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Sosox3

HMJ Honesty | 1 Punkte

HMJ Honesty | 1 Punkte
Sosox3, 13 Apr. 2022
Veija, MeisterYoda, Mohikanerin und 2 anderen gefällt das.
    • Sosox3
      Pflegeberichte
      2020
      Auf zu neuen Abenteuern!
      25.04.2020 - 8'727 Zeichen - 5 Pkt.

      „Hast du alles?“ „Das werde ich früh genug herausfinden…“ Ich schmiss das letzte Sockenpaar in den Koffer, dann kniete ich mich auf den Deckel, um ihn zu verschliessen. Es war ein seltsames Gefühl, nun tatsächlich nach Schweden zu reisen, um mein Makeover-Pferd kennenzulernen. Ich hatte mich auf die gescheckte Stute namens HMJ Honesty beworben und zu meiner grossen Freude die Zusage bekommen. Allerdings hatte mich das Ganze dann doch etwas unvorbereitet erwischt. Irgendwie war mir nämlich nicht in den Sinn gekommen, für alle Fälle vorzusorgen und die Abläufe auf meinem eigenen Hof während meiner möglichen Abwesenheit zu regeln. Zum Glück hatte ich Jonas, dem ich wortwörtlich bloss eine Checkliste in die Finger zu drücken brauchte. Er half mir sowieso auch sonst, also wusste er bereits, was zu tun war. Und Lisa war auch noch da, falls alle Stricke reissen würden. Trotzdem machte ich mich mit gemischten Gefühlen auf den Weg nach Schweden; zum einen, weil ich nicht so recht wusste, was mich dort erwartete - zum anderen, weil ich Jonas und Lily und meine ganzen Vierbeiner jetzt schon vermisste, auch wenn es nur für eine Woche war. Deshalb machte ich auch nochmal eine letzte Stallrunde, bevor es definitiv losging. Ich musste schliesslich meinen vielen Lieblingen aufwiedersehen sagen. Besonders lange blieb ich bei Winter stehen, der mit seiner rosafarbenen Schnauze meine Schulter massierte, als ich ihm den Hals zu kraulen begann. Wenn sie im Fellwechsel sind, werden sie noch verschmuster als sonst, überlegte ich liebevoll. Jonas brachte mich und mein Gepäck zum Flughafen, sobald ich mich endlich losreissen konnte. Wir küssten uns zum Abschied und ich musste versprechen zu schreiben sobald ich in Schweden landete. Ehe ich mich versah, befand ich mich schon über den Wolken.

      Spoiler
      Bekanntgabe der Vergabe der Pferde auf der Lindö Dalen Stuteri in Schweden

      Nico rollte auf das Rednerpodest zu, welches Collin für die Ansprachen vorbereitet hatte. Nico warf Collin einen bösen Blick zu, als er dank seines Rollstuhls vor dem Podest stehen bleiben musste, anstatt, wie es für den Veranstalter üblich gewesen wäre, darauf zu stehen. Ein Helfer stürzte hervor und richtete das Mikrofon auf Nico aus, der ihn jedoch nur wieder mit einer wirren Geste davonschickte.
      Er räusperte sich und blickte sich um. Die Sonne schien und einige der Zuhörer hatten bereits Sonnenbrillen auf. „Sehr geehrte Teilnehmer und Teilnehmerinnen,
      Danke, dass ihr alle euch auf den Weg gemacht habt, um eure Pferde zu einem neuen Horse Makeover willkommen zu heißen!
      Dieses Jahr arbeiten ich und mein Team aktiv mit dem Tierschutz zusammen. Gemeinsam haben wir uns auf die Suche nach Pferden gemacht, die aufgrund von verschiedensten Umständen gerettet oder abgegeben worden sind und nun mithilfe des Makeovers eine neue Aufgabe erhalten sollen.
