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Bracelet

Quintessenz │ Trakehner │ Stutfohlen

Minstrel x Quaterback <3

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Quintessenz │ Trakehner │ Stutfohlen
Bracelet, 19 Apr. 2021
    • Bracelet
      Steenhof, März – April
      © Rhapysody

      Seit Wochen hatte ich an fast nichts anderes gedacht als an die bevorstehende Fohlensaison. Die Abfohlboxen waren vorbereitet, die Geburtmelder warteten nur auf ihren Einsatz – und doch wurde ich nervös, als es dann losging.
      In einem kleinen Notizbuch hatte ich die errechneten Geburtstermine fein säuberlich aufgeschrieben, um etwas den Überblick zu behalten, in welcher Reihenfolge die Stuten etwa abfohlen würden. Aber Stuten wären ja nicht Stuten, wenn sie solche Pläne nicht gerne über den Haufen schmeißen würden.
      Eines Morgens, während meiner normalen Kontrollrunde, bemerkte ich die ersten Harztropfen. Nicht bei Golden Lights, wie es mein schlaues Notizbuch eigentlich wollte, sondern bei Bucky. Bei der Palominostute hingegen war bis auf ein gefülltes Euter noch keine Anzeichen zu sehen. Nach kurzer Absprache mit Hauke, der das absolute Glück hatte, dass er im Gegensatz zu den anderen in meiner Nähe war, durfte die Holsteinerstute noch am selben Abend die erste Abfohlbox beziehen. Und für mich bedeutete das, dass auch ich mein Quartier für die nächsten Wochen vorbereiten musste.
      Theoretisch gab es über dem Laufstall ein kleines Zimmer – theoretisch. Praktisch war es nach wie vor unbewohnbar; kein Bett, kein Strom und schlecht isoliert. Also räumte ich mir eine kleine Ecke in der angrenzenden Sattelkammer frei, stellte ein Feldbett auf und machte es mir dort mit drei Decken, vier Kissen und zwei Corgis bequem. Der Schlaf war alles andere als erholend – Bucky hatte den Geburtmelder um den Bauch geschnallt und das Empfangsgerät lag direkt neben meinem Kopf, aber trotzdem lauschte ich immer mit einem halben Ohr in den nächsten Raum.
      Das Fohlen ließ ein paar Tage auf sich warten – ich hatte schon Angst, dass schon bald die nächste Stute soweit war und womöglich zwei Fohlen gleichzeitig kommen würden – aber dann wurde ich eines Nachts doch von einem Piepen aus meinem Halbschlaf gerissen. Schnell in die Stiefel geschlüpft und eine Jacke drüber geworfen war ich dann auch schon im nächsten Raum.
      Viel zu tun hatte ich nicht, da war Bucky mittlerweile schon mehr Profi als ich. Wie gewohnt ging die Geburt schnell vonstatten – kaum eine halbe Stunde, nachdem ich aufgewacht war, war die kleine Stute schon auf der Welt. Noch ein bisschen verknittert und mit einem angepissten Gesichtsausdruck, aber das würde sich schnell legen. Verhältnismäßig schnell war die Kleine auch schon auf den Beinen. Ein schönes großrahmiges Fohlen, musste ich bemerken, das kaum eine halbe Stunde nach der Geburt schon neugierig seine Welt beobachtete. Nachdem es auch das erste Mal gesaugt hatte, betrat dann auch ich die Box, um unter Argusaugen den ersten kleinen Check durchzuführen. Soweit sah alles gut aus – sowohl Mutter als auch Kind sahen erschöpft aus, aber das war ganz normal. Die Nabelschnur war ganz von alleine gerissen, so wie es sein sollte; ich desinfizierte den Nabel nur noch mit einer Jodlösung, damit er sich nicht entzündete. Alles in allem eine absolute Bilderbuchgeburt – und weil Bucky sich den perfekten Zeitpunkt ausgesucht hatte, konnte ich mich sogar noch ein bisschen aufs Ohr legen.
      Am nächsten Morgen war die kleine Stute schon wach und auf den Beinen, während Bucky noch im Stroh döste. Das machte aber gar nichts – immerhin mussten Hauke und Jette den kleinen Neuzugang ja auch noch begrüßen, und eine entspannte Mutterstute war da nur zu begrüßen. Auch da zeigte sich das Fohlen als extrem neugierig – solange der Mensch ihm gegenüber so still wie möglich blieb. Dann beschnupperte sie die Arme, die Klamotten, die Knie. Machte der Mensch aber eine Bewegung zu viel, versteckte es sich sofort hinter der Mutter. Ich war mir aber sicher, dass sich schon in ein paar Tagen ein komplett anderer Charakter zeigen würde – würde diese kleine Stute auch nur irgendwie nach ihrer Mutter kommen, würden wir in ein paar Tagen schon ein ganz anderes Fohlen von uns haben: frech und zickig.
      Am frühen Vormittag kam dann auch Dr. Maartens zum ersten Check Up vorbei. Noch in der Box kontrollierte er die Gelenke und löcherte mich mit allen möglichen Fragen zur Geburt. Als die kleine Stute dann ihre erste Spritze überlebt hatte – mit viel Tamtam, aber überlebt – bekamen wir auch die offizielle Erlaubnis, Mama und Baby rauszulassen.
      Bevor Bucky wieder in die bestehende Herde kommen würde, sollte es noch ein paar Tage dauern – das kleine Fohlen konnte in den ersten Tagen noch nicht gut sehen und sollte seine Mutter im Laufstall nicht verlieren. Damit vor allem die Kleine aber ihre Beine ausstrecken und später auch mit Gleichaltrigen spielen konnte, hatte ich eine meiner Weiden dafür vorgesehen. Glücklicherweise spielte auch das Wetter mit; der Regen war über Nacht abgeklungen und auch, wenn es keine Sonne gab, war es trocken und windstill und daher perfekt für ein neugeborenes Fohlen. Die kleine Stute nutzte das auch voll aus, und in den ersten Runden galoppierte auch Bucky über die Wiese, bis sie sich den ersten Grashalmen des Jahres widmete.
      Die nächsten Tage über zerbrach ich mir den Kopf über den möglichen Namen. Für jede Anpaarung hatte ich theoretisch schon ein paar passende Namen aufgeschrieben – mit jedem Tag, den ich das Fohlen beobachtete, passte aber keiner so wirklich. Noch war genug Zeit – gechippt wurde erst, wenn alle anderen Fohlen da waren und wir uns auf die Fohlenschauen vorbereiteten. Bis dahin würde sie wohl erst einmal „Buckys Fohlen“ bleiben.
      Nachdem das Stutfohlen auf der Welt war, kehrte erst einmal für ein paar Tage so etwas wie Normalität ein. Ich entspannte mich wieder ein bisschen, widmete mich wieder den jungen Pferden. Peace würde die nächsten Monate aktiv in den Beritt gehen; die ersten Reiteinheiten mit mir waren super verlaufen, sodass ich die Scheckstute an Greta weitergegeben hatte. Langsam bauten die beiden genug Kondition auf, dass Peace schon bald auf den ersten Turnieren vorgestellt werden konnte. Davon noch etwas entfernt waren Contia Socks und Dark Innuendo. Das Longieren war kein Problem mehr, jetzt ging es daran, die zwei Stuten an die Ausrüstung und auch langsam an das Reitergewicht zu gewöhnen. Das Gebiss nahmen beide relativ gut an, den Sattel etwas weniger. Erst, als sie nicht mehr wie verrückt durch die Halle preschten, sobald sie mit Sattel longiert wurden, stemmte ich mich versuchsweise in die Steigbügel. Contia machte beim ersten Versuch einen großen Schritt zur Seite, hatte aber schnell kein Problem mehr damit. Ich erwartete, dass ich in wenigen Wochen schon einmal auf der Stute sitzen konnte.
      Etwa eineinhalb Wochen nach Buckys Fohlen erblickte auch die nächste kleine Stute das Licht der Welt. Andromeda war noch ein bisschen verwundert über das kleine dunkelbraune Ding im Stroh, das legte sich aber schnell – als hätte sie nichts anderes gemacht leckte die Fuchsstute das Fohlen ab, sah ihm bei den ersten Aufstehversuchen zu und ließ es dann auch problemlos ans Euter. Bei dieser Geburt war ich nicht allein gewesen – als es die ersten Anzeichen gab, dass das Andromeda-Fohlen bald kommen würde, hatte es sich Hauke auch im Stutenstall gemütlich gemacht. Von ihm kam auch der Namensvorschlag für die kleine Stute: Amalthea, ein Mond des Jupiters. Das passte zu Andromeda und auch ein bisschen zum Vater des Fohlens, Cloud Nine.
      Typisch Fohlen verhielt auch Amalthea sich zunächst neugierig und doch scheu. Sie wich ihrer Mutter nicht von der Seite – nicht, als die zwei nach der Erstuntersuchung zum ersten Mal alleine auf den Paddock durften, noch, als das andere Mutter-Tochter-Paar dazu kam. Während Buckys Fohlen Haken schlug, drängte sich Amalthea an Andromedas Flanke. Ein paar Tage dauerte es, bis sie sich das andere Fohlen genauer ansah – sie blieb aber immer in fast direkter Nähe zu ihrer Mutter.
      Das nächste Fohlen – dieses Mal ein Blurry-Fohlen aus der Golden Lights, die mir von einer Züchterin für dieses Jahr zur Verfügung gestellt wurde – ließ nicht lange auf sich warten, deswegen mussten Bucky und ihr Fohlen wieder zurück in den Laufstall. Ich machte mir wenig Sorgen; die Mutterstute konnte richtig eklig werden wenn es sein musste, und so ließ sie auch erst mal keine der neugierigen Tanten näher an das Fohlen heran. Angesichts der neuen Situation schien das Fohlen aber auch ein bisschen weniger vorwitzig und frech – sie drängte sich dicht an Buckys braune Flanke und schien bedacht, dass zwischen ihr und den anderen Stuten immer ihre Mutter stand, vor allem, wenn die kleine Stute schlafen wollte. Ich vermutete aber stark, dass sich das in den nächsten Tagen legen würde und dass sie die anderen Stuten genauso nerven würde, wie sie es mit ihrer eigenen Mutter machte.
      Bucky und Golden Lights machten fast einen fliegenden Wechsel; nachdem die Abfohlbox ordentlich ausgemistet und desinfiziert war, zog die Palominostute ein. Und während Buckys und Andromedas Geburten fast schon wie aus dem Lehrbuch waren, hatte Golden Light das Glück leider nicht. Der Geburtenmelder weckte mich um halb fünf morgens – der löste aus, wenn sich die Stute hinlegte, doch als ich eine Minute später an der Abfohlbox stand, war Golden Lights wieder aufgestanden. Das helle Fell war an einigen Stellen schon nassgeschwitzt und sie lief unruhig in der Box umher. Soweit nichts Außergewöhnliches – und trotzdem hatte ich ein ungutes Gefühl.
