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Rhapsody

Painted Taloubet

Holsteiner -- im Besitz seit 03/2017 -- von Painted Blur -- Aa EE

Painted Taloubet
Rhapsody, 26 Okt. 2019
Elii, Zaii, Gwen und 5 anderen gefällt das.
    • Rhapsody
      Alte Pflegeberichte
      1/7

      Willkommen daheim!
      02. April 2017 -- Rhapsody

      Declan sah mich skeptisch an. „Du holst also einen Junghengst von einer Weide hierher, um ihn im Sommer wieder auf eine Weide zu stellen. Nur… hier.“
      „Das klingt jetzt so, als würde das alles keinen Sinn machen,“ maulte ich in mich hinein und stocherte in meinen Maultaschen rum. „Taloubet kommt her, freundet sich ein bisschen mit den Hengsten in seiner Altersklasse an – von denen wir ein paar haben – und kommt dann mit ihnen zusammen auf eine Sommerweide. Das haben wir mit Pax letztes Jahr so gemacht und das werden wir jetzt wieder so machen.“
      „Pff,“ machte Declan. „Mal sehen, wie das ausgeht.“

      ***

      Okay, Declan hatte irgendwie recht. Ich hätte Painted Taloubet, ein Sohn von Blurry, wirklich erst im Herbst oder Winter nach Kanada holen können. Aber das machte ich nicht; deswegen fuhr ich mit Zoe gemeinsam eine Woche später mit dem Transporter zum Flughafen. Um ein Haar hätte ich auch Rising of Storm eingepackt, einfach als Begrüßungskomitee. Im letzten Augenblick fiel mir aber dann doch noch ein, dass Donnie vielleicht nicht der Freundlichste war, und nahm ihm missmutig die Transportgamaschen wieder ab. Dann müsste Taloubet eben den Weg nach Hause alleine überstehen.
      Kaum war der Flieger aus Deutschland gelandet, ging dann alles auch ganz schnell. Mit zittrigen Händen führte ich den Junghengst auf die Rampe und nach drei Versuchen ging es dann auch in den Transporter. Das war wohl Baustelle Nummer eins. Zoe kam unterdessen mit zwei braunen McDonaldstüten aus dem Inneren des Flughafens zurück und machte mich zu ihrer persönlichen Futterassistentin; während sie uns nach Hause brachte, hielt ich ihr alle paar Minuten den Burger vor den Mund oder stopfte ihr ein paar Pommes rein. Wenigstens das konnte ich.
      Als Zoe dann auf unseren Parkplatz einbog, warteten Lesja und Declan schon gespannt. Das würden sie nie zugeben, natürlich, aber beide starrten auf die Rampe des Transporters, als könnten sie es nicht erwarten, Taloubet zu sehen. Wie eine stolze Mama führte ich den Junghengst an ihnen vorbei auf den Weg zu den Paddocks der Jungspunde. Jetzt durften Pacco, Donnie und PFS‘ Gamble Away ihre Gastfreundschaft zeigen; erst einmal über den Zaun, und wenn sich Taloubet dann eingelebt hatte, sollten alle gemeinsam raus. Schließlich sollten zumindest Gambit, Donnie und Taloubet wirklich auf eine Sommerweide kommen, da sollten sie sich wenigstens ein bisschen verstehen. Taloubet machte da heute schon große Fortschritte: mit gespitzten Ohren, den Kopf recht hochgetragen, stellte er sich an den Zaun und reckte die Nase rüber. Wenigstens ging er auf andere Pferde zu, das war schon mal ein Anfang.

      ***

      Knapp eine Woche nach Taloubets Einzug durften die vier Junghengste mit Aufpasser Paramour zum ersten Mal gemeinsam aufs Gras. Donnie war der Neuankömmling immer noch etwas suspekt, aber da Gambit sich gut mit ihm verstand, machte er halt widerwillig mit. Dem gemeinsamen Sommer stand also nichts im Weg.
      In großen Sätzen galoppierte Taloubet über die Weide, schlug mal hier einen Haken und legte dort einen Stopp ein. Wie von der Tarantel gestochen fetzte er übers Gras, als gäbe es kein Halten. Langsam verstand ich auch, wieso er auf seinem letzten Hof als Jitterbug bekannt war. Das Blöde an dem Namen war nur, dass ich, wenn ich daran dachte, danach den ganzen Tag Wake Me Up Before You Go-Go von Wham sang. Ob sich das also durchsetzen würde, müsste man sehen. Eigentlich war es ja kein schlechtes Lied; es war nicht Careless Whisper, aber für Menschen, die gerne tanzten, durchaus akzeptabel.
      Ich musste also Tanzen lernen.
    • Rhapsody
      Alte Pflegeberichte
      2/7

      chapter seven
      26. September 2017 -- Rhapsody

      Ares | Ironic | Painted Blur | Paramour
      Siana | Benihana | Bucky | Medeia | Cíola
      Dark Royale | Painted Basquiat | Mánas | PFS' Scion d'Or | Dark Innuendo | Painted Taloubet | Rising Of Storm | PFS' Gamble Away | Pacco
      Hi Grams,

      ich hoffe, für dich ist das in Ordnung, dass ich einen Brief schreibe und dich nicht anrufe. Außerdem kann ich mich so ein bisschen sammeln und wirklich alles erzählen, was in den letzten Wochen so passiert ist – so leg ich auf und plötzlich fallen mir 1000 Dinge ein, die ich dir nicht gesagt hab.

      Langsam aber sicher lebe ich mich wirklich ein, und langsam fange ich auch an, mich mit meiner Mitbewohnerin anzufreunden.

      An diesem schicksalhaften Tag, ab dem sich Bernie und Leslie nicht mehr wenn möglich mieden, war eine ganz besonders fiese Aufgabe dran gewesen. Nach zwei Monaten auf dem Sandringham Manor schien es Bernie, als würden die Trainer sie testen wollen. Unter dem Vorwand, Blurrys Kondition aufzubauen, schickten sie das Reiter-Pferd-Duo auf die Geländestrecke, auf den Springplatz, in die Reithalle oder den kleinen Platz beim Stall. Die einzige, die nach den Trainingseinheiten außer Puste war, war jedoch Bernie. An eben diesem Tag war sie mit Frank am Springplatz verabredet.

      England zeigte, dass es nicht umsonst den Ruf für das schlechteste Wetter weghatte. Die Sonne war die letzten Tage kaum rausgekommen und es regnete unentwegt – mal stärker, mal schwächer. Als Bernie Blurry auf dem Reitplatz abritt, begann es gerade, zu nieseln. Eigentlich sollte das ja kein Hindernis sein, dachte sie. Blurry war zwar nicht wirklich begeistert von dem Regen, aber wenigstens war sie konzentriert und ließ sich von dem bisschen Regen nicht ablenken.

      Dachte sie. Innerhalb von zwanzig Minuten klebte ihr das dünne Sweatshirt auf der Haut, sie blinzelte immer wieder Tropfen aus den Augen, und vom Schirm ihres Helmes hing der Nieselregen in ihr Gesichtsfeld. Sie tat ihr Bestes, sich trotzdem auf den Hengst unter ihr zu konzentrieren – ohne Erfolg. Blurry merkte, dass sie nicht komplett anwesend war, und nutzte das aus. Er überlegte sich zweimal, ob er die Schenkelhilfe annahm oder nicht, und so hatte Bernie alle Hände voll zu tun, den Rappen überhaupt in einem annehmbaren Tempo zu reiten.

      Normal kam sie mit Painted Blur super aus. Er kam ihr auf der Weide entgegen und brummelte sie an, wenn sie die Boxentür öffnete. Und normalerweise waren sie auch im Training ein ganz gutes Team. Aber heute rannte er bei jeder Gelegenheit an den Hindernissen vorbei, und ein paar Mal sah sich Bernie schon in die bunten Stangen krachen weil sie den Sprung gerade so geschafft hatten. Von der Mitte der Bahn kam kein einziger Kommentar, keine Hilfe. So viel zum Thema Blurry trainieren – würde es hier wirklich um den Hengst gehen, würde Frank darauf achten, dass er ordentlich lief.

      Stattdessen wurde sie nach einer halben Stunde Qual endlich erlöst. Bis dahin war ihr Sweatshirt komplett durchnässt, auf den Schenkeln ihrer Reithose waren zwei dunkle, nasse Flecken, die Beine fühlten sich schwer und steif an. Während Blurry im Solarium stand, lehnte Bernie sich an die Stallwand daneben. Im Stall war Abendbetrieb; die Stallburschen (deren Namen Bernie sich ums Verrecken nicht merken konnte) liefen mit ihren Schubkarren voll Futtereimer hin und her. Wirklich viel hatte Bernie noch nicht mit ihnen geredet – und wenn, dann war es auch eigentlich nur Cat, die mit ihnen redete, und Bernie, die blöd danebenstand. Das bedeutete, dass Bernie die Sekunden, die Blurry noch brauchte, einzeln herunterzählte.

      Irgendwann war es dann doch soweit. Blurry stand in seiner Box, kaute auf seinem Heu mit seiner Abschwitzdecke auf dem Rücken und wenigstens diese Aufgabe hatte Bernie erfolgreich abgeschlossen. Im Mitarbeiterhaus stand schon eine große Schüssel Spaghetti in der Küche, aber trotzdem schleppte sich Bernie erst einmal in ihr Zimmer. Sie schälte sich aus den nassen Klamotten und schlüpfte in eine bequeme Jogginghose, bis sie sich mit einem Handtuchturban auf dem Kopf auf ihr Bett fallen ließ.

      Sekunden später quietschte die Zimmertür und fiel kurz darauf wieder ins Schloss. Bernie unterdrückte ein Seufzen. In den letzten Monaten hatte sie sich mit ihrer Zimmerpartnerin mehr schlecht als recht angefreundet. Seit Tag 1 hatte sie das Gefühl gehabt, Leslie hätte sie am liebsten auf dem Misthaufen entsorgt. Auch jetzt sagte Leslie kein Wort – Bernie hörte nur ihre Füße über den Boden tapsen, dann das leichte Stöhnen des Drehstuhls als sie sich draufsetzte.

      Gerade wollte sich Bernie aufraffen, die Augen aufmachen und etwas essen, damit sie so früh wie möglich ins Bett und den Tag hinter sich bringen konnte, da klingelte ihr Handy. Für zwei Sekunden starrte sie die Decke über sich an, dann setzte sie sich auf, griff nach dem Handy – und sah, dass Leslie sie wie versteinert anstarrte.

      Ein paar Augenblicke verstrichen. Das Handy verstummte wieder, Leslie räusperte sich und sah auf die Unterlagen vor ihr auf dem Schreibtisch hinab. Bernie öffnete den Mund, wollte sich schon flüchtig entschuldigen, da fing Leslie an.

      „Weißt du, zufällig wollen Snafu und ich später mit der vierten Staffel anfangen. Also –“

      Bernies Mund blieb offen. Sie hatte keine Ahnung, wer oder was Snafu war aber … naja, sie hatte nichts zu tun und sie hatte die vierte Staffel wirklich noch nicht angefangen. Um ehrlich zu sein, hatte sie ihren Netflix-Account noch nicht mal angefasst, seit sie in England war. Und es klang ein bisschen ach einem Friedensangebot, also –

      „Klar, wieso nicht?“ sagte sie und versuchte sich an einem flüchtigen Lächeln. „Aber ich glaub ich muss erstmal duschen. Und essen. Also, wenn das –“

      „Klar! Klar klar, kein Problem.“ Der Stuhl rollte über den Boden, als Leslie aufstand und Richtung Tür lief. „Ich lass dir noch ein paar Spaghetti übrig, ja?“

      Dann fiel die Tür ins Schloss.

      Du brauchst dir also keine Sorgen mehr über mein nicht vorhandenes Sozialleben machen. Ich hab Cat zum Ausreiten und dank Leslie lern ich auch langsam den Rest der Leute hier kennen. Du brauchst mir also keine Links zu fremden Facebookprofilen schicken.

      Was auch neu ist: ich hab jetzt ein echtes eigenes Pferd zugeteilt bekommen. Sein Name ist Ares und er ist so ziemlich das komplette Gegenteil von Blurry. Also – komplett. Das hat meine Trainer aber nicht davon abgehalten, uns gleich mal auf eine Kür zu schicken.

      Nicht nach unten gucken. Nicht zu verkrampft lachen. Bernies Hände klebten an dem Kunstleder der weißen Handschuhe. Sommer war schön, und Turniere waren toll – auf beides zusammen konnte sie aber getrost verzichten. Sie hatte das schwarze Jackett erst angezogen, als sie sich gemeinsam mit Cat auf den Weg vom Abreiteplatz zur Dressurbahn machte, aber trotzdem würde sie es am liebsten wieder ausziehen. In eine Ecke schmeißen und die nächsten paar Wochen nicht ansehen, bis es endlich Herbst wurde.

      Ares war erst vor wenigen Tagen angekommen. Für Bernies Geschmack war es viel zu früh, ihn schon auf einer Schau vorzustellen – sie hatte ihn nur drei Mal reiten können, und wirkliches Training war auch nur die letzte Einheit. Aber wenn Mrs Fitzalan sich etwas einbildete, dann konnte man sie davon nicht abbringen; so viel hatte Bernie bis jetzt gelernt. Deswegen nahm sie entschieden die Zügel auf, lächelte Cat kurz zu und ließ Ares dann in die Bahn traben.

      Seine Gänge waren noch komplett neu für sie. Mit viel Konzentration saß sie sich in den Sattel ein, streckte die Beine nach unten und hoffte, dass sie nicht wie ein Gummiball auf dem Rücken herumhüpfte. Nicht nach unten gucken. Ein bisschen hektisch grüßte sie die Richter hinter dem Buchstaben A, dann ging es erst richtig los.

      Hauptsächlich im Trab bewegte sich das Duo durch die Bahn, anfangs auf der linken Hand. Ares‘ Ohren waren stets gespitzt und für Bernie schien es, als würde er überlegen, ob er lieber brav die Kür weitermachen würde oder ob er eine Show für das Publikum hinlegen sollte. Wirklich sicher war sie sich noch nicht, aber Bernie hatte das Gefühl, dass Turniere mit dem Hengst wirklich Spaß machen würden.
      Im Galopp lenkte sie den Hannoveraner auf einen Mittelzirkel und parierte ihn dann in den Schritt durch. Sie öffnete die Hände ein bisschen, ließ ihm die Zügel länger. Gleichzeitig versuchte sie, nicht zu arg mit der Hüfte mitzugehen; Ares hatte einen weitaus raumgreifenderen Schritt als Blurry, da war die Gefahr groß, wie ein nasser Sack auszusehen. Nach einer Kehrvolte ließ sie ihn auf der rechten Hand wieder antraben. Halbwegs durch.

      Bis der zweite Galopp kam, funktionierte alles noch super. Dann hatte Bernie das Gefühl, Ares‘ Konzentration schien langsam aber sicher zu schwinden. Mit Ach und Krach sahen die Schlangenlinien mit drei Bögen noch halbwegs passabel aus, der Übergang zwischen Schritt und Trab ginge auch schöner, aber letzten Endes steuerte Bernie Ares wieder vor den Richtertisch, verabschiedete sich und trabte schlussendlich aus der Bahn.

