1. Diese Seite verwendet Cookies. Wenn du dich weiterhin auf dieser Seite aufhältst, akzeptierst du unseren Einsatz von Cookies. Weitere Informationen
Rhapsody

Medeia *

Connemara -- im Besitz seit 05/2015 -- Staatsprämienstute -- aa Ee Gg

Medeia *
Rhapsody, 16 Aug. 2016
Occulta gefällt das.
    • Rhapsody
      [​IMG]
      Das Glück der Iren
      | 28. September 2016
      Wach wurde ich an diesem Morgen, weil der Regen sanft gegen mein Fenster prasselte. Sanft war dabei objektiv – es klang eher, als würde jemand ununterbrochen mit langen Acryl-Fingernägeln an mein Fensterglas tappen. Morgen war auch objektiv; mein Wecker zeigte an, dass es zehn vor fünf war. Dank des Wolkenbruches war aber nicht mehr an Schlaf zu denken, dementsprechend schlug ich die Bettdecke zurück (weckte dabei Khaleesi auf, die mit einem lauten Grunzen aufschreckte und vom Bett sprang) und schlüpfte schnell in eine Jogginghose. Für Frühstück war es noch zu früh, also machte ich mir nur eine Tasse Kaffee und startete den Laptop.

      Wie ein normaler Erwachsener, der um fünf Uhr von Regen geweckt wurde, checkte ich dann erst einmal meine E-Mails. Zum einen hatte mir Svejn Álfarsson spätnachts noch einmal die genauen Details des Pferdetransports von einem kleinen Connemarahengst geschickt; vor ein paar Wochen hatte ich Rising of Storm von ihm erstanden, jetzt machte er sich auf den Weg von Calgary. Das waren – bei wenig Verkehr – schon zehn Stunden Fahrt. Damit das alles reibungslos klappte, war fast alles schon vorbereitet worden. Declan und Lesja würden nachmittags Gambit von der Weide holen, damit er zusammen mit dem Neuen den Winter über zuhause stehen konnte. Zumindest hatte ich mir das bis jetzt so ausgemalt; das Leben kam ja oft dazwischen und sollten sich die zwei aus irgendwelchen Gründen nicht verstehen, musste eine Notlösung her.

      Über Notlösungen philosophierte man aber nicht um kurz nach fünf, weswegen ich das erstmal in den hintersten Winkel meines Gehirns schob. Später. Auch, dass neben Storm auch noch Peggy samt ihrem Corgi – von dem jeder bis auf Lesja wusste; der Diskussion wollten wir so lang wie möglich aus dem Weg gehen – heute hier offiziell einziehen wollte (und sich täglich 1,5 Stunden Pendeln aussetzen wollte) rutschte mehr oder weniger weit nach unten auf meiner To Do Liste. Irgendjemand würde schon hier sein und irgendjemand würde ihr schon Adèles altes Zimmer zeigen. Irgendjemand. Vielleicht Zoe, vielleicht auch nicht. Das würde man sehen.

      Die Spam-Mails verschob ich in den Papierkorb, von Svejns E-Mail schrieb ich mir alle Daten raus, dann leerte ich die Kaffeetasse in einem Zug und beschloss, dass man mit einem angeheilten, aber doch noch gebrochenem Handgelenk ruhig das Ausmisten schon mal probieren konnte.

      ***

      Eigentlich war der Plan gewesen, dass die Pferde noch ein paar Tage länger ganztägig auf die Weide durften, aber jetzt hatte uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung gemacht. Nachts wurde es schon ziemlich kalt und gepaart mit dem Regen war das, vor allem für die Warmblüter, die für so teilweise raue Wetterbedingungen (noch) nicht genug Winterfell schoben, eine kleine Zumutung. Also war der Herbst ein paar Tage früher als geplant losgegangen und die Pferde kamen mit Regendecken tagsüber auf die Weide und abends in den Stall.
      Und um ehrlich zu sein, das machte vieles so viel einfacher. Zwar war jetzt wieder täglich misten dran, aber man musste das Pferd nicht erst von der Weide holen, um es zu füttern. Und die Angst vor herumstreunenden Bären war mir auch langsam genommen.

      Nach etwa zwei Versuchen entschied ich mich, dass das Misten jemand anderes übernehmen sollte. Glücklicherweise war Tautou auf dem Paddock gestanden und hatte sich so wenig dafür interessiert, dass die Boxentür sperrangelweit aufstand, aber eine volle (oder, seien wir mal ehrlich, auch eine leere) Schubkarre mit einer Hand zu schieben war, zumindest für mich, utopisch. Viel mehr konzentrierte ich mich dann darauf, erst den Stuten und dann den Hengsten das Frühstück zusammen zu mischen. Wenigstens für etwas war ich noch gut genug.

      Langsam aber sicherte näherten sich die Zeiger meiner Armbanduhr einer humanen Aufstehzeit. Nachdem auch der letzte im Bunde, nämlich Vaffanculo, zufrieden auf Mineralfutter und Äpfel mampfte, erklärte ich meine Mission für hashtag accomplished und stapfte im Regen zurück ins Haus. Wirklich wach war noch immer keiner. In der Küche traf ich nur auf Ella, die geräuschvoll ihren Futternapf quer durch den Raum schob und dann schwanzwedelnd auf mich zukam; die Türen zu den Zimmern waren alle noch verschlossen. Dann war es also an mir, Frühstück zu machen.

      Frühstück und Meeting-das-kein-Meeting-war-aber-so-viel-professioneller-als-Arbeitsverteilung-klingt verliefen mehr oder weniger still; ich war anscheinend nicht die einzige, die vom Regen und Wind geweckt wurde, aber im Gegensatz zu mir hatten die anderen den Fehler gemacht und waren wieder eingeschlafen. Ein wenig mürrisch räumten sie dann das Geschirr weg und auch das auf die Weide bringen verlief eher schweigsam als lebendig (aber gut, hätte irgendjemand den Mund aufgemacht, hätte er den Mund voll kaltem Regenwasser. Dem Schicksal entging man dann am liebsten). Die Pferde hingegen trotzen dem Wetter; als würden wir gerade nicht vor einer neuen Sintflut stehen, rannte vor allem Bucky wie von der Tarantel gestochen über die Weide, zwickte hier mal Medeia , da mal Long Island Icetea oder auch Parvati – im Gegensatz zu mir konnte man an der Holsteinerstute nicht mehr erkennen, dass wir erst vor wenigen Wochen einen kleinen Unfall hatten. Das Bein, mit dem sie gelahmt war, hatte eine kurze Ruhepause von einem Tag Boxenhaft gebraucht und dann war alles wieder in Butter gewesen. Und ich rannte immer noch mit einem lädierten Arm herum.

      Als dann auch die Hengste mit Regendecke auf ihren Koppeln standen, begann die eigentliche Arbeit. Für die anderen. Ich tat derweil mein bestes, das Haus ein wenig in Schuss zu halten, versuchte mich am Staubsaugen und Abwaschen (oder auch: Spülmaschine einräumen). Es wird wohl niemanden überraschen, wenn ich zugebe, dass ich den halben Tag nur herumsaß und wartete, bis der Gips abkam und ich wieder aufs Pferd steigen durfte.

      Unzähliges Rumscrollen auf Rezeptseiten, Ausprobieren von etlichen Sandwiches (die von Lesja, der gerade Zeit fürs Mittagessen hatte, nur mit einer Grimasse gegessen wurden) und fünf Folgen New Girl später erreichten mich dann zwei Notifs auf dem Handy – Peggy sagte kurz Bescheid, dass sie sich jetzt auf den Weg machen würde und auch Svejn und Rising of Storm waren außerhalb von Melville, SK und noch etwa eineinhalb Stunden entfernt. Mit meinem Glück würden beide auch etwa gleichzeitig ankommen. Aber hey, dann ging mein Plan ja irgendwie doch auf!

      Zoe, die heute ursprünglich mit Medeia auf die Geländestrecke wollte aber aufgrund der sintflutartigen Wolkenbrüche, unter denen wir heute leiden mussten, beließ sie es bei einer kleinen Longeneinheit. Das bedeutete, dass sie früher Zeit hatte als erwartet und, dass sie mit mir Adèles altes Zimmer für Peggy herrichtete. Es fühlte sich ein klein wenig komisch an; Adèle hatte wieder einen Job auf dem Gestüt ihres Vaters angenommen und sich ihre Sachen nachschicken lassen. Das Zimmer war also bis auf ein Bett, einen Tisch und eine Kommode relativ leer, aber trotzdem war es jetzt eineinhalb Jahre Adèles Zimmer gewesen. Und da sollte jetzt einfach jemand wieder wohnen? „Gib dem ganzen erst einmal ein paar Wochen Zeit,“ murmelte Zoe, während sie das Bett frisch überzog und mir bei meinem Rumgejammere überraschenderweise geduldig zuhörte. „Spätestens Weihnachten ist alles wieder im Normalen und keiner denkt sich was.“

      Grummelnd machte ich mich wieder daran, den Schrank mit einem feuchten Lappen zu putzen. „Hör auf so rational zu denken.“

      „Das ist mein Charakter.“

      „Haha.“

      ***

      Lesja und Declan waren noch unterwegs, um Gambit abzuholen, da klopfte es um halb vier an die Haustür. Zoe und ich hatten gerade eine Kaffee- und Teepause eingelegt und sahen uns jetzt mit großen Augen an. Ein paar Momente vergingen, dann atmete Zoe tief durch, verdrehte die Augen und setzte ihre Tasse ab. „Na gut, wenn du lieber kindisch sein willst.“

      Als wäre nichts passiert sippte ich dann an meinem Pfefferminztee weiter, ignorierte das Hallo und Wie war die Fahrt und das restliche Blabla, das vom Flur in die Küche drang. Lieber checkte ich noch einmal die letzte SMS von Svejn, räumte ein bisschen auf. Herauszögern? Herauszögern war ein Wort welches man nicht in meinem Vokabular fand weil ich nie im Leben etwas herauszögern würde.
      Früher oder später musste ich mich also doch meinem Schicksal stellen. Die Stimmen waren leiser geworden; Zoe hatte Peggy wohl gerade in ihr Zimmer geführt und machte jetzt ein bisschen Smalltalk, um Sympathiepunkte zu sichern und zu überspielen, dass ihre eigentliche Vorgesetzte in der Küche Zeit schinderte. Ein letztes Mal atmete ich durch, dann schlich ich mich auf leisen Sohlen in den hinteren Teil des Hauses.

      „– frühstücken meistens so bis halb sieben, sieben Uhr, aber eigentlich ist die Küche jederzeit geöffnet und hey, guck mal wer da kommt,“ kündigte mich Zoe mit einem breiten Grinsen an. Neben ihr stand das Mädchen, das ich in den letzten Tagen treffenderweise als Ab-und-zu-für-drei-Stunden-beste-Freundin betitelt hatte, und lächelte mich unsicher an.

      Das letzte Mal, als ich Peggy gesehen hatte, war sie einen halben Kopf kleiner als ich, hatte dunkelbraune Haare und eine kaum bemerkbare, rote Blocksträhne. Dazu eine Zahnspange, ein bisschen übrig gebliebener Babyspeck und schwarze Fingernägel, die sie mit Edding angemalt hatte. Klar veränderten sich Leute und sahen selten Anfang zwanzig so aus, wie sie in ihren Tweens ausgesehen hatten, aber um ehrlich zu sein war ich ein wenig geschockt. Die Peggy hatte einen braunen Ansatz, in den Längen ging die Farbe in ein schönes (aber auch nicht natürliches) Blond über; die Zahnspange war weg, der Babyspeck hatte sich verwachsen. Etwa meine Größe, aber mehr Kurven. Und vor allem trug die Jetzt-Peggy einen kleinen, stockigen Hund auf dem Arm, der mich anzulächeln schien.

      Ohne groß nachzudenken verlagerte Peggy den Hund auf ihren anderen Arm und streckte mir dann – zugegeben, ein wenig formal und gestellt – die Hand entgegen. „Danke nochmal, dass es so kurzfristig funktioniert hat,“ sagte sie mit einem leichten aber gezwungenem Lächeln. „Aber ich hätte es nicht mehr ausgehalten.“

      Ein paar Sekunden verstrichen, ehe ich mich daran erinnerte, dass ich jetzt eigentlich reden sollte. Und aufhören sollte, ihre Hand zu schütteln. „Äh – kein Problem? Also. Natürlich musst du dich jetzt damit abfinden, dass wir alle nach Pferde stinken und irgendwie kaum da sind aber – äh.“

      Hinter Peggy sah ich Zoe die Augen verdrehen. „Was sie sagen will, ist, dass wir dich herzlich willkommen heißen und dir erst mal ein wenig Zeit lassen, um dich ein wenig einzurichten.“ Dann zog sie vielsagend die Augenbrauen hoch, hakte sich bei mir unter und schleifte mich wieder zurück.