      Beschäftigungstherapie sollte helfen; ich griff also nach einer Schweifbandage und wickelte den Schweif ein. Währenddessen legte sich die Stute immer wieder hin, stand aber sofort wieder auf. Auch immer noch nichts Unnormales. Mein Bauchgefühl sagte mir aber, dass ich vielleicht vorsorglich Dr. Maartens anrufen sollte – seit Bucky zu anfangs in die Abfohlbox gezogen war, war auch er schon auf die Geburten vorbereitet und hob schon beim zweiten Klingeln ab. Ich beschrieb ihm kurz die Situation, die auch er bis jetzt noch als normal empfand, doch trotzdem stolperte er etwa zwölf Minuten später in den Laufstall. Mittlerweile hatte Golden Lights mit dem Pressen begonnen; ich war wieder aus der Box gegangen, um die Stute nicht zu stören. Denn nichts gab den Anschein, dass es Komplikationen geben würde – vielleicht war mein Bauchgefühl auch nur so schlecht, weil Golden Lights ja nur geliehen war und nach dem Absetzen auch wieder zurück nach Kanada ging.
      Letzten Endes hatte mein Bauchgefühl dann aber doch recht. Denn als Golden Lights sich dann schlussendlich zur Geburt hinlegte, die Fruchtblase platzte und dann die Vorderfüßchen zu sehen waren, waren sowohl der Tierarzt als auch ich sofort in der Box. Statt nach unten zeigten die nämlich nach oben – das Fohlen lag falsch. Dr. Maartens ordnete mir an, die Stute wieder zum Aufstehen zu bewegen und dann nach Verstärkung zu telefonieren. Während ich nach Hauke telefoniert, griff der Tierarzt nach dem Fohlen, um es zu drehen. Das konnte funktionieren – konnte ebenso aber auch in die Hose gehen.
      Nach zehn Minuten kam Hauke dazu und Golden Lights durfte sich wieder ablegen; so wie es aussah hatte Dr. Maartens das Fohlen wenigstens ein bisschen in die richtige Lage drehen. Während ich weiterhin am Kopf der Stute blieb, um sie so gut wie möglich zu beruhigen, zogen Dr. Maartens und Hauke dann mit jeder Wehe das Fohlen heraus. Erst als ich mich selbst vergewissern konnte, dass es am Leben war, nahm ich die ganzen anderen Umstände war: ein cremefarbenes, fast weißes Bündel Fell lag im Stroh, zerknittert und sichtlich geschafft – aber es atmete. Jetzt mussten wir die Box räumen – Golden Lights hatte sich bereits zu ihrem Fohlen umgedreht und begann mit dem Abschlecken der Eihaut.
      Dafür, dass es einen ziemlich dramatischen Start ins Leben gemacht hatte, rappelte sich das Fohlen schnell zusammen und unternahm die ersten Aufstehversuche schon zwanzig Minuten nach der Geburt. Die ersten Versuche landeten wieder im Stroh – da konnte ich immer fast nicht hinsehen, mit den langen dünnen Beinen – aber sie kämpfte sich letzten Endes auf alle vier Beine. Für den Fall der Fälle hatte ich Golden Lights kurz abgemolken, nachdem die Stute aufgestanden war; das stellte sich aber als überflüssig heraus, als das Fohlen kurz darauf zielstrebig ans Euter ging.
      Nachdem Dr. Maartens dann noch die Nachgeburt auf Vollständigkeit kontrollierte, verabschiedete er sich wieder. Erst dann fiel mir auf, dass es bereits dämmerte. An Schlaf war also nicht mehr zu denken; in weniger als einer Stunde wäre ich eh schon auf dem Hof unterwegs gewesen, um die morgendliche Fütterung zu übernehmen. Auch Hauke machte sich nicht mehr die Mühe, nach Hause zu fahren; stattdessen starteten wir den Tag damit, Jettes Ausbildungspferde zu füttern.
      Das Blurry-Fohlen hatte seinen Namen tatsächlich als erstes gekriegt, nämlich schon wenige Wochen, nachdem bestätigt wurde, dass Golden Lights aufgenommen hatte. Damals wusste ich natürlich noch nicht, ob es ein Hengst- oder ein Stutfohlen werden würde – der Name war zum Glück ziemlich geschlechtslos. Das einzige, was wichtig war, war die Farbe. Glücklicherweise hatten sich alle Planeten richtig angeordnet und es war wirklich eine kleine Palominostute dabei herausgekommen, die fortan auf den Namen Painted Gold hören sollte. Für Buckys Fohlen waren wir nach wie vor planlos, denn auch Hauke und Jette stimmten mir zu, dass die vorher ausgesuchten Namen plötzlich gar nicht mehr passten. Zwar hatten die beiden massig eigene Vorschläge, die reichten aber von akzeptabel (Beyond Expectations) bis hin zu dem größten Müll, den ich je gehört hatte (Bundeskanzlerin – danke dafür, Hauke). Die beiden schieden also aus und durften nie wieder ein Fohlen benennen. Nie wieder.
      So wechselte der März dann in den April – die drei Mütter kamen täglich inklusive Fohlen entweder auf die Koppel oder auf den Springplatz, um sich ordentlich zu bewegen. Painted Gold war mittlerweile komplett angekommen und bewegte sich schon wenige Tage nach der Geburt wie eine junge Göttin; Blurry vererbte ausgezeichnete Gänge. Wenn ich der kleinen Stute zusah, freute ich mich schon riesig darauf, wenn ich in ein paar Jahren selbst drauf sitzen konnte.
      „Sag mal, hast du da aus Versehen ein Dressurpferd gezogen?“ war Haukes Kommentar eines Nachmittags. Er gab es ungern zu, aber die Fohlen hatten jedes Mal einen besonderen Platz in seinem Herzen und so machte er beim Misten gerne den ein oder anderen Abstecher zu der Koppel, auf denen die Mutterstuten grasten und die Fohlen spielten. So auch heute – ich selbst kam gerade von einer weiteren Session mit Contia und war ebenso angezogen worden von den kleinen Fohlen.
      Ich zuckte mit den Schultern. Dass aus der Anpaarung kein neuer Springcrack rauskam, hatte ich schon gewusst. Blurrys Paradedisziplin war nun mal die Dressur, genauso wie Golden Lights‘. „Wir müssen uns ein bisschen breiter aufstellen,“ erklärte ich Hauke mit wichtiger Mine. „Etwas neues ausprobieren.“ Auf der Wiese schlug Painted Gold einen Haken, vor dem Amalthea ehrfürchtig zurückwich.
      „So kann mans auch sagen,“ antwortete Hauke. Wir verfielen wieder in angenehme Stille und sahen den Fohlen beim Spielen zu. Amalthea schien langsam ein bisschen warm zu werden und von Painted Gold und Buckys Fohlen anstecken und entfernte sich auch mal mehr als zwei Schritte von Andromeda. Die hatte sich aber auch zur wahren Glucke entwickelt – kaum kam eine der anderen Mutterstuten zu nah an ihr Fohlen, wurde gegiftet was das Zeug hielt. So wurde auch die Herdenzusammenführung ein bisschen turbulent, denn auch Andromeda und Amalthea mussten ein paar Tage später die Abfohlbox räumen, um Platz für die nächste kugelige Dame zu machen. An das Fohlen ließ Andromeda keine Stute so richtig ran – und die anderen Stuten waren schwer begeistert von der frischgebackenen Mutter, die sich früher einfach so durch die Gegend scheuchen ließ.
      Die nächste Geburt war eine volle Punktladung. Pünktlich am errechneten Geburtstermin brachte Benihana ein schickes hellbraunes Fohlen zu Welt – und auch den ersten Hengst dieses Jahres. Schon am nächsten Tag beobachtete er uns gespannt, schien aber absolut keine Scheu vor den komischen Zweibeinern zu haben, die in seine Box kamen, ihn untersuchten und anschließend auf die Weide führten. Im Gegenteil: er beschnupperte jeden ausgiebig und ließ sich ohne größere Probleme schnell anfassen. Aus dem Kleinen würde später sicherlich einmal ein sehr menschenbezogener Hengst werden.
      Auch sein Name stand eigentlich schon fest, ehe überhaupt sicher war, dass Benihana tragend war. Ares‘ erstes Hengstfohlen auf meinem Hof musste einfach Antares heißen. Hauke beschwerte sich, dass ihm der Name eigentlich schon wieder viel zu lang war – wie so ziemlich jeder Name, der momentan schon auf der Koppel rumhüpfte – und ich würde schon sehen, was ich davon haben würde. Wenige Tage nach der Geburt fing er dann an, den kleinen Hengst Ari zu rufen – für mich ein absoluter Horrorname für einen so schönen kleinen Hengst, aber ich hatte schon wieder die nächste Geburt vorzubereiten.
      Die nächste Leihstute aus Kanada, Dark Rubin, hätte nämlich eigentlich schon weit vor Benihana und fast zeitgleich mit Golden Lights Termin gehabt. Das Fohlen hatte aber keine Anstalten gemacht, herauszuwollen, und die Stute war auch noch sehr agil durch den Laufstall getrabt. Mir fiel also ein Stein vom Herzen als ihre Beckenbänder zu Pudding wurden und die Milch zu tropfen begann. Nur einen Tag später purzelte auch ihr Fohlen dann endlich auf die Welt. Wieder ein kleiner Brauner, doch dieses Mal mit einer schicken weißen Brille um die Augen – da würde es nicht allzu lange dauern, bis der Schimmel durchkam.
      Die kleine Stute brauchte eine ganze Weile um auf die Beine zu kommen, und mit jedem Plumps ins Stroh schien die Kraft zu schwinden. Ich fackelte also nicht lang – ich hatte sie vor der heißen Fahrt der Geburt noch schnell ein wenig abgemolken, damit das Fohlen bei Problemen trotzdem so schnell wie möglich das Kolostrum bekam. Und Hunger hatte die kleine Stute: innerhalb von Minuten war die Flasche leer, die Energiereserven aufgetankt und schlussendlich schaffte sie das Aufstehen dann auch noch. Dark Rubin hatte zuvor schon ein Fohlen gehabt und schien sofort in die Mutterrolle zu schlüpfen. Was aber auch bedeutete, dass ich mit Adleraugen beäugt wurde, als ich das Fohlen noch ein letztes Mal durchcheckte.
      Leider hatte sich das Stütchen keine schöne Woche ausgesucht, um geboren zu werden. Nach dem schönen Wetter der letzten Tage kam der Regen zurück. Die anderen Fohlen kamen nur noch stundenweise auf die Koppel und wurden im Laufstall von ihren Müttern kontrolliert in den warmen Stall abgelegt. Ordentliche Bewegung war mir aber vor allem in den ersten Tagen extrem wichtig – also blockte ich mir kurzerhand für einen Nachmittag die Halle. Da konnte das Fohlen dann mal zeigen, was es konnte.
      Dark Rubin selbst stammte aus einer deutlich springbetonten Linie – zu der auch übrigens meine eigene Dark Innuendo gehörte – und auch der Vater des Fohlens, Flavor of the Weak, machte keine schlechte Figur über dem Sprung. Schon weniger als 24 Stunden nach seiner Geburt bewegte sich das Fohlen schon sicher durch die Halle. Ihr Trab war schön federnd, der Galopp noch ein bisschen verhalten, aber daran konnte man arbeiten. Bei solchen Aussichten freute ich mich schon fast auf die Fohlenschauen im Sommer.