      Außerdem solltet ich euch dieses Jahr auf den Trainerposten bewerben und ich danke allen, die ihr Glück versucht haben! Wie bereits in euren Einladungen angekündigt, sind alle hier Anwesenden auserwählt wurden. Herzlichen Glückwunsch!“
      Nico legte eine kurze Pause ein und blickte auf die Notizen in seinen Händen. „In wenigen Augenblicken werdet ihr das allererste Mal eure neuen Trainingspartner kennenlernen und gemeinsam in das neue Zuhause eures Schützlings fahren. Um ehrlich zu sein, habt ihr es uns nicht leicht gemacht zu entscheiden! Dennoch erfolgt nun die Verkündung.“
      Nico blickte leicht zu seiner linken Seite und sah, wie bereits der erste Helfer das erste HMJ-Pferd am Strick führte, um es in wenigen Sekunden seinem neuen Besitzer zu übergeben.
      „HMJ Divine geht mit großer Freude an das White Horse Creek Stud, vertreten durch Luchy Montrose! Das WHC hat bereits in der letzten Runde große Leistung gezeigt und wir vertrauen darauf, dass ihr euch dieses Jahr genauso gut um euren Schützling kümmern werden!“, sagte Nico, als der magere Divine vorgeführt wurde. Luchy trat entspannt nach vorne, schüttelte Nico die Hand, verbeugte sich kurz und nahm dann Divine an sich, um ihn aus dem Trubel herauszuführen.
      „HMJ Honesty geht an die Pineforest Stables, vertreten durch Occulta Smith! Als Neuling in der Horsemakeoverwelt hoffen wir sehr, dass auch du begeistert davon bist und deinen Schützling zu einem Partner heranziehst, wie du es bereits bei Matinée getan hast“, sagte Nico als Nächstes und beobachtete Occulta dabei, wie sie Honesty an sich nahm. Bei ihr war er besonders gespannt, wie sie sich zeigen würde.
      Dann wandte er sich wieder seinem Blatt zu. „HMJ Saintly geht an die Bow River Ranch, vertreten durch Caleb O’Dell, sowie seinen Helfer Tschetan. Auch die BRR war beim HMJ 2019 engagiert dabei und deshalb denken wir, dass Saintly bei dir gut aufgehoben sein wird.“
      „HMJ Courtesy geht an das Deer Forrest EC“, fuhr er fort, als Saintly abgeführt war und das nächste Paint Horse auftrat. „Vertreten durch Juna und Luna! Das Gestüt war vergangenes Jahr mit an der Spitze dabei und hat die Stute von Grund auf verändert und deshalb denken wir, dass diese Stute bei euch in guten Händen sein wird.“
      Nico atmete hörbar schwer aus. „Auch bei HMJ Pious war es eine schwierige Entscheidung. Schlussendlich haben wir uns für Leticia Weidner entschieden, die beim HMJ zwar ein weiteres unbekanntes Gesicht ist, uns jedoch mit ihrer offenen Art vollkommen überzeugt hat. Pious wird bei dir in guten Händen sein.“
      Die nächsten Kandidaten und Kandidatinnen stellte Nico recht zügig vor. Er freute sich über die erhellten Gesichter der neuen Besitzer, die zwar einerseits erstaunt über den Zustand der Pferde waren, gleichzeitig aber motiviert in die Zukunft schauten. „HMJ Glory geht an Equitación de Sueños, vertreten durch Cathrine Morgan! Noch ein Neuling, den ich herzlich beim Makeover begrüßen darf. Du wirst mit diesem Schützling eine guten Einstieg ins Makeover haben.“
      „HMJ Charity geht an das Birkenhofgestüt, vertreten von Ian Monroe und Reyna Huntington als Team! Wir freuen uns zu hören, dass Charity die Nächstenliebe im wahrsten Sinne des Wortes mit euch als Team näher bringen kann. Ihr beide wart bereits beide 2019 Mitglieder des Makeovers und wir hoffen, dass ihr beide eure Aktivität noch verstärken könnt.
      „HMJ Blessing geht nach langem Überlegen und Abwägen an das Hollybrook Stud, vertreten durch Samantha O’Neill! Wir denken, dass unsere Blessing am besten zu dir und deinem Hof passt, da du sowohl in der letzten Runde alles gegeben und dabei aus Elfentanz unglaubliches herausgeholt hast, als auch auf eine langjährige Erfahrung mit Vollblütern zurückblicken darfst. Herzlichen Glückwunsch.