      „Du bist schlimm, das weißt du aber?“ zischte sie mir ins Ohr.

      „Tut mir leid, ich hab gerade meine Ab-und-zu-für-drei-Stunden-beste-Freundin nach zehn Jahren wieder getroffen, darf ich da nicht ein bisschen komisch sein?“ murmelte ich und schob meine Unterlippe heraus. Zoe warf mir nur einen langen Seitenblick zu, der so viel bedeutete wie Bitte, reiß dich einmal zusammen.

      ***

      Ich hatte beschlossen, dass es sich am besten auf ein Pferd warten ließ, wenn man auf dem Sofa lag. Nach meinem „Gespräch“ mit Peggy und dann mit Zoe hatte ich mich deswegen sofort ins Wohnzimmer bugsieren lassen und zappte jetzt durch das Spätnachmittagsfernsehprogramm. Khaleesi, die lieber hungern würde als bei Regen und Sturm draußen zu sein, hatte sich auf meinen Beinen zusammen gerollt und döste vor sich hin. Mein Handgelenk juckte gerade nicht, und dank Hund und Decke war mir sogar wohlig warm – und so ließ es sich auch leben, beschloss ich in dem Moment.
      Ein wenig in Gedanken versunken kraulte ich die Bulldogge auf meinen Beinen mit der linken Hand. Wahrscheinlich deswegen hörte ich das Klicken von Krallen nicht, als ein kleines, hellbraunes Etwa an den Fingern meiner herunterhängenden Hand nibbelte. Aus Reflex zog ich die Hand zurück; die Bewegung weckte Khaleesi auf, aber anstatt von meinen Beinen auf den Boden oder den Rest des Sofas zu springen, hatte ich plötzlich 10 Kilo Bulldogge auf dem Bauch stehen, die mir auch noch in die inneren Organe geknetet wurden. Am Boden stand Peggys kleiner Hund, Augen total fixiert auf Khaleesi. Hätte er einen Schwanz gehabt, hätte er damit bestimmt gewedelt; so, wie es war, wackelte er nur mit dem Hintern.

      Kurzerhand hob ich die Bulldogge auf mir hoch und setzte sie behutsam vor den Corgi. Beide standen erst wie angewurzelt da, dann bellte Khaleesi kurz und dann rannten sie auch schon davon. Hund müsste man sein.

      Die zwei mit den kurzen Beinen verschwanden im Flur, der zu den Zimmern führte, zeitgleich vibrierte mein Handy. Svejn und Storm waren da.

      ***

      Mit Hoodie und Windbreaker sah ich mich ganz gut gegen den immer noch anhaltenden Regen gewappnet. Trotzdem peitschte mir das Wasser geradezu ins Gesicht, als die Haustür hinter mir ins Schloss fiel. Auf dem Weg zum Parkplatz wurde ich so ziemlich ganz durchgeweicht, aber das war fast vergessen, als ich den großen Transporter stehen sah.
      Als ich in Sicht kam, öffnete sich die Fahrertür und eine Frau stieg aus – das war dann also schon mal nicht Svejn. Trotzdem begrüßte ich sie mit meinem breitesten Lächeln, als sie sich mit Verena O’Connor vorstellte. Dann schlug noch eine Tür zu und ein großer Hüne, der am Gehstock ging, kam herum und streckte mir auch sofort seine Hand entgegen. „Svejn Álfarsson, wir haben miteinander gesprochen.“
      Zu gerne hätte ich ihn auch noch begrüßt und beide herzlich willkommen geheißen, aber gerade, als ich den Mund öffnete, kam noch ein Transporter auf den Parkplatz gefahren. „Das nenn‘ ich mal Timing,“ grinste ich.

      Declan machte sich an der Rampe unseres Transporters zu schaffen, Lesja – ganz Gentleman – begrüßte erst einmal die Gäste mit einem festen Händedruck (Verena verzog kurz das Gesicht. Dafür würde Lesja heute Abend ein paar Ellenbogen in die Seite bekommen). Ein wenig Smalltalk hin und her, dann klapperte es auf der geöffneten Rampe und Baby Nummer Eins war angekommen. Stolz wie eh und je folgte Gambit Declan, schnupperte an unseren Händen und zog dann in Richtung Hof von dannen. Ellbogen Nummer Eins fand seinen Platz zwischen Lesjas fünfter und sechster Rippe. „Die Box muss noch gemacht werden, das machst du, oder?“ fragte ich zuckersüß und lächelte ihn dann auch noch breit an. Als Antwort bekam ich ein Augendrehen, aber das war für Lesja ein nonverbales Okay, ja, alles was du willst. Man, hatte ich den gut im Griff.

      Jetzt, da alles Wichtige getan war oder gerade getan wurde, konnte Storm endlich ausgeladen werden. Ein wenig staksig folgte der kleine Hengst Verena aus dem Hänger mit gespitzten Ohren. Ein wenig verliebt war ich ja in seinen kleinen weißen Ring ums Auge; der würde zwar bis in ein paar Jahren komplett verschwunden sein, aber wenigstens hatten wir die paar Jahre.

      Etwas steif ging es dann in Richtung Reitplatz – einmal zum Kennenlernen mit Gambit, einmal natürlich, um die Steifheit aus den Beinen zu bekommen. Schon allein auf dem Weg dahin schien der Jährling ein bisschen agiler zu werden, aber noch bevor er das braune Etwas, welches im Regen auf dem Reitplatz herumstöberte, wahrnahm, ging es für Storm erstmal im Schweinsgalopp ans andere Ende. Gambit, aufgeschreckt von der Horde Menschen und dem wildgewordenem Pony, sprang kurz zur Seite und suchte dann erst einmal Schutz am Zaun. Nach ein paar Runden hatte sich Storm ein wenig beruhigt und wandte sich jetzt Gambit zu. Die beiden Hengstfohlen tanzten ein wenig um einander herum, dann beschnupperten sie sich ausgiebig und beschlossen einstimmig, dass sie ja jetzt auch zusammen rumrennen konnten. Mir fiel fast ein Stein vom Herzen – es war noch nichts fest, aber das waren schon einmal gute Voraussetzungen für einen guten Winter.

      Nach ein paar Runden beruhigten sich die beiden und fingen schließlich an, sich in der Mitte der Bahn im strömenden Regen zu beknabbern. Svejn stieß einen kurzen Pfiff aus. „Hätte nicht gedacht, dass das so schnell gehen kann.“

      Mit einem Pfiff kam Gambit an den Zaun, Storm hinterher. „Ich würde sagen, wir bringen sie jetzt erst mal in ihre Box,“ schlug ich vor. „Dann dürfen sie die ein wenig auseinander geben und spätestens morgen dürfen sie sich dann bei den Großen beweisen.“

      ***

      Fürs Vertrag unterzeichnen gingen wir dann lieber ins Haus. Nach einer Tasse Tee war dann auch das meiste geregelt und die zwei Gäste fuhren in Richtung Melville zurück, um dort in einem kleinen Hotel unterzukommen. Kaum waren die Rücklichter hinter den Bäumen verschwunden, sackte ich ein wenig innerlich zusammen. Zu gerne hätte ich mich jetzt in mein Bett verkrochen und wäre erst morgen früh um sechs wieder herausgekrabbelt, aber die Pferde wollten noch Futter und aus dem Regen raus. Also ignorierte ich meine durchgeweichten Schuhe und stapfte zurück auf den Hof.

      Überraschenderweise traf ich im Hengststall auf Peggy. Überraschend aber auch nur, weil sie mit dem Trubel um die zwei Babys ein wenig in Vergessenheit geraten war – eigentlich war es ja vorhersehbar, dass ein Neuling sich erst einmal umsah. Aber zu meiner Verteidigung: sie sah genauso ertappt und überrascht aus, mich triefend in der Stallgasse zu sehen.

      „Ich hab mich nur ein wenig umgesehen,“ sagte sie und hörte ich da eine Spur Trotz? „Und dann hab ich Lesja getroffen und er meinte ich kann helfen –“

      Beschwichtigend hielt ich die Hände hoch und versuchte mich an einem nicht-gezwungenem Lächeln. Das konnte ich eigentlich gut, aber irgendwie fühlte ich mich plötzlich wie eine tollpatschige Elfjährige. „Kein Stress – äh, Lesja?“

      „Bringt gerade die letzten Pferde rein.“

      „Oh.“

      „Ja.“

      Ja, es war genauso unangenehm und peinlich wie es sich gerade lesen lässt. Zum Glück kam mein Retter in verschlammten Stiefeln und nassen Haaren mit Capulet und Quixoticelixer an beiden Händen genau in dem Moment in den Stall und … rettete mich. Indem er mir den Grullohengst in die Hand drückte und mit Cap zu dessen Box durchging. Ein wenig steif brachte ich Quixo in seine eigenen vier (Halb)Wände, nahm ihm die nasse Decke ab und schob die neugierigen Nasen, die von der Box nebenan kamen, wieder über die Trennwand. Q würde ein guter Boxennachbar für zwei freche Jährlinge sein, da war ich mir sicher – für die Koppel war er zwar ein wenig undominant und zurückhalten, aber auch da würden wir eine Lösung finden.

      Ehe ich mich versah, war ich wieder alleine im Stall. Ein wenig zögerlich – und wirklich, wieso fühlte ich mich nochmal komisch auf meinem eigenen Grundstück? – öffnete ich die Tür zur Stallkammer und hing Quixos Decke zum Trocknen auf. Dann hörte man Lachen und Hufe auf der Stallgasse und wirklich Lesja, jetzt schon?

      Der Weg zur Futterkammer wurde ein wenig länger als gedacht, aber so sah ich, dass Lesja und Peggy gerade Painted Blur und Waffel zurück gebracht hatten und, anhand seiner Handbewegungen, Lesja gerade das August-Spaghettidesaster im kleinsten Detail erläuterte. Verräter. Zum Glück konnte ich beim Futter mischen nicht wirklich etwas kaputt machen. Aber auch das war irgendwann abgehakt und getan und aus der Stallgasse kam immer noch leises Murren und Murmeln, das nicht von den Pferden kam. Ein klein wenig arg energisch schob ich die erste Futterschale in den Stall hinein; die Stimmen verstummten, kurz darauf tauchte Lesja in der Tür zur Futterkammer auf, mit zusammengezogenen Augenbrauen. „Alles klar bei dir?“

      Ich formte mit meinen Zeigefinger und Daumen einen Kreis und, um nochmal extra zu betonen, dass es mir A-Okay ging, spreizte ich die restlichen drei Finger so weit wie möglich ab. „Super,“ flüsterte ich, schob ihm die nächste Futterschale zu. „Glaube nur, die Pferde haben Hunger.“

      Immer noch reichlich irritiert – das konnte man bei Lesja immer so gut am Gesicht ablesen, das war schön – hob er die beiden Schalen auf und verschwand dann wieder. Ich seufzte leise und unterdrückte das Bedürfnis, meinen Kopf gegen irgendetwas zu schlagen. Das würde nur unnötig laut werden und dann hätte niemand etwas davon.

      ***

      Eigentlich war ich so gut wie eingeschlafen, da riss jemand meine Tür auf. Und wie das so war, wenn man aus dem Halbschlaf gerissen wurde, saß ich plötzlich aufrecht im Bett und – hatte wieder Khaleesi aufgescheucht. Die Hündin nahm dieses Mal den direkten Weg aus meinem Zimmer und huschte an der dunklen Figur im Türrahmen vorbei.

      „Was zur –“ setzte ich an, doch dann schloss die Figur die Tür hinter sich wieder – und ja, ich wusste, dass das Lesja war, aber das klingt einfach besser und bedrohlicher und ich hatte mich wirklich sehr bedroht gefühlt – und kam in großen Schritten auf mich zu. Mein Gehirn war noch im Halbschlaf, deswegen rutschte ich sofort mit dem Rücken an die Wand, rein aus Reflex; so weit wie möglich weg aus der Gefahrenzone. Dann erkannte auch ich, dass das Lesja war und kein Dieb oder Mörder, denn die Figur hob die Bettdecke und krabbelte darunter.

      „Lesja, das ist nicht dein Bett,“ sagte ich warnend.

      „Es ist kalt, ich bleib da nicht einfach mitten im Zimmer stehen,“ zischte er zurück. Dann streifte etwas meine Wade und ich musste kurz nach Luft schnappen, so kalt war das.

