen uns etwas Sorgen.”, fragte sie ihn direkt mit einem ersten Tonfall. Ich musste mir allerdings das Lachen verkneifen.
      “Natürlich weiß ich wie das geht. Was denkst du denn wie alt ich bin, 10?”, kam es empört aus dem Lautsprecher.
      “Wer weiß, vielleicht ist dir das unangenehm, weil ich mich gefragt habe, warum du dich immer nur um alle Anderen kümmerst anstatt um dich selbst. Das ist nicht gesund und mal ganz im Ernst zwischen dir und mir. Lina geht es dadurch nicht so gut.”
      “Vriska, was wird das?”, sagte ich und stupste sie empört an, doch Samu hatte schon zu sprechen begonnen.
      “Warte, was und warum sagst DU mir das jetzt?”
      “Wenn die ganze Welt mich hasst, kann ich mit umgehen. Außerdem möchte Lina dich nicht verletzen und mir sind Emotionen größtenteils egal. Nimm das nicht persönlich, ich finde Menschen generell doof.”
      “Lina, stimmt das, was sie sagt?” fragte er mich nun.
      “In gewisser Weise, … ja”, antwortete ich vorsichtig.
      “Und was genau ist das Problem?”, kam es ernst aus dem Lautsprecher.
      Darauf wollte ich nicht antworten, weshalb ich lieber schwieg. Allerdings schien auch nicht zu wissen, was sie sagen sollte und zuckte seltsam mit ihren Schultern herum. Auf der anderen Seite der Leitung war es ebenfalls ruhig.
      “So Lina, jetzt zeig’ doch mal deine Eier”, flüsterte sie mir zu.
      “Naja, Samu… die Sache ist die… Du musst mir mehr Freiraum lassen. Ich muss meine eigenen dummen Entscheidungen treffen können. Du kannst mich nicht ewig beschützen”, murmelte ich und alle blieben eine Weile still.
      “Warum hast du das nicht vorher gesagt, Lina?”, frage Samu nun.
      Verlegen sah ich auf meine Fingerspitzen. “Wie Vriska, schon sagte, ich wollte dich nicht verletzen”, gab ich zu.
      “Ich finde, es wurde alles Wichtige gesagt, damit solltet ihr das sacken lassen und später noch mal drüber sprechen. Ohne mich.”, beendete Vriska die Vermittlung zwischen uns beiden. Dieses Gespräch war zwar nicht worum ich Vriska gebeten hatte, doch es tat gut ihm das endlich mal gesagt zu haben.
      “Danke für deine Gnadenlosigkeit”, bedankte ich mich bei Vriska und meinte es auch tatsächlich so.
      “Wenn ich was kann, dann das.”, gab sie zu. Einen Moment lang herrscht Stille im Raum, bis diese durch ein Ping meines Handy unterbrochen wurde. Es war die Nachricht von Niklas, das das Essen fertig sein.
      “Niklas hat das Essen fertig, willst du mitkommen?”, fragte ich Vriska.

      Vriska
      Ich dachte kurz darüber nach, ob ich mit gehe oder nicht. Besonders nach dem was Lina mir erzählte, finde ich seine Aussage ziemlich schwammig.
      “Ja klar, wieso nicht. Ich hab zwar kein Hunger, aber was Kleines sollte noch reinpassen.”, antwortete ich und folge Lina. Erst als wir vor der Tür ankomme, fällt mir auf, dass mein T-Shirt voller Pferdehaare und Sabber von Looki war, da er nach dem Longieren seinen Kopf an mir rieb.
      “Was denn mit dir passiert?”, scherzte Ju und spielte natürlich auf mein Shirt an.
      “Pony”, antwortete ich kurz und klopfte hektisch an mir herum um wenigstens einen Teil loszuwerden. Lina lief bereits rein und setzte sich an den Tisch.
      “So, Sommersalat”, sagte Niklas und stellte eine große Schüssel auf diesen. Ich kam nach und betrachtete das Essen genauer. Die Grundlage bestand aus Kartoffeln, Zuckerschoten, Radieschen und Zwiebeln.
      “Oh, ich wusste nicht, dass du auch kommst. Da ist leider Mayonnaise mit drin”, erklärte Niklas und guckte mich fragend an.
      “Ach alles gut, ich muss nichts essen”, antwortete ich und stellte den Teller zurück in den Schrank.
      “Das sieht hervorragen aus”, lobte Lina Niklas.
      “So, aber warum steht da plötzlich ein neues Pferd? Wie kam es denn dazu?”, platzte es dann aus mir heraus.
      “Smoothie hatte vor ungefähr einem halben Jahr bereits eine Untersuchung, die zeigte, dass sie was mit dem rechten Sprunggelenk hat. Dato schien es aber noch nicht so schlimm zu sein. Auf den Aufnahmen war eine kleine Veränderung des Knochens zu sehen, die sie in ihrer Bewegung nicht weiter einschränken sollte. Vor ungefähr 3 Wochen wurde es aber schlimmer. Immer häufiger hakte sie mit dem Bein und ich höre vor allem auf mit dem Springen und auch hohe Lektionen zu reiten. Da für Divine gestern eh die Ostheo kam, entschied ich sie noch mal drüber gucken zu lassen. Auf jeden Fall wird Smooth auf keinen Fall mehr im hohen Sport mehr mitlaufen. Ich behalte sie natürlich aber für den Sport brauchte ich ein anderes Pferd. Aus Interesse habe ich mich hier im Umfeld mal umgeschaut und zusammen mit Lina auf einen Hof in eine größere Stadt gefahren zu einem Züchter. Nach einigen Tests mehrerer Pferde fand ich Humbi und teste sie nun hier auch im Training. Dann entscheide ich erst, ob sie mit nach Schweden darf oder nicht. Der Tierarzt fand an ihr keine Probleme.”, erzählte Niklas freundlich und wusste nicht was ich dazu sagen sollte.
      “Und wo willst du dann mit ihr hin? Weil in Kalmar darf Smoothie sicher nicht bleiben. Wir haben doch kaum Weide.”, warf Ju ein.
      “Ich hab schon Wanner gefragt, aber er antwortet nicht. Ansonsten mal gucken. Vielleicht ist bei euch noch Platz?”, wandte er sich dann zu mir. Etwas schockiert gucke ihn an. Manchmal frage ich mich, wieso ich immer alles auf dem Hof entscheiden sollte, schließlich arbeite ich auch nur da.
      “Musst du Tyrell fragen, ich habe das nicht zu entscheiden.”, sagte ich kurz und ballte meine Hände unter dem Tisch zu Fäusten. Ohne das ich eine Antwort bekam, stand ich auf und verabschiedete ich mich. Ein Ziel hatte ich nicht, denn das Zimmer der beiden Kerle wirkte nicht einladend. Auch wollte ich nicht in meins, denn da herrschte ein Zettelkrieg. Das konnte ich nicht gebrauchen, mich meinem Versagen zu umgeben, dass mir mitteilen würde, dass den Unterrichtsstoff von einem halben Jahr nicht innerhalb von drei Wochen nachholen könnte. So suchte ich panisch nach einem Platz, an dem ich verweilen konnte und vor allem ungestört sei. Entlang der Longierhalle entfliehe ich mich von allem.

      Lina
      Nachdem Vriska das Zimmer verlassen hatte, saß ich nun alleine mit den beiden Jungs am Tisch. Irgendwie war es seltsam. Nach dem, naja Gespräch konnte man das vorhin ja nicht wirklich nennen, war ich immer noch ein wenig verwirrt, was seine Aussage anging. Etwas nachdenklich begann ich nun in meinem essen herumzustochern.
      Ich solle meine Familienverhältnisse klären. Pff, meine tatsächlichen Familienverhältnisse sind leider nicht mit ein paar Gesprächen zu klären. Schön wärs. So muss es wohl reichen, wenn ich die Verhältnisse zu meinen Freunden klären würde. Dank Vriska hatte ich ja schon den Anfang gemacht, hoffentlich nimmt Samu sich das nicht zu sehr zu Herzen. Nicht das ich nicht dankbar dafür wäre, dass er auch mich Acht gibt, aber Vriska hatte recht, es tut mir nicht gut. Und was Jace angeht,... über ihn möchte ich jetzt lieber nicht nachdenken und Luchy hab ich bisher auch noch nicht von meiner Abreise in Kenntnis gesetzt.
      “Lina, ich denke es wäre besser, wenn du jetzt gehst. Ju und ich wollen noch zusammen lernen für den Trainerschein und an der Kür weiter arbeiten.”, unterbrach mich Niklas in meinen Gedanken.
      “Aääh, klar und danke für das Essen”, murmelte ich ein wenig perplex und stand auf um das Zimmer zu verlassen. Versteh einer die Männer, einen Tag sind sie nett und zuvorkommen und den nächsten gleich wieder seltsam.
      Draußen blieb ich erst mal ein wenig dümmlich vor der Tür stehen, da ich absolut nicht wusste, was ich wollte oder wohin. Ich brauchte jetzt Zeit für mich, Zeit zum Nachdenken, wie ich jetzt vorgehen würde. Denn es war nicht nur Niklas Verhalten was mich verwirrte es war eigentlich alles, was in den letzten Tagen passiert war. Ganz weit hinten in meinem Kopf kamen leise Zweifel auf, ob es die richtige Entscheidung gewesen war mit Niklas nach Schweden zu gehen.
      Von ganz allein trugen mich meine Beine dahin, wohin sie mich immer trugen, wenn ich nicht wusste, wohin ich sollte zu, Divine. Der weiße Hengst lag entspannt im warmen Sand und schlief, friedlich sah er aus. Langsam schlüpfte ich durch den Zaun und näherte mich ihm. Die einzige Reaktion, die der Freiberger zeigte, war das langsam ein Auge aufging und mich ansah. Ansonsten blieb er still liegen. Ich setzte mich zu ihm in den warmen Sand und lehnte mich an seinen Bauch, wenn das hier nicht der richtige Ort war, um nachzudenken, weiß ich auch nicht. Der regelmäßige Atem des Pferdes beruhigte mich und brachte Ordnung in meine Gedanken.

      Vriska
      Überraschenderweise war ich nicht allein hinter der kleinen Reithalle. Milena saß da und weinte, schien genauso fehl am Platz wie ich. Weil ein Gespräch mit ihr nicht das war, was ich jetzt wollte, versuchte ich mich wieder zurückzuziehen. Doch sie sah mich.
      Sie erzählte mir, dass Anna sehr rachsüchtig war und sich nicht unter Kontrolle hatte. Milena versuchte alles, damit sie sich nicht noch tiefer in die Sache hinein ritt. Doch Anna hörte nicht auf. Für sie schien es die einzige Möglichkeit zu sein, sich an Niklas zu rächen, obwohl er eigentlich nichts getan hatte, was Anna nicht selbst auch schon tat. Milena belastete es ziemlich, da sie Anna wirklich mochte, aber das nicht mit ansehen konnte. So entschieden wir gemeinsam eine Lösung zu finden aber zunächst müsste Milena sich wieder mehr auf die Pferde konzentrieren. Schließlich war in weniger als sechs Tagen bereits die Kür. In dem Moment dachte ich darüber nach, ob ich dabei überhaupt mitreiten sollte, da es für mich in wenigen Tagen eh vorbei ist. Milena brachte ich zu Linh, die sie direkt mit offenen Armen empfing.
      Nervös stand ich vor dem Zimmer von Frau Wallin, die mir nicht die Tür öffnete. Ungeduldig tigerte ich den Flur auf und ab, eh sie unerwartet, nur mit einem Bademantel bekleidet das Zimmer unseres Trainers verließ. Schockieren guckten wir einander an, ohne etwas zu sagen. So schnell sie auf dem Flur stand, so schnell verschwand Frau Wallin auch in ihrem Zimmer. Einige Minuten später, die ich weiter nervös auf- und abgelaufen bin, öffnete sie mir die Tür.
      “Oh Hallo Vriska, was ist los?”, fragte sie mehr überrascht als sie sollte. Schauspielern lag ihr im Blut.
      “Ich hatte nur einen Gedanken. Reite ich die Kür am letzten Tag auch mit?”, erkundigte ich mich.
      “Ja natürlich. Ich werde es dann weiter geben an deinen Kursleiter, vielleicht fällt eine deiner praktischen Prüfung damit flach.”, lachte sie und verabschiedete sich direkt wieder. Verwirrt starrte ich noch mehrere Sekunden an die geschlossene Tür, eh ich mich umdrehte, um in meinem Zimmer nun eine Kür zu überlegen.
      Beim Eintreten überfiel mich der Papierkrieg, der vom Vortag noch da lag. “Ich dachte, dass ihr euch von selbst wegräumt”, fluchte ich das leblose Papier an. Schneller als ich dachte, war alles wieder ein sortierter Haufen und das Durchqueren des Zimmers kein Problem mehr. Noch einmal erinnerte Lina per Nachricht daran, dass wir sie noch in unserer Software vom Hof einpflegen müssen, bevor sie mit zum Hof kann. Es ging schließlich darum, dass Tyrell sie dann für die Zeit anmelden kann. Wie man wissen sollte, mahlen Mühlen langsam. Auf dem Tisch entdeckte ich wieder die Visitenkarte von Erik.

      Lina
      Die Gedanken an Niklas und Schweden schon ich erst einmal beiseite, weil die Sache, die mich gerade viel mehr beschäftigte war Jace. Inzwischen tat es mir Leid, dass ich ihn so angeschrien hatte er machte zwar ein hirnloser Idiot sein, aber das hatte er nicht unbedingt verdient. Die Frage war nur wie vermittelte ich ihm meine Botschaft, dass ich nicht mehr für ihn empfinde als Freundschaft ohne ihn dabei allzu sehr zu verletzen. Der Nachrichtenton meines Handy unterbrach meine Gedanken und brachte mich gleichzeitig auf eine Idee. Wer, wenn nicht Alec konnte mir bei meinem Jace Problem helfen. Immerhin kannte niemand Jace besser als sein bester Freund. Triumphierend sprang ich auf, sodass Ivy sich erschrocken aufrappelte.
      “Oh, tut mir leide süßer, ich wollte dich nicht erschrecken”, entschuldigte ich mich bei dem Hengst und strich ihn über das weiche Fell, bevor ich mich wieder meinem Handy zuwandte.
      “Ok, komme so in einer Stunde rüber, muss vorher noch was erledigen, danke für die Idee”, tippte ich in das Handy und sendete die Nachricht an Vriska.
      Anschließend wählte ich Alecs Nummer.
      “Was hat Jace jetzt schon wieder angestellt?”, erklangt seine Stimme am anderen Ende.
      “Was ziemlich dämliches, aber darum gehts jetzt nicht. Ich muss ihm viel mehr etwas Wichtiges sagen und ich denke, er wird mir nicht zuhören”, sagte ich.
      “Worum geht es denn genau?”, fragte Alec nun ein wenig misstrauisch.
      “Mmm, naja… ich muss ihm irgendwie klar machen, dass ich nicht von ihm will … und das ich, egal was er tut, mit Niklas nach Schweden gehen werde?”, erzählte ich unschuldig.
      “Du.. was?”. Es klang so als hätte Alec sich an seinem Kaffee verschluckt denn ich hörte ihn nur noch Husten, bevor er weitersprach.
      “Also erst einmal wer ist Niklas und warum willst du auf einmal nach Schweden?”, fragte er nun erstaunt.
      “Naja, du warst ja neulich hier… das hast du doch bestimmt den heißen Typen mit den blonden Haarspitzen gesehen, oder? Das ist Niklas. Und warum ich nach Schweden möchte hat mit ihm zu tun”, erklärte ich. “ Und bevor du mich jetzt auch noch belehrst, das Ticket ist schon gebucht, also gibt es keine Rückzieher mehr”, fügte ich noch hastig hinzu.
      “Ok, ich denke, du weißt, was ich sagen möchte, aber ich lasse es heute mal. Immerhin kann ich nachvollziehen, was du an Niklas findest. Aber warum genau kommst du dann ausgerechnet jetzt darauf Jace zu sagen, dass du nichts von ihm willst?”, fragte Alec dann nach.
      “Weil Jace so verdammt Eifersüchtig ist, dass er Niklas vor drei Tagen die Nase gebrochen hat und naja, er hat mir heute Bilder geschickt. Bestimmte Bilder!”
      “Ok, ich verstehe das Problem … ich bin in 20 Minuten bei dir. Dann klären wir das zusammen mit Jace, ja”, antwortete er und ich konnte eine Autotür zufallen hören. Seine Antwort duldete keinerlei Widerspruch.
      “Ok, ich werde mich nicht vom Fleck bewegen”, antwortete ich ihm und legte auf. Ok, das er gleich herkommen würde, war zwar nicht mein Ziel gewesen, aber ok, wenn er unbedingt will.

      Vriska
      Auch wenn ich mit Linas Nachricht eher wenig anfangen konnte, akzeptierte ich, was sie schrieb. Im selben Moment nahm ich die Karte zur Hand und überlegt, ob ich Erik schreiben sollte oder nicht. Lina sagte, ich soll auf mein Herz hören und das tun, was ich empfinde. Das Einzige, was in mir gerade seine Runden drehte, war Schmerz und Hoffnungslosigkeit. Ich kenne den Typen quasi gar nicht und in Kanada würde ich für ihn auch nicht bleiben wollen, so legte ich die Karte wieder beiseite und suchte aus dem Kühlschrank das Gemüse heraus, was ich vor einigen Tagen in der Stadt kaufte. Mit etwas schnippeln, hatte ich eine leckere Gemüsepfanne auf dem Herd. Nebenbei schaltete ich den Fernseher an und wählte eine Sendung auf Netflix aus.

      Lina
      Tatsächlich stand Alec ganze 20 Minuten später aus dem Hof.
      “Wo ist er denn unser kluger Freund?”, begrüßte er mich als er aus dem Auto stieg.
      “Keine Ahnung, ich denke mal in seinem Zimmer?”, antworte ich Alec der ohne eine Antwort abzuwarten in Richtung Haus lief. Ich hatte reichlich Mühe mit dem großen Mann Schritt zuhalten, warum mussten denn auch alle hier so riesig sein.
      “Willst du mir sagen, was du dir eigentlich dabei gedacht hast”, hörte ich Alecs Stimme während ich noch dabei war die Treppe hinaufzuhasten.
      “Was soll ich wobei gedacht haben?”, kam die Antwort von einem offensichtlich verwirten Jace.
      “Na, dabei einfach jemandem die Nase zu brechen, du Idiot”, war ihm Alec direkt an den Kopf.
      “Um ehrlich zu sein, hab ich in dem Moment ziemlich wenig gedacht, aber woher weißt du das überhaupt?”, antwortete Jace nun ein wenig aufgebracht.
      Seine Frage beantworte sich von selbst als ich mich in den Türrahmen stellte. Alec beachtet seine Frage nicht weiter und redete weiter “Und was genau Jace, hast du dir dabei gedacht Lina diese Bilder zuschicken? Haben wir nicht mal darüber geredet?”. Dabei sah er Jace an wie man ein kleines Kind ansieht welches, dem anderen seine Schaufel geklaut hatte.
      “Ja, haben wir”, grummelte Jace zwischen zusammengebissenen Zähen, “Sorry”.
      “Bei mir brauchst du dich nicht entschuldigen, Jace”, gab Alec zurück.
      “Es tut mir leid Lina, also die Bilder. Mein Hirn hatte mal wieder einen Aussetzer”, sage Jace nun zu mir und sah mich an. Bisher hatte ich die Szenerie einfach nur beobachtet.
      “Ist schon ok, Jace das ist gar nicht der Grund warum ich mit dir reden wollte”, antwortete ich ihm.
      “Es geht nämlich um etwas anderes. Und zwar … naja … wie soll ich es sagen, Jace ich finde dich super, als FREUND, aber mehr ist da nicht. Und wie du vielleicht schon gemerkt hast … finde ich Niklas super und damit meine ich nicht auf der optischen Ebene, naja auch aber das meine ich nicht”, versuchte ich den Grund meines Kommens zu erklären.
      “Und es ist jetzt notwendig, dass du mir genau zuhörst Jace. Ich werde mit Niklas nach Schweden gehen und möchte nicht, dass ich im Streit mit dir den Hof verlasse. Ich fühle mich sehr zwar sehr geschmeichelt, dass du, was von mir willst, aber Jace ich empfinde nicht so. Das, was ich dir gesagt habe, nachdem ich aus Schweden zurückgekommen war, hat sich als falsch herausgestellt. Ich empfinde nicht mehr als Freundschaft für dich und damals war ich ein wenig verwirrt, weil Divine … hat mich an so vieles aus der Vergangenheit erinnert. Also Jace bitte ich dich drum meine Entscheidung zu akzeptieren und mich mein Leben leben zu lassen”. Ein wenig Erleichterung macht sich in mir bereit, nachdem ich zu Ende gesprochen hatte. Jace sah mich einfach nur an und ich konnte seinen Gesichtsausdruck absolut nicht einordnen. Auf einmal wirkte der auch so selbstbewusste Jace so klein und verletzlich und schon wandelte sich die Erleichterung etwas anderes. So fühlt es sich also an jemandem das Herz zu brechen. Normalerweise war ich derjenige der das Herz gebrochen wurde, doch heute hatte sich der Spieß umgedreht.
      “Ok”, kam es nun ganz hohl von Jace als Antwort und ich hielt es für besser das Zimmer zu verlassen. Im Flur wartete ich eine ganz Weile bis Alec aus dem Zimmer trat.
      “Meinst du er verkraftet das?”, fragte ich vorsichtig.
      “Ja, alles gut Lina. Jace muss auch einmal lernen, dass nicht alles nach seiner Pfeife tanzt. Früher oder später hätte das eh passieren müssen. Mach’ dir deswegen nicht so viel Gedanken”, versuchte er mich zu beruhigen. Nicht so viele Gedanken machen, er hatte leicht reden. Alec hat bestimmt noch niemandem das Herz gebrochen.
      “Aber jetzt genug von Jace. Da hast du dir aber einen heißen Kerl ausgesucht”, feixte Alec mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht.
      “Ach das ist einfach passiert”, antworte ich zögerlich. Zufällig fiel mein Blick auf die Uhr, die an der Wand hing und mir fiel auf, dass jetzt schon mehr als eine Stunde vergangen ist seit ich Vriska geantwortet hatte. “Alec ich würde gerne mit dir weiter drüber reden, aber ich muss jetzt zu Vriska, die wartet schon auf mich”. Hastig verabschiedete ich mich und rannte die Treppe runter. Ich wollte Vriska auf keinen Fall ein weiteres Mal vergessen.

