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Wolfszeit

Lifesaver [1] *

a.d. Harvey, v. Kirin; GBS registriert; Schwerpunkt: Springen & Dressur

Lifesaver [1] *
Wolfszeit, 2 Nov. 2019
Nox, Eddi, Bracelet und 2 anderen gefällt das.
    • Wolfszeit
      Nationalteam VIII | 28. März 2021
      Maskotka//Elvish Beauty// Nathalie//Walking On Sunshine//Lifesaver// Don Carlo// Elf Dancer// Injaki// Carry On My Wayward Son// Blue Heart
      Satz des Pythagoras // HMJ Holy// Glymur // Northumbria


      Lina
      “Ob sie damit wohl ihr Kind meinte”, scherzte Samu, als ihm ihn erzählte, was Luchy gesagt hatte.
      “Sei nicht so fies”, antworte ich und wollte ihn gerade boxen, als jemand meine Hand festhielt.
      “Na, wollen wir doch schön freundlich bleiben”, hörte ich Alec Stimme belustigt sagen.
      “Alec, was machst du denn noch hier? Ich dachte, du seist schon nach Hause gefahren?”, fragte ich ein wenig erstaunt.
      “Na ich habe gehört hier gibt es heute leckeres Abendessen”, sagte er und setzte sich einfach zwischen mich und Samu. “Außerdem wollte ich deinen Kerl mal von nahem sehen”, flüsterte er mich noch feixend zu, wofür er einen knuff kassierte.
      “Übrigen herzlichen Glückwunsch, dein Post von eben geht jetzt schon durch die Decke, du scheinst inzwischen einen ganz schön großen Divine-Fanclub zu haben”, fügte er noch hinzu, während er sich etwas zu essen nahm. Etwas verwundert sah ich nun auf mein Handy. Tatsächlich Alec hatte recht, der Post, den ich vor ca. 20 Minuten hochgeladen hatte, hatte jetzt schon über 100 Likes.
      “Oh toll, die Fleischfresser übernehmen wieder den Grill”, kam Vriska leicht verärgert an und schien beim Buffet nichts gefunden zu haben. Dann setzte sie sich mit zu uns.
      “Wow, Vriska ich habe jetzt schon 100 Likes auf meinen Post”, sagte ich, ohne ihr Gemecker zu beachten und hielt ihr mein Handy vor die Nase. Darauf zusehen, war der Instagram mit einem kleinen Video was ich vorhin in der Halle aufgenommen hatte.
      “Herzlichen Glückwunsch”, sagte sie vorsichtig und schien etwas auf der Seele zu haben. “Also hast du es noch nicht mitbekommen?”, fügte Vriska hinzu. Währenddessen scrollte sie auf meinem Handy die Gallery weiter.
      “Was soll ich mitbekommen haben?”, fragte ich Vriska nun etwas verwirrt.
      “Das Makeover wurde plötzlich kommentarlos beendet. Hedda hat mich vorhin weinend angerufen, weil sie einen Brief bekommen hat, dass das Programm zu Ende ist und sie das Pferd behalten darf. Folke war dann schockiert und schlecht gelaunt. Sie hatte dann Angst, dass Holy wegmuss. Tyrell hat kein Problem damit, dass Holy bleibt, aber sie muss jetzt irgendwie am Hof eingebunden werden.”, erzählte sie.
      “Das ist ja Schade”, kommentierte ich Vriskas Nachricht.
      “Habt ihr mal überlegt Holy das Kutschefahren beizubringen. Vielleicht könnte man dann Kutschfahrten über den Hof oder so anbieten”, schlug ich dann vor.
      “Tatsächlich hat Folke das bereits geplant. Er macht das Training mit den Trabern und deswegen war Fahren eh ein wichtiger Punkt. Tyrell will ab der nächsten Saison auch Rundfahrten machen, also ich weiß auch nicht. Ich bin leider nicht da, um sie zu unterstützen.”, antwortete Vriska traurig. Man merkte ihr an, dass sie nicht mehr hier sein möchte.
      “So lange bist du doch nicht mehr hier. 5 Tage sind schnell rum als du denkst. Dann kannst du wieder alles volle unterstützen”, starte ich einen Versuch sie aufzuheitern.
      “Ja, das hast du recht. Aber ich habe Angst, dass ich Glymur wieder abgegeben wird. Tyrell kann da ziemlich Gefühlslos werden.”, sprach sie leise.
      “Ich glaube nicht, dass du Glymi wieder abgeben musst, immerhin hast du in 6 Monaten eine neue Chance ins Team zu kommen und ohne Pferd ist schließlich äußert schwierig”, sagte ich zuversichtlich zu Vriska. Leider konnte ich absolut nicht Einschätzen, ob meine Aussage tröstlich war, schließlich kannte ich Tyrell nicht und konnte somit auch seine Reaktion nicht einschätzen.
      “Mal sehen, ob ich überhaupt dann noch mal darf. Das ist nämlich davon abhängig, wie sehr ich am Hof gebraucht werde. Solang ich keine schwedische Staatsbürgerschaft habe, bin ich davon abhängig einen Arbeitsvertrag zu haben, sonst muss ich zurück nach England.”, spricht sie weiter.
      “Sie doch nicht immer alle so negativ, ich glaube kaum, dass du direkt vom Hof geworfen wirst. Aus welchem Grund denn”, versuchte ich zu argumentieren.
      “Das weiß man nicht. Du wirst ihn noch kennenlernen. Nimm es dann nicht persönlich”, erläuterte Vriska, stand auf und ging. Sie sagte nichts mehr und auch Ju guckte ihr etwas traurig nach.
      “Das war nicht besonders hilfreich, Lina”, merkte Samu an.
      “Ach, was du nicht sagst”, maulte ich ihn an. “Was hätte ich den bitte machen sollen? Ihr zustimmen wäre wohl kaum besser gewesen”.
      “Hat jemand ne Ahnung, was mit ihr schon wieder stimmt?”, rief Niklas in die Runde und versuchte lustig zu sein.
      “Ich denke, das geht dich nichts an”, mischte sich nun Ju auch noch ein.
      “Wenn ihr zwei euch jetzt streitet, ist ihr auch nicht geholfen. Lasst sie einfach in Ruhe oder redet selbst mit ihr, aber das ist kein Thema, was in der Öffentlichkeit diskutiert werden sollte”, warf ich genervt ein. Das hier nicht einmal einen Abend alle gut laufen konnte.
      “Na dann stell doch mal den netten Herren zwischen dir und Samu vor”, stichelte Niklas weiter.
      “Keine Sorge Niklas, er ist keine Konkurrenz für dich. Alec ist vom andern Ufer”, antworte ich. Ich wollte weiterreden, doch Alec unterbrach mich.
      “Vielen Dank Lina, aber ich kann selbst sprechen. Wie sie schon sagte, ich bin Alec. Ich leite einen Ableger des Hofes hier in der Nähe.”, stellte er sich freundlich vor.
      “Hallo Alec, schön dich kennenzulernen. Und Lina, vielleicht ist er ja eher Konkurrenz für dich.”, machte Niklas weiter aber setzte direkt fort: “Und was machst du so da?”
      “Blödmann”, knurrte ich leise, während Alec begann zu reden.
      “Na, das was man auf einem Pferdehof so macht. Unser Schwerpunkt liegt auf dem Vorstellen der Vollblüter auf Turnieren. Diese sollen dann hier zu Veredlung der Warmblüter dienen. Aber ich habe z.B. auch den Hof im Makeover 2019 vertreten”, erzählte Alec von seiner Arbeit.
      “Das klingt interessant. Wenn du Lust hast, kannst du sicher auch die Tage noch bei einem Training mit machen. Anders ist ein richtig guter Trainer.”, antwortete Niklas interessiert.
      “Da hat er recht, ich habe schon richtig viel gelernt”, stimmte ich Niklas Aussage zu.
      “Na, wenn das so ist, werde ich mir dein Angebot gerne überlegen”, antworte Alec freundlich.
      “Super, sag dann Bescheid. Ich regle das. Herr Holm hat noch was offen bei mir”, grinste er schelmisch und stand auf.
      “Was offen?”, fragte Samu neugierig.
      “Wo willst du denn auf einmal hin, sind wir dir zu langweilig?”, fügte ich noch zu Samus Frage hinzu.
      “Man kann zwar alles Essen, aber nicht alles Wissen. Und nein, aber ich habe noch Aufgaben zu erledigen, damit ich in wenigen Jahren den Sportrichterschein habe”, rief er uns zu und wedelte wild mit den Armen herum.
      “Liegt es an mir oder sind heute einfach alle übermotiviert zum Lernen?”, fragte ich Ju, der bisher noch nicht geflüchtet war.
      “Übermotiviert nur bedingt, eher das es langsam notwendig ist. In 2 Monaten haben wir alle
      Prüfungen. Niklas und ich haben dann die drei theoretischen Prüfungen vom Trainer C und Vriska macht ja gerade ihren Pferdewirt.”, erklärte er mir.
      “Ah, ok. Dan lass mich raten du verschwindest auch gleich?”. Natürlich war das ein vernünftiger Grund, dennoch wunderte es mich das sie erst jetzt anfingen zu lernen. Gleichzeitig fiel mir bei dem Thema dann auch wieder ein, dass ich so langsam auch mal überlegen müsste, wie es für mich beruflich weitergehen sollte. Seit meinem Abitur hatte ich mir nicht Gedanken darüber gemacht, weil ich damals einfach nur weg von Zuhause wollte und hier mitten im Nirgendwo hatte es niemanden wirklich interessiert, welchen Akademischen weg man bereits bestritten hatte. Hier hatte bisher nur das können gezählt.
      “Nö, ich bleib ihr. Ich habe den halben Tag schon gelernt und es muss auch mal gut sein.”, erwiderte er und nahm sich noch etwas zum Essen.
      “Wenigstens einer hier, der Versteht wie man Pause macht”, kommentierte Alec das ganze.
      “Niklas hat es gar nicht nötig zu lernen, der kann das alles schon auswendig. Trotzdem sitzt er sicher drei bis vier Stunden am Tag bis zur Prüfung, einfach damit er sicher sein kann, es zu schaffen. Als Bester.”, erklärte Ju weiter.
      “Ist ja klar, dass er der beste sein muss”, sagte ich schmunzelnd. Das war mir bereits am ersten Tag aufgefallen, das durchschnitt nichts für Niklas war. In der Schule war ich ähnlich gewesen. Allerdings hatte ich am liebsten allein gelernt, denn Bücher machen wenigstens keine dummen Kommentare so wie Mitschüler.
      „Allerdings ist er trotzdem Anspruchslos, also wenn ich nicht lernen würde, würde er mir keinen Vorwurf machen. Er macht das für sich, um sich selbst was zu beweisen“, sprach er weiter.
      “Das kommt mir nur zu bekannt vor”, sagte Samu und sah mich dabei grinsend an.
      “Was meinst du etwas mich?”, fragte ich unschuldig, natürlich wusste ich genau was er meinte.
      “Ja, genau dich meine ich, du Streber. Ich erinnere mich an Zeiten, da hast du mich sogar nach meinen Lehrbüchern gefragt, um schon mal den Stoff für die nächste Klassenstufe zu lernen”, erzählte er.
      „Da haben sich ja zwei gefunden. Nicht das ich
      jetzt aufpassen muss, dass ihr euch zu Tode lernt. Niklas vergisst schnell den Rest seines Lebens wie Essen oder trinken“, schmunzelt Ju.
      “Keine Sorge, ich habe bereits festgestellt, dass man sich leider nicht von Wissen ernähren kann. Nahrung zählt zu meinen Grundbedürfnissen”, beruhigte ich ihn. Eher würde ich vergessen zu schlafen, als dass ich das Essen vergessen würde.
      „Freut mich zu hören. Ich vermute aber, dass du nicht dein Leben lang den Dreck auf Höfen weg machen willst, oder?“, erkundigt Ju sich.
      “Nein, das ist eher nicht der Plan, wobei ich gerne bei der Arbeit mit Pferden bleiben würde. Aber so genau habe ich, das noch nicht überlegt, was ich machen möchte”, erklärte ich.
      „Wenn du in Schweden bist, kannst du einen Termin an der Schule machen, auf der Vriska ist. Die machen Beratungen und helfen dabei, was man machen könnte. Kostenlos.“, schlug er vor.
      “Das klingt nach einer guten Idee”, stimmte ich ihm zu.
      „Vielleicht sollte ich jetzt doch mal gucken gehen. Ich komme aber wieder, keine Sorge“, sagte Ju zu mir, eh er aufstand und verschwand.
      “Und da waren nur noch drei”, kommentierte ich.
      “Ach komm schon, ist doch auch nett”, sagte Samu.
      “Erzähl mal Lina, wie läuft es eigentlich mit den beiden Ponyfohlen, sind die beiden immer noch so frech?”, frage Alec nun. “Oh ja, und vor ein paar Tagen haben sie dank Baroness ein wenig Chaos auf den Reitplatz angerichtet”, sagte ich und begann davon zu erzählen.

      Juha
      Ich wusste nicht, was mich nun erwarten würde, doch ein übermüdeter Niklas lag schon ziemlich nach. So betrat ich langsam das Zimmer und sah ihn wirklich umringt mit Blättern und dem Pad am Tisch sitzend.
      “Brauchst du noch Bücher?”, scherzte ich. Hektisch nickte Niklas und schien die zwischenmenschliche Ebene verlassen zu haben. Da war wieder der Kerl, den ich aus der Schule kannte.
      “Also keine Bücher?”, fragte er etwas traurig und versuchte mich aus dem Zimmer zu schicken. Freundlich stellte ich ihm eine Flasche Wasser hin und wollte gerade noch das Zimmer verlassen.
      “Warte”, sagte Niklas und ich drehte mich um.
      “Ich werde gleich noch mit Vriska lernen. Sie kommt mit den Trainingsansätzen nicht klar.”, erklärte er mir.
      “Aber reiß dich zusammen”, fügte ich hin zu, eh ich wieder zurück zum Feuer ging.
      Lina, Alec und Sam saßen noch immer da und unterhielten sich über den Ausbruch der Ponys.
      “Wie versprochen. Wieder da! Ich musste dem Kerl nur vor dem Dehydrieren retten.”, scherzte ich und setzte mich wieder.
      “Sehr vorbildlich von dir”, lobte Lina mich.
      “Habt ihr morgen schon was geplant? Herr Holm hat nichts gesagt heute, ich weiß gar nicht wie es morgen weiter geht.”, sagte ich in die Runde.
      “Wir haben nichts Konkretes vor”, antwortete Samu.
      “Was würdet ihr denn von einem schönen langen Ausritt halten?”, schlug Alec vor.
      “Find ich gut, kamst du dann extra noch mal vorbei morgen?”, fragte sie bei Alec nach.
      “Theoretisch kannst du auch hierbleiben, das Gästezimmer ist frei”, merkte Samu an.
      “Mmm, bevor ich da entscheiden muss ich mit den anderen klären, ob sie es auch so packen. So ein Hof schmeißt sich nicht von allein”, erklärte Alec und verschwand, um zu telefonieren.

      Alec
      Bevor ich Magnus anrufen würde, wollte ich noch einmal nach Jace sehen. Vorhin hatte er mich einfach irgendwann rausgeschmissen. Das Ganze ging ihm näher, als ich gedacht hatte. So niedergeschlagen hatte ich ihn noch nie erlebt.
      “Du vergisst aber nicht, dass sich die Welt nach weiterdreht”, sagte ich, während ich sein Zimmer betrat. Jace lag auf seinem Bett und starrte an die Decke.
      “Das überlege ich mir noch, ob die Welt sich noch dreht”, sagte er traurig und starrte weiter an die Decke.
      “Na gut, meinetwegen bleib hier und starre weiter Löcher in die Decke. Ich bin unten, wenn du mich suchst und ich werde wohl besser auch hierbleiben”, teilte ich ihm mit. Da ich keine weitere Reaktion von ihm kam, verließ ich das Zimmer wieder. Jace war einfach nicht zu helfen, wenn er nicht wollte, diese Erfahrungen hatte ich bereits gemacht. Besser sollte ich hierbleiben, nicht das Jace noch irgendetwas Dummes tut, dazu tendiert er leider in jeder emotionalen Verfassung. Also rief ich Magnus an.
      “Hey Babe, meinst du ihr kommt morgen allein zu Recht, Jace braucht mich”, erklärte ich ihm.
      “Klar, wir packen das schon. Mach dir keine Sorgen um uns Alexander”, antwortete er.
      “Super, ich denke auch ich bin morgen Abend wieder da”, damit beendete ich das Gespräch und Gesellte mich wieder zu den anderen.
      “Das war aber ein langes Telefongespräch”, bemerkte Lina.
      “Nein eigentlich nicht, aber ich habe noch mal geschaut ob Jace noch atmet”, antwortete ich ihr.
      “Und was ergab sich? Atmet er noch?”, fragte Ju nach.
      “Jap., atmet eindeutig noch”, bestätigte ich.

      Niklas
      “Also was für Trainingsansätze sind denn das Problem”, fragte ich Vriska, die verzweifelt am Tisch saß.
      “Trab Tölt”, antwortete sie kurz gebunden. Genervt rollte ich mit den Augen und zog ihr die Dokumente unter der Nase weg. “Ey”, regt sie sich auf.
      “Ich habe keine Ahnung von eurem Viertakt, also lass mich doch kurz mal lesen. Sonst erzähle ich dir gleich was zum Training in der Passage oder Zick-Zack-Traversalen.”, schlug ich ihr vor. Einsichtig schob sie mir alles zu und ich las mich in die Materie ein.
      “Also was ich erst mal lese, kommt der Trab Tölt durch eine schwache Hinterhand. Sprich alles was getan werden sollte, muss mit der Förderung der Kraft in der Hinterhand zu tun haben. Aus der Logik eines jeden Pferdes braucht es eine gleichmäßige Anlehnung und gedehnten starken Rücken. Dabei helfen normale Dressurübungen.”, erzählte ich ihr. Sie nahm mir wieder alles ab und las erneut.
      Wie oft ich ihr das noch erklären sollte, konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. „Können wir jetzt weiter machen, oder willst du noch Stunden über den Dokumenten hängen und hoffen, dass plötzlich alles in deinem Hirn ist?“, meckerte ich Vriska an, die sich seit Minuten nur mit dieser einer gleichen Seite beschäftigte. Sie sagte nichts. Genervt zog ich mein Handy aus der Tasche und scrollte durch eine WhatsApp Gruppe vom Verein. Überraschenderweise waren noch mehr Leute wach, als ich dachte. Vor einigen Minuten präsentierte Chris wieder mal Bilder einer Dame, die auf ihm Stockholm wartete. Je mehr ich die Bilder betrachtete, musste ich mir eingestehen, dass mein Verlangen zurzeit Teile meiner kognitiven Fähigkeiten ersetzte. Lina wollte sich noch Zeit lassen und gucken, wie es sich weiter mit uns entwickelt. Doch ich bin ein Mann und habe Bedürfnisse.
      „So ein letztes Mal, dann kannst du gehen“, sagte Vriska und legte das Pad in die Mitte des Tisches. Statt die Bilder durch zu swipen, die wir die ganze Zeit besprachen, wählte ich welche mit einer Paßverschiebung aus. In ihrem Gesicht machte sich Verzweiflung breit, hinterfrage dies jedoch nicht weiter. Stattdessen konnte sie mir genau erklären, welche Ursachen die Verschiebung hat, dass man auf keinen Fall Hufglocken oder ähnliche Gewichte anlegen sollte, da das Problem von einem steifen Rücken kommt. Die Folge davon wird eine Unbeweglichkeit sein, die dafür sorgt, dass es zu stark auf die Vorderhand kippt.
      „Vielleicht bist du doch gar nicht so dämlich, wie ich dachte“, provozierte ich etwas und spürte die Zeichen, die wir einander zu warfen. Sie hatte die letzten Tage viel gelernt und die Zeit zusammen schien noch ganz andere Dinge zu erwecken. Eh ich etwas dagegen tun konnte, setzte sie sich auf meinen Schoß und küsste sanft meinen Hals. Kurz dachte ich darüber nach, was nun passieren würde, doch lehnte diese Gelegenheit nicht. Entspannt stützte ich meinen Rücken hinten an der Lehne des Stuhls ab und legte meine Hände an ihren Po, der jedoch durch ihre zu große Jogginghose verdeckt wurde. Ungebremst steckte ich einer meiner Hände in ihre Hose. Sie trug nur wenig Stoff darunter, was mein Blut immer mehr in Wallung brachte. Für ihre Unwissenheit wusste Vriska jedoch ziemlich gut, was sie da tat. Provokant griff ich immer stärker in ihre Backen, worauf sie ungezügelter reagierte. Draußen war es bereits dunkel und ich konnte nicht riskieren mit ihr so gesehen zu werden. So schaltete ich das Licht aus und trug sie zum Bett. Eine kleine Nachttischlampe schaltete sie ein und ich schloss die Tür hinter mir. Durch das einzige Fenster im Raum war es nicht möglich hereinzuschauen, auch die Milchfolie verhinderte dies. Eh ich selbstständig mein Shirt über den Kopf ziehen konnte, übernahm sie das Ganze. Doch ich konnte es nicht zulassen, dass Vriska die treibende Kraft sein würde. So drückte ich bestimmend weiter nach hinten ins Bett, legte eine Hand an ihrem Hals worauf hin sie genießend die Augen schloss. Meine andere steckte ich in ihre Hose, was ihr zu gefallen schien. An ihrer Bauchmuskulatur spürte ich ein Zucken und nahm Hände wieder weg. Bevor ich mich meiner Hose entledigte, zog ich ihr ihre aus. Leicht verängstigt zog sie ihre Beine nach oben und dann sah ich, was sie versuchte zu verstecken. Gezeichnet von einem Krieg gegen sich selbst, schämte Vriska sich für ihre Narben. Unkommentiert zog ich Beine wieder zu mir und küsste die Innenseite. Langsam arbeitete ich mich über ihren Bauch nach oben zu ihrem Hals. Für einen Moment schauten wir uns tief in die Augen. Ohne weiter darüber nachzudenken, küsste ich sie auf den Mund und zog mich nah an sie heran.
      “Denkst du, das ist richtig?”, wendete ich ein und flüsterte ihr ins Ohr.
      “Ich will gerade nichts anderes”, antwortete Vriska und küsste meinen Hals wieder. Doch ich stütze mich mit meinen Armen etwas weiter von ihr entfernt ab, um sie besser angucken zu können. Vorsichtig drückt sie sich etwas nach aufrechter nach oben.
      “Ich möchte nur sicher gehen … w-weil das mit Ju wirkte, so ernst”, erklärte ich dann.
      „Willst du nicht? Dann kannst du auch gehen. E-Es tut mir leid“, antworte sie beschämt und wollte sich die Decke hochziehen, auf der wir lagen. Ich sagte nichts, zog ihr Shirt aus und drückte sie ins Kissen. Da es ihr erstes Mal war, ging ich so behutsam vor, wie es mir nur möglich war. Immer wieder bettelte sie nach mehr und konnte nicht genug von mir kriegen.
      Um nicht noch mehr Aufmerksamkeit zu erregen, stellte ich mich unter die Dusche. Das Wasser prasselte an mir herunter. Ich konnte förmlich spüren, wie meine Anspannung von mir floss. Als ich die Tür öffnete, rief Vriska noch aus dem Schlafzimmer: „Sehen wir uns nachher wieder zum Lernen oder Lernen?“ Dabei betonte sie das zweite Lernen deutlicher und es war eindeutig was sie meinte. Natürlich überlegte ich, dass Ganze zu wiederholen, doch fürs Erste war meine Lust gestillt. So antwortete ich mit einem normalen lernen und verließ den Raum. Am Feuer saßen noch immer die anderen, so entschied ich mir noch ein Bier zu nehmen, eh ich mich zu Ju setzte.

      Lina
      “Na, genug wissen angehäuft”, begrüßte ich Niklas der gerade wieder zu uns gekommen war.
      “Natürlich, in der Theorie kann ich nun perfekt Tölt reiten und sogar Fehler korrigieren. Vielleicht sollte ich das mit Smoothie morgen mal machen, schließlich ist Vriska sie vor ein paar Tagen bereits einige Schritte getöltet. Nur, weil sie keine hohen Lektionen mehr laufen sollte, kann sie ruhig noch neues Lernen”, erzählte er triumphierend und nahm einen kräftigen Schluck aus seiner Flasche.
      “Ich bin mir ziemlich sicher, sie kann auch so noch, dass ein oder andere lernen, schließlich ist sie ja nicht doof”, sagte ich lächelnd. Ich bin mir ziemlich sicher das Smooth zwar top erzogen ist, aber das ist sicherlich noch Potenzial für den ein oder anderen kleinen Trick. Ich schätzte Niklas nicht gerade als den Typ ein, der seinem Pferd kleine Spielereien beibrachte.
      “Nein, bis auf weitere Gänge kann sie alles. Sonst wären wir nie so weit gekommen”, prallte er ein wenig.
      “Ich meine auch weniger Sache, die sie unter dem Sattel lernen kann. Ich meine eher kleine Tricks, nicht nötig, aber gut fürs Köpfchen”, erklärte ich Niklas.
      “Was denkst du denn bitte? Das meine Pferde reine Sportgeräte sind? Smooth kann alles, wirklich alles. Ich würde es dir jetzt präsentieren, aber es ist schon ziemlich dunkel und vor allem auch spät”, antwortete Niklas und zog aus seiner Hosentasche die Packung Zigaretten, die er am Flughafen gekauft hatte. Er bot welche in der Gruppe an, aber lehnten höflich ab.
      “Nein, natürlich sind deine Pferde keine Sportgeräte, aber mir wird hier immer vorgehalten, dass das Mädchenkram sei”, sagte ich.
      Prüfend warf er einen Blick in seine Hose. “Nog … Nej. Ich denke, dass das auch Männerkram sein wird. Oder Ausnahmen bestätigen die Regel. Smooth kann sogar eine Kapriole als den höchstmöglichen und vollkommenen aller Sprünge. Mein Opa war immer der Meinung, dass das Pferd erst am Boden vollständig versammelt werden muss, eh Übungen im Sattel abgerufen werden können.”, klärte er uns alle auf.
      “Beeindruckend. Ich denke auch, dass die Bodenarbeit heutzutage sehr unterschätzt wird.”, stimmte ich zu.
      “Ich denke, wir sollten alle langsam ins Bett. Es ist gleich 2 Uhr”, merkte Ju an, während alle anderen bereits die Augen zu fielen.
      “Oh, schon so spät. Ja, dann sollten wir wirklich langsam ins Bett gehen”. Tatsächlich fiel mir erst jetzt auf wie müde ich eigentlich schon war. Müde stand ich von meinem Stuhl auf und streckte mich ausgiebig. Meine Knie waren steif vom Langen herumsitzen. Alec und Samu waren bereits vorgelaufen.
      “Gute Nacht”, murmelte ich mehr als, dass ich es aussprach und setzte mich auch in Bewegung. Mühsam folgte ich den beiden, denn meine Beine trugen mich nur noch mit Mühe ins Haus. In meinem Zimmer angekommen, tauschte ich noch schnell meine Klamotten gegen mein übergroßes Schlafshirt und ließ mich ins Bett fallen.