      „Hast du keine Socken an?“ – „Wer schläft denn bitte mit Socken?“ – „Willst du mich jetzt für meine Schlafentscheidungen kritisieren? Um halb zwölf? Wirklich?“

      Lesja wurde plötzlich still, und so langsam gewöhnten sich meine Augen auch wieder an die Dunkelheit. Er lag ausgestreckt auf einer Hälfte des Bettes (in dem eigentlich nicht wirklich Platz war um zwei Menschen zu beherbergen, vor allem nicht, wenn sich einer davon ausbreitete, als wäre er hier zuhause) und sah mich mit ernsten Augen lange an.

      „Was?“ fragte ich leise. Eigentlich wusste ich, was jetzt kommen würde, aber Herauszögern war meine neue Lieblingstaktik.

      „Was ist dein Problem?“ Und das war das Ding mit Lesja. Zwar konnte er rau sein, sarkastisch und vielleicht auch ein bisschen ruppig. Aber wenn es darauf ankam, war er doch ein kleiner Softie, der Fragen stellen konnte, die ohne Kontext vielleicht mehr als provozierend klangen, aber unverstellt und ernsthaft gemeint waren. Was ist dein Problem bedeutete nicht, dass er mich attackierte, kritisierte – er wollte mich einfach nur zum Reden bringen.

      Eine Zeit lang war es still. Im Laufe des Abends hatte der Regen ein wenig abgenommen und peitschte nun nicht mehr ganz so arg gegen mein Fenster, Khaleesis Geschnuffe war gegangen – es fühlte sich an, als würde die Welt um mich herum die Luft anhalten. Nur, damit ich mit den Schultern zucken konnte. Lesja ließ aber nicht locker, blieb still liegen und sah mich nur an, bis ich schließlich nachgab. Es würde ja eh nur zwischen uns bleiben.

      „Es ist komisch,“ gab ich zu, senkte den Blick und zog die Decke ein wenig enger um meine Taille.

      „Wieso?“ kam da wieder von Lesja. Mit einem wütenden Schnauben funkelte ich an; wie viel er davon sah wusste ich nicht, aber es musste sein.

      „Hatten wir das Gespräch nicht schon mal?“

      Jetzt zuckte Lesja mit den Schultern. „Vielleicht. Aber gebracht hat's anscheinend ja nichts.“

      Wieder waren ein paar Augenblicke Stille, dann ließ ich meinen Kopf gegen die Wand fallen. „Weil ich es komisch mache?“

      Uund wieder Stille. Langsam fühlte ich mich unwohl, als würde ich nur mit mir selbst reden, während Lesja zusah. Denn das war alles, was er machte. Selbst, als ich „Bitte hör auf mich anzuschauen“ murmelte, grinste er nur ein bisschen, und als ich ihm drohte, ihn und seine kalten Füße hochkant rauszuschmeißen, schnaubte er nur ein kleines Lachen.

      „Bist du morgen ein bisschen besser?“ fragte er schließlich.

      „Wenn ich jetzt schlafen darf,“ grummelte ich ihn an, schob meinen Fuß in seinen Bauch und versuchte, ihn somit zum gehen zu bewegen. So einfach ließ er sich zwar nicht abschütteln, aber schließlich rollte er sich von meiner Matratze auf und machte sich auf den Weg in sein eigenes Bett. Gerade hatte ich es mir wieder gemütlich gemacht, mit dem Rücken zum Rest des Raumes, da hörte ich das sanfte //Whoosh// der öffnenden Tür, dann eine kurze Pause und schließlich ein leises „Schlaf gut“, dann wurde die Tür endgültig geschlossen.
    • Rhapsody
      [​IMG]
      Hufschmiede Pine Grove Stud
      | 16. Oktober 2016
      „Hey Zoe –“

      „Nein.“

      Elena neben mir konnte sich das Lachen nicht verkneifen. Dank ihres Geprustes sah Zoe von ihren Cornflakes (Cornflakes am helllichten Tag um 15:30 Uhr. Was waren das für Zustände?) auf, sah zwischen uns hin und her. „Was?“

      „Würdest du –“ versuchte ich es nochmal, wurde aber wieder mit einem lauten „Nein“ unterbrochen. Dieses Mal hatte Zoe aber nicht runtergeschluckt. Bäh.

      „Du hörst mir ja nicht mal zu!“ warf ich ihr dann frustriert zu. Elena verzog sich kichernd wieder in den Flur.

      „Ich weiß, was du mir sagen willst.“ Das hörte sich mehr nach Öf weis waf du mir fagen willf an, aber gut, ich wollte nicht oberflächlich sein. Stattdessen versuchte ich mich an meinem Engelsblick, der vor ein paar Tagen sogar bei Declan funktioniert hatte. Zoe allerdings schnappte sich ihre Schüssel Müsli und verließ die Küche in Richtung Zimmer. Super. Und dann kam auch noch Elena mit hochrotem Gesicht zurück und streckte mir ihre nach oben geöffnete Hand hin.

      „Du schuldest mir zehn Euro,“ sagte die Blondine grinsend und wackelte mit den Augenbrauen. Oder versuchte es zumindest. Nicht jeder hatte so gute Gesichtsmuskeln wie ich.

      „Elena, den letzten Euro hatte ich vor zehn Monaten in der Hand.“

      Jegliche Regung verschwand aus ihrem Gesicht und die blauen Augen wurden auf einmal weit. Wie als müsse sie nachdenken. Angestrengt nachdenken. Sekunden verstrichen, ihre Hand sank auf einmal, dann traf sie der Geistesblitz. „Zehn Dollar! Kanadische! Das sind drei Dollar Unterschied, wehe du bescheißt mich!“

      ***

      Wie zu erwarten dampfte Elena ab, nachdem sie ihre Zoe-Wette gewonnen hatte, und ich musste mich dann an die Arbeit machen, die bis vor ein paar Wochen noch meine Lieblingsaustralierin gemacht hatte. Und wegen der sie mich gerade um zehn Dollar leichter gemacht hatte. Man konnte sich aber auch gar nicht mehr auf die Mitarbeiter verlassen.

      Vorsorglich hatte ich Medeia schon von der Koppel geholt, damit sie sich nicht wieder im hintersten Loch verstecken und urplötzlich taub werden konnte. Zufrieden kaute die Connemarastute auf ihrem Heu und schenkte mir nur ab und an einen abschätzigen Blick, als ich mein Werkzeug her räumte. Der Van mit dem Ofen stand auch schon vor der Stalltür und heizte auf, damit die neuen Hufeisen auch wirklich gut passten.

      Ein wenig widerwillig folgte mir Medi dann – seit neustem hatte sie sich angewöhnt, einfach die Beine in den Boden zu stemmen und sich nicht weiterzubewegen. Da mit mir dann aber Sturkopf auf Sturkopf traf, hing ich des Öfteren in einem 45 Grad Winkel vor dem Pferd, bis die Physik sich doch auf meine Seite begab und der Schimmel einen Schritt nach vorne machen musste – und hampelte ein wenig herum, als ich ihr die Stricke am Halfter befestigen wollte. Aber wie gesagt, Sturkopf trifft anderen Sturkopf, und schlussendlich stand sie dann auch auf der Stallgasse.

      Eines nach dem anderen kamen die alten, abgelaufenen Eisen dann ab. Für die nächsten paar Wochen würde Medi noch einmal normale Eisen bekommen, ehe es dann im Winter mit Schneegrip durch die Welt ging. Erst im Frühjahr, wenn es dann auch wirklich wieder ans Training ging, würden die Stollenlöcher zurückkehren – aber das Geländetraining verschoben wir jetzt auf hinten. An dessen Stelle trat die Dressur, und ich wusste jetzt schon, wem das nicht so schmecken würde.

      Während der eigentlichen Behandlung (und Gott, wie sich das anhörte. Waren wir jetzt in einem Spa?) war sie aber durchaus vorbildlich. Sie würdigte mich zwar keines Blickes und wollte partout keinen Hof aufbocken lassen, aber der Rest war ruhig und entspannt. Als ich einmal die Zange weglegte fiel mir auf, dass ich die Arbeit vermisst hatte – und es waren gerade einmal sechs Wochen Pause gewesen. Aber irgendetwas im Eisen anpassen und aufnageln war fast schon therapeutisch. Mal abgesehen davon, dass ich mir für ein paar Minuten das linke Handgelenk massieren musste, als ich fertig war. Nach ein paar Momenten ließ der Schmerz aber nach und Medi durfte wieder zurück auf die Weide.
    • Rhapsody
      [​IMG]
      Teilnahme an der 444. Stutenkrönung
      | 26.10.16
      Das war eine blöde Idee. Eine ganz schrecklich blöde Idee. Zwar traute ich Medeia jetzt nicht zu, dass sie mich aufs Übelste herunterbuckeln würde, oder dass ich aus sonst einem Grund vom Pferd stürzen und aufs Handgelenk fallen und noch einmal acht Wochen Reitpause genießen würde. Aber trotzdem, ganz ausschließen konnte man es nie. Genauso wie man es nicht ausschließen kann, dass der Mensch, der eigentlich die Körung reiten sollte, urplötzlich mit einem Infekt flachlag. Danke, Zoe. Vielen Dank.
      Ein wenig komisch fühlte es sich an, wieder im Sattel zu sitzen. Mein Sitz war bestimmt grauenhaft – keinerlei Vorbereitung auf die Stutleistungsprüfung heute, einfach in den Transporter geschmissen und von Declan zum Turnierplatz kutschiert worden. Als unser Name aufgerufen wurde – nein, lieber Ansager, die tolle Zoe Wilson wird Medeia nicht vorstellen, danke für die Erinnerung – ignorierte ich einfach, dass sich meine Hände in den weißen Handschuhen komplett schweißnass anfühlten, und steuerte Medi auf das Viereck zu.
      Im Trab ging es auf X zu, und mit einer Parade standen wir und ich durfte die Richter grüßen. Das Zwicken in meinem Handgelenk ignorierte ich einfach gekonnt; darum würde ich mich später kümmern. Fürs Lernen einer Kür war nicht viel Zeit geblieben – gar keine, um genau zu sein – also improvisierte ich jetzt und ließ Medeia im Trab auf der linken Hand einen schönen großen Zirkel gehen. Dass ich ein wenig im Sattel hopperte und nicht wie angeklebt saß, fiel hoffentlich keinem so wirklich auf. Nach dem Zirkel folgte eine Volte, aus der heraus die Schimmelstute angaloppierte. Gesetzt folgte eine ganze Bahn, bei H parierte ich wieder in den Trab durch und wechselte kurzerhand die Hand. Nicht damit gerechnet? Tja, dann hätten Sie wohl lieber mal aufgepasst! Mit einer halben Parade fiel Medi wieder in einen schönen Schritt mit langen Tritten; währenddessen ratterte mein Hirn. Zirkel hatten wir gerade schon, genauso wie eine Volte. Dann wohl lieber einmal einfache Schlangenlinien an beiden Seiten – nicht die schwerste Lektion, aber ein guter Lückenfüller. Aus der folgenden Ecke heraus galoppierten wir wieder an, zeigten unsere Galoppkunst auf der ganzen Bahn – inklusive schön ausgerittener Ecken – und, nachdem wir wieder in den Schritt durchpariert hatten, eine schöne Kehrtvolte. Gemütlich ging es zurück auf der linken Hand wieder in die Mitte, um sich von den Richtern zu verabschieden.
      Und wow. Ich hatte mehr Improvisationstalent, als ich selbst von mir erwartet hätte. So schlimm schien es auch gar nicht gewesen zu sein; die Leute auf der Tribüne klatschten, die Richter kritzelten betont unbeeindruckt auf ihren Papieren und Declan zeigte mir den Daumen nach oben. Ausgiebig lobte ich Medeia, die auf dem Weg zum Abreiteplatz zufrieden schnaubte.
    • Rhapsody
      [​IMG]
      Nie wieder Schimmel
      | 05. November 2016
      „Nie wieder,“ grummelte ich vor mich hin. „Nie wieder einen Schimmel.“

      Als hätte sie mich gehört, drehte sich Medeia zu mir herum und stupste (wohl eher schubste) mich an. Als würde sie sich beschweren, dass ich sie zu grob anging. Als würde sie sich beschweren, dass ich sie saubermachen und nicht in ihrem Dreck gammeln lassen wollte. Wie konnte ich es wagen?

      Mit zusammengezogenen Augenbrauen zog ich meine Weste aus und machte mich dann wieder an den großen Matschfleck an der Flanke der Connemarastute. Weiß war Medi schon seit ein paar Wochen nicht mehr, sie glich langsam eher einem Cremello. Einem glanzlosen, dreckigen Cremello. Ins das lange Winterfell hängte sich natürlich allerlei Matsch, vor allem, wenn sich das Pferd in die größte Matschpfütze schmiss. Ich überlegte schon seit längerem, ob man die Schimmelstute nicht auch scheren und eindecken sollte, einfach, um sie ein wenig sauber zu halten. Die ersten paar Wochen war ihr Winterfell wirklich niedlich gewesen und man musste bei jeder Gelegenheit seine Finger darin vergraben.