      Vriska
      Konzentriert las ich die Unterlagen über Trainingsansätze von Isländern, die eine Trabverschiebung im Tölt haben bis mich jemand durch Klopfen an der Tür aus den Gedanken riss. Freundlich öffnete ich dir Tür und bat Lina ein, hereinzukommen. Auf Herd standen die Reste meiner Gemüsepfanne und der Geruch lag noch im Raum. Zum Lüften ließ ich die Tür einen Spalt offen, denn es war ziemlich warm draußen und im Zimmer war es aushaltbar. Eine Möglichkeit wäre, dass ich keinen Hoodie tragen würde und eine kürzere Hose statt meiner innig geliebten Jogginghose.
      “Endlich bist du mal da”, begann ich mit Lina zu sprechen, die sich an den Tisch gesetzt hatte und mich etwas abwesend anblickte.
      “Was hast du denn so groß zu tun?”, fragte ich neugierig und setzte mich dazu. Vorher räumte ich noch meine Unterlagen zusammen, die wieder ein Chaos im Zimmer bildeten.
      “Ich habe gerade jemandem das Herz gebrochen”, antwortete sie ein wenig erschüttert.
      “Was wieso? Und vor allem wen? Ich habe das Gefühl, dass wir uns seit über zwei Tagen nicht mehr unterhalten haben. Aber ich bin stolz auf dich, dass du nicht weiter über dich bestimmen lässt.”, wandte ich ein. Mir war klar, dass es sich nicht um Niklas handeln konnte. Trotzdem machte ich mir Gedanken darüber, wieso sie ausgerechnet jetzt so viel Stress auf sich nimmt.
      “Danke”, nahm sie mein Lob trocken an. “Aber ich bin nicht so Stolz darauf Jace das Herz gebrochen zu haben. Aber irgendwann hätte ich ihm doch sagen müssen, dass ich den Hof verlasse”, erklärte sie und starrte aus dem Fenster.
      “Ich weiß nicht, was du gesagt hast, aber so wie es klingt, hättest du es vielleicht lieber durch die Blume sagen sollen und nicht direkt? Vielleicht wäre das netter gewesen?”, versuchte ich sie aufzumuntern. Jedoch war ich vermutlich dafür nicht die richtige Person. Normalerweise brach ich einem nach dem anderen das Herz. Dabei war das sich-nicht-mehr-melden mein Hauptmittel. Veränderungen konnte ich nie verkraften, so versuchte ich immer alles dafür, dass es blieb wie es ist. Vor allem sollte es so bleiben, dass ich krampfhaft versuchte jemanden zu finden, den ich wieder verlassen kann, um mich selbst zu bemitleiden. Sicherlich nicht mein bester Charakterzug.
      “Vielleicht, pfff. Vielleicht hilft es ja, das ich wenigstens Alec gleich da gelassen hab.”, bekam ich als Antwort.
      “Na gut, ist ja deine Sache.”, beendete ich das Thema, worüber sie offenbar nicht mehr sprechen wollte. Also holte ich mein Handy raus und stellte als Erstes den Bitte-Nicht-Stören-Modus ein. Wer weiß, wer mir was schreibt und uns dabei unterbrechen würde. Keinesfalls wollte ich, dass Lina etwas sieht, was sie nicht sehen sollte. Auch, wenn mir dabei nichts einfiel. Nun gut. Ich legte es auf den Tisch geöffnet mit der Anwendung des Hofes. Die Einrichtung begann mit dem Registrieren ihres Gerätes.
      “So Lina, möchtest du dein Handy nehmen oder hast du ein anderes, was du normaler nutzt? Für den Anfang kann ich nur ein Gerät registrieren, alles Weitere müssen wir vor Ort machen”, erklärte ich ihr als Erstes.
      ‘’Mein Handy passt schon’’, antworte Lina mir.
      “Okay gut, dann gib es mal bitte”, sagte ich zu ihr und hielt meine Hand auf. Sie tippte einen Moment darauf herum, bevor sie es mir reichte, vermutlich hatte sie keine Lust auf weitere Überraschungen. Aus den Einstellungen heraus gab ich die MAC-Adresse ihres Geräts in die Anwendung ein und ihre Handynummer, damit sie die Nachricht bekam. Ich öffnete sie aus dem SMS Menü und scannte nach dem Klicken des Links in der Nachricht den generierten QR-Code ein, der auf meinem Handy erschien.
      “Das ist nur eine Sicherheitsmaßnahme, sollte was mit deinem passieren, dass wir schneller den Zugang sperren können”, erklärte ich ihr, da Lina etwas skeptisch beobachtete, das da gerade passierte. Ohne das sie darauf antworte, fuhr ich fort. Nach dem Scannen konnte sie nun die App herunterladen auf der Seite, die im Browser erschien. Da sie am Hof über das WLAN Netz verfügte, dauerte es nur einige Sekunden. Ich installierte die App und löschte direkt die APK wieder. So nun konnte sie sich selbst ein Profil anlegen.
      “So, entweder du liest dir die AGB durch oder ich erzähle sie dir, wie du willst”, erzählte ich und gab ihr das Handy zurück.
      “Erzähl mal bitte, für Lesen habe ich heute keine Geduld”, antwortete Lina.
      So kurz wie möglich, erklärte ich ihr, was sie darf und was sie nicht darf, dazu welche Daten auf dem Handy gelesen werden und wofür sie verwendet werden. Wirklich Lust auf das Gespräch schien keiner von uns Beiden zu haben, jedoch waren diese Informationen wichtig. Unser Gestüt besaß zwar nicht viele Pferde und auch nicht viel Geld, dennoch hatten wir hochmoderne Technik, die geschützt werden musste. Danach ging es weiter. Sie trug ihre Daten ein wie Name, Geburtsdatum und auch ärztliche Informationen wie bekannte Krankheiten und Blutgruppe. Dabei schaute ich nicht über ihre Schulter. Diese Informationen dienen zur Vereinfachung einer ärztlichen Untersuchung, sollte sie einen Unfall am Hof haben. Da ihr schwedisch auf jeden Fall schlecht sein wird, müssen die Noteinsatzkräfte Bescheid wissen. Damit war ihre Registrierung soweit fertig und ich musste nun auf meinem Handy weiter machen.
      “So, jetzt müssen wir dir ein Haus aussuchen”, sagte ich zu Lina und legte mein Handy wieder in die Mitte.
      “Zur Auswahl steht die beiden 2-Zimmer-Wohnung im Gemeinschaftshaus. Die Wohnung im OG hat ein großes Schlafzimmer, aber ein kleines Badezimmer. Die Wohnung im Erdgeschoss hat ein kleines Schlafzimmer, aber ein größeres Badezimmer. Vom oberen Zimmer hast du den Blick besser auf die Hengstweide und eine große Gemeinschaftsterrasse, auf der Abends schön der Sonnenuntergang zu sehen ist. Unten ist dein Blick zu den anderen Häusern. Die Terrasse wird eh kaum genutzt, weil alle immer an der Reithalle sitzen.”, erklärte ich ihr und zeigte ihr Bilder von beiden Wohnungen.
      “Die obere gefällt mir, ich mag den Ausblick”, antworte Lina mir, nachdem sie eine Weile die Bilder betrachtet hatte. Ich nickte zustimmend und wählte sie aus.
      “Dann Välkommen!”, sagte ich zu ihr und umarmte Lina kräftig. Ihre Freude schien jedoch nicht so groß zu sein, wie ich dachte.

      Lina
      “Danke”, murmelte ich. Meine Freude hielt sich momentan sehr in Grenzen. Ich freute mich zwar irgendwo schon, aber das Gespräch mit Jace vorhin lastete immer noch ein wenig auf mir, zudem musste ich auch immer noch Luchy von meiner baldigen Abreise in Kenntnis setzen. Und auch Divine muss ich hier lassen und wer weiß schon, wann ich ihn wiedersehen werde. Lina hör auf Trübsal zu blasen und genieße die letzten 5 Tage, die du noch hast, sage ich mir in Gedanken.
      “Weißt du was, damit ich endlich in Frieden die letzten Tage hier genießen kann, muss ich, glaub ich, endlich mit Luchy reden und danach sollte ich mich dann mal endlich um mein Pferd kümmern! ”, verkündete ich nun.
      “Na dann los. Ich muss noch weiter lernen, damit ich nicht auch noch meinen Abschluss der Ausbildung verschleudere”, antwortete Vriska etwas mitleidig.
      “Ach das packst du schon”, sagte ich noch, bevor ich aufstand und das Zimmer verließ. Zielsicher marschierte ich zu Luchys Büro, wo ich allerdings Colin antraf.
      “Colin, weißt du wo deine Frau steckt, ich müsste mal mit ihr reden. Ist wichtig”, fragte ich als ich den Kopf durch die Tür steckte.
      “Ja, weiß ich. Luchy ist mit Aleen im Garten”, antwortete mir der Schotte.
      “Ok, danke”, antwortete ich bevor ich das Büro verließ und in den Garten ging.
      “Ah, hallo Lina. Wie läuft es mit Divine?”, begrüßte meine Chefin mich, als sie mich entdeckte.
      “Mit dem läuft es super. Dank der vielen Tipps von unseren Gästen hat er große Fortschritte gemacht”, beantwortete ich ihre Frage.
      “Aber eigentlich bin ich wegen etwas anderem hier”, fügte ich hinzu.
      “Es hat bestimmt mit dem jungen Mann zu tun, der Divine gekauft hat, oder?”,sagte sie lächelnd.
      “Ja”, antwortete ich leicht irritiert und errötete leicht. War es wirklich so offensichtlich, das selbst Luchy mitbekommen hatte.
      “Also Ja auch. Ich habe beschlossen mit nach Schweden zu gehen”, platze es dann auf einmal aus mir raus.
      “Ich bin ja jetzt schon zwei Jahre hier und ich möchte etwas Neues kennenlernen. Allerdings ist das erst mal … sagen wir eine Art Probezeit, deshalb wird Divine erst einmal hier bleiben, Samu wird sich um ihn kümmern. Und wegen der Reitschule brauchst du dir auch keine Sorgen zu machen. Hazel hat das Mounted Games Team bisher so toll geführt und mir so toll bei den Kindern geholfen, sie schafft das”, erklärte ich.
      “Und wann fliegst du?”, fragte sie nun etwas stutzig.
      “In 5 Tagen.”
      “Na gut, das ist ganz schön spontan, aber ich kann dich gut verstehen. Ich war auch mal so wie du”, sagte sie nun lachend. Wow, mit so viel Verständnis hatte ich nicht gerechnet.
      “Also ist de kein Problem?”, frage ich noch einmal sicherheitshalber nach.
      “Ja, ihr jungen Leute müsst die Gelegenheiten nutzen, solang ihr noch Zeit habt. Also geh auf dein Abenteuer”, antworte Luchy.
      “Ok, danke”, verabschiedete ich mich und verließ den Garten immer noch ein wenig baff über die entspannte Antwort. Eilig ging ich zu Divine, der inzwischen nicht mehr schlief, sondern an seinem Heu zupfte.
      “Divine, ich glaube, ich habe oder besser hatte die entspannteste Chefin auf der Welt”, erzählte ich dem Freiberger, denn ich hatte das dringende Bedürfnisse das jemandem zu erzählen. Natürlich interessierte sich Divine nicht dafür was ich ihm erzählte und durchsuchte lieber meine Taschen nach etwas essbaren. Nur fand er nichts, da ich keine Reitsachen trug, da es heute Morgen schon unglaublich warm gewesen war und es tatsächlich schneller gegangen war, trug ich nur eine kurze Jeans und ein Top. Bisher hatte ich noch nicht auf einem Pferd gesessen, weshalb ich mich auch noch nicht umgezogen hatte.
      “Sorry, Ivy”, sagte ich zu dem Hengst. Heute muss der Hengst sich wohl mit einer Streicheleinheit zufriedengeben, zudem hatte er heute Morgen schon seine Möhren bekommen.
      “Weißt du mein süßer, heute wollen wir einfach mal ein wenig Spaß haben”, flüsterte ich dem Hengst zu. Da ich kein Halfter dabei hatte und auch zu faul war eins zu holen, zog ich mich so auf seinen Rücken und ritt ihn zur kleinen Reithalle, die zum Glück leer war. Ich ritt hinein und glitt vom Rücken des Hengstes um das Tor zu schließen. Wie immer lag eine Gerte auf der Bande und so hatte ich alles, was ich für ein wenig Freiarbeit brauchte. Divine liebte Freiarbeit und ganz besonders das nachlaufen.

      Niklas
      Mehr als zwei Stunden hatten Ju und ich damit verbracht gemeinsam für den Trainerschein zu büffeln und uns eine Kür auszudenken. Vermutlich würde ich diese schon mit Humbi reiten, doch dafür müsste ich erst mal wissen, was meine neue Stute überhaupt schon weiß. Mit meiner grauen Reithose und dem gewaschenen weißen Poloshirt machte ich mich auf Weg zu ihr. Am Zaun lag noch der Strick von ihr und ein Halfter trug Humbi, ein nicht wirklich schönes. Das dunkelblaue Halfter war zu dem noch viel zu groß und rutschte bei der Bewegung hin und her. Am Tor beobachtete ich sie für einen Moment und neugierig begrüßte sie mich. Aus meiner Hosentasche zog ich ein Leckerli und gab es ihr. Vorsichtig tastete sie mit ihrer Oberlippe auf meiner Hand herum bis sie es im Maul hatte. Da ich kein Kappzaum dabei hatte, machte ich mich auf die Suche nach jemanden auf dem Hof. Glücklicherweise traf ich Jayden, der gerade eine Rappstute absattelte.
      “Entschuldige, hast du ein Kappzaum für mich. Also für meine Stute, dass ich nutzen kann?”, fragte ich freundlich. Einen Moment überlegte er, eh Jayden in einer Kammer verschwand und mit einem Kappzaum wieder kam.
      “Danke dir”, antwortete ich und lief mit Humbi weiter zum Anbinder. Bevor ich zu Platz ging, putze ich sie rasch über und passte den Zaum an. Tatsächlich passte es ihr ziemlich gut und zusammen machten wir uns auf zum Platz. Wirklich wohlfühlte sie sich nicht mit dem Kappzaum, aber folgte mir entspannt. Auf dem schnaubte Northumbria mehrfach an. Doch auch sie schien mein Shirt unbedingt dreckig machen zu wollen und rieb ihren Kopf an mir ab. „Danke“, murmelte ich leicht genervt und öffnete das Tor.
      Im Schritt ließ ich sie einige Runden locker um mich herum laufen, eh ich an der Hand einige Übungen machte zum Stellen und Biegen. Immer wieder legte die Stute die Ohren an und wollte nicht so gern im Genick nachgeben. Deswegen ersparte ich es ihr die Versammlungen zu testen und legte mehr Wert auf eine korrekte Ausführung der Seitengänge. Auch begann ich mit ihr das “How” zu üben als Signal, dass eine Übung zu Ende war. Zusätzlich bekam Humbi ein Leckerli das sie immer besser von der Hand nahm. Aus der Halle vernahmen wir einige Geräusche und die Stimme ordnete ich Lina zu, die vermutlich gerade mit ihrem Hengst beschäftigt sein wird. Ungewohnter weise verärgerte mich der Gedanke, dass sie nicht bei mir war und sich selbst beschäftigte. Diese Abwehrhaltung übertrug sich auf mein Pferd. Immer wieder legte die Stute ihre Ohren an und schlug mit dem Schweif.
      “Und klappt alles?”, kam Ju an, der mich aus meinem Gedankenkonstrukt zog. Direkt entspannte Humbi sich und schnaubte ab.
      “Mehr oder weniger. Arbeiten vom Boden aus scheint sie nicht zu kennen und ihr Genick lässt sie nicht fallen, egal was ich tue.”, antwortete ich Ju und stand am Zaun. Neugierig zupfte sie an der Hosentasche von meinem besten Freund.
      “Hast du ihr Genick mal ein wenig massiert? Vielleicht hat sie eine Verspannung im Halswirbel”, schlug er dann vor. Daran hatte ich tatsächlich noch gar nicht gedacht und verstellte sie ein Stück weiter vom Zaun entfernt ab. Dann löste ich den Strick, legte ihn am Boden ab und stellte mich links neben der Stute hin. Vorsicht tastete ich nach dem Atlas und bewegte meine Hand in einer kreisenden Bewegung am ersten Halswirbel entlang. Anfangs warf sie den Kopf nach oben, doch entspannte recht schnell. Mit meiner anderen Hand griff ich nach ihrem Kopf, den ich immer weiter zu mir heranzog. Ich merkte, wie sie diesem immer weiter fallen ließ, bis mein Oberarm die Last ihres Kopfes aufnahm. Das Gleiche wiederholte ich auf der anderen Seite und machte den Strick wieder dran. Schon im Schritt war eine Veränderung zu sehen und ich bedankte mich bei meinem Kumpel, der sich auf den Weg zum Essen machte. So warf ich einen Blick auf die Uhr, die mir 20 Uhr sagte. Ziemlich spät fürs Abendessen, aber am Morgen hatte Herr Holm uns keine Zeit gesagt. Ju erklärte mir, dass wieder der Grill angemacht wurde und wir noch am Feuer sitzen können. Es klang danach, als würde ein schöner Abend werden, doch ich arbeitete mit Humbi noch eine Weile die Signalworte.