      Vriska
      Der Trubel draußen verstummte. Einerseits hätte ich mich noch dazugesetzt, andererseits wäre ich sicher nicht in der Lage gewesen mich normal zu verhalten. Vor allem, weil mein ganzer Körper schmerzte, auch am nächsten Morgen. Im Bett waren noch Spuren von gestern zu erkennen. Das dunkle Handtuch von mir konnte das nötigste aufhalten, doch einige Blutflecken übersäten die Bettdecke und das Bettlaken ebenfalls. Im Schrank fand ich keine neuen Bezüge. Nach einer Dusche waren die Schmerzen besser, aber ich war noch weit weg von einem normalen Gang. Im Saal, in dem wir die letzten Tage frühstückten, sah ich niemanden. Einige Stimmen vernahm ich von draußen. Heute saßen wir wohl wieder auf den Bänken auf der Wiese. Die Pfützen waren getrocknet und durch die Sonne strahlte eine angenehme Wärme aus. Der Tau auf den Gräsern ließ das Licht glitzern und genauso fühlte ich mich. Eine Energie floss durch meinen Körper, die nur schwer beschreiben konnte. Irgendwie war ich glücklich. Ju saß allein mit Samu am Tisch also schrieb ich Lina eine Nachricht, bevor ich mich dazu gesellte. “Guten Mooooorgen. Ich habe ein Problem, ein Mädchen Problem. Kannst du mir später einen neuen Bettdeckenbezug und ein neues Bettlaken geben? Bis gleich.”, tippte ich auf den Bildschirm meines Handys ein und drückte auf Senden. Mein verändertes Gangbild wurde natürlich direkt gemerkt.
      “Na, was den mit dir passiert?”, scherzte Ju. Wusste er es? Konnte Niklas seine Schnauze nicht halten? Aber würde er dann nicht anders reagieren?
      “Ich hatte in der Nacht einen Krampf und seitdem tut es immer noch weh”, erklärte ich nach einem Moment und setzte mich dazu.

      Niklas
      Bedenklich betrachtete ich die Spuren an meinem Rücken, die Vriska hinterlassen hatte. Am Feuer war es gestern Abend zu dunkel, um das jemand etwas mitbekommen haben könnte, doch jetzt bei Tageslicht waren die Kratzer wirklich stark zu sehen. Aus meiner Tasche holte ich das Teamshirt, dass in der ganzen Zeit nur einmal trug. Ju war schon vorgegangen zum Frühstück, sodass ich mich in Ruhe fertig machen konnte, ohne mich erklären zu müssen. Die Unordnung hatte sich wieder breitgemacht und begann in der kurzen Zeit etwas mehr Ordnung hereinzubringen. Den Tisch konnte man wieder als diesen erkennen, dass ich beruhigt zum Frühstück gehen konnte. Ju und Vriska saßen bereits da und unterhielten sich. Samu wirkte etwas abwesend und aß sein Essen.

      Lina
      Mit einem laute surren weckte mich mein Handy, welches noch zusammen mit meinen Klamotten von gestern auf dem Boden lag. Ein Blick auf meine Wecker verriet mir, dass ich wieder einmal verschlafen hatte. Die halbe Nacht wach zu bleiben war definitiv keine gute Angewohnheit, die sich hier einschlich, seit die Besucher auf dem Hof sind. Ich war zwar noch Ultra müde, aber wenn ich den Tag nicht schon wieder ohne Frühstück starten wollte, musste ich wohl jetzt aufstehen. Also rollte ich mich aus dem Bett und sammelt als Erstes mein Handy vom Boden auf. Ein Blick auf den Bildschirm verriet mir das Vriska mir geschrieben hatte.
      "Morgen. Regeln wir nach dem Frühstück" antwortete ich ihr knapp. Ein Blick in den Spiegel verriet mir, dass ich genauso aussah, wie ich mich fühlte. Da ich mir gestern nicht die Mühe gemacht hatte, mich abzuschminken, bevor ich ins Bett fiel, sah ich aus wie ein Panda auf Drogen. Um erstmal wach zu werden und wieder auszusehen wie ein Mensch, beschloss ich erst einmal unter die Dusche zu schlüpfen. Die Klamotten von gestern sammelte ich vom Boden und warf sie auf dem Weg in den Wäschekorb.
      20 Minuten später fühlte ich mich wieder wie ein Mensch und sah zum Glück auch wieder so aus. Da ich bereit genug Zeit vertrödelt hatte und es draußen eh warm genug war, übersprang ich einfach die Haare föhnen. Ich keine Ahnung was heute an Programm anstand, beschloss ich lieber gleich Reitklamotten anzuziehen. So griff ich zu einer schwarzen Reitleggins und einem Shirt.
      Als ich aus der Haustür trat, stellte ich fest das heute erstaunlich schönes Wetter war. Die Sonne schien an einem nahezu strahlend blauen Himmel. Scheinbar hatte nicht nur ich das schöne Wetter bemerkt, denn anhand der Stimmen stellte ich fest, dass heute scheinbar wieder draußen gefrühstückt wird.
      Wie ich es bereits erwartet hatte, war ich die letzte die auftauchte, nein nicht ganz Jace war auch nicht da und Alec sah so, als würde er gerade ein Frühstück für seine Kumpel fertig machen, um es ihm zu bringen.
      „Morgen“ begrüßte ich alle die schon am Tisch saßen.
      “Guten Morgen, ich würde fragen, ob du gut geschlafen hast, aber deine Körperhaltung sagt alles aus”, entgegnete Ju und biss vom Brötchen ab. Ich hätte jetzt gerne einen blöden Kommentar gemacht, doch im Gegensatz zu mir, sah er ziemlich wach aus.
      Also beließ ich es dabei und holte mir lieber erst einmal etwas zu essen. Meine Wahl fiel auf ein Brötchen mit Frischkäse und einen Obstsalat. Mit meinem Essen begab ich mich zurück zu den anderen und setzte mich hinzu.
      “Hat einer von euch schon die Trainer gesehen?”, fragte Ju dann.
      “Nein, aber ist schon komisch. Vielleicht sollte ich mal gucken gehen”, wand Niklas ein und stand auf.
      “Was denkt ihr, ist los? Wer am nächsten dran ist, hat einen Wunsch frei”, scherzte Vriska.
      “Wer weiß, vielleicht hatten die auch eine lange Nacht”, scherzte ich und erntete dafür gleich einen tadelten Blick von Samu.
      “Was denn sind auch nur Menschen”, sagte ich trotzig zu Samu.
      “Wir werden es sicher gleich erfahren”, kam es von Ju wenig später und zeigte auf Niklas, der auf dem Weg zu uns war.
      “Den beiden geht es nicht so gut, vermutlich ein Sonnenstich. Wir sollen heute an unserer Kür arbeiten. Bei Fragen sollen wir anrufen.”, erklärte er und setzte sich wieder. Auf seinem Handy tippte Niklas etwas und steckte es wieder weg.
      “Kling als würde das heute ein entspannter Tag werden”, stellte ich fest und begann meinen Obstsalat zu essen.
      “Deiner vielleicht Prinzessin. Ich muss zwei Pferde arbeiten, die beide nicht für eine gute Kür bereit sind.”, stichelte Niklas.
      “Du glaubst aber auch, dass ich hier zum Spaß bin, oder? Ich habe auch zu arbeiten. Nathalie und Masko werden sich wohl nicht von selbst bewegen”, protestierte ich. Gerade Masko wird eine Herausforderung werden, die Stute ist nicht besonders gut gelaunt, wenn man sie ein paar Tage nicht vernünftig arbeitet.
      “Dann wünsche ich dir viel Erfolg dabei”, grinste er mich an und verließ den Tisch. Ju folgte ihm.
      “Und du willst immer noch nach Schweden?”, flüsterte mir Samu unschuldig zu.
      “Ja”, motzte ich ihn an.
      “Vielleicht sollte ich einfach zu meinen Pferden gehen, die sind wenigstens still”, fügte ich noch hinzu und begann mein Brötchen zu essen, denn ohne Frühstück wollte ich dann doch nicht reiten.

      Niklas
      Mit dem Halfter bewaffnet, lief ich nach draußen, um meine Stute zu holen, die fröhlich auf der Weide graste. Als ich Smoothie rief, spitze sie die Ohren und kam freundlich zu mir. “Na meine Hübsche”; begrüßte ich sie, legte das Halfter um ihren Kopf und erzählte ihr leise von der vergangenen Nacht. Ich hoffte darauf, dass sie mir eine Antwort geben würde, wie es nun weiter gehen könnte. Doch sie sagte nichts. Natürlich. Was habe ich auch erwartet? Am Tisch fiel es mir schwer den Augenkontakt zu Vriska zu suchen, denn sie wirkte so glücklich. In mir machten sich jedoch einige Schuldgefühle breit. Sowas kannte ich vorher nicht. Das Bedürfnis mich bei Ju zu entschuldigen, kam auch immer wieder auf oder mit jemanden zu sprechen. Doch jeden denn davon erzählen würde, würde es schlecht machen. Aber es war gar nicht schlecht, ganz im Gegenteil. Am Hof sah ich sie dann, wie sie ihren Hengst fertig machte. Da aber Smoothie genauso viel Lust hatte wie ich in der Nacht, würde das nicht gut enden. Wortlos lief ich an den Beiden vorbei und band meine Stute vor dem Stall an. Ich holte den Putzkasten und reinigte ihr Fell ausgiebig. Dabei stellte ich fest, dass ihre Hüfte leicht nach rechts kippte, obwohl sie geschlossen stand.
      “Wieder zu viel getoppt auf der Weide?”, fragte ich sie.
      “Nö, heute nicht”, hörte ich Vriska aus dem Stall antworten.
      “Fan, jag menade min hästen (Man, ich meinte mein Pferd.)”, antwortete ich etwas genervt und wand mich wieder meiner Stute zu. Doch provokant stellte sie sich an das Tor des Stalls, das einige Meter links von mir war.
      “Något annat? (Noch was?)”, drehte ich mich zu ihr und zog die Brauen hoch.
      “Nein.”, antwortete sie und verschwand wieder. Smoothie schien genauso viele Fragezeichen im Kopf zu haben. Bevor ich mit ihr arbeiten werden, musste die Kruppe wieder gerichtet werden. Vorsichtig stellte ich mich hinter das Pferd, legte die Zeigefinger neben den ersten Kreuzbeinwirbel und drückte in die Haut. Langsam zog ich sie entlang der Wirbel bis zur Schweifrübe. Ich merkte wie ihre Muskulatur darauf reagierte. Einige Male wiederholte ich diese Übung. Dann streckte ich das rechte Hinterbein noch vorn und hinten. Smoothie arbeitete auch jetzt super mit. Noch einmal kontrollierte ich die Verschiebung und stellte eine deutliche Verbesserung fest. Damit konnte ich sie beruhigt satteln. Wie immer setzte ich keinen Helm auf, sondern stieg direkt am Anbinder auf. Heute hatte ich zur Abwechslung die Springkandare rumgemacht und ritt auf den Reitplatz. Das Tor war geschlossen, sodass ich vom Pferd aus, mich zu diesem lehnte, Smoothie über den Schenkel herantreten, ließ und ohne es loszulassen, durchritt. Aufmerksam wartete meine Stute jede Hilfe ab und tritt, ohne das Tor zu berühren hindurch. “Jättebra (super gemacht)”, lobte ich sie und strich über ihren Hals. Am langen Zügel ritt ich sie einige Runden im Schritt, damit sich vor allem ihr Sprunggelenk aufwärmen konnte.

      Lina
      Nach dem Frühstück hatte auch ich mich auf den Weg zum Stall gemacht. Ich hatte beschlossen mich, als Erstes mit Maskotka zu beschäftigen. Die Fuchsstute war die letzten Tage ein wenig kurz gekommen. Mit Halfter bewaffnet ging ich zur Koppel, wo die Stute bereits am Zaun stand. Unfreundlich sah sie mir entgegen. “Na, du scheinst ja gut drauf zu sein heute”, begrüßte ich sie. Unbeeindruckt von ihr gehabte streifte ich ihr das Halfter über und wollte mit ihr zum Putzplatz gehen. Die Pläne der Stute schienen allerdings anders zu sein, denn sie begann sich aufzuspielen, aufgeregt, um mich herumzuspringen, so war sie nun mal, die kleine Diva. Einen Tag keine Bewegung und das sonst so freundliche Verlasspferd wurde ein wenig verrückt. Wenn ich heut nicht im Sand landen wollte, war es wohl die klügste Entscheidung sie heute nicht zu reiten. Unser Weg zum Putzplatz dauerte heute ein wenig, da Madam ständig der Meinung war an mir vorbeirennen zu müssen und ich sie dann korrigieren musste. Da ich die Stute heute eh nur Longieren wollte, beschränkte ich das Putzen lediglich auf ihren Kopf, was schon genug Herausforderung war. Die große Stute hielt es für eine hervorragende Idee ihren Kopf einfach so hochzunehmen, dass ich nicht mehr drankam, was bei einem Zwerg wie mir nicht sonderlich schwierig war. Als ich dann endlich den Kappzaum auf der Giraffe hatte, wollte ich mich eigentlich in die Longierhalle bewegen, du musst allerdings feststellen, dass Matt sich bereits mit Elvish Beauty darin befand. Da in der kleinen Halle sicher auch irgendwer war und wir in der großen nicht Longieren dürfen, bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als mit Masko auf den Reitplatz zu gehen. Mit der Stute im Schlepptau machte ich mich also auf den Weg dorthin. Kaum hatte Masko Niklas entdeckt, der gerade Smoothie aufwärmte, begann sie wieder sich aufzuregen.
      Die Stute tat so als hätte sie noch nie ein anderes Pferd gesehen, begann zu schnaufen wie eine Lok und bewegte sich keinen Zentimeter Vorwärts, dafür aber etliche Schritte zur Seite und nach hinten.
      “Na gut, wenn du nicht vorwärts willst, dann halt Rückwerts”, sagte ich zu der Stute und begann sie Rückwärts zuschicken, bevor ich es erneut mit Vorwärts versuchte. Nach 4 Versuchen fand die Fuchsstute das ganze immerhin blöd genug, um mir dann doch auf den Platz zu folgen. Doch kaum hatte ich die Mitte des unteren Zirkels erreicht, schoss die Stute los und riss mir dabei die Longe aus der Hand.
      “Wie wäre es denn, wenn du sie erst mal einfach laufen lässt, statt sie in irgendeine Position zu zwingen?”, schlug Niklas vor und brachte mir die Stute an der Longe wieder. Entspannt lief sie neben Smoothie her. Es war doch einfach unfair, dass ihm jedes Pferd einfach so folgte.
      “Würde ich ja gerne, aber die Halle ist belegt”, murrte ich und nahm mein Pferd wieder entgegen. Masko stand auf einmal wieder da, als wäre nie was gewesen, ob das jetzt an dem kurzen Sprint über den Reitplatz lag oder an etwas anderem war mir allerdings nicht so ganz klar.
      “Hier ist doch sonst keiner, lass sie machen. Ich weiche dann einfach aus”, sagte er und trabte Smoothie am langen Zügel an.
      Einfach machen lassen, dass ließ sich die Stute natürlich nicht zweimal sagen. Kaum war sie frei, rannte sie bockend über den Platz. Es dauerte bestimmt 5 Minuten, bevor sie vom Galopp in einen flotten Trab fiel und begann, abzuschnauben. Allmählich schien sie sich auch daran zu erinnern, dass es da ja noch jemanden gab, denn sie wurde immer langsamer und begann sich mir wieder anzunähern.
      “So, hübsche genug getobt?”, fragte ich die Stute, als sie nun vor mir stehen blieb. Ein Schnauben war die einzige Antwort, die ich erhielt. Dennoch schien die Stute nun um einiges Kooperativer zu sein, denn diesmal hielt sie mir sogar ihre Nase entgegen, als ich die Longe wieder einhakte, sodass ich tatsächlich noch ein wenig mit ihr arbeiten konnte.

      Vriska
      Tatsächlich hätte ich von ihm wirklich mehr erwartet, vermutlich liegt es aber auch in meiner Natur mehr in etwas hineinzuinterpretieren. So schnappte ich mir meinen Hengst und suchte nach einem Ort zum Üben. Auf dem ganzen Hof waren Leute mit ihren Pferden beschäftigt. Lina war zusammen mit Niklas auf dem Reitplatz, was ich mir ersparen wollte. In der Halle hörte ich Linh, Milena und Max sprechen und in der kleinen Reithalle waren auch Leute. So guckte ich mich verzweifelt um und entschied mich für ein Training im Wald. Im Schritt ritt ich weiter und betrachtete noch mal den Himmel, eh ich mich darauf konzentrierte, meinen Hengst ordentlich vorwärtszureiten. In meiner Schulter kam wieder der Schmerz vom Unfall durch, sitzen auf dem Sattel schmerzte ebenfalls im Becken und meine Rippen taten auch weh. Ich fühlte mich in dem Moment überhaupt nicht wohl auf meinem Pferd, was auch Glymur spürte. Unruhig schlug er mit dem Kopf und tänzelte vorwärts. Seine Schritte waren verkürzt, wodurch er immer härter im Rücken wurde und auf der Vorderhand das Gewicht lagerte. Ich hatte Probleme damit ihn richtig zu reiten, so gab ich ihm die Zügel und ließ ihn einfach machen, ohne weiter darüber nachzudenken. Entspannt schnaubte Glymur ab und streckte seinen Kopf Richtung Boden. “Weißt du, vielleicht sollte ich es wie Milena machen. Mir jemanden vom anderen Ufer suchen, dann kann ich es nicht mehr darauf schieben, dass alle Männer Idioten sind”, schimpfte ich mit mir selbst. Glymur tippelte weiter fröhlich vor sich hin. Eh ich weiter sprach, schaute ich mich paranoid um. Ich hatte das Gefühl, dass wir beide nicht allein waren. Doch mein Pferd schien nichts zu sehen. Einem Fluchttier sollte man in solchen Fällen vertrauen, denn ich bin hier die Verrückte. Erleichtert tätschelte ich seinen Hals und sprach weiter: “Normalerweise würde ich meine Freude in die ganze Welt herausschreien, doch Milena kann ich es nicht erzählen, die rastet aus und wenn Anna das dann noch mitbekommt, bin ich Hack. So, Lina kann ich es auch nicht erzählen, da sich gerade was entwickelt und ich mich da nicht einmischen möchte. Schließlich hatte ich das in die Wege geleitet. Vielleicht sollte ich Jenni anrufen.” Ich merkte, dass sich meine Anspannung etwas legte und auch Glymur aktiver mit der Hinterhand wurde. Am langen Zügel trabte ich ihn an aber hatte Probleme damit im Sattel zu sitzen. So parierte ich ihn wieder durch und bereitete den Hengst auf das Tölten vor. Deutlich bequemer saß ich im Sattel und meine Schmerzen wurden erträglicher. Im Kopf schwirrte weiterhin die vergangene Nacht und die Gefühle, die sie mit sich brachte. Natürlich hatte ich mir mein erstes Mal anders vorgestellt, weniger spontan, mehr romantisch. Doch es war die richtige Entscheidung, redete ich mir ein.
      Als ich am Horizont wieder den Hof sah, überkam es mich. Diese Traurigkeit, die mich seit Tagen begleitete und gestern von einem auf den anderen Moment verließ. Es war ein schwarzes Loch in mir, dass mich verschlag und immer weiter machte. Ich fing an zu weinen. Während ich mit meinen Händen versuchte, die Tränen aus meinem Gesicht zu wischen, sah ich meinen Eyeliner an meinen Fingern, der sicher nun überall kleben wird. Eh ich die letzten Meter zum Stall auf mich nahm, atmete ich tief durch und stieg ab. Mit gesenktem Haupte lief ich vorwärts, stolperte über eine Wurzel und versuchte mich am Zügel zu halten, was Glymur für eine schlechte Idee hielt. Hektisch zog er seinen Kopf nach oben. Mit dem Rücken zum Boden lag ich da und schaute in den Himmel. Einige wenige Wolken zogen an mir vorbei und mein Hengst stupste mich freundlich im Gesicht an. Ich lachte und stand auf. Jetzt hätte ich wenigstens eine gute Ausrede für mein Make-up Unfall.

      Lina
      Nachdem Maskotka dann doch noch recht kooperativ mitgearbeitet hatte, beendete ich das Training. “Gut gemacht” lobte ich die Stute und steckte ihr ein Leckerli in die Schnauze, bevor ich mich auf dem Weg zum Tor begab. Verschwitzt und zufrieden folgte mir die Stute brav vom Platz und kaute auf ihrem Leckerli rum.
      “Was hältst du von einer Dusche Masko”, sagte ich zu der Stute und steuerte zielstrebig die Waschbox an, wo ich sie kurz alleinstehen ließ, um ihr Halfter zu holen. Entspannt stand sie dort und wartete, als ich zurückkam.
      Im Gegensatz zu vorhin streckte sie mir diesmal den Kopf entgegen, sodass es deutlich einfacher war ihr den Kappzaum ausziehen. Nur beim Abspritzen, hampelte sie so rum, dass ich anschließen nasser war als die Stute selbst.
      “Danke, aber eigentlich habe ich heute schon geduscht, Masko”, bedankte ich mich bei der Stute, die sich daraufhin nur schüttelte. Zum trocken stellte ich sie draußen in der Sonne ab und holte noch ihr Futter.
      “Mit wem hast du denn eine Wasserschlacht gemacht”, fragte Jayden amüsiert, der gerade mit Walking On Sunshine vorbeiritt.
      “Mit dem Pferd da, sieht man doch”, antworte ich und deutete auf die nass glänzende Maskotka.
      “Na, wer weiß schon mit wem du so deinen Spaß hast”, stichelte er.
      “Ach halt doch die Klappe”, murrte ich ihn an.
      “Was habe ich denn verpasst?”, scherzte Niklas, der nun auch mit Smoothie zurückkam und mich deutlich von oben bis unten musterte.
      “Eigentlich wollte ich mein Pferd duschen, aber es hat mich geduscht” antworte ich ihm.
      “Da werde ich glatt neidisch”, gab er zu und nahm den Sattel vom Rücken seiner Stute.
      “Ich hätte dich ja eingeladen, wenn Masko vorher gefragt hätte”, gab ich grinsend zurück. Masko legte kurz die Ohren an, als Smooth neugierig an ihrer Schüssel schnupperte.
      “Ey, benimm dich Masko”, tadelte ich die Stute und schon gingen die Ohren wieder in normal Stellung.
      “Ich schätze, das hätten die Beiden von selbst geklärt”, klärte Niklas mich auf und ging nun auch mit ihr zur Dusche. Da er sah, wie ich ihm nachschaute, zog er provokant sein Shirt auf und duschte sein Pferd. Als er sich umdrehte, sah man viele Kratzer auf seinem Rücken.
      “Sag mal in was für einen Busch bist du den Gefallen? Und vor allem wann, soweit ich weiß, haben wir kein Gebüsch auf dem Reitplatz”, fragte ich misstrauisch und betrachte seinen Rücken.
      “Ach das?”, fragte er etwas scheinheilig. “Das ist nichts, Mücken”, antwortete Niklas, ohne weiter etwas zu erklären, was gar nicht seine Art war.
      “Mücken?”, fragte ich wenig überzeugt, denn wie Mückenstiche sah das nicht aus.

      Vriska
      Bevor ich den Boden näher kennenlernen durfte, war es vor dem Stall ruhig. Nun schied es eine Großveranstaltung zu werden. Aufgeragt tänzelte Glymur neben mir her. Erst als ich fast neben Lina stand, sah ich Niklas der seine Stute abduschte, die Glymur schon auf einige Meter verrückt machte. Doch auch merkte, wie mein Verstand von mir floss. Anders als erwartet trug er Spuren von letzter Nacht auf sich, seinem Gesichtsausdruck zufolge, hatte Niklas es ebenfalls vergessen. Für einen Moment schien es, dass wir zusammen im Boden versinken wollten. Das einzige Wort, was ich hörte, war Mücken, was ich nutzen musste. Innerlich spürte ich wieder die letzte Nacht und musste mich wirklich zusammenreißen, dass mein Kopf nicht rot anlief.
      “Ach, bei dir waren sie auch heute Nacht?”, versuchte ich cool zu bleiben. Auch Glymur an Masko vorbeizuführen, wirkte sehr willkürlich und unkontrolliert.
      “Das müssen aber sehr hungrige Mücken gewesen sein!”, wirklich überzeugt klang Lina nicht. “Aber was ist dir denn passiert Vriska”, fügte sie dann bei einem Blick auf hinzu.
      Zum Glück wechselte sie das Thema auf mein Gesicht, was nicht besser aussah als sein Rücken. “Ich bin dahinten über eine Wurzel gestolpert und auf meine Schulter gefallen. Glymi war heute schrecklich, deswegen wollte ich absteigen und den Rest laufen”, erklärte ich Lina glaubwürdig. Im Augenwinkel sah ich, dass Niklas sein Shirt wieder anzog. Zum Glück. Den auf der Saubsaugerunfall auf seiner Brust war noch sichtbar.
      “Ja, die Erfahrung mit den seltsamen Pferden durfte ich heute auch schon machen”, sagte sie nur.
      “Aber du bist gleich wieder trocken, ich muss mich neu schminken”, maulte ich leicht herum, nahm den Sattel runter und warf in ins Gras. Dann führte ich den Hengst zurück auf seine Koppel. Beinah stolperte ich noch einmal über die Wurzel.

      Lina
      Irgendwie scheinen heute alle Lebewesen hier ein wenig seltsam zu sein. Aggressive Mücken, die scheinbar nur bestimmte Leute anfallen, Pferde, die ein wenig wild drauf sind und Vriska die scheinbar vergessen hatte, wie man läuft, bestätigten diese These. Während die Stute noch ihr Futter mampfte, setzte ich mich auf den Zaun. Erst beim Abstützen bemerkte ich, dass die Hand, aus der mir Masko die Longe gerissen hatte, von einem hübschen roten Streifen geziert wurde, den nun langsam begann weh zu tun und hier und da sogar Blasen zu werfen.
      “Wann lerne ich denn endlich mit Handschuhen zu longieren”, schimpfte ich vor mich hin. Gerade bei Maskotka hätte ich mir denken können, dass so etwas passiert, schließlich war es nicht das erste Mal, dass die Stute sich losriss.
      „Am besten Kühlen und Betaisodona drauf“, kommentierte Niklas, als er seine Stute zurückbrachte und an mir vorbeilief.
      “Na danke für den Tipp”, murmelte ich. Masko hatte endlich aufgefressen und somit brachte erst ihre Schüssel und dann auch die Stute weg. Natürlich fand sie sich viel zu sauber nach der Dusche und warf sich direkt wieder in den Sand auf der Koppel.
      Mit einem seufzen schloss ich das Tor hinter Masko. Eigentlich wollte ich jetzt direkt mit Nathalie weitermachen, doch jetzt musste erst mal meine Hand aufhören zu brennen. Also begab ich mich in die Küche, wo ich erst einmal einen gefühlten Liter Wasser über meine Hand laufen ließ.
      “Mal wieder ohne Handschuhe longiert?”, fragte Samu beiläufig, der sich gerade etwas zu trinken aus dem Kühlschrank holte.
      “Jap., sieht ganz danach aus”, antworte ich ihm leicht genervt, da ich mich auf eine Belehrung seinerseits bereit machte. Doch zu meiner Überraschung drückte er mir lediglich kommentarlos die Salbe in die Hand und verschwand wieder. Schon den ganzen Morgen lang hatte er kaum etwas zu mir gesagt, ob das mit dem Telefonat von gestern zusammenhing? Ich sollte ihn später noch mal ansprechen. Im Haus war es kühl. In Kombination mit meiner immer noch nassen Klamotte ein wenig zu kühl. Also beschloss ich, mein Zeichenzeug aus meinem Zimmer zu holen und mich zum trocken in die Sonne zusetzten.