      Jetzt, Anfang November, wollte man es nur noch weghaben.

      Für weitere zehn Minuten schrubbte ich an dem Fleck an der Flanke herum, ehe ich das Handtuch warf und den Dreck einfach Dreck sein ließ. Die Sattellage war zumindest soweit sauber, dass nichts reiben würde, als griff ich nach der Mähnenbürste und kämmte lieber da den noch halbfeuchten Matsch heraus.

      Ihr könnt euch vorstellen, wie sehr Medeia das genoss. Nämlich gar nicht. Die Ohren waren angelegt und immer wieder drehte sie sich vorwurfsvoll blickend zu mir um. Ich streckte ihr nur die Zunge entgegen, schob ihren Dickkopf wieder nach vorne und machte unbeirrt weiter.

      ***

      Der Ausritt hielt sich kurz; ich hatte das Gefühl, als würde der Wind durch jedes kleinste Loch zwischen den Fasern meiner Reithose dringen und so machte galoppieren dann doch weniger Spaß als erwartet. Am langen Zügel kam ich nach etwa einer halben Stunde wieder auf den Putzplatz vor den Stutenstall und macht Medi soweit fertig, dass sie zurück auf die Koppel konnte. Dabei sah ich, dass sowohl Long Island Icetea’s Halfter auf einem Anbindering hing, daneben Bucky’s. Ein wenig wunderlich, aber jetzt war erst einmal Medeia dran.

      Nachdem das MiFu samt Äpfeln aus der Schüssel und in ihrem Magen verschwunden war, brachte ich die Stute zurück auf die Weide und ignorierte es einfach vollkommen, dass sie sich sofort wieder in die nächstbeste Matschecke schmiss. Das war ein Problem für einen anderen Tag.

      Neugierig lief ich dann in Richtung Reithalle. Draußen im Gelände war mir keiner begegnet, also konnten die Übeltäter bei diesem garstigen Wetter eigentlich nur im Trockenen sein. Das Licht brannte und schon von weitem hörte ich jemanden in der Bahn Anweisungen geben. Grinsend stellte ich mich ans Gatter auf die Zehenspitzen, um besser sehen zu können.

      In der Bahn lagen ein paar Cavalettis und ein kleiner Kreuzsprung, den gerade Zoe mit Eistee in einem lockeren Galopp anritt. Auf der Mittellinie wartete Bucky mit Lesja auf ihrem Rücken, nebendran Declan, der etwas erklärte. Kurzerhand beschloss ich, den Zuschauer zu spielen und, als die Reitponystute am Gatter vorbei war, schlüpfte selbst in die Halle. „Ihr macht eine Springstunde ohne mich?“
      Mit einem Schlag drehten sich drei Köpfe in meine Richtung, doch jeder ging kurz darauf wieder seiner Tätigkeit nach: Zoe ließ Eistee in einem lockeren Trab am Sprung vorbei und kam dabei an Lesja und Bucky vorbei, die sich jetzt wieder an die Arbeit machten. Mit den Händen unter den Achseln sah ich zu, wie die Warmblutstute federnd auf dem Hufschlag trabte und den Reiter, der auf ihrem Rücken versuchte, einen ordentlichen leichten Sitz hinzukriegen ohne auf einer Seite herunterzupurzeln, ignorierte. Als Declan sein Okay gab, ritten die beiden dann auf die Reihe Cavaletti zu und nahmen sie ohne große Hürden. Zoe hingegen hatte sich ebenfalls neben uns gestellt und sah über ihre Schulter zu, während sie Eistees Sattelgurt lockerte und die Steigbügel hochschnallte. Nach einer kleinen Runde Galopp beendete Declan schließlich das Training und stieß mir den Ellenbogen zwischen die Rippen. Erst rollte ich mit den Augen, half ihm dann aber doch, die Cavaletti und den kleinen Sprung wieder aufzuräumen. Währenddessen ritt Lesja Bucky trocken.

      Als eine vierköpfige Einheit ging es dann aus der Halle und zurück zum Putzplatz. Das Grinsen auf Lesjas Gesicht ließ nicht einmal nach, als ihm die Holsteinerstute auf den Fuß stieg; er schob sie nur wieder herunter und legte ihr unbeirrt die Decke auf den Rücken. Als ich anbot, Bucky wieder zurück auf die Koppel zu bringen und Lesja den Strick schier an sich riss, dämmerte mir etwas.

      „Das ist immer noch meine!“ rief ich ihm hinterher. Ohne sich umzudrehen hob er die Hand und winkte mir beschwichtigend zu. Na toll.
    • Rhapsody
      [​IMG]
      (Post)Weihnachtsfreuden
      | 28. Dezember 2016
      Weihnachten wurde auf dem Pine Grove Stud nicht groß gefeiert – wenn es nach Lesja, Declan und mir ging, würden wir gar nicht feiern. Sobald es aber einmal Dezember wurde, schien es, als würde Zoe komplett durchdrehen. Plötzlich hatten wir einen Weihnachtsbaum. Plötzlich hing überall Lametta. Plötzlich wurde man in einem Türbogen aufgehalten, weil man unter einem Mistelzweig stand.

      Es ging gar nicht anders, man mutierte einfach zum Grinch. Mit zusammengebissenen Zähnen duldete man das Weihnachtsgedudel, verdrehte nur innerlich die Augen wenn man zum Tee plötzlich Zuckerstangen gereicht bekam. Man zählte die Tage bis zum 24. Dezember – wie ein kleines Kind, das täglich ein Türchen am Adventskalender öffnet und dann eifrig ausrechnet, wie lange es noch dauert, bis das Christkind kam. Nur aus dem komplett gegenteiligen Grund.

      Aber Zoes Weihnachtslust hatte natürlich auch etwas Gutes. Heimlich, still und leise hatte ich mir nämlich überlegt, Lesja einen kleinen Lebenswunsch zu erfüllen. Rein theoretisch war es ein Geschenk ans ganze Team, aber ich hatte das Gefühl, dass es Lesja am meisten gefallen würde.

      Der Tag, an dem der Lebenswunsch dann ankommen sollte, begann relativ unspektakulär und früh. Nach der allmorgendlichen Fütterung ging es erst einmal auf einen ausgiebigen Ausritt mit Painted Blur. Declan und Zoe hatten gestern gedacht, sie könnten Zai und Elena unter den Tisch trinken – wie das ausgegangen war wusste ich nicht, aber da ich von den letzteren beiden schon die ersten Snapchats gekriegt hatte und meine eigenen Mitarbeiter noch nichts von sich hatten hören lassen – nun ja, das sprach wohl für sich. Also genoss ich die seltsame Stille, sattelte Blurry auf und machte mich auf den Weg in den Wald um unseren Hof. Nur eine kleine Runde, mit viel Schritt am langen Zügel, aber so zufrieden wie Blurry abschraubte, musste ihm das gut getan haben. Mit dicker Winterdecke durfte er schließlich zurück auf seinen Paddock.

      Gegen halb 9 zeigte dann auch Lesja mal sein Gesicht. Zusammen mit Peggy, die überraschenderweise einmal nicht an ihrem Schreibtisch festgewachsen war und auch Weihnachten so gut wie möglich mit uns gefeiert hatte, mistete er die Boxen der Stuten und schilderte seine Pläne für die nächsten Tage – nicht ohne einen bösen Seitenblick in meine Richtung. Eigentlich wäre Lesja nämlich über Neujahr gerne nach Deutschland geflogen, hätte Silvester und ein paar Tage mit seiner Familie verbracht. Damit war er aber erst gekommen, als sein Geschenk schon „bestellt“ gewesen war. So hatte ich eine kleine Panikattacke gekriegt und ihm kurzerhand fast schon verboten, den Hof überhaupt zu verlassen (nicht mein glanzvollster Moment, aber ich hoffte einfach, dass das Geschenk ihn das ein bisschen vergessen ließ). Seitdem war eisige Stimmung zwischen uns – ein paar Mal hätte er mich bestimmt auch gerne umgebracht, aber ich musste ja mitspielen. Und wenn das hieß, dass ich den Bösewicht spielen musste, dann war das wohl so. Mit zusammengebissenen Zähnen halfterte ich Medeia auf und brachte sie in die Halle zu einer kleinen Longeneinheit.

      Den frühen Nachmittag nutzte ich noch einmal, um meinen beiden Jährlingen noch ein paar Manieren beizubringen. Gamble Away war da wesentlich kooperativer als Rising of Storm; beide waren zwar extrem neugierig, bei Storm ging aber manchmal das kindliche Temperament durch. Deswegen arbeitete ich mit den beiden am liebsten getrennt – auch räumlich. Mit Gambit vertiefte ich ein paar Grundlagen, das Anhalten und Loslaufen auf Kommando und auch das Rückwärtsgehen, auf einem kleinen Spaziergang. Heute war aber irgendwie der Wurm drin, und bei Gambit kam das Vollblut raus. Hinter jedem Busch versteckte sich ein Geist, der nur Pferde angriff – und, anstatt wie sonst ruhig stehen zu bleiben und sich die Situation erst einmal anzugucken, sprang der Junghengst das ein oder andere Mal fast auf meinen Fuß. Humpelnd und missgelaunt trat ich also die Heimreise an und ließ beide – Storm und Gambit – noch ein bisschen in der Halle toben. Storm versuchte verbissen, mit dem langbeinigen Vollblut mitzuhalten, aber das war ziemlich aussichtslos. Das Grinsen konnte ich mir fast nicht verkneifen – immer wieder machte Storm auf halber Strecke kehrt, weil Gambit zu dem Zeitpunkt schon wieder umgedreht hatte. Das ging eine ganze Weile so, bis beide Jährlinge in der Mitte der Halle standen und sich beknabberten. Nach ein paar Minuten musste ich das auch leider auflösen – so lange konnte es gar nicht mehr dauern, bis ich mich auf die Socken machte musste, und bis dahin wollte auch Donnie ein bisschen was getan haben.

      Im Gegensatz zu Gambit arbeitete Donnie toll mit – als hätten die beiden für einen Tag Charakter getauscht. Das Flatterband war gar nicht mehr so gruselig wie vor zwei Tagen, und das Gehorchen klappte auch viel besser, wenn man konzentriert war. So traute ich mich, eine Plastikplane im Sand auszubreiten und ein bisschen mehr in die Richtung Schrecktraining zu machen. Schnorchelnd schnupperte Donnie an der Plane, zuckte kurz zusammen, schnupperte wieder und machte einen kleinen, zaghaften Schritt darauf. Nach ein paar zaghaften Versuchen sprang er auch nicht mehr sofort wieder weg, sondern machte noch einen Schritt. Und noch einen. Schlussendlich stand er mit gespitzten Ohren und allen vier Hufen fest auf der Plane, ohne eine Miene zu verziehen. Ausgiebig lobte ich ihn und beschloss, dass man das Training mit einem Erfolgserlebnis beenden sollte. So durfte Donnie zurück auf den Paddock, und ich stapfte schließlich in Richtung Haus.

      ***

      Als ich nach einem kleinen Ausflug in unbekannte Gefilde (Dauphin) zurückkam, war es schon stockfinster. Ein kurzer Blick in den Hengststall verriet mir auch, dass die Pferde schon ihr Futter bekommen hatten. Zufrieden ließ ich die Leine in meiner Hand ein paar Zentimeter länger. Der gescheckte Welpe daran ließ sich das nicht zweimal sagen, rannte ein paar Schritte vor mir her und beschnupperte alles, was sich beschnuppern ließ. Auf einen kleinen Pfiff stellten sich die dunklen Ohren auf und er guckte mich erwartungsvoll an. Das nannte ich doch mal eine gute Erziehung.