      Ares‘ Ohren drehten sich in alle Richtungen als er aus der Arena schritt. Der Moderator kündigte das nächste Paar an, überall auf dem Platz standen andere Pferde und noch viel mehr Menschen. Trotzdem ließ er sich mit einem leichten Zügelzupfen durchparieren. Cat tauchte an seiner Seite aus und half Bernie aus ihrem Jackett.

      Außerdem kann ich jetzt endlich auch mal mit den Youngsters arbeiten – nicht viel, aber definitiv mehr als daheim.

      Von heute auf morgen hatte das Wetter in England von ganz-okay-ich-mein-für-England-ist-das-ganz-gut-auch-wenns-in-Kalifornien-wärmer-und-sonniger-ist-wir-wissens-langsam-Leslie-Sommer in Herbst umgeschlagen. Aber komplett Herbst: Den einen Tag wachte Bernie noch auf, weil ihr die Sonne ins Gesicht schien, den anderen sah sie draußen nur noch grau.

      „Gewöhn dich dran,“ riet ihr Leslie am Frühstückstisch. „Ich hoffe, du hast genug Socken dabei. Und Pullis. Und Regenjacken.“

      Snafu, dessen Gesicht halb in der Cornflakes-Schüssel hin, stöhnte in seine Milch hinein. „Oh mein Gott, Regenjacken.“ Leslie grinste ihn daraufhin breit an, also musste das wohl irgendein Insider sein.

      „Solange ich nicht wieder im Regen Zäune kontrollieren muss,“ grummelte Bernie.

      „Viel besser.“ Leslies Grinsen wurde noch breiter.

      Viel besser stellte sich schnell heraus als halb-freier Tag. Der Hufschmied kam und die Jocks waren dafür zuständig, dass die richtigen Pferde zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren. Und nachdem die Großen soweit fertig waren, schickte Heath Walsh eine Delegation der Stallburschen und eine Delegation der Jocks auf die Weide der Junghengste.

      Mit Jungpferden hatte Bernie wirklich lange nichts mehr unternommen – zuhause in Boston stand ein Dreijähriger in der Box neben Bernies Pflegepferd, also hatte sie eben auch mal die Box gemistet oder ihn auf die Koppel geführt. Recht viel mehr war das ja jetzt auch nicht, sagte sie sich als sie einem Holsteiner namens Painted Taloubet das Halfter aufzog. Das ließ er zwar ganz gut mit sich machen, aber irgendetwas an ihm sagte Bernie, dass sie später lieber aufpassen sollte.

      Mit vier jungen Hengsten ging es in Richtung A-Stall. Vor Bernie und Taloubet dackelte ein fast schon ausgewachsener Hannoveraner namens Dark Royale, dahinter kamen Leslie mit ihrem Gambit und ein Connemarahengst, der von allen nur Donnie genannt wurde.

      Im Stall angekommen wurden die Stallburschen dazu verdonnert, beim Halten zu helfen. Gerade wollte sich Bernie hinsetzen, da tauchte auf einmal Cat vor ihr auf. Und deswegen war es heute nur ein halb-freier Tag: das Training fiel zwar aus, aber trotzdem rannten alle wie verrückt hin und her. Cat und Bernie halfen im B-Stall aus, trennten die beiden Fohlen in den Außenboxen für ihre Mama, damit vor allem das Hengstfohlen in nächster Zeit in eine Herde mit Gleichaltrigen kam. Der Rotfalbe machte das schon ziemlich routiniert mit, nur das Stutfohlen wieherte immer wieder nach der Mama – die natürlich ebenso herzzerreißend antwortete. Genauso lautstark war dann die Begrüßung, als beide Fohlen zurückkamen.

      Wirklich viel mehr ist in den letzten Wochen nicht passiert. Ich weiß, du kannst es nicht glauben, aber ich möchte dir jetzt nicht jeden Tag einzeln aufdröseln.

      Sag allen daheim liebe Grüße von mir.

      Bernie xx
    • Rhapsody
      Alte Pflegeberichte
      3/7

      chapter nine
      11. November 2017 -- Rhapsody

      Ares | Ironic | Painted Blur | Paramour
      Minou | Siana | Benihana | Bucky | Medeia | Cíola
      Dark Royale | Painted Basquiat | Mánas | PFS' Scion d'Or | Dark Innuendo | Painted Taloubet | Doineann | PFS' Gamble Away | Pacco
      -- Leslie --

      Oktober war Leslies Lieblingsmonat. September war immer noch ein bisschen Sommer, und November schon fast Winter; der Oktober war noch nicht ganz bitterkalt, die Blätter waren schön bunt – und es war Jagdzeit.

      Am liebsten hätte sie dieses Jahr ja selbst mitgemacht. Nicht unbedingt mit Gambit, natürlich, aber irgendein Pferd hätte sich schon gefunden. Blöderweise fand dieses Jahr die Jagd auf Sandringham Manor statt – und alle Jocks hatten Teilnahmeverbot gekriegt. Irgendwo verständlich, aber wirklich begeistert war Leslie nicht gewesen.

      Also hatte sie das Nächstbeste getan und sich Hals über Kopf in die Organisation geschickt. Zusammen mit Logan war sie die Strecke mehrmals abgeritten, hatte Pferde vom Flughafen abgeholt, auf die umliegenden Höfe verteilt und fuhr diese täglich ab. Das füllte so ziemlich den ganzen Tag, sodass sie jeden Abend todmüde ins Bett fiel – zum Leidwesen von Bernie und Snafu. Bernie, weil sie selbst dann gezwungen war, sich ab acht Uhr abends so leise wie möglich zu verhalten, und Snafu, weil der jetzt mit Goldie alleine trainieren musste.

      Dementsprechend war Leslie am Tag der Jagd auch schon um halb fünf wach. Auf Zehenspitzen schlich sie ins Bad, wusch sich schnell und tapste dann barfuß über den Gang zu Beau und Snafus Zimmer und klopfte sachte an.

      Fast gleichzeitig drückte sich dann auch schon Beau durch einen Minispalt in der Tür (durch den er gar nicht hätte passen sollen – immerhin war er bestimmt dreimal so breit wie Leslie. Mindestens) und schob sie in Richtung Treppe nach unten.

      Frühstück gab es für die beiden nicht. „Cooper ist eh schon angepisst, dass ich andauernd woanders bin,“ flüsterte Beau und steuerte Leslie an der Küche vorbei direkt an die Haustür. Draußen war es noch dunkel; nur ein leichtes, dunkelgraues Band war schon am Horizont zu erkennen. Der Hof rund um das Mitarbeiterhaus war umhüllt von Nebel und es roch nach Regen. Solange der sich für den restlichen Tag verzogen hatte, war Leslie das ganz recht.

      Wie ein kleines Kind schlappte sie Beau hinterher, der zuerst die Tür in die Sattelkammer des A-Stalles aufsperrte. Als er das Licht anmachte, war Leslie für einen kleinen Moment geblendet, dann ging sie die Spinde der Gastpferde durch. Im A-Stall waren nicht wirklich viele Boxen freigewesen; die Junghengste standen seit ein paar Tagen wieder über Nacht in den Boxen und nahmen dementsprechend Platz weg. Ein Paint Horse aus New Mexico, ein Holsteiner und ein Trakehner aus Deutschland bewohnten seit Anfang der Woche die drei freien Boxen und schienen sich ganz gut mit den Boxennachbarn zu verstehen. Dementsprechend kam Beau auch schnell wieder, nachdem er Leslie in der Sattelkammer zurückgelassen hatte.

      Die Spinde waren immer noch verschlossen, beim kurzen Inventarcheck schien auch nichts zu fehlen. „Gehen wir weiter,“ flüsterte Leslie. Wenn man den Geräuschen der Pferde in der Box trauen konnte, waren die zwar eh schon wach und verlangten auch schon langsam ihr Futter, aber irgendwie wollte sie trotzdem so leise wie möglich reden.

      Im C-Stall war dann der Großteil der fremden Hengste untergebracht. Der stand im Winter meistens eh leer – Esther verfolgte die Philosophie, dass auch Hochleistungssportler mal ein bisschen Pause brauchten und nahm deswegen am Anfang Oktober keine Trainingspferde mehr an – und war somit für die restlichen 9 Gasthengste frei. Auch hier checkte Leslie kurz, ob die Spinde nach wie vor verschlossen waren und ob auch wirklich nichts fehlte. Beau knipste das Licht in der Stallgasse an, guckte kurz in jede Box und zog Leslie dann auch schon wieder quer über den Hof.

      Langsam aber sicher meldete sich dann doch ihr Magen. Um kurz nach 5 schalteten sich immer mehr Lampen in den Ställen und Häusern an, und ihre innere Uhr sagte ihr, dass es jetzt wirklich Zeit fürs Frühstück war. Trotzdem trottete sie hinter Beau her und versuchte, das Magengrummeln einfach zu ignorieren.

      Funktionierte semi-gut. Als die beiden im Stutenstall angekommen waren und Leslie gerade Spind Nummer 3 von 7 aufsperrte, knurrte ihr Magen so laut, dass Moses kurz darauf den Kopf in die Sattelkammer steckte.

      „Ich dachte, hier drin ist ein Bär,“ sagte er grinsend, als er Leslie entdeckte. Die verdrehte nur kurz die Augen; Moses war wirklich einer der einzigen Menschen, die sie kannte, der frühmorgens (um 5 Uhr. 5 Uhr morgens frühmorgens) schon zu Witzen aufgelegt war. Einer der Gründe, warum sie den B-Stall mied, bis sie wirklich wach war.

      Gerettet wurde sie von Beau, der sich an Moses vorbeischlängelte und wortlos die restlichen vier Spinde inspizierte. Dann fiel sein Blick auf die Uhr und unter wildem Fluchen stürmte er aus der Sattelkammer. Leslie konnte ihn gerade noch auf dem Weg zum Parkplatz einholen.

      „Keine Frühstückspause?“ keuchte sie ihm hinterher.

      Er öffnete die Fahrertür eines dunkelblauen Yaris‘. „Keine Frühstückspause.“

      -- Idony --

      Wenn man monatelang jeden Tag um die gleiche Uhrzeit aufstand, dann war das irgendwann so in einem drin, dass man an jedem Nicht-Arbeitstag um fünf hellwach war. So ging es Idony heute – Training fiel für die nächsten paar Tage aus und Cam war so nett gewesen und hatte ihr freigegeben, damit sie später bei der Jagd konzentriert mitreiten konnte.

      Trotzdem – sie war um Punkt fünf Uhr wach gewesen und nach ein paar Minuten hatte sich herausgestellt, dass sie das mit dem Weiterschlafen vergessen konnte. Also war Idony zwei Stunden später schon mit den meisten Arbeiten fertig. Benihana versorgen, Benihanas neue Boxennachbarin Minou und die Reitponystute Cíola zusammen auf die Weide stellen, Stallgasse fegen und nett zu den Gästen sein.

      Gegenüber von Billies Box stand eine Scheckstute, die jeden Schritt und jedes Atmen im Stall genaustens im Blick hatte. Jedes Mal, wenn Idony kurz zu ihr hinübersah, stand die Stute woanders – mal im Paddock, mal in der Box, mal genau auf der Schwelle. Idony ließ sie kurz mit sich selbst allein und huschte an die Box des Scheckens. Die Stute hatte in etwa die gleiche Größe wie Benihana, wirkte aber zugleich imposanter als auch gebrechlicher als der Holsteiner gegenüber.

      „Schon mal die Konkurrenz begutachten?“ kam plötzlich von hinten. Idony zwang sich, nicht wie ertappt zu gucken, als sie sich umdrehte und eine junge Frau vor ihr stand – mit einem breiten Grinsen.

      Die Frau streckte auch sogleich ihre Hand aus. „Alexandra Cordes. Und das hinter dir ist Possy Pleasure Mainstream.“

      Als hätte sie ihren Namen verstanden, schnaubte die Stute und schlich sich dann sogleich wieder nach draußen auf den Paddock. Idony räusperte sich und nahm die Hand der Frau. „Idony Berqvist – aber ich bin keine Konkurrenz, ich arbeite hier.“

      „Oooh,“ machte Alexandra. „Und da dürft ihr gar nicht mitmachen? Das ist ja auch schade. Da gibt’s sowas mal und ihr werdet ausgeschlossen.“

      Ein bisschen überrumpelt von den vielen Worten in der kurzen Zeit blinzelte Idony Alexandra erst mal an. Dann registrierte sie die Worte erst. „Ach nein, das ist wirklich nicht schlimm – jetzt im Herbst sind hier so viele Jagden, also wer will—“

      „Oooh,“ machte Alexandra wieder. Possy Pleasure Mainstream kam wieder in die Box und reckte den Hals nach ihr. „Ich werde jetzt auch mal gucken, wo die zweite im Team bleibt – allmählich sollten wir ja mal beginnen, die Pferde fertig zu machen.“

      Mit einem Winken verabschiedete sich Alexandra wieder und ging aus dem Stall. Neben den Stallburschen, die die Futtereimer wieder von vor den Boxen einsammelten, war Idony die einzige im Stall. Also nutzte sie die Gunst der Stunde und richtete Benihana schon einmal so weit her, dass sie dieser später nur noch den Sattel auf- und die Trense anlegen musste.

      -- Leslie --

      Treffpunkt der Reiter war um halb elf auf dem Dressurviereck. Bis dahin hatte Leslie Zeit, den Matsch aus Painted Blurs Fell zu bürsten. Pünktlich hatte sich der natürlich in die nächstbeste Matschpfütze geschmissen – und von denen gab es auf den Weiden gerade genug. Soweit wäre es gar nicht gekommen, wären Leslie und Beau zur Stelle gewesen. So wie es war hatte nämlich Cooper Blurry auf die Weide gebracht, der hatte die Chance ergriffen – und jetzt stand Leslie in der Stallgasse des A-Stalls und versuchte, den noch feuchten Matsch so gut wie möglich aus dem Fell zu bekommen.

      Eigentlich wäre das eine Fall für die Waschanlage, dachte sie und schrubbte an einem Fleck an der Flanke des Hengstes. Eigentlich – nur leider war es kurz nach zehn, und wenn man Bernie und Cat glauben konnte, dann waren die ersten Gäste auch schon am Platz versammelt.

      (Beau hatte sich übrigens verkrümelt und frühstückte. Während Leslie nasse Matschflecken ausbürsten durfte, die vermeidbar gewesen wären. Schöner Tag war das heute.)

      10:15 Uhr ließ sie dann die Bürste fallen und schnappte sich Blurrys Sattel. Weg waren die Flecken zwar nicht, aber sollte sich jemand der Gäste drüber beschweren – naja, dann ließ sie Cooper die Sache handeln. Sie hatte gleich erst mal ein Date mit ihrer Müslischale.