      Wie ihre Mutter und gewissermaßen auch wie ihr Vollbruder in Kanada sollte der Name der kleinen Stute mit Dark beginnen. Den passenden Namen lieferte Hauke, in dem er mir den Link zu einem YouTube Video schickte. Kurz darauf konnten wir den Namen mit Sekt und ein paar Schnäpsen begießen: die Kleine würde Dark Necessities heißen – das ließ sich zwar auf der Weide nicht gut rufen, aber da würde man schon noch eine Lösung finden.
      Nach Dark Necessities wartete ich ungeduldig auf die Fohlen von Jettes Quarterback. Der Hengst überzeugte durch Talent, aber auch durch Farbe – ich hoffte also, dass die Fohlen das auch ein bisschen mitkriegten. Um richtige Trakehner zu züchten, hatte ich mir für das zweite Fohlen auch eine Roanstute aus Kanada geliehen. Minstrel war doppelt veranlagt und ging erfolgreich Dressur- und Springwettbewerbe – genau wie Quarterback. Das zweite Fohlen sollte aus unserer eigenen Calista kommen, und auch da rechnete ich mir große Chancen für ein Prachtexemplar aus, auch, wenn beide Fohlen in einer Grundfarbe geboren würden.
      Tatsächlich war die nächste Kandidatin Calista, die mich in tiefster Nacht weckte. Doch bis ich aufgewacht, schnell in die Schuhe geschlüpft und mir noch einen Pullover angezogen hatte, war das Fohlen schon beinahe auf der Welt – als ich an die Abfohlbox kam, lag das schwarze Fohlen schon halb im Stroh. Wenige Augenblicke später rappelte es sich dann schon einmal in die Brustlage und bekam die erste Massage von Mama. Damit konnte ich das zweite Hengstfohlen dieses Jahr begrüßen.
      Der Vater ließ sich wirklich nicht leugnen: das Hengstfohlen hatte genauso ein weißes Gesicht und ein Fischauge, fast genau wie Quarterback. Das Fell war von einem dunklen Grau durchzogen; ob hier das Roan-Gen vom Vater noch zuschlagen würde, war abzuwarten – oder zu testen.
      Gemeinsam mit Dark Rubin und ihrer Tochter durften Calista samt Sohnemann am darauffolgenden Tag wieder in der Halle freilaufen, während ich die Boxen mistete und verzweifelt nach einem Namen mit Q suchte. Zum Glück half Regen, frische Luft und nasses Stroh beim Nachdenken – und ausnahmsweise waren Hauke und ich einer Meinung, was den Namen anging. Der kleine Hengst war nicht einmal 24 Stunden auf der Welt und hatte einen Namen – während Buckys Fohlen nach wie vor namenlos war. Der Quarterback-Sohn würde ab sofort Quantensprung heißen. Und dafür, dass der Name entstand, während ich stinkige Boxen ausmistete, war er ja gar nicht so schlecht.
      Im Gegensatz zu anderen Fohlen – so zum Beispiel Painted Gold oder auch Dark Necessities – konnte Quantensprung sich am ersten Tag noch nicht so grazil bewegen. Als es dann aber wieder auf die Koppel ging, zeigte er auf jeden Fall schon einmal, dass er gerne galoppierte. Trotzdem machte ich mir keine Gedanken über seine Zukunft; selbst wenn er nur das absolute Minimum von seinen Eltern bekommen hatte, würde er auf jeden Fall zu einem gehobenem Freizeitpartner werden.
      Mittlerweile ging es auf Ende April zu, als die letzten zwei Fohlen fast zeitgleich kamen. Colored Belle, die Stute, die mit jedem außer mir ein kleines Problem hatte, und Minstrel, die Roan-Stute, zeigten am gleichen Tag erste Anzeichen, dass es bald soweit sein könnte. Und die Fohlen wurden innerhalb von etwas mehr als zwölf Stunden geboren; beide Stuten standen zu dem Zeitpunkt schon in den Abfohlboxen, Belles Fohlen wurde also unter Top-Bedingungen geboren. Auch sie brachte einen kleinen Hengst von unserem Barney zur Welt – die Jungs holten also langsam auf. Auf den Charakter des Fohlens war ich wirklich außerordentlich gespannt. Colored Belle galt laut Züchterin früher als wahres Problempferd und auch Barney war an seinen schlechten Tagen nur mit Vorsicht zu genießen. Ich konnte aber kaum glauben, dass das kleine Hengstfohlen mit seinen tiefbraunen Augen und treudoofen Blick es faustdick hinter den Ohren haben sollte.
      In der Nacht sah der kleine Hengst natürlich schwarz aus – ich ärgerte mich also schon ein bisschen über eine so dunkle Fohlensaison. Rappen waren zwar wirklich schick, vor allem, wenn sie speckig in der Sonne glänzten, aber wenn fast die Hälfte der Fohlen Rappen waren, sah man sich daran auch irgendwann satt. Erst am nächsten Tag erkannte ich die dunkelbraunen Flecken am Maul, ums Auge und an der Flanke – ein kleiner Schwarzbrauner also. Damit konnte ich leben. Dieser kleine Mann würde – um ganz dem Papa nachzukommen – als Blitzkrieg Bop eingetragen werden. Ich hoffte natürlich, dass er ähnlich erfolgreich wie Papa und Mama sein würde. Bis sich das aber herausstellte, musste der Kleine erst mal noch ein kleines Stück wachsen und größer werden.
      Und wie vorhin schon erwähnt: das letzte Fohlen des Fohlenjahrgangs 2020 kam um 16:42 Uhr am nächsten Tag auf die Welt. Während alle Stuten verlässlich nachts gefohlt hatten, hatte sich Minstrel ausgesucht, ihr Fohlen am helllichten Tag zu bekommen. Eher zufällig bekamen wir dann überhaupt mit, dass da wirklich gleich ein Fohlen auf die Welt kommen sollte. Ich hatte ein bisschen Angst um das Würmchen in der großen Herde und bugsierte die werdende Mama noch schnell in ihre Abfohlbox – denn seit wenigen Tagen wurden die Stuten angegrast, was natürlich auch für die werdenden Mama Minstrel galt. Das Wetter war wechselhaft, das Gras nass, der Boden kühl; das musste nun wirklich nicht sein. Also durfte Minstrel genau wie die sechs anderen Mamas ihr Fohlen in der geschützten Box zur Welt bringen.
      Und, oh Wunder, es war noch ein Rappe. Im Gegensatz zu ihrem Halbbruder war die kleine Stute aber stahlgrau; hier fehlte noch ein bisschen schwarzes Pigment. Und auch bei ihr würde sich erstmal nur durch Warten oder einen Gentest herausstellen, ob das Roan-Gen auf sie übergesprungen war; die Chancen standen eigentlich gar nicht so schlecht mit zwei Roan-Eltern. Zusätzlich hatte sie noch einen kleinen Fleck auf dem Bauch; das einzige Merkmal, dass Quarterbacks Scheckung vererbt wurde.
      Auch ihren Namen fand ich ganz ohne fremde Hilfe, und war ebenso verzückt wie vor wenigen Tagen noch vor Quantensprung – Quintessenz ging einfach runter wie Öl.
      Und mit Quintessenz war die Fohlensaison dann auch schon vorbei. Das Endergebnis von 3 Hengst- zu 5 Stutfohlen war auch allererste Sahne, vor allem, wenn man als Züchter von einer 50:50-Quote ausging. Außerdem keine Totgeburt, sondern acht kerngesunde und quietschfidele Fohlen, die das Frühjahr und den Sommer mit ihren Müttern und der restlichen Herde auf den großen Weiden verbringen durften. Natürlich mit lästigen Störern zwischendrin – die Fohlen sollten sich gleich mal dran gewöhnen, dass man sie anfasste, ich wollte bis zum Absetzen im Herbst auch schon einmal am Hufe geben arbeiten, dann die Tierarztbesuche, die Fohlenschauen, die Fohleneintragung mit Brennen – da kam ganz schön was auf die kleinen Purzel zu.
      Und dann war da ja noch immer das Dilemma mit dem Namen für Buckys Fohlen. Fast 6 Wochen war die Gute jetzt schon alt und wurde nur mit „Kleine“ angesprochen. Aus dem Spitznamen wuchs sie aber langsam im wahrsten Sinne des Wortes heraus. Außerdem hatte sich etwas entscheidendes in den letzten Wochen geändert – ähnlich wie Nessie hatte auch Buckys Fohlen eine kleine Brille aufgesetzt bekommen. Der Vater Levistino konnte sich also durchsetzen – früher oder später würde das Fohlen weiß werden. Und wenn ich weiter so rumtrödelte, passierte das eher, als dass ich einen Namen für sie hatte.
      Gerne hätte ich natürlich einen Namen, der sich irgendwie entweder auf den Vater oder die Mutter bezog. Alle Namen, die ich mit B fand, waren entweder zu sanft, gefielen mir nicht oder waren kompletter Kuhmist (ich erinnere hiermit noch einmal an Bundeskanzlerin). Mittlerweile war ich schon so weit, dass ich zumindest nur einen passenden Rufnamen für die Kleine finden wollte – der offizielle Zuchtname konnte dann spätestens im Juni beim Fohlenbrennen noch festgelegt werden.
      Nach gefühlt endlosen Nächten, die ich mit Scrollen verbrachte, schien ich dann auf des Rätsels Lösung gestoßen zu sein. Und auch Hauke (und Jette, die ich pro Forma ebenfalls dazu befragte, aber erst, nachdem der Name eigentlich sicher war) schien Gefallen dafür zu finden – auch, wenn ich ihm das Ganze erst einmal erklären musste.
      „Kobik? Ist das russisch?“
      Wir waren gemeinsam ausreiten – jetzt, wo alle Fohlen auf der Welt waren, konnte ich mir eine kleine Auszeit nehmen, ehe es an die Jungpferdeausbildung ging. Ich thronte auf Ares‘ Rücken, während Hauke auf Blurry durch den Wald ritt. So konnte ich schön von oben herab seufzen und die Augen verdrehen.
      „Kobik kommt wahrscheinlich von Cube. Weil … Kobik von Teilen des Cosmic Cube entstanden ist. Du verstehst?“
      „Nein. Nein, tue ich wirklich nicht.“
      Wieder seufzte ich. „Und ich dachte, du hast deine Jugend mit Comicheften verbracht. Jedenfalls wird Kobik zuerst mit schwarzen Haaren dargestellt, später nach … etlichen Storylines die mir die Website nicht verraten hat, hat sie dann weiße Haare. Und wer stellt sich gerade als Schimmel im Rappenpelz heraus?“
      „Buckys Fohlen,“ murmelte Hauke. Er hatte sein Handy gezückt; ich konnte nur das Google-Logo sehen. Wahrscheinlich musste er sich vergewissern, ob er dieses Kobik-Zeug nicht doch kannte.
      „Ganz genau. ‘nen ordentlichen Zuchtnamen finden wir dann schon, dann müssen wir uns beim Brennnen nicht so blamieren. Oh! Und Kobik kann man super rufen. Dann hört sie vielleicht auch besser.“
      Von Hauke kam keine Antwort – als ich wieder auf ihn hinabsah, sah ich, wie er ein blödes Grinsen unterdrückte.
      „Was?“ fragte ich ihn und dann prustete er auch schon los. „Was denn?!“
      Ein paar Augenblicke lang konnte er sich nicht fassen, geschweigedenn einen Satz formulieren. Dann aber, immer noch mit einem Lächeln auf den Lippen, las er wichtig vor: „Kobik. Die schweizerische nationale Koordinationsstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität.“
      „Sowas passiert auch nur mir,“ murmelte ich. „Aber egal. Beschlossen ist beschlossen. Sie heißt Kobik.“