      HMJ Sacred geht an den Rosenhof, vertreten durch Nina Beaulieu! Wir freuen uns sehr, sowohl einen Neuling in der Makeoverwelt, als auch ein Neuling in der Gestütsführung begrüßen zu dürfen. Sacred ist kein einfaches Pferd, dennoch glauben wir, dass du als Tierärztin ihm optimal helfen kannst und diesen rohen Diamanten schleifen wirst.
      HMJ Holy geht an das Lindö Dalen Stuteri, vertreten durch Hedda Wallström mit der Hilfe ihres großen Bruders Folke Wallström! Wir freuen uns auch hier Neulinge begrüßen zu dürfen und besonders, dass unser Projekt bereits jüngere Menschen erreicht hat. Auch wenn Holy nicht gerade ein Kinderpony ist, denken wir, dass ihr als Team das schaffen werdet.
      HMJ Brilliance geht an das Canadian Liberty Creek Stud, vertreten durch Stefanie Westside! Über so viele Neulinge kann man sich ja nur freuen und deshalb hoffen wir, dass du mit deinem Schützling einen gutes Star hinlegst und die Stute aufpäppeln wirst.
      HMJ Benevolence geht an das Winterscape Stud, vertreten durch Ann England! Hoffentlich kannst du dir deinen Traum eines Herzenspferdes mit diesem Schützling erfüllen und bereust es nicht, dich hier beworben zu haben.
      HMJ Exaltation geht an die Black Oak Stables, vertreten durch Laraya Shizuka! Unter den vielen Neulingen ein bekanntes Gesicht und wir hoffen, dass du mit diesem Hengst genauso gut klarkommst und das beste aus ihm herausholst, wie du es im letzten Jahr mit Pilgrim getan hast.
      HMJ Grace geht an das Den Vackra Trakehner Stud in Zusammenarbeit mit den Roanoak Stables! Gemeinsam werdet ihr aus Grace eine wunderbare Stute machen und ihr einen neuen, besseren Start ins Leben ermöglichen.“
      Nico blickte auf. Es war fast geschafft. Vierzehn Pferde waren in den letzten Minuten an ihm vorbeigelaufen und hatten ihre neuen Besitzer begrüßen dürfen. Ein Pferd fehlte noch.
      „Leider haben wir für HMJ Humble keinen Interessenten gefunden, weswegen wir uns dafür entschieden haben, ihn mit nach Phoenix Valley zu nehmen und unter Aufsicht unseres verantwortungsvollen Trainers Malte Tordenværson vorerst auszubilden.
      Ich bedanke mich bei euch für eure Aufmerksamkeit!“, beendete Nico seine Rede. Schwaches Klatschen breitete sich zögerlich aus, mehrere Blicke gingen in die Richtung der Pferde, aus Angst, sie könnten sich erschrecken.
      „Nun da wir das hinter uns haben, übergebe ich das Wort an Collin Jones, der stellvertretend für das Lindö Dalen Stuteri euch ein paar Infos zur Unterbringung eurer Pferde unterbreitet wird“, sagte Nico und gab erleichtert das Mikrofon an Collin, der bereits neben ihm stand, jedoch auch davon absah, das Rednerpodest zu verwenden.
      „Danke Nicolaus, ja genau ich bin Collin Jones und wohne mit meinem Team auf dem Lindö Dalen Stuteri auf einer Insel im wunderschönen Schweden. Wir haben zusammen mit den Veranstaltern Malte und Nicolaus beschlossen, dass das diesjährige Horse Makeover seinen Anfang hier haben wird. Als ehemaliger Teilnehmer fühle ich mich sehr geehrt, die Neulinge und ein paar bekannte Gesichter bei uns begrüßen zu dürfen! Ihr habt eine Woche Zeit bis die Pferde in ihr neues Zuhause ziehen dürfen und in dieser Zeit stehen euch die Anlagen des Gestüts zur freien Verfügung: Reitplatz, Halle, Roundpen und eine große Ovalbahn, zudem bietet das große und meernahe Gelände vielfältige Möglichkeiten spazieren zu gehen. Für eure Unterkunft ist im Nachbardorf Revsudden gesorgt. Dort steht euch eine Pension zur Verfügung mit Einzel oder wahlweise Doppelzimmern.