      Niklas
      Dank Jayden fand ich Lina recht schnell. Sie saß im Gras mit ihrem Zeug. Vor einigen Tagen beobachte ich sie bereits dabei, was mir nun sehr gelegen kam. Auch wenn mir nach dem gestrigen Streit nicht ganz wohl bei der Sache war, musste ich das nun tun.
      “Lina?”, fragte ich vorsichtig, um sie nicht zu erschrecken.
      “Ja, anwesend”, antwortete sie und blicke von ihrer Zeichnung auf.
      “Ich habe morgen den Termin fürs neue Tattoo und wollte dich fragen, ob du Lust hast dir vielleicht was Kleines auszudenken? M-Musst du nicht machen, ich dachte nur … ich dachte, es sei eine schöne Idee.”, stammelte ich etwas herum und es fiel mir schwer den Blickkontakt zu halten.
      “Was hast du dir das Ungefähr vorgestellt?”, fragte sie. Erstaunlicherweise schien sie gerade recht gut gelaunt zu sein.
      “Was Cooles? Ich weiß es nicht. Nie gehe mit Plan irgendwo rein, aber immer mit einem Tattoo raus.”, erklärte ich und setzte mich dazu.
      “Was Cooles ist aber keine hilfreiche Angabe”, sagte sich schmunzelnd. “Aber mal sehen, was mir so einfällt. Fangen wir doch mal an mit der Frage: Wo soll es überhaupt hin?”, fragte sie mich nun.
      “Entweder auf die linke Schulter oder Nacken. Meine Arme sind schon voll”, sagte ich und gucke mich auf meinem Armen nach einer freien Stelle um. Viel Auswahl gab es da nicht, wenn ich meine anderen Motive nicht bedecken wollte.
      “Na, das ist ja schon mal ein Anfang und wie groß soll das ganze werden?”
      „Nicht größer als meine Handfläche“, überlegte ich und zeigte sie ihr.
      “Und verfolgst du auch noch ein genaueres Konzept als was Cooles? Einen bestimmten Stil, ein Thema oder so?”, fragte sie weiter und ließ ihren Blick über meine Arme schweifen.
      “Kleines, stell mir doch nicht so komplizierte Fragen.”, begann ich zu maulen. “Hauptsache Schwarz, leichte Schattierung. Bisher habe ich einen Kompass, Wolken, einige Spielkarten, die Rose auf der Hand, eine Waffe und der Rest sind Muster.”
      “Na gut, dann warte mal einen Moment”, sagte sich und begann zu zeichnen. Kurz guckte ich zu, doch meine Aufmerksamkeitsspanne ähnelt eher einer Fliege. Ich legte mich auf den Rücken, hielt mein Handy über den Kopf. Chris hatte wieder Bilder geschickt, diesmal war es eine blonde Dame mit großer Oberweite. Kurz warf ich einen Blick zu Lina, die konzentriert über ihrem Blatt hing. Ich swipte weiter und guckte mir die Errungenschaften der anderen weiter. Auch Bilder, die ich von Anna und Milena machte, sah ich. Da fiel mir auf, dass für meine Sammlung Vriska fehlte und ich irgendwie noch an Bilder rankommen musste. Dann tippte Lina mich an und steckte mein Handy schnell in die Hosentasche.
      “So, das ist natürlich noch nicht ganz fertig, aber das wäre meine Idee”, präsentierte sie mir ein paar Minuten später eine grobe Skizze.
      “Ja, sieht doch super aus.”, sagte ich und guckte mir ihre Kunst an. Auch blätterte ich unbedacht im Block, ohne weitere Zeichnungen zu finden und gab es ihr zurück.
      “Kommst du dann morgen mit?”, fragte ich sie, während ich aufstand.
      “Ja, ich würde gerne sehen wie dieses Kunstwerk auf deine Haut landet”, antwortet sie.
      “Schön, dann morgen um 11 Uhr geht es los. Danke für deine Hilfe”, erklärte ich ihr und ließ sie allein. Mein Weg führte mich wieder zu Ju, der im Zimmer saß und an der Kür arbeitete.

      Lina
      Relativ gut gelaunt zeichnete ich noch weiter an dem Entwurf für Niklas Tattoo. Es war angenehm in der Sonne und vor allem, was ich so langsam auch wieder trocken. In etwas Entfernung nah, ich Schritte wahr und blickte auf. Jace und Alec gingen über den Hof. Irgendwie sah Jace aus als hätte er nicht sonderlich gut geschlafen. Bisher hatte ich verdrängt was gestern zwischen mir und Jace passiert war, doch jetzt Tat er mir wieder ein wenig leid. Bei den Aktionen, die er gebracht hatte, hätte ich niemals gedacht das ich ihm so wichtig war.
      Einen Moment lang wollte ich die Zeit zurückdrehen und den gestrigen Abend ungeschehen machen, bis mir mein Gehirn wieder sagte, dass es besser so war. Lieber die harte Wahrheit als sich ein Konstrukt aus Versprechungen aufzubauen, die eh nie in Erfüllung gehen werden.
      Seufzend legte ich den Stift beiseite, die Lust am Zeichnen war mir vergangen. Jetzt brauchte ich irgendeine andere Ablenkung, am besten eine Vierbeinige.
      Kaum hatte ich den Gedanken fertig gedacht, tauchte die kleine graue Katze auf die seit ein paar Monaten immer mal wieder hier auftauchte. Anklagend setzte sie sich vor mich ins Gras und maunzte mich an.
      “Du hast bestimmt Hunger, oder?”, fragte ich die magere Katze. Seit ich die kleine Entdeckt hatte, stand immer eine Dose Futter in der Küche. Also sammelte ich mein Zeug an und stand auf. Maunzend strich mir die Katze um die Füße und ich musste mir Mühe geben nicht über sie drüber zu fallen, während ich ins Haus lief. Drinnen legte ich mein Zeichenkram auf den Tisch und nahm eine kleine Schüssel aus dem Schrank. Erwartungsvoll sprang die Katze auf die Anrichte und beobachte, wie ich das Futter in den Napf gab.
      “Bitte schön, kleine”, sagte ich und stellte die Schüssel vor die Katze. Misstrauisch schnupperte sie an dem Inhalt, bevor sie zögerlich begann zu fressen.
      Ziemlich schnell hatte sie alles aufgefressen. Sanft strich ich der Katze über ihr weiches Fell, bevor ich die leere Schüssel wegräumte.
      “So, jetzt musst du aber wieder raus hier, die anderen haben dich nicht gern im Haus”, sprach ich mit der kleinen Katze und hob sie von der Theke. Statt einfach in meinen Armen zu bleiben, wühlte sie sich raus und kletterte auf meine Schultern.
      Mit der Katze auf der Schulter verließ ich die Küche wieder und begab mich nach draußen.

      Alec
      Mit viel Mühe und Einfühlungsvermögen hatte ich Jace endlich dazu bekommen aus seinem Zimmer zu kommen. Er hatte einfach die halbe Nacht in seinem Bett gelegen und bewegungslos die Decke angestarrt. Zum Frühstücken hatte ich ihn auch nur bekommen, weil ich es ihm auf Zimmer gebracht habe. Unglaublich so fertig hatte ich meinem besten Freund tatsächlich noch nie erlebt.
      “Und du möchtest immer noch nicht sprechen?”, fragte ich ihn während ich meine braune Stute trenste. Wortlos führte Jace seine Scheckstute zur Aufstiegshilfe.
      “Dann halt nicht”, sagte ich zu mir selbst und folgte ihm nach draußen. Jace stieg bereits auf und machte sich nicht mal die Mühe auf mich zu warten. Schnell stieg ich auf und ließ Keks neben Jace Stute traben. Wenn er nicht reden möchte, werde ich ihn so lange nerven, bis er es doch tun würde.
      Eine ganze Weile ritten wir schweigend nebeneinanderher, bis Jace auf einmal seine Stute auf einer kleinen Sonnenbeschienen Lichtung anhielt. Auch ich hielt meine Stute an und warte einfach was weiter passieren würde.
      “Alec…”, begann er nach einer Weile mit rauer Stimme. “... ich glaube, ich habe mich noch nie so… So leer gefühlt”, setzte er fort und starrte in den Wald vor uns. Ich sagte erst einmal nichts, sondern hörte ihm nur zu.
      “Ich dachte wirklich sie sei die eine”, erzählte er weiter und ich schwieg noch einen Moment, um ihm den Raum zu lassen, noch mehr zu sagen. Außerdem kamen nun auch in mir alte Gefühle hoch. Damals, noch bevor ich mich geoutet hatte, war ich in Jace verliebt gewesen, hatte es ihm allerdings nicht gesagt.
      “Weißt du Jace, manchmal hat das Schicksal andere Dinge für Menschen vorgesehen, die uns sehr am Herzen liegen. Dann muss man selbst stark sein und die Menschen ziehen lassen, auch wenn es noch so sehr schmerzt”, sagte ich mitfühlend. Ich konnte Jace Gefühle nur zu gut nachvollziehen, aber gleichzeitig wusste ich auch, dass es für mich damals gut gewesen war, Jace loszulassen. Wäre ich ewig dem unmöglichen nachgejagt hätte ich niemals Magnus kennengelernt und wäre vermutlich auch nicht geoutet.
      “Irgendwann wird auch dein großer Tag kommen”, fügte ich noch aufmunternd hinzu.
      Jace sah mich nur mit einem Blick an, in dem so viele Gefühle lagen, wie ich es bei Jace noch nie erlebt hatte.
      “Soll ich wieder meine Klappe halten?”, fragte ich. Jace antworte damit, dass er sein Pferd wieder antrieb, und ich folgte ihm still.

      Vriska
      Die Wärme wurde immer unerträglicher, weswegen ich den Entschluss fasste mich im Shirt an den Tisch im Wohnzimmer zu setzten. Immer wieder blickte ich verzweifelt auf meine Uhr, auf der die Zeit nicht verging. Vor mir langen die Unterlagen über die Führung eines landwirtschaftlichen Betriebs und ich konnte nicht von mir behaupten, wirklich motiviert zu sein. So blätterte ich also in den Seiten der zusammengehefteten Blätter hin und her, in der Hoffnung mir etwas zu merken. Doch die Worte schwirrten nur vor meinen Augen, ohne dass etwas davon verstand. Das lag jedoch nicht an den Unterlagen an sich, sondern meiner Lustlosigkeit. So beschloss ich es, fürs Erste sein zulassen. Unmotiviert schmiss ich mich mit dem Kopf voran in das frisch bezogene Bett und schrie ins Kissen, bis ich Schritte hinter mir vernahm. Panisch drehte ich mich um. Ju stand im Raum, betrachtete die Unterlagen. Mit seinen großen Augen blickte er mich an.
      “Klarar du dig? (Kommst du klar?”, fragte er mit einem ironischen Unterton.
      “Jovisst … (Ja, natürlich)”, murmelte ich leise und drehte mich zurück ins Kissen. Wortlos setzte er sich zu mir und legte seine Hand auf meinen Rücken. Schmerzerfüllt drehte ich mich wieder um.
      “Was willst du denn?”, fragte ich ihn gestresst.
      “Jetzt entspann dich doch mal. Ich wollte nur gucken, ob alles okay ist, seit ein paar Tagen bist du so komisch.”, antwortete Ju und wirkte besorgt.
      “Ach, kennen wir uns schon so lange, dass du das beurteilen kannst?”, regte ich mich auf. In mir stieg grundlos die Wut auf.
      “Es nervt mich, dass du immer so schlechte Laune hast, es an mir auslässt, obwohl ich nicht Ansatzweise für deine Unzufriedenheit kann. Wenn’s dir passt, kannst du dich gern wieder melden.”, sagte er nun deutlich angespannt und verschwand wieder. In mir zog sich alles zusammen und ich schrie wieder ins Kissen. Warum bin ich so? Kann ich mich nicht normal verhalten wie alle anderen? Ich stellte fest, dass Kanada noch immer um mich herum war und ich nicht einfach in Wald zu meinem Hochstand gehen konnte. Vermutlich würde es hier auch so etwas geben, doch mit hoher Wahrscheinlichkeit würde ich nie wieder zurückfinden. Mein Handy half dabei auch nicht. So kramte ich wieder nach meinem Pulli, zog die Kapuze über den Kopf und lief raus zur Weide zu meinem Hengst. Auf dem Weg sah ich Linh bei Ju sitzen. Genervt wendete ich den Kopf wieder nach vorn und blickte zu Boden. Diesmal achtete ich mehr auf den Untergrund, um nicht erneut zu stürzen. Glymur graste fröhlich mit seiner Decke und hatte in dem Moment rein optisch einige Übereinstimmungen mit mir.

      Lina
      “Und was machen wir zwei jetzt?”, fragte ich die kleine Katze. Natürlich bekam ich keine Antwort.
      “Na gut, wenn das so ist, müssen wir wohl mal schauen, ob uns was über den Weg läuft”, meinte ich zu der Katze und begann über den Hof zu schlendern. Irgendwie war nichts los auf dem Hof. Auf einmal sprang mein kleiner Passagier von meiner Schulter und lief zielstrebig auf die Reithalle zu und verschwand aus meinem Blickfeld.
      “Na, wo willst du denn auf einmal hin”, murmelte ich und folgte der Katze. Samu ritt gerade Lifesaver. Die kleine Katze ließ sich gerade auf der Bande nieder und ich gesellte mich dazu, was dazu führte, dass der Schimmelhengst seine Konzentration verlor und ausfiel.
      “Na, wen hast du denn da mitgebracht”, fragte nun Samu, der seinen Hengst zu uns rüber trotten ließ.
      “Na sieht man doch, eine Katze. Die kleine taucht immer mal wieder hier auf”, erklärt ich und beobachtete Lifesaver wie er neugierig die Katze beäugte. Vorsichtig streckte Lifey die Nase nach dem grauen Fellbündel aus. Die Katze schien recht wenig an dem Pferd interessiert, denn sie schmiegte sich lieber an mich und begann zufrieden zu schnurren.
      “Scheint ganz so als fände dein Pferd die kleine deutlich interessanter als sie ihn”, sagte ich lachend zu Samu, denn der Schimmel beschnupperte neugierig den zuckenden Schwanz der Katze.
      “Sieht ganz so aus” erwiderte Samu lachend. “Aber eigentlich wollte ich heute reiten und nicht hier herumstehen”, fügte er dann noch hinzu und versuchte seinen Hengst wieder in Bewegung zu setzen, der die Katze allerdings deutlich spannender fand
      “Na, wenn der Herr nicht gestört werden möchte, gehen wir dann wohl”, erwiderte ich und hob die Katze von der Bande, um sie nach draußen zu tragen. Draußen sprang sie auf den Boden und verschwand hinter der Halle.
      Gut, ich hatte bis jetzt auch schon genug Zeit vertrödelt, ich sollte nun wirklich Nathalie holen. Kurz darauf stand ich mit der Scheckstute am Anbinder und putzte sie. Für heute hatte ich mir vorgenommen zu testen wie die Stute mit festen Hindernissen und Wasser zurechtkommen würde, da sie dabei ohnehin wieder dreckig werden wird, beschränkte ich das Putzen auf die notwendigen Stellen. Somit hatte ich die Stute recht schnell gesattelt und war bereit zum Losreiten. Doch halt, während ich an den Schutz meines Pferdes gedacht hatte, hatte ich meinen fast vergessen.
      “Warte süße”, sagte ich zu Nathalie und parkte sie vor der Sattelkammer, um Weste und Helm zu holen. Als ich wieder auf die Stallgasse trat, musste ich leider feststellen, dass Nathalie nicht brav gewartet hatte, sondern geradewegs auf der Stallgasse herumspazierte.
      “Heute hast du es aber eilig”, rief ich meinem Pferd hinterher. Die Stute dachte nicht daran mich zu beachten, sondern spazierte lieber in die geöffnete Box neben ihr, um den Futtertrog auszukundschaften.
      “Na, erst die Arbeit”, sagte ich zu der Stute, als ich sie in der Box einsammelte und zum Aufsteigeblock führte. Immerhin blieb die Stute bei Aufsteigen artig stehen. Zum Aufwärmen beschloss ich erst einmal eine kurze Runde, um den Hof zu drehen und im flotten Schritt lief die Stute los.

      Vriska
      Während ich jeden Biss ins Gras meines Hengstes betrachtete, kam mir eine Idee für einige Stunden nicht von mir zu weisen und weiter das Gespött vom Hof zu sein. In der Hütte hatte ich in meiner Tasche noch Stuff übrig von Ambrose. Auf dem Weg dorthin meldete sich mein Schrittzähler, der sich darüber freute, dass ich das heutige Ziel erreicht hatte. Genervt entfernte ich die Meldung. Länger als ich dachte, kramte ich in meiner Tasche, bis ich fündig wurde. “Komm’ Vriska”, sagte ich zu mir selbst und baute mir Tütchen, nahm meine Schachtel und Feuerzeug nach draußen. Direkt auf dem Hof wollte ich niemanden belästigen, lief also durch den großen Toreingang weg. Ein prüfender Blick verriet mir, dass ich allein war und zündete ihn an. Entspannt setzte ich mich ins Gras und rauchte die viel zu große Tüte auf. Die Zeit schien an mir vorbeirennen und lehnte mich nach hinten ins Grüne. Wenige kleine Wolken huschten am Himmel vorbei und ich spürte einen Windzug in meinen Pulli ziehen. Ich merkte, dass sie Hitze immer unerträglicher wurde, so zog ich das zu große schwarze Ding aus und legte mich zurück. Vielleicht sollte ich doch mit Lina drüber sprechen, überlegte ich. Doch auch in diesem Zustand fand ich es keine gute Idee. Stattdessen griff ich nach meinem Handy und suchte nach Jenni als Erstes auf Instagram. Bevor ich mich bei ihr meldete, musste ich wissen, was sie überhaupt machte. Den Vorteil hatte meine Mädchen schon immer, sie posten jeden Nonsens. Natürlich tat ich das damals auch. So entdeckte ich, dass auf meinem Profil noch mehr Bilder von damals waren, als ich dachte. Kurz musste ich darüber nachdenken, ob ich das noch bin. Ja. Das bin ich noch. Schnell kam ich auf den Beschluss, dass diese Fahrt viele Dinge von mir wieder hervorbrachte, die ich in Deutschland innerhalb weniger Wochen ablegen konnte. Nun festigte sich das alles wieder. Jenni schien zu Hause zu sein, natürlich. Es müsste in England 21 Uhr sein. Ich fand auch heraus, dass sie noch immer mit den anderen um die Häuser zog. In meinen Nachrichten suchte ich nach ihr und schrieb: “Hej Jenni. Es tut mir leid, dass ich mich nie gemeldet hatte, seitdem ich nicht mehr zu Hause bin. Seit dem Vorfall bei meinem Vater musste ich viel verarbeiten und war nicht bereit dazu mich bei alten Freunden zu melden. Falls du Zeit hast, ich brauche deine Hilfe. Dringend. In Liebe, Vriska”. Dann steckte ich mein Handy weg, stand auf und lief wieder zum Hof. Nach dem Durchqueren des großen Tors vibrierte mein Telefon bereits. Zittern nahm ich es aus der Hosentasche. Ich las: “Hey Vriska. Du weißt doch, ich bin immer da, wenn du mich brauchst. Freud mich von dir zu hören, auch wenn es nach einem unschönen Anlass klingt.” In meinem Kopf drehte es sich. Jeder Schritt, den ich lief, fühlte sich an, als würde ich schweben. Das Zeug kickt. So musste ich erst einmal stehen bleiben im Schatten, um ihr Antworten zu können. “Ich habe mit einem Typen geschlafen. Das erste Mal. Und es ist der zukünftige Freund von einer neuen Freundin.”, versuchte ich mich kurzzufassen. Im Kopf flogen wieder die Momente der letzten Nacht herum und ich spürte ein Kribbeln in meinem Bauch. Es fiel mir schwer daran zu glauben, was passierte. “Klingt doch nach keinem großen Drama, klar ist nicht cool von dir, aber es gehören immer Zwei dazu und solang es noch nichts Ernstes mit den Beiden ist, mach dir nicht weiter Gedanken. Irgendwann kannst du es ihr erzählen, aber auf keinen Fall jetzt. Das geht dich nichts an. Aber ich muss dann auch ins Bett. Lass uns morgen doch mal morgen telefonieren”, hatte sie schon geantwortet und ich hielt mich kurz mit “Okay”, bevor ich es wieder in meine Tasche steckte. Jenni fand immer die richtigen Worte, die jemand hören wollte. Zufriedener lief ich weiter und sah Samu einen Schimmelhengst zum Stall führen. Da ich immer noch den Schmerz im ganzen Körper hatte, gab ich mein Bestes in dem Zustand zu ihm zu laufen. Mein Mitteilungsbedürfnis war noch immer groß, so suchte ich noch Rat bei ihm. Zumindest versuchte ich es. Den Beiden nachzukommen stellte sich eine große Schwierigkeit heraus.

      Samu
      Nach der kurzen Unterbrechung von Lina und der Katze, hatte Lifey noch hervorragend mitgearbeitet, sodass ich das Training relativ bald beendete. Zufrieden sabbernd lief er neben mir her. Auf dem Putzplatz nahm ich ihm die Trense ab und erst durch den aufmerksamen Blick des Schimmels die Stallgasse hinunter bemerkte ich Vriska, die sich näherte.
      “Kann ich dir irgendwie helfen?”, fragte ich die junge Frau hilfsbereit.
      Es dauerte einen Moment, bis sie antwortete: “Weiß auch nicht so richtig. Irgendwie zerfrisst es mich von innen.”
      Irgendetwas schien ihr auf dem Herzen zu liegen.
      “Möchtest du darüber reden?”, fragte ich freundlich, während ich meinem Hengst das Halfter überstreifte und ihn anband.
      “Ich habe was getan, worauf ich nicht stolz bin, aber ich bereue es nicht, empfinde es nicht als Fehler. Es war nur falsch und nicht nett gegenüber Anderen.”, murmelte sie, ohne den Blickkontakt zu suchen, stattdessen guckte sie zum Boden.
      Sie antworte überaus rätselhaft, weshalb es gar nicht so einfach ist eine Antwort auf ihre Frage zu finden. Doch es war offensichtlich das, was auch immer es ist, ihr das ganz schön zu schaffen macht.
      “Wer sagt denn, dass es falsch ist? Nur weil etwas nicht nett ist, muss es nicht gleich falsch sein”, antworte ich ein wenig nachdenklich, während ich Lifesaver absattelte.
      “Weil ich damit die Gefühle von anderen verletzt habe oder noch könnte. Das ist doof, aber ich weiß auch nicht. Mir hat’s Spaß gemacht und ich würde es jederzeit wieder tun.”, erklärte sie.
      “Schwierig… Die Frage ist die, ob dir deine oder die Gefühle der anderen wichtiger sind und bei der Entscheidung kann dir eigentlich nur dein Gewissen helfen”. Ihre Lage schien nicht ganz einfach zu sein und ich würde ihr gerne hilfreicher Ratschläge geben, doch sobald es um die Gefühle von außenstehenden geht, muss jeder persönlich abwägen.
      “Okay … Danke für deine Zeit. Ich geh’ dann lieber”, verabschiedete Vriska sich und schien nicht ganz anwesend zu sein.
      “Kein Problem, ich helfe gerne, wo ich helfen kann”, sagte ich noch, während Vriska sich schon entfernte. Ich fühlte mich leicht unwohl, dass ich ihr nicht wirklich helfen konnte, doch bei der Sache kann sie sich leider nur selbst helfen.
      “Na, komm kleiner, dann bring ich dich mal auf die Koppel”, sagte ich seufzend zu meinem Pferd und löste die Anbinder von seinem Halfter.

      Niklas
      Zusammen mit Ju erarbeiteten wir die Kür weiter, bis er nach einem Blick auf sein Handy, ohne etwas zu sagen das Zimmer verließ. Versunken über meinem Plan für Humbi, verblieb ich im Zimmer, bis ich seltsame Geräusche wahrnahm. Vriska irrte Gedanken verloren umher und führte Selbstgespräche.
      “Kann man dir helfen?”, fragte ich höflich und lehnte mich aus dem Fenster des Zimmers mit den Unterarmen gestützt auf dem Fensterbrett.
      “Ich habe Hunger”, flüsterte Vriska und kam näher.
      “Dann komm’ rein, wir haben noch was”, bat ich sie rein und half ihr durchs Fenster. Ungeschickt blieb Vriska mit ihrem Fuß hängen, stolperte und fiel geradewegs in meine Arme.
      “Nog? Du bist heute stürmischer als sonst … obwohl, wenn an letzte Nacht denke”, begann ich.
      “Lass mich los”, nörgelte Vriska und blickte hoch zu mir. Ihre Augen waren feuerrot, was viel darüber aussagte, wieso sie so drauf war. Ich ließ sie los und ging zum Kühlschrank, um ihr das Mittagessen aufzuwärmen.
      “Nee, lass das Schnitzel darauf”, meckerte sie, als ich begann zu sortieren. Ohne zu antworten, legte ich alles zurück auf den Teller und erwärmte alles in der Mikrowelle. Konzentriert blickte sie zu dem Essen, das sich drehte. Das Piepen des Gerätes erschreckte sie auf. Freundlicherweise holte ich den Teller aus der Mikrowelle und stellte ihn auf den Tisch. Dann setzte ich mich dazu. Genüsslich begann sie zu Essen und ich scrollte mich durch endlose Bilder auf meiner Timeline. Immer wieder bekam ich die Benachrichtigung über neue Likes und auch Follower. Es schien, als würden die Leute nie schlafen. Vermutlich wird die Zeitverschiebung auch sein Teil dazu betragen.
      “Wie schaffst du das eigentlich?”, unterbrach Vriska die Ruhe.
      “Mhm?”, guckte ich von meinem Telefon auf und legte es Beiseite.
      “Du bist so … normal. Als wäre gestern nichts passiert”, murmelte sie vor sich hin und schob den leeren Teller von sich. Dann sprach sie weiter: “Du gibst mir etwas zum Essen, sitzt hier einfach so. Als hätte nichts eine Bedeutung.” In meinem Kopf spielten sich wieder die Szenen vom Abend ab. Es war nicht das erste Mal heute, natürlich dachte ich daran und fühlte mich schlecht dabei, dass sie behauptet, dass es mir nichts bedeuten würde. Als hätte nichts eine Bedeutung für mich.
      “Das stimmt so nicht”, begann ich mich zu verteidigen und versuchte sie etwas aufzumuntern: “Wir hatten einen schwachen Moment, wir brauchten einander. Und jetzt geht es weiter, wie vorher. Es ist alles cool.”
      Ihre Blicke sagten alles. Für sie konnte es nicht einfach weitergehen wie immer. Am liebsten hätte ich mich selbst geohrfeigt für diese Worte, denn damit traf ich einen Nerv bei ihr. Einen, der offensichtlich gut geschützt wurde von einer Mauer aus Erinnerungen. Tränen liefen ihre Wangen herunter.
      „Kann ich dir jetzt irgendwie helfen? Meine Wortwahl war …“, ich pausierte, um das richtige Wort zu finden. So merkte ich, dass es nicht nur Buchstaben aufgereiht an anderen Buchstaben. Sie bedeuten mehr und viel mehr. „klumpig“ fiel es mir nur auf Schwedisch ein. Das zauberte ihr ein Lächeln auf die Lippen. „Unbeholfen? Ungeschickt?“, half Vriska mir. Ich nickte zustimmend.
      „Und nein, du kannst mir nicht helfen. Alles was ich nun sagen würde, wären Wünsche und keine wirkliche Hilfe“, fügte sie noch hinzu. Ich bemerkte ihre Blicke. Es waren die von letzter Nacht. In mir kribbelte es und mein Körper schien sich auf mehr vorzubereiten. Kurz schloss ich die Augen, denn es sollte nicht wahr sein. Tief atmete ich durch, eh ich wieder die Augen öffnete.
      „Das geht Vriska. Auf keinen Fall“, flüsterte ich.
      „Was geht auf keinen Fall?“, wiederholte Ju interessiert meine Worte, als er in das Zimmer hereinkam.
      „, Dass ich mich mal auf Humbi setze, ich wollte sie so gern mal näher kennenlernen aber weder sie noch ich sind schon so weit“, log sie fast fröhlich. Ihre Augen waren noch immer rot und auch ihre Wagen waren verschmiert mit schwarzer Farbe ihrer Augen. Es schien jedoch schon etwas länger so auszusehen.
      „Ach Mensch. Ich hab’s auch schon versucht“, stieg er mit ein und setzte sich dazu. Ihm fiel auf das etwas anderes war. Doch er fragte nicht.