      Steenhof, 15. Juli
      © Rhapysody

      Als Besitzer eines Reitstalls verbrachte man leider viel zu wenig Zeit bei den Pferden – vor allem im ersten Halbjahr. War die Decksaison erst einmal abgeschlossen, konnte ich es schon eher mal vertreten, mir einen halben Zeit Büroauszeit zu nehmen. Und selbst dann warteten unzählige Arbeiten auf mich, die ich aber wesentlich lieber machte, als von früh bis spät am Laptop zu sitzen.
      Neben Vorbereitungen auf Fohlenschauen, Turnieren und dem ganz normalen Trainingsalltag gab es auch ein paar Neuzuwächse. Während ich mit Manias Besitzerin immer noch am Überlegen war, wie wir die Stute am besten dauerhaft auf dem Steenhof behalten konnten, war Cassiopeia Z schon so gut wie in meinem Besitz – es fehlten lediglich noch die Formalien. Dazu kamen dann noch Jettes neue Trainingspferde, zwei braune Vollblüter aus England. Cobain und Gambit – eigentlich Gamble Away aber wer hatte schon Zeit für den kompletten Namen? Ich ganz sicherlich nicht – sollten in Deutschland als Reitpferde verkauft werden und von Jette jetzt zu genau dem gemacht werden; beides waren Ex-Galopper, die aber eine fundierte Grundausbildung genossen hatten. Beide gefielen mir aber so gut, dass ich überlegte, ob wir sie nicht selbst behalten sollten.
      Zu diesen beiden Herren gesellte sich auch noch ein dritter: ein Sohn von Bucky aus einem wundervollen Dominant-White-Hengst. Ein Palomino names Buchanan, der wundervoll in der Sonne glänzte und hoffentlich ganz viele Schleifen in der gleichen Farbe wie sein Fell mit heimbringen würde. Sechsjährig kannte er schon die Grundlagen – jetzt würden wir ihm beibringen, wie er auch toll übers Hindernis kam. Die Veranlagung dafür war auf jeden Fall da.
      Und damit ich irgendwann nicht nur noch Hengste hatte, würden auch drei neue Stuten einziehen dürfen: zwei Trakehner und ein Holsteiner. Neben einer noch recht unerfahrenen Schimmelstute names Rosewood kam auch die Tochter eines bekannten Trakehnervererbers dazu; Rosewood und Cover the Stars würden später hoffentlich mal die kleine Trakehnerzucht bereichern. Rosewood musste sich da noch mehr unter Beweis stellen; bis jetzt war die Stute nur auf wenigen Turnieren vorgestellt worden, was Jette und ich aber ändern wollten. Und Cover the Venus, die Zweite im Bunde, war noch frisch unterm Sattel. Die dritte Stute, ebenfalls ein Schimmel, hatte schon Einiges mehr an Erfahrung. Cobie hatte ich schon selbst im Parcours erleben können - dementsprechend fackelte ich gar nicht lange, als ich ihre Verkaufsanzeige fand.
      Und apropos Zucht: drei unserer Hengste waren auch langsam für ihre Leistungsprüfung bereit. Seattle Slew unter Marieke hatte sich toll auf dem Hof gemacht und das auch auf den Turnieren gezeigt. Ebenso wie Equinox – während Seattle vor allem in Vielseitigkeiten glänzte, war Equinox Springer durch und durch. Ich freute mich also schon auf die ersten Fohlen aus dem schicken Smoky Cream – die würden dann mit Farbe und Können auftrumpfen. Auch Jette und Shotgun hatten die Saison die ein oder andere Springschleife mitgebracht. Auch bei der Stute träumte ich schon von den kleinen Flugzeugen, die mal von ihr abstammen sollten – Jette war mit ihr auch in der schweren Klasse erfolgreich gewesen, und Shotgun sprang über die 1,60m hohen Stangen, als wäre es das leichteste auf der Welt.
      Insgeheim freute ich mich auf den restlichen Sommer und den Rest des Jahres – jetzt würde es wieder ein bisschen entspannter werden. Ich konnte mich mit Hingabe um die neuen Pferde kümmern, Jette wieder mehr beim Training unterstützen und auch die Jungpferde in der Aufzucht mehr besuchen – das kam in den letzten Wochen leider ein bisschen zu kurz.