      Lina
      Am Ende dieser Einheit war ich sehr zufrieden mit Divine. Aufmerksam war er meinen Kommandos gefolgt und hatte sich äußerst Kooperativ gezeigt, nicht dass das ein Wunder war, aber normalerweise bekam er doch deutlich mehr Leckerlies bei der Arbeit.
      Zum Abschluss ließ ich Ivy einen Moment, um sich zu wälzen, den er natürlich auch nutzte.
      “Na gut du kleines Wildschweinchen, dann machen wir mal Schluss für heute”, sagte ich nun wieder gut gelaunt zu dem Hengst der sich gerade schüttelte. Da ich natürlich immer noch kein Halfter dabei hatte, ließ ich ihn einfach hinter mir hertrotten. Erst als Divine aufmerksam stehen blieb, bemerkte ich Niklas der mit Humbi auf dem Platz war. Ich stellte mich neben meinen Hengst und beobachte die beiden. Aufmerksam folgte die dunkle Stute Niklas über den Platz, doch Divines Anwesenheit, schien sie ein wenig zu beunruhigen.
      “Ich glaube es ist besser, wenn wird die beiden nicht weiter stören, Süßer”, sagte ich zu meinem Hengst und zupfte an seiner Mähne, damit er sich wieder in Bewegung setzte, doch mein Pferd schien andere Pläne zu haben, denn er blieb einfach wie eine Statur dort stehen.
      “Ich denke, dein Hengst hat Bedürfnisse”, rief Niklas mir lachend zu.
      “Sieht ganz so aus, ja”, rief ich ein wenig amüsiert über Divine zurück. Ich beobachte, wie er mit seinem Pferd näher am und mir die Longe gab, die bis zu dem Moment am Zaum der Stute befestigt war.
      “Versuchs mal damit”, sagte er belehrend und führte seine Stute wieder weg vom Zaun.
      “Vielen Dank auch für diese Information”, antwortete ich und verdrehte die Augen. Trotzdem schlang ich Divine die Longe um den Hals.
      “Na, komm mein hübscher genug Stuten geschaut”, sagte ich an mein Pferd gewandt und setzte mich in Bewegung. Etwas wieder willig folgte Ivy mir zurück zu seinem Auslauf, wäre es nach ihm gegangen hätte er sich die Stute auch gerne noch näher angesehen.
      “Hab mal lieber Spaß mit deinen Freunden”, sagte ich zu dem Pferd und entließ ihn noch mal aufs Paddock, noch war es hell und ich wollte ihm noch ein, zwei Stunden auf dem Paddock gönnen, bevor es nachts in die Box kam. Sofort gesellte er sich zu El Pancho der gemütlich sein Heu fraß. Ich beobachtete ihn noch einen Moment, während ich die Longe wieder aufwickelte. Da mich Ivy allerdings keines Blickes mehr würdigte, machte ich mich recht schnell auf den Weg in den Stall, um die Longe wegzuräumen.

      Niklas
      Bevor ich mich auf den Rückweg mit Humbi machte, wartete ich mit ihr auf dem Platz, da ich Lina ungern noch mal treffen wollte. Natürlich werden wir uns beim Grillen nachher sehen, doch man sollte es nicht weiter provozieren. Dass ihre Freunde so stark gegen uns arbeiteten und auch Ju nicht wirklich begeistert davon war, brachte mich schon den ganzen Tag zum Grübeln, den so ein schlechter Mensch wie mich alle immer Darstellten war ich doch nicht. Oder? Die letzten Tage rasten wie ein Film durch meinen Kopf und es wurde mir ein wenig klar, was deren Problem war. Doch jemanden nicht mal eine Chance zugeben, war wohl auch nicht die feine englische Art. Mittlerweile verging immer mehr Zeit und ich lief mit Humbi im Schlepptau zur Weide. Dort nahm ich das Kappzaum ab und ließ sie ihres Weges gehen. Kurz guckte sie mir nach aber widmete sich ihrem Heu. Das Zaum brachte ich zurück in Kammer, aus der Jayden es mir vorhin gab. Dann lief ich weiter zu meiner nächsten Station - mal wieder das Shirt wechseln. Meine Stute hatte große Arbeit verrichtet und meine ganze Schulter beschmutzt. Ju sah ich auf dem Weg zum Zimmer schon am Feuer sitzen und auch Lina saß dort mit Samu. Vriska war nicht da. Jace schien ebenfalls nicht in Sichtweite zu sein.
      Im Zimmer zog ich die Reithose aus und wechselte zu einer bequemeren lockeren Shorts und einem Tanktop. Meine Reithose, sowie Shirt und Reitschuhe warf ich lieblos in die Ecke. In meiner Hosentasche vibrierte mein Handy. Auf dem Sperrbildschirm waren sehr viele Mitteilungen: “Können wir nachher lernen? Ich komme mit den Trainingsansätzen nicht klar.” Kurz dachte ich nach, antwortete aber nicht. Stattdessen steckte ich es zurück und lief zum Feuer. In meinem Bauch rief der Magen nach Nahrung und auch mein Kopf war der gleichen Meinung.
      “Das hat aber gedauert”, beschwerte sich Ju, als ich mich dazusetzte.
      “Mh”, knurrte ich und steckte mir die Gabel voll mit Krautsalat in den Mund.
      “Lina, hast du inzwischen mal mit Luchy geredet?”, fragte Samu Lina.
      “Ja, und sie hat erstaunlich gelassen reagiert. Hat irgendwas gemeint von wir jungen Leute müssen unsere Chancen nutzen so lange wir noch können”, berichtet sie Samu.
      Natürlich wurde direkt das Thema angesprochen, natürlich freute ich mich. Doch nach dem Ding heute früh fühlte ich mich sehr ausgegrenzt. Ich sagte nichts dazu und aß weiter den Kartoffelsalat.

      © Mohikanerin, Wolfszeit | 98.947 Zeichen

    • Mohikanerin
      Nationalteam VIII | 28. März 2021
      Maskotka//Elvish Beauty// Nathalie//Walking On Sunshine//Lifesaver// Don Carlo// Elf Dancer// Injaki// Carry On My Wayward Son// Blue Heart
      Satz des Pythagoras // HMJ Holy// Glymur // Northumbria


      Lina
      “Ob sie damit wohl ihr Kind meinte”, scherzte Samu, als ihm ihn erzählte, was Luchy gesagt hatte.
      “Sei nicht so fies”, antworte ich und wollte ihn gerade boxen, als jemand meine Hand festhielt.
      “Na, wollen wir doch schön freundlich bleiben”, hörte ich Alec Stimme belustigt sagen.
      “Alec, was machst du denn noch hier? Ich dachte, du seist schon nach Hause gefahren?”, fragte ich ein wenig erstaunt.
      “Na ich habe gehört hier gibt es heute leckeres Abendessen”, sagte er und setzte sich einfach zwischen mich und Samu. “Außerdem wollte ich deinen Kerl mal von nahem sehen”, flüsterte er mich noch feixend zu, wofür er einen knuff kassierte.
      “Übrigen herzlichen Glückwunsch, dein Post von eben geht jetzt schon durch die Decke, du scheinst inzwischen einen ganz schön großen Divine-Fanclub zu haben”, fügte er noch hinzu, während er sich etwas zu essen nahm. Etwas verwundert sah ich nun auf mein Handy. Tatsächlich Alec hatte recht, der Post, den ich vor ca. 20 Minuten hochgeladen hatte, hatte jetzt schon über 100 Likes.
      “Oh toll, die Fleischfresser übernehmen wieder den Grill”, kam Vriska leicht verärgert an und schien beim Buffet nichts gefunden zu haben. Dann setzte sie sich mit zu uns.
      “Wow, Vriska ich habe jetzt schon 100 Likes auf meinen Post”, sagte ich, ohne ihr Gemecker zu beachten und hielt ihr mein Handy vor die Nase. Darauf zusehen, war der Instagram mit einem kleinen Video was ich vorhin in der Halle aufgenommen hatte.
      “Herzlichen Glückwunsch”, sagte sie vorsichtig und schien etwas auf der Seele zu haben. “Also hast du es noch nicht mitbekommen?”, fügte Vriska hinzu. Währenddessen scrollte sie auf meinem Handy die Gallery weiter.
      “Was soll ich mitbekommen haben?”, fragte ich Vriska nun etwas verwirrt.
      “Das Makeover wurde plötzlich kommentarlos beendet. Hedda hat mich vorhin weinend angerufen, weil sie einen Brief bekommen hat, dass das Programm zu Ende ist und sie das Pferd behalten darf. Folke war dann schockiert und schlecht gelaunt. Sie hatte dann Angst, dass Holy wegmuss. Tyrell hat kein Problem damit, dass Holy bleibt, aber sie muss jetzt irgendwie am Hof eingebunden werden.”, erzählte sie.
      “Das ist ja Schade”, kommentierte ich Vriskas Nachricht.
      “Habt ihr mal überlegt Holy das Kutschefahren beizubringen. Vielleicht könnte man dann Kutschfahrten über den Hof oder so anbieten”, schlug ich dann vor.
      “Tatsächlich hat Folke das bereits geplant. Er macht das Training mit den Trabern und deswegen war Fahren eh ein wichtiger Punkt. Tyrell will ab der nächsten Saison auch Rundfahrten machen, also ich weiß auch nicht. Ich bin leider nicht da, um sie zu unterstützen.”, antwortete Vriska traurig. Man merkte ihr an, dass sie nicht mehr hier sein möchte.
      “So lange bist du doch nicht mehr hier. 5 Tage sind schnell rum als du denkst. Dann kannst du wieder alles volle unterstützen”, starte ich einen Versuch sie aufzuheitern.
      “Ja, das hast du recht. Aber ich habe Angst, dass ich Glymur wieder abgegeben wird. Tyrell kann da ziemlich Gefühlslos werden.”, sprach sie leise.
      “Ich glaube nicht, dass du Glymi wieder abgeben musst, immerhin hast du in 6 Monaten eine neue Chance ins Team zu kommen und ohne Pferd ist schließlich äußert schwierig”, sagte ich zuversichtlich zu Vriska. Leider konnte ich absolut nicht Einschätzen, ob meine Aussage tröstlich war, schließlich kannte ich Tyrell nicht und konnte somit auch seine Reaktion nicht einschätzen.
      “Mal sehen, ob ich überhaupt dann noch mal darf. Das ist nämlich davon abhängig, wie sehr ich am Hof gebraucht werde. Solang ich keine schwedische Staatsbürgerschaft habe, bin ich davon abhängig einen Arbeitsvertrag zu haben, sonst muss ich zurück nach England.”, spricht sie weiter.
      “Sie doch nicht immer alle so negativ, ich glaube kaum, dass du direkt vom Hof geworfen wirst. Aus welchem Grund denn”, versuchte ich zu argumentieren.
      “Das weiß man nicht. Du wirst ihn noch kennenlernen. Nimm es dann nicht persönlich”, erläuterte Vriska, stand auf und ging. Sie sagte nichts mehr und auch Ju guckte ihr etwas traurig nach.
      “Das war nicht besonders hilfreich, Lina”, merkte Samu an.
      “Ach, was du nicht sagst”, maulte ich ihn an. “Was hätte ich den bitte machen sollen? Ihr zustimmen wäre wohl kaum besser gewesen”.
      “Hat jemand ne Ahnung, was mit ihr schon wieder stimmt?”, rief Niklas in die Runde und versuchte lustig zu sein.
      “Ich denke, das geht dich nichts an”, mischte sich nun Ju auch noch ein.
      “Wenn ihr zwei euch jetzt streitet, ist ihr auch nicht geholfen. Lasst sie einfach in Ruhe oder redet selbst mit ihr, aber das ist kein Thema, was in der Öffentlichkeit diskutiert werden sollte”, warf ich genervt ein. Das hier nicht einmal einen Abend alle gut laufen konnte.
      “Na dann stell doch mal den netten Herren zwischen dir und Samu vor”, stichelte Niklas weiter.
      “Keine Sorge Niklas, er ist keine Konkurrenz für dich. Alec ist vom andern Ufer”, antworte ich. Ich wollte weiterreden, doch Alec unterbrach mich.
      “Vielen Dank Lina, aber ich kann selbst sprechen. Wie sie schon sagte, ich bin Alec. Ich leite einen Ableger des Hofes hier in der Nähe.”, stellte er sich freundlich vor.
      “Hallo Alec, schön dich kennenzulernen. Und Lina, vielleicht ist er ja eher Konkurrenz für dich.”, machte Niklas weiter aber setzte direkt fort: “Und was machst du so da?”
      “Blödmann”, knurrte ich leise, während Alec begann zu reden.
      “Na, das was man auf einem Pferdehof so macht. Unser Schwerpunkt liegt auf dem Vorstellen der Vollblüter auf Turnieren. Diese sollen dann hier zu Veredlung der Warmblüter dienen. Aber ich habe z.B. auch den Hof im Makeover 2019 vertreten”, erzählte Alec von seiner Arbeit.
      “Das klingt interessant. Wenn du Lust hast, kannst du sicher auch die Tage noch bei einem Training mit machen. Anders ist ein richtig guter Trainer.”, antwortete Niklas interessiert.
      “Da hat er recht, ich habe schon richtig viel gelernt”, stimmte ich Niklas Aussage zu.
      “Na, wenn das so ist, werde ich mir dein Angebot gerne überlegen”, antworte Alec freundlich.
      “Super, sag dann Bescheid. Ich regle das. Herr Holm hat noch was offen bei mir”, grinste er schelmisch und stand auf.
      “Was offen?”, fragte Samu neugierig.
      “Wo willst du denn auf einmal hin, sind wir dir zu langweilig?”, fügte ich noch zu Samus Frage hinzu.
      “Man kann zwar alles Essen, aber nicht alles Wissen. Und nein, aber ich habe noch Aufgaben zu erledigen, damit ich in wenigen Jahren den Sportrichterschein habe”, rief er uns zu und wedelte wild mit den Armen herum.
      “Liegt es an mir oder sind heute einfach alle übermotiviert zum Lernen?”, fragte ich Ju, der bisher noch nicht geflüchtet war.
      “Übermotiviert nur bedingt, eher das es langsam notwendig ist. In 2 Monaten haben wir alle
      Prüfungen. Niklas und ich haben dann die drei theoretischen Prüfungen vom Trainer C und Vriska macht ja gerade ihren Pferdewirt.”, erklärte er mir.
      “Ah, ok. Dan lass mich raten du verschwindest auch gleich?”. Natürlich war das ein vernünftiger Grund, dennoch wunderte es mich das sie erst jetzt anfingen zu lernen. Gleichzeitig fiel mir bei dem Thema dann auch wieder ein, dass ich so langsam auch mal überlegen müsste, wie es für mich beruflich weitergehen sollte. Seit meinem Abitur hatte ich mir nicht Gedanken darüber gemacht, weil ich damals einfach nur weg von Zuhause wollte und hier mitten im Nirgendwo hatte es niemanden wirklich interessiert, welchen Akademischen weg man bereits bestritten hatte. Hier hatte bisher nur das können gezählt.
      “Nö, ich bleib ihr. Ich habe den halben Tag schon gelernt und es muss auch mal gut sein.”, erwiderte er und nahm sich noch etwas zum Essen.
      “Wenigstens einer hier, der Versteht wie man Pause macht”, kommentierte Alec das ganze.
      “Niklas hat es gar nicht nötig zu lernen, der kann das alles schon auswendig. Trotzdem sitzt er sicher drei bis vier Stunden am Tag bis zur Prüfung, einfach damit er sicher sein kann, es zu schaffen. Als Bester.”, erklärte Ju weiter.
      “Ist ja klar, dass er der beste sein muss”, sagte ich schmunzelnd. Das war mir bereits am ersten Tag aufgefallen, das durchschnitt nichts für Niklas war. In der Schule war ich ähnlich gewesen. Allerdings hatte ich am liebsten allein gelernt, denn Bücher machen wenigstens keine dummen Kommentare so wie Mitschüler.
      „Allerdings ist er trotzdem Anspruchslos, also wenn ich nicht lernen würde, würde er mir keinen Vorwurf machen. Er macht das für sich, um sich selbst was zu beweisen“, sprach er weiter.
      “Das kommt mir nur zu bekannt vor”, sagte Samu und sah mich dabei grinsend an.
      “Was meinst du etwas mich?”, fragte ich unschuldig, natürlich wusste ich genau was er meinte.
      “Ja, genau dich meine ich, du Streber. Ich erinnere mich an Zeiten, da hast du mich sogar nach meinen Lehrbüchern gefragt, um schon mal den Stoff für die nächste Klassenstufe zu lernen”, erzählte er.
      „Da haben sich ja zwei gefunden. Nicht das ich
      jetzt aufpassen muss, dass ihr euch zu Tode lernt. Niklas vergisst schnell den Rest seines Lebens wie Essen oder trinken“, schmunzelt Ju.
      “Keine Sorge, ich habe bereits festgestellt, dass man sich leider nicht von Wissen ernähren kann. Nahrung zählt zu meinen Grundbedürfnissen”, beruhigte ich ihn. Eher würde ich vergessen zu schlafen, als dass ich das Essen vergessen würde.
      „Freut mich zu hören. Ich vermute aber, dass du nicht dein Leben lang den Dreck auf Höfen weg machen willst, oder?“, erkundigt Ju sich.
      “Nein, das ist eher nicht der Plan, wobei ich gerne bei der Arbeit mit Pferden bleiben würde. Aber so genau habe ich, das noch nicht überlegt, was ich machen möchte”, erklärte ich.
      „Wenn du in Schweden bist, kannst du einen Termin an der Schule machen, auf der Vriska ist. Die machen Beratungen und helfen dabei, was man machen könnte. Kostenlos.“, schlug er vor.
      “Das klingt nach einer guten Idee”, stimmte ich ihm zu.
      „Vielleicht sollte ich jetzt doch mal gucken gehen. Ich komme aber wieder, keine Sorge“, sagte Ju zu mir, eh er aufstand und verschwand.
      “Und da waren nur noch drei”, kommentierte ich.
      “Ach komm schon, ist doch auch nett”, sagte Samu.
      “Erzähl mal Lina, wie läuft es eigentlich mit den beiden Ponyfohlen, sind die beiden immer noch so frech?”, frage Alec nun. “Oh ja, und vor ein paar Tagen haben sie dank Baroness ein wenig Chaos auf den Reitplatz angerichtet”, sagte ich und begann davon zu erzählen.

      Juha
      Ich wusste nicht, was mich nun erwarten würde, doch ein übermüdeter Niklas lag schon ziemlich nach. So betrat ich langsam das Zimmer und sah ihn wirklich umringt mit Blättern und dem Pad am Tisch sitzend.
      “Brauchst du noch Bücher?”, scherzte ich. Hektisch nickte Niklas und schien die zwischenmenschliche Ebene verlassen zu haben. Da war wieder der Kerl, den ich aus der Schule kannte.
      “Also keine Bücher?”, fragte er etwas traurig und versuchte mich aus dem Zimmer zu schicken. Freundlich stellte ich ihm eine Flasche Wasser hin und wollte gerade noch das Zimmer verlassen.
      “Warte”, sagte Niklas und ich drehte mich um.
      “Ich werde gleich noch mit Vriska lernen. Sie kommt mit den Trainingsansätzen nicht klar.”, erklärte er mir.
      “Aber reiß dich zusammen”, fügte ich hin zu, eh ich wieder zurück zum Feuer ging.
      Lina, Alec und Sam saßen noch immer da und unterhielten sich über den Ausbruch der Ponys.
      “Wie versprochen. Wieder da! Ich musste dem Kerl nur vor dem Dehydrieren retten.”, scherzte ich und setzte mich wieder.
      “Sehr vorbildlich von dir”, lobte Lina mich.
      “Habt ihr morgen schon was geplant? Herr Holm hat nichts gesagt heute, ich weiß gar nicht wie es morgen weiter geht.”, sagte ich in die Runde.
      “Wir haben nichts Konkretes vor”, antwortete Samu.
      “Was würdet ihr denn von einem schönen langen Ausritt halten?”, schlug Alec vor.
      “Find ich gut, kamst du dann extra noch mal vorbei morgen?”, fragte sie bei Alec nach.
      “Theoretisch kannst du auch hierbleiben, das Gästezimmer ist frei”, merkte Samu an.
      “Mmm, bevor ich da entscheiden muss ich mit den anderen klären, ob sie es auch so packen. So ein Hof schmeißt sich nicht von allein”, erklärte Alec und verschwand, um zu telefonieren.

      Alec
      Bevor ich Magnus anrufen würde, wollte ich noch einmal nach Jace sehen. Vorhin hatte er mich einfach irgendwann rausgeschmissen. Das Ganze ging ihm näher, als ich gedacht hatte. So niedergeschlagen hatte ich ihn noch nie erlebt.
      “Du vergisst aber nicht, dass sich die Welt nach weiterdreht”, sagte ich, während ich sein Zimmer betrat. Jace lag auf seinem Bett und starrte an die Decke.
      “Das überlege ich mir noch, ob die Welt sich noch dreht”, sagte er traurig und starrte weiter an die Decke.
      “Na gut, meinetwegen bleib hier und starre weiter Löcher in die Decke. Ich bin unten, wenn du mich suchst und ich werde wohl besser auch hierbleiben”, teilte ich ihm mit. Da ich keine weitere Reaktion von ihm kam, verließ ich das Zimmer wieder. Jace war einfach nicht zu helfen, wenn er nicht wollte, diese Erfahrungen hatte ich bereits gemacht. Besser sollte ich hierbleiben, nicht das Jace noch irgendetwas Dummes tut, dazu tendiert er leider in jeder emotionalen Verfassung. Also rief ich Magnus an.
      “Hey Babe, meinst du ihr kommt morgen allein zu Recht, Jace braucht mich”, erklärte ich ihm.
      “Klar, wir packen das schon. Mach dir keine Sorgen um uns Alexander”, antwortete er.
      “Super, ich denke auch ich bin morgen Abend wieder da”, damit beendete ich das Gespräch und Gesellte mich wieder zu den anderen.
      “Das war aber ein langes Telefongespräch”, bemerkte Lina.
      “Nein eigentlich nicht, aber ich habe noch mal geschaut ob Jace noch atmet”, antwortete ich ihr.
      “Und was ergab sich? Atmet er noch?”, fragte Ju nach.
      “Jap., atmet eindeutig noch”, bestätigte ich.