      Mit klopfenden Herz kramte ich den Schlüssel aus meiner Jackentasche. Ein kurzer (creepy) Blick durchs Küchenfenster verriet mir, dass kollektiv gekocht wurde. Super Umgebung, um einen völlig unbekannten Welpen nach Hause zu bringen. Nach fünf Versuchen klickte das Schloss dann endlich und es gab kein Zurück mehr. Schnäuzchen voraus rauschte Mishka in den Flur und weckte dort als aller erstes Khaleesi auf. Komplett verwirrt sprang sie auf, musterte den Welpen (der sie jetzt schon an Höhe übertraf) als dieser in Richtung Küche wanderte, und sah mich dann vorwurfsvoll an. Ich, als reifer Erwachsener, streckte ihr die Zunge aus. Das wurde aber unterbrochen, weil Mishka in der Küche entdeckt wurde und ein kurzer Blick verriet mir, dass alle vier – sogar Declan! – über den Welpen gebeugt waren. Mir fiel ein kleiner Stein vom Herzen. Mit einem Grinsen wurstelte ich mich aus Schal und Jacke, und das auf dem Nachhauseweg geübte „Frohe Weihnachten!“ hörte sich in meinen Ohren auch ziemlich authentisch an. Wurde auch von 75% der Anwesenden erhört; nur Lesja, der sich auf den Boden gepflanzt hatte und jetzt dementsprechend von Mishka belagert wurde, ignorierte mich. Erst, als Khaleesi in die Küche getrapst kam, löste sich der Welpe und rollte sich vor der Bulldogge auf den Bauch. Wieder kam ein verzweifelter Blick zu mir, dann haute Mishka Khaleesi seine Pfote ins Gesicht und sie verkrümelte sich lieber. Der Welpe blickte sich kurz um und – oh Wunder – schmiss sich wieder auf Lesja.

      Als dieser mich dann breit angrinste, war ich mir sicher, dass mein schlechtes Gewissen jetzt die Klappe halten konnte.
      Gwen gefällt das.
    • Rhapsody
      [​IMG]
      Gefühlsduselei
      | 26. Januar 2017
      „Weißt du, du bist wie so eine Glucke. Nur dass du kein Baby kriegst, sondern deine Pferde.“

      Ich war so vertieft in meine Arbeit, dass ich um ein Haar vom Schemel gefallen wäre. Der Sturz wäre abgefedert; gerade hatte ich Medeias Box noch mal eine extra Schubkarre Stroh gestreut. Aber es ging ums Prinzip – wenn es Lesja nicht interessierte, dass man sich nicht an konzentrierte Leute, die auf einem Stuhl stehen, anschleicht, dann konnte ich ja wenigstens böse sein.
      Ich schwöre, in meinem Kopf hat das gerade Sinn gemacht.

      Verächtlich schnaubend drehte ich mich wieder um und widmete mich der Webcam, die ich in der Boxenecke anbrachte. „Wenn du nicht hier bist, um mir zu helfen, dann kannst du dich eigentlich auch gleich wieder verpissen,“ motzte ich ihn an. Dann verlor ich den Grip am Werkzeug. Mit ein paar obszönen Bemerkungen über die Mutter des Schraubendrehers stieg ich ab, kramte im Stroh herum, stieg wieder auf den Schemel und streckte mich bis zum Geht-nicht-mehr, um an die Webcam zu kommen.

      Die Boxentür öffnete sich und kurzerhand wurde ich vom Schemel geschubst. Mit einem schadenfrohen Grinsen drückte ich Lesja auch den Schraubendreher noch in die Hand. „Die Kamera für Buckys Box hol ich auch mal eben, ja?“

      Missmutiges Grummeln aus der Boxenecke.

      Vielleicht hatte Lesja eine Spur recht, überlegte ich als ich die Webcam aus der Verpackung holte. Eigentlich waren weder Bucky noch Medi in den nächsten paar Wochen fällig. Wir waren zwar kein großer Hof oder sogar eine renommierte Zucht, aber wir wussten schon, wieso die Fohlen am besten im Frühjahr zur Welt kamen. Dementsprechend war geplant worden.

      Das waren aber meine ersten Fohlen, die auch wirklich auf meinem Hof geboren werden sollten. Da darf man ein bisschen gluckig sein und einen Livestream einrichten, der dann die Nacht über auf meinem Laptop lief. Mit Schlafentzug konnte ich erstaunlicherweise gut umgehen, und das war dann wohl mein Schicksal für die nächsten Wochen.

      Nachdem dann auch die zweite Webcam auf ihrer kleinen Vorrichtung hing und ich alles dreifach und vierfach geprüft hatte, musste ich mich ja auch irgendwie revanchieren. Als Lesja deswegen vom Schemel stieg (mit dem er sich fast den Kopf an den Balken gestoßen hatte, der Lulatsch) setzte ich mein süßestes Gesicht auf. Das hatte aber nicht wie sonst die Folge, dass er mit den Augen rollte und fragte, was ich wollte, sondern eher das Gegenteil. Die Falten zwischen seinen zusammengezogenen Augenbrauen glättete sich, allgemein wurde sein Mine sanfter und um seine Lippen spielte ein kleines –
      „Keine Gefühlsduselei,“ warnte ich ihn. Sogar mit erhobenem Finger. So ernst war es mir.

      Lesja sah das alles ein bisschen lockerer und hob mit einem schiefen Grinsen (bei dem ich am liebsten die Augen verdrehen würde – ging noch mehr Klischee?) beide Hände. „Was auch immer du damit meinst.“

      Ich funkelte ihn an. „Eigentlich wollte ich vorschlagen, dass wir Ironics Nerven mal im Gelände testen aber –“

      Augenblicklich fiel das selbstgefällige Grinsen ab und seine Augen wurden groß und rund. Wortlos rauschte er an mir vorbei, raus aus dem Stutenstall.

      ***

      Für Ironic war das Satteln und auch das Reitergewicht langsam Routine. Immer noch im Übergangssattel weil Elena am Maßsattel plötzlich nicht mehr gefielen (nicht, weil sie schlampig waren sondern weil die Farbe nicht passte) setzte ich mich ungefähr alle drei Tage auf den Hengst. Eigentlich wollten wir für den Anfang nur einen Reiter drauf lassen, um ihn nicht unnötig zu verwirren, aber Lesja war manchmal ein kleines Kind und deswegen bestand er darauf, wenigstens ab und zu herumgeführt zu werden. Ironic schien das nicht viel zu interessieren; auch heute blieb er ruhig stehen als Lesja aufstieg. Ich dagegen hatte mir Paramour fertig gemacht; die beiden standen zusammen, kannten sich und auch, wenn ich nicht dachte, dass wir in einer zehn Minuten Runde um den Stall wirklich irgendwelchen Gefahren ausgesetzt werden würden, war es doch besser, einen Ruhepol dabeizuhaben.

      Die ersten paar Minuten verbrachten wir schweigend – abwartend, was Ironic von seinem ersten Ausritt hielt. Die Antwort war: herzlich wenig. Mit großen Schritten lief er voraus, Paramour versuchte so gut wie möglich aufzuholen aber gegen die langen Beine des Hannoveraners kam er einfach nicht an. Das war aber wiederum gar nicht so schlecht für Ironic. Der konnte so nämlich schon mal das Durchparieren und Stehen bleiben üben.

      Nach etwa der Hälfte der Strecke räusperte Lesja sich schließlich. „Reden wir drüber?“

      „Keine Gefühlsduselei,“ schoss ich zurück, und somit war das Thema auch vom Tisch. Und eigentlich auch alle anderen Gesprächsthemen.

      ***

      Das beste Mittel gegen peinliche Stillen war einfach so zu tun, als wären sie nicht da. Dann waren sie nicht mehr peinlich und man konnte so tun, als würde man halt einfach nichts sagen wollen.
      So ungefähr lief das Absatteln und Zurückbringen der Hengste ab. Ironic hatte sich wirklich gut gemacht, war lieber stehen geblieben, wenn etwas im Gebüsch gerasselt hatte, und war auch nicht dickköpfig und stur vor sich hingeschlappt. Als das Reithalfter dann vom Kopf war, rieb er seine Nase erst einmal ausgiebig am Boxenpfeiler und schnaubte zufrieden vor sich hin. Es schien, als würde er auf der Stelle einschlafen, folgte Lesja dann aber noch schnellen Schrittes zurück auf den Paddock.

      Als ich Paramour auch dort hinbringen wollte, schnoberte Ironic durch den Sandboden, und von Lesja war weit und breit nichts zu sehen. Mit einem Klaps auf die Kruppe entließ ich dann auch Paramour in seinen Feierabend und hängte die Führstricke säuberlich über das Gatter.

      ***

      Als letzter des Tages wurde dann noch Vaffanculo bewegt. Die Kälte machte den Hengst noch ein bisschen knackiger als er sonst schon war, weswegen ich penibel darauf achtete, dass er täglich bewegt wurde. Quixoticelixer hingegen durfte die Tage meistens auf dem Paddock verbringen, und alle drei Tage ging es mit ihm auf einen Ausritt oder er wurde ein bisschen gearbeitet. Damit Val aber weder den Paddock noch seine Box zu Kleinholz verarbeitete, wurde tagtäglich an seiner Durchlässigkeit gearbeitet. Vielleicht hätten andere Trainer gemeint, einen so aufgeheizten Hengst auch noch galoppieren zu lassen war der falsche Ansatz, aber ich hatte das Gefühl, dass er mit jedem Galoppsprung ruhiger wurde. Vor allem, wenn man dazu noch Lektionen abfragte. Einfache Galoppwechsel machten wir mittlerweile beinahe im Schlaf. Und wenn Val dann am langen Zügel gemütlich seine Trockenreitschrittrunden drehte und fast schon wie eine Schlaftablette und ohne Hektik einen Fuß vor den anderen setzte, dann konnte das ja nicht alles so falsch sein, was wir mit ihm anstellten.

      ***

      Gerade hatte ich das Gespräch mit Oliver Jones vom Pineforest Stable beendet – bei meinem letzten Trip nach Birmingham hatten wir uns eine Weile unterhalten können und Gambits Werdegang mehr oder weniger geplant. Jetzt hatte ich urplötzlich die Nummer eines Jockeys/Trainers, der auf dem Assiniboia Downs arbeitete, und mir fest vorgenommen, das anzugreifen, wenn die Fohlen da waren – als auch schon meine Zimmertür sich öffnete. Um halb zwei nachts.

      Das war nämlich der Knackpunkt. Vor ein paar Wochen hatten wir einen Trainer von außerhalb angestellt. Der hatte kein Hotelzimmer gekriegt und unsere Gästezimmer waren immer noch nicht fertig (ups). Jemand von uns hatte also sein Zimmer räumen müssen. Eine Kette betrüblicher Ereignisse (see what i did there?) wollte es dann so, dass Lesja und ich uns ein Zimmer teilten.
      Und obwohl sein Zimmer eigentlich wieder leer war, war er dageblieben. Ich wollte ihn auch nicht unbedingt raus schmeißen. Ach - und wir redeten nicht darüber, wie Erwachsene das eben so tun. Deswegen schlug ich nur die Bettdecke zurück, rutschte näher an die Wand und guckte den Medeia-und-Bucky-Livestream, während Lesja es sich gemütlich machte.

      „Wenn du schnarchst, schmeiß ich dich aus dem Bett,“ drohte ich und bekam eine unkoordinierte, ziemlich schwache Hand ins Gesicht. Das Handy flog in die unerforschten Falten meiner Bettdecke. „Schlafenszeit,“ deklarierte Lesja, das Gesicht schon komplett in das Kissen vergraben.