      Steenhof, 10. November
      © Rhapysody

      Irgendwann war auch leider die schönste Weidezeit vorbei. Die Hengste tummelten sich in Kleingruppen auf den Paddocks und veranstalteten Wettbewerbe, wer sich am schnellsten und effektivsten dreckig machen konnte; die Stuten hingegen wurde noch ein kleines Stück Gras gegönnt. Das Winterfell war fleißig am Wachsen, die ersten Pferde wurden geschert, die Ställe hingen wieder voll Abschwitz- und, nach dem Mistwetter der letzten Tage, auch Regendecken.
      In diesem grauen und regnerischen Novemberwetter fiel das Absetzen der Fohlen. Ein halbes Jahr oder mehr hatten sie mit ihren Müttern in der großen Gemeinschaft verbracht, jetzt ging es in das erste eigene Abenteuer. Und dieses Jahr würde ich sogar teilweise die Aufzucht übernehmen; mit fünf Stutfohlen hatte ich eine schöne kleine Gruppe beisammen. Die drei Hengstfohlen Quantensprung, Antares und Blitzkrieg Bop, hatte ich in der gleichen Aufzucht untergebracht, in der auch schon Charon vor zwei Jahren einen Platz gefunden hatte.
      Die größeren Fohlen, also Kobik, Painted Gold und auch Amalthea, hatten sich schon länger ein bisschen von den Müttern abgekapselt; sie waren sieben, fast acht Monate alt und gingen größtenteils ihren eigenen Weg. Mit ihnen hatte ich das allein bleiben auch schon intensiver geübt, sodass sie kaum noch mit der Wimper zuckten, als ich Bucky, Andromeda oder Golden Lights aus dem Stall führte. Als ich also Anfang November die drei Fohlen aufhalfterte und zum Übergang in eine umgebaute Box im Ausbildungsstall führte, war da wenig Abschiedsschmerz; die Fohlen folgten mir gespannt über den Hof, die Mütter riefen einmal kurz nach ihnen, aber dann war das Ganze auch schon vorbei.
      Bei anderen Fohlen lief das schon ein bisschen anders ab. Benihana, die ja eigentlich schon eine mehr oder weniger erfahrene Zuchtstute war und nicht zum ersten Mal durch das ganze Absetzen ging, stellte sich als wahre Glucke heraus. Das bedeutete, dass auch Antares das alles nicht so mitmachte, wie ich es mir erhoff hatte – im Endeffekt gab es dann nur viel Aufregung im Offenstall, weil sich natürlich alle anderen Stuten davon anstecken ließen und wie kopflose Hühner über den Paddock rannten. Da war also besondere Vorsicht geboten; Antares war eigentlich ein sehr neugieriges und aufgeschlossenes Fohlen, was wir uns zu Nutze machen konnten. Während Benihana am Putzplatz blieb und dort von Jette oder Cat betüddelt wurde, lenkten Hauke und ich Antares so gut wie möglich ab, damit er gar nicht größer mitbekam, wenn seine Mutter wieder in den Stall verschwand. Mit viel Übung wurde dann die Zeit, die er alleine verbrachte, immer länger, und auch an diesem Novembermorgen gab es nur ein kurzes Abschiedskonzert, ehe die Neugierde überwog und er mir mehr oder weniger freudig in die Box im Ausbildungsstall folgte. Quantensprung und auch Bobby folgten kurz darauf; die Hengstgruppe war also schon einmal fertig zusammengestellt. Alle drei würden heute Nachmittag dann zum Aufzuchtstall gefahren werden – erst, wenn das passiert war, würde ich entspannen können.
      Zu den Stutfohlen gesellten sich dann auch noch Quintessenz und Dark Necessities mit mehr oder weniger Problemen; kurz darauf ging es dann – noch am Halfter, damit kein Fohlen noch schnell auf Weltreise ging – Richtung Weide. Die Stutfohlen würden eine der Weiden beziehen, die an der Auffahrt zum Steenhof lag; dort war genug Platz für die fünf zum Rennen und Toben, bei komplettem Mistwetter konnten sie sich unterstellen und Heu würde auch zu gefüttert werden. Ein kleines Paradies für Jungspunde. Ein paar herzzerreißende Wieherer gingen noch in Richtung Hof; nach einer halben Stunde hatten sich dann aber alle Stutfohlen mit der neuen Situation angefreundet; immerhin kannten sie sich ja untereinander schon und hörten dort auf, wo sie vor einer Stunde im Laufstall aufgehört hatten.
      Ich beschloss, dass ich mir eine kleine Mittagspause verdient hatte. Und nach dem Lärmpegel, der mir bei Betreten meines Hauses entgegenschlug, zu urteilen, hatten sich auch die anderen eine kleine Auszeit gegönnt. In der Küche saßen Cat, Jette, Hauke und Levi, in der Mitte vom Tisch lagen Pizzaschachteln; vier davon bereits aufgeklappt und halb leer, einer noch komplett unangetastet – zielstrebig schnappte ich ihn mir, ließ mich auf einen leeren Stuhl fallen und inhalierte das erste Stück.
      Die anderen diskutierten über das letzte Geländetraining des Jahres, das vor zwei Wochen stattgefunden hatte, und welche Pferde vielleicht von Indoor-Training profitieren könnte – denn natürlich blieb in der Mittagspause das Trainings-Thema nicht aus. Ich klinkte mich da ein bisschen aus und konzentrierte mich lieber auf die Pizza; immerhin musste ich schauen, wie ich ohne großen Schaden drei übermütige Hengstfohlen transportieren sollte. Hänger fahren hatten wir natürlich bereits den ganzen Sommer über geübt, allerdings hatte das nur einwandfrei geklappt, wenn die Muttis dabei waren.
      Während ich noch abwägte, ob ich lieber drei Fahrten machen sollte oder im großen Hänger alle drei Fohlen packen konnte, ohne dass sie sich auf der Fahrt zerfleischten, merkte ich gar nicht, wie die Konversation am Tisch verstummte. Erst, als mir Hauke aufs Schienbein kickte, merkte ich, wie mich vier Gesichter hoffnungsvoll anstarrten.
      „Äh. Was?“
      Cat räusperte sich und blickte mich unsicher an. „Ich hab gerade von meinem Bruder erzählt. Und dass er sich ein Fohlen gekauft hat.“
      „Oh,“ machte ich. Cats Bruder … da klingelte etwas. „Der, der dich hergebracht hat? Mit dem großen Hund? Meintest du nicht, dass er absolut nichts mit Pferden am Hut hat?“
      „Bis vor ein paar Jahren zumindest,“ gab sie zu.
      „Hat ihn nicht davon abgehalten, sich mal eben ein Pferd zu holen,“ kommentierte Levi mit hochgezogenen Augenbrauen, was von Cat mit einem Blick quittiert wurde, der soviel wie „Ich stimme dir zwar zu aber sag bloß nichts Böses mehr über meinen Bruder sonst knallt’s“ sagte. Das schien bei Levi auch soweit anzukommen; er hob beschwichtigend beide Hände in die Höhe.
      „Auf jeden Fall hat Lesja jetzt dieses Hengstfohlen in Mecklenburg stehen, aber er sucht noch einen Aufzuchtsplatz.“ Cat machte eine kleine Pause, sah mich mit großen, runden Augen an. „Und da dachte ich sofort an dich, Fritzi.“
      Ich blinzelte ein paar Mal. „Mich? Ich fahr meine Hengstfohlen doch selber später weg zur Aufzucht.“
      „Und da wäre kein Platz mehr frei?“ bohrte Cat nach.
      „Äh, ich kann höchstens mal anrufen…?“
      Jetzt hatte Hauke die Stirn gerunzelt. „Hast du nicht noch ‘ne Weide frei? Im Wald hinter den Hengsten?“
      „…Theoretisch. Auf was wollt ihr hinaus?“ fragte ich schließlich; langsam beschlich mich das Gefühl, dass da noch mehr dahintersteckte. Hauke schlug sich daraufhin die flache Hand auf die Stirn, Cat und Jette lachten nervös.
      „Was?“ meinte ich, etwas indigniert. „Was habt ihr da schon wieder ausgemacht?“
      Hauke lehnte sich nach vorne und sah mich an, als wäre ich ein kleines Kind, dem er gerade erklären musste, warum man keinen Dreck essen sollte. „Du hast Platz. Du hast vier Hengstfohlen.“
      Jetzt runzelte ich die Stirn. „Ihr wollt, dass ich mich selber um die Aufzucht kümmere?“
      Jette zuckte mit den Schultern. „Warum nicht? Dann sind sie trotzdem unter deinem wachsamen Auge, du bist sofort da, falls was ist, die Babys haben genug Spielkameraden,“ Jette breitete die Arme in einer Voilà-Geste aus. „Es wäre dumm, wenn du es nicht machen würdest.“
      Das musste ich jetzt erst einmal gründlichst überlegen. Klar, Platz war da, und ich hatte selbst die Hand über die weitere Erziehung meiner Hengste; allerdings war mir bei Hengsten vor allem die Sozialisation in einer großen Gruppe wichtig, damit aus den Fohlen später einmal normal funktionierende Pferde würden. Vier waren zumindest schon einmal mehr als drei (wow, Mathegenie coming through!), aber im Aufzuchtstall waren etwa acht bis zehn Fohlen in einer Herde.
      Nach dem Mittagessen gingen alle wieder an ihre Arbeit zurück; für mich bedeutete das erst einmal ein bisschen rumtelefonieren. Zum einen mit dem Besitzer des Stalls, in den ich meine drei Fohlen fahren wollte; der konnte das Fohlen von Cats Bruder definitv nicht noch mit aufnehmen. Und weil ich eine so soziale Person war, setzte ich mich an den Laptop und postete eine Anzeige in diversen Facebookgruppen und Foren, dass ich ein paar Plätze zur Fohlenaufzucht frei hatte.
      Toll. Jetzt durfte ich mich auch noch mit anderen Pferdebesitzern rumschlagen. Danke dafür, Team.
      Als ich Cat davon erzählte, fiel sie mir quietschend um den Hals und rannte dann zurück ins Haus, um sofort ihren Bruder anzurufen. Ich hingegen machte mich auf die Suche nach Hauke; immerhin hatten wir eine Weide auf Vordermann zu bringen.
      Quantensprung, Antares und Bobby kamen für die nächsten Tage doch noch einmal zurück zu den Stuten, bis alles fertig war. Auf die Anzeige meldeten sich tatsächlich eine ganze Handvoll Leute, sodass gegen Ende der Woche sowohl die Stut- als auch die Hengstfohlen auf eine Gruppe von jeweils rund zehn Fohlen angewachsen war. Für die ich jetzt alle die Verantwortung trug. Na klasse.