      Die Pferde kommen während der Zeit auf unserem Hof auf Geschlechter getrennten Weiden unter und für ihre Versorgung ist ganztägig gesorgt - große Heuraufen, mit Bioheu aus eigenem Anbau, da die Weiden nicht sonderlich stark bewachsen sind. Wenn euch schon ein spezielles Ernährungskonzept vorschwebt, dann erhaltet ihr das Futter selbstverständlich von uns.
      Die nächste Woche könnt ihr also dafür nutzen, eure Pferde kennenzulernen und dann in aller Rihe den Heimweg anzutreten.“
      Collin hielt kurz inne. „Achso. Außerdem möchte ich euch noch Benni Becks vorstellen.“ Er zeigte auf einen hageren Mann mit kurzen Haaren und großer Brille, der mit seinem sanften Lächeln ein paar Schritte nach vorne trat.
      „Benni ist vom Tierschutz und dieses Jahr für die Gesundheit der HMJ Pferde verantwortlich. Möchtest du noch ein paar Worte sagen?“
      Benni trat neben ihn und nahm das Mikro ab. „Zu allererst sei gesagt, dass ihr euch bitte nicht vor mir fürchten oder schämen müsst. Mein einziges Ziel ist es, dass es den Pferden bald besser gehen wird und das werde ich tatsächlich die nächsten Monate auch regelmäßig kontrollieren. Ich bin selber Tierarzt und auf Pferde spezialisiert und habe in den letzten Wochen alle Pferde sehr gut kennenlernen dürfen. Es wird also angekündigte, wie auch unangekündigte Besuche geben, bei denen ich die Pferde kontrollieren und euch eventuell Fragen stellen werde.
      Aber nicht nur ich werde Fragen stellen, auch ihr dürft gerne jeder Zeit auf mich zukommen. Neben Nico und Collin kann ich euch in fast allen Dingen, die das Makeover betreffen, weiterhelfen.“
      Er gab das Mikrofon an Collin zurück, der einen Moment verwirrt wirkte, was er nun noch sagen sollte. „Nun ja, genau. Wie Benni bereits sagte, wir drei werden in Zukunft eure Ansprechpartner sein. Kommt bitte bei jeglichen Problemen auf uns zu, wir können helfen.“
      Fragend hielt Collin Nico das Mikro hin, der winkte aber entschieden ab, sodass Collin selbst weiterredete.
      „Heute Abend wird es ein gemeinsames Buffet geben, bis dahin: Richtet euch ein, begrüßt eure Pferde und kommt heute Abend zum gemeinsamen Abendbrot!“

      Text von Zion und Canyon

      Nach der Bekanntgabe der Vergabe der Eventpferde auf dem „Lindö Dalen Stuteri“ stand ich erstmal noch ganz überrumpelt neben der Scheckstute, deren Führstrick ich soeben überreicht bekommen hatte. Honesty sah genau so aus wie auf den Bildern. Sie war eine Dunkelfuchsscheckstute, in einem ähnlichen Farbton wie Mansur von Rosie. Im Moment trug sie jedoch, anders als der heissblütige Araberhengst, noch eine wollige Winterfellpracht, in der sie offenbar auch ein wenig zu warm hatte bei den beinahe schon sommerlichen Temperaturen die momentan herrschten. Sie war kleiner, als ich sie mir vorgestellt hatte. Um die 1,40 schätzte ich, also Ponygrösse. Dafür sah sie, für ein anscheinend untrainiertes Pferd, erstaunlich wohlbemuskelt und drahtig aus. Ihr Bauch war schlank und ihre Beine ebenso kräftig wie der markante Unterhals, der mir sofort ins Auge fiel. „Na haben wir aber ein Stück Arbeit vor uns…“, murmelte ich. Auf meinen Versuch hin, sie zu berühren, wich Honesty seitwärts. Offenbar war sie noch nicht viel Menschenkontakt gewohnt. Ich wusste nur, dass sie in einer Kuhherde gefunden worden war. Wie ein scheinbarer Mustang sich auf die Weide eines Bauern in Schweden verirren konnte, war mir ein Rätsel. Einen Freeze Brand hatte sie auch nicht, woraus ich schloss, dass sie entweder nur aussah wie ein Mustang, oder aber illegal gefangen worden war. „Na zumindest siehst du selbst ein wenig aus wie eine Kuh – das macht das ganze ein kleines bisschen plausibler“, stellte ich murmelnd fest. Die übrigen Teilnehmer setzten sich in Bewegung, also forderte ich die Stute ebenfalls auf, mir zu folgen. Sie tat es, zögerlich, weil alle anderen Pferde es vormachten. Offenbar war sie sehr herdenorientiert. Wir brachten die Pferde zu den Weiden, auf denen sie, nach Geschlechtern getrennt, fürs erste verweilen würden.