      Naja, gegen so schlagfertige Argumente kam ich einfach nicht an.
    • Eddi
      [​IMG]
      Pferdepraxis Sapala
      | 12. Februar 2017
      Erst seit kurzem war ich wieder als Tierärztin am Start, denn in meiner Praxis hatte ich einige Veränderungen durchgenommen und ebenso hatte ich mir eine Pause gegönnt. So ging es heute aber nun in alter Frische auf das Pine Grove Stud zu Juli Mayers und ihren Pferden. Ich hatte im Kofferraum alles dabei, was ich brauchte und so konnte ich die etwas längere Fahrt starten.
      Ich kam heil auf dem Gestüt an und wurde dort direkt von Juli empfangen. Lächelnd begrüßte ich meine alte Freundin, schnappte mir dann meinen Koffer und wir gingen gemeinsam in dem Stall. „mit wem wollen wir anfangen?“, fragte sie und ich ging im Kopf kurz die drei heutigen Pferde durch, ehe ich meinte, dass wir mit ihrem Jungspund beginnen würden.
      Also holte Juli den kleinen Connemarahengst aus der Box. Sein Name war Rising Of Storm und er war nun schon gute zwei Jahre. Dank seines Großvaters brachte er einen hohen Blutanteil mit sich und würde vielleicht sogar etwas größer als die anderen seiner Rasse werden. „Der wird auf jeden Fall schön sportlich“, meinte ich grinsend, während Juli mir den Hengst im Schritt und Trab die Stallgasse entlangführte.
      Er hatte einen schwungvollen und großen Schritt und im Trab konnte er sich auch sehen lassen. Donnie, wie Juli ihn gern nannte, war natürlich der typische Junghengst und hatte einige Flausen im Kopf. Deshalb hielt Juli ihn auch während der Untersuchung fest.
      Ich hörte zuerst Herz und Lunge ab, ehe ich mit dem Stethoskop auch noch einmal Richtung Darm ging. Dann schaute ich mir Ohren, Augen und Zähne an und überprüfte, ob alles so war wie es sein sollte. Zu guter Letzt kontrollierte ich die Körpertemperatur und tastete Wirbelsäule und Beine ab.
      Alles war in bester Ordnung, als bekam der Hengst nun seine Impfauffrischungen. Es gab insgesamt vier Stück: Herpes, Tetanus, Influenza und Tollwut. Er muckte ein paar Mal auf, aber dank seiner noch recht handlichen Größe konnten Juli und ich ihn gut bändigen. Abschließend gab es auch noch die Wurmkur und dann war Donnie auch schon fertig.
      Juli brachte ihn zurück in die Box und ich erneuerte den Impfpass des Hengstes. Als nächstes standen ihre beiden trächtigen Stuten an, die schon in geraumer Zeit abfohlen würden. Juli wollte einfach noch einmal sichergehen, dass alles in Ordnung war. Wir begannen mit Medeia, auch ein Connemara.
      Zunächst führte Juli mir auch die Stute im Schritt und Trab vor und ich sah, dass der Bewegungsablauf so war, wie er sein sollte. Dann hörte ich auch bei Medeia Herz und Lunge ab, ehe ich die Körpertemperatur kontrollierte und in Ohren, Augen und Maul schaute. Die Stute selbst war im besten Zustand, also hörte ich ihren Bauch ab und holte dann das mobile Ultraschallgerät heraus. Es dauerte nicht lange, bis wir das Fohlen identifizieren konnten und seinen Herzschlag wahrnahmen. Auch dem Kleinen ging es bestens, es lag normal und seine Werte waren gut.
      Aufmerksam kontrollierte ich Medeias Impfpass und schaute, was alles anstand. Generell konnte ich auch bei Medeia alle Impfungen auffrischen. In der Trächtigkeit war dies besonders wichtig und verhalf auch dem Fohlen später zu einem besseren Immunsystem. Ebenso war es mit der Wurmkur, welche Medeia nun auch noch erhielt. Danach hatte sie es bereits geschafft und wir kamen zur zweiten trächtigen Stute.
      Bucky konnte manchmal sehr unleidlich sein und genau heute war so ein Tag. Schon beim Vorführen legte sie die Ohren an und das Abhören gefiel ihr auch nicht. Noch weniger gefiel es ihr, als ich dann mit dem Stethoskop an ihrem Bauch herumwerkelte und dann auch noch das Ultraschallgerät benutzte.
      Immerhin blieb es beim Ohren anlegen und etwas rumgiften, so dass wir auch schnell Buckys Fohlen entdeckten und sahen, dass alles bestens war. Ich merkte, wie sehr sich Juli schon auf das Fohlen freute und ich hoffte ja etwas, dass es nicht den Charakter seiner Mutter übernahm. Auch Bucky musste nun noch geimpft und entwurmt werden.
      Bei ihr stand das Gleiche an wie bei Medeia und mit den Spritzen machte ich mir Bucky definitiv nicht zur Freundin. Zum Glück sah ich sie so selten, auf dieser Basis hätten wir wohl nie eine Beziehung aufbauen können. Ich lobte sie trotzdem ausgiebig, auch wenn sie dann mit mürrischem Gesicht in der Box verschwand.
      Nun erneuerte ich nur noch deren Impfpässe und ließ Juli zwei Ultraschallfotos da, damit sie etwas hatte. Sie freute sich auch sichtlich darüber, dankte mir herzlich und dann verabschiedete ich mich auch schon. Ich hatte noch einen relativ weiten Heimweg vor mir, also musste ich dann auch los.
    • Rhapsody
      [​IMG]
      Welpentreff
      | 31. März 2017
      „Fünf Minuten. Ich möchte, dass du, wenn du das Gatter geschlossen hast, deinen Timer auf fünf Minuten stellst und wenn diese fünf Minuten vorbei sind kommen die Pferde wieder auf ihre Paddocks.“
      Für fünfzehn Sekunden hörte Lesja auf, sein Müsli zu kauen, und sah mich nur an. „Und das muss so akribisch eingehalten werden?“
      Memo an mich selbst: Lesja niemals konfrontieren oder auch nur irgendwie mit ihm kommunizieren, wenn er beim Essen war. Wirklich, das sollte ich mir merken. Bäh. Als er sich den nächsten Löffel in den Mund geschoben hatte, war die Gefahr vorüber und ich konnte endlich wieder antworten. „Muss ich dir jetzt nochmal einen Vortrag über die Gefahr von zu eiweißreicher Fütterung halten? Nach fast eineinhalb Jahren? Wirklich Lesja?“
      Er senkte seinen Löffel und wollte gerade mit dem Reden ansetzen, also machte ich lieber auf dem Absatz kehrt und rannte aus der Küche. „Ach, ich leih mir später Mishka aus, solltest du ihn suchen!“ Seine Antwort bekam ich leider Gottes nicht mehr mit, da fiel die Tür einfach zu laut ins Schloss und Butters und Mishka wedelten so laut mit den Schwänzen, dass ich die Proteste gar nicht hören konnte. So was aber auch.
      Weil uns aufgefallen war, dass wir mittlerweile wirklich alle mindestens einen Hund im Haushalt hatten (oder zwei oder auch drei), hatten Zai, Elena, Gwen und ich uns heute für eine Hundespielstunde entschieden. Nach dem Zwischenfall mit Butters hatte ich mich dagegen entschieden, den Corgi mitzunehmen, und ob Khaleesi wirklich mitwollte, würde sich erst zwei Minuten vor Aufbruch entscheiden. Aber Mishka, der sich als verspielt und als kleiner Trottel herausgestellt hatte, freute sich bestimmt mal, unter Gleichaltrigen zu sein. Naja, zumindest halbwegs gleichaltrig.
      Mit dem Barsoi an der Schleppleine und Butters ein paar Meter vor oder hinter uns, je nachdem, was er gerade schnuppern musste, ging es in Richtung Paddock. Seit ein paar Wochen hatten nun sowohl Bucky und Medeia ihre Fohlen gekriegt – am helllichten Tag, nur, um mir, die wochenlang nachts kaum geschlafen hatte weil sie den Stalllivestream schauen musste, den hocherhobenen Mittelfinger zu zeigen. Medeia hatte ein rotes, jedoch ziemlich großes Fohlen am Rockzipfel hängen. Damit hatten wir schon gerechnet und mit Tierarzt und Tierarzt-in-Spe – ja, auch Peggy hatte mal mitarbeiten müssen, sowas aber auch – war dann Mànas doch recht schnell auf die Welt gekommen. Nicht viele Tage später war dann auch Painted Basquiat, Buckys Fohlen, einfach irgendwann im Stroh gelegen. Lackschwarz und extrem schüchtern hatte sie wohl mehr von ihrem Vater, Painted Blur, geerbt. Aber da Basquiat für die ganzen Amis und Aussies angeblich unaussprechlich war, hatte die kleine Stute schon schnell einen Spitznamen bekommen – Bowie. Ausgestattet mit frischem Wasser und genug Heu behausten die vier jetzt den bislang eh nicht genutzten Reitplatz, damit wir vor allem auch die Mütter schonend anweiden konnten. Früher oder später würden dann auch alle zusammen auf der Stutenweide stehen; bis dahin durften sich die zwei Fohlen erst einmal in der Welt zurechtfinden. Normalerweise wurde mit allen vieren spazieren gegangen, man übte das Aufhaltern mit ihnen, sie kamen täglich irgendwie in Berührung mit Menschen. Heute war das aber auf ein paar Streicheleinheiten beschränkt.
      Bevor ich mich mit den anderen treffen wollte, musste nämlich noch ein bisschen was getan werden. Während ich Boxen ausmistete, Quixoticelixer, Vaffanculo, Paramour, Tautou und Parvati ein bisschen die Mist- und Sandflecken aus dem Fell bürstete, verdrückte sich Butters unter meinem wachsamen Auge ins Haus und Mishka in das Stroh der nächsten Box – ich war also alleine. Bis auf das regelmäßige Schnauben der Pferde was es mucksmäuschenstill; Zoe und Declan gönnten den „Großen“ eine kleine Auszeit und nahmen sich dabei den Kleinen an. Auf dem Weg zum Hengststall sah ich Zoe eine Weile dabei zu, wie sie Cìola longierte. Es sah noch nicht ganz perfekt aus, aber die junge Reitponystute hatte noch genug Zeit, um das richtig zu lernen. Als ich dann Waffel, Q und Paramour einigermaßen sauber hatte – für seine Winterdecken war es mittlerweile einfach zu warm, deswegen war Q putzen eine Challenge, die ich tagtäglich verlor – und zu den Stuten zurück schlenderte, war der Rotschopf verschwunden und stattdessen wurde Ironic longiert. Eigentlich teilte Lesja solche Aufgaben überhaupt nicht gern, blöderweise steckte er sich aber vor vier Tagen mit der Rotzhuststerbseuche an und bekam von mir (und bestimmt auch von den anderen, die aber leider den Mund nicht aufmachen konnten) Arbeitsverbot. Schlimm genug, dass wir alle der Bazillenschleuder ausgeliefert waren, da musste er die Pferde nicht auch noch nerven. Deswegen hatten wir Ironic für die Woche unter uns dreien aufgeteilt. Unterm Sattel war er jetzt zumindest im Schritt und Trab relativ sicher; um das Training aber auch abwechselnd zu gestalten, wurde er heute ein bisschen locker trainiert. Vielleicht würde er dieses Jahr schon seine ersten Turniere gehen – zum Ende der Saison zwar, aber so abwegig war das gar nicht.
      Nachdem dann auch der Stutenstall schön sauber war, Mishkas Fell zu 93% aus Stroh bestand und ich weißes Winterfell in den Augen stecken hatte, gönnte ich mir eine kurze Auszeit. In etwa einer halben Stunde machte ich mich auf gen … Süden. Keine Ahnung, ob Elenas, Zais und Gwens Höfe überhaupt südlich von meinem lagen, aber es ging zumindest runter. Glaubte ich. Um dem guten Herrn ein paar Manieren beizubringen, holte ich PFS‘ Gamble Away von seinem Paddock und befreite ihn schnell von Sand und dem bisschen Winterfell, welches das Vollblut überhaupt besaß. Ob es eine gute Idee war, mit Rennpferd und Rennhund spazieren zu gehen? Bestimmt nicht. Aber irgendwie würde ich das schon gebacken kriegen. Mit Kappzaum, Longe und Schleppleine lief ich dann kurz darauf los.
      Fast schon wie ein Taxi kam ich mir vor, wie ich alle nacheinander abholte. Zuerst Gwen mit ihrer mittlerweile groß gewordenen Nuriya. Eigentlich wollten wir ja vorwiegend unsere Welpen aneinander gewöhnen und vorzeigen, aber weil wir Gwen ja nicht ausschließen wollten, hatten wir – also der Große Rat bestehend aus Zai, Elena und mir – netterweise zugestimmt, dass sie Shiva mitnehmen durfte. Auch, wenn es eigentlich gar nicht ihr Hund war, aber darüber wollte ich jetzt nicht diskutieren. Außerdem war ich auch damit beschäftigt, Mishka davon abzuhalten, sich ganz und gar in seiner Leine zu verheddern. Wie ein … naja, Welpe eben warf er sich an die Füße der schwarzen Hündin, rollte sich auf den Boden, sprang kurz darauf wieder auf und sprang sowohl um Shiva als auch um Gwen selbst, als gäbe es kein Morgen. Erst nach einem scharfen Pfiff beruhigte er sich langsam, und zu sechst machten wir uns auf den Weg zu Elena. Die hatte sich aus heiterem Himmel zwei Shiba Inus geholt – das hatte mich ein wenig verwundert, da Eli zu 110% Katzenmensch war und Hunden eher reserviert – und ehrlich gesagt sahen sie aus, als würden sie gerade aus einem alten Nintendogs-Speicherstand gekrabbelt sein. Neben den beiden Wollknäueln, die sie Yuki und Ayumi nannte (aber nicht erklären wollte oder konnte, was das bedeutete – so ein Amateur) führte sie auch noch Baila Conmigo.
      „Colour GH’s Baila Conmigo,“ verbesserte sie mich stolz. „Je mehr davor steht, desto edler das Pferd.“
      „Aha,“ machte ich und zuppelte am Führstrick meines Vollbluthengstes, der Elis Ponystute schon jetzt um ein paar Zentimeter überragte. „Das spricht aber nicht für deine Zucht.“
      Weil Eli so ein toller Mensch war fing sie keinen Streit auf einem fremden Hof an, sondern hob nur drohend den Zeigefinger und begrüßte dann Zai mit SST’s Lakim. Somit war ich mit meinem Junghengst deutlich in der Minderheit. Gott sei Dank führte der sich heute einigermaßen ruhig auf, schnorchelte nur ab und an einen der Hunde an. Mishka fand die Neuankömmlinge äußert interessant, aber er hatte doch ein paar Manieren und setzte sich lieber vor den braunen Dalmatinerwelpen, als ihn einfach umzurennen. Langsam aber sicher wurde das was mit dem braven Hund.
      In unserer kleinen Truppe ging es dann auf eine Wiese hinter Elis Gestüt, auf der die anderen ihre Hunde freilassen konnten und ich zumindest die Schleppleine ein bisschen länger lassen. Eigentlich rannte nur wirklich Friedrich, Zais-eigentlich-nicht-Zais Dalmatiner, umher; Shiva war damit beschäftigt, Friedrich zu beschäftigen (oder wohl eher, Friedrich um sich herum hüpfen zu lassen bis seine Energie ausgeschöpft war), Friedrich belästigte Shiva, Yuki und Ayumi kauten sich gegenseitig an – und ehrlich, das konnten nur Elenas Hunde sein – und Mishka versuchte, Friedrich von der großen Labradorhündin wegzulocken und stattdessen mit ihm zu spielen. Die Pferde machten sich stattdessen mit dem Gras bekannt.
      Als Friedrich sich geschlagen gebte, beide Shiba Inus schliefen (sowas von Elenas Hunde) und Mishka schon mehr als zehn Minuten neben mir saß und mich dabei beobachtete, wie ich den anderen zuhörte – eine einzige Starrerei, wirklich – beschlossen wir alle, uns langsam auf den Heimweg zu machen. Immerhin hatten wir alle einen Hof mit anderen Pferden als die vier, die wir dabei hatten, und ordentlich Arbeit vor uns. Deswegen war ich auch keine zehn Minuten nach meiner Ankunft auf Ares‘ Rücken. Wirklich einfach gestaltete sich das tägliche Training nicht mit ihm; hatte er einen guten Tag, war alles super, aber wehe wenn nicht. Ehrlich gesagt war ich ein bisschen überrascht, wie wir überhaupt die letzten paar Turniere überlebt hatten. Außerdem arbeiteten wir hart daran, dass er auch auf Dressurturnieren absahnen konnte; zwar war er gemacht für die Vielseitigkeit und hatte wohl auch eine solide Dressurausbildung, andererseits war es auch eine Gratwanderung, irgendwelche Lektionen von ihm abzuverlangen. Das Training verlief mittelmäßig; ein paar Male lief er wirklich schön an der Hand und drehte nicht zu sehr auf. Nach einer dreiviertel Stunde war er klitschnass, mein Kopf war rot wie eine Tomate, also war es Zeit, aufzuhören.
      Bevor auch ich dann zum Abendessen durfte, war erst noch Fütterungszeit. Pacco und Rising of Storm randalierten in ihren Boxen, während ich das Futter in der Futterkammer zusammen mischte, und stürzten sich sofort hungrig auf die Tröge, als hätten sie den ganzen Tag nichts zu futtern bekommen. Männer. Die Stuten dagegen waren pflegeleicht – Cìola sah mir vom Paddock aus zu, wie ich ihr Futter auffüllte, und erst, als ich Buckys und Medeias Portion fertig hatte und den Stutenstall verlassen wollte, stand sie an ihrem Trog und mampfte in sich hinein.
    • Rhapsody
      [​IMG]
      Boys Day
      | 28. April 2017
      Manchmal hatte man einfach göttliche Eingebungen. Ich hatte die, um ehrlich zu sein, ziemlich häufig. Einfach aus dem nichts traf mich dann ein Gedanke, und diese Gedanken musste ich dann so schnell wie möglich mit anderen mitteilen. War gerade kein Lebewesen in der Nähe, durften auch Gwen, Eli und Zai daran teilhaben.