      Lina
      Auf dem Weg zum Geländeplatz hatte ich Jace und Alec am Waldrand entdeckt, was meiner inzwischen doch recht guten Laune einen kleinen Dämpfer versetzte. Die beiden waren zwar zu weit weg, als dass ich eine Laune oder Ähnliches hätte deuten können, dennoch sagte mir mein Bauchgefühl, das Jace das ganz nicht so gut verkraftete wie Alec behauptete und mein schlechtes Gewissen meldete sich wieder. War es denn wirklich das richtige gewesen es ihm so direkt zusagen? Hätte ich es überhaupt sagen sollen? Zu diesen Zweifeln gesellte sich nun auch noch der Gedanke an Samus seltsames Verhalten vorhin im Haus. Normalerweise hätte er mir einen stundenlangen Vortrag gehalten, warum man nicht ohne Handschuhe longiert, dass ich meine Pferde gefälligst regelmäßig Bewegen soll und dass es reichlich dämlich ist mit einem unausgelasteten Pferd gleich auf den Platz gehen zu wollen. Doch, das hatte er nicht getan, aber in der Halle war er dann wieder so normal. Wie schaffen das alle immer so normal zu bleiben? Wobei was heißt, normal… Was ist denn normal überhaupt?
      Mein Gedanken wurde abrupt beendet, als Nathalie fast über ihre eigenen Füße fiel und ein wenig unsanft mit der Nase bremste. So viel zum Thema auf sein Pferd konzentrieren also. Scheinbar ist heute nicht der Tag, wo ich einem Pferd gegenübertreten sollte. Als Nathy sich wieder aufgerappelt hatte, stieg ich ab, um mir die Knie der Stute anzusehen, auf die sie gefallen war. Zum Glück war, außer ein paar Grasflecken dort nichts zu entdecken.
      Jetzt stellte sich nur die Farge wie ich wieder auf mein Pferd kommen sollte. Nathalie war mit ihren 170 für einen Zwerg wie mich ganz schön riesig und natürlich hatten wir keine Aufstiegshilfe auf dem Geländeplatz, da wir hier für gewöhnlich nicht zu Fuß unterwegs sind.
      “Vielleicht sollten wir einfach umkehren”, sagte ich ratlos zu meiner Stute. Diese schüttelte sich nur und sah nicht aus als wäre sie bereit mir zurück zum Hof zu folgen.
      “Na gut, du hast ja recht, du musst dich ja schließlich bewegen”. Einen Moment lang stand ich einfach nur dämlich in der Gegend herum.
      Freundlich stupste die Scheckstute mich an und erst da fiel mir auf, dass man Hindernisse wie Baumstämme auch als Aufstiegshilfe nutzen konnte.
      “Mensch Nathalie, ich glaube ich bin heute einfach nur dämlich”, sagte und schüttelte den Kopf über mich selbst. Mit der zugegebenermaßen recht späten Erkenntnis führte ich die Stute also zu einem der Baustämme, die auf dem Boden lagen und parkte sie dort so, dass ich Aufsteigen konnte. Natürlich kam jetzt Jayden um die Ecke, scheinbar nicht auf dem Weg zum Geländetraining, denn er saß ohne Sattel auf seinem Schimmel.
      “Vom Pferd gefallen?”, rief er mir belustigt zu.
      “Nein”, motze ich ihn an. “Bist du eigentlich nur hier, um mir auf die Nerven zu gehen?”
      “Also eigentlich, wollte ich dir nur behilflich sein, aber du scheinst ja wunderbar allein zurechtzukommen”, antwortete er und drehte seinen Hengst wieder um.
      Während Jayden wieder verschwand, kletterte ich alles andere als elegant auf mein Pferd, da ich die Höhe des Baumstamms wohl ein wenig überschätzt habe.
      Zum locker werden begann ich nun Nathalie ein wenig über ein paar kleiner Hügel zu traben und anschließend das Ganze auch noch im Galopp. Die braun Weiße Stute arbeitet fleißig mir und galoppierte schön ruhig über die großen Flächen und auch die Wechsel sprang sie schön sauber.
      Als erstes Element wollte ich eine kleine Stufe mit der Stute testen. Dafür ritt ich erst einmal im Trab die Stufe hinunter. Die ersten Male fand die Stute es noch ein wenig gruselig und machte einen riesigen Satz, statt sich einfach fallen zu lassen, doch das legte sich recht schnell, sodass wir das Ganze auch recht schnell andersherum probierten.
      Nach der Stufe nahm ich ein paar kleine Sprünge im leichten Galopp die Nathalie, dank ihrer Springerfahrung problemlos meisterte. Natürlich schaute sie hier und da mal ein wenig komisch, doch sie sprang immer zuverlässig. Neben den Stufen und kleinen Hindernissen machte ich sie auch noch mit Wällen, kleinen Gräben und Untergrundwechseln vertraut.
      Wie ich es von der Stute kannte, arbeitete, sie steht bemüht mit und ließ sich auch nicht auf der Konzentration bringen. Jetzt stand also nur noch der Endgegner auf dem Plan. Das Wasser. Im Schritt ritt ich an das Wasserloch ran und ließ sie das ganze erst einmal in Ruhe beäugen. Es dauerte nicht lange, das steckte die Stute ihre Nase hinein und begann erst einmal zu trinken.
      “Prima”, lobte ich die Stute als sie dann auch von ganz allein die ersten Schritte in das nass wagte. Einen Moment lang ließ ich die Stute noch das Wasser allein erkunden bevor ich begann, erst im Schritt und anschließend auch im Trab und Galopp ein wenig durch das Wasser zu reiten. Offensichtlich machte Nathalie das Wasser sehr viel Spaß, denn als ich ca. 20 Minuten später unser Training beendete, hatte das Pferd und ich ein stylishes neues Punktemuster.

      Vriska
      Schneller als mir lieb war, ließ die Wirkung nach. Es fühlte sich an, würde mir jemand den Boden unter den Füßen wegziehen. Erschöpft stellte ich den Teller weg und wollte mich auf den Rückweg zum Zimmer machen, um weiter zu büffeln. Doch mein Plan ging nicht auf, den Niklas hielt mich auf.
      “Wir können für eine praktische Prüfung mit Humbi arbeiten, dann ist es wie reiten.”, schlug er vor. In der Tür drehte ich mich um, nickte und wir verabredeten uns bei ihm vor dem Zimmer. In mir machte mein Herz Luftsprünge und aufgeregt, zog ich mir meine Reithose an und ein langärmliges dünnes Shirt drüber.
      “Ich bin so weit”, sagte ich, als wieder am Zimmer von ihm stand.
      “Denkst du nicht, dass Humbi sollte sich erst mal an das alles gewöhnen?”, merkt Ju skeptisch an.
      “Ach, sie kann sich ruhig etwas mehr bewegen. Aus Informationen des Züchters weiß ich, dass sie täglich zwei Stunden trainiert wurde, so konnte die Bodenarbeit kaum etwas verschlimmern oder verbessern.”, verteidigte Niklas die Idee.
      Zusammen liefen wir zur Weide, auf der Northumbria genüsslich graste. Sie freute sich genauso sehr wie ich ihn zu sehen und kam zur Begrüßung an den Zaun. Mein Blick schweifte immer wieder zu Niklas, der konzentriert wirkte. Als er es bemerkte, drehte ich mich schnell zu seiner Stute.
      “Nun, dann fangen wir direkt hier an. Welche Verhaltensweise zeigt Humbi in Bezug auf ihre Umwelt? Was lässt sich dabei für die nachfolgende Arbeit ableiten?”, fragte er mich und setzte sich auf den Zaun. Neugierig stupste sein Pferd ihn in die Seite. Ich ging einige Schritte zurück, um das Pferd besser im Auge zu haben. Die Wärme der Sommer erhitzte mein dunkles Oberteil, ein wenig Schweiß lief meinem Rücken herunter.
      “Auf den Blick wirkt Humbi gelassen und aufmerksam. Doch ihr schlagender Schweif und den Rückzug zu dir zeigt, dass sie kein Vertrauen zum Menschen generell hat und nervös ist. Ihr Ohrenspiel ist zurückhaltend und sie hat die Umwelt ständig im Auge. Bei der Arbeit mit ihr sollte man immer darauf gefasst sein, dass ihr Verhalten umspringt oder die Signale anders deutet. Grundsätzlich vermute ich, dass Humbi motiviert ist und beim Vertrauen sich auf den Menschen verlässt.”, versuchte ich die Stute zu analysieren. Niklas sprang vom Zaun und Humbi ging einige Schritte mit angelegten Ohren zurück.
      “Ist doch schon mal ein Anfang. Dann hol sie mal raus und wir gehen auf den Platz”, erklärte er mir und reichte mir den Strick des Pferdes. Vorsichtig betrat ich die Weide. Die Stute stellte sich vor mir und hob den Kopf. Sie wirkte verunsichert und wollte mich versuchte mich zu verscheuchen. Freundlich streckte ich meine Hand vor ihren Kopf. Dieser senkte sich und mit ihren großen Nüstern beschnuppert sie mich. Ihre Körperhaltung verändert sich und macht mir den Weg frei. Einige Schritte ging ich auf sie zu und befestigte den Stick am Halfter. Ich streiche mit meiner Hand über den Hals der Stute, die deutlich größer war. Niklas hielt mir das Tor auf und zusammen verließen wir die Weide. Der Weg zum Stall verlief ohne Vorkommnisse und Humbi merkte, dass ich ihr nichts Böses wollte. So senkte sie immer, wenn nötig den Kopf, dass ich die Möglichkeit hatte sie vollständig zu Putzen. Bei dem Rücken half Niklas, da ich nicht viel sehen von diesem sehen konnte. Ich genoss den Moment der Zweisamkeit und wünschte, die Zeit würde stillstehen. Auch Humbria war sehr gelassen und döste in der Mittagssonne.

      Samu
      Nachdem ich den jungen Schimmelhengst auf die Koppel gebracht hatte, war nun der nächste Kandidat dran. Dieser wartete auch schon am Koppelzaun.
      Neugierig hatte Elf Dancer mich schon beobachtet, wie ich seinen Kumpel zurückbrachte.
      Wie immer ließ der braune Hengst sich brav einsammeln und folgte mir zum Putzplatz.
      Am Stall musste ich leider feststellen, dass mein Lieblingsplatz leider schon besetzt war.
      Niklas und Vriska, standen dort mit der neuen Stute, die nun neugierig den Kopf hob, als sie mein Pferd und mich bemerkte. Neugierig wie Elf nun mal war, blieb er natürlich stehen, um sich die Stute näher anzuschauen.
      “Hübsches Pferd hast du da”, sagte ich an Niklas gerichtet, während ich auch ein Blick auf die Stute warf.
      “Das weiß sie zu schätzen”, scherzte er und legte die Bürste zur Seite. Vriska wirkte etwas teilnahmslos da und verschwand, um das Kappzaum zu holen, dass Jayden ihnen zur Verfügung gestellt hatte.
      “Ich glaube bei dir weiß jedes Pferd zu schätzen, was es hat”. Auch wenn ich ihm immer noch ein wenig misstrauisch gegenüber war, das musste ich ihm dennoch zugestehen. Mit Pferden konnte er wirklich gut. Dancer begann nun am Strick zu ziehen und mit den Hufen zu scharen, weil er unbedingt näher an die Stute wollte.
      “Ist es ok für dich, wenn er mal schnuppert?”, fragte ich Niklas freundlich als mein Hengst den Hals immer länger machte. Auch wenn ich mir nicht die Gedanken machte, dass Elf Blödsinn im Kopf hat, mag es doch nicht jeder, wenn Hengste ihren Stuten zu nahekommen, zumal ich ja auch nicht weiß, wie die braune Stute reagieren wird.
      “Klar, sofern er nicht den nächsten Moment nutzt, ein Fohlen zu zeugen, ist doch in Ordnung”, schmunzelte er und ging einige Schritte zur Seite.
      “Keine Sorge, der ist sehr wohlerzogen”, sagte ich und gab Elf den Raum, um sich der Stute zu nähern. Mit freundlich aufgestellten Ohren näherte er sich einige Schritte und schnupperte neugierig an der Stute. Kurz quietschte sie und trat mit dem Vorderbein nach ihm. Dancer trat daraufhin zwar ein paar Schritte zurück, ließ sich aber nicht beirren und wollte die Stute weiterhin kennenlernen. Sie schien allerdings anderer Meinung zu sein, wenn man ihre Ohren so sah.
      “Das scheint mir so als fände die Dame dich nicht so interessant, Ruskea”, sagte ich dann zu meinem Hengst und strich ihm über den Hals.
      “Ich glaube, wir gehen dann mal, der große soll sich schließlich noch ein wenig bewegen” fügte ich dann an Niklas gewandt hinzu und führte den braunen Hengst in die Stallgasse.

      Vriska
      “Alles klar, sie muss sich noch daran gewöhnen mit anderen Pferden Kontakt zu haben. Wir werden gleich auf den Platz gehen. Vriska möchte noch Unterstützung haben für ihre Abschlussprüfung im Longieren und ich kann auch noch meine Übungen fürs Training für den Schein wiederholen.”, hörte ich Niklas zu Samu sagen, während ich mich noch in der Sattelkammer versteckte.
      “Sie ist nicht das erste Pferd, welches so auf anderes Pferd reagiert, wir haben hier auch den ein oder andern Kandidaten, der das erst lernen musste. Naja, und der Dicke hier ist ihr vielleicht auch einfach zu aufdringlich”, kam von Samu eine freundliche Antwort.
      Ich hörte, dass er sein Hengst weiterführte und verließ die Kammer.
      „Na, hattest du dich verlaufen?“, konnte Niklas sich nicht verkneifen.
      „Ich wollte nicht …“, wollte ich mich rechtfertigen, doch er unterbrach meine Worte: „Versteh‘ schon. Jetzt mach‘ sie fertig für die Doppellonge.“
      So stellte ich mich vor das Pferd und löste den Haken des Halfters ab der Ganasche. Nervös richtete sie ihren Kopf auf. Unbeholfen blickte ich Niklas an, der mit verschränkten angelehnt an der Wand stand.
      “Vielleicht solltest du erst mal lernen, wie man ein Pferd abhalftert, besonders bei deiner Größe”, scherzte er und kam näher. Er verschloss das Halfter erneut und ging zur Seite. Fragend beobachtete ich was Niklas tat. Mir war nicht klar, wovon er sprach, doch stellte ich mich wieder zu ihr, hielt ihr ein Leckerchen hin und wiederholte es. Humbi hingegen nahm das Leckerli und streckte wieder den Hals samt Kopf nach oben, als wüsste sie ganz genau, dass ich da nicht herankommen würde.
      “Offenbar ist sie dir nicht nur in der Größe überlegen”, lachte er.
      “Was soll das denn heißen?”, protestierte ich und verschränkte eingeschnappt die Arme.
      “Stell dich mit deiner rechten Schulter an ihren Hals, sodass du jeder Zeit mit deinem rechten Arm unter sie hindurch zu der anderen Seite des Kopfes greifen kannst. Dann senkt Humbria automatisch den Kopf und du kannst ohne Probleme alles machen”, erklärte er mir mahnend. Wieder mal blickte nur unbeholfen zu ihm aber versuchte es direkt. Die Art der Stute war direkt verändert. Sie legte entspannt den Kopf auf meine Schulter, so konnte ich das Halfter öffnen und über ihren Hals ziehen. Dann nahm ich den Kappzaum und legte es ihr an. Mit meinen Fingern kontrollierte ich, wie es saß. Passt, dachte ich. Einwände von dem Oberlehrer kamen keine, so konnte ich fortfahren und ihr den Gurt umlegen. Da ich ungern ihn ihr über den Rücken schmeißen wollte, fragte ich Niklas nach Hilfe. Statt mir den Gurt abzunehmen und der Stute diesen draufzulegen, hob er mich hoch.
      Auf dem Platz stand die Sonne und so gut wie kein Schatten legte sich über den Sand. Ein Blick in den Himmel verriet mir, dass sich das auch so schnell nicht ändern würde. Niklas setzte sich auf den Zaun des Platzes und legte sein T-Shirt neben sich. Abgelenkt guckte ich ihn an und Humbi machte sich selbstständig. Neugierig lief sie los zurück zum Tor.
      “Statt mich zu bewundern, solltest du dich auf das Pferd konzentrieren. Sie geht gerade”, mahnte er und ich guckte mich um. Fröhlich graste sie am Rand. Mit ihrem Hinterhuf stand sie auf der Longe, so musste ich langsam vorgehen, damit sie sich erschreckte. Ich sprach Humbria an, damit sie hörte, dass ich kam. Mit gespitzten Ohren drehte sie sich zu mir und die Longe zog fest am Kappzaum. Ich hob ihr mein Bein hoch und befreite sie. Sie streckte aufgeregt den Kopf nach oben, aber folgte mich im Anschluss. Zunächst liefen wir gemeinsam einige Runden im Schritt über den Platz. Mehr als dachte, schwitzte ich zu Tode und würde gern mich meines Shirts entledigen, doch ich wollte nicht meinen Rücken zeigen oder einen Sonnenbrand bekommen. Gelassen folgte sie mir, so beschloss ich die Doppellonge vollständig zu befestigen.

      Lina
      Nathalie hatte ich inzwischen abgesattelt und auf die Weide gebracht. Ich war gerade dabei das Tor zu schließen, als mich eine Nachricht erreichte.
      “Mach bitte heute noch Carry und Injaki, ich komme heute nicht dazu”. Die Nachricht kam von Hazel, eigentlich hätte sie heute die Pferde vom Chef übernehmen sollen, da er irgendetwas Wichtiges zu erledigen hatte, doch schien bar hatte sie kein gutes Zeitmanagement. Grundsätzlich hätte ich auch nichts dagegen die beiden zu übernehmen, doch da gab es ein kleines Problem.
      “Du weißt aber schon das ich von Western keine Ahnung hab”, antwortete ich ihr.
      “Aber du weißt, wie ein Pferd funktioniert, also geh mit denen Ausreiten oder was weiß ich”, bekam ich als Antwort. Na toll, sieht so aus als hätte ich jetzt zwei Westernpferde an der Backe. “Ok” tippe ich seufzend in mein Handy. Na toll, da ist heute schon eh nicht mein Tag Pferde mäßig und dann soll ich mich auch noch um zwei kümmern, dessen Sprache ich nicht sprach, Danke Hazel. Dann werde ich wohl einen Ausritt unternehmen und hoffen wieder mit Pferd auf dem Hof anzukommen, denn die Führanlage hatte heute Morgen leider ihren Geist aufgegeben und Daniel, der sich sonst um so etwas kümmerte, war leider im Urlaub. Vielleicht würde ich irgendwen finden, der mich auf einem Ausritt begleiten möchte, nur die Frage war wer.
      Samu war sicherlich noch mit seinen eigenen Pferden beschäftigt, Jayden hatte ich noch nicht wieder gesehen, Hazel hatte mir die beiden ja erst abgedrückt und der Rest hatte sicherlich auch zu tun. Naja, vielleicht hatte ich ja Glück und würde trotzdem jemanden finden. So lief ich also zurück zum Hof in der Hoffnung irgendwen zu finden, der so aussah, als sei ihm langweilig.
      Schon von Weitem konnte ich erkennen, dass Niklas neue Stute auf dem Platz war. Doch mit ein wenig Verwunderung stellte ich fest, dass nicht er mit der Stute arbeitete, sondern Vriska. Niklas saß entspannt auf dem Zaun und sah dabei zu, ohne Shirt wohlgemerkt, was bei der Hitze durchaus nachvollziehbar war. Ich selbst hatte mein Shirt, nachdem ich von Nathalie abgestiegen war, zusammengeknotet, um wenigstens nicht ganz zu schmelzen.
      Wie ich Niklas da so sitzen sah, fiel mir wieder ein, dass es eventuell doch noch eine Möglichkeit geben könnte, wie ich die beiden Hengste nicht reiten musste.
      “Eigentlich war ich auf der Suche nach jemandem, der mit mir Ausreiten geht, aber du kennst dich nicht zufällig mit Führanlagen aus?”, fragte ich Niklas und stellte mich neben ihn an den Zaun. Natürlich entgingen mir auch diesmal nicht die Kratzer auf seinem Rücken, doch ich beschloss lieber nicht weiter nachzuforschen. Ich würde eh nur wieder zu hören bekommen, dass es hier sehr aggressive Stechmücken gibt.
      “Vriska. Wärst du so freundlich die Frage zu beantworten?”, scherzte er und wandte sich seinem Sprössling zu. Etwas verwunderte ich zu ihr.
      “Wartung, Pflege, Reinigung und Prüfung von Maschinen sowie Geräten, Betriebsanlagen und elektrischen Anlagen gehört mit zur Prüfung zum Pferdewirt”, antwortete sie sichtlich genervt.
      “Also ja, kann ich. Können wir uns gern nach dem Unterricht mal anschauen”, grinste Niklas mich an.
      “Gott sei Dank, du bewahrst mich gerade davor mich auf zwei wahnsinnige Pferde zu setzen. Ich hatte heute genug Wahnsinn für einen Tag”. Ein Pulsieren in meiner Handfläche bestätigte mich darin. Zumindest für den Rest der Woche würde ich wohl an meine Handschuhe denken.
      “Wieso was ist, den so wahnsinnig an denen?”, fragte er freundlich und blickte zu mir.
      “Naja, mein Chef steht scheinbar auf bekloppte Pferde. Injaki, ist noch harmlos. Er ist halt eine kleine Diva. Aber Carry wollte, glaub ich, eigentlich beim Rodeo anfangen. Er lässt sich nur sehr widerwillig auf neue Reiter ein. Aber das viel größere Problem an den beiden ist wohl nicht ihr Charakter, sondern die Tatsache, dass es Westernpferde sind”, erklärte ich Niklas ein wenig erleichtert mich vor allem nicht auf den Paint Horse Hengst einlassen zu müssen. Der Hengst war bekannt dafür, schon so manchen guten Reiter auf den Boden geschickt zu haben.
      “Das kann ich nachvollziehen, aber ein Westernsattel kann schon ziemlich bequem sein, zumindest für Mann”, erklärte er und ein breites Grinsen erhellte sein Gesicht.
      “Na, das glaub ich dir, aber zumindest ich möchte heute keine nähere Bekanntschaft mit dem Boden machen”, erklärte ich, während ich Vriska und Humbi beobachtet. “Das hat Hazel schon ganz clever gemacht mir die beiden Wildfänge aufzudrücken. Hätte sie mir Blue oder so hingestellt hätte ich mich eindeutig mehr gefreut”, fügte ich noch hinzu.
      “Vielleicht hat sie ja irgendwas im Schilde oder will dafür sorgen, dass du bleibst”, vermutete er.
      “Das wäre aber ein ziemlich fieser Plan, das zu erreichen, indem ich vom Pferd falle, da würden mir bessere Pläne einfallen. Sie sollte sich lieber freuen, dass sie die Reitschule übernehmen darf.”, sagte ich und begann Gleichzeit darüber nachzudenken, ob er recht haben könnte. Aber auf welchem Grund könnte Hazel den wollen, dass ich hierbleibe?
      “Manche Menschen tun alles, um an ihr Ziel zu kommen”, erklärte Niklas. In dem Moment blickte auch Vriska zu uns. “Du konzentrierst dich mal mehr auf Humbi. Versuche sie etwas mehr zu Biegen, sie fällt immer wieder auf die Vorderhand und die Handwechsel müssen sauberer werden. Bevor du sie das alles im Trab machen lässt, übe erst mal weiter im Schritt. Sie sagt dir dann schon, wenn du etwas richtig oder falsch machst”, tadelte er sie. Vriska antwortete nicht, sondern bremste die Stute zurück in den Schritt und fasste die Longe neu.
      “Mag ja sein, aber man kann erst mit mir reden, bevor man versucht mich umzubringen. Ist nicht so als würde es mir nicht schon schwer genug fallen, dass alles hier verlassen. Immerhin ist das hier so was wie meine zweite Heimat”, murmelte ich. Schon waren sie wieder da, die Zweifel, ob die Entscheidung richtig gewesen war oder vielleicht viel zu spontan. Unbewusst begann ich an meinen Finger zu spielen.
      “Ach Kleines, entspann dich. Wird schon alles werden”, versuchte Niklas mich nun aufzumuntern und strich mir mit seiner Hand über die Wange.
      Augenblicklich hörten meine Finger auf sich zu bewegen. Dafür bohrten sich meine Fingernägel nun tief in meine Haut. Das wird schon, ein Satz, den ich bereits so oft gehört hatte, dass ich ihn normalerweise keinerlei Bedeutung gab. Doch heute war es anders, heute wollte ich es zumindest Glauben. Das wird schon wiederholte ich in meinem Kopf. Es wird alles gut werden. Die Entscheidung ist kein Fehler. All diese Sätze wiederholte ich in meinem Kopf und tatsächlich funktionierte es. Die negativen Gedanken verloren an Bedeutung, rückten in den Hintergrund und meine Finger verloren an Kraft.
      “Das wird schon”, flüsterte ich mehr für mich selbst und ein schwaches Lächeln stahl sich auf meine Lippen, als ich zu Niklas hochsah. Alles wird gut werden, wenn ich mir nicht selbst im Weg stehe.
      “Lina, hör mir zu. Im Leben gibt es Veränderungen, die sowohl positiv als auch negativ ausfallen können. Aber man muss manches erst einmal probieren und nicht davor wegrennen. Dein oder unser neues Leben in Schweden kann vieles mit sich bringen. Du kannst dich weiter entwickeln, zu einem noch besseren Menschen”, erklärte Niklas mir. Offenbar hatte er mehr mitbekommen als ich dachte. In mir regten sich direkt Gefühle von Hoffnung, dennoch dauerte es noch ein paar Sekunden bis auch mein Gehirn ansatzweise davon überzeugt war.
      “Du hast recht, ich muss mich das Unbekannte einlassen”, antwortete ich und war gleichzeitig ein wenig von mir selbst überrascht. Auch damals, als ich mit Samu ausgewandert war, hatte ich Angst vor der Zukunft gehabt, aber damals hatte ich meine Vergangenheit mit Freude hinter mir gelassen und nicht weitergedacht als bis zum nächsten Tag. Doch das hier war etwas anderes. Das hier könnte der Anfang von einem neuen Ich würde gut sein, auch wenn es bedeutete alles was ich in den letzten zwei Jahren erlebt, hatte hinter mir zu lassen.
      “Ich denke…”, setzte ich zögerlich an “ich bin bereit für etwas neues”, fügte ich halbwegs überzeugt hinzu und auch die letzte Anspannung verließ meinen Körper.