      Gerade hatte Leslie Blurry das Gebiss ins Maul geschoben, als auch schon Esther in den Stall kam. Die drei Gäste, deren Pferde im A-Stall untergebracht waren, hatten sich schon längst auf den Weg zum Viereck gemacht – schön rausgeputzt mit Turnierjackett, hellen Hosen und weißen Schabracken. Leslie wusste also, dass sie spät dran war (und das würde Cooper auch noch den ganzen lieben langen Tag hören, ob er es wollte oder nicht). Dass jetzt aber schon die Chefin nach ihr sah, das hätte sie aber nicht gedacht.

      „Schon fertig,“ rief sie Esther entgegen und steckte den Zipfel des Nasenriemens noch schnell unter die dafür vorgesehene Lasche. „So gut wie’s eben ging,“ murmelte sie dann noch vor sich hin, nahm Blurry die Zügel vom Hals und führte ihn die Stallgasse hinab.

      Esther sah sich den Hengst kurz von beiden Seiten an, seufzte und zuckte dann mit den Schultern. „Sauberer wird er jetzt eh nicht mehr,“ sagte sie und klopfte Leslie kurz auf die Schulter. „Wenn du mir noch kurz helfen könntest?“

      Per Räuberleiter schwang sich Esther in den Sattel und nahm die Zügel auf. „Ich kehr‘ noch schnell, dann bin ich sofort da,“ versprach Leslie, aber Esther winkte ab.

      „Der Dreck liegt später auch noch da, wenn wir weg sind. Du solltest dir das jetzt lieber mit ansehen.“

      Gut, das ließ sich wahrscheinlich niemand zweimal sagen. Hinter dem großen Rappen und ihrer Chefin schloss Leslie das Stalltor und folgte den beiden dann in Richtung Viereck.

      -- Idony --

      „Guten Morgen und natürlich herzlich Willkommen auf Sandringham Manor.“

      Das Stimmenwirrwarr auf dem Dressurviereck verstummte augenblicklich. Neben Idony hörten sogar die zwei Geschwister auf, die schon seit sie aufgetaucht waren die Köpfe zusammengesteckt hatten, zu tuscheln. Fast alle Köpfe drehten sich nach vorne in Richtung Eingang. Vor der Kulisse des Herrenhauses saß Esther im Sattel von Blurry, hinter ihr Logan und Frank.

      „Ich freue mich, euch alle hier begrüßen zu dürfen. Das ist die erste Jagd seit fast 13 Jahren, die auf unserem Gestüt stattfindet, und ich bin sehr gespannt, wie es ausgeht.

      Ich möchte auch gar nicht groß um den heißen Brei herumreden, schließlich wollen wir alle so bald wie möglich los. Wir haben eine Strecke von etwa 15 Kilometern vor uns. Nach etwa sieben gibt es für alle eine kleine Pause auf einem benachbarten Hof. Die Pferde dürfen grasen und für uns Menschen gibt es auch ein paar Snacks. Abschließend treffen wir uns auf der Wiese ein, auf der unser Geländetraining startet. Wer besonders aufmerksam ist, wird auf dem Weg dorthin auch etwas ganz Besonderes im Wald entdecken.

      Die Regeln lauten wie bei jeder Jagd. Um einen sicheren Ablauf zu gewähren, bete ich euch alle, euch gleich euren Platz im Feld zu finden und diesen, wenn möglich, nicht zu verlassen. Und, das ist ganz wichtig: reitet nie quer zu den anderen Reitern. Außerdem dürfen die Master, die euer Feld anführen, niemals überholt werden – die kennen die Strecke und sind dafür zuständig, dass alles gut abläuft. Für die Springer sind meine Kollegen Logan Reid und Frank Montgomery zuständig,“ Esther gestikulierte auf die zwei Trainer hinter ihr, „die Nicht-Springer hören auf mein Kommando.“

      Idony sah sich ein bisschen in den Reihen rum. Einige Reiter hatten ein schmales Lächeln auf den Lippen, andere sahen Esther stockernst ins Gesicht.

      „Zu eurer Sicherheit bilden die Schlusslichter die sogenannten Schlusspiköre. Jeder noch so gute Reiter fällt mal vom Pferd – für den Fall sind die Schlusspiköre da. Sie sind auch ein bisschen die Schiedsrichter, die alles sehen.

      Auf der Strecke gibt es 15 Hindernisse, inklusive Bachläufen und feste Naturhindernisse. Sollte euer Pferd vor dem Hindernis verweigern, dann dreht am besten sofort ab und reitet um das Hindernis herum. So kann es keine Staus geben und ihr und eure Pferde werden nicht verletzt.

      Außerdem bitte ich euch grundsätzlich, aufzupassen. Wir haben einige Pferde dabei, die noch recht jung und stürmisch sind. Wenn ihr die Jagd ohne dickes Knie abschließen möchtet, dann reitet nicht zu arg auf – vor allem nicht, wenn das Pferd eine rote Schleife im Schweif trägt.

      Recht viel mehr gibt es auch nicht zu sagen, also fange ich gleich mit den Feldeinteilungen an.“

      Die ersten Reiter zogen die Gurte nach und ließen die Steigbügel herunter. Esther kramte einen Zettel aus ihrer Jacketttasche hervor und räusperte sich.

      „Feld Eins ist das erste springende Feld mit Philipp Gerdes und Daitona, Nicolaus du Martin und Ghostly Phenomenon, Elena Redling und Couleur du Deuil, Leticia Weidner und Ingénue, Octavia Blake und Raspberry, Mio Wild und Raised from Hell, Malte Tordenvaerson und Belmonts Brock und Gwendolyn Campbell und Neelix. Euer Master ist Logan Reid und euer Schlusspikör ist Idony Bergqvist.“

      Während alle, die gerade aufgerufen wurden, sich auf eine Seite des Vierecks verteilten, blätterte Esther um. „Feld zwei als zweites springende Feld mit Occulta Smith mit Co Pilot de la Bryére, Ciaran Duclair und Shenandoah, Eddi Canary und Pajero, Jonas Moser und Diarado, Lisa Zimmermann mit Halluzination, Isa Neyer mit Jonquil, Ikarus Dragomir mit Pitú, Tassilo Greving und Cover the Sun und Charlotte von Eylenstein mit Grenzfee. Euer Master ist Frank Montgomery, der Schlusspikör ist Katharina Karenin.

      Das letzte Feld mit mir als Master besteht aus Addison Moore mit My Canyon, Janina Lohmann mit Nemax, Elliot Hadley mit Vychar, Bellamy Blake mit Gun and Slide, Franziska Ziegler mit Cadeau, Nate Prescott und Dark Chocolate, Alexandria Cordes und Possy Pleasure Mainstream, Tamara Meyrohe mit Walking in the Air, Marie Wortkötter mit Macaruja, Vuyo Ndour mit Aspantau und Artemis Fortounis mit Bahar. Euer Schlusspikör ist Bree Price.“

      Ein paar Sekunden gab Esther den Leuten, um sich aufzuteilen, dann steckte sie den Zettel wieder in ihre Tasche. „Ihr könnt jetzt aufsitzen. Feld 1 macht sich in wenigen Minuten auf den Weg, ein paar Minuten später Feld 2 und dann Feld 3. Ich wünsche euch eine schöne und angenehme Jagd und natürlich viel Glück.“

      -- Leslie --

      Gemeinsam mit Bernie und Snafu hatte Leslie Esthers kleiner Ansprache vom Rande des Dressurvierecks gelauscht. Als das letzte Feld mit Blurry an der Spitze und Siana als Schlusslicht vom Platz ritt, seufzte Leslie erst einmal laut. Passend dazu grummelte ihr Magen.

      Wie auf Knopfdruck drehten sich Bernie und Snafu zu ihr um. „Schon wieder Hunger?“ scherzte Bernie.

      „Immer noch,“ grummelte Leslie. „Aber ich werd mich jetzt umdrehen und auf schnellstem Weg ins Haus gehen und schön und lange frühstücken.“

      Snafu grinste sie kurz an, dann schweifte sein Blick über ihre Schulter ab. Seine Augen wurden für einen Moment weich – und Leslie wusste genau, was sie erwartete. Mit einem lauten Stöhnen schlug sie sich die Hände vor die Augen.

      „Leslie, fertig soweit?“ kam es von hinter ihr in einer allzu familiären, tiefen Stimme. „Die Millers haben gerade angerufen, wir sollen gleichkommen – hab ich was verpasst?“

      Als sie die Hände von den Augen nahm, sah sie, dass Snafu schon antworten wollte, also ergriff sie lieber selber die Initiative.

      „Nein, gar nichts. Gehen wir.“ Schwungvoll drehte sich Leslie um, packte Beau beim Oberarm und zog ihn hinter sich her in Richtung Parkplatz.

      Schon wieder.

      -- Idony --

      Billie gefiel das Hinterhergetrotte ganz und gar nicht. Während der ersten Trabstrecke hätte die langbeinige Stute gleich mal versucht, einen wuchtigen Draught-Hengst und eine zierliche Buckskinstute zu überholen – also hatte Idony sie auf eine Volte abgewendet und sich tief in den Sattel eingesessen. Sowohl der Mann auf dem Draught als auch die junge Frau auf der Stute schienen ihr das aber nicht übel zu nehmen. Immer wieder versuchte die Holsteinerstute, irgendwie an der Gruppe vorbeizuziehen – bis sie sich dann nach dem ersten Galopp anscheinend damit abgefunden hatte. Ungeduldig kauend, aber wenigstens ein Schritt in die richtige Richtung.

      Idony selbst kam auch dann erst richtig in den Genuss – bis dahin hatte so gut wie jeder seinen Platz in der Gruppe gefunden. Im Schritt unterhielten sich die meisten, lachten miteinander. Wenn Logan das Handzeichen für den Trab oder Galopp gab, verstummten jedoch alle und vor den Hindernissen wurde eine schöne Reihe gebildet. Pferd nach Pferd hüpfte über die Zäune, kletterte einen Wall hinunter und watete durch einen Bachlauf.

      Die Reiter schätzte Idony als ziemlich erfahren ein; keiner kam über den Hindernissen ins Straucheln. Eine Rappstute weiter vorne im Feld schlug den ein oder anderen Haken zur Seite, aber die Reiterin schien sich dadurch nicht aus dem Konzept zu bringen zu lassen. Trotzdem stoppte bei jedem Seitensprung kurz Idonys Herz und sie nahm Billie vorsichtshalber gleich ein bisschen zurück – sollte die Reiterin den Halt verlieren und stürzen, war es immerhin ihre Aufgabe, alle wieder einzusammeln.

      Trotz hakenschlagender Stute erreichten alle Reiter als erstes die Zwischenstation auf dem Bauernhof der Familie Wright ohne Zwischenfälle. Von einem kleinen Wäldchen ging es direkt an den Schaf- und Kuhweiden vorbei, direkt auf den kleinen Platz vor dem Guthaus. Ein paar Stallburschen von Sandringham Manor wuselten schon umher; auf ein paar Aufstelltischen standen Gläser und Wasserflaschen, auf anderen eingewickelte Sandwiches.

      Nachdem den Pferden die Zaumzeuge abgenommen und die Sattelgurte gelockert wurden, gab es für die Reiter dann das verdiente Lunch. Die alte Mrs Wright füllte Wassereimer für die Pferde auf und die Stallburschen verteilten sie schließlich. Nach und nach kamen auch Frank und Esthers Felder an, als allerletzte Cat auf Ironic. Im Gegensatz zu ihrer Gruppe sah sie ein bisschen abgekämpft aus, also machte sich Idony kurzerhand auf den Weg zu ihr.

      Ironic blubberte freundlich, als er Billie entdeckte. Als die ihm aber keinerlei Beachtung schenkte, sondern lieber ein paar vertrocknete Grashalme abrupfte, bekam er sich auch schnell wieder ein und spielte lieber mit dem Wassereimer, dem ihn ein Stallbursche hinhielt.

      Cat lächelte Idony müde an. „Du siehst ja richtig frisch aus.“

      „Kann ich von dir nicht wirklich behaupten,“ sagte Idony. „Schwere Gruppe?“

      „Die Gruppe nicht unbedingt,“ Cat nahm ihren Reithelm ab und fuhr sich durch die Haare. „Eine Stute, ich glaub ein Vollblut. Rote Schleife im Schweif, also sollte ich nicht so überrascht sein, aber im Schritt schien sie noch besser drauf zu sein.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Ich musste noch keinen retten, aber wir haben ja noch ein paar Kilometer vor uns.“

      „Dann solltest du ganz schnell irgendwo Holz finden und drauf klopfen.“

      „Bietest du mir deinen Kopf an?“

      Idony rollte mit den Augen, dann streckte sie die Hand nach Ironics Zügeln aus. „Los, hol dir noch was zum Essen bevor nichts mehr da ist.“

      -- Leslie --

      Ja gut, vielleicht hatte Leslie den Aufwand einer solchen Jagdorganisation ein bisschen unterschätzt. Mittlerweile war es nach 12 Uhr mittags und bis auf ein paar Gurken bei der Essensvorbereitung hatte sie immer noch nichts zwischen die Zähne bekommen. Wenn sie nicht Essen ausgab, dann schleppte sie Getränkekisten, Wassereimer oder was auch immer die alte Wright sie auch machen ließ.

      „Wenn das hier rum ist,“ sagte sie leise und bedrohlich, als Beau ihr noch eine Wasserkiste in die Brust stieß, „dann schuldest du mir ein drei Gänge Menü. Selbst gekocht. Alles andere akzeptiere ich nicht als Entschuldigung.“

      Beau, der sonst eigentlich sehr gefestigt wirkte, bekam seine kleine Sorgenfalte zwischen den Augenbrauen. Jackpot. „Irgendwie sowas sollte ich hinkriegen.“

      „Das hoffe ich für dich.“

      -- Idony --

      Der zweite und letzte Abschnitt begann ein bisschen ruhiger als der erste – zumindest für Idony. Im Schritt ging es wieder zurück in das kleine Wäldchen, an einer Abzweigung jedoch geradeaus statt rechts.

      Wie als hätten die Pferde nie etwas anderes gemacht, kletterten sie einen Wall hinab, galoppierten dann geschlossen und ruhig an und nahmen die ersten paar Hindernisse des letzten Streckenabschnitts mit Leichtigkeit. Erst kurz vor der letzten Galoppstrecke verweigerte eine große Rappstute weiter vorne im Feld. Ihr Reiter fing sich gerade noch über dem Hals hängend. Die Stute ging zwei Schritte mit hochgerissenem Kopf rückwärts. Idony nahm schon Billies Zügel an, kurz davor, einzugreifen – immerhin kamen schon die nächsten Pferde, die auch über das Hindernis springen wollten, und so ein Stau konnte ziemlich blöd hinausgehen – doch dann trieb der Reiter die Stute schon seitlich und machte einen großen Bogen um den Zaun und kurz darauf nahmen beide wieder ihren Platz im Feld ein.