      Niklas
      “Also was für Trainingsansätze sind denn das Problem”, fragte ich Vriska, die verzweifelt am Tisch saß.
      “Trab Tölt”, antwortete sie kurz gebunden. Genervt rollte ich mit den Augen und zog ihr die Dokumente unter der Nase weg. “Ey”, regt sie sich auf.
      “Ich habe keine Ahnung von eurem Viertakt, also lass mich doch kurz mal lesen. Sonst erzähle ich dir gleich was zum Training in der Passage oder Zick-Zack-Traversalen.”, schlug ich ihr vor. Einsichtig schob sie mir alles zu und ich las mich in die Materie ein.
      “Also was ich erst mal lese, kommt der Trab Tölt durch eine schwache Hinterhand. Sprich alles was getan werden sollte, muss mit der Förderung der Kraft in der Hinterhand zu tun haben. Aus der Logik eines jeden Pferdes braucht es eine gleichmäßige Anlehnung und gedehnten starken Rücken. Dabei helfen normale Dressurübungen.”, erzählte ich ihr. Sie nahm mir wieder alles ab und las erneut.
      Wie oft ich ihr das noch erklären sollte, konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. „Können wir jetzt weiter machen, oder willst du noch Stunden über den Dokumenten hängen und hoffen, dass plötzlich alles in deinem Hirn ist?“, meckerte ich Vriska an, die sich seit Minuten nur mit dieser einer gleichen Seite beschäftigte. Sie sagte nichts. Genervt zog ich mein Handy aus der Tasche und scrollte durch eine WhatsApp Gruppe vom Verein. Überraschenderweise waren noch mehr Leute wach, als ich dachte. Vor einigen Minuten präsentierte Chris wieder mal Bilder einer Dame, die auf ihm Stockholm wartete. Je mehr ich die Bilder betrachtete, musste ich mir eingestehen, dass mein Verlangen zurzeit Teile meiner kognitiven Fähigkeiten ersetzte. Lina wollte sich noch Zeit lassen und gucken, wie es sich weiter mit uns entwickelt. Doch ich bin ein Mann und habe Bedürfnisse.
      „So ein letztes Mal, dann kannst du gehen“, sagte Vriska und legte das Pad in die Mitte des Tisches. Statt die Bilder durch zu swipen, die wir die ganze Zeit besprachen, wählte ich welche mit einer Paßverschiebung aus. In ihrem Gesicht machte sich Verzweiflung breit, hinterfrage dies jedoch nicht weiter. Stattdessen konnte sie mir genau erklären, welche Ursachen die Verschiebung hat, dass man auf keinen Fall Hufglocken oder ähnliche Gewichte anlegen sollte, da das Problem von einem steifen Rücken kommt. Die Folge davon wird eine Unbeweglichkeit sein, die dafür sorgt, dass es zu stark auf die Vorderhand kippt.
      „Vielleicht bist du doch gar nicht so dämlich, wie ich dachte“, provozierte ich etwas und spürte die Zeichen, die wir einander zu warfen. Sie hatte die letzten Tage viel gelernt und die Zeit zusammen schien noch ganz andere Dinge zu erwecken. Eh ich etwas dagegen tun konnte, setzte sie sich auf meinen Schoß und küsste sanft meinen Hals. Kurz dachte ich darüber nach, was nun passieren würde, doch lehnte diese Gelegenheit nicht. Entspannt stützte ich meinen Rücken hinten an der Lehne des Stuhls ab und legte meine Hände an ihren Po, der jedoch durch ihre zu große Jogginghose verdeckt wurde. Ungebremst steckte ich einer meiner Hände in ihre Hose. Sie trug nur wenig Stoff darunter, was mein Blut immer mehr in Wallung brachte. Für ihre Unwissenheit wusste Vriska jedoch ziemlich gut, was sie da tat. Provokant griff ich immer stärker in ihre Backen, worauf sie ungezügelter reagierte. Draußen war es bereits dunkel und ich konnte nicht riskieren mit ihr so gesehen zu werden. So schaltete ich das Licht aus und trug sie zum Bett. Eine kleine Nachttischlampe schaltete sie ein und ich schloss die Tür hinter mir. Durch das einzige Fenster im Raum war es nicht möglich hereinzuschauen, auch die Milchfolie verhinderte dies. Eh ich selbstständig mein Shirt über den Kopf ziehen konnte, übernahm sie das Ganze. Doch ich konnte es nicht zulassen, dass Vriska die treibende Kraft sein würde. So drückte ich bestimmend weiter nach hinten ins Bett, legte eine Hand an ihrem Hals worauf hin sie genießend die Augen schloss. Meine andere steckte ich in ihre Hose, was ihr zu gefallen schien. An ihrer Bauchmuskulatur spürte ich ein Zucken und nahm Hände wieder weg. Bevor ich mich meiner Hose entledigte, zog ich ihr ihre aus. Leicht verängstigt zog sie ihre Beine nach oben und dann sah ich, was sie versuchte zu verstecken. Gezeichnet von einem Krieg gegen sich selbst, schämte Vriska sich für ihre Narben. Unkommentiert zog ich Beine wieder zu mir und küsste die Innenseite. Langsam arbeitete ich mich über ihren Bauch nach oben zu ihrem Hals. Für einen Moment schauten wir uns tief in die Augen. Ohne weiter darüber nachzudenken, küsste ich sie auf den Mund und zog mich nah an sie heran.
      “Denkst du, das ist richtig?”, wendete ich ein und flüsterte ihr ins Ohr.
      “Ich will gerade nichts anderes”, antwortete Vriska und küsste meinen Hals wieder. Doch ich stütze mich mit meinen Armen etwas weiter von ihr entfernt ab, um sie besser angucken zu können. Vorsichtig drückt sie sich etwas nach aufrechter nach oben.
      “Ich möchte nur sicher gehen … w-weil das mit Ju wirkte, so ernst”, erklärte ich dann.
      „Willst du nicht? Dann kannst du auch gehen. E-Es tut mir leid“, antworte sie beschämt und wollte sich die Decke hochziehen, auf der wir lagen. Ich sagte nichts, zog ihr Shirt aus und drückte sie ins Kissen. Da es ihr erstes Mal war, ging ich so behutsam vor, wie es mir nur möglich war. Immer wieder bettelte sie nach mehr und konnte nicht genug von mir kriegen.
      Um nicht noch mehr Aufmerksamkeit zu erregen, stellte ich mich unter die Dusche. Das Wasser prasselte an mir herunter. Ich konnte förmlich spüren, wie meine Anspannung von mir floss. Als ich die Tür öffnete, rief Vriska noch aus dem Schlafzimmer: „Sehen wir uns nachher wieder zum Lernen oder Lernen?“ Dabei betonte sie das zweite Lernen deutlicher und es war eindeutig was sie meinte. Natürlich überlegte ich, dass Ganze zu wiederholen, doch fürs Erste war meine Lust gestillt. So antwortete ich mit einem normalen lernen und verließ den Raum. Am Feuer saßen noch immer die anderen, so entschied ich mir noch ein Bier zu nehmen, eh ich mich zu Ju setzte.

      Lina
      “Na, genug wissen angehäuft”, begrüßte ich Niklas der gerade wieder zu uns gekommen war.
      “Natürlich, in der Theorie kann ich nun perfekt Tölt reiten und sogar Fehler korrigieren. Vielleicht sollte ich das mit Smoothie morgen mal machen, schließlich ist Vriska sie vor ein paar Tagen bereits einige Schritte getöltet. Nur, weil sie keine hohen Lektionen mehr laufen sollte, kann sie ruhig noch neues Lernen”, erzählte er triumphierend und nahm einen kräftigen Schluck aus seiner Flasche.
      “Ich bin mir ziemlich sicher, sie kann auch so noch, dass ein oder andere lernen, schließlich ist sie ja nicht doof”, sagte ich lächelnd. Ich bin mir ziemlich sicher das Smooth zwar top erzogen ist, aber das ist sicherlich noch Potenzial für den ein oder anderen kleinen Trick. Ich schätzte Niklas nicht gerade als den Typ ein, der seinem Pferd kleine Spielereien beibrachte.
      “Nein, bis auf weitere Gänge kann sie alles. Sonst wären wir nie so weit gekommen”, prallte er ein wenig.
      “Ich meine auch weniger Sache, die sie unter dem Sattel lernen kann. Ich meine eher kleine Tricks, nicht nötig, aber gut fürs Köpfchen”, erklärte ich Niklas.
      “Was denkst du denn bitte? Das meine Pferde reine Sportgeräte sind? Smooth kann alles, wirklich alles. Ich würde es dir jetzt präsentieren, aber es ist schon ziemlich dunkel und vor allem auch spät”, antwortete Niklas und zog aus seiner Hosentasche die Packung Zigaretten, die er am Flughafen gekauft hatte. Er bot welche in der Gruppe an, aber lehnten höflich ab.
      “Nein, natürlich sind deine Pferde keine Sportgeräte, aber mir wird hier immer vorgehalten, dass das Mädchenkram sei”, sagte ich.
      Prüfend warf er einen Blick in seine Hose. “Nog … Nej. Ich denke, dass das auch Männerkram sein wird. Oder Ausnahmen bestätigen die Regel. Smooth kann sogar eine Kapriole als den höchstmöglichen und vollkommenen aller Sprünge. Mein Opa war immer der Meinung, dass das Pferd erst am Boden vollständig versammelt werden muss, eh Übungen im Sattel abgerufen werden können.”, klärte er uns alle auf.
      “Beeindruckend. Ich denke auch, dass die Bodenarbeit heutzutage sehr unterschätzt wird.”, stimmte ich zu.
      “Ich denke, wir sollten alle langsam ins Bett. Es ist gleich 2 Uhr”, merkte Ju an, während alle anderen bereits die Augen zu fielen.
      “Oh, schon so spät. Ja, dann sollten wir wirklich langsam ins Bett gehen”. Tatsächlich fiel mir erst jetzt auf wie müde ich eigentlich schon war. Müde stand ich von meinem Stuhl auf und streckte mich ausgiebig. Meine Knie waren steif vom Langen herumsitzen. Alec und Samu waren bereits vorgelaufen.
      “Gute Nacht”, murmelte ich mehr als, dass ich es aussprach und setzte mich auch in Bewegung. Mühsam folgte ich den beiden, denn meine Beine trugen mich nur noch mit Mühe ins Haus. In meinem Zimmer angekommen, tauschte ich noch schnell meine Klamotten gegen mein übergroßes Schlafshirt und ließ mich ins Bett fallen.

      Vriska
      Der Trubel draußen verstummte. Einerseits hätte ich mich noch dazugesetzt, andererseits wäre ich sicher nicht in der Lage gewesen mich normal zu verhalten. Vor allem, weil mein ganzer Körper schmerzte, auch am nächsten Morgen. Im Bett waren noch Spuren von gestern zu erkennen. Das dunkle Handtuch von mir konnte das nötigste aufhalten, doch einige Blutflecken übersäten die Bettdecke und das Bettlaken ebenfalls. Im Schrank fand ich keine neuen Bezüge. Nach einer Dusche waren die Schmerzen besser, aber ich war noch weit weg von einem normalen Gang. Im Saal, in dem wir die letzten Tage frühstückten, sah ich niemanden. Einige Stimmen vernahm ich von draußen. Heute saßen wir wohl wieder auf den Bänken auf der Wiese. Die Pfützen waren getrocknet und durch die Sonne strahlte eine angenehme Wärme aus. Der Tau auf den Gräsern ließ das Licht glitzern und genauso fühlte ich mich. Eine Energie floss durch meinen Körper, die nur schwer beschreiben konnte. Irgendwie war ich glücklich. Ju saß allein mit Samu am Tisch also schrieb ich Lina eine Nachricht, bevor ich mich dazu gesellte. “Guten Mooooorgen. Ich habe ein Problem, ein Mädchen Problem. Kannst du mir später einen neuen Bettdeckenbezug und ein neues Bettlaken geben? Bis gleich.”, tippte ich auf den Bildschirm meines Handys ein und drückte auf Senden. Mein verändertes Gangbild wurde natürlich direkt gemerkt.
      “Na, was den mit dir passiert?”, scherzte Ju. Wusste er es? Konnte Niklas seine Schnauze nicht halten? Aber würde er dann nicht anders reagieren?
      “Ich hatte in der Nacht einen Krampf und seitdem tut es immer noch weh”, erklärte ich nach einem Moment und setzte mich dazu.

      Niklas
      Bedenklich betrachtete ich die Spuren an meinem Rücken, die Vriska hinterlassen hatte. Am Feuer war es gestern Abend zu dunkel, um das jemand etwas mitbekommen haben könnte, doch jetzt bei Tageslicht waren die Kratzer wirklich stark zu sehen. Aus meiner Tasche holte ich das Teamshirt, dass in der ganzen Zeit nur einmal trug. Ju war schon vorgegangen zum Frühstück, sodass ich mich in Ruhe fertig machen konnte, ohne mich erklären zu müssen. Die Unordnung hatte sich wieder breitgemacht und begann in der kurzen Zeit etwas mehr Ordnung hereinzubringen. Den Tisch konnte man wieder als diesen erkennen, dass ich beruhigt zum Frühstück gehen konnte. Ju und Vriska saßen bereits da und unterhielten sich. Samu wirkte etwas abwesend und aß sein Essen.

      Lina
      Mit einem laute surren weckte mich mein Handy, welches noch zusammen mit meinen Klamotten von gestern auf dem Boden lag. Ein Blick auf meine Wecker verriet mir, dass ich wieder einmal verschlafen hatte. Die halbe Nacht wach zu bleiben war definitiv keine gute Angewohnheit, die sich hier einschlich, seit die Besucher auf dem Hof sind. Ich war zwar noch Ultra müde, aber wenn ich den Tag nicht schon wieder ohne Frühstück starten wollte, musste ich wohl jetzt aufstehen. Also rollte ich mich aus dem Bett und sammelt als Erstes mein Handy vom Boden auf. Ein Blick auf den Bildschirm verriet mir das Vriska mir geschrieben hatte.
      "Morgen. Regeln wir nach dem Frühstück" antwortete ich ihr knapp. Ein Blick in den Spiegel verriet mir, dass ich genauso aussah, wie ich mich fühlte. Da ich mir gestern nicht die Mühe gemacht hatte, mich abzuschminken, bevor ich ins Bett fiel, sah ich aus wie ein Panda auf Drogen. Um erstmal wach zu werden und wieder auszusehen wie ein Mensch, beschloss ich erst einmal unter die Dusche zu schlüpfen. Die Klamotten von gestern sammelte ich vom Boden und warf sie auf dem Weg in den Wäschekorb.
      20 Minuten später fühlte ich mich wieder wie ein Mensch und sah zum Glück auch wieder so aus. Da ich bereit genug Zeit vertrödelt hatte und es draußen eh warm genug war, übersprang ich einfach die Haare föhnen. Ich keine Ahnung was heute an Programm anstand, beschloss ich lieber gleich Reitklamotten anzuziehen. So griff ich zu einer schwarzen Reitleggins und einem Shirt.
      Als ich aus der Haustür trat, stellte ich fest das heute erstaunlich schönes Wetter war. Die Sonne schien an einem nahezu strahlend blauen Himmel. Scheinbar hatte nicht nur ich das schöne Wetter bemerkt, denn anhand der Stimmen stellte ich fest, dass heute scheinbar wieder draußen gefrühstückt wird.
      Wie ich es bereits erwartet hatte, war ich die letzte die auftauchte, nein nicht ganz Jace war auch nicht da und Alec sah so, als würde er gerade ein Frühstück für seine Kumpel fertig machen, um es ihm zu bringen.
      „Morgen“ begrüßte ich alle die schon am Tisch saßen.
      “Guten Morgen, ich würde fragen, ob du gut geschlafen hast, aber deine Körperhaltung sagt alles aus”, entgegnete Ju und biss vom Brötchen ab. Ich hätte jetzt gerne einen blöden Kommentar gemacht, doch im Gegensatz zu mir, sah er ziemlich wach aus.
      Also beließ ich es dabei und holte mir lieber erst einmal etwas zu essen. Meine Wahl fiel auf ein Brötchen mit Frischkäse und einen Obstsalat. Mit meinem Essen begab ich mich zurück zu den anderen und setzte mich hinzu.
      “Hat einer von euch schon die Trainer gesehen?”, fragte Ju dann.
      “Nein, aber ist schon komisch. Vielleicht sollte ich mal gucken gehen”, wand Niklas ein und stand auf.
      “Was denkt ihr, ist los? Wer am nächsten dran ist, hat einen Wunsch frei”, scherzte Vriska.
      “Wer weiß, vielleicht hatten die auch eine lange Nacht”, scherzte ich und erntete dafür gleich einen tadelten Blick von Samu.
      “Was denn sind auch nur Menschen”, sagte ich trotzig zu Samu.
      “Wir werden es sicher gleich erfahren”, kam es von Ju wenig später und zeigte auf Niklas, der auf dem Weg zu uns war.
      “Den beiden geht es nicht so gut, vermutlich ein Sonnenstich. Wir sollen heute an unserer Kür arbeiten. Bei Fragen sollen wir anrufen.”, erklärte er und setzte sich wieder. Auf seinem Handy tippte Niklas etwas und steckte es wieder weg.
      “Kling als würde das heute ein entspannter Tag werden”, stellte ich fest und begann meinen Obstsalat zu essen.
      “Deiner vielleicht Prinzessin. Ich muss zwei Pferde arbeiten, die beide nicht für eine gute Kür bereit sind.”, stichelte Niklas.
      “Du glaubst aber auch, dass ich hier zum Spaß bin, oder? Ich habe auch zu arbeiten. Nathalie und Masko werden sich wohl nicht von selbst bewegen”, protestierte ich. Gerade Masko wird eine Herausforderung werden, die Stute ist nicht besonders gut gelaunt, wenn man sie ein paar Tage nicht vernünftig arbeitet.
      “Dann wünsche ich dir viel Erfolg dabei”, grinste er mich an und verließ den Tisch. Ju folgte ihm.
      “Und du willst immer noch nach Schweden?”, flüsterte mir Samu unschuldig zu.
      “Ja”, motzte ich ihn an.
      “Vielleicht sollte ich einfach zu meinen Pferden gehen, die sind wenigstens still”, fügte ich noch hinzu und begann mein Brötchen zu essen, denn ohne Frühstück wollte ich dann doch nicht reiten.