      Vriska
      Als ich beobachte und teilweise mithörte, wie Lina und Niklas sich unterhielten, spürte ich den Schmerz in mir. Den Schmerz, den ich in der Stallgasse gelassen hatte und nun hatte er den Weg zurück zu mir gefunden. Das wirkte sich auch auf Humbi aus. Immer wieder legte sie die Ohren und biss drohend nach mir. Niklas war noch immer mit Lina beschäftigt, so konnte ich ihn nicht nach Rat fragen. Stattdessen holte ich sie mir in die Mitte und lief im Schritt einfach nur herum. Auf eine gewisse Art beruhigte Humbria mich, denn sie reagierte sensibel auf alles, was ich tat. So musste ich genau aufpassen, was ich dachte und fühlte. Die Uhr verriet mir, dass schon 40 Minuten vergangen sind, so brauchte das Training mit ihr gar nicht mehr weiterzugehen. Wortlos verließ ich den Reitplatz, doch im Stall begannen wieder die Probleme, die wir beim fertig machen hatten. Frustriert, warf ich Gurt zur Seite.
      “Man”, beschwerte ich mich bei ihr. Plötzlich schien die Stute mir wirklich zuzuhören. Neugierig spitzte sie die Ohren und nahm ihren Kopf herunter. Schnell zog ich das Halfter über ihren Hals und nahm den Kappzaum ab. Niklas war noch immer nicht da, so brachte ich die Stute allein zurück. Im Stall brachte ich alles wieder in Ordnung und verschwand in meinem Zimmer.
      So wie der Gurt flog nun auch die Reithose in die Ecke, auch mein Shirt durfte sich dazu gesellen. Es war mir klar, dass es so nicht weiter gehen konnte. Kurzerhand schnappte ich mir mein Handy und schrieb Niklas eine Nachricht: “Jävat skit. Din jävla idiot. Berätta för henne eller gör det. Jag står inte ut med det längre. (Schei*e. Du bist so ein verdammter Idiot. Du sagst es ihr oder ich tue es. Ich halte das nicht mehr länger aus.)”
      Etwas erleichtert, legte ich es auf den Tisch und ließ mir im Badezimmer Wasser in Wanne ein. Meine Schmerzen im Unterleib wurden immer schlimmer und ich hoffte, dass es nach dem Bad besser werden würde. Nach einem Blick auf mein Telefon, auf dem noch immer keine Antwort war, legte ich es zurück und ging ins Badezimmer.

      Niklas
      “Also dann gleich wegen der Führanlage gucken?”, sprach ich das ursprüngliche Thema wieder an. Da fielen mir auch meine Worte wieder ein und bemerkte, dass Vriska nicht mehr da war. Eh eine Antwort von Lina kam, fragte ich sie: “Hast du mitbekommen, wo Vriska hin ist?”
      “Ähh Nein. Aber sie wird sich sicherlich nicht in Luft aufgelöst haben?”, antwortete sie mir irritiert.
      “Wäre nichts Neues, wenn sie auf einmal noch Superkräfte hätte”, scherzte ich. Dann vibrierte mein Handy und bekam eine Nachricht von ihr. Langsam wurde sie wirklich verrückt und das in weniger als 24h. Worauf hatte ich mich da nur eingelassen? Auf keinen Fall durfte Lina das erfahren, ich wollte das mit ihr nicht verlieren. Also musste ich eine Lösung finden, kurz überlegte ich, ob Mord eine Lösung wäre, doch das bringt auch nichts. Wie sollte man das Verschwinden begründen?
      “Möglich, dass sie auf einmal zaubern kann, aber ich vermute einfach mal sie ist in Richtung Stall gegangen, wie ein normaler Mensch”, lenkte Lina meine Aufmerksamkeit auf das Gespräch.
      “Ich schätze Vriska ist alles, außer normal”, murmelte ich und warf einen erneuten Blick auf mein Handy.
      “Wer ist denn schon normal”, antworte sie.
      “Ich denke schon, dass Ju und Samu deutlich näher an Normal dran ist als Vriska”, lachte ich.
      “Das mag sein, aber aus Erfahrung kann ich Dir sagen, nicht mal Samu ist normal. Wäre er das hätte er mich vermutlich schon damals für komplett bescheuert gehalten”, stimmte sie mir fröhlich zu.
      “Sie hat mir geschrieben und ist ziemlich sauer, vielleicht sollte ich mal gucken gehen”, log ich teilweise und verabschiedete mich. Da ich nicht genau wusste, was nun auf mich zukommen würde, bereitete ich mich auf alles vor.
      Vorsichtig klopfte ich an ihre Tür, keine Reaktion. Ich fühlte mich nicht wohl mit Gedanken ihr Zimmer zu betreten ohne Erlaubnis, doch ich ignorierte es. Aus dem Bad hörte ich sie fragen, wer da sei. Vorsichtig schob ich die Tür einen Spalt auf.
      “Was willst du? War meine Nachricht nicht eindeutig genug?”, fragte Vriska ziemlich genervt.
      “Doch, aber es geht nicht. Auf keinen Fall wird ihr das jemand sagen”, versuchte ich den Ernst der Lage zu schildern.
      “Und was habe ich davon, außer Schmerzen?”, fragte sie wieder und dachte wirklich etwas gegen mich in der Hand zu haben.
      “Das kannst du dir aussuchen”, schlug ich vor. Der Blick in ihrem Gesicht sagt vieles aus. Die Sache schien mir jedoch nicht so sicher zu sein, wie ich hoffte. Auch ihre Antwort dauerte mir persönlich etwas zu lange, um das es gut für mich verlaufen würde.
      “Wir lernen nachher”, sagte sie dann trocken. Unsicher nickte ich und schloss die Tür. Mehr oder weniger gut verlaufen. Worauf hinauswollte, lag in den Sternen. Diese Andeutung hatte sie gestern schon gemacht. Aber mir gefiel der Gedanke und erleichtert ging ich zurück.
      “Wollen wir dann jetzt mal gucken wegen der Anlage?”, schrieb ich Lina, während ich zum Zimmer lief.


      © Mohikanerin, Wolfszeit | 98.471 Zeichen

    • Wolfszeit
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      01.09.2021|Wolfszeit
      Black Lady| Chessqueen| LMR Fashion Girl| British Gold| Flanell' d Egalité| Lancasters Peppermint| LMR Royal Champion| Curly Lure| Clevant 'Mad Eye'|Lifesaver

      Heute war viel los auf dem WHC. Gestern war das Nationalteam abgereist, was bedeutete, dass wir heute den ganzen Tag damit beschäftigt sein würden aufzuräumen. Zwischendrin mussten auch noch die Pferde versorgt werden. So machte ich mich daran, als Erstes die Stuten auf die Koppel zu bringen. Blacky, Chess, Fashion und Gold waren zum Glück umgänglich, sodass sie schnell draußen waren. Daraufhin folgten die Hengste. Flany, Peppy und Champ durften auch auf die Koppel. Als ich Curly holen wollte, um mit ihr ausreiten zu gehen, stellte ich fest, dass Mad Eye auf dem falschen Paddock stand. Sicher hatte eines der Kinder ihn falsch weggestellt. Also brachte ich erst den kleinen Wallach zurück zu seinen Kumples, bevor ich mir die Haflingerstute schnappte um sie zu bewegen.
    • Wolfszeit
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      13.09.2021|Wolfszeit
      Abe’s Aelfric| Acerado| All Hope Is Gone| Amigo| Baroness Of The Guard| Cremella| Elvish Beauty| Fraena van Húlshof| Jora| Little Buddy| LMR Ice Rain| Look At My Hair| Mas’uda| Miss Leika| Nurja| PFS’ Artic Tiger| PFS’ Caruso| Promise Of Sundance| Saturn| Songbird| Sunny Empire| Ursel-die Bäringöttin| Vakany| Vikar | HMJ Divine| Lifesaver| Don Carlo| Herkules| WHC’Solist| Lancasters Peppermit| LMR Royal Champion| Flanell d’Egalité| Walking On Sunshine| Elf Dancer| HMJ Divine
      Aschenflug| Darly Gone Mad| Fanya| Mystic Fantasy Dahlia| Osgiliath| Sasancho| Wo der Wolf Heult| Zephyr| ZM’Zanaro| Fanya| Morian

      Jace| Ich wischte über den beschlagenen Spiegel. Mein eigenes, müdes Gesicht starrte mir entgegen. Dunkle Schatten zeichneten sich unter den Augen ab und mein Hals und meine trug noch Spuren von Sonntagnacht. Die junge Dame hatte sich wirklich alle Mühe gegeben, dass ich sie nicht ganz so schnell vergaß. Dennoch war es nur eine von vielen und sobald die Spuren auf meinem Körper verblassten würde ich auch sie vergessen haben, ihren Namen wusste ich jetzt schon nicht mehr. An diesem Abend hätte ich viel lieber jemand anderen bei mir gehabt. Jemand, der mir mein Herz gestohlen hatte und sich nun auf dem langen beschwerlichen Weg nach Europa befand. Es tat weh zu sehen, wie sie sich in jemand anderen verliebte und noch mehr schmerzte es, als sie mir den Rücken kehrte.
      Es war endgültig, Lina ging mit diesem dämlichen Typen nach Schweden. So richtig realisierte ich die Situation erst, als gestern eine Benachrichtigung auf meinem Handy aufpoppte: “10:00 Instagram: Linas_horseworld hat vor Kurzem etwas gepostet”. In dem Post zu sehen, war sie wie sie ihren Hengst umarmte, im orangeroten Licht der Abendsonne. Ein harmonisches Bild, auf dem sich die innige Verbindung spüren ließ, die Lina und den weißen Freiberger verband. Darunter nur ein kurzes Zitat: “There are no goodbyes for us. Wherever you are, you will always be in my heart ❤️” Die Worte unter dem Bild prägten sich mir ein, besser hätte ich sie nicht wählen können. Lina wird immer in meinem Herzen blieben und früher oder später wird sie schon noch erkennen, dass sie hierhergehörte. An meine Seite und nicht an die von einem so dahergelaufenen Schönling. Allgemein wunderte es mich, dass Lina offenbar seit neustem so leicht herumzukriegen war. Seit Mai gab ich mein Bestes, um Lina bei ihrer Entscheidung bezüglich ihrer Gefühle mir gegenüber zu unterstützen. Und was bekam ich dafür? Richtig, absolut nichts. Fest umgriffen mein Finger, das Waschbecken, sodass die Fingerknöchel weiß hervortraten. Nur meine Selbstbeherrschung hielt mich davon ab einfach in den Spiegel zu schlagen. Für diesen dämlichen Niklas stelle Lina auf einmal ihr ganzes Leben auf den Kopf und das, obwohl er sie mit seinen komischen Liebeleien zu Vriska kompromittierte. Für Lina wünschte ich mir, dass dieser Affe seine Triebe in Zukunft besser unter Kontrolle hatte. Wenn es eins gab, was ich weniger leiden konnte als Typen, die mir die Mädchen ausspannten, waren es Typen, die dem Mädchen meiner Träume das Herz brachen. Schon beim bloßen Gedanken daran bekam ich das dringende Bedürfnis ihm gleich noch einmal die Nase zu brechen.
      Heute Morgen hatte sich alles so surreal angefühlt, aufzuwachen und zu wissen, Lina war nicht mehr da, dass sie kein Teil des Teams mehr war. Seitdem sie gestern losgeflogen war, hatte ich nichts mehr von ihr gehört, was vermutlich vor allem der Tatsache geschuldet war, dass sie noch im Flugzeug mitten über dem Atlantik saß. Auch gehörte ich vermutlich nicht zu den Top 10, denen Lina unmittelbar mitteilen würde, dass sie gut gelandet war, dafür hatte ich mit meiner Dummheit selbst gesorgt. Aber ich musste irgendwie weitermachen, hatte keine Zeit zum um zu warten. Am Freitag würde das Vorreiten für den kanadischen Kader sein, also hieß es neben der Arbeit fleißig zu trainieren. Seufzend griff ich nach dem hellblauen Hof Shirt, welches an der Tür hing und warf es mir über, schlüpfte in die schwarze Reithose und die Strümpfe. Im Hinausgehen schnappte ich mir noch einen Apfel, den ich auf dem Weg nach unten verspeiste. In der unteren Etage war es still, denn die waren vermutlich noch auf ihren Zimmern, ich war heute ziemlich früh dran. An der Tür nahm ich mein Sneaker aus dem Regal. Neben den Schuhen von Samu, war nun eine Lücke. Dort hatten immer Lina, niedliche kleine Schühchen, mit dem Sternenhimmel auf dem Swoosh gestanden. Bis heute frage ich mich, warum sie sich sogar für ihre Stallschuhe die Mühe gemacht hatte, diese liebevoll zu bemalen.
      Gedankenverloren lief ich über den Hof. Der Wind musste gedreht haben in trug nun die kühle Bergluft zu uns rüber. So warm wie der Sommer hier auch war, die Jahreszeiten wechseln recht schnell. In den Höhenlagen hier konnte man selbst nach einem so heißen Sommer wie diesem, Mitte September den ersten Schnee erwarten. Noch war der Stall nahezu leer, aber nicht mehr lang und dann würden wir die Pferde von den Sommerkoppeln herunterholen. Dann würden die meisten von ihnen nicht mehr die Nacht auf den Koppeln verbringen, sondern im warmen Stall. Nichtsdestotrotz war es unruhig im Stall. Ungeduldig trat Acerado gegen die Boxenwand. Matt hatte gerade mit dem Füttern begannen und dem braunen passte es nicht so ganz, dass Saturn, Carlo und Lifesaver ihr Futter bereits hatten. Herkules schien das Ganze auch zu langsam zu gehen, denn er reckte den Hals lang in der Hoffnung sich einfach selbst bedienen zu können.
      “Morgen”, grüßte ich meinen Kollegen freundlich, bevor ich den Stall wieder verließ, beim Füttern würde ich nur stören. Somit schlenderte ich zu der Koppel hinüber, um nach Solisten zu sehen. Der Falbe hatte die Nacht zusammen mit den anderen Junghengsten auf der Koppel verbracht. Obwohl er erst seit 4 Tagen in der kleinen Herde stand, schien er sich schon relativ gut integriert zu haben. Hier und da hatte er ein wenig einstecken müssen, besonders von Camp, der seinen Chefstatus verteidigte, doch der junge Hengst war klug genug, sich bei den Älteren unterzuordnen.
      “Solo, komm”, rief ich über die Koppel. Flanell der verschmustes aus der Truppe kam sofort an getrottet. Buddy und Champ zuckten nicht einmal mit den Ohren, sondern grasten friedlich weiter. Solist mit Peppermint im Schlepptau folgten dem graunen Hengst mit etwas Abstand. Spielerisch schnappte mein Babypferd nach dem älteren Tigerschecken, was dieser allerdings mit einem Warnenden quietschen quittierte. Sofort begann der Falbe ihn zu beschwichtigen in dem, er unterwürfig kaute. Flany ließ derweil ein wenig verwöhnen und streckte genüsslich den Kopf in die Höhe.

      Samu| “När kommer du äntligen hit till mig? Sängen är alldeles för stor för mig ensam”, klagte Enya und machte einen leidenden Gesichtsausdruck. Wie aufs Stichwort kam Findus an getapst. Freundlich reib die Tigerkatze ihr Köpfchen an ihrem Arm, bevor sie sie sich schnurrend neben ihr bequem machte und mit ihren Pfoten die Decke unter ihr knetete.
      “Är Pettson och Findus inget bra sällskap?”, schmunzelte ich. Natürlich fehlte sie mir auch. Wir telefonierten zwar jeden Tag, aber es war doch etwas ganz anderes sie bei mir zu haben. “Jag kommer att vara med dig nästa torsdag, men för nu bara i två veckor. Jag har några saker att klargöra innan jag kan få visumet”, fügte ich sanft hinzu.
      “Åhh, vad skönt, då kan vi fira din födelsedag här”, strahlte meine Freundin.
      “Ja, det är min gåva till mig själv, så att säga, att ha dig med mig”, lächelte ich liebevoll.
      “Och du är säker på att det inte är en gåva för mig?”, fragte meine Freundin reizvoll und begann gedankenverloren an einer Haarsträhne zu drehen.
      “En present till oss båda. En gästpresent till dig och en födelsedagspresent till mig”, erwiderte ich sanft. Ich wurde ganz wuschig dabei, wenn ich ihre Finger sah, die immer noch die Strähne zwirbelten. Mein Handy erinnerte mich daran, dass es nun Zeit war, das Gespräch zu beenden, denn die Arbeit wartete.
      “Jag måste bryta upp, Makea. Hästarna väntar”, lenkte ich das Telefonat auf das Ende zu.
      “Det var för kort igen. Jag saknar dig redan, Samu”, seufzte die blonde Schönheit.
      “Ja, det var det, men du borde fortsätta studera nu”, stimmte ich ihr zu. Die Zeit verfolgt immer so wahnsinnig schnell.
      “Du har rätt. Vi ses imorgon jag älskar dig”, verabschiedete sie sich und warf mir einen Luftkuss zu.
      “Jag älskar dig också. Vi ses imorgon”, beendete ich das Gespräch nun endgültig.

      Nach einer wohltuenden Dusche schlenderte ich energiegeladen zur Hauskoppel hinüber. Als allererstes wollte ich bei Sunny Empire und Mas’uda vorbeisehen. Auch wenn die blinde Stute gut mit ihrer Situation zurechtkam, überzeugte ich mich lieber morgens als Erstes von ihrer Gesundheit.
      Ein leichter Nebel waberte über dem kleinen Bachlauf, der am Rande der Koppel entlangführte und ließ einzelne Sonnenstrahlen sichtbar werden. Die beiden Stuten grasten friedlich nebeneinander in der morgendlichen Sonne. Sunny stellte neugierig ihre Ohren auf, als ich mich näherte und wieherte mich freundlich an. Immer wieder faszinierend, wie sie die Menschen sogar an den Schritten auseinanderhalten konnte.
      “Guten Morgen, Empire”, begrüßte ich die Stute und strich ihr sanft über das helle Fell. Die kleine Araberstute neben ihr hatte nur kurz den Kopf gehoben. Masu war ein wenig zurückhalten und gab sich lieber mit ihresgleichen ab, als mit dem Menschen. Einen Moment genoss ich die Stille auf dem Hof, denn so wirklich still war es hier die letzten zwei Wochen nicht gewesen. Die beiden Nationalteams hatten das Leben hier ganz schön aufgemischt. Ich hatte erwartet, dass es gut für Lina sein, würde mal wieder unter Leute zu kommen, denn für gewöhnlich musste man schon kreativ werden, sie irgendwo hinzubekommen. Dass meine beste Freundin allerdings nun mit ihrem FREUND auf dem Weg nach Schweden war, kam aber sogar für mich überraschend. Zugegeben, nach Europa zog es sie bereits wieder, nachdem sie Divine in Schweden abgeholt hatte. Wochenlang kam sie aus dem schwärmen nicht heraus und sie hatte ohnehin schon große Sehnsucht nach unserer Heimat gehabt.
      Aber dass Lina jetzt nach knappen zwei Wochen einen festen Freund hatte, so richtig offiziell war schon verrückt. 3 Jahre war die Trennung von Flinn nun her. Seitdem hatte sie so wenig romantische Interessen gezeigt, dass ich schon daran zu zweifeln begann, ob die den Schritt jemals gehen, wird wieder eine Beziehung einzugehen. Umso mehr freute ich mich für sie, dass sie den Schritt doch gewagt hatte.
      “Na Empire, dann hoffen wir mal, dass Lina so glücklich mit Niklas bleibt”, sagte ich zu der jungen Stute und tätschelte ihren Hals. Was ich definitiv jetzt schon sagen konnte, war das Linas neuer Freund etwas ganz Besonderes an sich haben musste. So schnell hatte sie sich bisher niemandem geöffnet, na ja außer ihrem Pferd.
      “Guten Morgen Samu”, grüßte mich Jamie, der Highlandponystute Ursel am Zaun entlanglief. Ich grüßte freundlich zurück, bevor ich auf die Uhr blickte. So langsam sollte ich wirklich mal mit dem Training meiner Pferde beginnen.
      Im Stall herrschte eine entspannte Atmosphäre. Die meisten Pferde hatten ihr Kraftfutter bereits aufgefressen, mümmelten an ihrem Heu oder sahen aus ihren Fenstern.
      Auf dem Putzplatz stand bereits Miss Leika. Ein großer brauner Mistfleck zierte ihre Flanke, den Jayden auch schon intensiv bearbeitet. Jora, die sie Nebenbox von der Stute wohnte, zu der ich jetzt wollte, streckte freundlich ihren Kopf aus der Box. Kurz streichelte ich sie über, bevor ich Elvishs Box betrat. Die Schimmelstute mümmelte an ihrem Heu, wobei die lange Mähne ihr immer wieder in die Augen rutsche. Genervt schüttelte Elvish ihren Kopf. So langsam war echt an der Zeit, die Mähen abzuschneiden. Die Stute störte sich daran und bei ihrem schmächtigen Hals, sah es außerdem auch nicht sonderlich gut aus. Vor der Box griff ich nach dem beerenfarben Halfter der Stute, eine Sache die ich Luchys Tochter zu verdanken hatte, und holte sie aus ihrer Box. Als ich die Schimmelstute an Ice Rain vorbeiführte, schnappte die Scheckstute nach ihr. Konsequent wies ich sie zurecht. Beauty blieb davon recht unbeeindruckt, sondern trotte nur brav neben mir bis zum Putzplatz.
      Noch bevor ich begann die Stute zu putzen, holte ich die Schere aus der Sattelkammer.
      “Ahh, kommt die Mähnen nun endlich ab?”, frage Jayden, der immer noch das Fell der Cremellostute reinigte, die mittlerweile vor sich hindöste.
      “Jap, wird ja auch mal Zeit, ich glaube das arme Pferd ist auch schon ganz genervt davon”, erklärte ich. Als wenn Beauty zustimmen wollte, nickte sie mit ihrem Kopf.
      “Lina würde dir jetzt sicher einen Vortrag halten, warum du das nicht tun solltest. Aber ich stimme dir zu, besonders hübsch sieht das nicht an ihr aus”, grinste mein Kollege.
      “Richtig, aber Lina ist nicht hier, also kommt die Mähne ab”, lachte ich und wand mich der Mähne der Stute zu. Strähne für Strähne fiel die Mähne zu Boden, bis nur noch knapp eine Handbreit an dem Pferd verblieb.

      Jace| Buckelt und quietschend schoss der Tinker Hengst los als ich ihn antraben wollte. Na gut, wenn er laufen wollte, dann sollte er. Energisch trieb ich den Hengst an, sodass er in einen flotten Galopp fiel. Der Rappe versucht noch ein paar weitere Male zu buckeln, was immer dazu führte, dass ich ihn an Tempo zulegen ließ. Vikar hatte sich vorhin deutlich netter benommen. Im Galopp ritt ich einige Handwechsel, verkleinerte und vergrößerte den Zirkel, ließ sich den Hengst richtig auspowern.
      Verschwitzt und müde trotte der Hope am Ende des Trainings unter mir her. Nachdem er seine Energie herausgelassen hatte, konnte ich tatsächlich noch vernünftig mit ihm arbeiten. Mit Looki an der Longe, betrat Quinn den Reitplatz, als mein Handy klingelte.
      “Hallo Alec, hast du schon wieder Sehnsucht nach mir”, begrüßte ich meinen Kumpel.
      “Noch nicht, ich glaube, ich war in den letzten zwei Wochen oft genug bei euch drüben”, lachte Alec am anderen Ende. “Der Grund warum ich eigentlich anrufe, ist dein Vorreiten am Freitag. Ich dachte, wenn du morgen oder vielleicht auch noch heute Zeit hast könntest du rumkommen und ich gebe dir noch ein paar Tipps und vielleicht lasse ich dich ja auch Mo reiten. Auf den bist du schon lange scharf”, bot Alec an.
      “Das klingt hervorragend, danke. Ich denke, ich würde dann gleich morgen früh vorbeikommen”, antworte ich. Nochmal ein paar Tipps von Alec zu bekommen war sicher hilfreich, auf dem Gebiet der Dressur war ein wenig bewanderte als ich.
      “Perfekt, aber eine Frage habe ich noch: Hast du dich eigentlich schon entschieden mit welchem Pferd du reitest?”, fragte mein Kumpel.
      “Nein, noch nicht endgültig. Eigentlich würde ich gerne mit Sunny reiten, aber die ist ja gedeckt, also könnte ich, falls sie mich nehmen, eh nicht mit im Team reiten. Also wird es vermutlich Herkules, auch wenn er schlechter ausgebildet ist”, äußerte ich meine Bedenken.
      “Was ist mit Promise die ist doch gut Ausgebildet?”, schlug mein Kumpel vor.
      “Die ist seit ihrem Fohlen in Rente, sie ist ja bereits 18 Jahre alt”, erklärte ich.
      “Na dann, ist die Entscheidung wohl offensichtlich”, erwiderte Alec im Hintergrund war, ein Wiehern zu vernehmen.
      “Ist zwar nett mit dir zu quatschen, aber ich muss jetzt Schluss machen, ich habe die Ehre Quinn und Hazel gleich beim Kindergeburtstag zu unterstützen und vorher muss ich noch den dicken Tinker aufräumen”, verabschiedete ich mich.
      “Phyri wird auch langsam ungeduldig. Also dann bis morgen”, beendete Alec das Gespräch und legte auf. Hope war mittlerweile halbwegs trocken, für den Rest würde ich ihn gleich noch einmal unters Solarium stellen. Also ritt ich ihm zum Stall und sattelte ihn dort ab.
      Kaum hatte ich den Tinker zurück auf die Koppel gebracht, drückte Hazel mir auch schon Amigos Halfter in die Hand: “Hier, die Kinder kommen in 10 Minuten. Wir putzen zwar gleich mit den Kindern, aber besten putzt du schon mal vor.” Sie selbst verschwand zu den Stuten, um die anderen Ponys zu holen. Der kleine gepunktete Shettywallach, stand mit Rici, Caruso und Tiger am Heu und mampfte gelassen.
      “Na komm kleiner, lass uns ein paar Kinder bespaßen”, sagte ich ironisch zu dem Shetty und wuschelte ihm durch die Mähne. Eigentlich hätte Lina den Geburtstag machen sollen, immerhin hatte sie das ganze Konzept mit der Shettyschule auch ins Leben gerufen, aber sie verbrachte ihre Zeit ja lieber mit Niklas am anderen Ende der Welt anstatt hier.
      Amigo versenkte seinen Kopf noch tiefer im Heu und ließ sich nur wieder willig davon überzeugen mit mir mitzukommen. Vor dem Stall standen bereits Fraena, Cremella und Songbird angebunden. Die beiden Mädels waren bereits dabei die Ponys zu putzen.
      “Ist die überhaupt geritten?”, fragte ich Hazel stirnrunzelnd und betrachtete die kleine Scheckstute. Sie war noch nicht wirklich lange bei uns und obwohl sie bereits 7 Jahre alt war noch nahezu Roh, meines Wissensstandes nach.
      “Geht so, aber für heute reicht es. Aber du solltest dich mal beeilen, in 5 Minuten sind die Kinderchen da”, antwortete sie und kratzte dem Pony den Vorderhuf aus. Kaum hatte sie zu ende gesprochen kam auch schon ein Vater angelaufen und fragte, wo er parken konnte. Freundlich erklärte Quinn dem Mann den Weg zum Besucherparkplatz. Ein paar Minuten später wurde ich von 7 paar Kinderaugen angestarrt, die in einem Halbkreis vor uns standen.
      “Herzlich willkommen hier auf dem Whitehorse Creek. Ich bin Hazel und die beiden neben mir sind Quinn und Jace. Wir werden die nächsten Stunden mit euch verbringen. Wer von euch ist denn das Geburtstagskind?”, begrüßte Hazel die Kinder. Ein kleines blondes Mädchen, mit blau pinker Reithose und pinkem Reithelm meldete sich. Sie hieß Lilly und es war heute ihr 5ter Geburstag.
      “Also bevor wir anfangen können stell ich euch mal die Ponys vor. Die kleine helle da ist Cremella, der kleine Plüschball daneben ist Fraena, die Schecke ist Songbird und der kleine Kerl mit den Punkten dort ist Amigo. Bevor wir jetzt gleich reiten, werden wir die Ponys erst einmal hübsch machen”, setzte Hazel fort und begann den Kindern zu erklären, wie die Ponys geputzt werden. Anschließend durfte sich das Geburtstagskind ein Pony aussuchen. Die kleine wählte Cremella, weil sie ihrer Aussage nach aussah wie das Pony einer Prinzessin.