      Als von Logan an der Spitze das Kommando zum Suchen kam, saßen plötzlich alle aufrechter im Sattel. Alle nahmen ihre Pferde zurück, ließen die Galoppsprünge verkürzen, und sahen sich links und rechts im Gebüsch des Waldes um. Wo genau der Fuchsschwanz versteckt war, wusste Idony auch nicht; sie selbst verließ sich also darauf, dass Billie sich mit dem hintersten Platz im Feld abgefunden hatte, stellte sich in die Bügel und reckte selbst den Hals, um besser sehen zu können. Bis auf ein paar orangefarbene Blätter fand sie aber nichts, und auch die Teilnehmer gingen leer aus. Ein wenig enttäuscht setzte sich Idony wieder in den Sattel ein. Billie spielte kurz mit den Ohren, erwartete eine Parade, galoppierte aber dann letzten Endes ruhig weiter.

      Wenige Meter voraus endete der Wald schon; dann waren sie eigentlich schon wieder mitten auf dem Gestüt. An den leeren Paddocks vorbei, um das Haupthaus herum, dann tauchte auch schon das Dressurviereck vor dem Feld auf, mit dem aufgebauten Sprung. Einer nach dem anderen, wie in den letzten Stunden, sprangen die Pferde darüber. Als Idony und Billie auf dem anderen Ende des Hindernisses ankamen, waren die ersten Reiter schon abgestiegen.

      Wenige Minuten, nachdem ein paar Jocks die ersten Eichenbrüche verteilten, kam auch das zweite Feld an – ebenfalls erfolglos, wie sich schnell herausstellte. Trotzdem schien die Stimmung heiter zu sein; die Reiterin mit der nervösen Stute aus Idonys Feld erzählte im größten Detail und mit ausladenden Armbewegungen jedem im Umkreis von fünf Metern, wie sie sich dreimal schon fast am Boden liegen sah.

      Erst, als dann zwanzig Minuten nach dem ersten Feld Esther und ihre Gruppe auf dem Platz eintrafen, schwenkte jemand ein orangefarbenes Stück Pelz hin und her. Als die Gruppe sich dann auch langsam lichtete, bekam Idony einen ersten Blick auf den Gewinner: die Reiterin war noch jung und saß auf einer hellen, schweren Buckskinstute. Sie grinste, umklammerte den Fuchsschwanz eisern und unterhielt sich angeregt mit der Frau, die Idony heute Morgen im Stall getroffen hatte. Auch das Pferd kam Idony bekannt vor – da musste sie später gleich mal gucken, ob die Stute nicht sogar neben Minou einquartiert wurde.

      Esther platzierte sich wieder in die Mitte des Vierecks. Als jeder Teilnehmer seinen Eichenbruch in der Hand hielt, verkündete sie die Siegerin – Tamara Meyrohe aus Deutschland, deren Stute tatsächlich nur ein paar Boxen neben Benihana stand – und bedankte sich bei allen, die irgendwie geholfen hatten. „Und zur Feier des Tages lade ich Euch alle herzlich zum Jagdgericht ein – nachdem die Pferde versorgt wurden, versteht sich.“

      Ein wirkliches Jagdgericht im klassischen Sinn war es nicht – Idony hatte sich noch nicht mit Bree und Cat unterhalten können, ob es in deren Feldern irgendwelche Vergehen gab, aber das konnte sie sich kaum vorstellen – sondern eher ein Dinner im Herrenhaus. Die Piköre waren ebenfalls eingeladen – trotzdem ließ sich Idony viel Zeit im Stall, stopfte Billie Stroh unter die Abschwitzdecke und weichte die Kühlgamaschen in aller Ruhe ein.

      Ein bisschen verspätet und mit eiskalten Fingern kam Idony dann im Speisesaal an. Cat hatte ihr einen Platz freigehalten, direkt vor dem Teller mit Hühnchen. Um sie herum hatten die anderen schon mit dem Essen begonnen, also lud sie sich sofort ein bisschen Fleisch, Gemüse und Brot auf, ohne noch groß nachzudenken. Der Hunger war erst gekommen, als sie vor dem Speisesaal gestanden war und das Essen gerochen hatte. Komisch, wie man einfach vergessen konnte, hungrig zu sein.

      -- Leslie --

      Leslie, auf Cats anderer Seite, lud sich ihren Teller dreimal mit allem Möglichen auf, probierte jedes der drei verschiedenen Desserts und schnappte sich anschließend noch das übrige Mousse au Chocolat von Beaus Teller. Das schuldete er ihr ja schließlich.
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      chapter sixteen
      12. Mai 2018 -- Rhapsody

      Ares | Painted Blur
      Dark Royale | Mánas | Painted Taloubet
      „Du wurdest also befördert zur Kindergärtnerin?“

      Bernie warf Leslie einen bösen Blick zu. Ihre Zimmerkameradin lümmelte auf ihrem Bett herum, noch in Jogginghosen, noch nicht einmal annähernd arbeitsfertig. Bernie hingegen hatte schon ihre Reithose an, die Regenjacke lag parat über den Schreibtischstuhl, der Reithelm auf dem Tisch.

      Vielleicht lag das daran, dass Leslie momentan ein Pferd bespaßte, während auf Bernies Plan drei standen – vier, wenn sie noch Zeit hatte.

      „Weniger Kindergärtnerin, mehr Vorschullehrerin. Erstklasslehrerin?“ Bernie band sich die Haare zu einem strammen Pferdeschwanz zusammen und sah Leslie durch den Spiegel über der Kommode an. „Irgendwie sowas.“
      Mit einem dramatischen Seufzer ließ sich Leslie noch mehr auf ihre Kissen fallen. „Ich an deiner Stelle würde ja eingehen. Dieser Stress—“

      „Wenn man um halb acht schon fertig angezogen ist, geht der Stress auch,“ murmelte Bernie. Dann fiel ihr Blick auf den Kalender über ihrem eigenen Bett. „Warte – heute ist Mittwoch. Du musst nicht mal ein Pferd reiten.“

      „No shit, Sherlock,“ antwortete Leslie mit einem selbstgefälligen Grinsen.

      „Dann sehen wir uns heute Nachmittag. Du, ich, Blurry und Ares.“

      Daran, dass Leslie nicht sofort protestierte, erkannte Bernie, dass dieser der Vorschlag gar nicht so doof vorkam. Jetzt spielte auch um ihre Lippen ein zufriedenes Lächeln, und sie packte den Helm und die Jacke. Von Leslie bekam sie noch ein „Viel Spaß“, hinterhergerufen, dann war sie auch schon in den Stiefeln und aus dem Haus.
      Der Morgen begann dann erst mal ruhig, mit Painted Taloubet. Der Junghengst war mittlerweile drei Jahre und, bevor es für ihn nochmal einen Sommer auf die Weide ging, sollte er schon mal ein paar Grundlagen kennenlernen. Deswegen hatte Leslie Bernie auch Kindergärtnerin genannt; sie war momentan für den Großteil der Jungen zuständig. Mit Ares im Deckeinsatz hatte sie viel freie Zeit, und zuhause hatte sie auch beim ein oder anderen Jungpferd mitgeholfen. Anscheinend gefiel sowohl den Trainern als auch Esther selbst, was sie da fabrizierte – sollte sich nicht bald ein neues Reitpferd finden, sollte Bernie sich überlegen, ob sie sich nicht ganz der Jungpferdeausbildung widmete.

      Taloubet stand gemeinsam mit Doineann auf einem Paddock in der Nähe des C-Stalls. Erst schrie das Connemarapony seinem besten Freund laut und lange nach, aber sobald Taloubet um die nächste Kurve war, hörte man ihn auch schon nicht mehr.

      Das Führen klappte schon gut – die meiste Zeit folgte er Bernie unauffällig, nur ab und zu kam dann sein Charakter durch. Mit einem Zungenschnalzen forderte Bernie dann seine Aufmerksamkeit, weg von den Gespenstern in den Büschen, wieder zu ihr. Erstmal ging es für die beiden in den C-Stall – hier war sein Zuhause. Gemütlich striegelte Bernie ihm das Fell, bürstete das letzte Winterfell heraus, verlas den Schweif und ließ den Hengst schließlich alle vier Hufe geben – immer und immer wieder. Langsam hatte Taloubet da auch den Dreh raus und hob das Bein schon, als Bernie nur das innere Karpalgelenk berührte.

      Nachdem das Putzen beendet war, nahm Bernie den Longiergurt. Der war nur zu Übungszwecken da – dadurch konnte Taloubet das erste Gewicht auf seinem Rücken kennenlernen, genauso wie das Verschnallen um den Bauch. Wirklich begeistert war er davon noch nicht; kaum lag der Gurt auf seinem Rücken, wurde er rastlos, ging immer mal wieder einen Schritt nach vorne, nach hinten, zur Seite. Bernie versuchte ihn mit guten Zusprüchen zu beruhigen, und nach zehn Minuten zeigte das auch Wirkung. Sie nahm den Longiergurt wieder ab, ließ ein paar Augenblicke vergehen, dann versuchte sie es nochmal. Und nochmal und nochmal, bis Taloubets Ohren nur noch ein wenig spielten, als der Gurt auf seinem Rücken lag. Mit viel Streicheleinheiten und Leckerlis belohnte Bernie den jungen Hengst schließlich und ließ es dann für den Tag gut sein. Noch ein paar Möhren, dann kam Taloubet wieder zu seinem Kumpel Donnie zurück auf den Paddock. Donnie selbst würde noch mehr Zeit kriegen – im Gegensatz zu Taloubet war er das totale Kind.

      Nach Taloubet war der nächste Junghengst dran: Dark Royale. Letzte Woche hatten Bernie und er ihre erste Longeneinheit absolviert – eineinhalb Monate nach dem Plan, aber besser spät als nie. Mit Kappzaum und Longe ging es dann wieder in den Zirkel.

      Bernie bemerkte immer wieder, dass Dark Royale am liebsten schon in allen drei Grundgangarten laufen würde – ihr war aber eine gründliche Ausbildung wichtig, und so blieb sie auch heute erst mal nur im Schritt. Rausschicken, reinholen, stehen bleiben – diese Lektionen standen heute auf dem Plan. Ein paar Anläufe brauchte es, bis Royales Eifer nicht mehr mit ihm durchging, und er auf die Kommandos anständig hörte. Zum Schluss wagte Bernie dann doch noch einen kleinen Trab – er sah aus wie der erste Trab an der Longe, aber Royale schnaubte zufrieden, und die richtige Haltung war eh Bestandteil einer anderen Einheit. Ausgiebig lobte sie ihn und, weil das die größte Belohnung für den Rappen war, ließ sie ihn zum Schluss noch ein bisschen freilaufen. Mit großen Galoppsprüngen sprang er durch den Zirkel und kam dann schließlich von sich allein wieder in die Mitte, als wolle er sagen: Gut, bin fertig. Gehen wir jetzt?

      Für Bernie stand jetzt erst einmal Mittagspause fest; dann schleppte sie Leslie zu Ares‘ und Blurrys Weide. Blurry schien absolut nichts gegen den fremden Reiter in seinem Sattel zu haben, und so wurde der kleine Ausritt zur Entspannung für Reiter und Pferd.

      „Und jetzt, wo du schon früher Feierabend hast,“ meinte Leslie, als sie Blurrys verschwitztes Fell bürstete, „können wir auch ein bisschen Spaß haben.“

      Bernie zögerte. „Was meinst du mit Spaß?“

      Leslie zuckte mit den Schultern. „Beau schuldet mir noch was, und Snafu muss seinen Frust irgendwo ablassen.“

      Bernie seufzte. „Wir gehen also in eine Bar.“

      „Wow,“ sagte Leslie und schnallte Blurry von den Stricken ab. „Du kannst ja Gedanken lesen.“
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      Alte Pflegeberichte
      5/7