      Niklas
      Mit dem Halfter bewaffnet, lief ich nach draußen, um meine Stute zu holen, die fröhlich auf der Weide graste. Als ich Smoothie rief, spitze sie die Ohren und kam freundlich zu mir. “Na meine Hübsche”; begrüßte ich sie, legte das Halfter um ihren Kopf und erzählte ihr leise von der vergangenen Nacht. Ich hoffte darauf, dass sie mir eine Antwort geben würde, wie es nun weiter gehen könnte. Doch sie sagte nichts. Natürlich. Was habe ich auch erwartet? Am Tisch fiel es mir schwer den Augenkontakt zu Vriska zu suchen, denn sie wirkte so glücklich. In mir machten sich jedoch einige Schuldgefühle breit. Sowas kannte ich vorher nicht. Das Bedürfnis mich bei Ju zu entschuldigen, kam auch immer wieder auf oder mit jemanden zu sprechen. Doch jeden denn davon erzählen würde, würde es schlecht machen. Aber es war gar nicht schlecht, ganz im Gegenteil. Am Hof sah ich sie dann, wie sie ihren Hengst fertig machte. Da aber Smoothie genauso viel Lust hatte wie ich in der Nacht, würde das nicht gut enden. Wortlos lief ich an den Beiden vorbei und band meine Stute vor dem Stall an. Ich holte den Putzkasten und reinigte ihr Fell ausgiebig. Dabei stellte ich fest, dass ihre Hüfte leicht nach rechts kippte, obwohl sie geschlossen stand.
      “Wieder zu viel getoppt auf der Weide?”, fragte ich sie.
      “Nö, heute nicht”, hörte ich Vriska aus dem Stall antworten.
      “Fan, jag menade min hästen (Man, ich meinte mein Pferd.)”, antwortete ich etwas genervt und wand mich wieder meiner Stute zu. Doch provokant stellte sie sich an das Tor des Stalls, das einige Meter links von mir war.
      “Något annat? (Noch was?)”, drehte ich mich zu ihr und zog die Brauen hoch.
      “Nein.”, antwortete sie und verschwand wieder. Smoothie schien genauso viele Fragezeichen im Kopf zu haben. Bevor ich mit ihr arbeiten werden, musste die Kruppe wieder gerichtet werden. Vorsichtig stellte ich mich hinter das Pferd, legte die Zeigefinger neben den ersten Kreuzbeinwirbel und drückte in die Haut. Langsam zog ich sie entlang der Wirbel bis zur Schweifrübe. Ich merkte wie ihre Muskulatur darauf reagierte. Einige Male wiederholte ich diese Übung. Dann streckte ich das rechte Hinterbein noch vorn und hinten. Smoothie arbeitete auch jetzt super mit. Noch einmal kontrollierte ich die Verschiebung und stellte eine deutliche Verbesserung fest. Damit konnte ich sie beruhigt satteln. Wie immer setzte ich keinen Helm auf, sondern stieg direkt am Anbinder auf. Heute hatte ich zur Abwechslung die Springkandare rumgemacht und ritt auf den Reitplatz. Das Tor war geschlossen, sodass ich vom Pferd aus, mich zu diesem lehnte, Smoothie über den Schenkel herantreten, ließ und ohne es loszulassen, durchritt. Aufmerksam wartete meine Stute jede Hilfe ab und tritt, ohne das Tor zu berühren hindurch. “Jättebra (super gemacht)”, lobte ich sie und strich über ihren Hals. Am langen Zügel ritt ich sie einige Runden im Schritt, damit sich vor allem ihr Sprunggelenk aufwärmen konnte.

      Lina
      Nach dem Frühstück hatte auch ich mich auf den Weg zum Stall gemacht. Ich hatte beschlossen mich, als Erstes mit Maskotka zu beschäftigen. Die Fuchsstute war die letzten Tage ein wenig kurz gekommen. Mit Halfter bewaffnet ging ich zur Koppel, wo die Stute bereits am Zaun stand. Unfreundlich sah sie mir entgegen. “Na, du scheinst ja gut drauf zu sein heute”, begrüßte ich sie. Unbeeindruckt von ihr gehabte streifte ich ihr das Halfter über und wollte mit ihr zum Putzplatz gehen. Die Pläne der Stute schienen allerdings anders zu sein, denn sie begann sich aufzuspielen, aufgeregt, um mich herumzuspringen, so war sie nun mal, die kleine Diva. Einen Tag keine Bewegung und das sonst so freundliche Verlasspferd wurde ein wenig verrückt. Wenn ich heut nicht im Sand landen wollte, war es wohl die klügste Entscheidung sie heute nicht zu reiten. Unser Weg zum Putzplatz dauerte heute ein wenig, da Madam ständig der Meinung war an mir vorbeirennen zu müssen und ich sie dann korrigieren musste. Da ich die Stute heute eh nur Longieren wollte, beschränkte ich das Putzen lediglich auf ihren Kopf, was schon genug Herausforderung war. Die große Stute hielt es für eine hervorragende Idee ihren Kopf einfach so hochzunehmen, dass ich nicht mehr drankam, was bei einem Zwerg wie mir nicht sonderlich schwierig war. Als ich dann endlich den Kappzaum auf der Giraffe hatte, wollte ich mich eigentlich in die Longierhalle bewegen, du musst allerdings feststellen, dass Matt sich bereits mit Elvish Beauty darin befand. Da in der kleinen Halle sicher auch irgendwer war und wir in der großen nicht Longieren dürfen, bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als mit Masko auf den Reitplatz zu gehen. Mit der Stute im Schlepptau machte ich mich also auf den Weg dorthin. Kaum hatte Masko Niklas entdeckt, der gerade Smoothie aufwärmte, begann sie wieder sich aufzuregen.
      Die Stute tat so als hätte sie noch nie ein anderes Pferd gesehen, begann zu schnaufen wie eine Lok und bewegte sich keinen Zentimeter Vorwärts, dafür aber etliche Schritte zur Seite und nach hinten.
      “Na gut, wenn du nicht vorwärts willst, dann halt Rückwerts”, sagte ich zu der Stute und begann sie Rückwärts zuschicken, bevor ich es erneut mit Vorwärts versuchte. Nach 4 Versuchen fand die Fuchsstute das ganze immerhin blöd genug, um mir dann doch auf den Platz zu folgen. Doch kaum hatte ich die Mitte des unteren Zirkels erreicht, schoss die Stute los und riss mir dabei die Longe aus der Hand.
      “Wie wäre es denn, wenn du sie erst mal einfach laufen lässt, statt sie in irgendeine Position zu zwingen?”, schlug Niklas vor und brachte mir die Stute an der Longe wieder. Entspannt lief sie neben Smoothie her. Es war doch einfach unfair, dass ihm jedes Pferd einfach so folgte.
      “Würde ich ja gerne, aber die Halle ist belegt”, murrte ich und nahm mein Pferd wieder entgegen. Masko stand auf einmal wieder da, als wäre nie was gewesen, ob das jetzt an dem kurzen Sprint über den Reitplatz lag oder an etwas anderem war mir allerdings nicht so ganz klar.
      “Hier ist doch sonst keiner, lass sie machen. Ich weiche dann einfach aus”, sagte er und trabte Smoothie am langen Zügel an.
      Einfach machen lassen, dass ließ sich die Stute natürlich nicht zweimal sagen. Kaum war sie frei, rannte sie bockend über den Platz. Es dauerte bestimmt 5 Minuten, bevor sie vom Galopp in einen flotten Trab fiel und begann, abzuschnauben. Allmählich schien sie sich auch daran zu erinnern, dass es da ja noch jemanden gab, denn sie wurde immer langsamer und begann sich mir wieder anzunähern.
      “So, hübsche genug getobt?”, fragte ich die Stute, als sie nun vor mir stehen blieb. Ein Schnauben war die einzige Antwort, die ich erhielt. Dennoch schien die Stute nun um einiges Kooperativer zu sein, denn diesmal hielt sie mir sogar ihre Nase entgegen, als ich die Longe wieder einhakte, sodass ich tatsächlich noch ein wenig mit ihr arbeiten konnte.

      Vriska
      Tatsächlich hätte ich von ihm wirklich mehr erwartet, vermutlich liegt es aber auch in meiner Natur mehr in etwas hineinzuinterpretieren. So schnappte ich mir meinen Hengst und suchte nach einem Ort zum Üben. Auf dem ganzen Hof waren Leute mit ihren Pferden beschäftigt. Lina war zusammen mit Niklas auf dem Reitplatz, was ich mir ersparen wollte. In der Halle hörte ich Linh, Milena und Max sprechen und in der kleinen Reithalle waren auch Leute. So guckte ich mich verzweifelt um und entschied mich für ein Training im Wald. Im Schritt ritt ich weiter und betrachtete noch mal den Himmel, eh ich mich darauf konzentrierte, meinen Hengst ordentlich vorwärtszureiten. In meiner Schulter kam wieder der Schmerz vom Unfall durch, sitzen auf dem Sattel schmerzte ebenfalls im Becken und meine Rippen taten auch weh. Ich fühlte mich in dem Moment überhaupt nicht wohl auf meinem Pferd, was auch Glymur spürte. Unruhig schlug er mit dem Kopf und tänzelte vorwärts. Seine Schritte waren verkürzt, wodurch er immer härter im Rücken wurde und auf der Vorderhand das Gewicht lagerte. Ich hatte Probleme damit ihn richtig zu reiten, so gab ich ihm die Zügel und ließ ihn einfach machen, ohne weiter darüber nachzudenken. Entspannt schnaubte Glymur ab und streckte seinen Kopf Richtung Boden. “Weißt du, vielleicht sollte ich es wie Milena machen. Mir jemanden vom anderen Ufer suchen, dann kann ich es nicht mehr darauf schieben, dass alle Männer Idioten sind”, schimpfte ich mit mir selbst. Glymur tippelte weiter fröhlich vor sich hin. Eh ich weiter sprach, schaute ich mich paranoid um. Ich hatte das Gefühl, dass wir beide nicht allein waren. Doch mein Pferd schien nichts zu sehen. Einem Fluchttier sollte man in solchen Fällen vertrauen, denn ich bin hier die Verrückte. Erleichtert tätschelte ich seinen Hals und sprach weiter: “Normalerweise würde ich meine Freude in die ganze Welt herausschreien, doch Milena kann ich es nicht erzählen, die rastet aus und wenn Anna das dann noch mitbekommt, bin ich Hack. So, Lina kann ich es auch nicht erzählen, da sich gerade was entwickelt und ich mich da nicht einmischen möchte. Schließlich hatte ich das in die Wege geleitet. Vielleicht sollte ich Jenni anrufen.” Ich merkte, dass sich meine Anspannung etwas legte und auch Glymur aktiver mit der Hinterhand wurde. Am langen Zügel trabte ich ihn an aber hatte Probleme damit im Sattel zu sitzen. So parierte ich ihn wieder durch und bereitete den Hengst auf das Tölten vor. Deutlich bequemer saß ich im Sattel und meine Schmerzen wurden erträglicher. Im Kopf schwirrte weiterhin die vergangene Nacht und die Gefühle, die sie mit sich brachte. Natürlich hatte ich mir mein erstes Mal anders vorgestellt, weniger spontan, mehr romantisch. Doch es war die richtige Entscheidung, redete ich mir ein.
      Als ich am Horizont wieder den Hof sah, überkam es mich. Diese Traurigkeit, die mich seit Tagen begleitete und gestern von einem auf den anderen Moment verließ. Es war ein schwarzes Loch in mir, dass mich verschlag und immer weiter machte. Ich fing an zu weinen. Während ich mit meinen Händen versuchte, die Tränen aus meinem Gesicht zu wischen, sah ich meinen Eyeliner an meinen Fingern, der sicher nun überall kleben wird. Eh ich die letzten Meter zum Stall auf mich nahm, atmete ich tief durch und stieg ab. Mit gesenktem Haupte lief ich vorwärts, stolperte über eine Wurzel und versuchte mich am Zügel zu halten, was Glymur für eine schlechte Idee hielt. Hektisch zog er seinen Kopf nach oben. Mit dem Rücken zum Boden lag ich da und schaute in den Himmel. Einige wenige Wolken zogen an mir vorbei und mein Hengst stupste mich freundlich im Gesicht an. Ich lachte und stand auf. Jetzt hätte ich wenigstens eine gute Ausrede für mein Make-up Unfall.

      Lina
      Nachdem Maskotka dann doch noch recht kooperativ mitgearbeitet hatte, beendete ich das Training. “Gut gemacht” lobte ich die Stute und steckte ihr ein Leckerli in die Schnauze, bevor ich mich auf dem Weg zum Tor begab. Verschwitzt und zufrieden folgte mir die Stute brav vom Platz und kaute auf ihrem Leckerli rum.
      “Was hältst du von einer Dusche Masko”, sagte ich zu der Stute und steuerte zielstrebig die Waschbox an, wo ich sie kurz alleinstehen ließ, um ihr Halfter zu holen. Entspannt stand sie dort und wartete, als ich zurückkam.
      Im Gegensatz zu vorhin streckte sie mir diesmal den Kopf entgegen, sodass es deutlich einfacher war ihr den Kappzaum ausziehen. Nur beim Abspritzen, hampelte sie so rum, dass ich anschließen nasser war als die Stute selbst.
      “Danke, aber eigentlich habe ich heute schon geduscht, Masko”, bedankte ich mich bei der Stute, die sich daraufhin nur schüttelte. Zum trocken stellte ich sie draußen in der Sonne ab und holte noch ihr Futter.
      “Mit wem hast du denn eine Wasserschlacht gemacht”, fragte Jayden amüsiert, der gerade mit Walking On Sunshine vorbeiritt.
      “Mit dem Pferd da, sieht man doch”, antworte ich und deutete auf die nass glänzende Maskotka.
      “Na, wer weiß schon mit wem du so deinen Spaß hast”, stichelte er.
      “Ach halt doch die Klappe”, murrte ich ihn an.
      “Was habe ich denn verpasst?”, scherzte Niklas, der nun auch mit Smoothie zurückkam und mich deutlich von oben bis unten musterte.
      “Eigentlich wollte ich mein Pferd duschen, aber es hat mich geduscht” antworte ich ihm.
      “Da werde ich glatt neidisch”, gab er zu und nahm den Sattel vom Rücken seiner Stute.
      “Ich hätte dich ja eingeladen, wenn Masko vorher gefragt hätte”, gab ich grinsend zurück. Masko legte kurz die Ohren an, als Smooth neugierig an ihrer Schüssel schnupperte.
      “Ey, benimm dich Masko”, tadelte ich die Stute und schon gingen die Ohren wieder in normal Stellung.
      “Ich schätze, das hätten die Beiden von selbst geklärt”, klärte Niklas mich auf und ging nun auch mit ihr zur Dusche. Da er sah, wie ich ihm nachschaute, zog er provokant sein Shirt auf und duschte sein Pferd. Als er sich umdrehte, sah man viele Kratzer auf seinem Rücken.
      “Sag mal in was für einen Busch bist du den Gefallen? Und vor allem wann, soweit ich weiß, haben wir kein Gebüsch auf dem Reitplatz”, fragte ich misstrauisch und betrachte seinen Rücken.
      “Ach das?”, fragte er etwas scheinheilig. “Das ist nichts, Mücken”, antwortete Niklas, ohne weiter etwas zu erklären, was gar nicht seine Art war.
      “Mücken?”, fragte ich wenig überzeugt, denn wie Mückenstiche sah das nicht aus.

      Vriska
      Bevor ich den Boden näher kennenlernen durfte, war es vor dem Stall ruhig. Nun schied es eine Großveranstaltung zu werden. Aufgeragt tänzelte Glymur neben mir her. Erst als ich fast neben Lina stand, sah ich Niklas der seine Stute abduschte, die Glymur schon auf einige Meter verrückt machte. Doch auch merkte, wie mein Verstand von mir floss. Anders als erwartet trug er Spuren von letzter Nacht auf sich, seinem Gesichtsausdruck zufolge, hatte Niklas es ebenfalls vergessen. Für einen Moment schien es, dass wir zusammen im Boden versinken wollten. Das einzige Wort, was ich hörte, war Mücken, was ich nutzen musste. Innerlich spürte ich wieder die letzte Nacht und musste mich wirklich zusammenreißen, dass mein Kopf nicht rot anlief.
      “Ach, bei dir waren sie auch heute Nacht?”, versuchte ich cool zu bleiben. Auch Glymur an Masko vorbeizuführen, wirkte sehr willkürlich und unkontrolliert.
      “Das müssen aber sehr hungrige Mücken gewesen sein!”, wirklich überzeugt klang Lina nicht. “Aber was ist dir denn passiert Vriska”, fügte sie dann bei einem Blick auf hinzu.
      Zum Glück wechselte sie das Thema auf mein Gesicht, was nicht besser aussah als sein Rücken. “Ich bin dahinten über eine Wurzel gestolpert und auf meine Schulter gefallen. Glymi war heute schrecklich, deswegen wollte ich absteigen und den Rest laufen”, erklärte ich Lina glaubwürdig. Im Augenwinkel sah ich, dass Niklas sein Shirt wieder anzog. Zum Glück. Den auf der Saubsaugerunfall auf seiner Brust war noch sichtbar.
      “Ja, die Erfahrung mit den seltsamen Pferden durfte ich heute auch schon machen”, sagte sie nur.
      “Aber du bist gleich wieder trocken, ich muss mich neu schminken”, maulte ich leicht herum, nahm den Sattel runter und warf in ins Gras. Dann führte ich den Hengst zurück auf seine Koppel. Beinah stolperte ich noch einmal über die Wurzel.

      Lina
      Irgendwie scheinen heute alle Lebewesen hier ein wenig seltsam zu sein. Aggressive Mücken, die scheinbar nur bestimmte Leute anfallen, Pferde, die ein wenig wild drauf sind und Vriska die scheinbar vergessen hatte, wie man läuft, bestätigten diese These. Während die Stute noch ihr Futter mampfte, setzte ich mich auf den Zaun. Erst beim Abstützen bemerkte ich, dass die Hand, aus der mir Masko die Longe gerissen hatte, von einem hübschen roten Streifen geziert wurde, den nun langsam begann weh zu tun und hier und da sogar Blasen zu werfen.
      “Wann lerne ich denn endlich mit Handschuhen zu longieren”, schimpfte ich vor mich hin. Gerade bei Maskotka hätte ich mir denken können, dass so etwas passiert, schließlich war es nicht das erste Mal, dass die Stute sich losriss.
      „Am besten Kühlen und Betaisodona drauf“, kommentierte Niklas, als er seine Stute zurückbrachte und an mir vorbeilief.
      “Na danke für den Tipp”, murmelte ich. Masko hatte endlich aufgefressen und somit brachte erst ihre Schüssel und dann auch die Stute weg. Natürlich fand sie sich viel zu sauber nach der Dusche und warf sich direkt wieder in den Sand auf der Koppel.
      Mit einem seufzen schloss ich das Tor hinter Masko. Eigentlich wollte ich jetzt direkt mit Nathalie weitermachen, doch jetzt musste erst mal meine Hand aufhören zu brennen. Also begab ich mich in die Küche, wo ich erst einmal einen gefühlten Liter Wasser über meine Hand laufen ließ.
      “Mal wieder ohne Handschuhe longiert?”, fragte Samu beiläufig, der sich gerade etwas zu trinken aus dem Kühlschrank holte.
      “Jap., sieht ganz danach aus”, antworte ich ihm leicht genervt, da ich mich auf eine Belehrung seinerseits bereit machte. Doch zu meiner Überraschung drückte er mir lediglich kommentarlos die Salbe in die Hand und verschwand wieder. Schon den ganzen Morgen lang hatte er kaum etwas zu mir gesagt, ob das mit dem Telefonat von gestern zusammenhing? Ich sollte ihn später noch mal ansprechen. Im Haus war es kühl. In Kombination mit meiner immer noch nassen Klamotte ein wenig zu kühl. Also beschloss ich, mein Zeichenzeug aus meinem Zimmer zu holen und mich zum trocken in die Sonne zusetzten.

      Niklas
      Dank Jayden fand ich Lina recht schnell. Sie saß im Gras mit ihrem Zeug. Vor einigen Tagen beobachte ich sie bereits dabei, was mir nun sehr gelegen kam. Auch wenn mir nach dem gestrigen Streit nicht ganz wohl bei der Sache war, musste ich das nun tun.
      “Lina?”, fragte ich vorsichtig, um sie nicht zu erschrecken.
      “Ja, anwesend”, antwortete sie und blicke von ihrer Zeichnung auf.
      “Ich habe morgen den Termin fürs neue Tattoo und wollte dich fragen, ob du Lust hast dir vielleicht was Kleines auszudenken? M-Musst du nicht machen, ich dachte nur … ich dachte, es sei eine schöne Idee.”, stammelte ich etwas herum und es fiel mir schwer den Blickkontakt zu halten.
      “Was hast du dir das Ungefähr vorgestellt?”, fragte sie. Erstaunlicherweise schien sie gerade recht gut gelaunt zu sein.
      “Was Cooles? Ich weiß es nicht. Nie gehe mit Plan irgendwo rein, aber immer mit einem Tattoo raus.”, erklärte ich und setzte mich dazu.
      “Was Cooles ist aber keine hilfreiche Angabe”, sagte sich schmunzelnd. “Aber mal sehen, was mir so einfällt. Fangen wir doch mal an mit der Frage: Wo soll es überhaupt hin?”, fragte sie mich nun.
      “Entweder auf die linke Schulter oder Nacken. Meine Arme sind schon voll”, sagte ich und gucke mich auf meinem Armen nach einer freien Stelle um. Viel Auswahl gab es da nicht, wenn ich meine anderen Motive nicht bedecken wollte.
      “Na, das ist ja schon mal ein Anfang und wie groß soll das ganze werden?”
      „Nicht größer als meine Handfläche“, überlegte ich und zeigte sie ihr.
      “Und verfolgst du auch noch ein genaueres Konzept als was Cooles? Einen bestimmten Stil, ein Thema oder so?”, fragte sie weiter und ließ ihren Blick über meine Arme schweifen.
      “Kleines, stell mir doch nicht so komplizierte Fragen.”, begann ich zu maulen. “Hauptsache Schwarz, leichte Schattierung. Bisher habe ich einen Kompass, Wolken, einige Spielkarten, die Rose auf der Hand, eine Waffe und der Rest sind Muster.”
      “Na gut, dann warte mal einen Moment”, sagte sich und begann zu zeichnen. Kurz guckte ich zu, doch meine Aufmerksamkeitsspanne ähnelt eher einer Fliege. Ich legte mich auf den Rücken, hielt mein Handy über den Kopf. Chris hatte wieder Bilder geschickt, diesmal war es eine blonde Dame mit großer Oberweite. Kurz warf ich einen Blick zu Lina, die konzentriert über ihrem Blatt hing. Ich swipte weiter und guckte mir die Errungenschaften der anderen weiter. Auch Bilder, die ich von Anna und Milena machte, sah ich. Da fiel mir auf, dass für meine Sammlung Vriska fehlte und ich irgendwie noch an Bilder rankommen musste. Dann tippte Lina mich an und steckte mein Handy schnell in die Hosentasche.
      “So, das ist natürlich noch nicht ganz fertig, aber das wäre meine Idee”, präsentierte sie mir ein paar Minuten später eine grobe Skizze.
      “Ja, sieht doch super aus.”, sagte ich und guckte mir ihre Kunst an. Auch blätterte ich unbedacht im Block, ohne weitere Zeichnungen zu finden und gab es ihr zurück.
      “Kommst du dann morgen mit?”, fragte ich sie, während ich aufstand.
      “Ja, ich würde gerne sehen wie dieses Kunstwerk auf deine Haut landet”, antwortet sie.
      “Schön, dann morgen um 11 Uhr geht es los. Danke für deine Hilfe”, erklärte ich ihr und ließ sie allein. Mein Weg führte mich wieder zu Ju, der im Zimmer saß und an der Kür arbeitete.