      An einem Samstagnachmittag Ende April aber war ich nicht allein. Mit Zoe und Declan ritt ich durch die kanadische Landschaft; die anderen beiden auf Quixoticelixer und Painted Blur, ich selbst auf Ares. Eigentlich sollten wir vor allem mit dem letzteren gerade auf dem Platz arbeiten, damit aus dem Jung‘ ma was wird nech, aber man musste ja auch mal an den Spaß denken. Wir waren schon wieder auf dem Heimweg, Zoe und Declan diskutierten über …irgendetwas – um ehrlich zu sein, ich war schon vor zehn Minuten mental aus der Unterhaltung ausgestiegen und tat nur mein bestes, Ares im gleichen Tempo zu halten wie einen ruhigen Holsteiner und ein noch ruhigeres Pony. Und dann traf es mich, mitten aus dem Nichts.

      „Dani California ist das Girl aus By the Way!“

      Das Gespräch verstummte kurz, Declan und Zoe sahen erst mich fragend an, dann sich gegenseitig.

      „Redest du von den Chili Peppers?“ fragte Zoe vorsichtig.

      „Kennst du jemand anderes der über Dani California singt?“

      Declan würde sich am liebsten die Hand ins Gesicht schlagen, das sah ich an seinem Handzucken. „Das hast du jetzt erst gemerkt? By The Way ist 15 Jahre alt.“

      „Tut mir Leid, ich bin langsam und das weißt du,“ verteidigte ich mich. „Aber by the way – woher weißt du so genau, wann ein spezifisches Album von einer Band mit vielen Alben rausgekommen ist?“ Ich warf ihm einen scharfen Blick von der Seite zu.

      „Ich möchte mit dir nicht über meine Vergangenheit reden,“ murmelte Declan und rieb sich eine Stelle direkt unter dem Ellenbogen.

      „Lügner.“ Er war zwar nicht ganz so ein Blabberle wie Lesja oder zeigte seine Gefühle so offen wie Zoe, aber in den letzten Jahren stellte sich Declan nicht gerade als verschlossenes Buch heraus.

      „Warte nur darauf, bis du herausfindest, was mit Dani passiert,“ meinte Zoe und zuckte mit den Augenbrauen. Bevor ich aber den Mund öffnen könnte und es aus ihr herauskitzeln konnte, erstickte Declan das Gespräch mit einem lauten Seufzen im Keim. „Zoe, bevor wir von jemanden sehr unhöflich unterbrochen wurden –“

      Ich schaltete wieder ab.

      ***

      Nach dem Ausritt, der mir einen fantastischen Ohrwurm verpasst hatte, erklärte ich mich freiwillig bereit, mich um die restlichen Hengste zu kümmern. Während Ares und Blurry seelenruhig nebeneinander grasten, schien Quixo seine fünf Minuten zu haben. Runde um Runde galoppierte er, buckelte, schlug nach seinem Weidefreund Vaffanculo aus. Normalerweise war der Dunkelfuchs ja derjenige, der … naja, wild war. Und wenn man irgendetwas aus seiner versteinerten Position in der Mitte der Koppel ableiten konnte, dann, dass er mindestens genauso überrascht war wie ich.
      Aber Back to Business. Aus Faulheit legte ich Paramour den Kappzaum an und führte ihn anschließend in den Longierzirkel. Eigentlich wäre schon noch ein kleiner Ritt drin gewesen, aber … nein, ich hatte keine Ausrede.

      Wirklich anstrengend war die Longeneinheit weder für mich noch für den Lewitzer. Verstärkungen waren für ein Pferd, das M*-Dressuren gewonnen hatte, wirklich das kleinste Problem. Trotzdem schnaubte der Hengst mit Genuss ab und schien durchaus zufrieden, als ich ihn nach zwanzig Minuten mit einer Handbewegung zum Stehen brachte. Ich hatte ein bisschen Angst gehabt, dass sich Paramour, sobald er aus dem aktiven Sport genommen wurde, verändern würde. Immerhin war er immer zu 100 Prozent ausgelastet gewesen und hatte auch immer ein recht freundliches Wesen gehabt. Glücklicherweise zeigte er jetzt seit fast einem Jahr, dass er die doofen Turniere gar nicht brauchte, sondern von Haus auf ein freundliches Pferd war. Mensch, war mir da ein Stein vom Herzen gefallen.

      Meine Aufgaben waren erledigt; Declan und Zoe hatten sich die Stuten und Youngsters untereinander aufgeteilt. War es eine gerechte Aufteilung? Nein, überhaupt nicht. Aber ich war diejenige, die am besten davon gekommen war, also sagte ich natürlich nichts und machte mich stattdessen auf zur Stutenweide. Seit ein paar Wochen standen Medeia und Bucky samt Mánas und Painted Basquiat mit den anderen Pferden auf der großen Weide. Mittlerweile für ein paar Stunden, im Sommer dann 24/7. Als ich an den weißen Holzzaun trat und mich auf die oberste Latte setzte, kam auch schon das Connemarafohlen auf mich zu. Er war definitiv der zutraulichere der beiden. Das hatte bestimmt zu einem gewissen Prozentsatz auch damit zu tun, dass er einen Monat älter war, aber eigentlich hatte sich das schon in den ersten Tagen nach der Geburt gezeigt. Mánas verließ Medis Seite zwar genauso ungern wie jedes frischgeborene Fohlen, aber zumindest rannte er nicht vor mir weg. Jetzt, wo Mama zwar immer noch wichtig aber nicht mehr ganz so wichtig war – zumindest für ihn – traute er sich auch mal alleine zu mir her, beschnupperte meine Finger und ließ sich das weiche Fohlenfell streicheln. Entspannt blubberte er mich an, rieb seinen Kopf an meinen Beinen, als hätte ich ihm nicht vor ein paar Tagen die erste Wurmkur gegeben, bei der er am liebsten ausgebüxt wäre.

      Aber innerhalb von zehn Minuten war ich für Mánas komplett uninteressant geworden und er trottete wieder in Richtung Mama. Das nahm ich als Zeichen, jetzt auch mal nach Bowie zu gucken. Bis jetzt hatte sich der Spitzname nur bei mir durchgesetzt; die anderen benutzten lieber Basquiat (aber was war das denn bitte für ein Rufname? Genau, ein doofer). Insgeheim hegte ich die Hoffnung, dass die kleine Rappstute aber später nur auf Bowie und deswegen auch nur auf mich hören würde. Momentan waren Menschen noch ein bisschen gruselig für sie. Als ich Bucky und Bowie – ha ha ha – entdeckte, sprang das Fohlen schnell hinter seine Mama. Nur blöd, dass Bucky sich ins Gras gelegt hatte. Wie versteinert stand Bowie da und guckte mich an wie ein Schaf. Also tat ich das einzige, was mir gerade einfiel. Anstatt mich auf das Fohlen zu konzentrieren, setzte ich mich neben Buckys Kopf und massierte ihr ein bisschen die Ohren. Im Gegensatz zu anderen Pferde liebte sie das nämlich. Und nebenbei zeigte es ihrem Fohlen auch noch, dass ich gar nicht so böse war.

      Trotzdem bereitete mir Bowies Scheu immer noch ein bisschen Bauchweh. Eigentlich war sie schon sein Tag 1 mit Menschen in Berührung gekommen, und eigentlich waren wir auch stets darauf bedacht gewesen, ruhig in ihrer Nähe zu sein. Keine lauten Geräusche, die sie mit Menschen verbinden konnte. Mit Ach und Krach bekam sie jeden Tag das Halfter drauf, in der vagen Hoffnung, dass plötzlich ein Wunder passieren würde und sie sich von jedem ohne mit der Wimper zu zucken anfassen ließ. Irgendwann würde der Tag bestimmt kommen. Und andererseits war sie ja auch erst vier Wochen alt. Eigentlich sollte sie jetzt schon zutraulicher sein, aber immerhin war sie nicht mehr ganz so angespannt in unserer Nähe. Nach ein paar Minuten Beobachtung senkte sie nämlich den Kopf und rupfte ein paar Halme ab, während ich Buckys Schopf flocht. So schlimm konnte ich also gar nicht sein.