      Der Tag der Tage kam am Wochenende; Hauke und Cat fuhren früh samt Hänger los, um das Fohlen ihres Bruders in Mecklenburg abzuholen. Jette wäre gerne mit Quarterback ausreiten gegangen, wurde von mir aber dafür verdonnert, mir bei der Ankunft der restlichen Fohlen zu helfen. Ein zweites Mal wurden die drei restlichen Hengstfohlen aus dem Laufstall geholt; dieses Mal ging es sofort auf die Weide. Ich hoffte ja nur, dass sie auch noch so kleine Engel waren, wenn auch die restlichen Fohlen dazu stoßen würden.
      Gegen Nachmittag waren dann auch fast alle Neuzugänge verräumt; gegen 15 Uhr rollten dann auch Hauke und Cat samt vollem Transporter auf den Hof. Sie hatten auch Cats Bruder gleich mitgebracht, der motiviert aus seinem eigenen Auto sprang, sobald dieses hinter dem Hänger zum Stillstand kam. Nach ihm kletterte auch ein langbeiniger Hund mit zotteligem Fell und langer, schmaler Nase hinterher; er blieb jedoch am Wagen stehen und beobachtete sein Herrchen mit einem fast schon entnervten Blick.
      Cat half ihrem Bruder beim Ausladen eines feuerroten Fohlens, das sich neugierig auf dem Hof umguckte und gleich einmal laut alles zusammenschrie; Antwort kam aus dem Laufstall und dem Ausbildungsstall, und auch von dort nicht zu leise.
      Cats Bruder hatte mich entdeckt und stellte sich wie ein Riese vor einem Zwerg vor mich hin. „Hi, du musst Fritzi sein? Vielen Dank nochmal für die schnelle Hilfe.“ Dabei schüttelte er mir die Hand so stürmisch, dass ich fast das Gleichgewicht verlor.
      „Da kannst du deiner Schwester danken,“ meinte ich. „Dank ihr bin ich jetzt Kindergärtnerin.“
      Cats Bruder runzelte die Stirn, aber Cat, die meine mit Sarkasmus und Desinteresse maskierte Nervösität schon von Anfang an als solche erkannt hatte, winkte ab. „Hör nicht auf sie, sie liebt es. Und sie wird den kleinen Molotov genauso mögen.“
      „…Molotov?“ hakte ich nach, das Grinsen stark zurückhaltend. „Wirklich? Molotov?“
      „Passt zumindest von der Farbe gut,“ meinte Hauke, der jetzt dazu gekommen war, ebenfalls mit einem leichten Schmunzeln.
      Cats Bruder ignorierte das entweder oder bekam es gar nicht mit; stolz zeigte er auf das Hengstfohlen, das sich an Cats Hand vor allem schon einmal mit dem Gras am Wegrand bekannt machte, dann auf den langbeinigen Hund, der mittlerweile zu seinen Füßen lag, und anschließend auf sich selbst: „Molotov, Misha, Jelisej. Die rote Gefahr.“
      „Gott, du bist ungefähr genauso ein Jelisej wie ich eine Jekaterina. Fritzi, Hauke, das ist Lesja,“ schaltete sich schließlich Cat ein, mit einem leicht entnervten Tonfall. „Lesja, das sind Fritzi und Hauke.“
      „Freut mich dich kennenzulernen,“ meinte ich trocken. „Sollen wir noch länger hier dumm rumstehen oder wollen wir dein Fohlen aufräumen?“
      Molotov etablierte sich schnell als Anführer der kleinen Truppe, auch wenn sich Bobby davon erst noch ein bisschen überzeugen lassen musste. Auf dieser Weide, die halb im Wald lag, hatten die acht Hengstfohlen viel Platz zum Spielen und konnten sich auch einmal aus dem Weg gehen. Zum Unterstellen hatten Hauke und ich noch schnell in den letzten Tagen einen kleinen Unterschlupf zusammengezimmert, sodass die Hengstfohlen auch bei Wind und Wetter trocken bleiben konnten.
      Während Cat ihrem Bruder noch den restlichen Hof zeigte und Hauke neugierig hinterherschlappte, machte ich mich noch auf den Weg zur kleinen Stutenherde. Auch hier war die größte Aufregung der Neuzugänge mittlerweile abgeebbt. Auf der großen Weide konnte ich vom Zaun aus nur ein paar der Fohlen in der Distanz erkennen, die nebeneinander grasten; zwei erkannte ich noch an der kleinen Hütte. Kurzerhand kletterte ich unter dem Zaun hindurch und machte einen kleinen Rundgang, um mir sicher zu sein, dass alle Stutfohlen auch noch da waren, wo sie hingehörten. Neben meinen eigenen fünf Fohlen hatten sich noch fünf weitere junge Stuten dazugesellt; drei Warmblüter, ein Reitpony und eine junge Schleswigerstute. Viele der neuen Fohlen waren mir gegenüber noch ein bisschen skeptisch, aber die würden schon auch noch herausfinden, wer die Möhrchen verteilte.
      Nach meiner kurzen Zählrunde – alle Stutfohlen waren an Ort und Stelle – fand ich Hauke, Cat und ihren Bruder Lesja an der Reithalle, in der Jette gerade mit Hallelujah trainierte. Cat gestikulierte wild, während Lesja anscheinend aufmerksam zuhörte. Hauke hingegen war der erste, der mich entdeckte und mir entgegenkam.
      „Cat hat gerade vorgeschlagen, dass wir alle noch eine kleine Runde um den Hof machen. Damit ihr Bruder alles nochmal besser kennenlernt. Bist du dabei?“
      Ich guckte auf die Uhr, dann kritisch zum Himmel hinauf. Noch keine Anzeichen von aufsteigender Dunkelheit, aber die Tage wurden immer kürzer. „‘ne kurze Runde bin ich dabei. Jette auch?“
      Hauke sah kurz in die Halle hinein, in der Jette gerade Galoppwechsel übte. Hallelujah, der für ein Warmblut ziemlich gut Winterfell geschoben hatte, war bestimmt schon ziemlich nassgeschwitzt. „Wenn wir noch kurz warten, ist Jette bestimmt zum abreiten dabei.“
      „Na dann los,“ sagte ich.
      Für Cats großen Bruder ein passendes Pferd zu finden, war gar nicht so leicht. Kurzerhand setzten wir ihn – mit Jettes Einverständnis – auf Shotgun. Recht viel größer ging es nicht, und im Gegensatz zu Cassiopeia war Shotgun durchaus verlässlicher. Hauke sattelte sich Dark Royale, Cat wartete mit Saevitia schon auf dem Hof; sie würde Shotgun locker als Handpferd nehmen, für alle Fälle. Lesja hatte nach eigenen Angaben zwar schon die ein oder andere Reitstunde genommen (was Cat wie ein Honigkuchenpferd grinsen ließ vor lauter Stolz), aber sicher war sicher.
      Ich selbst hatte mich für Contia Socks entschieden; die junge Stute hatte tolle Fortschritte gemacht. Mittlerweile konnte man sie schon in der großen Halle reiten und erste leichte Trainingseinheiten üben. Im Gelände war sie noch etwas schreckhaft, aber das wurde von Mal zu Mal besser.
      Nach dem Ausritt beanspruchte Cat noch einen gemeinsamen Filmabend mit Burger und Horrorfilmen. Da zeigte sich, dass sie ihren Bruder komplett um den Finger gewickelt hatte; während Jette und Hauke sich durchaus für die Idee aussprachen, sah man Lesja deutlich an, dass er sich eigentlich auf den Weg machen sollte.
      Kurzerhand schritt ich ein. „Ich glaub, der Tag war aufregend genug. Und Lesja muss ja auch noch heimfahren.“ Über Cats Kopf warf mir Lesja einen dankbaren Blick zu. „Das holen wir wann anders nach.“
      Kurz schob Cat ihre Unterlippe vor und war auch kurz davor, die kleine-Schwester-Karte auszuspielen; dann seufzte sie aber und zuckte mit den Schultern. „Ja, Fritzi hat Recht. Ich bring dich noch zum Auto.“
      Wir verabschiedeten uns kurz, ich versicherte Lesja nochmals, dass ich mich um seinen Molotov kümmern würde wie um meine eigenen und er natürlich so oft zum Besuch kommen durfte, wie er wollte (was Cat dann noch einmal unterstrich, indem sie ihm anordnete, innerhalb der nächsten zwei Wochen wieder aufzukreuzen). Während Cat ihren Bruder also zum Auto begleitete, gingen Hauke, Jette und ich zurück zu den Ställen; für Jette standen noch mindestens zwei Pferde auf dem Plan für heute, Hauke war dafür zuständig, die Pferde auf den Paddocks langsam einzusammeln und ich wollte noch mit Dark Innuendo eine kleine Trainingseinheit starten. Ähnlich wie Contia wurde auch Uno immer sicherer unter dem Sattel und wir arbeiteten schon fleißig an der Losgelassenheit. Wenn das noch etwas mehr gefestigt war, dann sollte auch die ersten kleineren Cavaletti-Sprünge mal dazu genommen werden.
      Nach dem Reiten mit Uno, dem Füttern der Pferde und dann dem Füttern der Menschen (wir holten uns doch noch Burger und machten einen Mini-Filmabend, sorry Lesja), machte ich mich nachts noch einmal zu einer letzten Runde über den Hof auf. Jelly war mir bereitwillig aus dem Haus gefolgt; bei der Abendrunde konnte ich Peanut nur selten dazu überreden, mit rauszukommen; Jelly hingegen schien jetzt erst richtig wach zu werden. Die Nase fest auf den Boden gedrückt, rannte sie gute zehn Meter vor mir umher, einmal in die Büsche, dann wieder zurück zu mir. Gemeinsam gingen wir kurz durch den Ausbildungsstall, Laufstall und den Hengststall, deckten das ein oder andere Pferd noch ein und kontrollierten, ob auch alles in Ordnung war. Auf dem Weg zur Waldweide blieb Jelly dicht bei mir; das war ihr auch nicht so ganz geheuer. Der Weg war nicht ausgeleuchtet, die Bäume wurden immer größer und blockten den Großteil des Mondlichts ab. Mit der Handytaschenlampe kletterte ich durch den Zaun und machte eine mentale Notiz, Hauke morgen mit der Beleuchtung der Weiden zu beauftragen. Das Licht der Taschenlampe reichte nicht weit, also ging es noch einmal quer über die Weide – aber alle Hengstfohlen, die hier sein sollten, waren es auch. Kurz kontrollierte ich noch einmal, ob sie noch genug Heu hatten und ob die Tränken auch funktionierten, dann ging es wieder zurück Richtung Hof, am Haupthaus vorbei, zu den Stutfohlen. Auch hier war alles ruhig und die Fohlen vollständig; das ließ sich schnell zählen, weil sie sich alle schon in die kleine Hütte in einen Kreis gestellt hatten. Auch hier war es nicht besonders hell, auch wenn vom Straßenrand ein kleines bisschen an Straßenlicht ankam. Mentale Notiz Nummer 2: auch hier wegen Beleuchtung anfragen.
      Langsam stieg Nebel auf und umhüllte den Hof. Ich zog meine Jacke enger um mich herum, ignorierte meinen sichtbaren Atem und pfiff nach Jelly, die auch schon kurz darauf angerannt kam. Dann ging es zurück ins Haus – Schluss für heute.