      Lina
      Relativ gut gelaunt zeichnete ich noch weiter an dem Entwurf für Niklas Tattoo. Es war angenehm in der Sonne und vor allem, was ich so langsam auch wieder trocken. In etwas Entfernung nah, ich Schritte wahr und blickte auf. Jace und Alec gingen über den Hof. Irgendwie sah Jace aus als hätte er nicht sonderlich gut geschlafen. Bisher hatte ich verdrängt was gestern zwischen mir und Jace passiert war, doch jetzt Tat er mir wieder ein wenig leid. Bei den Aktionen, die er gebracht hatte, hätte ich niemals gedacht das ich ihm so wichtig war.
      Einen Moment lang wollte ich die Zeit zurückdrehen und den gestrigen Abend ungeschehen machen, bis mir mein Gehirn wieder sagte, dass es besser so war. Lieber die harte Wahrheit als sich ein Konstrukt aus Versprechungen aufzubauen, die eh nie in Erfüllung gehen werden.
      Seufzend legte ich den Stift beiseite, die Lust am Zeichnen war mir vergangen. Jetzt brauchte ich irgendeine andere Ablenkung, am besten eine Vierbeinige.
      Kaum hatte ich den Gedanken fertig gedacht, tauchte die kleine graue Katze auf die seit ein paar Monaten immer mal wieder hier auftauchte. Anklagend setzte sie sich vor mich ins Gras und maunzte mich an.
      “Du hast bestimmt Hunger, oder?”, fragte ich die magere Katze. Seit ich die kleine Entdeckt hatte, stand immer eine Dose Futter in der Küche. Also sammelte ich mein Zeug an und stand auf. Maunzend strich mir die Katze um die Füße und ich musste mir Mühe geben nicht über sie drüber zu fallen, während ich ins Haus lief. Drinnen legte ich mein Zeichenkram auf den Tisch und nahm eine kleine Schüssel aus dem Schrank. Erwartungsvoll sprang die Katze auf die Anrichte und beobachte, wie ich das Futter in den Napf gab.
      “Bitte schön, kleine”, sagte ich und stellte die Schüssel vor die Katze. Misstrauisch schnupperte sie an dem Inhalt, bevor sie zögerlich begann zu fressen.
      Ziemlich schnell hatte sie alles aufgefressen. Sanft strich ich der Katze über ihr weiches Fell, bevor ich die leere Schüssel wegräumte.
      “So, jetzt musst du aber wieder raus hier, die anderen haben dich nicht gern im Haus”, sprach ich mit der kleinen Katze und hob sie von der Theke. Statt einfach in meinen Armen zu bleiben, wühlte sie sich raus und kletterte auf meine Schultern.
      Mit der Katze auf der Schulter verließ ich die Küche wieder und begab mich nach draußen.

      Alec
      Mit viel Mühe und Einfühlungsvermögen hatte ich Jace endlich dazu bekommen aus seinem Zimmer zu kommen. Er hatte einfach die halbe Nacht in seinem Bett gelegen und bewegungslos die Decke angestarrt. Zum Frühstücken hatte ich ihn auch nur bekommen, weil ich es ihm auf Zimmer gebracht habe. Unglaublich so fertig hatte ich meinem besten Freund tatsächlich noch nie erlebt.
      “Und du möchtest immer noch nicht sprechen?”, fragte ich ihn während ich meine braune Stute trenste. Wortlos führte Jace seine Scheckstute zur Aufstiegshilfe.
      “Dann halt nicht”, sagte ich zu mir selbst und folgte ihm nach draußen. Jace stieg bereits auf und machte sich nicht mal die Mühe auf mich zu warten. Schnell stieg ich auf und ließ Keks neben Jace Stute traben. Wenn er nicht reden möchte, werde ich ihn so lange nerven, bis er es doch tun würde.
      Eine ganze Weile ritten wir schweigend nebeneinanderher, bis Jace auf einmal seine Stute auf einer kleinen Sonnenbeschienen Lichtung anhielt. Auch ich hielt meine Stute an und warte einfach was weiter passieren würde.
      “Alec…”, begann er nach einer Weile mit rauer Stimme. “... ich glaube, ich habe mich noch nie so… So leer gefühlt”, setzte er fort und starrte in den Wald vor uns. Ich sagte erst einmal nichts, sondern hörte ihm nur zu.
      “Ich dachte wirklich sie sei die eine”, erzählte er weiter und ich schwieg noch einen Moment, um ihm den Raum zu lassen, noch mehr zu sagen. Außerdem kamen nun auch in mir alte Gefühle hoch. Damals, noch bevor ich mich geoutet hatte, war ich in Jace verliebt gewesen, hatte es ihm allerdings nicht gesagt.
      “Weißt du Jace, manchmal hat das Schicksal andere Dinge für Menschen vorgesehen, die uns sehr am Herzen liegen. Dann muss man selbst stark sein und die Menschen ziehen lassen, auch wenn es noch so sehr schmerzt”, sagte ich mitfühlend. Ich konnte Jace Gefühle nur zu gut nachvollziehen, aber gleichzeitig wusste ich auch, dass es für mich damals gut gewesen war, Jace loszulassen. Wäre ich ewig dem unmöglichen nachgejagt hätte ich niemals Magnus kennengelernt und wäre vermutlich auch nicht geoutet.
      “Irgendwann wird auch dein großer Tag kommen”, fügte ich noch aufmunternd hinzu.
      Jace sah mich nur mit einem Blick an, in dem so viele Gefühle lagen, wie ich es bei Jace noch nie erlebt hatte.
      “Soll ich wieder meine Klappe halten?”, fragte ich. Jace antworte damit, dass er sein Pferd wieder antrieb, und ich folgte ihm still.

      Vriska
      Die Wärme wurde immer unerträglicher, weswegen ich den Entschluss fasste mich im Shirt an den Tisch im Wohnzimmer zu setzten. Immer wieder blickte ich verzweifelt auf meine Uhr, auf der die Zeit nicht verging. Vor mir langen die Unterlagen über die Führung eines landwirtschaftlichen Betriebs und ich konnte nicht von mir behaupten, wirklich motiviert zu sein. So blätterte ich also in den Seiten der zusammengehefteten Blätter hin und her, in der Hoffnung mir etwas zu merken. Doch die Worte schwirrten nur vor meinen Augen, ohne dass etwas davon verstand. Das lag jedoch nicht an den Unterlagen an sich, sondern meiner Lustlosigkeit. So beschloss ich es, fürs Erste sein zulassen. Unmotiviert schmiss ich mich mit dem Kopf voran in das frisch bezogene Bett und schrie ins Kissen, bis ich Schritte hinter mir vernahm. Panisch drehte ich mich um. Ju stand im Raum, betrachtete die Unterlagen. Mit seinen großen Augen blickte er mich an.
      “Klarar du dig? (Kommst du klar?”, fragte er mit einem ironischen Unterton.
      “Jovisst … (Ja, natürlich)”, murmelte ich leise und drehte mich zurück ins Kissen. Wortlos setzte er sich zu mir und legte seine Hand auf meinen Rücken. Schmerzerfüllt drehte ich mich wieder um.
      “Was willst du denn?”, fragte ich ihn gestresst.
      “Jetzt entspann dich doch mal. Ich wollte nur gucken, ob alles okay ist, seit ein paar Tagen bist du so komisch.”, antwortete Ju und wirkte besorgt.
      “Ach, kennen wir uns schon so lange, dass du das beurteilen kannst?”, regte ich mich auf. In mir stieg grundlos die Wut auf.
      “Es nervt mich, dass du immer so schlechte Laune hast, es an mir auslässt, obwohl ich nicht Ansatzweise für deine Unzufriedenheit kann. Wenn’s dir passt, kannst du dich gern wieder melden.”, sagte er nun deutlich angespannt und verschwand wieder. In mir zog sich alles zusammen und ich schrie wieder ins Kissen. Warum bin ich so? Kann ich mich nicht normal verhalten wie alle anderen? Ich stellte fest, dass Kanada noch immer um mich herum war und ich nicht einfach in Wald zu meinem Hochstand gehen konnte. Vermutlich würde es hier auch so etwas geben, doch mit hoher Wahrscheinlichkeit würde ich nie wieder zurückfinden. Mein Handy half dabei auch nicht. So kramte ich wieder nach meinem Pulli, zog die Kapuze über den Kopf und lief raus zur Weide zu meinem Hengst. Auf dem Weg sah ich Linh bei Ju sitzen. Genervt wendete ich den Kopf wieder nach vorn und blickte zu Boden. Diesmal achtete ich mehr auf den Untergrund, um nicht erneut zu stürzen. Glymur graste fröhlich mit seiner Decke und hatte in dem Moment rein optisch einige Übereinstimmungen mit mir.

      Lina
      “Und was machen wir zwei jetzt?”, fragte ich die kleine Katze. Natürlich bekam ich keine Antwort.
      “Na gut, wenn das so ist, müssen wir wohl mal schauen, ob uns was über den Weg läuft”, meinte ich zu der Katze und begann über den Hof zu schlendern. Irgendwie war nichts los auf dem Hof. Auf einmal sprang mein kleiner Passagier von meiner Schulter und lief zielstrebig auf die Reithalle zu und verschwand aus meinem Blickfeld.
      “Na, wo willst du denn auf einmal hin”, murmelte ich und folgte der Katze. Samu ritt gerade Lifesaver. Die kleine Katze ließ sich gerade auf der Bande nieder und ich gesellte mich dazu, was dazu führte, dass der Schimmelhengst seine Konzentration verlor und ausfiel.
      “Na, wen hast du denn da mitgebracht”, fragte nun Samu, der seinen Hengst zu uns rüber trotten ließ.
      “Na sieht man doch, eine Katze. Die kleine taucht immer mal wieder hier auf”, erklärt ich und beobachtete Lifesaver wie er neugierig die Katze beäugte. Vorsichtig streckte Lifey die Nase nach dem grauen Fellbündel aus. Die Katze schien recht wenig an dem Pferd interessiert, denn sie schmiegte sich lieber an mich und begann zufrieden zu schnurren.
      “Scheint ganz so als fände dein Pferd die kleine deutlich interessanter als sie ihn”, sagte ich lachend zu Samu, denn der Schimmel beschnupperte neugierig den zuckenden Schwanz der Katze.
      “Sieht ganz so aus” erwiderte Samu lachend. “Aber eigentlich wollte ich heute reiten und nicht hier herumstehen”, fügte er dann noch hinzu und versuchte seinen Hengst wieder in Bewegung zu setzen, der die Katze allerdings deutlich spannender fand
      “Na, wenn der Herr nicht gestört werden möchte, gehen wir dann wohl”, erwiderte ich und hob die Katze von der Bande, um sie nach draußen zu tragen. Draußen sprang sie auf den Boden und verschwand hinter der Halle.
      Gut, ich hatte bis jetzt auch schon genug Zeit vertrödelt, ich sollte nun wirklich Nathalie holen. Kurz darauf stand ich mit der Scheckstute am Anbinder und putzte sie. Für heute hatte ich mir vorgenommen zu testen wie die Stute mit festen Hindernissen und Wasser zurechtkommen würde, da sie dabei ohnehin wieder dreckig werden wird, beschränkte ich das Putzen auf die notwendigen Stellen. Somit hatte ich die Stute recht schnell gesattelt und war bereit zum Losreiten. Doch halt, während ich an den Schutz meines Pferdes gedacht hatte, hatte ich meinen fast vergessen.
      “Warte süße”, sagte ich zu Nathalie und parkte sie vor der Sattelkammer, um Weste und Helm zu holen. Als ich wieder auf die Stallgasse trat, musste ich leider feststellen, dass Nathalie nicht brav gewartet hatte, sondern geradewegs auf der Stallgasse herumspazierte.
      “Heute hast du es aber eilig”, rief ich meinem Pferd hinterher. Die Stute dachte nicht daran mich zu beachten, sondern spazierte lieber in die geöffnete Box neben ihr, um den Futtertrog auszukundschaften.
      “Na, erst die Arbeit”, sagte ich zu der Stute, als ich sie in der Box einsammelte und zum Aufsteigeblock führte. Immerhin blieb die Stute bei Aufsteigen artig stehen. Zum Aufwärmen beschloss ich erst einmal eine kurze Runde, um den Hof zu drehen und im flotten Schritt lief die Stute los.

      Vriska
      Während ich jeden Biss ins Gras meines Hengstes betrachtete, kam mir eine Idee für einige Stunden nicht von mir zu weisen und weiter das Gespött vom Hof zu sein. In der Hütte hatte ich in meiner Tasche noch Stuff übrig von Ambrose. Auf dem Weg dorthin meldete sich mein Schrittzähler, der sich darüber freute, dass ich das heutige Ziel erreicht hatte. Genervt entfernte ich die Meldung. Länger als ich dachte, kramte ich in meiner Tasche, bis ich fündig wurde. “Komm’ Vriska”, sagte ich zu mir selbst und baute mir Tütchen, nahm meine Schachtel und Feuerzeug nach draußen. Direkt auf dem Hof wollte ich niemanden belästigen, lief also durch den großen Toreingang weg. Ein prüfender Blick verriet mir, dass ich allein war und zündete ihn an. Entspannt setzte ich mich ins Gras und rauchte die viel zu große Tüte auf. Die Zeit schien an mir vorbeirennen und lehnte mich nach hinten ins Grüne. Wenige kleine Wolken huschten am Himmel vorbei und ich spürte einen Windzug in meinen Pulli ziehen. Ich merkte, dass sie Hitze immer unerträglicher wurde, so zog ich das zu große schwarze Ding aus und legte mich zurück. Vielleicht sollte ich doch mit Lina drüber sprechen, überlegte ich. Doch auch in diesem Zustand fand ich es keine gute Idee. Stattdessen griff ich nach meinem Handy und suchte nach Jenni als Erstes auf Instagram. Bevor ich mich bei ihr meldete, musste ich wissen, was sie überhaupt machte. Den Vorteil hatte meine Mädchen schon immer, sie posten jeden Nonsens. Natürlich tat ich das damals auch. So entdeckte ich, dass auf meinem Profil noch mehr Bilder von damals waren, als ich dachte. Kurz musste ich darüber nachdenken, ob ich das noch bin. Ja. Das bin ich noch. Schnell kam ich auf den Beschluss, dass diese Fahrt viele Dinge von mir wieder hervorbrachte, die ich in Deutschland innerhalb weniger Wochen ablegen konnte. Nun festigte sich das alles wieder. Jenni schien zu Hause zu sein, natürlich. Es müsste in England 21 Uhr sein. Ich fand auch heraus, dass sie noch immer mit den anderen um die Häuser zog. In meinen Nachrichten suchte ich nach ihr und schrieb: “Hej Jenni. Es tut mir leid, dass ich mich nie gemeldet hatte, seitdem ich nicht mehr zu Hause bin. Seit dem Vorfall bei meinem Vater musste ich viel verarbeiten und war nicht bereit dazu mich bei alten Freunden zu melden. Falls du Zeit hast, ich brauche deine Hilfe. Dringend. In Liebe, Vriska”. Dann steckte ich mein Handy weg, stand auf und lief wieder zum Hof. Nach dem Durchqueren des großen Tors vibrierte mein Telefon bereits. Zittern nahm ich es aus der Hosentasche. Ich las: “Hey Vriska. Du weißt doch, ich bin immer da, wenn du mich brauchst. Freud mich von dir zu hören, auch wenn es nach einem unschönen Anlass klingt.” In meinem Kopf drehte es sich. Jeder Schritt, den ich lief, fühlte sich an, als würde ich schweben. Das Zeug kickt. So musste ich erst einmal stehen bleiben im Schatten, um ihr Antworten zu können. “Ich habe mit einem Typen geschlafen. Das erste Mal. Und es ist der zukünftige Freund von einer neuen Freundin.”, versuchte ich mich kurzzufassen. Im Kopf flogen wieder die Momente der letzten Nacht herum und ich spürte ein Kribbeln in meinem Bauch. Es fiel mir schwer daran zu glauben, was passierte. “Klingt doch nach keinem großen Drama, klar ist nicht cool von dir, aber es gehören immer Zwei dazu und solang es noch nichts Ernstes mit den Beiden ist, mach dir nicht weiter Gedanken. Irgendwann kannst du es ihr erzählen, aber auf keinen Fall jetzt. Das geht dich nichts an. Aber ich muss dann auch ins Bett. Lass uns morgen doch mal morgen telefonieren”, hatte sie schon geantwortet und ich hielt mich kurz mit “Okay”, bevor ich es wieder in meine Tasche steckte. Jenni fand immer die richtigen Worte, die jemand hören wollte. Zufriedener lief ich weiter und sah Samu einen Schimmelhengst zum Stall führen. Da ich immer noch den Schmerz im ganzen Körper hatte, gab ich mein Bestes in dem Zustand zu ihm zu laufen. Mein Mitteilungsbedürfnis war noch immer groß, so suchte ich noch Rat bei ihm. Zumindest versuchte ich es. Den Beiden nachzukommen stellte sich eine große Schwierigkeit heraus.

      Samu
      Nach der kurzen Unterbrechung von Lina und der Katze, hatte Lifey noch hervorragend mitgearbeitet, sodass ich das Training relativ bald beendete. Zufrieden sabbernd lief er neben mir her. Auf dem Putzplatz nahm ich ihm die Trense ab und erst durch den aufmerksamen Blick des Schimmels die Stallgasse hinunter bemerkte ich Vriska, die sich näherte.
      “Kann ich dir irgendwie helfen?”, fragte ich die junge Frau hilfsbereit.
      Es dauerte einen Moment, bis sie antwortete: “Weiß auch nicht so richtig. Irgendwie zerfrisst es mich von innen.”
      Irgendetwas schien ihr auf dem Herzen zu liegen.
      “Möchtest du darüber reden?”, fragte ich freundlich, während ich meinem Hengst das Halfter überstreifte und ihn anband.
      “Ich habe was getan, worauf ich nicht stolz bin, aber ich bereue es nicht, empfinde es nicht als Fehler. Es war nur falsch und nicht nett gegenüber Anderen.”, murmelte sie, ohne den Blickkontakt zu suchen, stattdessen guckte sie zum Boden.
      Sie antworte überaus rätselhaft, weshalb es gar nicht so einfach ist eine Antwort auf ihre Frage zu finden. Doch es war offensichtlich das, was auch immer es ist, ihr das ganz schön zu schaffen macht.
      “Wer sagt denn, dass es falsch ist? Nur weil etwas nicht nett ist, muss es nicht gleich falsch sein”, antworte ich ein wenig nachdenklich, während ich Lifesaver absattelte.
      “Weil ich damit die Gefühle von anderen verletzt habe oder noch könnte. Das ist doof, aber ich weiß auch nicht. Mir hat’s Spaß gemacht und ich würde es jederzeit wieder tun.”, erklärte sie.
      “Schwierig… Die Frage ist die, ob dir deine oder die Gefühle der anderen wichtiger sind und bei der Entscheidung kann dir eigentlich nur dein Gewissen helfen”. Ihre Lage schien nicht ganz einfach zu sein und ich würde ihr gerne hilfreicher Ratschläge geben, doch sobald es um die Gefühle von außenstehenden geht, muss jeder persönlich abwägen.
      “Okay … Danke für deine Zeit. Ich geh’ dann lieber”, verabschiedete Vriska sich und schien nicht ganz anwesend zu sein.
      “Kein Problem, ich helfe gerne, wo ich helfen kann”, sagte ich noch, während Vriska sich schon entfernte. Ich fühlte mich leicht unwohl, dass ich ihr nicht wirklich helfen konnte, doch bei der Sache kann sie sich leider nur selbst helfen.
      “Na, komm kleiner, dann bring ich dich mal auf die Koppel”, sagte ich seufzend zu meinem Pferd und löste die Anbinder von seinem Halfter.