      chapter twenty
      01. November 2018 -- Gwen

      Es war soweit! Der 31. Oktober war endlich da. Celeste lief schon den gesamten Tag summend durch die Gegend und war wie ein kleines wirres Irrlicht, während sie alles vorbereitete. Hazel hatte mir bei den Leckereien für das Büffet geholfen. Alles war natürlich passend zu Halloween gestaltet. So gab es kleine schokoladige Spinnen, Gespenster aus Marshmellowmasse, Kürbis-Törtchen, Hexenbesen zum Knabbern und vieles mehr.
      Während wir uns also um Kostüme und Leckereien kümmerten, war Ciaran die glorreiche Aufgabe zugekommen, den Stall und die Halle zu gestalten. Denn um die künstlichen Spinnweben riss sich keiner von uns und da er nun einmal der Größte war, ja nun ja. Aber natürlich halfen wir ihm und platzierten auch überall unsere geschnitzten Kürbisse mit den Grabkerzen (weil die so wunderbar lange brannten) darin.
      Schon vor zwei Tagen hatten wir mit denen begonnen und mir taten die Hände immer noch vom auslöffeln weh, aber es hatte sich gelohnt. Schon gegen 13 Uhr sah der Stall wirklich großartig aus! In jeder Ecke konnte man etwas entdecken. Auch hatten wir selbstgebastelte Gespenster, Fledermäuse und Spinnen verteilt.
      Die meisten unserer Gäste waren bereits gestern angereist, viele aber auch erst heute. Wir hatten hinter dem Stall ein Stallzelt aufgebaut, aber es standen auch Boxen bei unseren Nachbarn zur Verfügung. So war für die pferdigen Unterkünfte gesorgt. Die Reiter durften sich aussuchen, ob sie sich ein warmes Gästezimmer nahmen oder die Nacht auf unserem Heuboden verbrachten.
      So allmählich füllte sich unser Hof deshalb auch mit Menschen und Pferden. Celeste war besonders stolz auf ihre Halloween-Playlist, welche unseren Stall mit schaurig schöner Musik erfüllte. Gut hörbar und doch auf einer leiseren und angenehmen Lautstärke. Der Beginn unseres Halloween-Specials näherte sich und während meine drei Leute verschwanden, um die Pferde fertig zu machen, schlüpfte ich bereits in mein Kostüm und stellte mich dann am Eingang der Halle bereit.
      Celeste ließ gekonnt dreimal einen Gong ertönen, damit alle wussten, dass die Show begann. Schon bald war es mucksmäuschenstill auf unseren gefüllten Tribünen und ich trat hervor, in die Mitte der Halle. Dort waren bereits vier niedrigere Sprünge als großes Kreuz angeordnet, schön dekoriert mit einer Menge Kürbissen, Spinnenweben und natürlich passen zu Halloween in schwarz-orange.
      „Ich begrüße euch alle ganz herzlich auf unserer Ranch und freue mich jetzt schon sehr auf den heutigen Tag! Uns wird ein spannendes Programm erwarten, das kann ich versprechen. Beginnen wird die hauseigene Springquadrille – auch meine Wenigkeit,“, und ich deutete lächelnd hinab auf mein bereits angezogenes Kostüm, „ehe dann nach einer kleinen Pause zum Umräumen das Kostümreiten stattfinden wird! Kostümspringen würde tatsächlich weitaus mehr passen und wir sind gespannt auf die heutigen Kostüme. Daraufhin folgt im Anschluss direkt der Gelassenheitsparcours, damit auch die kleinen Vierbeiner ihr Können zeigen können und den Abschluss machen die Trickshows von einigen Teilnehmern. Wir können also neugierig auf die ganzen Paare und ihre Vorführungen sein! Danach sind alle herzlich zum Büffet eingeladen. Dementsprechend bitten wir um die Aufmerksamkeit für alle Teilnehmer, denn danach ist alle Zeit der Welt für Unterhaltungen, Essen, Tanzen und Lachen. Ich freue mich auf den Abend mit euch und würde sagen, wir beginnen!“
      Lächelnd entschwand ich wieder und schwang mich in der Stallgasse direkt auf Levis Rücken.
      Natürlich hatten wir für die gesamte Musik und Technik extra jemanden engagiert. Es war niemand geringeres als Ciarans Bruder, der Technik über alles liebte und Halloween anscheinend auch und sich förmlich um die Stelle gerissen hatte. Dementsprechend gingen nun in der Halle aber auch die Lichter aus, ehe nur ein fahles Dämmerlicht und die gesamten Kürbisse und Kerzen leuchteten.
      Dann begann er mit tiefer Stimme vorzulesen. Der Ausschnitt stammte aus der Offenbarung des Johannes, dem letzten Buch des Neuen Testaments, in welchem er von der Apokalypse, dem jüngsten Gericht, schrieb. Ja, bei unseren Kostümen hatte ich mir einige Gedanken gemacht, immerhin wollten die Leute doch eine große Show:
      „Dann sah ich: Das Lamm öffnete das erste der sieben Siegel; und ich hörte das erste der vier Lebewesen wie mit Donnerstimme rufen: Komm! Da sah ich ein weißes Pferd; und der, der auf ihm saß, hatte einen Bogen. Ein Kranz wurde ihm gegeben und als Sieger zog er aus, um zu siegen.“
      Bereits als er begonnen hatte zu lesen, öffneten sich die Hallentüren und Celeste ritt auf dem weißen Ohnezahn in die Halle hinein. Sie trug eine weiße Toga und eine goldene Krone, in der einen Hand den Bogen und in der anderen Hand die Zügel. Ohnezahn wiederum trug den Kranz um den Hals. Im Galopp ritten sie in die Halle und drehte eine große Runde, während unser Sprecher vorlas.
      Als sie erneut an der Hallentür vorbeigaloppierte, öffnete sie sich wieder und diesmal schloss sich Ciaran auf dem roten Dead Memories an und folgte ihr im flotten Galopp, während weiter die Stimme aus dem Off ertönte:
      „Als das Lamm das zweite Siegel öffnete, hörte ich das zweite Lebewesen rufen: Komm! Da erschien ein anderes Pferd; das war feuerrot. Und der, der auf ihm saß, wurde ermächtigt, der Erde den Frieden zu nehmen, damit die Menschen sich gegenseitig abschlachteten. Und es wurde ihm ein großes Schwert gegeben.“
      Es wurde sichtlich deutlich, dass Ciaran und Memo den Krieg darstellten. Und mit dem großen Schwert und seiner dunkelroten Kleidung kamen sie auch sehr gefährlich daher. Doch wie wir alle wussten, gab es vier apokalyptische Reiter und deshalb war nun tatsächlich ich am Zug:
      „Als das Lamm das dritte Siegel öffnete, hörte ich das dritte Lebewesen rufen: Komm! Da sah ich ein schwarzes Pferd; und der, der auf ihm saß, hielt in der Hand eine Waage. Inmitten der vier Lebewesen hörte ich etwas wie eine Stimme sagen: Ein Maß Weizen für einen Denar und drei Maß Gerste für einen Denar. Aber dem Öl und dem Wein füge keinen Schaden zu!“
      Und so schloss ich mich auf dem rabenschwarzem Levi hinter die bereits galoppierenden Pferde in der Halle an. Da ich selbst, zu meiner Schande, keinen Rappen besaß, der dieser Aufgabe gewachsen war, hatte ich mir kurzerhand Elisas schicken Hengst geklaubt. Im Gegenzug für kostenloses Essen und Alkohol hatte sie auch sofort eingewilligt.
      So ritt auch ich einhändig, um in der einen Hand die Waage zu halten. Ich war komplett schwarz gekleidet und angemalt. Mein Mantel war zerfetzt und dreckig und ich hatte auch im Gesicht auch leicht die Knochen hervorzeichnen lassen, immerhin stellte ich den Hunger dar.
      Nun fehlte nur noch der letzte apokalyptische Reiter: Hazel auf Neelix. „Als das Lamm das vierte Siegel öffnete, hörte ich die Stimme des vierten Lebewesens rufen: Komm! Da sah ich ein fahles Pferd; und der, der auf ihm saß, heißt „der Tod“; und die Unterwelt zog hinter ihm her. Und ihnen wurde die Macht gegeben über ein Viertel der Erde, Macht, zu töten durch Schwert, Hunger und Tod und durch die Tiere der Erde“.
      Man musste zugegeben, dass das letzte Paar mit Abstand das beste Kostüm von uns hatte. Neelix hatten wir mit weißem und grauem Farbpulver beworfen, so dass er auch einen leichten Nebel nach sich zog, als er in die Halle galoppierte. Auch Hazel war grau. Grau gekleidet und grau angemalt, sie trug sogar eine graue Perücke, denn ihre roten Haare hätten sonst das Kostüm zerstört.
      Sie war übersät von grauen Fetzen und kam so den Vorstellungen des vierten Reiters sehr nahe. In ihrem grauen Gesicht zeichnete sich ein Totenkopf ab, auf den war Celeste besonders stolz gewesen. Und als wir nun alle in der Halle waren und der Sprecher geendet hatte, setzte schaurige Musik ein. Zuerst sehr kriegerisch und schnell, so dass wir noch zwei Runden ritten, ehe wir auf der kurzen Seite so zur Mitte abbogen, dass wir alle nebeneinander geschlossen stehen bleiben konnten und die Musik verstummte.
      Eine kurze Verbeugung jedes Reiters, dann setzte wieder die Musik ein und der Sieg ritt los, gefolgt vom Krieg, dem Hunger und dem Tod. Ich liebte Springquadrillen und umso toller war es nun, zu einer dazu zu gehören. Die Pferde machten ihre Sache wirklich gut und so führten wir unser Programm auf.
      Hintereinander über die Hindernisse, zu zweit oder quer. Es machte wirklich Spaß und als wir uns nach einer fetzigen Abschlussrunde wieder nebeneinander auf der Mittellinie einfanden, war der Applaus wirklich groß. Im Galopp entschwanden wir aus der Halle, doch ich kehrte schnell zurück und bedankte mich für den Applaus und kündigte die kurze Pause ein.
      „Gebt uns fünf Minuten und es geht weiter mit schaurigen und schönen Kostümen!“. Dank der vielen Helfer war die Halle wirklich um Nu umgeräumt, zumal wir alles bereits so vorbereitet hatten, dass alle wussten, was wohin gehörte und schon stand nach fünf Minuten der kleine Parcours für das Kostümspringen bereit.
      „Begrüßen wir nun Occulta Smith auf scs Sugar and Sweets!“, geschwind kamen die beiden hineingeritten, grüßten und begannen den Parcours. Es waren nur Hindernisse auf E-Höhe, denn es ging diesmal vielmehr um die Zeit und möglichst fehlerfrei den Parcours zu bewältigen. Außerdem war es zumeist nicht leicht, mit Kostümen auch noch zu springen, aber das erste Paar legte wirklich eine schöne Runde hin.
      „Eine wunderbare Runde, vielen Dank! Nun sehen wir Käthe von Landsberg auf Ases Maskwamozi!“ und als die Türen sich öffneten, ritten Pippi Langstrumpf, kleiner Onkel und Herr Nilsson in die Halle ein und grüßten knapp. Ich lächelte fröhlich. Zwar war es nicht zwingend das Kostüm meiner Wahl, aber es war wirklich fantastisch und mit so viel Liebe gestaltet.
      Die beiden jagten förmlich durch den Parcours und blieben tatsächlich auch fehlerfrei und legten somit eine sportliche Zeit vor. „Na, ob das Paar noch jemand besiegen kann. Schauen wir mal, was Alicia Grey und Lettenhof’s Nanuk können!“, und es ritt in vollkommen Pink gekleidet das nächste Paar in die Halle ein und startete den Parcours.
      Leider endete diese Runde mit einem Fehler, auch wenn die Zeit wirklich einwandfrei gewesen war. „Eine unglaublich schnelle Runde! Da kann so ein Fehler durchaus passieren, trotzdem großartige Leistung. Mal schauen, was Caleb O’Dell und GRH’s A Gun Colored Lena dazu sagen?“
      Und so ritt der erste Westernreiter des heutigen Tages ein, doch davon sah man nicht viel. Das Paar zeigte ein besonders kreatives Kostüm: Teufel und Engel in einem. Die beiden machten, besonders durch ihre Flügel, schon etwas her. Zu einer Seite trug die Stute einen schneeweißen Engelsflügel, während auf der anderen Seite das Gegenstück verweilte: Ein rabenschwarzer und zerfetzter Flügel.
      Sie machten auch während des Parcours eine gute Figur, waren leider reicht langsam, aber fehlerfrei. „Tja, das ist der Preis für den zerstörten Flügel, so schnell wie sie wollen, konnten sie leider nicht mehr fliegen. Vielen Dank ihr beiden! Begrüßen wir nun den vorletzten Reiter: Nathan Scott auf Cornet“ und als das Paar einritt, jubelten einige Leute auf den Tribünen auf – das waren eindeutig die Harry Potter Fans, denn das Paar trat auf als Harry Potter auf einem Hippogreifen.
      Trotz des aufwändigen Kostüms legten die beiden eine fehlerfreie und schnelle Runde ab und rutschten somit offiziell auf den zweiten Platz. „Hut ab! Nun bleibt es spannend, was können Fritzi Tersteegen und Painted Blur noch aufzeigen?“, fragte ich und war selbst gespannt. Das letzte Paar ritt ein. Und ich staunte nicht schlecht: Alt, aber bewährt, ritt da vor uns nun der kopflose Reiter auf einem rabenschwarzen Pferd hinein.
      Die Reiterin ritt einhändig, da sie unter dem zweiten Arm einen Kürbis, ihren Kopf, trug. Die beiden sprangen trotz dessen eine wirklich schöne Runde und verfehlten nur knapp die Bestzeit von Käthe und Ases Maskwamozi. „Wow! Respekt, einhändig und dann trotzdem so fix unterwegs! Wenn ich richtig sehe, landen die beiden somit auf dem zweiten Platz!“, und ich klatschte lobend in die Hände, als das Paar die Halle wieder verließ.
      „Vielen Dank für diese tollen Kostüme und nun wird erneut umgeräumt, während sich draußen schon die Kleinen bereit machen, sind wir weiterhin gespannt!“, meinte ich lächelnd und wandte mich dann ab, um mit beim Umräumen zu helfen. Währenddessen verteilten Hazel und Celeste im Publikum Popcorntüten und Cola, und natürlich wurde die Zeit für viele Gespräche genutzt.
      Schnell war die Halle umgeräumt und ein schauriger Gelassenheitsparcours präsentierte sich vor unseren Augen. „Trick or Treat würde ich sagen! Mal schauen, ob unsere Kleinen Saures oder Süßes bekommen. Es startet Ylvie Seidel mit BR Dress to Impress. Ob sie ihrem Namen gerecht wird?“, und das kleine Paint Horse trat in die Halle ein.
      Der Gelassenheitsparcours bestand aus einer orangenen Plane, einem Slalom ausleuchtenden Kürbissen (oh ja, so etwas konnte durchaus einige Schauer bei Pferden auslösen), außerdem aus einem Vorhang aus Leinentüchern und Spinnweben und abschließend aus einer Brücke. Das erste Paar meisterte den Parcours wirklich gut.
      Daraufhin sahen wir erneut Käthe von Landsberg mit ihrem Vollblutfohlen Granada. Die Kleine hatte tatsächlich etwas Panik bei den Kürbissen und wäre beinahe noch in einem gelandet. Mit viel Geduld bekam Käthe sie jedoch auch gut durch den Parcours. Auch Lily Adams, eine junge Zwölfjährige, konnte den Parcours gemeinsam mit ihrem Fohlen PFS‘ Skydive hinter sich bringen.
      Wir sahen noch Alicia Grey mit Townsend Cosmopolitan, Bernie Brooks und Painted Taloubet, Bellamy Blake mit PFS‘ Unclouded Summer Skies, ebenso wie Tamara Meyrohe mit Merida und zuletzt Rachel Wincox mit Mytil. Allesamt legten den Parcours gut bis sehr gut ab. Alle Hindernisse wurden über- oder durchquert und die Kleinen zeigten sich heute von ihrer mutigsten Seite.
      „Noch einmal einen kräftigen Applaus für unsere Kleinen und dann machen wir weiter!“, und zack kam die nächste Umräumaktion, dabei wurde die Halle jedoch einfach leergeräumt und schon ging es weiter. „Nun, meine Damen und Herren, haben wir es bereits 17 Uhr und wir kommen zu den Trickshows! Sind wir also gespannt und begrüßen Occulta Smith mit Blue Dawn’s Nachtfalke!“.
      Das Paar kam in die Halle und das Thema wurde schnell deutlich: Geister. Der kleine Nachtfalke trug zu Beginn ein großes, schneeweißes Tuch und auch die Reiterin war in weiß gekleidet. Die beiden präsentierten eine schöne, freie Gelassenheitsdemonstration mit größeren und kleineren Tüchern zu angenehmer Musik.
      So zeigten sie unter anderem das Abliegen auf dem großen Tuch, spielerisches Freilongieren, ebenso wie spanischen Schritt und ein schönes Kompliment. Die beides gaben ein gutes Bild ab und bekamen auch gehörig Applaus. „Wunderbar! Nun folgen Käthe von Landsberg und Smarty Jones! Begrüßen wir nun wild wild west bei uns!“.
      Im wilden Galopp ritt das Paar in die Halle. Die Reiterin passend zum Thema gekleidet, das Pferd vollkommen frei ohne Zubehör. Käthe gab drei Schüsse aus einem Schreckschussrevolver ab und hatte somit auf jeden Fall die gesamte Aufmerksamkeit des Publikums. Kurz darauf sprang sie vom Rücken des Pferdes und nach einer kurzen Pause, in der der Hengst weitergelaufen war, rief sie ihn zurück.
      Es folgte eine schöne Einheit des Freilongierens inklusive Rückwärtsrichten, Seitwärtsgängen und vielen weitere Lektionen. Kurz darauf wurde auch noch die Gelassenheit des Hengstes unter Beweis gestellt, als Käthe ihm zwei Jutesäcke voller klappernder Dosen auf den Rücken legte und durch ein Tor hindurch schritt, welches laut knarzendes geöffnet wurde. Smarty Jones folgte ihr seelenruhig. Kurz darauf nahm sie ihm die Dosen wieder ab und als sie sich bückte, schnappte er spielerisch nach ihr.
      Es folgte ein kurzes freies Spiel des Paares, ehe der Hengst sich zuletzt verbeugte. Während das Publikum bereits klatscht, steigt Käthe wieder auf und dreht ein paar Runden im Galopp durch die Halle, zeigte einen gekonnten Zirkelwechsel mit fliegendem Galoppwechsel, ebenso wie eine Galopppirouette und wie sie gekommen sind, so verließen sie auch wieder die Halle: im Galopp.
      „Wow! Ich würde sagen, nun sind wir alle wach und hellauf begeistert! Dankeschön! Nun als nächstes Ylvi Seidel auf Inyan!“
      Das Pferd trug lediglich ein War Bridle und in die Mähne war eine große Feder geflochten, während Inyan zusätzlich um sein Auge einen grünen Kreis gezeichnet bekommen hatte. Die Reiterin trug eine Regalia, traditionell für die Lakota. Pfeil und Bogen waren ebenfalls von der Partie und auch dieses Paar ritt im flotten Galopp in die Halle hinein.
      Zu Beginn demonstrierte Ylvi ihre Schießkünste, ehe sie den Wallach auf Kommando ablegen ließ und auf ein unsichtbares Zeichen hin sich sogar auf die Seite legte. Ylvi schoss noch einmal auf eine weit entfernte Scheibe und traf erneut. Dann ließ sie Inyan aufstehen und zeigte eine kleine Demonstration aus freiem Longieren und spanischem Trab. Kurz darauf zeigte sie uns noch das Abrufen des Hengstes, leider sah Inyan das anders und vollführte seine eigene Show, indem er zwar auf Ylvi zulief, aber an ihr vorbeisauste und quer durch die Halle bockte.
      Auf einen zweiten Pfiff kam er jedoch sofort und so war man sich nicht sicher, ob das erste nicht doch geplant gewesen war. „Eine wunderbare Vorstellung, vielen Dank! Nun würde es noch einmal etwas mehr Wild West, denn wir begrüßen nun Caleb O’Dell auf GRH’s A Gun Colored Lena!“. Das Paar, gekleidet als typisches Westernpferd und Cowboy, ritt auch im Galopp in die Halle. Caleb trug einen schwarzen Hut, ein schwarzes Hemd und ebenso schwarze Chaps und Boots. Auch das Pferd war schwarz gekleidet: schwarzes Blanket und ein schöner dunkelbrauner Sattel. Jedoch war das Paar ohne Sattel unterwegs.
      Im Affenzahn ritten sie nun in die Halle und legten kurz vor Ende der Halle einen Sliding Stop hin, ehe Caleb sein Pferd bis zur Mitte der Halle rückwärtslaufen ließ. Dort verweilten sie jedoch nur kurz, ehe es rasant mit einem Spin weiterging. Und das vollkommen frei, denn Caleb streckte seine Arme zu den Seiten weg.
      Nach einer kurzen Verschnaufpause galoppierten sie auf einem Zirkel und zeigten einige fliegende Galoppwechsel, ehe sie einen weiteren Sliding Stop vollführten. Erneut zeigten sie vier Spinrunden auf jeder Hand und verlassen abschließend rückwärts die Halle. Dabei zog Caleb seinen Hut und verbeugte sich.
      „Was für ein Abgang!“, übertönte ich den lauten Applaus. „Das letzte Paar für heute: Tamara Meyrohe und Polka Dot. Liebe Leute, es wird noch einmal klein und süß!“. Und so war dem auch: Ein kleines gepunktetes Pony lief vor seiner Reiterin am Langzügel in die Halle hinein.
      Die beiden präsentierten zunächst ihre Langzügelarbeit. Im versammelten Galopp betraten sie Halle und parierten in der Mitte zum Halt. Daraufhin zeigten sie uns einige Lektionen: Passage, Piaffe und Traversalen in jede mögliche Richtung. Aufgrund der Shettygröße sah alles mehr als knuffig aus.
      Kurz darauf ließ Tamara ihr Pony sich ablegen und nahm ihr die gesamte Ausrüstung ab.
      Nun folgte noch ein Einblick in die Freiarbeit: Zu Beginn wurde das Pony von Dannen geschickt und raste seine Runden durch die Halle, nur um sofort zu stoppen und zu der Reiterin zu sausen, als diese es rief. Kurz vor Tamara stieg das Pony und während die Reiterin rückwärts lief, folgte Polka Dot ihr auf den Hinterbeinen.
      Im Trab umkreiste das Pony daraufhin seine Reiterin, doch schon bald standen sie nebeneinander und zeigten Seitwärtsgänge, Rückwärtsrichten und ein flottes Galoppieren, immer schön synchron. Abschließend blieben sie abrupt stehen und überkreuzten jeweils ihre Beine.
      Den Abschluss machte der spanische Schritt, ehe die beiden im Passage-Tempo wieder in die Mitte der Halle liefen und sich dort Polka Dot verbeugte. Das Publikum applaudierte laut und auch ich bedankte mich. „So! Nun kommt in ein paar Minuten noch die Siegerehrung und dann heißt es Essen!“, meinte ich fröhlich und entschwand kurz, um mir die Siegerlisten aushändigen zu lassen.
      Kurz darauf erschien ich wieder in der Halle. Aufgrund von Zeit und der teilweise größeren Entfernung der Boxen, würden nur die Reiter die Schleifen in Empfang nehmen. „Beginnen wir mit dem Kostümreiten! Auf dem dritten Platz mit einer tollen Zeit und ohne Fehler: Nathan Scott auf seinem Hippogreifen! Daraufhin auf dem zweiten Platz unser einhändig reitender kopfloser Reiter Fritzi Tersteegen, der doch ein Ticken schneller gewesen ist, aber leider nicht schnell genug. Denn der erste Platz geht an Käthe von Landsberg mit Ases Maskawamozi! Herzlichen Glückwunsch an die drei!“
      Nachdem der erste Applaus verstummt war, ging es weiter. „Dann hat unsere Jury sich kritisch mit den Kostümen auseinandergesetzt und ich muss ehrlich gestehen: Die Aufgabe hätte ich nicht gerne gehabt, denn eine Entscheidung war wirklich, wirklich schwer! Auf den dritten Platz wurde jedoch das Kostüm Harry Potter und sein Hippogreif gewählt! Ein kleiner Applaus! Auf dem zweiten Platz finden wir nun Engel und Teufel von Caleb O’Dell! Hier ein besonderer Respekt an die tollen Flügel! Und zu guter Letzt: Der erste Platz geht an den kopflosen Reiter! Der mit seinem Kostüm einfach genau Halloween getroffen hat und wirklich ein schönes Kostüm zeigte! Applaus für Fritzi Tersteegen!“
      Es folgten die Gewinner des Gelassenheitsparcours. Dort ging der dritte Platz an Bellamy Blake mit PFS‘ Unclouded Summer Skies. Den zweiten Platz ergatterten sich Alicia Grey und Townsend Cosmopolitan und auf den ersten Platz landeten Lily Adams (unsere jüngste Teilnehmerin) mit PFS‘ Skydive!
      Für alle teilnehmenden Fohlen gab es ein kleines Bund Möhrchen und die Reiter durften ihre Schleifen einstecken und so kamen wir zur letzten Auswertung, den Trickshows. „Auch hier wieder! Ein Glück saß ich nicht im Entscheidungskomitee, ich fand nämlich allesamt wirklich einwandfrei, aber nun muss man ja doch Plätze verteilen, also bitteschön: Auf dem dritten Platz Caleb O’Dell mit seiner fetzigen Western-Show! Und auf dem zweiten Platz finden wir Ylvi mit ihren Bogenschießkünsten, definitiv verdient! Und zu guter Letzt: Der erste Platz geht an Tamara Meyrohe mit ihrem süßen Punktepony und der kreativen Show! Einen Applaus für die drei und noch einmal einen umso lauteren Applaus für alle heute hier aufgetretenen Paare. Ich finde, das haben wirklich alle wunderbar gemacht! Vielen Dank für euer Kommen und eure Mühen. Es war eine Freude, euch und euren Pferden zuzuschauen! Und nun eröffne ich das Büffet und die Tanzfläche und wünsche allen Anwesenden noch einen tollen Abend!“
      Lächelnd verabschiedete ich mich mit einer Verbeugung und hielt noch kurz Small-Talk mit einigen Teilnehmern, um ihnen nochmals für ihr Danken zu kommen. Allen teilnehmenden Leuten hatten wir eine kleine Geschenktüte fertig gemacht, immerhin kamen alle von weit her. In der Tüte fanden sich einige Snacks, die meisten natürlich wieder passend zu Halloween, außerdem Soda-Dosen und natürlich auch Leckereien für die Pferde.
      Celeste hatte außerdem für jeden einen kleinen Anhänger gestaltet, auf dem stand „Halloween Special 2018, wir waren dabei!“ – und wie konnte es anders sein? Es war ein orangener Kürbis mit grinsender Fratze, aber immerhin einer netten Fratze.
      Ich gesellte mich nun noch zum Büffet, denn nach dem langen Tag hatte ich definitiv auch Hunger und bediente mich somit an den ganzen Köstlichkeiten. Zum Reden fand man hier auch sofort jemanden und so würde der Abend noch ganz schön lang werden. Aber schön war es! Und gelohnt hatte es sich auch allemal!
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      Alte Pflegeberichte
      6/7