      Steenhof, 18. Februar
      © Rhapysody

      Wer behauptete, die Wintermonate waren ruhig und liefen so still vor sich her, der hatte den Winter noch nicht auf dem Steenhof verbracht. Von ruhig und still waren wir so weit entfernt, dass es schon nicht mehr lustig war.
      Neben dem Trainingsbetrieb, bei dem Jette immer wieder meine Unterstützung brauchte, musste ich natürlich auch ein Auge auf meine Mommys-to-be werfen. Der Fohlenjahrgang 2021 würde wahrscheinlich nicht ganz so groß wie der aus dem vorherigen Jahr, aber darum war ich ganz froh. Bis es aber soweit war, dauerte es auch noch eine gute Weile; während Kobik bald schon ihren ersten Geburtstag feierte, würden die Fohlen dieses Jahr hoffentlich in eine etwas wärmere Zeit purzeln. Ob die Stuten dann natürlich auch bis dahin abwarteten, stand auf einem anderen Blatt geschrieben. Aber Anfang März machte keine der Damen Anschein, dass sie von jetzt auf gleich fohlen wollen würde – vielleicht fruchteten meine allabendlichen Ansprachen im Laufstall, die ich vor versammelter (Stuten-)Mannschaft abhielt. Vielleicht gefiel den Stuten auch einfach nur das Programm, das sie momentan bekamen; sowohl die trächtigen als auch die fohlenfreien Stuten genossen leichtes Training, abgewechselt mit gediegenen Ausritten um den Hof. Denn, und hier kam ich zum Punkt Nummer 2: Unsere Jungpferde wollten sich ja auch langsam mal ein bisschen in der Welt bewegen.
      Während Contia Socks höchstwahrscheinlich im Frühjahr schon in Jettes Trainingsrotation kam und dann ordentlich gearbeitet wurde, musste Unos Vertrauen in den Reiter und ihre Umgebung noch ein bisschen gestärkt werden – wir ritten also aus, bis wir die ganzen Strecken nicht mehr sehen konnten, meistens mit einer routinierten Stute, die der Kleinen Ruhe vermittelte. Ähnlich fuhren wir auch bei Taloubet und bei Dante – denn auch die zwei waren über den Winter langsam angeritten worden. Während Taloubet aber bereits einigermaßen frei vor sich hin stapfte, war Dante meist noch als Führpferd mit Reiter unterwegs. Sie würde aber auf jeden Fall den Sommer noch einmal auf der Weide verbringen – noch hatten wir keine Eile und ich war mir sicher, dass sie die Zeit noch einmal gut verkraftete, um dann im Herbst richtig durchstarten zu können. Bei Taloubet hingegen war ich mir noch etwas uneins; der Hengst schien als Reitpferd regelrecht aufzugehen, und früher oder später sollte er ja auch auf die HLP vorbereitet werden. Andererseits war er auf der momentanen Prioliste noch ziemlich weit unten – höchstwahrscheinlich würde ich also auch ihn noch einmal einen Sommer auf die Weide stellen oder zumindest mehr an den Grundlagen feilen, ehe es ans richtige Training ging. Und auch Gambit, das junge Vollblut, war langsam für sein Reitpferdeleben bereit; er war ja bereits auf der Rennbahn gewesen, man musste also nicht komplett von Null auf anfangen, aber daraus ein super Vielseitigkeitspferd zu machen, war dann doch eine Heidenarbeit. Ich hatte mich zwar für die ersten Springstunden bereit erklärt, doch bis jetzt fehlte Jette noch die Ruhe, bis sie den jungen Vollbluthengst an die Stangen ließ.
      Und jetzt zu Punkt 3 und der wichtigste Grund, warum dieser Winter doch mehr Arbeit machte, als ich eigentlich dachte: Der Steenhof wuchs so gesehen exponentiell. Neben ein paar neuen Zuchtpferden – zwei Warmblutstuten, ein Vollbluthengst – und einem neuen Vollbluthengst für Jette hatte ich nämlich eines verhängnisvollen Tages eine Schicksalsnachricht von meinem Vater bekommen.
      Schon als ich seinen Namen auf dem Display sah, machte mich das stutzig. Lasse Tersteegen war ein typischer Technik-Feind, hatte nur unter großem Murren ein Smartphone akzeptiert und nutzte es auch eigentlich nur im äußersten Notfall. Und Telefonieren war eh nie sein Metier gewesen – das überließ er lieber Mama. Als ich also seinen Namen auf dem Display sah, fiel mir fast das Handy in den Matsch. Ich konnte es aber gerade noch so fangen und nahm so schnell wie möglich ab. „Was ist los?“
      Ein paar Sekunden Stille, dann die grummelige, tiefe Stimme meines Vaters. „Mach dir nicht in die Buchse, alles gut. Aber – ich hab doch erst mit Janssen geredet, nicht?“
      Ich stutzte ein wenig. „Ja, das hast du wohl mal erwähnt…?“ Wollte mein Vater jetzt mit mir über seine alten Arbeitskollegen sprechen? Dann war heute deutlich unpassend – ich war gerade dabei, die Jährlinge auf ihren Koppeln mit neuen Heuballen zu versorgen, war gerade erst vom Trecker geschrieben und hatte Hauke noch fünf Minuten zuvor versprochen, mich zu beeilen, damit wir noch den Platz abziehen konnten, der mittlerweile wieder aufgetaut war und dementsprechend eine einzige Seenplatte war. „Papa, sorry, aber ich hab echt zu tu–“
      „Ist wichtig, solltest also dran bleiben,“ meinte mein Vater sofort. Also gut. Hauke würde sich ein paar Minuten gedulden müssen. Ich kletterte auf den Trecker und schaltete ihn aus. Die kleinen Hengste sahen mich vorwurfsvoll an – immerhin warteten sie auf ihr neues Futter. Aber auch die mussten sich wohl kurz gedulden.
      „Janssen hat da einen alten Freund, der seine Ponys irgendwo unterstellen muss. Sind insgesamt zehn. Schon, oder?“
      Mir dämmerte es. „Papa, was hast du gemacht?“
      Und so kam es, dass ich von heute auf morgen eine meiner Koppeln abgeben musste, weil mein Vater dem Bekannten eines alten Freundes und seinen Welsh-Ponys versprochen hatte, dass sie auf dem Steenhof Platz finden würden. Insgesamt waren es sechs Stuten und vier Hengste. Und ausnahmsweise waren die Hengste das kleinste Problem; im Hengststall waren noch genug Boxen frei, und auch auf die Paddocks und Weiden konnte man sie irgendwie verfrachten. Aber sechs Stuten wollten auch noch einen Platz finden. Der Laufstall selbst platzte eigentlich schon aus allen Nähten. Es blieb also nichts anderes übrig, als auf eine der verbliebenen Wiesen einen Unterschlupf zu bauen. Ich konnte Haukes Begeisterung dafür jetzt schon spüren. Wenigstens hatten wir noch genug Zeit, um alles noch herzurichten, einen ordentlichen Unterstand zu bauen und Papa weiterhin ein schlechtes Gewissen zu machen, bis er mir schließlich eine seiner eigenen Weiden zur Verfügung stellte; im Herbst würden dann die bis dahin einjährigen Stuten umziehen, um Platz für die diesjährigen Fohlen zu machen.
      Doch langsam aber sicher musste ich mir bewusst machen, dass sich der Steenhof wohl vergrößern musste. Und das ging einher mit neuem Personal.
      Yay, Bewerbungsgespräche.
    • Bracelet
      Den Vackra Trakehner Stud, 4. September
      © Bracelet


      „Brrr.“,stieß ich aus als ich mit Mühe die Türe des Haupthauses öffnete und mir der kalte Wind beinahe in der selben Sekunde noch die Kapuze vom Kopf fegte. Meine Zähne klapperten kurz ganz automatisch, während ich mir jene wieder so tief es ging ins Gesicht zog. Ausgerüstet mit einer viel zu dicken Jacke für diese Jahreszeit, Winterreithandschuhen und gefütterten Gummistiefeln bahnte ich mir meinen Weg durch den Matsch hinüber zum Stallgebäude. In der Früh waren zumindest noch vereinzelte Sonnenstrahlen durchgedrungen, was man nun nicht mehr behaupten konnte. Auch der Wind hatte an Stärke gewonnen, was bei mir definitiv keine Freudensprünge auslöste. Manchmal konnte ich das Wetter hier oben im Norden absolut nicht ausstehen. Aber wieso kam auch eine die Kälte hassende, immer frierende Mitteleuropäerin auf die glorreiche Idee nach Schweden auszuwandern? Diese Frage hatte nicht nur ich mir immer wieder gestellt, auch meine Familie und Freunde hätten nicht überraschter sein können, als ich meinen Entschluss damals verkündet hatte.
      Trotz meiner mittlerweile leicht gefrorenen Fingern hatte ich es schließlich dennoch geschafft mir Backfett zum longieren fertig zu machen. Die Stute war heute schon am Putzplatz deutlich unruhiger als sonst und konnte die Bewegung nur zu gut vertragen. Auch sie spürte den plötzlichen Temperaturabfall, schien darüber allerdings wesentlich begeisterter zu sein. Nachdem ich gute 15 Minuten mit ihr an der Hand Schritt gegangen war stellte ich mich in die Mitte der komplett leeren Halle, genoss die Mittagsruhe, und ließ Backfett ihre Kreise drehen. Es dauerte nicht lange bis sie sich zusammen packte und wie ein kleines, graues Flugzeug mit Wuschelmähne abhob.
      Nachdem ich mit der Stute fertig war machte ich mich mit DVTS‘ Magic Movements weiter. Anschließend war Amelia auch schon wieder vom Mittagessen zurück gekommen und richtete mir DVTS‘ Takinou für die Handarbeit her. Das gleiche folgte darauf mit Aiana, bevor ich mich wieder auf die ganz Jungen fokussierte.
      DVTS‘ Daeny war mittlerweile 3 Jahre alt und sollte nächsten Frühling schonend unter den Sattel kommen. Da sie wie alle meine Selbstgezogenen von Tag Eins an eine gute Fohlenschule genossen hatte saß der Grundgehorsam schon sehr gut. Die Basics der Bodenarbeit hatte ich mit ihr dieses Jahr auch schon spielerisch erarbeitet, wobei sie sich sehr arbeitswillig und interessiert gezeigt hatte. Selbst erste Ansätze vom Seitwärts an der Hand hatte sie auf Anhieb verstanden und machte dies schon, nur am Knotenhafter, wie ein kleiner Profi; gerade für ihr junges Alter. Momentan festigte ich dies und gewöhnte sie zunehmend ans Reitpferdequipment. Nur den Sattel wollte ich ihr erst Anfang nächsten Jahres nahe bringen, und auch mit dem Longieren ließ ich mir noch Zeit. Daeny hatte gerade wieder einen Wachstumsschub und was ich auf gar keinen Fall wollte war sie in irgendeiner Weise; psychisch oder physisch zu überfordern. Aus diesem Grund gestaltete ich unser derzeitiges Training, wie ich es in jedem Alter und mit jedem Pferd tat, ganz tagesformabhängig. Heute hatte sie einen weniger guten Tag und war mit dem Köpfchen mehr bei den Geräuschen, die der sich wohl anbahnende Sturm verursachte, als bei mir. Bei einem dreijährigen Pony absolut in Ordnung; zu üben ihre Aufmerksamkeit in solchen Situationen bei mir zu behalten war auch ein nicht zu unterschätzendes, sehr wertvolles Training.
      Nachdem ich mit Daeny durch war ging es für mich zum Offenstall der Junghengste um nach dem Rechten zu sehen. Zur Zeit besaß ich lediglich zwei davon, was eventuell nicht absolut optimal war, was auch dem Umstand geschuldet war, dass WHC French Affair ein Jährling und Ávaldi von Atomic auf der anderen Seite bereits zweijährig war. Trotzdem funktionierte diese Konstellation im Moment gar nicht all zu schlecht, denn dadurch, dass Frenchy ein Warmblut und Ávaldi ein Pony war waren beide in etwa gleich groß; French war noch dazu etwas frühreif und beide waren zusammen gut verträglich. Es hatte sich sogar eine Art Bromance zwischen den beiden Jungspunden gebildet, was mich jedes Mal zu sehen freute.
      Anschließend führte mich mein Weg in den Offenstall der einjährigen Stutfohlen. Die drei bildeten dieses Jahr einen zur Abwechslung mal recht bunten Haufen. Darunter auch mein einziges selbstgezogenes Fohlen aus diesem Jahrgang: DVTS‘ Glühwürmchen, die Tochter meiner überaus erfolgreichen Give me Chocolate, die farblich durch Lap de Loupes Einfluss selbst PV Phantom from Alaska um nichts nachstand. Quintessenz, die wunderschöne Quarterbacknackommin, war dagegen mit ihrem minimal-Overo-Muster die wohl schlichteste in der kleinen Herde, bestach aber dennoch das Auge durch ihr unglaublich korrektes Gebäude und ihre bereits jetzt erkennbare Anmut, wenn diese auch noch etwas von ihren staksigen Fohlengängen und Wachstumserscheinungen verborgen wurde.
      Melvin, mein Pfleger, hatte das kleine Areal heute Vormittag bereits abgemistet und Mittags die Heukrippe wieder bis zum Anschlag hin vollgefüllt. Auch die drei hellrosa Flexieimer, die zur Zeit das kaputte Tränkenbecken ersetzten, hatte er wohl gerade eben erst frisch mit Wasser befüllt. Auch wenn ich mich auf meine Stallburschen wohl wirklich mit geschlossenen Augen guten Gewissens verlassen konnte schlug doch in solchen Angelegenheiten immer mein innerlicher Kontrollzwang durch und so ging ich immer morgens, mittags und abends meine Kontrollrunden um mich zu vergewissern, dass alle Pferde gut versorgt waren.
      Ich war gerade noch dabei das Tränkenbecken zu begutachten und mir zu überlegen wann ich die Zeit finden würde dieses endlich auszutauschen, als ich unerwartet ein sanftes Tupfen an der Hosentasche wahrnahm. Als ich meinen Blick von der Tränke abwandte sahen mich zwei große Äuglein ganz neugierig und erwartungsvoll von unten an. Quintessenz hatte definitiv in den paar Monaten in denen sie nun bei uns war herausgefunden wo der Hase lang lief. Zumindest bezüglich der wichtigen Dinge. Schmunzelnd strich ich ihr den Hals entlang, bis ich eine ihrer Lieblingskrabbelstellen am hinteren Mähnenkamm erreichte und hier ein wenig verweilte. Die kleine Stute war wirklich ein Sonnenschein und freute sich über jede Art von Zuwendung. Es war wirklich schön zu sehen wie zutraulich und menschenbezogen sie in diesem Alter schon waren, wenn bei der Aufzucht alles richtig gemacht wurde und man sich ausreichend mit ihnen beschäftigte. Ich hatte wirklich viel Glück gehabt: Weil sie ihre niedlichen Bauchflecken hatte war sie im Endeffekt zu farbig für die Zucht aus der sie stammte, und da ich mich auf den Bildern der Website des Gestüts so in sie verliebt hatte und ein paar Mal gemailt hatte, kam eins zum anderen und die Züchter meldeten sich bei mir zurück, als die Entscheidung getroffen war sie zu verkaufen, noch bevor übrige Interessenten ins Spiel kommen konnten. Wer weiß wie es anders gelaufen wäre. Immerhin hatte Quintessenz ja nicht nur ein für ihr Alter so vielversprechendes Exterieur; auch ihre Papiere sprachen eine ziemlich eindeutige Sprache. Aus jenem Mutterstamm hatte ich mir auch schon immer ein Fohlen gewünscht und dann noch in Kombination mit dem tollen Hengst Quarterback war die kleine Stute mehr als nur interessant, auch später mal in fernster Zukunft für die Zucht. Nun durfte sie aber wie Ally und Glühwürmchen auch erstmal einfach Pferd sein. Gerade mal das Halfter an- und ausziehen, Hufe geben, beim Schmied still stehen und Putzen hatte ich bereits mit ihnen geübt. Selbst das Führen lief noch sehr holprig, was mir allerdings bei meinen Jährlinge noch recht egal war. Hauptsächlich wollte ich nur, dass sie die altersentsprechenden Basics erlernten und das Vertrauen und Interesse zum und am Menschen nicht verloren, was mir in der Regel ganz gut gelang.
    • Bracelet
      Lange hatte ich mich durchgerungen dieses summende, für meinen Geschmack absolut überteuerte Dingsbums zu kaufen, mich dann aber doch in einem schwachen Moment von meiner Neugierde dazu hinreißen lassen. DVTS‘ Magic Movements drehte seinen Kopf schraubenartig nach oben und gähnte ausgiebig. Ich bearbeitete gerade mit dem kleinen Massagegerät den Stresspunkte am oberen Hals. Hier schien ihm das Prozedere besonders gut zu gefallen. Ich genoss es für solche Dinge in letzter Zeit auch ab und an Zeit zu finden und mich intensiver mit meinen einzelnen Pferden zu beschäftigen.