      Samu| Große Kinderaugen starrten mich an, als ich mit Vakany aus dem Stall ritt, wo sich ein lustiges Bild bot. Jace, der so etwas wie Kriegsbemalung im Gesicht hatte, schmierte mit zwei kleinen Jungs Fingerfarben auf Amgio. Ein blauer Kreis mit gelben Punkten umrahmte das Auge des Shettys, auf seinem Hintern war ein Handabdruck und eines der Kinder verzierte sein Vorderbein gerade mit grünen Streifen. Die anderen Ponys sahen ähnlich aus.
      “Du hast voll das schöne Pferd! Wie heißt es?”, fragte mich ein kleines Mädchen, das vor meinem Pferd stand und fasziniert den glitzernden Stirnriemen anstarrte. Freundlich lächelnd antwortete ich ihr: “Das ist Vakany. Wenn du möchtest, darfst du sie streicheln” Die bunte Stute hatte den Kopf zu dem Kind heruntergesenkt und beschnupperte es neugierig. Vorsichtig streckte das Mädchen seine kleine Hand nach ihr aus und strich ihr über die rosa Schnauze. Ganz still stand die Scheckstute da und ließ das über sich ergehen.
      “Was machst du jetzt mit ihr? Bist du ein Prinz? Reitest du jetzt zu deiner Prinzessin?”, fragte das Mädchen weiter. Ich musste schmunzeln, wie niedlich Kinder doch sein konnten.
      “Nein, wir gehen auf den Reitplatz, springen”, erklärte ich dem Mädchen.
      “Aber du hast doch sicher eine Prinzessin, oder? Jeder Prinz hat eine! Und wenn du ein Pferd hast, musst du ein Prinz sein!”, beharrt die Kleine weiterhin auf ihrer Meinung.
      “Ja, ich habe eine Prinzessin, allerdings in einem weit entfernten Königreich”, lächelte ich freundlich. Quinn kam hinzu um das Mädchen wieder zurück zu den anderen zu holen: “Na komm Lilly, wir lassen Prinz Samu und Vakany mal springen, gehen und du möchtest doch jetzt sicher auch reiten.” Begeistert ließ sich die Kleine von Quinn zurück zu Melly bringen. Froh gesinnt ritt ich mit der Trakehnerstute in Richtung Koppeln. Ich hatte spontan überlegt, dass ich zum aufzuwärmen eine kleine Schrittrunde im Gelände machen wollte. Als ich an den Fohlenkoppeln entlangritt, wurden wir von Nessy verfolgt, die am Zaun neben uns her trabte. Ihr kleines braunes Fohlen ganz dicht an ihrer Seite.
      Bis auf Jayden der mit Elf im Dressurviereck herum zirkelte, war der Platz leer. Auf dem Springplatz hatte ich vorhin bereits eine kleine Gymnastikreihe aufgebaut, bestehend aus Cavaletti und Steilsprüngen. Nach den zwei Wochen Bootcamap hatte Kany sich heute mal ein lockeres Training verdient. Entspannt ritt ich die Stute erst im Trab und Galopp, bevor ich zum Ende noch ein paar Mal die In-Out Reihe ritt. Wie immer war die Stute konzentriert dabei und alle Stangen blieben liegen. Nach dem Trainer kam Luchy auf mich zu.
      ”Samu, ich hatte gedacht, du könntest das Training von Legolas übernehmen, zumindest so lange du noch hier bist. Er ist nämlich der einzige, den ich noch nicht verteilt habe”, erklärte sie ihr Anliegen. Vakany steckte sie ein Leckerli zu, welches sie genüsslich sabbern fraß.
      “Klar, das mach ich doch gerne. Wie ist das jetzt eigentlich mit Nurja und Fanya sollen die immer noch von Divine gedeckt werden?”, diese Frage geisterte mir durch den Kopf, seitdem ich mit Ivy vorhin ein wenig Bodenarbeit gemacht hatte. Eigentlich hatte ich den Hengst reiten wollen, doch dabei wirkte er so irritiert davon, dass ich nicht Lina war und sie, dass ich es lieber ließ. Nach ein paar Tagen Bodenarbeit würde er sich vielleicht an mich gewöhnt haben.
      “Das ist eine Frage, die ich dir noch nicht beantworten kann. Ich werde demnächst mal mit Lina sprechen, sicher wird das trotzdem irgendwie machbar sein. Hast du eigentlich schon was von ihr gehört?”, frage meine Chefin beiläufig nach. Ich verneinte, die letzte Nachricht von ihr kam als sie ins Flugzeug steig und mir unbedingt mitteilen wollte, wie cool die Businessclass war. Spätestens heute Abend würde sie schon noch ein Lebenszeichen von sich geben. Luchy brachte mich noch auf den aktuellen Stand, wie es mit den Verkaufsfohlen aussah, tatsächlich hatten alle mittlerweile einen Käufer gefunden.
      Vakany war das letzte Pferd für heute gewesen, weshalb ich auf dem Rückweg von den Koppeln noch einmal bei Divine anhielt. Menschenbezogen wie der Hengst war, kam er direkt an getrottet und durchsuchte mich sofort nach Leckerlis.
      “Na großer, ich bin wohl immer noch nicht der auf den du wartest, aber auf Lina wirst du heute vergeblich warten”, sprach ich zu ihm und gab ihm die halbe Möhre, die ich noch dabeihatte. Zufrieden nahm der Hengst das Gemüse entgegen und verlangte danach gestreichelt zu werden. Der Freiberger war etwas ganz Besonderes, das merkte man auch ohne eine solch innige Beziehung zu dem Pferd zu haben wie Lina. Obwohl es gerade einmal halb fünf war, stand die Sonne schon recht tief am Himmel. Hier in den Bergen merkte man recht schnell, wen der Sommer vorbeiging. Mit dem kürzer Werden der Tage, sinken auch die Temperaturen über Nacht rapide, ein Grund warum die Pferde schon ziemlich schnell das erste Winterfell haben werden.
      “Genieße die letzten Sommertage hier, Hübscher. Schweden wartet auf uns”, flüsterte ich dem Hengst zu. Gedankenverloren kraulte ich den Hengst weiter. Dort, wo er und auch ich in Zukunft hinziehen würden, waren die Sommertage lang, dafür war der Winter umso dunkler.

      Am nächsten Morgen war Jace etwas verspätet mit Herkules im Hänger auf dem zu Alec. Beim Einladen hatte der Hengst ein wenig herumgezickt, es schien heute nicht so ganz sein Tag zu sein. Hoffentlich würde das sich nicht negativ auf das Training auswirken.

      Alec| “Prima, Darly”, lobte ich das Pferd. Der misstrauische Vollblüter begann mir allmählich zu vertrauen und mauserte sich zu einem hervorragenden Pferd. Gerade als ich mit dem dunklen Vollbluthengst den Reitplatz verließ, rollte Jace auf den Hof. Aus dem Hänger wieherte es laut und aus dem Stall kam direkt eine Antwort.
      “Perfektes Timing, Jace”, begrüßte ich den blonden Mann, der gerade aus dem Rage Rover stieg. Gut gelaunt kam er auf mein Pferd und mich zu.
      “Ich habe immer ein perfektes Timing”, antworte er ein wenig überheblich. Mein Kumpel wollte dem Pferd über den schlanken Hals streichen, doch Darly legte die Ohren eng an und versuchte nach ihm zu schnappen.
      “Nimms nicht persönlich, er hat ein grundsätzliches Problem mit Menschen”, erklärte ich und ließ mich aus dem Sattel gleiten. Ich wollte gerade fragen, ob es schon was von Lina gehört hatten, als mir gerade noch einfiel, dass es kein gutes Thema war. “Lade du schonmal dein Pferd aus, ich bringe den hier noch zurück auf die Koppel”, fügte ich noch hinzu und führte das Vollblut in den Stall. Anu stand mit Wolf mitten auf der Stallgasse und unterhielt sich mit Silvia die offenbar gerade Zany in seine Box gebracht hatte.
      “Mädels ihr muss mal Platz machen, und am besten geht ihr ganz aus dem Weg, Jace kommt auch gleich noch” Kaum hatte ich Jace, gesagt war Anu auch schon mit dem Schimmel verschwunden. Natürlich war sie das, schließlich konnte sie sich ihrer Meinung nach nicht so vor ihrem Angebeteten blicken lassen.
      “Ist Jace irgendwie ein Zauberwort?”, scherzte Silvia und blickte Anu amüsiert hinterher.
      “Ja, sowas in der Art. Aber jetzt mach mal weiter, Sasancho wartet auch noch auf dich und denke dran um zwei möchte ich dich mit Fanya auf dem Platz sehen, dann gehen wir noch einmal die Aufgabe für die Körung durch”, sagte ich noch zu ihr, bevor ich Darly auf dem Putzplatz führte, um ihn abzusatteln.
      Während Jace seinen Buckskin Hengst putzte, brachte ich den dunklen Vollblüter zurück auf die Koppel. Osgiliath, der auf der Nachbarkoppel stand, versuchte über den Zaun hinweg nach Darly zu beißen. Dieser schlug einmal ärgerlich aus und trabte dann zu Aschenflug, der am anderen Ende der Koppel stand und graste.

      “Anu, willst du jetzt auf den Platz kommen oder nur da herumstehen?”, rief ich der Blonden zu, die seit 2 Minuten wie festgewachsen mit ihrer Schimmelstute am Platz Eingang stand. Sofort trat eine Röte auf ihre Wagen, sie murmelte etwas und führte ihre Stute dann in die Mitte des hinteren Zirkels.
      “Okay, Jace dann noch einmal angaloppieren und die Wechsel. Konzentriere dich und achte darauf, dass er auch wirklich sauber durchspringt”, wies ich Jace an. Daraufhin galoppierte er seinen Hengst an. Die Anwesenheit der Stute schien dem Hengst gutzutun, denn sogleich
      Präsentierte er sich schöner und auch Jace schien von den Zuschauern angespornt. Diesmal sprang der Hannoveraner den Wechsel auch sauber und galoppierte anschließen fleißig weiter.
      “Hervorragend, noch einmal genauso schön und dann kannst du arbeiten”, lobte ich meinen Kumpel. Auch der darauffolgende Wechsel gelang Jace und seinem Pferd fehlerlos, würden sie auch Freitag so reiten, stand dem Vorreiten nichts mehr im Wege.




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      zeitliche Einordnung Ende August 2020
    • Wolfszeit
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      Feel it still| 12. Februar 2022
      Fiama di Royal Peragee | WHC’ Venice | Vakany| Mijou | Briair | WHC’ Delicious Donut | Minnie Maus | WHC’ Minya | WHC’ Mimithe | WHC’ Candela | WHC’ Mitena | Nurja | Lady Moon | HMJ Divine | Ready for Life | Vikar | WHC’ Poseidon | Herkules | Colour Spalsh | WHC’ Oceandis | Curly Lure | Songbird | LMR Fashin Girl | Black Lady | WHC’ Unsung Hero | Walking on Sunshine | WHC’ Shakoy | Miss Griselda Braun | British Gold | WHC’ Quatchi | Miss Leika| All Hope Is Gone| Flanell d’Egalité| Chessqueen| Sunny Empire| Baroness of the Gurad | LMR Ice Rain | Elvish Beauty | Saturn | Ursel - die Bärengöttin | Cremella | Amigo | PFS’ Artic Tiger | Acerado | Lifesaver | Elf Dancer | Little Buddy
      Wohlig wurde Jace von der Wärme des Hauses empfangen, als er eintrat. Eilig streifte er die nassen Schuhe von den Füßen und die Jacke warf er achtlos über einen Kleiderhaken. Er hatte etwas Herzerfrischendes auf der Fohlenkoppel entdeckt, was er Lina nun zeigen wollte. Wobei, wenn man ehrlich war, nur ein vorgeschobener Grund, denn es zog Jace ohnehin immer wieder zu der jungen Frau. Diese lag bisher noch dick eingekuschelt zwischen Kissen und Plüschtieren, noch tief im Reich der Träume. Ein gelöster Ausdruck zeichnete ihr zartes Gesicht. Wovon sie wohl träumen mochte? Dies hier könnte ein Märchen sein, wäre ihr schlaf doch tiefer. Statt von einem leidenschaftlichen Kuss wurde Lina durch ein sachtes Klopfen an ihrer Türe erweckt. Müde blinzelte die Brünette in das dämmrige Licht, welches durch die kleinen Schlitze zwischen den Lamellen der Rollläden hindurch fiel.
      “Geh weg! Du störst beim Schlafen”, rief Lina dem Störenfried entgegen und kuschelte sich tiefer in ihre Kissen. Sie versuchte nach den verblassenden Schlieren des Traumes zu greifen, doch es war, als würde eine immer dichter werdende Nebelwand das Unterbewusste verdrängen.
      Gut, dann ist sie immerhin wach, dachte sich Jace auf der anderen Seite der Tür und verschwendet nicht einen Gedanken daran Lina weiterschlafen zu lassen.
      “Nein, ich gehe nicht weg. Ich muss dir nämlich etwas zeigen”, verkündete er energetisch.
      Langsam bewegte sich die Klinke unter seinen kräftigen Fingern. Die Schneeflocken auf seinem Haar, die in der Wärme des Hauses langsam schmolzen und die leichte Röte auf Wangen und Nase, zeugten davon, dass er bereits draußen gewesen war.
      “Was genau kann denn so wichtig sein, dass du es mir sofort zeigen musst?”, murrte die junge Frau und zog sich die Decke über den Kopf. Sie sollte dringend anfangen, die Tür nachts abzuschließen, war es nicht das erste Mal, dass irgendwer ungebeten hereinkam. Tief sog sie die Luft in die Lungen. Es war ihr egal, was Jace wollte, denn sie wollte nur die Wärme ihres Bettes genießen und einen Moment länger an den Erinnerungen diesen zwei Wochen festhalten, die der Traum erneut weckte. Vor diesem Sommer hätte sie niemals geglaubt, dass sie jemandem wie ihm überhaupt auffiel. War er doch etwas wie der Traumprinz der Moderne. Wohlhabend, gut aussehend, beliebt. Und was war sie? Ein Niemand, das unscheinbare Mädchen vom Lande.
      Ihr ganzes Leben lang war sie von solchen Leuten ausgeschlossen, wie ein Objekt behandelt worden. Dem Verhalten nach, was Niklas zu Beginn an den Tag legte, war sie sich sicher gewesen, dass sie ihn niemals ausstehen können wird, doch noch bevor sie es begriff, war es bereits um ihr Herz geschehen. Bereits bevor es richtig begann, schien es aussichtslos, dennoch ließ sie es geschehen. Somit verschwand, mit dem Ende des Sommers, auch er, und mit ihm, ein Teil ihres Herzens. Sie blieb hier allein zurück, mit nicht viel mehr als verblassenden Erinnerungen und einem Pferd. Ein Pferd, welches jeden Morgen treuherzig auf das Mädchen warte. Divine, der Hengst, den sie mehr liebte als sich selbst, der sie jedoch jeden Tag an den Abschied erinnerte. Während die zierliche Gestalt noch mit ihren Gedanken kämpfte, trat der blonde Mann ein, sah nicht, was sie zu verbergen suchte. Viel mehr durchfloss ihn prickelnde Wärme, die sich in seinem Herzen zu einer sprudelnden Quelle konzentrierte.
      “Ich muss dir etwas Niedliches zeigen”, antwortete der blonde Mann und ließ sich neben ihr auf dem Bett nieder. Den Teil, dass es fast so niedlich war wie Lina, sprach er nicht aus, aber ein versonnenes Lächeln lag auf seinen Lippen. Sanft zogen die kräftigen Hände die Decke vom Kopf des Mädchens, worauf hin ein widerwilliges Brummen ertönte.
      “Jace, es ist noch viel zu früh, lass mich schlafen!”, murmelte sie und boxte ihn halbherzig. Der junge Mann musste sich zusammenreißen, nicht loszulachen. Hielt er sie doch für überaus putzig, so ganz verschlafen. Das übergroße Shirt fiel locker um ihren zarten, kleinen Körper und einige der dunklen Haarsträhnen hatten sich aus ihrem Dutt gelöst und fielen ihr in die Stirn.
      “Linchen, es ist schon halb zehn, da kann man auch mal aufstehen”, konterte Jace und hielt ihr sein Handy als Beweis vor die Nase. Jace kassierte sogleich einen Tritt, von seinem zeternden Gegenüber: „Du weißt, ich hasse das, wenn du mich so nennst und außerdem habe ich heute frei.” Die junge Frau wollte sich das Kissen über den Kopf ziehen, doch Jace schnappte es sich und warf es außerhalb ihrer Reichweite, auf die andere Betthälfte.
      “Langweilerin, wenn du immer so lange schläfst verpasst du alles.” Unbeirrt der geringen Begeisterung, die ihm entgegengebracht wurde, plapperte Jace weiter: “Ich habe Fia heute zum erst mal bei der Fellpflege gesehen. Ist das nicht toll?” Der Blonde zeigte ihr ein Video, wie die kleine Lustitanostute freundlich von Vakany’s Fohlen beknabbern wurde. Fiama, hatte als einziges Fohlen, welches bereits ohne Mutter in der Herde lief, einige Anschlussprobleme gehabt. Doch seit die Fohlen nach und nach entwöhnt wurden, fand auch die kleine Fuchsstute endlich den Anschluss.
      “Okay, das ist wirklich süß, aber wenn du mich nächste Mal für so eine Kleinigkeit weckst, an einem freien Tag, bring wenigstens Frühstück mit”, gähnte Lina und begann sich zu strecken. Jace würde wohl nicht aufgeben, bis sie endlich aufstand. Als sie ihre Arme und Schultern zu strecken begann, verrutschte ihr Shirt ein Stück und gab den Blick auf ihr Schlüsselbein frei, auf dem sich eine verblasste Narbe abzeichnete. Nur schwer konnte Jace seinen Blick von ihr lösen. Er verstand nicht, warum sie so einen geringen Selbstwert an den Tag legte, waren es doch gerade diese kleinen Makel, die sie in seinen Augen noch schöner wirken ließ.
      “So, und wo du jetzt wach bist”, sprach er schließlich und ging zurück zur Tür, ließ sich aber nicht nehmen, ihr die Decke im Gehen vollständig von den Knien zu ziehen, “möchtest du bestimmt mit mir die Fohlen umweiden. In 10 Minuten unten.” Lina protestierte lautstark gegen den Diebstahl ihres Federbettes und damit auch der letzten Wärme, doch ihr Kollege war bereits aus dem Raum verschwunden.
      Schicksalsergeben rollte sie sich aus dem Bett. Eigentlich war ihr bei den Temperaturen draußen, ihre kuschelige Decke lieber, aber es schien nicht so als hätten sie eine Wahl. Spätestens in zehn Minuten würde Jace den nächsten Angriff starten und sie glaubte nicht, dass es dann bei einer geklauten Decke bleiben würde. Zudem hatte Jace die Tür offen gelassen, wodurch ein kühler Luftzug in das Zimmer drang und sie zum Frösteln brachte.
      Zwölf Minuten später stand die junge Frau dick eingepackt in eine Daunenjacke und mit einem halben Müsliriegel in der Hand auf der Terrasse. Da weit und breit kein Jace zu sehen war, rief sie nach ihm: “Wo bist du denn, Jace?” Genervt verdreht sie die Augen, erst weckte er sie und dann ließ er sie ohne nennenswertes Frühstück in der Kälte warten.
      “Ich bin doch schon da”, drang eine Männerstimme hinter ihr aus dem Flur. Der Gesuchte stand in der Terrassentür und zog den Reißverschluss seiner Jacke zu. Kurz darauf kam er aus dem Haus und schnappte sich den Rest des Müsliriegels aus Linas Hand.
      „Das war mein Frühstück”, empörte sich die Kleine, doch es war schon zu spät, von dem Riegel war bereits nicht mehr übrig als das Papier.
      „Wir tauschen lieber”, antwortete Jace kauend und stülpe ihr fürsorglich seine Handschuhe über die Finger. “Sonst frieren dein hübschen Fingerchen noch ab”, ergänzter er erklärend. Obwohl es erst Oktober war, war es schon klirrend kalt, -10 Grad um genau zu sein.
      „Das ist kein guter Tausch, ein Frühstück wär mir lieber“, beschwerte sich Lina erneut.
      „Ich verspreche dir, Frühstück bekommst du, wenn wir fertig sind. Ich werde es dir höchstpersönlich zubereiten“, beschwichtigte der große Blonde seiner Begleitung.
      Lustig tanzten die Schneeflocken durch die Luft und unter den Sohlen der Stiefel, knirschten die Eiskristalle als die beiden in Richtung Stall liefen.
      “Am besten nehmen wir erst die Zwillinge, Mijou plus Fohlen und Brair mit. Möchtest du lieber die beiden wilden oder die anderen drei?”, fragte er. Statt eine Antwort abzuwarten, drückte er Lina bereits die Halfter von Mina und Bri in die Hand. Irritiert blickte sie ihn an und frage: “Warum fragst du mich eigentlich, wenn du es dann doch selbst entscheidest?”
      „Na ja,” Jace blickte kritisch an ihr herunter und antwortete etwas spöttisch, “weil du aussiehst als würdest du gleich ein hübscher kleiner Eisklotz werden und du weißt, ja, gerade für Mimi benötigt man schon ein wenig Flexibilität.“ Ganz Unrecht hatte er nicht. Trotz der gefütterten Jacke, die sie trug, fror sie ein wenig und zog sich den voluminösen Schal ein etwasmehr ins Gesicht.
      „Du bist doch bescheuert”, zeterte die kleine Frau und stieß ihm gezielt zwischen die Rippen. Jace murmelte unverständlich, von wegen er würde noch wie verprügelt aussehen, wenn sie so weitermache, aber macht keinerlei Anstalten sich gegen ihre Attacken zu wehren.
      Hinter einem Busch zischte plötzlich ein Schneeball hervor, verfehlte nur knapp das Gesicht der kleinen Brünette und zerschellte an einem Baumstamm hinter ihr.
      “Ohh da bekommst du zurück, Jayden”, rief Jace, der den Ursprung des eisigen Geschosses bereits ausgemacht hatte und zielte auf seinen Kollegen, der hinter der Hausecke hervorlugte. Trotz der Kälte waren alle fröhlich und ausgelassen, doch als Lina sich beschwerte, dass sie den Schnee sogar schon unter dem Shirt hatte, fand der Spaß ein Ende. Sie war nun auch noch nass, nicht nur wie das Weiß um sie herum.. Aufopferungsvoll zog Jace seine Jacke aus und legte ihr diese mit den Worten: „Hier, kleine Eisprinzessin“, um die Schultern. Dankbar schlüpfte sie in die riesige Jacke, ignorierte seinen Kommentar allerdings vollkommen. Das, was für Jace eine normale Jacke war, wirkte an Lina wie ein seltsam geschnittener Mantel.
      Bereits von Weitem war zusehen wie Mimi und Donut sich gegenseitig um Mijou herum scheuchten. Dabei blieb die braune Stute ziemlich gelassen und suchte ein paar Grashalme unter dem Schnee. Es war erstaunlich, wie ruhig die traumatisierte Stute geworden war, seit sie das Fohlen hatte. Bevor der kleine Donut auf der Welt war, hatte Mina kaum ein anderes Pferd in die Nähe gelassen, geschweige denn, dass jemand oder etwa unter ihr durchlaufen durfte, wie Mimi es gerade tat. Auch der kleine Hengst, dem man die Verwandtschaft zu Flanell eindeutig nicht abschlagen konnte, versucht unter seiner Mama durchzulaufen, aber da er inzwischen gute fünfzehn Zentimeter größer war, als das Ponyfohlen, passte es nicht.
      “Schau nur, ich glaube, Candy versucht einen Schnee-Engel zu machen”, lenkte Lina amüsiert die Aufmerksamkeit auf die Scheckstute, die sich prustend im Schnee wälzte. Mitena, die nun angetrottet kam, hatte weiße Flocken in ihrem dunklen Fell kleben, der vermutlich von einer ähnlichen Aktion stammen musste.
      “Das kann ich auch“, schwang Jace große Worte und warf sich in den Schnee. Er begann Arme und Beine auf und ab zu bewegen, sodass unter ihm ein Schnee-Engel entstand. Lachend schüttelte Lina den Kopf über ihren Kollegen. Manchmal war sie sich nicht sicher, ob er älter als zwölf war, so wie er sich aufführte.
      “Na, hör schon auf mit dem Quatsch, so kommen die Pferde niemals auf eine neue Koppel.“ Lächelnd reichte die braunhaarige ihm eine Hand, um mir beim Aufstehen zu helfen. Doch statt aufzustehen, nutze er die Gelegenheit und zog sie zu sich runter. Lina landete geradewegs aus seinem muskulösen Oberkörper.
      Für Augenblick hielten beide inne. Jace sah unmittelbar ihre hübschen blauen Augen, umrahmt von lagen dunkeln Wimpern. Darin hatte sich eine Schneeflocke verfangen und funkelte mit ihren Augen um die Wette. Immer mehr von der prickelnden Wärme, pulsierte durch seine Adern, sodass er trotz fehlender Jacke nicht fror. Kurzzeitig erwiderte das Mädchen seinen Blick, bevor sie sich verlegen abwendete. Ganz tief in ihrem Inneren geriet etwas in Bewegung, doch es war noch zu früh, ihr Herz hing stattdessen an Niklas. Ein trübseliger Ausdruck trat in ihre Augen und sie rappelte sich wortlos auf. Jace schien das unausgesprochen zu erahnen, denn er schwieg ebenso. Die einzigen Geräusche um sie herum waren das Heulen des Windes und der knirschende Schnee. Lina gab sich alle Mühe, die Gedanken an Niklas beiseitezuschieben und sich auf die Gegenwart zu konzentrieren.
      “Hei, Mina”, sprach sie zu der braunen Stute, als ich sie diese erreicht hatte, “Bereit für einen Umzug?” Natürlich antwortete die Stute nicht, sondern sah sie freundlich aus ihren braunen Augen an. Die Finnin hielt ihr das grüne Halfter hin. Misstrauisch schnupperte die daran, bevor sie wohlerzogen den Kopf senkte, damit die kleine Dame sie halftern konnte. Dies stellte sich, mit Jace viel zu großem Handschuhen an ihren Fingern, allerdings als ziemlich schwierig heraus. Unglaublich, wie umgänglich die Stute mittlerweile war.
      „Hier, die musst du auch mitnehmen.” Jace drückte seine Kollegin den Strick der Schimmelstute in die Hand. Auch die beiden Fohlen hatte der große Blonde bereits eingefangen, obwohl das bei dem kleinen Wirbelwind Mimithe gar nicht so einfach gewesen war. Die kleine Stute fand es nämlich viel lustiger vor ihm davonzulaufen.
      Lina ging mit den beiden Stuten voraus, immer mit dem kleinen Donut an Mijous Seite. Auf der neue Koppel angekommen machten sich alle fünf Pferde erst einmal daran, jeden Zentimeter zu erkunden. Während die Vierbeiner ihre neue Umgebung inspizierten, holten Jace und Lina auch noch die anderen Pferde.
      Nurja und Lady Moon, die zu Gesellschaft bei den Fohlen standen sowie die beiden Jungstuten, waren die letzten Pferde, die umzogen. Wie ein Schneepflug stiefelte Moony über die Koppel und rollte sogar einen kleinen Schneeball.
      “Ich glaube Jamie hat ein künstlerisch begabtes Pferd”, meinte Lina lachend zu Jace und zückte ihr Handy um ein Video zu machen.
      “Ja, schon …”