      chapter twenty one
      04. Januar 2019 -- Rhapsody

      Cíola | Paramour | Siana | Doineann | Medeia | Minou | Mánas
      Cobain | Quarterback | PFS' Scion d'Or | PFS' Gamble Away | Dark Royale | Painted Taloubet | Dark Innuendo
      Das alte Jahr ging auf Sandringham Manor leise zuende. Während über die Weihnachtsfeiertage die meisten bei ihren Familien zuhause saßen, waren zu Silvester wieder alle auf dem Hof. Es gab kein Feuerwerk, um die Pferde nicht unnötig zu erschrecken; allerdings sah man die Raketen der Nachbarn in einiger Ferne den Himmel erleuchten.

      Für Bernie war Silvester nur eine kleine Verschnaufspause – sie arbeitete jetzt fast jeden Tag mit den Jungpferden und Cobain. Vor wenigen Tagen hatte sie den ersten halbwegs erfolgreichen Reitversuch auf dem Vollblut abgelegt. Zwar war es noch weit von dem entfernt, was es einmal sein sollte, trotzdem war Bernie zufrieden mit dem Hengst. Dafür zeigte sich Dark Royale mehr als ehrgeizig unter dem Sattel; mit ein bisschen Glück konnte der Hengst im Frühjahr voller Tatendrang in seine erste Turniersaison starten. Und auch Painted Taloubet und Dark Innuendo schien die Arbeit langsam Spaß zu machen; bis jetzt war es nur ein bisschen Bodenarbeit, denn vor allem Jitterbug hatte noch genug Zeit, um großzuwerden. Ab und zu durfte sich Bernie dann doch noch in den Sattel schwingen und Ares weiter ausbilden. Nach den zwei Monaten, die er jetzt wieder in ihrer Obhut war, hatte sie den großen Hannoveraner auf ein gutes Level gebracht. Auf dem stallinternen Neujahrsturnier würde sie ihn dann in einer M**-Dressur vorstellen; die Lektionen hatten die beiden die letzten Wochen bis zum Vergasen geübt und sie rechnete sich gute Chancen aus.

      Leslie und Snafu waren um diese Jahreszeit oft im Gelände unterwegs. PFS‘ Gamble Away genoss eine Winterpause weg von der Rennbahn, während PFS‘ Scion d’Or den Sommer auf der Weide sichtlich genossen hatte. Nächstes Jahr soll Goldie ähnlich wie Cobain „umgesattelt“ werden, in der Hoffnung, die kleine Stute fühle sich im Busch deutlich wohler als auf der Bahn. Das bedeutete allerdings auch, dass Snafu sie an einen anderen Jock weitergeben müsste – also will er die Zeit, die ihm noch blieb, intensiv mit der jungen Stute verbringen. Gambit hingegen soll sich noch einmal beweisen – ihm macht das Rennen deutlich mehr Spaß und das zeigt sich auch an den Schleifen an seinem Spind. Sowohl Leslie als auch die Senior Trainer sahen in ihm aber noch ganz viel unentdecktes Potenzial, das er früher oder später ebenfalls unter Beweis stellen konnte. Aber jetzt noch nicht, noch darf er mit Leslie über das Gras rennen.

      Cat hat sich bereits nach einer neuen Arbeitsstelle umgesehen, sich dann aber trotzdem erstmal dazu entschieden, bei Quarterback zu bleiben. Mittlerweile sind die beiden ein eingespieltes Team; sollte Cat den Hof doch noch verlassen, plant sie, den Trakehnerhengst zu kaufen. Dafür will sie 2019 so viel Geld wie möglich zurücklegen, um sich diesen Traum zu erfüllen.

      Es wird außerdem gemunkelt, Esther hätte etwas mit den Ponys vor. Mit ihren Enkeln wieder in der Schule. Jemand der Jocks soll gehört haben, wie sie von einem Bekannten in Irland sprach, der wohl Interesse an Doineann, Medeia und Minou geäußert hätte – jemand anderes behauptete, er wolle den Kaufvertrag für Mánas schon unterzeichnet auf Esthers Schreibtisch liegen gesehen haben. Noch sind alle Ponys da, inklusive Siana, Paramour und Cíola – ob und wie lange die Ponys noch bleiben, ist ungewiss.

      Bis jetzt spricht nichts dagegen, dass 2019 ein gutes Jahr für Sandringham Manor wird. Als das Feuerwerk in der Ferne langsam abklingt und die letzten Wunderkerzen heruntergebrannt waren, sammelten alle ihre Sektflaschen und Gläser wieder zusammen und machten sich fertig fürs Bett. Immerhin war morgen ein neuer Tag, und der begann für viele schon um fünf Uhr morgens.
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      Alte Pflegeberichte
      7/7

      chapter twenty two
      09. Juni 2019 -- Rhapsody

      Cíola | Paramour | Siana | Doineann | Medeia | Minou | Mánas
      Cobain | Quarterback | PFS' Scion d'Or | PFS' Gamble Away | Dark Royale | Painted Taloubet | Dark Innuendo
      Der Sommer hatte sich allmählich auch nach England geschlichen. Doch heiße Tage bedeuteten nicht, dass man sich ausruhen konnte. Bernie und Leslie hatten allerhand zu tun – Leslie arbeitete zwar nach wie vor für Sandringham Manor, hatte aber in Absprache mit Esther die ein oder anderen auswärtigen Jobs angenommen und war fast jedes Wochenende auf der Rennbahn. Wenn sie nicht gerade dafür trainierte, half sie Bernie und Cat so gut es ging. Gambits Rennkarriere war noch nicht vorbei, Goldie hingegen sollte langsam an die feine englische Reitkunst herangetragen werden – und einem wenn auch nicht großartig erfolgreichem Renn-Galopper zu sagen, er müsse jetzt ruhig bleiben und am besten noch schön den Hals annehmen, war eine Aufgabe für sich. Bernie hatte als Ausgleich noch mit den noch nicht eingerittenen Jungpferden zu tun und das genoss sie sichtlich. Und auch Cat, die sonst sehr auf ihre Sportkarriere versteift war, musste verletzungsbedingt eine Auszeit nehmen – vor wenigen Wochen war sie vom Pferd gestürzt und hatte sich dabei das Handgelenk gebrochen. Und während das verheilte, packte sie so gut wie möglich im Stall an.
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      Steenhof, 15. Dezember
      Charon, Bohème, Balboa, Simplicity of Sophistication, Painted Basquiat, Dante's Wild Lady, Painted Taloubet, A Touch Of Peace, Contia Socks, HGT's Saevitia, Dark Royale, Equinox II, Callisto, Calista, Ballroom Blitz, Quarterback, Andromeda, Smooth Gravity, Samarra, Benihana, Ironic, Ares, Bucky, Painted Blur, Calina
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      Keinen Plan wie, aber irgendwann hatte sich der Winter eingeschlichen. Gefühlt plötzlich dauerte es morgens ewig, bis es hell war – und diese Realisation hatte ich auch erst, als Hauke mich darauf aufmerksam gemacht hatte.