      Nach Magic war Coffee Breath an der Reihe, ehe es für mich zu den Fohlen weiter ging. Auf dem Weg dahin kam mir Ana mit DVTS‘ Takinou entgegen. Sie beschäftigte sich in letzter Zeit viel mit dem jungen Schimmelhengst und war gerade mit ihm eine Runde an der Hand über den Hof unterwegs. Anschließend wollte sie ihn longieren, wobei Takinou hier mittlerweile wirklich extrem fein auf die Hilfen reagierte; wechselte die Gangart alleine mittels Körpersprache. Das war ganz Anastasia zuzuschreiben, denn sie legte hierauf wirklich viel Wert und hatte auch Freude, da der Hengst wirklich immer gut mitmachte.

      Etwas weiter spaziert standen Ávaldi von Atomic und WHC French Affair auf ihrer etwas kleineren Winterkoppel. Viel Party war hier nicht. Sie standen an der kleinen Heukrippe, die ihnen Melvin vor kurzem selbst gezimmert hatte. Ich musste lächeln, da es mich immer wieder freute wie schön es die Pferde hier auf dem DVTS hatten.

      Anschließend kam ich an meinem Ziel an: dem kleinen Offenstall, in dem Quintessenz, DVTS‘ Glühwürmchen, Phantom from Alaska, DVTS‘ Daeny, Aiana und Backfett zur Zeit zusammen standen. Eigentlich hätte ich gerne noch zwei etwas ältere Stuten dazu gestellt, die die jungen Wilden ein bisschen erzogen, doch die Herdenzusammenstellung harmonierte so momentan wirklich gut, und es hieß ja immer „Never Chance a Running System“. Kurz nachdem ich den Offenstall betrat kam mir auch schon Quintessenz entgegen. Die kleine Maus hatte wirklich im Sturm in den letzten Monaten, die sie bei uns war, mein Herz erobert. Sie blieb vor mir stehen und legte den Kopf schräg. Sie sah so zuckersüß so aus. Ich seufzte: „Du weißt genau wie das geht, gel!?“ ehe ich ein Leckerchen aus meiner Tasche kramte und es ihr hin hielt, ehe Daeny und und Ally auch schon angeschlichen kamen. Dicht gefolgt vom Glühwürmchen, das es allmählich auch herausfand wo die Leckereien her kamen.

      Den Rest meines „freien“ Sonntag Nachmittags verbrachte ich damit mit den Jüngsten ein wenig Halfter- und Führtraining zu machen. Auch das Hufegeben war am Anfang eine Aufgabe für sich, die ich immer gerne übte, wenn ich etwas mehr Zeit und somit Geduld hatte. Sie machten sich alle wirklich gut; das bestätigte immer wieder mein Haltungs- und Aufzuchtssystem, was mich sehr stolz machte.
    • Bracelet
      Mit einer großen Tasse Milchkaffee mit XXL-Milchschaum setzte ich mich an den Schreibtisch meines Büros. Ich knipste die Lampe an und seufzte. Deutlich unterschätzt wär definitiv der organisatorische Aufwand der mit der Leitung des DVTS verbunden war.

      Wie jedes Jahr wurden alle Pferde einmal, die Turnierpferde natürlich öfter, Grippe geimpft. Um dem Tierarzt vorab Bescheid geben zu können welche Pferde nun wieder fällig waren und um sicherzustellen, dass ich dann den Pferdepass eines Pferdes nicht fand, ging ich immer alles vorab nochmal durch. Ich ging dabei nach Stalltrackt vor. Um Tamana, Meereen, Belmonts Beo, An Affair to Remember und For Pleasure kümmerte sich natürlich Ginger. Dennoch machte dies die Sache leider nicht besser. Der Übersicht halber malte ich mir das erste Kästchen aufs Papier. „DVTS‘ Magic Movements, Verve, Schickimicki, Sir Bacardi, DVTS‘ Seattle‘s Wintertime, DVTS‘ Cascadeur de la Vie, DVTS‘ Colour the Nightsky, Bambina, HMJ Grace, Caddylack, VK Gunna Whiz, Chestnut und Vina.“,murmelte ich dabei. Ich machte ein Häkchen; „Weiter geht‘s. Konfetti, Cara Mia, Vaconda, Hokuspokus, Hannifee, Brouk, Pluie, Balounito, Waldjunge, CHH‘ Sence of Humor, Seattle‘s GT‘aime, It‘s Showtime, Master Of Gold, N‘oubliez Jamais, Poltergeist, Costa de la Bryére, HGT‘s Nightmare, Party Shaker, Takada, Christmas Joy, Dreaming Of Better Days, Winterzauber, Vintage Gold, Hummels Emterprise, Roommate, Cherokee Gold, Traumfänger, Akira, Take my Hand, Give me Chocolate, Miss Moonlight, Breathing your Love, Averything Black, Wastl, Mihály, Ineska, Herbstblüte, CLC‘s Papermoon, Dreammaker, Scarlet Sun, Magic Attack, Lead me Home, Cornetto, Cotsworlds Eik, Romulus, Sir Donnerhall, Hollywood King Gun, Nephilim Son Of Angel & Devil, Pinochio, Simple Little Melody, Sookie, Angels Kiss, Birdcatcher, Black Pearl, Donella, Golden Eye, I‘ve got the moves like Jagger, Ávaldi von Atomic, Backfett und DVTS‘ Takinou.“ Nun lagen noch die Pferdepässe von Quintessenz, WHC French Affair, DVTS‘ Glühwürmchen, DVTS‘ Daeny, Aiana und PV Phantom from Alaska bei mir auf dem Schreibtisch. Ich notierte alles feinsäuberlich und machte mir Anmerkungen, wo ich beim Tierarzt wieder mal Rückfragen hatte.

      Anschließend erledigte ich noch einen Teil der Buchhaltung, ehe es für mich auch schon wieder in den Stall ans tägliche Bewegen der Pferde ging.
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  • Album:
    DVTS' Fohlen ♥
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    19 Apr. 2021
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  • Quintessenz
    das Wesentliche

    PEDIGREE
    [​IMG]
    von: Quarterback

    von: Quincy vom Jahnhof
    von: Quattro Candele vom Jahnhof
    aus der: PW Morwenna


    aus der: MSH Idylle
    von: Katterbachs Publicity
    aus der: MSH Indigo Blue


    aus der: Minstrel

    von: Amigo
    von: unbekannt
    aus der: unbekannt

    aus der: unbekannt
    von: unbekannt
    aus der: unbekannt


    EXTERIEUR & INTERIEUR
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    Stute
    Trakehner
    *2020

    151 cm
    Rappe Frame Overo
    aa Ee Oo

    verfressen, amüsant, schreckhaft.

    TRAINING
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    Fohlen ABC

    Dressur
    E A L M* M** S* S** S**

    Springen
    E A L M* M** S* S** S**

    Military
    E A L M* M** S* S** S***

    ERFOLGE
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    Dressur: -, Springen: -, Military: -

    Turniere


    Andere


    ZUCHTINFORMATIONEN
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    HK/SK Schleife
    HK-/SK-Gewinnerthema

    Decktaxe/Leihmutterschaft:
    Genotyp: Ee aa Oo
    Aus der Zucht: Gestüt Sanssouci (Winnipeg, KAN)
    Nachkommen:


    GESUNDHEITSZUSTAND
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    Chipnummer: --
    Chronische Krankheiten:
    Letzter Tierarztbesuch:


    Fehlstellungen:
    Beschlagen:
    Letzter Hufschmiedbesuch:


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    Besitzer: Bracelet
    Ersteller: Rhapsody
    VKR: Rhapsody


    SONSTIGES
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    Quintesszen auf offiziellem Hintergrund