      Jace | Ein lautes Scheppern, welches den Tod der Tasse verkündete, riss mich aus meinem Dämmerzustand. Fluchend sprang ich auf und sammelte die Scherben von dem dunklen Parkett. Scheiße, das war meine Lieblingstasse gewesen. Nicht, dass die Tasse besonders hübsch gewesen wäre, nein eher das Gegenteil, sie war potthässlich, aber es passte viel hinein. Genau das, was ich benötigte, um morgens wach zu werden.
      Das Feuer im Kamin war heruntergebrannt und glomm nur noch schwach. Müde ließ ich mich zurück auf das Sofa sinken, starrte durch das Glas des Wintergartens auf die Terrasse. In letzter Zeit schlief ich des Öfteren auf dem Sofa ein, wenn ich mich in meinen Gedanken verlor, aus denen sich unruhige Träume formten.
      Vor ein paar Stunden hatte ein leichter Schneefall eingesetzt, der zunehmend stärker wurde. Kräftiger Wind verwirbelte die dicken Schneeflocken und für einen kurzen Augenblick, glaubte ich die unverwechselbare Silhouette eines Pferdes darin zu erkennen. Das Tier, welches im Stall stand und jeden Tag sehnsüchtig auf Lina warten, doch lange würde er nicht mehr warten müssen. Denn der Tag seiner Abreise war bereits in zwei. Als Samu mitteilte, wann er und damit auch der Freiberger, den Hof verlassen würde, erlosch auch der letzte Funke Hoffnung, dass Lina zurückkehren würde. Auch, wenn ich ihr nur das Beste wünschte, hatte ich damit gerechnet oder viel mehr darauf gehofft, dass sie früher oder später doch noch herausfand, dass Niklas nur ein guter Schauspieler war. Doch alles, was ich von ihr nur, dass sie glücklich sei.. Es war nicht einfach sie loszulassen, aber allmählich merkte ich, wie es zu einer ernsthaften mentalen Belastung wurde, die immer schwerer zu bewältigen war. Nicht mal nachts schaffte ich es, abzuschalten, mein Hirn erschuf allerlei Szenarien, wie es nach dem Tag der Abreise dem schwedischen Team hätte verlaufen können, wenn sie hier geblieben wäre. Aber alle endeten damit, dass irgendwann der Punkt kam, an dem sie dem Mann nachtrauerte, der ihr mit Divine einen Kindheitstraum erfüllte und dass Lina unglücklich sei und sich quälte, war das Letzte, was ich wollte. Die Zeit war wohl gekommen, die Ereignisse anzunehmen, zu akzeptieren, dass es Menschen gibt, die man zwar im Herzen tragen konnte, die aber nicht in meinem Leben sein konnten.
      Unerwartet leuchtet der Bildschirm meines Handys auf dem kleinen Couchtisch auf, tauchte seine Umgebung in einen schwachen, weißlichen Schein. Ich griff nach dem Gerät und erblickte eine Benachrichtigung von Instagram. Ich staunte ein wenig, als ich sah, dass Lina etwas gepostet hatte, denn seit ihrem Umzug war es auf ihrem oder eher Ivys Account relativ still geworden. Es gab nur noch gelegentlich sporadische Updates über den weißen Hengst, logisch, wenn sie sich tausende Kilometer weit von ihm entfernt befand.
      Neugierig, was Lina wohl gepostet haben mochte, öffnete ich die App. Eine Story öffnete sich, darin zu sehen ein Rappe mit einer schmalen Blesse, der erst an einem Heuhaufen knabberte und schließlich neugierig mit der Nase immer näher an die Kamera kam, bis nur noch Nüster zu sehen waren. „Willkommen Zuhause, Ready for Life", stand in der Ecke geschrieben. Es folgte noch eine Boomerang in der die Stute, offenbar auf Kommando flehmte. Was mochte es wohl mit der Stute auf sich haben? Gehörte sie zu Lina? War es ein weiteres Geschenk ihres Freundes? Immerhin hatte sie die Pferde aus Schweden bisher nur sporadisch in Storys gezeigt, wenn sie ausreiten war oder ähnlich, aber nie eines explizit erwähnt. Ich sollte morgen bei Samu nachfragen, ob er mehr wusste über dieses Pferd. Da war sie wieder, die mich ständig beschäftigende Frage, was Lina machte dort drüben auf dem anderen Kontinent. Ich benötigte dringend eine Ablenkung.
      Aus einer Intuition hinaus fischte ich den Zettel aus meiner Handyhülle, der mir vor ein paar Wochen auf der Zuchtschau, wo ich den gescheckt Tinkerhengst Vikar, vorstelle zugesteckt wurde. In einer ordentlichen Handschrift war eine Zahlenfolge und ein Name darauf notiert worden. Die Art des Interesses des Urhebers wurde durch ein schwungvolles Herz neben dem Namen unterstrichen. Bisher hatte es mir widerstrebt, die Nummer zu verwenden. Es war nur ein schöner Abend gewesen, bedeutungslos, einzig dem Zwecke dienend, mich abzulenken. Jetzt wieder in näheren Kontakt mit den Mädchen zu treten, widersprächen den unausgesprochen Gesetzen eines One-Night-Stands, der Flüchtigkeit des Momentes. Doch, was war schon dabei, diese Regel zu missachten?
      Entschlossen tippte ich die Nummer in mein Handy, speichert diese ab und sofort erschien die Verknüpfung zu dem bekannten Messengerdienst mit dem grünen Symbol. Ein paar Sekunden zögerte ich noch, bevor ich darauf tippte und begann eine Nachricht zu tippen:
      “Hey, ich bin es Jace.” Ich kam mir ein wenig blöd vor nicht mehr zu schreiben, doch schon bei unserer ersten Begegnung hatte ich das Gefühl, dass sie genaustens wusste, wer ich bin, was auch wenig erstaunte. Die Turnierszene in der Region war klein, man kannte die aufstrebenden Sterne. Kaum war die Nachricht gesendet, erschienen die beiden Haken und wurden nach knapp 30 Sekunden bereits blau. Unerwartet. Ich rechnete nicht wirklich damit, dass sie so spät in der Nacht noch wach sei, aber was wusste ich schon. Immerhin ging mein Wissen über sie nicht weit über ihren Vornamen hinaus.
      „Hey“, ploppte die Nachricht auf, „schön von dir zu hören. Warum bist du so spät noch wach?“ Die Frage kam mir ein wenig Paradox vor, schließlich war sie selbst noch wach, aber dies war nicht relevant.
      „Nein, man könnte eher sagen schon wieder", tippe ich in das Nachrichtenfeld und sendete es ab. Kurz darauf fragte Aria nach dem Grund.
      „Es ist kompliziert", antwortete ich ihr, noch darüber nachdenkend, wie klug es sei, mich Aria anzuvertrauen. Immerhin war sie eine Fremde, zugegeben eine, die mir auf körperlicher Ebene bereist ziemlich nah gekommen war.
      „Geht es etwa um ein Mädchen?", unterbrach eine Nachricht von ihr meine Gedankengänge. War es so offensichtlich oder konnte sie etwa Gedanken lesen? Ich beantworte ihre Frage mit einer Bestätigung, bevor ich mich schließlich aufraffte, um mich doch mal in mein Bett zu begeben. Schlaf fand ich dort dennoch lange nicht, sondern schrieb noch einer ganze Weile mit Aria.

      Am nächsten Morgen erwachte ich, weil vermutlich Hazel lautstark durchs Haus trampelte. Unglaublich, wie ein so kleiner Mensch so viel Lärm verursachen konnte. Ächzend rollte ich zur Seite und fischte mein Smartphone vom Nachttisch. Acht Uhr zwanzig leuchte auf dem Sperrbildschirm auf. Fuck, in zehn Minuten war Teambesprechung. In aller Eile sprang ich aus dem Bett, griff wahllos nach einer Hose und einem Shirt und warf noch schnell die Kaffeemaschine an.
      Wenig später polterte ich mit dem Kaffeebecher in der Hand die Treppe hinunter und spurtet mich in den großen Seminarraum zu kommen. Wie nicht anders zu erwarten, waren alle anderen bereits da. Hazel grinste nur fröhlich, während Quinn sich nur schwer von ihrem Handy lösen konnte. Ihrem Gesichtsausdruck zufolge, schreib sie mit Raphael, einem meiner Teamkollegen, den sie neulich auf einem Turnier traf und der seitdem öfter hier auftauchte. Man musste ihm schon lassen, dass sein Hengst und er ziemlich gut waren, erst letzten Monat hatte er den Sieg bei der ersten Qualifikation für den Jumping Word Cup zu holen. Allerdings war es beinahe vorprogrammiert, mit Poseidon erfolgreich zu sein, schließlich hatte ich den Vater des Rappen selbst unter dem Sattel und wusste um sein Vermögen, mit Hindernissen umzugehen. In Kombination mit Colour Splash, die ebenso geschickt mit den Stangen war, konnte nur ein wahres Känguru dabei herauskommen. Poseidon zeigte schließlich bereits als Junghengst so viel Potenzial, dass Luchy diese Anpaarung wiederholte. Die kleine Oceandis, die dabei herauskam, war nach Schweden gezogen und konnte dort bereits ihre ersten kleinen Erfolge vorweisen.
      “Sehr gut, dann sind wir ja jetzt vollzählig”, begann meine Chefin die Besprechung einzuleiten, nachdem ich mich auf den freien Platz niedergelassen hatte. Sie eröffnete mit dem wöchentlichen Bericht der Reitschule. Hazel hatte die anfänglichen Schwierigkeiten in Linas System hereinzukommen mittlerweile überwunden. So weit lief alles gut, nur die kleine Haflingerstute Curly Lure hatte sich eine Unart angeeignet, weshalb Silvia sie die nächsten Wochen ein wenig in Beritt nehmen sollte. Auch die Shettyschule lief mittlerweile besser als jemals zuvor und mit der zunehmenden Routine war auch Songbird mittlerweile ein fester Teil der Ponytruppe.
      “Als Nächste wollen wir zu den Zuchtstuten kommen. Fashion Girl ist inklusive des kommenden Fohlens verkauft, die beiden werden mit Ladys Fohlen nach Deutschland gehen. Lady soll nach dem Absetzen antrainiert, schließlich antrainiert werden und dann in der Reitschule laufen.” Luchy erläuterte noch die weitere Zuchtplanung und welche Tiere deshalb, an- und abtrainiert werden mussten, darunter auch Chessqueen, Nessi und Empire. Sowie welche weiterhin die Freiheit auf den weitläufigen Weiden genießen durften und welche Jungpferde zu Training weggehen würden, wie Shakoy, der zum Beritt nach Deutschland gehen würde, auf den Hof, wo auch Fashion und die beiden Fohlen hinziehen würde.
      “Als Nächstes kommen wir zu dir Jace”, wand sie sich schließlich an mich, nachdem sie bereits den anderen einen Ausblick auf die kommende Saison gab, “Ich freue mich sehr, dass du mittlerweile erfolgreich unser Land vertrittst, gerade mit Herkules erzielst du gute Ergebnisse. Nun ist es so, dass eines der Jungpferde, Unsung Hero, um genau zu sein, demnächst aus dem Beritt aus Amerika wiederkommen wird. Eigentlich sollte er verkauft werden, hatte aufgrund seines Potenzials auch bereits Interessenten, allerdings würde ich ihn, Anbetracht deiner Ergebnisse gerne dir anvertrauen. Hero zeigt schon jetzt viel Potenzial, welches das von Sunny vermutlich noch übersteigen wird.” Einen Moment dachte ich darüber nach, welches der Jungpferde sie meinte, bis es mir einfiel. Hero, war ein Enkel der Stute, die ich aktuell im Team ritt. Als Fohlen allerdings, schien er weniger vielversprechend, denn er war tollpatschig und wusste seinen langen Beinen nicht so recht zu sortieren. Weil er deshalb öfter mal hinfiel oder auch im Zaun landete, handelte er sich den Spitznamen Unusing Hero ein.
      “Also stellst du mir Hero anstelle von Sunny zur Verfügung?”, versicherte mich, dass ich Luchys Angebot richtig verstanden hatte. Meine Chefin nickte bestätigend.
      “Okay, und wer übernimmt dann Sunny? Ich kann schließlich nicht alle Pferde trainieren”, brachte ich das einzig für mich sichtbare Problem hervor.
      “Sie ist ja nicht mehr sie aller jüngste, deshalb wird sie in Zukunft nicht mehr im großen Sport laufen, sondern als Lehrmeister in der Reitschule dienen”, führte meine Chefin ihre Pläne für die Stute aus.
      “Okay”, lächelte ich, “da bin ich gespannt, wie sich der kleine Tollpatsch im Beritt gemacht hat.” Von den Berittpferden, die außerhalb des Hofes untergebracht waren, bekamen wir immer nur wenig mit, sodass es wahrlich eine Überraschung sein würde, ob der kleine Tollpatsch sich tatsächlich so Positiv entwickelt hatte.
      “Du wirst erstaunst sein”, erwiderte Luchy, “Er kommt Ende November an.” Ich nickte und sie fuhr fort mit der Besprechung.
      Am Ende des Meetings zerstreuten sich alle und gingen wieder an ihre Arbeit. Ich für meinen Teil holte mir noch einen Kaffee, bevor ich in den Stall ging, um das erste Pferd zum Training fertig zu machen. Zahlreiche Fußstapfen führten von der Haustür zu den Ställen und Ausläufen, nur abseits der Wege war die weiße Decke noch unberührt. Ich folgte den Spuren zum Hauptstall, auf dessen gläsernen Dachfirst sich die Sonne spiegelte. Bereits vor dem Betreten der Stallgasse hörte ich Grisi, die mit den Hufen gegen ihre Boxenwand trat. Die freiheitsliebende Stute mochte es nicht sonderlich in der Box zustehen, doch aufgrund einer Verletzung durfte sie nicht auf die gefrorenen Weiden und Paddocks, weshalb sie sich aktuell mit der Box und tagsüber der Longierhalle abgeben musste. Ice Rain reckte ihren Kopf hinüber zu ihrer Boxennachbarin, um sie zu ärgern, worauf hin sie von der Schimmelstute an gequiescht wurde. Bei der Box von British angelangt streckte sich mir sogleich eine helle Nase entgegen, die interessiert an meinem Kaffeebecher herumnabbelte. In mich hinein grinsend schob ich ihren Kopf beiseite, denn die aufgeweckte Stute benötige im Gegensatz zu mir definitiv nicht noch einen Energiebooster. Ich nahm noch einen großen Schluck aus dem Becher, bevor ich ihn abstellte und nach dem petrolfarben Halfter griff.
      Brav folgte mir die Hannoveranerstute zum Putzplatz, auf dem Jayden gerade Miss Leika sattelte. Freundlich beschnupperte die Pearlstute ihre Artgenossin, bevor sie gehorsam einparkte. Unter der Decke kam ein annähernd sauberes Pferd zum Vorschein. Passend zum fertig gesattelten Pferd war dann auch mein Kaffee leer.
      “Na komm Gold, dann wollen wir mal ein wenig Dressurarbeit machen”, sprach ich zu der Stute und zupfte am Zügel, damit sie anlief. Leise knirschte der Schnee unter unseren Füßen. Vereinzelte Flocken tanzten vom Himmel, um sich lautlos auf der Mähne der Stute abzusetzen. In einiger Entfernung tollte der Dalmatiner durch den hohen Schnee und hätte er keine dunklen Flecken im Fell, wäre er vermutlich mit der Umgebung verschmolzen und nur noch als Schneewirbel auszumachen gewesen. Knarzend glitt das große Hallentor zu Seite und ließ uns in das verhältnismäßig warme innere des Gebäudes eintreten. Der helle, lockere Sand lag noch unberührt vor mir, als ich die helle Scheckstute darauf führte. Gerade als ich aufgessen war, vibrierte es in meiner Hosentasche. Während die Stute loslief, sah ich nach, wer etwas von mir forderte. Es war Aria, die mir einen freundlichen guten Morgen wünschte. Ich wünschte ihr ebenfalls einen und fragte sie schließlich, ob es einen Grund für ihr schreiben gäbe.
      “Ja und nein”, kam eine geheimnisvolle Antwort zurück. Einen Augenblick wartete ich, ob sie die Antwort noch erweiterte, bevor ich nachfragte. Das Pferd unter meinem Sattel lief genügsam seine Runden durch den Sand, schien sich nur wenig daran zu stören, dass ich abgelenkt war.
      “Erst wollte ich dir nur einen guten Morgen wünschen”, ploppte eine Nachricht aus, doch noch zeigte das Gerät an, dass sie tippte, “und dann dachte ich mir, ob du nicht Lust hättest etwas mit mir zu unternehmen, aber dann fiel mir ein, dass Papa gleich kommt. Irgendwas wegen eines Polo-Spiels im Club, glaub ich.” Polo, das passte in das Bild, welches ich von Aria hatte. Schon bei erstem Anblick war nicht zu übersehen, dass es ihr oder vermutlich eher ihren Eltern nicht an Geld mangelte.
      “Heute hätte ich ohnehin nicht gekonnt, aber wir können uns vielleicht am Wochenende treffen. Lass uns später noch mal schreiben. Ich muss jetzt erst einmal Gold bewegen”, antworte ich ihr, bevor ich das Gerät in den lautlosen Modus schaltete und es zurück in die Hosentasche verfrachtete. Sobald ich den Zügel sanft aufnahm, lief die Stute sogleich fleißiger und trat aktiv an die Hand heran. Dass sie mittlerweile nahezu mühelos in die korrekte Haltung zu bringen war, war das Ergebnis jahrelanger Arbeit. Als British hier ankam, war sie kaum zu halten und rannte wie eine Giraffe mit weggedrückten Rücken durch die Gegend und kannte nichts außer dem Springparcours. Natürlich war sie auch noch immer kein Lampenaustreter, dafür fehlte ihr das Potenzial, aber für gesund erhaltende Gymnastizierung war es ausreichend. Mittlerweile war die Hannoveranerstute ausreichend aufgewärmt, sodass ich die nächsthöhere Gangart wählte. Angenehm federten die Schritte der Stute und mit jeder Runde wurde sie gelöster. Aus die Stute fokussiert bemerkte ich Quinn erst, als sie mit dem Fuchs bereit eingetreten war. Leichtfüßig setzte die junge Stute ihre Füße in den Sand und drehte aufmerksam die Ohren. Von dem schlaksigen Jungpferd, welches sie einmal gewesen war, war nicht mehr viel zu sehen, stattdessen kam die Hannovernerabstammung nun deutlich durch.

      Die Sonne stand mittlerweile hoch am Himmel und brachte die Eiskristalle zum glitzern, als ich mit dem Hengst ins Freie trat. Dampfwolken stiegen von seinem dunklen Fell in den klaren Himmel empor, an den Stellen, wo es nicht mit einer Decke bedeckt war. Hope hatte mal wieder sein Bestes gegeben, den Hengst raushängen zu lassen, weil Jamie mit Ursel ebenfalls in der Halle gewesen war. Als dann auch noch Matt mit Saturn hereinkamen, drehten dem Kaltblut vollends die Sicherungen durch. Schon aus der Ferne sah ich, dass Hazel gerade mit der Ponytruppe auf einen Ausritt aufbrach, also hielt ich den Hengst aus sicherer Entfernung an und ließ sie mit Cremella, Amigo und den anderen Ponys passieren. Den kleinen Tiger hatte sie als Handpferd dabei und dem kleinen silbernen Hengst ging der Schnee, beinahe bis zu den Knien, weshalb er wie ein Storch hindurch starkste.
      Im Stall angekommen, sattelte ich meinen Tinkerhengst ab und ließ ihm unter dem roten Schein des Solarium trocknen. Währenddessen blickte ich auf mein Handy. Zwischen den Einheiten mit den Pferden hatte ich das Gespräch mit Aria fortgesetzt und hatten uns auf Samstag festgelegt, nur über den Ort mussten wir uns noch einigen.
      “Wie wäre es damit, wenn wir uns 87te Ecke 109te in dem kleinen Café treffen?”, schlug sie vor. Ich bestätigte ihr, dass es nach einer guten Idee klang. Hufgegeklapper erfüllte die Stallgasse und Jayden tauchte mit Acerado im Schlepptau auf.
      “Lohnt es sich Ace noch in die FüMa zu stellen oder bist du gleich fertig?”, fragte mein Kollege und deute mit einem Kopfnicken auf den Tinker der sich sogleich wieder aufbaute, in der Hoffnung den braunen Hannoveraner damit zu beeindrucken, besagtes Warmblut störte sich allerdings nur wenig an dem Rappen.
      “Ne, ein paar Minuten und dann ist Hope trocken”, entgegnet ich, “Wie läuft es mit Lifesaver, ist er immer noch so rebellisch?”
      “Rebellisch klingt noch viel zu niedlich”, lachte mein Kollege, “Ich glaub ehe der Kleine möchte sich fürs Rode bewerben. Ich habe selten ein Pferd so viel bocken sehen wie Life.” Acerado schubberte genüsslich den Kopf an dem metallenen Pfosten, nachdem Jayden ihn von der Trense entledigt hatte.
      “So gut wie du dich hältst, kannst du ja dann wie Hazel unter die Cowboys gehen”, feixte ich.
      “Danke, aber ich bleibe bei den Buschreitern”, sagte er noch, bevor er mit dem Sattelzeug in der Kammer verschwand. Just in dem Moment, als er zurückkehrte, erloschen die Glühbirnen der künstlichen Sonne. Kontrollierend fuhr ich mit den Fingern durch das dichte Fell und konnte so wie es zu erwarten war keine Feuchtigkeit mehr auf der Haut feststellen.
      “Du kannst dann Ace jetzt trocken”, wand ich mich an mein Gegenüber und hängte den Tinker ab. Noch während ich die Stallgasse verließ, vernahm ich das Surren der Anlage, das durch das Hochfahren entstand. Kaum hatte ich Hope auf die Koppel entlassen, warf er sich in den Schnee, um sich zu wälzen. Von der Nachbarkoppel hörte man schrillen Quietschen. Die Quelle des Lärms waren Dance und Buddy, die ausgelassen miteinander spielten. Während die Hengste ihre Pause nutzen, um sich auszutoben, warte auf mich nun ein warmes Mittagessen und einen Moment in der Wärme, um wieder aufzutauen.


      © Wolfszeit | Jace Sherwood | 33134 Zeichen
      zeitliche Einordnung {Anfang Oktober 2020}
    • Wolfszeit
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      Farewelll | 15. August 2022

      Saturn | Lifesaver | Elf Dancer | Little Buddy | Vakany | Elvish Beauty | Miss Leika | Lady Moony | British Gold | Miss Griselda Braun | LMR Ice Rain | Vikar | All Hope Is Gone | Mijou | Briair | Flanell d’Egalité | WHC’ Delicious Donut | WHC’ Mimithe | WHC’ Minya | WHC’ Venice | Amigo | PFS’ Artic Tiger | Songbird | Cremella | Minnie Maus | Curly Lure | Sunny Empire | Baroness Of the Guard | WHC’ Shakoy | WHC’ Solist

      “Morgen geht es in dein neues Zuhause”, flüsterte ich der Stute zu und strich über den immer dünner werden Pelz an ihrem Hals. Minnie würde als Kinderpony zu einer bekannten unserer Chefin ziehen. Die kleine Tochter, dieser schwärmte bereits seit Ewigkeiten von der Ponystute. Jetzt zu ihrem 10ten Geburtstag gaben ihre Eltern nach und wollte ihr den Wunsch erfüllen. In der Ferne tauchen die Jungpferdeweiden auf. Derzeit bestand die Herde aus vielen verschiedenfarbigen Tieren, nur die einjährige Lusitanostute stach mit ihrer feuerroten Farbe heraus. Die Koppel war heute allerdings nicht das Ziel. So bog ich an der nächsten Wegbiegung ab und folgte dem Weg auf die Hochebene. Zwischen dem kurzen Gras sprossen die ersten Blumen hervor und die Frühlingsbrise trug diverse Gerüche zu uns hinauf. Fleißig stapfte das Pony voran, bis wir nach einer ausgedehnten Runde durch die Einsamkeit, wieder an den Koppel angelangten. Erst bei Näherkommen, erblickte ich, weswegen die Junghengste sich am Zaun sammelten.
      “Na über was debattiert ihr hier?”, fragte ich die Gruppe bestehend aus Jace, Raphael und natürlich auch Quinn, die ihre Augen kaum von dem attraktiven Springreiter lassen konnte.
      “Über Jace auch so tolles Pferd. Aktuell sieht er, nicht ganz so nach Spitzenpferd aus”, lacht sie. Unrecht hatte sie damit nicht. Der Falbhengst schien gerade mitten in einem Wachstumsschub zu sein, wodurch seine Hinterhand einige Zentimeter höher stand.
      “Nur weil er gerade ein wenig überbaut ist, heißt das nicht, dass das nichts wird”, protestierte der Blonde pikiert, “Schau dir doch mal die schönen langen Beine an.”
      “Was sagte du nochmal, ist in seiner Abstammung, Cor de la Bryére?”, mischte sich nun auch der andere Mann ein. Jace nickte bestätigend.
      “In der Springszene sind die sehr verbreitet, aber für ein Dressurpferd, ich weiß ja nicht”, fachsimpelte er. Die Namen, mit denen die drei in ihrem Diskurs um sich warfen, sagten mir kaum etwas. Ich hatte schon länger das Interesse an englischen Reitsport und mit ebenso an den klassischen Rassen in diesem Bereich verloren. Für den Westernsport waren die meisten nämlich zu schwungvoll und mir ihren langen Rücken und Hälsen nicht wendig genug.
      “Na gut, dann lass ich euch mal weiterdiskutieren”, verabschiedete ich mich von der Truppe und kehrte mit Minnie zurück zu ihrem Auslauf, wo ich sie absattelte. Ein leztes mal mapfte die Stute ihr Müsli aus einer der bunten Schüsseln, die einst liebevoll verziert worden waren.
      “Auf Wiedersehen, Süße Maus”, verabschiedete ich mich von der Rappstute, bevor sie hinüber zu ihrem Heu trottete und sich zwischen Cremella und Curly zwängte. Songbird kam neugierig angetrottet und staubte noch ein Leckerli ab. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich mich ein wenig beeilen musste, wenn ich mich noch frisch machen wollte, bevor Lewis kam. Er hatte nicht verraten wollen, wohin es ging, umso gespannter war ich darauf, was sich mir eröffnen würde.
      © Wolfszeit | Hazel O'Connor | 2939 Zeichen
      zeitliche Einordnung {Februar 20201}
    • Wolfszeit
      Springen E zu A | 30. September 2022

      Wo der Wolf Heult/ PFS’ Caruso/ Lancasters Peppermint/ LMR Ice Rain/ Finest Selection/ Lifesaver/ Chocolate Churro
      Lubumbashi


      Wie immer wuselten die Reitschüler geschäftig über die Stallgasse, als ich mit Caruso den Stall betrat. Ich zählte durch: Katy, Ana, Elodie, Ophelia, alle da. Perfekt. Mit einem Pfiff sorgte ich, dass die Aufmerksamkeit auf mir lag.
      “So meine Süßen, ich habe heute eine Überraschung für euch”, lächelte ich breit, woraufhin sich alle Augen neugierig auf mich richteten.
      “Eure Reitstunde ist heute nicht bei mir, sondern bei”, ich legte eine bedeutungsvolle Pause ein, bei der mein Grinsen noch breiter wurde, “Kanadas erfolgreichsten Nachwuchsreiters.”
      “Wir reiten bei Raphael Craig?”, quietschte Ophelia aufgeregt. Sally, die bis eben gelangweilt gedöst hatte, öffnete empört ihre Augen.
      “Du übertreibst meine Süße”, raunte mir eine wohlbekannte Stimme ins Ohr, gefolgt von einem zärtlichen Kuss auf die Wange. Vollkommen aus dem Häuschen starrten die vier Mädchen mich an oder viel mehr uns.
      “Nein, tue ich nicht”, grinste ich ihn an und nahm ihm den Strick meines Ponys aus der Hand, “Weil du einfach der beste bist.” Ich drückte ihm einen flüchtigen Kuss auf die Lippen und parkte das Pony auf dem freien Platz. Noch immer starrten meine Reitschüler mich an, als wären sie vom Blitz getroffen.
      “Na, los, Pferde fertig machen”, lachte ich. Dreißig Minuten später marschierten alle im Gänsemarsch hinter Raphael und mir in die Halle.
      “Bin gleich weg”, rief Felix, der noch mit Peppy die letzten Runden drehte. Während mein Kollege seine letzten Runden drehte, sorgten ich dafür, dass die Kinder alle auf ihre Pferde kamen. Savior weigerte sich mal wieder stillzustehen, doch mit viel Geduld landete sein Reiter auf ihrem Rücken. In Windeseile verfolgt die Stunde, nach der ein Haufen glücklicher Reitschüler die Halle verließ.
      “Du solltest öfter kommen, so konzentriert waren die selten”, grinste ich, als ich aus dem Sattel des Ponys rutschte.
      “Das war sicher, weil sie ein solch fabelhaftes Anschauungsobjekt hatten”, schmeichelte Raphael mir und verschränkte seine Finger mit meinem.
      “Jetzt übertreibst du aber”, lachte ich und wollte ihm ein Kuss auf die Wange drücken, doch der eifersüchtige kleine Hengst schob seinen Kopf zwischen uns.
      “Bleibst du eigentlich noch?”, fragte ich interessiert.
      “Ja, ich dachte, ich bleibe das ganze Wochenende”, erklärte er seine Pläne, “Nach dem Online-Coaching hätten wir dann ganz viel Zeit für uns.”