      Niklas
      Zusammen mit Ju erarbeiteten wir die Kür weiter, bis er nach einem Blick auf sein Handy, ohne etwas zu sagen das Zimmer verließ. Versunken über meinem Plan für Humbi, verblieb ich im Zimmer, bis ich seltsame Geräusche wahrnahm. Vriska irrte Gedanken verloren umher und führte Selbstgespräche.
      “Kann man dir helfen?”, fragte ich höflich und lehnte mich aus dem Fenster des Zimmers mit den Unterarmen gestützt auf dem Fensterbrett.
      “Ich habe Hunger”, flüsterte Vriska und kam näher.
      “Dann komm’ rein, wir haben noch was”, bat ich sie rein und half ihr durchs Fenster. Ungeschickt blieb Vriska mit ihrem Fuß hängen, stolperte und fiel geradewegs in meine Arme.
      “Nog? Du bist heute stürmischer als sonst … obwohl, wenn an letzte Nacht denke”, begann ich.
      “Lass mich los”, nörgelte Vriska und blickte hoch zu mir. Ihre Augen waren feuerrot, was viel darüber aussagte, wieso sie so drauf war. Ich ließ sie los und ging zum Kühlschrank, um ihr das Mittagessen aufzuwärmen.
      “Nee, lass das Schnitzel darauf”, meckerte sie, als ich begann zu sortieren. Ohne zu antworten, legte ich alles zurück auf den Teller und erwärmte alles in der Mikrowelle. Konzentriert blickte sie zu dem Essen, das sich drehte. Das Piepen des Gerätes erschreckte sie auf. Freundlicherweise holte ich den Teller aus der Mikrowelle und stellte ihn auf den Tisch. Dann setzte ich mich dazu. Genüsslich begann sie zu Essen und ich scrollte mich durch endlose Bilder auf meiner Timeline. Immer wieder bekam ich die Benachrichtigung über neue Likes und auch Follower. Es schien, als würden die Leute nie schlafen. Vermutlich wird die Zeitverschiebung auch sein Teil dazu betragen.
      “Wie schaffst du das eigentlich?”, unterbrach Vriska die Ruhe.
      “Mhm?”, guckte ich von meinem Telefon auf und legte es Beiseite.
      “Du bist so … normal. Als wäre gestern nichts passiert”, murmelte sie vor sich hin und schob den leeren Teller von sich. Dann sprach sie weiter: “Du gibst mir etwas zum Essen, sitzt hier einfach so. Als hätte nichts eine Bedeutung.” In meinem Kopf spielten sich wieder die Szenen vom Abend ab. Es war nicht das erste Mal heute, natürlich dachte ich daran und fühlte mich schlecht dabei, dass sie behauptet, dass es mir nichts bedeuten würde. Als hätte nichts eine Bedeutung für mich.
      “Das stimmt so nicht”, begann ich mich zu verteidigen und versuchte sie etwas aufzumuntern: “Wir hatten einen schwachen Moment, wir brauchten einander. Und jetzt geht es weiter, wie vorher. Es ist alles cool.”
      Ihre Blicke sagten alles. Für sie konnte es nicht einfach weitergehen wie immer. Am liebsten hätte ich mich selbst geohrfeigt für diese Worte, denn damit traf ich einen Nerv bei ihr. Einen, der offensichtlich gut geschützt wurde von einer Mauer aus Erinnerungen. Tränen liefen ihre Wangen herunter.
      „Kann ich dir jetzt irgendwie helfen? Meine Wortwahl war …“, ich pausierte, um das richtige Wort zu finden. So merkte ich, dass es nicht nur Buchstaben aufgereiht an anderen Buchstaben. Sie bedeuten mehr und viel mehr. „klumpig“ fiel es mir nur auf Schwedisch ein. Das zauberte ihr ein Lächeln auf die Lippen. „Unbeholfen? Ungeschickt?“, half Vriska mir. Ich nickte zustimmend.
      „Und nein, du kannst mir nicht helfen. Alles was ich nun sagen würde, wären Wünsche und keine wirkliche Hilfe“, fügte sie noch hinzu. Ich bemerkte ihre Blicke. Es waren die von letzter Nacht. In mir kribbelte es und mein Körper schien sich auf mehr vorzubereiten. Kurz schloss ich die Augen, denn es sollte nicht wahr sein. Tief atmete ich durch, eh ich wieder die Augen öffnete.
      „Das geht Vriska. Auf keinen Fall“, flüsterte ich.
      „Was geht auf keinen Fall?“, wiederholte Ju interessiert meine Worte, als er in das Zimmer hereinkam.
      „, Dass ich mich mal auf Humbi setze, ich wollte sie so gern mal näher kennenlernen aber weder sie noch ich sind schon so weit“, log sie fast fröhlich. Ihre Augen waren noch immer rot und auch ihre Wagen waren verschmiert mit schwarzer Farbe ihrer Augen. Es schien jedoch schon etwas länger so auszusehen.
      „Ach Mensch. Ich hab’s auch schon versucht“, stieg er mit ein und setzte sich dazu. Ihm fiel auf das etwas anderes war. Doch er fragte nicht.

      Lina
      Auf dem Weg zum Geländeplatz hatte ich Jace und Alec am Waldrand entdeckt, was meiner inzwischen doch recht guten Laune einen kleinen Dämpfer versetzte. Die beiden waren zwar zu weit weg, als dass ich eine Laune oder Ähnliches hätte deuten können, dennoch sagte mir mein Bauchgefühl, das Jace das ganz nicht so gut verkraftete wie Alec behauptete und mein schlechtes Gewissen meldete sich wieder. War es denn wirklich das richtige gewesen es ihm so direkt zusagen? Hätte ich es überhaupt sagen sollen? Zu diesen Zweifeln gesellte sich nun auch noch der Gedanke an Samus seltsames Verhalten vorhin im Haus. Normalerweise hätte er mir einen stundenlangen Vortrag gehalten, warum man nicht ohne Handschuhe longiert, dass ich meine Pferde gefälligst regelmäßig Bewegen soll und dass es reichlich dämlich ist mit einem unausgelasteten Pferd gleich auf den Platz gehen zu wollen. Doch, das hatte er nicht getan, aber in der Halle war er dann wieder so normal. Wie schaffen das alle immer so normal zu bleiben? Wobei was heißt, normal… Was ist denn normal überhaupt?
      Mein Gedanken wurde abrupt beendet, als Nathalie fast über ihre eigenen Füße fiel und ein wenig unsanft mit der Nase bremste. So viel zum Thema auf sein Pferd konzentrieren also. Scheinbar ist heute nicht der Tag, wo ich einem Pferd gegenübertreten sollte. Als Nathy sich wieder aufgerappelt hatte, stieg ich ab, um mir die Knie der Stute anzusehen, auf die sie gefallen war. Zum Glück war, außer ein paar Grasflecken dort nichts zu entdecken.
      Jetzt stellte sich nur die Farge wie ich wieder auf mein Pferd kommen sollte. Nathalie war mit ihren 170 für einen Zwerg wie mich ganz schön riesig und natürlich hatten wir keine Aufstiegshilfe auf dem Geländeplatz, da wir hier für gewöhnlich nicht zu Fuß unterwegs sind.
      “Vielleicht sollten wir einfach umkehren”, sagte ich ratlos zu meiner Stute. Diese schüttelte sich nur und sah nicht aus als wäre sie bereit mir zurück zum Hof zu folgen.
      “Na gut, du hast ja recht, du musst dich ja schließlich bewegen”. Einen Moment lang stand ich einfach nur dämlich in der Gegend herum.
      Freundlich stupste die Scheckstute mich an und erst da fiel mir auf, dass man Hindernisse wie Baumstämme auch als Aufstiegshilfe nutzen konnte.
      “Mensch Nathalie, ich glaube ich bin heute einfach nur dämlich”, sagte und schüttelte den Kopf über mich selbst. Mit der zugegebenermaßen recht späten Erkenntnis führte ich die Stute also zu einem der Baustämme, die auf dem Boden lagen und parkte sie dort so, dass ich Aufsteigen konnte. Natürlich kam jetzt Jayden um die Ecke, scheinbar nicht auf dem Weg zum Geländetraining, denn er saß ohne Sattel auf seinem Schimmel.
      “Vom Pferd gefallen?”, rief er mir belustigt zu.
      “Nein”, motze ich ihn an. “Bist du eigentlich nur hier, um mir auf die Nerven zu gehen?”
      “Also eigentlich, wollte ich dir nur behilflich sein, aber du scheinst ja wunderbar allein zurechtzukommen”, antwortete er und drehte seinen Hengst wieder um.
      Während Jayden wieder verschwand, kletterte ich alles andere als elegant auf mein Pferd, da ich die Höhe des Baumstamms wohl ein wenig überschätzt habe.
      Zum locker werden begann ich nun Nathalie ein wenig über ein paar kleiner Hügel zu traben und anschließend das Ganze auch noch im Galopp. Die braun Weiße Stute arbeitet fleißig mir und galoppierte schön ruhig über die großen Flächen und auch die Wechsel sprang sie schön sauber.
      Als erstes Element wollte ich eine kleine Stufe mit der Stute testen. Dafür ritt ich erst einmal im Trab die Stufe hinunter. Die ersten Male fand die Stute es noch ein wenig gruselig und machte einen riesigen Satz, statt sich einfach fallen zu lassen, doch das legte sich recht schnell, sodass wir das Ganze auch recht schnell andersherum probierten.
      Nach der Stufe nahm ich ein paar kleine Sprünge im leichten Galopp die Nathalie, dank ihrer Springerfahrung problemlos meisterte. Natürlich schaute sie hier und da mal ein wenig komisch, doch sie sprang immer zuverlässig. Neben den Stufen und kleinen Hindernissen machte ich sie auch noch mit Wällen, kleinen Gräben und Untergrundwechseln vertraut.
      Wie ich es von der Stute kannte, arbeitete, sie steht bemüht mit und ließ sich auch nicht auf der Konzentration bringen. Jetzt stand also nur noch der Endgegner auf dem Plan. Das Wasser. Im Schritt ritt ich an das Wasserloch ran und ließ sie das ganze erst einmal in Ruhe beäugen. Es dauerte nicht lange, das steckte die Stute ihre Nase hinein und begann erst einmal zu trinken.
      “Prima”, lobte ich die Stute als sie dann auch von ganz allein die ersten Schritte in das nass wagte. Einen Moment lang ließ ich die Stute noch das Wasser allein erkunden bevor ich begann, erst im Schritt und anschließend auch im Trab und Galopp ein wenig durch das Wasser zu reiten. Offensichtlich machte Nathalie das Wasser sehr viel Spaß, denn als ich ca. 20 Minuten später unser Training beendete, hatte das Pferd und ich ein stylishes neues Punktemuster.

      Vriska
      Schneller als mir lieb war, ließ die Wirkung nach. Es fühlte sich an, würde mir jemand den Boden unter den Füßen wegziehen. Erschöpft stellte ich den Teller weg und wollte mich auf den Rückweg zum Zimmer machen, um weiter zu büffeln. Doch mein Plan ging nicht auf, den Niklas hielt mich auf.
      “Wir können für eine praktische Prüfung mit Humbi arbeiten, dann ist es wie reiten.”, schlug er vor. In der Tür drehte ich mich um, nickte und wir verabredeten uns bei ihm vor dem Zimmer. In mir machte mein Herz Luftsprünge und aufgeregt, zog ich mir meine Reithose an und ein langärmliges dünnes Shirt drüber.
      “Ich bin so weit”, sagte ich, als wieder am Zimmer von ihm stand.
      “Denkst du nicht, dass Humbi sollte sich erst mal an das alles gewöhnen?”, merkt Ju skeptisch an.
      “Ach, sie kann sich ruhig etwas mehr bewegen. Aus Informationen des Züchters weiß ich, dass sie täglich zwei Stunden trainiert wurde, so konnte die Bodenarbeit kaum etwas verschlimmern oder verbessern.”, verteidigte Niklas die Idee.
      Zusammen liefen wir zur Weide, auf der Northumbria genüsslich graste. Sie freute sich genauso sehr wie ich ihn zu sehen und kam zur Begrüßung an den Zaun. Mein Blick schweifte immer wieder zu Niklas, der konzentriert wirkte. Als er es bemerkte, drehte ich mich schnell zu seiner Stute.
      “Nun, dann fangen wir direkt hier an. Welche Verhaltensweise zeigt Humbi in Bezug auf ihre Umwelt? Was lässt sich dabei für die nachfolgende Arbeit ableiten?”, fragte er mich und setzte sich auf den Zaun. Neugierig stupste sein Pferd ihn in die Seite. Ich ging einige Schritte zurück, um das Pferd besser im Auge zu haben. Die Wärme der Sommer erhitzte mein dunkles Oberteil, ein wenig Schweiß lief meinem Rücken herunter.
      “Auf den Blick wirkt Humbi gelassen und aufmerksam. Doch ihr schlagender Schweif und den Rückzug zu dir zeigt, dass sie kein Vertrauen zum Menschen generell hat und nervös ist. Ihr Ohrenspiel ist zurückhaltend und sie hat die Umwelt ständig im Auge. Bei der Arbeit mit ihr sollte man immer darauf gefasst sein, dass ihr Verhalten umspringt oder die Signale anders deutet. Grundsätzlich vermute ich, dass Humbi motiviert ist und beim Vertrauen sich auf den Menschen verlässt.”, versuchte ich die Stute zu analysieren. Niklas sprang vom Zaun und Humbi ging einige Schritte mit angelegten Ohren zurück.
      “Ist doch schon mal ein Anfang. Dann hol sie mal raus und wir gehen auf den Platz”, erklärte er mir und reichte mir den Strick des Pferdes. Vorsichtig betrat ich die Weide. Die Stute stellte sich vor mir und hob den Kopf. Sie wirkte verunsichert und wollte mich versuchte mich zu verscheuchen. Freundlich streckte ich meine Hand vor ihren Kopf. Dieser senkte sich und mit ihren großen Nüstern beschnuppert sie mich. Ihre Körperhaltung verändert sich und macht mir den Weg frei. Einige Schritte ging ich auf sie zu und befestigte den Stick am Halfter. Ich streiche mit meiner Hand über den Hals der Stute, die deutlich größer war. Niklas hielt mir das Tor auf und zusammen verließen wir die Weide. Der Weg zum Stall verlief ohne Vorkommnisse und Humbi merkte, dass ich ihr nichts Böses wollte. So senkte sie immer, wenn nötig den Kopf, dass ich die Möglichkeit hatte sie vollständig zu Putzen. Bei dem Rücken half Niklas, da ich nicht viel sehen von diesem sehen konnte. Ich genoss den Moment der Zweisamkeit und wünschte, die Zeit würde stillstehen. Auch Humbria war sehr gelassen und döste in der Mittagssonne.

      Samu
      Nachdem ich den jungen Schimmelhengst auf die Koppel gebracht hatte, war nun der nächste Kandidat dran. Dieser wartete auch schon am Koppelzaun.
      Neugierig hatte Elf Dancer mich schon beobachtet, wie ich seinen Kumpel zurückbrachte.
      Wie immer ließ der braune Hengst sich brav einsammeln und folgte mir zum Putzplatz.
      Am Stall musste ich leider feststellen, dass mein Lieblingsplatz leider schon besetzt war.
      Niklas und Vriska, standen dort mit der neuen Stute, die nun neugierig den Kopf hob, als sie mein Pferd und mich bemerkte. Neugierig wie Elf nun mal war, blieb er natürlich stehen, um sich die Stute näher anzuschauen.
      “Hübsches Pferd hast du da”, sagte ich an Niklas gerichtet, während ich auch ein Blick auf die Stute warf.
      “Das weiß sie zu schätzen”, scherzte er und legte die Bürste zur Seite. Vriska wirkte etwas teilnahmslos da und verschwand, um das Kappzaum zu holen, dass Jayden ihnen zur Verfügung gestellt hatte.
      “Ich glaube bei dir weiß jedes Pferd zu schätzen, was es hat”. Auch wenn ich ihm immer noch ein wenig misstrauisch gegenüber war, das musste ich ihm dennoch zugestehen. Mit Pferden konnte er wirklich gut. Dancer begann nun am Strick zu ziehen und mit den Hufen zu scharen, weil er unbedingt näher an die Stute wollte.
      “Ist es ok für dich, wenn er mal schnuppert?”, fragte ich Niklas freundlich als mein Hengst den Hals immer länger machte. Auch wenn ich mir nicht die Gedanken machte, dass Elf Blödsinn im Kopf hat, mag es doch nicht jeder, wenn Hengste ihren Stuten zu nahekommen, zumal ich ja auch nicht weiß, wie die braune Stute reagieren wird.
      “Klar, sofern er nicht den nächsten Moment nutzt, ein Fohlen zu zeugen, ist doch in Ordnung”, schmunzelte er und ging einige Schritte zur Seite.
      “Keine Sorge, der ist sehr wohlerzogen”, sagte ich und gab Elf den Raum, um sich der Stute zu nähern. Mit freundlich aufgestellten Ohren näherte er sich einige Schritte und schnupperte neugierig an der Stute. Kurz quietschte sie und trat mit dem Vorderbein nach ihm. Dancer trat daraufhin zwar ein paar Schritte zurück, ließ sich aber nicht beirren und wollte die Stute weiterhin kennenlernen. Sie schien allerdings anderer Meinung zu sein, wenn man ihre Ohren so sah.
      “Das scheint mir so als fände die Dame dich nicht so interessant, Ruskea”, sagte ich dann zu meinem Hengst und strich ihm über den Hals.
      “Ich glaube, wir gehen dann mal, der große soll sich schließlich noch ein wenig bewegen” fügte ich dann an Niklas gewandt hinzu und führte den braunen Hengst in die Stallgasse.