      Als die Sonne sich dann langsam in Richtung Westen aufmachte, stand ich unter Ächzen und Stöhnen auf, klopfte mir die Hose ab und klettert wieder über den Zaun. Ich konnte ja wenigstens schon mal mit dem Kochen anfangen, wenn alle bis auf den ach-so-kranken Lesja hart arbeiteten.
    • Rhapsody
      [​IMG]
      versteckte nachrichten hihihi

      chapter three | 11. Juni 2017
      PFS' Scion d'Or | Dark Innuendo | Bucky | Painted Basquiat | Medeia | Mánas | Cíola
      „Ah, der allseits beliebte sterbende Schwan.“

      Snafu öffnete die Augen, blinzelte gegen das helle Licht im Zimmer an und drehte seinen Kopf in Richtung Tür. Leslie lehnte gegen den Türrahmen mit einem selbstgefälligen Grinsen auf den Lippen.
      Eine böse Bemerkung unterdrückend seufzte er nur und schloss wieder die Augen. „Nicht jeder kann in Kalifornien aufwachsen.“

      „Snafu, es hat 22 Grad. Celsius.“

      „Es fühlt sich an, als wäre ich in der Hölle gelandet.“

      „In einer Hölle, in der Ezra extra nach dir rufen lässt, damit du auch ja nichts verpasst. In so eine Hölle möchte ich auch mal kommen.“

      Innerhalb von Sekunden war Snafu vom Rücken auf den Bauch gerollt, um Leslie besser ansehen zu können. Ihr Grinsen war ein wenig gedämpfter, dafür blitzten jetzt ihre Augen gefährlich. Das registrierte er aber erst einmal nicht, genauso wenig wie die eigentlichen Worte, die sie gesagt hatte. Einzig und allein, was sie damit eigentlich sagen wollte, kam in seinem hitzegeschädigten Gehirn an. „Er tut’s? Jetzt?“

      Ohne auf eine Antwort zu warten, versuchte er, seine Beine so schnell wie möglich unter sich zu bringen und rannte an Leslie vorbei in den Flur. In den paar Wochen, in denen Scion d’Or auf dem Gestüt stand, hatte sich Snafu Hals über Kopf in die junge Stute verliebt. Und wenn das passierte, konnte er das einfach nicht verbergen – schon gar nicht erst vor seinem Trainer. Ezra hatte das sonst eigentlich immer ohne Kommentar so stehen gelassen, deswegen hatte sich Snafu auch nicht wirklich Chancen ausgerechnet.

      Da sollte nochmal jemand behaupten, Ezra Thompson steckte nicht voller Überraschungen.

      Schwer atmend kam er schließlich an dem kleinen Hof vor den Außenboxen an, in denen Goldie bis jetzt noch untergebracht war. Mit einigen Sekunden Verzögerung kam auch Leslie an – gerade, als Ezra den Cremello mit Trense und Sattel aus der Box führte. Als der Trainer ihn entdeckte, winkte er Snafu her und drückte ihm ohne großen Kommentar die Zügel in die Hand. Mit wachem Blick sah sich Goldie um, blieb aber ruhig stehen, als Ezra am Sattel rumwerkelte.

      Die Steigbügel wurden runtergelassen, nachgegurtet, dann stemmte der Trainer sich in den Bügel. Snafu sah, wie Goldie kurz mit den Ohren zuckte, aber sonst ruhig weiter atmete und ihn ruhig anblinzelte – als würde sie durch ihn hindurch gucken und – ja, das klang verdammt kitschig, aber so war Snafu nun mal und so war er schon immer gewesen – direkt in seine Seele. Das hatte er bis jetzt schon ein paar Mal bei Pferden gehabt; irgendwie sah er es auch als Sign of Approval, da noch kein Pferd schreiend weggerannt war.

      Am liebsten hätte Snafu erzählt, dass er unentwegt Augenkontakt mit dem besten Pferd der Welt hatte, aber wenn er ehrlich war, starrte er nur irgendwo in die Halbferne, als Ezra plötzlich seinen Namen ruf. Wie ein Hund sah Snafu auf – weil sein Trainer mittlerweile im Sattel saß. Goldie sah ein bisschen angespannter aus und trippelte ein paar Schritte zur Seite. Nach ein paar Sekunden schnaufte sie einmal tief durch, dann blieb sie stehen.

      Bis auf das Strohrascheln in den anderen Boxen war es still – nicht einmal Leslie machte eine blöde Bemerkung. Aus dem Augenwinkel sah Snafu, wie sie an die Box von Dark Innuendo, einem Warmblut mit dem sie wahrscheinlich nie etwas zu tun haben würde, trat und versuchte, mit ein paar wilden Handbewegungen die junge Stute herzulocken. Kurz darauf stieg Ezra wieder ab – immerhin musste man es ja nicht gleich übertreiben – und Snafu kramte ein paar Leckerli als Belohnung aus seiner Jeans.

      Ezra klatschte in die Hände; Goldie drehte sich kurz verwirrt zu ihm um, dann widmete sie sich lieber dem Leckerbissen auf Snafus Handfläche. „In ein paar Wochen geht das Training los, schätze ich mal.“
      Snafu zog eine Augenbraue nach oben, wagte es jedoch nicht, dem Trainer zu widersprechen. Viel mehr machte er sich daran, Goldie vor der freien Box anzubinden und die Ausrüstung wieder abzunehmen.

      „Früher oder später steht sie im B-Stall, das ist dir bewusst?“ fragte Ezra, nachdem er dem Treiben für einige Minuten zugeguckt hatte. „Ich mein, das ist ein ganz schönes Stück zu laufen. Das traust du dir zu?“

      Mitten in der Bewegung fror Snafu ein, dann drehte er sich zu seinem Trainer um. Nonchalant lehnte er sich an die Wand zwischen zwei Boxen, die Hände in die Hosentaschen gestopft, aber sein Gesicht schmunzelte verschmitzt.

      Kaum hatte Goldie das Gebiss aus dem Maul gehabt und war von Snafu in die Box geführt worden, hatte sie sich auf das Heu in der Raufe gestürzt. Kurz sah Snafu ihr zu, klopfte ihr noch einmal den Hals und schnappte sich dann den Trainingssattel samt Decke.

      „‘Nen Versuch wärs wert,“ murmelte er und verlagerte den Sattel auf den linken Vorderarm. Dann räusperte er sich. „Wenn sie Rennen laufen soll, dann würde ich mich wirklich freuen, wenn ich ihr Jockey sein darf.“

      Ezra nickte, mehr für sich. Es dauerte kurz, dann kam aus dem Hintergrund ein Prusten. Snafu stellte sich auf die Zehenspitzen, damit er Leslie über die Schulter des Trainers ein schmallippiges Grinsen zeigen konnte – seine Hand hatte kurz gezuckt, aber wer weiß, wie Ezra das auffassen würde. Leslie streckte ihm die Zunge raus.

      Bevor Snafu aber noch etwas tun könnte, was ihm die Chance seines Lebens komplett vermiesen könnte, fuhr Ezra wieder fort, komplett unbeirrt von den Kindeleien, die hinter ihm abgingen. Er sah nur auf die Uhr und fuhr sich dabei durch die dunklen Haare. „Dann sehen wir uns in 24 Stunden.“ Er drehte sich halb um, jetzt an Leslie gewandt. „Das Gleiche gilt für dich.“

      Leslie konnte gerade noch ihren ausgestreckten Mittelfinger in einer mehr oder weniger (und vor allem sehr gewollten, das gab Abzüge in der B-Note) coolen Bewegung hinter ihrem Rücken verschwinden. So viel zum Thema „Ich weiß gar nicht, wieso du solche Angst vor Ezra hast, der ist doch wie ein großer Bruder, vor dem würde ich nichts verstecken!“, liebe Leslie.

      Die andere Hand hob sie als Mock-Salut an die Stirn. „Aye aye, sir.“

      Ezra drehte sich wieder um und rollte die Augen. Gott, dass musste Snafu Leslie so schnell wie möglich unter die Nase reiben. Mit einem Das-bleibt-unter-uns-Blick stieß der Trainer sich schließlich von der Zwischenwand der Außenboxen ab. Als er um die Ecke Richtung A-Stall war, schulterte Snafu die Trense und machte sich in Richtung Sattelkammer los. Leslie, die natürlich nichts trug, schlenderte neben ihm her.

      Wie ein Seitenblick verriet, mit einem selbstgefälligen Grinsen. Typischer Fall von Narzissmus.

      Als sie von ihm nur ein böses Funkeln erntete, lachte sie schallend los und legte freundschaftlich den Arm um seinen Nacken. „Ich glaube, jemand ist verlieeeebt,“ trällerte sie und hörte nicht einmal auf, als Snafu die Sattelkammer wieder hinter sich schloss. Mittlerweile war vor den Außenboxen reger Betrieb; Esthers Enkel führten zusammen mit Sophia Graham, der Tochter der Dressurtrainerin, die Pferde auf die Weide. Bucky, eine kräftige Holsteinerstute, hatte Sophia genommen; die Ponys Cíola und Medeia wurden von den zwei jungen Fitzalan-Mädels geführt. Als sie Leslie singen hörten, drehten sie sich um – Snafu konnte aus der Entfernung zwar den genauen Gesichtsausdruck nicht sehen, aber er würde sein gesamtes Geld darauf verwetten, dass sie blöd guckten. Mit einem Stoß in die Rippen machte er Leslie darauf aufmerksam. Sie winkte den dreien wild zu und jagte den beiden Fohlen, die Bucky und Medeia begleiteten, einen ordentlichen Schrecken ein; das Rappfohlen verkroch sich hinter Bucky, während der Rotfalbe wie erstarrt stehen blieb. Um die Babys nicht noch mehr zu verunsichern, packte Snafu Leslie am Ellenbogen und zog ihren Arm wieder runter.

      Als sie ihn verwirrt ansah, erklärte er: „Du verschreckst die Kinder.“

      „Aber du mit deiner Visage nicht?“
      7.723 Zeichen
    Keine Kommentare zum Anzeigen.
  • Album:
    2 | Tullamore Creek
    Hochgeladen von:
    Rhapsody
    Datum:
    16 Aug. 2016
    Klicks:
    2.666
    Kommentare:
    41

    EXIF Data

    File Size:
    320,4 KB
    Mime Type:
    image/jpeg
    Width:
    960px
    Height:
    640px
     

    Note: EXIF data is stored on valid file types when a photo is uploaded. The photo may have been manipulated since upload (rotated, flipped, cropped etc).

  • [​IMG]

    Medeia
    Medi
    Gestalt aus der griechischen Mythologie


    [​IMG]
    Exterieur & Interieur

    Connemara
    Stute
    12 Jahre

    146cm
    Schimmel (Rappe)

    Auf den weiten Weiden der grünen Insel ist sie aufgewachsen, kannte die Box nur aus den frühen Kindertagen und konnte sich so zu einem robusten, zähen aber doch feinfühligen Pony entwickeln. Ihre Eltern waren beide exzellente Springer, was natürlich an Medeia weitervererbt wurde. Doch anstatt in einem abgezäunten Parcours zu springen, will die kleine Schimmelstute raus in die Welt - oder eben in den Wald. Sie ist unerschrocken und man könnte meinen, sie würde um jeden Preis gewinnen wollen. Sie liebt wahrscheinlich nur die ganze Atmosphäre eines Turniers, aber schon ihr Züchter war fest davon überzeugt, dass Medi den gleichen Ehrgeiz besitzt wie ein menschlicher Athlet bei den olympischen Spielen.
    "Leider" besitzt sie auch den typischen Ponysturkopf. Wenn sie gerade eben nicht geradeaus gehen will, sondern rechts abbiegen, dann lässt sie sich nicht davon abbringen - nun ja, zumindest, wenn jemand Unerfahrenes auf ihr sitzt. Ist sie in den richtigen Händen, kann Medeia ein super Turnierpony werden.


    [​IMG]

    Pedigree

    von: Murdaigean
    v: unbk.
    v. unbk.
    a.d. unbk.


    a.d. unbk.
    v. unbk.
    a.d. unbk.


    aus der: Osla
    v: unbk.
    v. unbk.
    a.d. unbk.


    a.d. unbk.
    v. unbk.
    a.d. unbk.


    [​IMG]

    Training

    Englisch geritten
    Fohlen ABC – Eingeritten

    Dressur
    E A L M*

    Springen
    E A L M* M** S*

    Military

    E A L M*

    Distanz

    E A L M* M**



    Erfolge

    Offiziell

    112. Synchronspringen
    113. Synchronspringen
    347. Springturnier
    117. Synchronspringen
    118. Synchronspringen
    238. Militaryturnier
    333. Galopprennen


    Inoffiziell

    -


    [​IMG]

    Stallintern

    Besitzer: (Rhapsody)
    Ersteller/VKR: Elii


    [​IMG]

    Zucht

    [​IMG]
    SK 444 - Stuten ohne Abstammung


    aa Ee Gg
    Leihmutterschaft: 109.-
    Aus der Zucht: privat (County Tipperary, IRL)
    Nachkommen:

    Mánas (v. Moon's Wishing Well)


    [​IMG]

    Gesundheit

    372 4 88 451849176
    Erkrankungen: -
    Letzter Tierarztbesuch:
    12.02.17, Klinik Caen


    Fehlstellungen: -
    Beschlag: Barhuf
    Letzter Hufschmiedbesuch:
    16.10.16, Hufschmiede Pine Grove Stud


    [​IMG]

    Spind – Offiziell