      © Mohikanerin | Quinn Drake | 2.346 Zeichen
      zeitliche Einordnung {Ende März 2021}
    • Wolfszeit
      Dressurkurs / Dressur E zu A | 30. Oktober 2022

      Fieberglass / Vyctor / Girlie / Dix Mille LDS / Steinway HMK / Don Carlo / Keks / Lifesaver

      In einer gefüllten Halle tummelte sich die erste Gruppe von Reitern, die ihre Pferde aufwärmten. Entspannt saß ein Trainer in der Ecke, tippte unachtsam auf seinem Handy. Die Pferde waren bunt durchmischt – ein hübscher Fuchs mit großer Blesse trottete aufmerksam voran, dahinter folgte eine Reiterin auf einem Schimmel. Ein weiterer Fuchs wurde bereits am langen Zügel auf dem Zirkel getrabt. Der Hengst schnaubte gleichmäßig und ein deutlich weiter geschimmelter Hengst schaute interessiert den anderen Teilnehmern nach.
      Nach dem Aufwärmen begann die Arbeitsphase. In der Abteilung wurde getrabt und Schritt geritten, dazwischen viele Bahnfiguren, um den Takt und Losgelassenheit zu verbessern. Die einfachen Elemente der Dressur saßen bei den Teilnehmern, weshalb auch Anfänger-Lektionen eingebaut wurden. Als Fotograf stand ich auf der Tribüne, um schön Erinnerungen für die Besitzer und Reiter festzuhalten.
      Eine dreiviertel Stunde später kam die zweite Gruppe dazu, bestehend aus Stuten. Eine interessant getupfte Stute, mit weißen Punkten auf braunen Fell, schaute irritiert durch die Halle. Hingegen war die Rappstute vollkommen gelassen und die andere Stute mit Punkten ebenso. Letztlich kehrte noch verspätet eine braune Stute in den Sand, die ebenso entspannt voranschritt.
      Die Einheit bestand aus den gleichen Elementen, wie die vorherige. Natürlich waren die Ansätze des Trainers individueller angepasst an den Reiter und Pferd, sodass es trotzdem Unterschiede gab. Ich schaute weiterhin zu, um nach der Mittagspause erneut meinen Posten einzunehmen.

      © Mohikanerin // 1567 Zeichen
    • Wolfszeit
      Turnierübung / Dressur A zu L | 30. November 2022

      Dix Mille LDS / Steinway HMK
      Verita / Lifesaver / Miss Leika / LMR Ice Rain / Chocolate Churro

      Überall waren Pferde, natürlich. Auf einem Turnier war dies nichts Ungewöhnliches. Interessiert blickte ich mich um. Ein großer und bekannter Dressurreiter befand sich in der Stadt, von überall strömten die Menschen wie Ameisen auf das Festgelände. Der heutige Tag war eine Übungspräsentation. Besagter Dressurreiter gab uns Hilfestellungen für die richtige Prüfung in zwei Tagen. Auch ich konnte mir einen Platz ergattern. Wir waren im letzten Block, sodass ich mir noch die Ritte anderer Leute anschauen durfte. Besonders interessant fand ich eine Fuchsstute, die mit ihren kurzen Beinen aber recht kräftigen Rumpf förmlich durch den Sand schwebte. Die leichte Prüfung wurde auf dem großen Platz geritten, weshalb sie ziemlich an Weg gut machen musste, um von einem zum anderen Buchstaben zu kommen. Andere Pferde waren da wirklich im Vorteil, so auch die Truppe vom WHC, die man beinahe als Profis bezeichnen konnte. Sie neckten einander, aber beim Vorreiten war es ruhig. Sie hatten die Tiere gut im Griff. Es wäre nicht verwunderlich, wenn sie in der richtigen Prüfung alle Plätze belegen würden.
      Der nährte sich immer weiter dem Ende. Alle Pferde konnten die gewünschten Lektionen und Figuren in der leichten Dressurprüfung im mittleren bis guten Noten-Bereich absolvieren, weshalb das Gefühl aller für die kommende Prüfung positiv gestimmt war.

      © Mohikanerin // 1353 Zeichen
    • Wolfszeit
      Gemeinsam über Hindernisse / Springen A zu L | 28. Januar 2023

      HGT’s Be My Sunshine / Lifesaver / LMR Ice Rain / Lancastres Peppemint / Chocolate Churro / Camille / WHC’ Förster / Friederike

      Der Winter legte einen zarten Schleier über das idyllische Lindö Dalen Stuteri in Kalmar, Schweden, als ich mich voller Vorfreude auf das anspruchsvolle Springreiten auf Stufe L vorbereitete. Die frostige Kälte führte dazu, dass die Pferde ihren warmen Atem in der eisigen Luft verströmten, und doch spürte ich eine pulsierende Energie in der Luft, die von den talentierten Pferden ausging, die mich in diesem Monat begleiten würden.
      Churro, der charmante und stolze Trakehnerhengst, hatte ein herzliches Wesen, das alle um ihn herum verzauberte. Seine lustige und liebevolle Art ließ uns oft lächeln, und dennoch war da auch eine Herausforderung, die uns auf Trab hielt. Sein gelegentliches Bocken im Galopp forderte unser Feingefühl und unsere Konzentration heraus. Doch ich spürte eine unvergleichliche Verbundenheit zu ihm, als wir uns gemeinsam dieser Herausforderung stellten. Mit viel Geduld und Ruhe konzentrierten wir uns darauf, seine überschüssige Energie in kontrollierte, kraftvolle Sprünge umzuleiten. Jeder erfolgreiche Sprung ließ unsere Zuversicht wachsen und füllte uns mit Freude über unsere gemeinsamen Fortschritte.
      Millie, die aufmerksame und elegante Freibergerstute, beeindruckte mich mit ihrer Intelligenz und ihrem Selbstbewusstsein. Sie war ein roher Diamant in unserem Team und brachte ihre natürliche Begabung für das Springen in unsere Trainingsstunden ein. Ihre lebhafte und neugierige Art spornte mich an, mich ebenfalls zu verbessern und präzise Linien zu reiten. Es war eine wahre Freude, ihre Gänge zu koordinieren und perfekt aufeinander abgestimmte Bewegungen zu erzielen. Als Team wurden wir mit jedem Training harmonischer und entwickelten ein tiefes Verständnis füreinander. Millie schien meine Gedanken zu lesen und war immer einen Schritt voraus, was unsere Zusammenarbeit zu etwas ganz Besonderem machte.
      Förster, der anfangs skeptische und zurückhaltende dänische Warmbluthengst, war zweifellos eine Herausforderung für uns. Seine Klugheit und Sensibilität machten ihn zu einem Pferd, das man nicht einfach überzeugen konnte. Als Junghengst hatte er noch viel zu lernen und zu entdecken und ich wusste, dass ich ihm Zeit und Raum geben musste, um Vertrauen zu fassen.
      Wir begannen unser Training mit viel Geduld und Einfühlungsvermögen. Ich wollte Förster nicht überfordern und ihn nicht zu schnellen Fortschritten drängen. Stattdessen setzten wir auf kleine Schritte und positive Erfahrungen. Ich spürte, wie wichtig es war, dass er wusste, dass er sich auf mich verlassen konnte und ich immer auf seine Bedürfnisse und Signale achtete.
      Wir arbeiteten viel am Boden, um eine solide Basis für unsere Zusammenarbeit zu schaffen. Ich stellte sicher, dass Förster mir in einfachen Übungen folgen konnte und er lernte, auf meine Körpersprache zu achten. Diese grundlegende Kommunikation war der Schlüssel, um sein Vertrauen in mich und unser gemeinsames Training zu stärken.
      Im Sattel arbeiteten wir an seiner Konzentration und Gelassenheit. Ich achtete darauf, dass ich ihn nicht überforderte und ihn in kleinen Schritten an neue Herausforderungen heranführte. Wir begannen mit einfachen Sprüngen und arbeiteten uns langsam zu anspruchsvolleren Parcours vor. Ich lobte ihn ausgiebig für jede gelungene Aufgabe und ermutigte ihn, seine Klugheit und Intuition zu nutzen.
      Es war schön zu sehen, wie Förster allmählich begann, sich zu öffnen und mir mehr zu vertrauen. Wir entwickelten eine besondere Verbindung, die auf Verständnis und Respekt basierte. Ich merkte, dass er sich allmählich entspannte und mehr in das Training einbrachte. Seine skeptische Natur wich einer neugierigen Bereitschaft, Neues zu lernen.
      Mit jedem Tag wurde unsere Zusammenarbeit intensiver, und ich spürte, wie wir als Team zusammenwuchsen. Förster zeigte mehr und mehr, dass er bereit war, sich den anspruchsvollen Parcours zu stellen. Seine Klugheit half ihm dabei, die Techniken schnell zu erfassen, und ich merkte, wie er an Selbstbewusstsein gewann.
      Rikki, die dominante und nervenstarke Stute, beeindruckte mich mit ihrem imposanten Äußeren und ihren kraftvollen Gängen. Aber unter dieser imposanten Fassade spürte ich auch ihre Unsicherheit und Ängstlichkeit. Sie benötigte jemanden, der geduldig mit ihr arbeitete und ihr half, ihre Ängste zu überwinden.
      Wir begannen mit ruhigen Übungen und gaben Rikki Zeit, sich an mich als Reiter zu gewöhnen. Ich achtete darauf, ihr Sicherheit zu vermitteln und sie nicht zu überfordern. Mit viel Lob und Belohnungen ermutigte ich die junge Stute, sich neuen Herausforderungen zu stellen.
      Besonders ihre Angst vor bestimmten Gegenständen war eine große Hürde für uns. Ich wusste, dass es wichtig war, behutsam an dieses Thema heranzugehen. Es war berührend zu sehen, wie Rikki allmählich ihre Unsicherheit überwand und mir mehr und mehr vertraute. Wir stärkten unsere Bindung und ich merkte, wie sie allmählich zu einer selbstbewussteren und entspannteren Stute wurde. Ihre kraftvollen Gänge und ihre Eleganz beeindruckten mich jedes Mal aufs Neue, wenn wir gemeinsam über die Hindernisse flogen.
      Mit viel Liebe und Geduld arbeiteten wir an ihrer Selbstsicherheit, und ich war stolz auf jeden kleinen Fortschritt, den wir gemeinsam gemacht hatten. Es war eine besondere Freude, zu sehen, wie Rikki ihre Ängste überwand und sich zu einer mutigen und zuverlässigen Partnerin entwickelte.
      My, der neugierige und aufmüpfige Hannoveranerhengst, war eine wahre Energiequelle. Wir nutzten seine Neugierde, um vielfältige Übungen zu gestalten und seine Technik zu verfeinern. Mit jeder neuen Lektion zeigte er, wie lernfähig und aufmerksam er war, und ich spürte, dass wir eine besondere Verbindung hatten. My schien jede Herausforderung mit Begeisterung anzunehmen, und ich freute mich auf unsere gemeinsame Weiterentwicklung im Springreiten.
      Savior, das eigenwillige und verschmuste Deutsche Sportpferd, war ein wahres Charakterpferd. Mit seiner einzigartigen Persönlichkeit brachte er Farbe in unser Training und sorgte immer für Abwechslung. Wir arbeiteten daran, seine Zählebigkeit zu überwinden und eine starke Verbindung zwischen uns aufzubauen. Ich spürte, dass er mich genauso neugierig beobachtete wie ich ihn, und gemeinsam entdeckten wir eine neue Begeisterung für das Springen. Mit viel Lob und Motivation erreichten wir kleine Fortschritte, die uns jeden Tag stolz machten. Ich bewunderte seine Entschlossenheit, sich den Herausforderungen zu stellen, und freute mich darauf, mit ihm weiterzuwachsen.
      Ice, die freundliche und ruhige Hannoveraner-Stute mit ihrem auffälligen Braunschecken-Mantel, zeigte eine beeindruckende Ruhe und Mut im Parcours. Ihre freundliche und aufgeweckte Art brachte eine angenehme Leichtigkeit in unser Training. Ihre Neugierde trieb uns zu neuen Höhen, und ich spürte, dass sie sich bei jeder Übung immer weiter verbesserte. Wir feilten kontinuierlich an unserer Technik und Präzision, und als Team bewältigten wir jedes Hindernis mit Zuversicht und Freude. Ice war eine zuverlässige Partnerin, auf die ich mich in jeder Situation verlassen konnte, und ich war dankbar, dass sie mich auf meinem Weg im Springreiten begleitete.
      Pepper, der sanfte Hannoveraner-Hengst mit seinem faszinierenden Black Leopard-Muster, eroberte mein Herz im Sturm. Seine Sanftmut und Geduld halfen uns, eine enge Bindung aufzubauen und uns gegenseitig zu vertrauen. Ich spürte, dass er mich genau beobachtete und immer darauf bedacht war, meine Körpersprache zu verstehen. Mit seiner Stärke und Ausdauer meisterten wir selbst die herausforderndsten Parcours. Ich bewunderte seine Selbstsicherheit und Gelassenheit, die mich immer wieder ermutigte, das Beste aus mir herauszuholen. Pepper war ein außergewöhnliches Pferd, das mir zeigte, dass wahre Stärke in Sanftmut und Vertrauen lag.
      Der Januar war ein Monat voller Vielfalt, Zusammenarbeit und Erfolg im Springreiten auf Stufe L. Jedes Pferd brachte seine eigenen Stärken und Herausforderungen mit sich, und ich fühlte mich geehrt, mit dieser facettenreichen Gruppe von Pferden zu arbeiten. Als Team wuchsen wir zusammen, überwanden Hindernisse und blickten zuversichtlich in die Zukunft. Unser gemeinsamer Weg im Springreiten hatte gerade erst begonnen, und ich war voller Vorfreude auf alles, was noch vor uns lag. Mit jeder Trainingseinheit spürte ich, wie unsere Verbindung stärker wurde und wie wir uns gegenseitig inspirierten, jeden Tag unser Bestes zu geben. Ich war dankbar für die Zeit, die ich mit diesen außergewöhnlichen Pferden verbringen durfte, und freute mich auf viele weitere unvergessliche Momente, die uns im Springreiten bevorstanden.

      © Mohikanerin // 8604 Zeichen
    • Wolfszeit
      Training / Springen L zu M | 26. Februar 2023

      Miss Leika/ Lady Moon/ Lifesaver/ Lancasters Peppermint/ Liliada

      Der Februar in Kanada bringt uns kaltes Wetter und eine wunderschöne schneebedeckte Landschaft, aber für uns Springreiter bedeutet das keine Pause. Im Gegenteil, wir setzen unsere intensiven Trainingseinheiten fort, um uns auf die bevorstehenden Turniere vorzubereiten. Heute fand unser Training in der großen Halle statt, die für diesen Zweck mit einem anspruchsvollen Parcours aufgebaut war.
      Miss Leika, meine zuverlässige Hannoveranerstute, war der erste Schützling, mit dem ich das Training begann. Schon beim Aufwärmen spürte ich ihre Energie und Vorfreude auf die bevorstehende Springeinheit. Leika ist ein wahrer Profi auf dem Parcours und verfügt über eine beeindruckende Erfahrung.
      Unser Fokus lag diesmal darauf, unsere Technik und unseren Rhythmus beim Springen weiter zu verfeinern. Um die Grundlagen zu festigen, starteten wir mit niedrigeren Hindernissen. Leika zeigte sich dabei von ihrer besten Seite und meisterte die Sprünge mit Leichtigkeit. Ihre Sprungkraft und ihre Fähigkeit, sich in der Luft zu strecken, beeindruckten mich immer wieder aufs Neue. Wir arbeiteten an unserer Balance und dem richtigen Absprung, um unsere Sprünge noch effizienter zu gestalten.
      Mit jeder Höhensteigerung wurde der Parcours anspruchsvoller, aber Leika blieb fokussiert und zeigte eine beeindruckende Präzision. Wir übten enge Wendungen, Distanzkontrolle und das Finden des richtigen Tempos zwischen den Sprüngen. Die Stute reagierte sensibel auf meine Hilfen und wir waren ein eingespieltes Team, das sich perfekt aufeinander abgestimmt hatte.
      Es war ermutigend zu sehen, wie sich Leika mit jeder Trainingseinheit weiterentwickelte. Wir arbeiteten auch an unserer Kommunikation, um unsere Zusammenarbeit auf dem Parcours zu stärken. Die Stute zeigte sich lernbereit und motiviert, und ich konnte spüren, wie sie sich mit jeder erfolgreichen Überwindung eines Hindernisses weiterentwickelte.
      Ich bin zuversichtlich, dass die Fortschritte, die wir im Training gemacht haben, sich in den kommenden Turnieren auszahlen werden. Mit ihrer Zuverlässigkeit und ihrem Talent bin ich überzeugt, dass wir in den kommenden Wettkämpfen gute Ergebnisse erzielen werden und uns weiterhin als erfolgreiches Duo im Springsport etablieren können.
      Als Nächstes begann ich das Training mit Lady Moon, der braunen Holsteinerstute. Moon ist bekannt für ihre Energie und ihren Mut, und sie ist immer bereit, sich neuen Herausforderungen zu stellen. Unser Hauptaugenmerk lag darauf, ihr Vertrauen in ihre Sprungfähigkeiten weiter zu stärken und ihre technischen Fertigkeiten zu verfeinern.
      Wir starteten das Training mit einer gründlichen Aufwärmphase, um sicherzustellen, dass Lady Moon locker und konzentriert war. Danach konzentrierten wir uns auf das Training von Distanzen und Geschwindigkeit, um ihre Sprungfähigkeiten zu optimieren. Ich plante Übungen, die schnelle Wendungen und präzise Linien erforderten, um ihre Wendigkeit und Reaktionsschnelligkeit zu verbessern. Die Stute zeigte von Anfang an eine bemerkenswerte Aufmerksamkeit und ein starkes Arbeitsethos. Ihre natürliche Athletik und ihr Mut ermöglichten es ihr, die Hindernisse mit Bravour zu meistern. Besonders beeindruckend war Lady Moons Fähigkeit, ihre Schnelligkeit mit Präzision zu kombinieren. Sie entwickelte ein ausgeprägtes Gespür für die Distanzen und konnte sich gut auf die Sprünge einstellen. Ich bin zuversichtlich, dass die Fortschritte, die wir im Training gemacht haben, sich in den kommenden Turnieren auszahlen werden.
      Als Nächstes kam Lifesaver an die Reihe, ein beeindruckender Hannoveraner Schimmelhengst mit einem imposanten Erscheinungsbild. Savior verkörperte Kraft und Eleganz und hatte ein unglaubliches Potenzial im Springsport. Unser Ziel war es, seine Manieriertheit und Präzision zu verbessern, um sein Talent auf dem Parcours optimal zur Geltung zu bringen.
      Wir arbeiteten zunächst vom Boden aus, um seine Verbindung zu mir als Reiter zu stärken und sein Vertrauen in meine Anweisungen zu festigen.
      Der Schimmelhengst zeigte von Anfang an eine bemerkenswerte Sprungkraft und Technik. Mit jedem Sprung überwand er die Hindernisse mit Leichtigkeit und beeindruckender Flugphase. Wir konzentrierten uns darauf, seine Sprungmanier weiter zu verfeinern, seine Beine noch geschmeidiger zu bewegen und seine Technik zu optimieren. Besonders legte ich Wert auf enge Wendungen und anspruchsvolle Linien, um Lifesavers Wendigkeit und Reaktionsschnelligkeit zu schulen. Der Schimmel war sensibel und aufmerksam, reagierte fein auf meine feinen Hilfen und zeigte eine bemerkenswerte Bereitschaft, meine Anweisungen umzusetzen.
      Jayden betrat schließlich mit Peppermint die Halle, einem faszinierenden Rappen mit hübschen Punkten. Pepper strahlte jugendliche Energie und Neugierde aus, was sich in seinem aufgeregten Wiehern und dem nervösen Schlagen seines Schweifs zeigte. Jayden begannen behutsam mit Peppermint, indem er ihm Zeit gaben, die Umgebung zu erkunden und sich an die Anwesenheit anderer Pferde zu gewöhnen. Er legte großen Wert auf eine einfühlsame Herangehensweise, um sein Vertrauen zu gewinnen und eine positive Lernumgebung zu schaffen.
      Es war faszinierend zu beobachten, wie Peppermint allmählich sein Potenzial entfaltete. Er wurde immer mutiger und zeigte eine wachsende Bereitschaft, neue Herausforderungen anzunehmen. Ich war begeistert von seiner jugendlichen Energie und seinem Willen, dazuzulernen.
      Als ich die Halle schließlich verließ, bemerkte ich, wie Raphael, einer unserer Einsteller, mit Liliada unter dem Sattel in die Arena trat. Es war eine unerwartete Überraschung, da ich wusste, dass Lila normalerweise von Anu geritten wurde. Raphael hatte jedoch die Gelegenheit ergriffen, sie während seines Trainings zu reiten, um an ihrer weiteren Entwicklung zu arbeiten.
      Die Braune war eine elegante und stolze Stute, deren feuriges Temperament oft eine Herausforderung darstellte. Doch Raphael schien sie im Griff zu haben. Mit sanften Hilfen und einer ruhigen, aber bestimmten Art führte er sie durch den Parcours. Es war beeindruckend zu sehen, wie er Lilas Energie kanalisierte und in harmonische Bewegungen verwandelte.
      Wir konzentrierten uns auf das Verfeinern ihrer Technik und das Schärfen ihres Sprungvermögens. Raphael forderte sie mit anspruchsvollen Linien und komplexen Distanzen heraus, um ihre Geschicklichkeit und Präzision zu verbessern.
      Ich verließ die Halle mit einem Lächeln auf den Lippen und voller Vorfreude auf die kommenden Trainingseinheiten und Turniere. Das gemeinsame Streben nach Perfektion und die Leidenschaft für den Sport würden uns weiterhin antreiben und uns zu noch größeren Erfolgen führen.

      © Mohikanerin // 6629 Zeichen
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  • Album:
    Hauptstall
    Hochgeladen von:
    Wolfszeit
    Datum:
    2 Nov. 2019
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    EXIF Data

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  • Lifesaver
    Lebensretter

    Rufname: Savior
    geboren 16. April 2015

    Aktueller Standort: Whitehorse Creek Stud, Cadomin [CAN]
    Unterbringung: Hauptstall; Box [8h], Weide [16h]


    __________ p e d i g r e e

    Aus: Harvey [Irish Sport Horse]
    MMM: Unbekannt _____ MM: Unbekannt _____ MMV: Unbekannt
    MVM: Unbekannt _____ MV: Unbekannt _____ MVV: Unbekannt


    Von: Kirin [Deutsches Sportpferd]
    VMM: Unbekannt _____ VM: Unbekannt _____ VMV: Unbekannt
    VVM: Unbekannt _____ VV: Unbekannt _____ VVV: Unbekannt


    __________ i n f o r m a t i o n

    Rasse: Deutsches Sportpferd [DSP]
    DSP [50%], ISH [50%]


    Geschlecht: Hengst
    Stockmaß: 170 cm
    Farbe: Grey
    [EE aa Gg]

    Charakter
    eigenwillig, intelligent, verschmust, wählerisch, freundlich

    Lifesaver ist sehr eigenwillig. Der junge Hengst ist ausgelassen und intelligent. Er testet gerne seinen Reiter aus und auch auf der Weide stellt er die Rangfolge gelegentlich infrage. Dem Menschen gegenüber ist er immer freundlich und kommt gerne, um sich kraulen zu lassen. Bei Futter hingegen ist er wählerisch. Er frisst nicht alles, was man ihm serviert.

    __________ p e r f o r m a n c e

    [​IMG]
    [Icon DR] [Icon SP]

    Dressur S ['S] – Springen S ['S] – Military E [L] – Fahren L [L] – Rennen E [M] – Distanz E [M]

    Disziplin: Dressur, Zeitspringen
    Wettbewerbsniveau: International
    Platzierungen: 2 | 0 | 0

    September 2022, Springen E zu A
    Oktober 2022, Dressur E zu A
    November 2022, Dressur A zu L
    Januar 2023,Springen A zu L
    Februar 2023,Springen L zu M
    März 2023, Springen M zu S
    April 2023, Dressur L zu M
    Mai 2023, Dressur M zu S
    Juli 2023, Fahren E zu A
    September 2023, Fahren A zu L

    November 2019
    1. Platz, 564. Dressurtunier
    1. Platz, 437. Fahrtunier

    __________ b r e e d i n g


    [​IMG][GBS Gold]
    Stand: 01.09.2022


    Lifesaver wurde durch HK 522 zur Zucht zugelassen.

    IK: 0,00 % | AVK: 100 % | VB: 0 %
    Zuchtwert: 106 (Mai 2024)

    Hengstline: Kirin | Stutenstamm: Harvey

    Decktaxe: 395 Joellen, [Verleih auf Anfrage]
    Zugelassen für: HANN, CSH, BRP, OLD, a. A.
    Prädikat: GBS Gold
    Bedingungen: *keine Inzucht

    Materialprüfung: 7,61 [1.ZRM3]

    Körung
    Exterieur: 7,48
    Gesamt: 8,1

    __________ o f f s p r i n g


    Lifesaver hat 1 Nachkommen.

    WHC' Extra Life a.d. STUTE [TRAK] *20xx


    __________ h e a l t h


    Gesamteindruck: Gesund; gut im Training
    Krankheiten: -
    Beschlag: Falzeisen mit rausdrehbaren Stollen


    __________ a d d i t i o n a l


    Pfleger: -
    Reiter: Jace Sherwood
    Trainer: -
    Eigentümer: Whitehorse Creek Stud [100%]
    Züchter: A. Bauer, Landgut Bauer, Nürnberg [GER] [Wolfszeit]
    Ersteller, VKR: Wolfszeit

    Lifesaver steht aktuell nicht zu Verkauf.


    _____

    SpindExterieurPNG
    Savior existiert seit dem 02. Januar 2017