      Vriska
      “Alles klar, sie muss sich noch daran gewöhnen mit anderen Pferden Kontakt zu haben. Wir werden gleich auf den Platz gehen. Vriska möchte noch Unterstützung haben für ihre Abschlussprüfung im Longieren und ich kann auch noch meine Übungen fürs Training für den Schein wiederholen.”, hörte ich Niklas zu Samu sagen, während ich mich noch in der Sattelkammer versteckte.
      “Sie ist nicht das erste Pferd, welches so auf anderes Pferd reagiert, wir haben hier auch den ein oder andern Kandidaten, der das erst lernen musste. Naja, und der Dicke hier ist ihr vielleicht auch einfach zu aufdringlich”, kam von Samu eine freundliche Antwort.
      Ich hörte, dass er sein Hengst weiterführte und verließ die Kammer.
      „Na, hattest du dich verlaufen?“, konnte Niklas sich nicht verkneifen.
      „Ich wollte nicht …“, wollte ich mich rechtfertigen, doch er unterbrach meine Worte: „Versteh‘ schon. Jetzt mach‘ sie fertig für die Doppellonge.“
      So stellte ich mich vor das Pferd und löste den Haken des Halfters ab der Ganasche. Nervös richtete sie ihren Kopf auf. Unbeholfen blickte ich Niklas an, der mit verschränkten angelehnt an der Wand stand.
      “Vielleicht solltest du erst mal lernen, wie man ein Pferd abhalftert, besonders bei deiner Größe”, scherzte er und kam näher. Er verschloss das Halfter erneut und ging zur Seite. Fragend beobachtete ich was Niklas tat. Mir war nicht klar, wovon er sprach, doch stellte ich mich wieder zu ihr, hielt ihr ein Leckerchen hin und wiederholte es. Humbi hingegen nahm das Leckerli und streckte wieder den Hals samt Kopf nach oben, als wüsste sie ganz genau, dass ich da nicht herankommen würde.
      “Offenbar ist sie dir nicht nur in der Größe überlegen”, lachte er.
      “Was soll das denn heißen?”, protestierte ich und verschränkte eingeschnappt die Arme.
      “Stell dich mit deiner rechten Schulter an ihren Hals, sodass du jeder Zeit mit deinem rechten Arm unter sie hindurch zu der anderen Seite des Kopfes greifen kannst. Dann senkt Humbria automatisch den Kopf und du kannst ohne Probleme alles machen”, erklärte er mir mahnend. Wieder mal blickte nur unbeholfen zu ihm aber versuchte es direkt. Die Art der Stute war direkt verändert. Sie legte entspannt den Kopf auf meine Schulter, so konnte ich das Halfter öffnen und über ihren Hals ziehen. Dann nahm ich den Kappzaum und legte es ihr an. Mit meinen Fingern kontrollierte ich, wie es saß. Passt, dachte ich. Einwände von dem Oberlehrer kamen keine, so konnte ich fortfahren und ihr den Gurt umlegen. Da ich ungern ihn ihr über den Rücken schmeißen wollte, fragte ich Niklas nach Hilfe. Statt mir den Gurt abzunehmen und der Stute diesen draufzulegen, hob er mich hoch.
      Auf dem Platz stand die Sonne und so gut wie kein Schatten legte sich über den Sand. Ein Blick in den Himmel verriet mir, dass sich das auch so schnell nicht ändern würde. Niklas setzte sich auf den Zaun des Platzes und legte sein T-Shirt neben sich. Abgelenkt guckte ich ihn an und Humbi machte sich selbstständig. Neugierig lief sie los zurück zum Tor.
      “Statt mich zu bewundern, solltest du dich auf das Pferd konzentrieren. Sie geht gerade”, mahnte er und ich guckte mich um. Fröhlich graste sie am Rand. Mit ihrem Hinterhuf stand sie auf der Longe, so musste ich langsam vorgehen, damit sie sich erschreckte. Ich sprach Humbria an, damit sie hörte, dass ich kam. Mit gespitzten Ohren drehte sie sich zu mir und die Longe zog fest am Kappzaum. Ich hob ihr mein Bein hoch und befreite sie. Sie streckte aufgeregt den Kopf nach oben, aber folgte mich im Anschluss. Zunächst liefen wir gemeinsam einige Runden im Schritt über den Platz. Mehr als dachte, schwitzte ich zu Tode und würde gern mich meines Shirts entledigen, doch ich wollte nicht meinen Rücken zeigen oder einen Sonnenbrand bekommen. Gelassen folgte sie mir, so beschloss ich die Doppellonge vollständig zu befestigen.

      Lina
      Nathalie hatte ich inzwischen abgesattelt und auf die Weide gebracht. Ich war gerade dabei das Tor zu schließen, als mich eine Nachricht erreichte.
      “Mach bitte heute noch Carry und Injaki, ich komme heute nicht dazu”. Die Nachricht kam von Hazel, eigentlich hätte sie heute die Pferde vom Chef übernehmen sollen, da er irgendetwas Wichtiges zu erledigen hatte, doch schien bar hatte sie kein gutes Zeitmanagement. Grundsätzlich hätte ich auch nichts dagegen die beiden zu übernehmen, doch da gab es ein kleines Problem.
      “Du weißt aber schon das ich von Western keine Ahnung hab”, antwortete ich ihr.
      “Aber du weißt, wie ein Pferd funktioniert, also geh mit denen Ausreiten oder was weiß ich”, bekam ich als Antwort. Na toll, sieht so aus als hätte ich jetzt zwei Westernpferde an der Backe. “Ok” tippe ich seufzend in mein Handy. Na toll, da ist heute schon eh nicht mein Tag Pferde mäßig und dann soll ich mich auch noch um zwei kümmern, dessen Sprache ich nicht sprach, Danke Hazel. Dann werde ich wohl einen Ausritt unternehmen und hoffen wieder mit Pferd auf dem Hof anzukommen, denn die Führanlage hatte heute Morgen leider ihren Geist aufgegeben und Daniel, der sich sonst um so etwas kümmerte, war leider im Urlaub. Vielleicht würde ich irgendwen finden, der mich auf einem Ausritt begleiten möchte, nur die Frage war wer.
      Samu war sicherlich noch mit seinen eigenen Pferden beschäftigt, Jayden hatte ich noch nicht wieder gesehen, Hazel hatte mir die beiden ja erst abgedrückt und der Rest hatte sicherlich auch zu tun. Naja, vielleicht hatte ich ja Glück und würde trotzdem jemanden finden. So lief ich also zurück zum Hof in der Hoffnung irgendwen zu finden, der so aussah, als sei ihm langweilig.
      Schon von Weitem konnte ich erkennen, dass Niklas neue Stute auf dem Platz war. Doch mit ein wenig Verwunderung stellte ich fest, dass nicht er mit der Stute arbeitete, sondern Vriska. Niklas saß entspannt auf dem Zaun und sah dabei zu, ohne Shirt wohlgemerkt, was bei der Hitze durchaus nachvollziehbar war. Ich selbst hatte mein Shirt, nachdem ich von Nathalie abgestiegen war, zusammengeknotet, um wenigstens nicht ganz zu schmelzen.
      Wie ich Niklas da so sitzen sah, fiel mir wieder ein, dass es eventuell doch noch eine Möglichkeit geben könnte, wie ich die beiden Hengste nicht reiten musste.
      “Eigentlich war ich auf der Suche nach jemandem, der mit mir Ausreiten geht, aber du kennst dich nicht zufällig mit Führanlagen aus?”, fragte ich Niklas und stellte mich neben ihn an den Zaun. Natürlich entgingen mir auch diesmal nicht die Kratzer auf seinem Rücken, doch ich beschloss lieber nicht weiter nachzuforschen. Ich würde eh nur wieder zu hören bekommen, dass es hier sehr aggressive Stechmücken gibt.
      “Vriska. Wärst du so freundlich die Frage zu beantworten?”, scherzte er und wandte sich seinem Sprössling zu. Etwas verwunderte ich zu ihr.
      “Wartung, Pflege, Reinigung und Prüfung von Maschinen sowie Geräten, Betriebsanlagen und elektrischen Anlagen gehört mit zur Prüfung zum Pferdewirt”, antwortete sie sichtlich genervt.
      “Also ja, kann ich. Können wir uns gern nach dem Unterricht mal anschauen”, grinste Niklas mich an.
      “Gott sei Dank, du bewahrst mich gerade davor mich auf zwei wahnsinnige Pferde zu setzen. Ich hatte heute genug Wahnsinn für einen Tag”. Ein Pulsieren in meiner Handfläche bestätigte mich darin. Zumindest für den Rest der Woche würde ich wohl an meine Handschuhe denken.
      “Wieso was ist, den so wahnsinnig an denen?”, fragte er freundlich und blickte zu mir.
      “Naja, mein Chef steht scheinbar auf bekloppte Pferde. Injaki, ist noch harmlos. Er ist halt eine kleine Diva. Aber Carry wollte, glaub ich, eigentlich beim Rodeo anfangen. Er lässt sich nur sehr widerwillig auf neue Reiter ein. Aber das viel größere Problem an den beiden ist wohl nicht ihr Charakter, sondern die Tatsache, dass es Westernpferde sind”, erklärte ich Niklas ein wenig erleichtert mich vor allem nicht auf den Paint Horse Hengst einlassen zu müssen. Der Hengst war bekannt dafür, schon so manchen guten Reiter auf den Boden geschickt zu haben.
      “Das kann ich nachvollziehen, aber ein Westernsattel kann schon ziemlich bequem sein, zumindest für Mann”, erklärte er und ein breites Grinsen erhellte sein Gesicht.
      “Na, das glaub ich dir, aber zumindest ich möchte heute keine nähere Bekanntschaft mit dem Boden machen”, erklärte ich, während ich Vriska und Humbi beobachtet. “Das hat Hazel schon ganz clever gemacht mir die beiden Wildfänge aufzudrücken. Hätte sie mir Blue oder so hingestellt hätte ich mich eindeutig mehr gefreut”, fügte ich noch hinzu.
      “Vielleicht hat sie ja irgendwas im Schilde oder will dafür sorgen, dass du bleibst”, vermutete er.
      “Das wäre aber ein ziemlich fieser Plan, das zu erreichen, indem ich vom Pferd falle, da würden mir bessere Pläne einfallen. Sie sollte sich lieber freuen, dass sie die Reitschule übernehmen darf.”, sagte ich und begann Gleichzeit darüber nachzudenken, ob er recht haben könnte. Aber auf welchem Grund könnte Hazel den wollen, dass ich hierbleibe?
      “Manche Menschen tun alles, um an ihr Ziel zu kommen”, erklärte Niklas. In dem Moment blickte auch Vriska zu uns. “Du konzentrierst dich mal mehr auf Humbi. Versuche sie etwas mehr zu Biegen, sie fällt immer wieder auf die Vorderhand und die Handwechsel müssen sauberer werden. Bevor du sie das alles im Trab machen lässt, übe erst mal weiter im Schritt. Sie sagt dir dann schon, wenn du etwas richtig oder falsch machst”, tadelte er sie. Vriska antwortete nicht, sondern bremste die Stute zurück in den Schritt und fasste die Longe neu.
      “Mag ja sein, aber man kann erst mit mir reden, bevor man versucht mich umzubringen. Ist nicht so als würde es mir nicht schon schwer genug fallen, dass alles hier verlassen. Immerhin ist das hier so was wie meine zweite Heimat”, murmelte ich. Schon waren sie wieder da, die Zweifel, ob die Entscheidung richtig gewesen war oder vielleicht viel zu spontan. Unbewusst begann ich an meinen Finger zu spielen.
      “Ach Kleines, entspann dich. Wird schon alles werden”, versuchte Niklas mich nun aufzumuntern und strich mir mit seiner Hand über die Wange.
      Augenblicklich hörten meine Finger auf sich zu bewegen. Dafür bohrten sich meine Fingernägel nun tief in meine Haut. Das wird schon, ein Satz, den ich bereits so oft gehört hatte, dass ich ihn normalerweise keinerlei Bedeutung gab. Doch heute war es anders, heute wollte ich es zumindest Glauben. Das wird schon wiederholte ich in meinem Kopf. Es wird alles gut werden. Die Entscheidung ist kein Fehler. All diese Sätze wiederholte ich in meinem Kopf und tatsächlich funktionierte es. Die negativen Gedanken verloren an Bedeutung, rückten in den Hintergrund und meine Finger verloren an Kraft.
      “Das wird schon”, flüsterte ich mehr für mich selbst und ein schwaches Lächeln stahl sich auf meine Lippen, als ich zu Niklas hochsah. Alles wird gut werden, wenn ich mir nicht selbst im Weg stehe.
      “Lina, hör mir zu. Im Leben gibt es Veränderungen, die sowohl positiv als auch negativ ausfallen können. Aber man muss manches erst einmal probieren und nicht davor wegrennen. Dein oder unser neues Leben in Schweden kann vieles mit sich bringen. Du kannst dich weiter entwickeln, zu einem noch besseren Menschen”, erklärte Niklas mir. Offenbar hatte er mehr mitbekommen als ich dachte. In mir regten sich direkt Gefühle von Hoffnung, dennoch dauerte es noch ein paar Sekunden bis auch mein Gehirn ansatzweise davon überzeugt war.
      “Du hast recht, ich muss mich das Unbekannte einlassen”, antwortete ich und war gleichzeitig ein wenig von mir selbst überrascht. Auch damals, als ich mit Samu ausgewandert war, hatte ich Angst vor der Zukunft gehabt, aber damals hatte ich meine Vergangenheit mit Freude hinter mir gelassen und nicht weitergedacht als bis zum nächsten Tag. Doch das hier war etwas anderes. Das hier könnte der Anfang von einem neuen Ich würde gut sein, auch wenn es bedeutete alles was ich in den letzten zwei Jahren erlebt, hatte hinter mir zu lassen.
      “Ich denke…”, setzte ich zögerlich an “ich bin bereit für etwas neues”, fügte ich halbwegs überzeugt hinzu und auch die letzte Anspannung verließ meinen Körper.

      Vriska
      Als ich beobachte und teilweise mithörte, wie Lina und Niklas sich unterhielten, spürte ich den Schmerz in mir. Den Schmerz, den ich in der Stallgasse gelassen hatte und nun hatte er den Weg zurück zu mir gefunden. Das wirkte sich auch auf Humbi aus. Immer wieder legte sie die Ohren und biss drohend nach mir. Niklas war noch immer mit Lina beschäftigt, so konnte ich ihn nicht nach Rat fragen. Stattdessen holte ich sie mir in die Mitte und lief im Schritt einfach nur herum. Auf eine gewisse Art beruhigte Humbria mich, denn sie reagierte sensibel auf alles, was ich tat. So musste ich genau aufpassen, was ich dachte und fühlte. Die Uhr verriet mir, dass schon 40 Minuten vergangen sind, so brauchte das Training mit ihr gar nicht mehr weiterzugehen. Wortlos verließ ich den Reitplatz, doch im Stall begannen wieder die Probleme, die wir beim fertig machen hatten. Frustriert, warf ich Gurt zur Seite.
      “Man”, beschwerte ich mich bei ihr. Plötzlich schien die Stute mir wirklich zuzuhören. Neugierig spitzte sie die Ohren und nahm ihren Kopf herunter. Schnell zog ich das Halfter über ihren Hals und nahm den Kappzaum ab. Niklas war noch immer nicht da, so brachte ich die Stute allein zurück. Im Stall brachte ich alles wieder in Ordnung und verschwand in meinem Zimmer.
      So wie der Gurt flog nun auch die Reithose in die Ecke, auch mein Shirt durfte sich dazu gesellen. Es war mir klar, dass es so nicht weiter gehen konnte. Kurzerhand schnappte ich mir mein Handy und schrieb Niklas eine Nachricht: “Jävat skit. Din jävla idiot. Berätta för henne eller gör det. Jag står inte ut med det längre. (Schei*e. Du bist so ein verdammter Idiot. Du sagst es ihr oder ich tue es. Ich halte das nicht mehr länger aus.)”
      Etwas erleichtert, legte ich es auf den Tisch und ließ mir im Badezimmer Wasser in Wanne ein. Meine Schmerzen im Unterleib wurden immer schlimmer und ich hoffte, dass es nach dem Bad besser werden würde. Nach einem Blick auf mein Telefon, auf dem noch immer keine Antwort war, legte ich es zurück und ging ins Badezimmer.

      Niklas
      “Also dann gleich wegen der Führanlage gucken?”, sprach ich das ursprüngliche Thema wieder an. Da fielen mir auch meine Worte wieder ein und bemerkte, dass Vriska nicht mehr da war. Eh eine Antwort von Lina kam, fragte ich sie: “Hast du mitbekommen, wo Vriska hin ist?”
      “Ähh Nein. Aber sie wird sich sicherlich nicht in Luft aufgelöst haben?”, antwortete sie mir irritiert.
      “Wäre nichts Neues, wenn sie auf einmal noch Superkräfte hätte”, scherzte ich. Dann vibrierte mein Handy und bekam eine Nachricht von ihr. Langsam wurde sie wirklich verrückt und das in weniger als 24h. Worauf hatte ich mich da nur eingelassen? Auf keinen Fall durfte Lina das erfahren, ich wollte das mit ihr nicht verlieren. Also musste ich eine Lösung finden, kurz überlegte ich, ob Mord eine Lösung wäre, doch das bringt auch nichts. Wie sollte man das Verschwinden begründen?
      “Möglich, dass sie auf einmal zaubern kann, aber ich vermute einfach mal sie ist in Richtung Stall gegangen, wie ein normaler Mensch”, lenkte Lina meine Aufmerksamkeit auf das Gespräch.
      “Ich schätze Vriska ist alles, außer normal”, murmelte ich und warf einen erneuten Blick auf mein Handy.
      “Wer ist denn schon normal”, antworte sie.
      “Ich denke schon, dass Ju und Samu deutlich näher an Normal dran ist als Vriska”, lachte ich.
      “Das mag sein, aber aus Erfahrung kann ich Dir sagen, nicht mal Samu ist normal. Wäre er das hätte er mich vermutlich schon damals für komplett bescheuert gehalten”, stimmte sie mir fröhlich zu.
      “Sie hat mir geschrieben und ist ziemlich sauer, vielleicht sollte ich mal gucken gehen”, log ich teilweise und verabschiedete mich. Da ich nicht genau wusste, was nun auf mich zukommen würde, bereitete ich mich auf alles vor.
      Vorsichtig klopfte ich an ihre Tür, keine Reaktion. Ich fühlte mich nicht wohl mit Gedanken ihr Zimmer zu betreten ohne Erlaubnis, doch ich ignorierte es. Aus dem Bad hörte ich sie fragen, wer da sei. Vorsichtig schob ich die Tür einen Spalt auf.
      “Was willst du? War meine Nachricht nicht eindeutig genug?”, fragte Vriska ziemlich genervt.
      “Doch, aber es geht nicht. Auf keinen Fall wird ihr das jemand sagen”, versuchte ich den Ernst der Lage zu schildern.
      “Und was habe ich davon, außer Schmerzen?”, fragte sie wieder und dachte wirklich etwas gegen mich in der Hand zu haben.
      “Das kannst du dir aussuchen”, schlug ich vor. Der Blick in ihrem Gesicht sagt vieles aus. Die Sache schien mir jedoch nicht so sicher zu sein, wie ich hoffte. Auch ihre Antwort dauerte mir persönlich etwas zu lange, um das es gut für mich verlaufen würde.
      “Wir lernen nachher”, sagte sie dann trocken. Unsicher nickte ich und schloss die Tür. Mehr oder weniger gut verlaufen. Worauf hinauswollte, lag in den Sternen. Diese Andeutung hatte sie gestern schon gemacht. Aber mir gefiel der Gedanke und erleichtert ging ich zurück.
      “Wollen wir dann jetzt mal gucken wegen der Anlage?”, schrieb ich Lina, während ich zum Zimmer lief.


      © Mohikanerin, Wolfszeit | 98.471 Zeichen

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    stall.
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    26 Juni 2020
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  • Zuchtname: Satz des Pythagoras
    Rufname: Smoothie / Smooth

    Aus der: Bree
    Mutter: Unbekannt Vater: Unbekannt
    Den: Osgiliath
    Mutter: Unbekannt Vater: Unbekannt
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    Geschlecht: Stute
    Rasse: (Edel) Standardbred
    Geburtsdatum: 1. Juli 2010
    Farbe: Mausfalbschecke (Overo) Schimmel
    Abzeichen: Scheckungsbedingt (Kopf und Beine)
    Stockmaß: 170 cm

    Charakter:
    Satz des Pythagoras wurde ursprünglich als Rennpferd gezüchtet aber es zeigte sich, dass ihr potenzial dort überhaupt nicht lag. Schnell kam sie zu einem Händler, wo sie von einer Sportreiterfamilie gekauft wurde. Smooth macht sich gern schön unter dem Sattel, sie bietet eine gute Selbsthaltung an und hat Spaß am laufen. Besonders in der Dressur eignet sie sich, aber auch das Springen scheint ihr zu liegen. Die Stute ist ein guter Allrounder.

    "Verhaltenskreativ"
    ____________________________________

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    Gencode: EE aa Dnd2 nO Gg
    Zuchtzulassung: Ja
    Gesamtnote: 7,32
    Nachkommen: -


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    SK 475 (10.08.2021)
    ____________________________________

    Dressur: M / S+
    Springen: A / S
    Military: E / S
    Fahren: -
    Rennen: E / E
    Gangreiten: E / L
    Western: -
    Distanz: E / M

    Oktober 2022 Durchlässigkeit, Dressur L zu M

    Gänge: 4 [CA]

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    470. Militaryturnier (15.02.2021)

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    471. Militaryturnier (22.02.2021)
    472. Militaryturnier (07.03.2021)
    482. Militaryturnier (09.05.2021)

    [​IMG]
    350. Synchronspringen (28.03.2021)
    353. Synchronspringen (24.04.2021)

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    624. Springturnier (24.04.2021)
    354. Synchronspringen (30.04.2021)
    355. Synchronspringen (07.05.2021)

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    348. Synchronspringen (17.03.2021)

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    476. Distanzturnier (03.05.2021)
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    Besitzer: Mohikanerin (Niklas)
    Zucht: Olofsson, Schweden
    VKR: Mohikanerin
    Ersteller: Mohikanerin
    Punkte: 16 (+2 Bewegung)
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