      Während ich schwer damit beschäftigt war, den Hengsten allen ihr Frühstück zu bringen – wobei mich der gute Hauke eigentlich unterstützen sollte, stattdessen guckte er mit grimmiger Miene aus dem Stalltor. Er guckte auf seine Armbanduhr, dann wieder zu dem blassblauen Streifen, den man zwischen den Bäumen gegenüber dem Tor erkennen konnte.

      „Was stört dich denn heute wieder?“ fragte ich, eher im Vorbeilaufen auf dem Weg zu Ironics Box. Der Hengst wartete schon sehnsüchtig auf sein Mineralfutter; konnte ja auch wirklich nicht angehen, dass er da länger als zwei Minuten drauf warten sollte.

      „Es ist halb acht,“ sagte Hauke und richtete seinen grimmigen Blick jetzt auf mich.

      Ich schüttete das Futter in den kleinen Trog und Ironic stürzte sich darauf – als hätte ich mir das Heu, das ich ihm gestern Abend in die Box geschaufelt hatte, nur eingebildet. „Und?“

      „Halb acht und die Sonne ist noch nicht einmal aufgegangen.“

      Das ließ mich innehalten – aber er hatte Recht. Auch meine Armbanduhr zeigte brav die korrekte Uhrzeit an: 07:21 Uhr und ja, das Licht draußen konnte man kaum als mehr als Dämmerung benennen. „Wow,“ sagte ich. „Wann sind die Tage so kurz geworden?“

      „Irgendwann in den letzten eineinhalb Monaten,“ grummelte Hauke. Rhetorische Fragen waren nie seine Forte gewesen. Und während er noch ein paar Minuten grimmig nach außen schaute, hatte ich die Hengste auch schon fast durch. Nur seine eigenen Hengste – Quarterback und Dark Royale – ließ ich ihm übrig.

      Ein bisschen überrascht guckte er schon, als ich ihm die Kelle in die Hand drückte. Auf mich warteten noch andere Pferde.

      Aber im Laufe des Tages fielen mir immer mehr Sachen auf, die ich in den letzten Wochen einfach ausgeblendet hatte. Als die Hengste am Vormittag auf die Paddocks durften, fiel mir plötzlich Barneys veränderte Fellfarbe aus; das Schwarz schien dunkler, während die braunen Stellen am Maul, der Flanke und am Hintern im Gegensatz dazu noch viel heller wirkten. Und ab da konnte ich es nicht mehr ungesehen machen: auch Calista war plötzlich mehrere Schattierungen dunkler; fast schon feuerrot. Ähnlich bei Samarra – und die Schimmel, also Smooth Gravity, Calina und Callisto, wirkten als hätte sie jemand mit Bleiche gewaschen.

      Naja. Abgesehen von den Mistflecken, die bei Schimmeln einfach unvermeidbar waren.

      Diese andauernden Erinnerungen daran, dass es jetzt wirklich Winter war, warfen meinen ganzen Tagesablauf durcheinander. Das Springtraining mit Blurry hatte ich viel früher angesetzt – und dann hatte ich das Gefühl, dem Hengst machte es so Spaß, dass ich auch noch gleich eine viertel Stunde länger machte, als ich eigentlich wollte. Aber Blurry blühte so richtig auf; für ein Platz am Treppchen reichte es zwar nicht, dazu fehlte die nötige Eleganz überm Sprung – man konnte ja auch nicht alles haben – aber solange der Hengst mit gespitzten Ohren auf die Hindernisse zuritt, sollte ich die letzte sein, die ihm diesen Spaß nehmen sollte. Dementsprechend war ich dann aber auch ein paar Minuten zu spät, um die Ankunft unseres neuen Prachtstücks zu sein.

      Der Hengststall füllte sich nämlich stetig. Nach Jettes zwei Jungs war noch ein vielversprechender Youngster eingezogen, der auf den melodischen Namen Painted Taloubet hörte. Und wie der Name schon verriet, war auch er ein Nachkomme meines eigenen Painted Blurs; seine Mutter war allerdings ein ziemlich erfolgreicher Springer gewesen und so wie es aussah, hatte sie das auch an ihren Sohn weitervererbt. Noch sollte der Junghengst seine Zeit auf den Paddocks und Koppeln genießen, bis er dann nächstes Jahr unter den Sattel kam; aber ich war schon gespannt, ob sich meine Hoffnungen in ihn bestätigten.
      Und nach Jitterbug, wie ich Taloubet wenige Tage nach seiner Ankunft getauft hatte, hatte mich dann ein Smoky Cream Hengst komplett verzaubert. Mit außergewöhnlichen Farben war es immer so eine Sache; die meisten Pferde, die nicht in Standard-Braunschwarzrotbraun kamen, waren spezifisch auf diese Farbe gezüchtet – die sportliche Leistung war zweitrangig. Zum Glück galt aber auch hier: Ausnahmen bestätigen die Regel – Jettes Quarterback, der ja jetzt auch eine etwas ausgefallenere Färbung hatte, war mehr als nur ein hübsches Pferd, und so erging es mir auch mit Equinox, dem Smoky Cream. Aufgefallen war er mir natürlich wegen der Farbe – als ich dann aber Videos in Action sah, blieb mir fast die Spucke weg. Als Trakehner war er gezogen für die Vielseitigkeit und schien darin auch wirklich aufzugehen. Ein paar Testritte – einmal ich, einmal Jette und einmal Levi – und alle waren begeistert. Natürlich gab es irgendwo Abstriche, aber seien wir mal ehrlich: das perfekte Pferd wurde eben noch nicht erfunden. Oder gezüchtet. Denn wenn es gerade nicht darum ging, eine Schleife heimzuholen, konnte Equinox fast schon faul sein. Sein Springvermögen hatte mich dann aber letztendlich doch überzeugt, den Kaufvertrag zu unterschreiben; man musste es eben nur aus ihm herauskitzeln. Und wenn ich mich in dieser Einschätzung irren sollte, war er dank seines reinerbig dominanten Cream-Gens für die Zucht trotzdem nicht ganz uninteressant. Win-Win-Situation.

      Als ich am Hengststall ankam, hatte Hauke Equinox schon ausgeladen und ließ ihn gerade seine neue Heimat beschnüffeln. Trotz Trakehnerblutes schien er mir recht entspannt; kein hysterisches Wiehern nach den anderen Pferden, kein aufgeregtes Getänzel. „Auf der Fahrt war er auch echt ruhig,“ bestätigte Hauke, als ich die Beobachtung mit ihm teilte. „Kein Mucks, kein Gestampfe. Kann mir fast nicht vorstellen, dass der im Gelände so abgehen soll.“

      „Wart’s bloß ab,“ riet ich ihm und ließ Equinox dann noch meine Hände beschnüffeln. Die waren schnell uninteressant; er schnoberte mit seiner pinken Schnauze lieber an meiner Jackentasche, wo zufälligerweise ein paar Leckerlis versteckt waren. „Dumm ist er auf jeden Fall nicht.“

      Fürs erste sollte Equinox heute auch in der Box bleiben – auch wenn er so tiefenentspannt wirkte, wollte ich den Bogen nicht gleich überspannen. Und dank Paddockbox konnte er auch ein bisschen Frischluft schnappen. Auf mich warteten noch ein paar Stuten; Dante’s Wild Lady und A Touch of Peace, um genau zu sein.

      Peace war, bevor sie zu mir kam, ja bereits im Sport aktiv gewesen. Nach einer Fissur im Karpalgelenk sollte sie sich erst einmal komplett auskurieren, damit sie danach gestärkt wieder eingesetzt werden konnte. Nach dem letzten Kontrolltermin im Herbst hatte ich grünes Licht vom Tierarzt bekommen und arbeitete mit ihr jetzt am Muskelaufbau. An der Longe lief sie wie eine Eins, streckte sich schön nach unten und lief fleißig vorwärts.

      Im Gegensatz dazu stand Dante. Als Dreijährige musste sie ja noch nicht viel leisten und sollte auf jeden Fall im Sommer noch mal auf die Weide kommen. Trotzdem begann ich schon einmal, sie langsam an die Arbeit heranzuführen. Erst begleitete sie mich als Handpferd auf Ausritten und hatte dabei schnell gelernt, ruhig und gesittet neben einem anderen Pferd zu laufen und auf ein paar Grundkommandos zu hören. Die Freiarbeit, die ich danach anstrebte, klappte auch super; Dante stellte sich als sehr aufmerksame junge Stute mit einem großen Will to please heraus.

      Das Problem lag dann aber beim Longieren. Viele Jungpferde taten sich am Anfang erst einmal schwer, die Linie zu halten – viele klebten dann regelrecht am Longenführer. Dagegen hatte ich eigentlich mit der Freiarbeit begonnen, aber trotzdem blieb Dante höchstens zwei Schritte auf der Kreislinie, bis sie wieder zu mir in die Mitte rannte. Deswegen zog ich mir kurzerhand Jette zu Rate; die hatte eigentlich genug mit den anderen Pferden zu tun, nahm sich aber doch die Zeit, mir zu helfen. Denn natürlich lag das Problem bei mir: die Frei- und Bodenarbeit hatte zwar einen guten Grundstein gelegt, um erfolgreich zum Longieren überzugehen, fehlten aber noch ein paar Übungen – vor allem eben, das Pferd auf Abstand zu halten. Dazu ging ich auch noch gar nicht auf eine wirkliche Zirkellinie, sondern benutzte die ganze Longierhalle dazu. Natürlich bekam Dante auch immer wieder Pausen eingeteilt – wir hatten keinen Zeitdruck, also machten wir uns auch keinen. Also war es erst an diesem (für mich ersten) Wintertag soweit, dass sie die ersten Runden im Kreis um mich herum ging. Nur ein paar, dann schickte ich sie wieder auf die ganze Bahn und stiefelte ihr hinterher. Immer abwechselnd lenkte ich sie zurück auf den Zirkel und marschierte dann geradeaus, immer in einem Abstand etwa zweieinhalb Metern.

      Das Gute an Dante: sie zeigte deutlich, wenn sie nicht mehr aufnahmefähig war. Dann erinnerte sie an einen tollpatschigen Welpen, der seine Pfoten noch nicht ganz unter Kontrolle hatte. Dann war es Zeit, sie noch einmal sich wälzen zu lassen und zurück in den Laufstall zu bringen.

      Nachdem die Weiden über den Winter gesperrt waren, verbrachten Stuten eines jeden Alters den Winter im Laufstall. Die Zusammenführung war manchmal gar keine so leichte Aufgabe – immerhin hatten wir meisten zwei Gruppen, die sich gegenseitig kaum kannten. Deswegen wurde der Laufstall für die ersten Wochen geteilt – so konnten sie sich erst einmal beschnuppern und aneinander gewöhnen, bevor man sie aufeinander los ließ. Und auch dieses Jahr hatte es gut geklappt – die besten Freundinnen waren jungen und älteren Stuten zwar noch nicht geworden, aber keiner wurde durch die Gegend gescheucht.

      Am späten Nachmittag – es war schon wieder fast dunkel, vielen Dank, Winter – konnte ich mich dann kurz losreißen und ins Auto setzen. Meine Fohlen des letzten Jahres waren jetzt schon gut ein Jahr in ihren jeweiligen Aufzuchtställen und wurden dort regelmäßig besucht. Ein bisschen lästig fand ich das Rumgefahre selber – Bohème und Balboa standen glücklicherweise in der Nähe, aber zu Charon war es eine Strecke von etwa 50 Kilometern einfachem Weg. Dort hatte er aber den besten Stall, den man sich vorstellen konnte; gemeinsam mit zehn anderen Hengsten in seinem Alter konnte er im Sommer über eine riesige Koppel rennen, den Winter verbrachte er mit dieser Gruppe in einem Offenstall. Es gab eine gesunde Mischung zwischen in Ruhe lassen und an den Menschen gewöhnen; so konnten die Junghengste ganz normal Kind sein, ohne später keinen Respekt vor Menschen zu haben.

      Die Traube an Jährlingen kam deswegen auch neugierig an den Zaun des Offenstalls, als ich mich daran lehnte. Ein paar Nasen suchten nach ein paar leckeren Äpfeln, ein paar wollten mich nur beschnuppern. Während ich also Nüstern streichelte, versuchte ich im harschen Licht der Baustrahler meinen Hengst zu finden – was sich leichter anhörte, als es tatsächlich war. Schließlich war ich mir aber sicher, dass dieser Rappschimmel vor mir Charon war – diesen treudoofen Blick hatte nur er. Kurzerhand schnappte ich mir einen Strick und holte ihn aus dem Offenstall. Vor ein paar Monaten war das noch der absolute Horror für ihn gewesen. Von der Herde wegführen? Keine Chance. Mit ein wenig Geduld und vielen Leckerlis lernte er dann aber, dass er ja wieder zurückkommen würde. Er lauschte zwar noch jedem Wiehern, das von den anderen Jungs kam, aber sobald wir um den Offenstall herum waren und ich ihn am überdachten Putzplatz anband, war alles vergessen.

      Bis auf die Grundlagen des Fohlen ABCs sollte Charon aber noch gar nicht so viel können. Putzen war im Grunde kein Problem, das hatte ich schon angefangen, als er noch zuhause auf dem Steenhof war. Eigentlich war das Anbinden bis vor kurzem auch kein Problem gewesen; seit wenigen Wochen war er dann aber nur noch am Zappeln und hin und her rennen. Manchmal war es gar nicht so leicht, dann die Geduld zu behalten – vor allem, wenn es schon einmal so gut geklappt hatte. Betont ruhig korrigierte ich ihn also immer wieder und belohnte es, wenn er dann doch mal stehen blieb und sich seine Umgebung ruhig anguckte. Charon war mittlerweile fast so groß wie ich, und auch, wenn er die Masse eines normalen Pferdes noch nicht hatte, brachte ich ihm lieber gleich bei, dass er auf seine Umgebung aufzupassen hatte und nicht einfach Rumtänzeln konnte, wie es ihm gerade beliebte. Ich beließ es an diesem Tag allerdings beim Putzen; über die Anlage fegte ein eisiger Wind, der mir trotz dickem Schal den Rücken hinunter krabbelte. Nachdem ich die Hufe ausgekratzt hatte und Charon noch einmal belohnte, weil er sie dieses Mal artig gegeben hatte, brachte ich ihn zurück zu seinen Kumpels. Ohne sich noch einmal herumzudrehen stapfte er wieder davon und schmiss sich als allererstes in die nächstbeste Matschpfütze. Ich seufzte. Wenn ihn das glücklich machte, dann sollte er sich doch in jedes bisschen Matsch schmeißen.

      Zum Schluss machte ich mich noch auf zu Balboa und Bohème. Wie schon erwähnt standen sie momentan nur rund fünf Minuten vom Steenhof entfernt, bei einem befreundeten Bauern. Die Gruppe an Jungstuten war etwa doppelt so groß wie Charons Bande, genauso wie er standen sie aber auch auf einer Koppel oder, jetzt im Winter, in einem großen Offenstall. Aufgrund der unmittelbaren Nähe war ich hier ein bisschen öfters als bei Charon – ich beließ es also bei einer kurzen Begrüßung mit Leckerlis und ein paar Streicheleinheiten. Auffallend war, dass vor allem Bohème das sichtlich genoss, war sie doch sonst das eher reservierte Fohlen gewesen. Für Balboa war der Mensch am Zaun nach dem ersten Apfelstück uninteressant gewesen, sie hatte sich lieber wieder dem Heu zugewandt. Bohème allerdings schnoberte an meiner Jacke herum, stupste immer wieder meine Hand an, wenn ich es wagte, auch einer anderen Stute Aufmerksamkeit zu geben. Ich hatte das Gefühl, dass sie schon einen ganz schönen Entwicklungssprung gemacht hatte, den ich bei Balboa noch nicht so ganz sah. Ehrlich gesagt hatte ich ein bisschen Angst gehabt, dass Bohème auf ewig so distanziert blieb – durchaus keine Charakterschwäche, aber ein menschenbezogenes Pferd machte das Heranführen an den Job Reitpferd natürlich um einiges leichter. Doch anscheinend hatte Bohème noch ein paar Überraschungen in petto; mal sehen, was aus der Stute einmal werden würde.

      Wie aber schon angekündigt machte ich mich kurz darauf wieder auf den Weg zurück zum Steenhof. Die Abendfütterung würden Malte und Fiete heute übernehmen, und bis zu meiner letzten Runde durch die Ställe war noch genug Zeit für meine allerallerallerallerliebste Lieblingsbeschäftigung: Papierkram. Auf Jettes Bitten hin hatte ich mich in letzter Zeit wirklich nach Verstärkung umgesehen und jetzt galt es, die Bewerber auszusortieren. Sollte der Hof in den nächsten Jahren wachsen, was ich stark hoffte, brauchten wir auf jeden Fall jemand Geschulten, der den ganzen Bürokram machen konnte. Außerdem noch den ein oder anderen Pfleger dazu, damit Hauke und ich uns guten Gewissens um andere Dinge kümmern konnten. Und wovon man nie genug haben konnte: ein paar qualifizierte Reiter, die die Pferde auch auf Turnieren vorstellen würden. Diese Arbeit gab ich aber nur allzu gerne an Jette selbst ab – ihr Team musste sie selbst aufstellen.

      Geposted am: 01.01.20
      Von: Rhapsody
    • Rhapsody
      Steenhof, 17. Februar
      Charon, Bohème, Balboa, Simplicity of Sophistication, Painted Basquiat, Dante's Wild Lady, Painted Taloubet, Dark Innuendo, Contia Socks, A Touch of Peace, HGT's Saevitia, Dark Royale, Cassiopeia Z, Mania, Seattle Slew, Hallelujah, Equinox II, Callisto, Calista, Ballroom Blitz, Quarterback, Andromeda, Smooth Gravity, Samarra, Benihana, Ironic, Ares, Bucky, Painted Blur, Calina
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      Während Jette alle Hände voll mit ihrem Ausbildungsbetrieb zu tun hatte – vier Pferde waren zur dauerhaften Ausbildung hier, zwischendurch immer mal wieder kurzfristige Aufträge und dann wollten ja auch die eigenen Pferde ordentlich ausgebildet werden – hatte ich Arbeit über Arbeit mit den Stuten. Während auf anderen Höfen die Fohlensaison schon im vollen Gang war, dauerte es auf dem Steenhof immer noch ein paar Wochen. Trotzdem saß ich wie auf heißen Kohlen – ich hatte das Gefühl, es waren noch Tonnen an Arbeit zu tun. Die Kameras im und am Laufstall mussten installiert werden, es mussten noch ein paar Geburtshelfer besorgt werden, ich wollte mich schon mal auf ein paar Namen beschränken, damit die Fohlen so schnell wie möglich registriert werden konnten, wenn sie dann mal da waren.

      Zusätzlich zu meinen eigenen Stuten hatte ich dieses Jahr auch noch ein paar Stuten von befreundeten Züchtern im Stall stehen. Die vier neuen Warmblutstuten hatten sich mehr oder minder schnell in die Gruppe integriert. Vor allem Colored Belle hatte den anderen Pferden schnell gezeigt, wie viel sie von ihnen hielt (nicht viel) – sobald ihr eine Stute zu nah kam, die sie gerade nicht dudelte, wurde der Stute das deutlich zu verstehen gegeben. Auch das menschliche Personal hatte schnell gemerkt, dass mit der dunklen Schönheit vorsichtig umgegangen werden musste – mittlerweile war ich die einzige, die die Stute kontrollierte und auch mal putzte. Am Anfang hatte es ihr auch nicht gepasst, jetzt zum Ende der Trächtigkeit ließ sie es mit angelegten Ohren über sich ergehen. Ich hoffte nur, dass das Fohlen nicht ganz nach ihr kam – trotzdem weigerte ich mich, an der Anpaarung aus Barney und Belle zu zweifeln. Barney war ja auch nicht der Ausgeglichenste und es bestand die Möglichkeit, dass ich da Dynamit gezüchtet hatte – aber Alfred Nobel war ja auch sehr erfolgreich gewesen.
      Glücklicherweise war es mit den anderen Stuten – Dark Rubin, Golden Lights und Minstrel – weniger nervenaufreibend gewesen.

      Es war zwar noch ein paar Wochen hin, aber trotzdem wollte ich heute schon einmal die Abfohlboxen vorbereiten. Nach meinen Morgenrunden um den Hof ging es also ans Putzen; der Stutenstall verfügte neben dem Laufstall, in dem alle Stuten noch vor sich hin kugelten, über eine Handvoll normaler Boxen. Zwei davon waren ein paar Quadratmeter größer und eigneten sich deswegen gut zum Abfohlen. Nachdem die meisten Stuten das Jahr über auch im Laufstall blieben, brauchten die Boxen ein bisschen Liebe, bevor ich hier die neuen Mitbewohner des Steenhofs begrüßen wollte. Und während ich die Tröge auswischte und die Boxen zusammenkehrte – das Stroh würde erst ein paar Tage vor der Geburt reinkommen, wenn dann auch die werdende Mama hier wohnte – freute ich mich fast schon ein bisschen auf die schlaflosen Nächte. Vielleicht bekam ich mit diesem Jahrgang auch eine schöne Herde zusammen und konnte die Aufzucht dann selbst übernehmen. Balboa und Bohéme waren zwar in der näheren Umgebung, aber die Fahrt zu Charons Aufzucht nahm dann doch viel Zeit in Anspruch, die man auch anders nutzen könnte.

      Denn die Arbeit ließ nicht nach. Jette hatte, wie schon gesagt, genug Arbeit mit ihren Berittpferden: ein wunderschöner Palominohengst namens Hallelujah, eine Schimmelstute namens Cassiopeia, einem Fuchs der auf den Namen Mania hörte und einem Halbblut, das den weiten Weg aus Kanada angetreten hatte. Prias Colourful Soul war erst seit kurzem unterm Sattel und brauchte noch viel Sicherheit von ihrem Reiter, sodass sie wohl ein paar Monate auf dem Steenhof verbringen würde. Hallelujah und Cassiopeia waren beide schon einen Ticken erfahrener, aber dadurch nicht unbedingt leichter händelbar; was ich von der Stute so gesehen hatte, erfüllte sie jegliche Stutenklischees, und der Hengst war auch ziemlich blütig. Bis jetzt hatte ich mich aus dem Training raushalten können und alles nur peripher mitgekriegt. Levi, der nach etwas Murren ein weiteres Pferd neben Barney angenommen hatte, hörte man öfters Mal aus der Reithalle fluchen. Aber Barney war auch nicht immer das leichteste Pferd gewesen – wenn er sich mit dem Palomino zusammengerauft hatte, würde das auch noch funktionieren.

      Und dann gab es noch ein paar Neuzugänge – auch, wenn Hauke es anders behauptete, handelte es sich dabei um keine Impulskäufe. Mit Dark Innuendo hatte ich mir noch eine Jungstute geholt – und noch eine, die am liebsten den lieben langen Tag alles hinterfragte. Schlau war sie, das war nicht zu leugnen – aber das konnte auch schnell nervig werden. Sobald sie sich eingelebt hatte, hatte ich das erste Longentraining übernommen. Mit fünf Jahren durfte man langsam ans Einreiten denken, und auch psychisch machte sie einen ziemlich gefestigten Eindruck. Ich hatte eigentlich gehofft, dass sie alles aufsaugen würde wie ein Schwamm – stattdessen war sie häufig das Äquivalent zu einem Kind, das jede Handlung mit einem „Aber warum?“ hinterfragte. Ich war nicht dafür bekannt, gut mit Kindern umgehen zu können; dementsprechend musste ich so einige Male mit den Augen rollen, wenn ich mit Uno zusammenarbeitete. Jette war aber ganz angetan von der Stute – sie war eine Bucky-Tochter und ihr Vater, Dark Intention, hatte zahlreiche Preise eingeheimst. Uno war außerdem eine Halbschwester zu Dark Rubin, und die hatte mich in der kurzen Zeit, die sie hier war, schon überzeugt.

      Der zweite Neuzugang war ein echtes englisches Vollblut. Seattle Slew war auch recht erfolgreich auf der Rennbahn gewesen – glücklicherweise aber schon komplett auf Reitpferdmodus umgestellt, sodass er nach seiner Eingewöhnungsphase eigentlich sofort ins Training einsteigen konnte. Außerdem war er zum Glück ziemlich sozialisiert; schon wenige Tage nach seiner Ankunft hatte Hauke ihn mit Ironic aufs Paddock gebracht und es hatte auch nicht lange gedauert, bis die beiden Jungs sich gegenseitig den Mähnenkamm beknabbert hatten.

      Nachdem die Arbeit im Stutenstall getan war und ich mir ein kleines Mittagessen gegönnt hatte, stand noch Arbeit mit den Jungpferden auf dem Plan. Nach Dantes Anlongieren war ich der selbsternannte Longierprofi und Contia Socks hatte das gleich einmal am eigenen Leib erfahren dürfen. Sie entpuppte sich aber als schneller Lerner und war schnell auch auf Dantes Niveau; Taloubet tat sich da ein bisschen schwerer. Spätestens im Sommer sollten aber dann alle mehr oder weniger unterm Sattel sein. Und auch für Simply und Bowie waren die entspannten Jahre auf der Koppel Geschichte, sobald alle Fohlen gesund und munter auf der Welt waren und ich mich dem intensiv widmen konnte.
      Contia, Dante und auch Taloubet machten ihre Sache heute gut und hatten sich danach eine Auszeit auf den Paddocks verdient. Und auch auf meinem Plan stand nur noch eine kurze Runde durch die Ställe, mit dem Laufstall als Letztes. Noch einen kurzen Besuch bei den werdenden Mamas – noch zeigte keine irgendwelche Anzeichen, dass es in nächster Zeit losgehen könnte, und darüber war ich froh. Alle Stuten hatten bis zum erwarteten Termin noch gut Zeit; würde jetzt schon ein Fohlen kommen, wäre das wohl ein Todesurteil.

      Meine Runde endete bei Bucky. Sie war zwar nicht die erste Stute, die Termin hatte, aber ich hatte das Gefühl, dass sie nochmal einen ganzen Ticken runder war als die anderen Damen. „Du lässt dir besonders Zeit,“ flüsterte ich ihr ins Ohr, während sie die Krauleinheiten mit halb geschlossenen Augen genoss. Wenn dieses Fohlen nach Buckys anderen Nachzuchten kam, dann brütete sie gerade einen kleinen Champion aus – und der sollte natürlich so gesund wie nur irgendwie möglich auf die Welt kommen. Mit einem Klaps auf den Hals verabschiedete ich mich dann auch von der braunen Stute, kletterte aus dem Laufstall und löschte das Licht.

      Geposted am: 17.02.2020
      Von: Rhapsody
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  • Album:
    3 | Steenhof
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    Rhapsody
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    26 Okt. 2019
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  • Wham! – Wake Me Up Before You Go-Go

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    Painted Taloubet
    ”Jitterbug”


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    von: Painted Blur

    von: Place Royal

    von: Prince
    aus der: Wild Lady Roxanne

    aus der: Calina

    von: Cadoc
    aus der: Spring Break

    aus der: EBS Mon Amie

    von: Darym 1 | 2

    von: Darius
    aus der: Elanor

    aus der: Valentine's Ka Zee Bonanza 1 | 2

    von: Grey Storm
    aus der: Cinnemont Moon


    EXTERIEUR & INTERIEUR

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    Hengst
    Holsteiner
    6 Jahre

    165 cm
    Dunkelbrauner
    breite Blesse | v.l., v.r., h.l., h.r. hochweißer Fuß

    Taloubet ist ein kleiner Rohdiamant. Schon früh zeigten sich seine traumhaften Gänge. Er wird dank seiner Doppelveranlagung sowohl für den Dressur- als auch für den Springsport interessant sein. Das Problem bei Taloubet ist jedoch sein Übereifer, wodurch er sich auch den Spitznamen "Jitterbug" eingehandelt hat. Daher braucht er eine starke, aber liebevolle Hand, die es schafft, ihn wieder auf die Arbeit zu konzentrieren.


    TRAINING

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    Fohlen ABC


    Dressur
    E A L M* M** S* S** S**

    Springen

    E A L M* M** S* S** S***

    Military

    E A L M* M** S* S** S***


    ERFOLGE

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    Dressur: -, Springen: -, Military: -


    Turniere


    Andere


    ZUCHTINFORMATIONEN

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    HK/SK Schleife
    HK-/SK-Gewinnerthema


    Decktaxe:
    Genotyp: Aa EE
    Aus der Zucht: Gestüt Naundorf (Cottbus, DE)
    Nachkommen:


    GESUNDHEITSZUSTAND

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    Chronische Krankheiten:
    Letzter Tierarztbesuch:

    Fehlstellungen:
    Beschlagen:
    Letzter Hufschmiedbesuch:


    STALLINTERN

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    Besitzer: Rhapsody
    Ersteller: Canyon
    VKR: Canyon

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    Offizieller Hintergrund