      Da ich eine Frau der Tat war und ohnehin nicht wusste, was ich sonst mit der ganzen Zeit bis zum Abendessen anfangen sollte, sobald ich meine Koffer in der Pension in Revsudden entleert und den ersten Rundgang auf dem Gestüt hinter mich gebracht hatte – beschloss ich kurzerhand, schon heute mehr über HMJ Honesty in Erfahrung zu bringen. Als ich also mit dem von der Royal Peerage Sattlerei gesponserten, blauen Knotenhalfter bewaffnet zum zweiten Mal die Weide betrat, war ich voller Motivation. Honesty teilte meine Begeisterung nicht wirklich. Sie wollte lieber mit der anderen Mustangstute, der schneeweissen HMJ Brilliance, Kopf an Kopf grasen, als sich auf den nervigen, seltsame Geräusche von sich gebenden Zweibeiner einzulassen. Als ich zu nahe kam, trabte sie schliesslich sogar weg. Ich blieb aber hartnäckig; Honesty war nicht das erste freiheitsliebende Pferd, das ich gegen seinen Willen von der Weide holen wollte. Matinée hatte mir diesbezüglich so einiges beigebracht, wie ich mich schmunzelnd erinnerte. Ich nutzte dieselbe Taktik wie bei der Mausgrauen Stute zuhause und überzeugte Honesty mit Pressure und Release im richtigen Moment. Es dauerte zwar einige Minuten, aber am Ende konnte ich mich vorsichtig nähern und ihr das Halfter um den Hals schlingen, bevor sie es sich anders überlegte. Ich lobte die Stute durch Halskraulen, auch wenn ich das Gefühl hatte, dass sie es womöglich noch nicht als Lob verstand. Sie folgte mir erstaunlich brav bis zum Weidetor, danach ging das Theater jedoch los, denn anders als beim letzten Mal waren wir diesmal alleine. Wie ich bereits erwartet hatte, wieherte die Stute lautstark und spielte sich auf, um mir klarzumachen, dass sie lieber zurückwollte. „Ich habe schon verstanden, dass du nicht mitkommen willst. Aber du wirst dich leider in nächster Zeit noch öfter mit mir beschäftigen müssen.“ Ich stellte erleichtert fest, dass der Roundpen frei war. Da ich nicht wusste, ob und wie gut sich Honesty anbinden liess, machte es vorerst keinen Sinn, sie putzen zu wollen. Auch wenn ich sie gerne von dem juckenden Winterpelz befreit hätte. Stattdessen musste sie noch etwas mehr schwitzen als sonst – nämlich so viel, bis sie sich beruhigte und die Ruferei nach den anderen aufgab. Nun wurde sie langsam ansprechbar und ich konnte anfangen, ihre vier Beine zu kontrollieren. Ich bestimmte die Richtung, in die sie im Roundpen trabte und immer mehr auch das Tempo. Nach einer Viertelstunde leckte sie sich die Lippen und begann, den Kopf nicht mehr ganz so hoch zu tragen. Ich lobte das sofort, indem ich mich möglichst einladend hinstellte und den Druck wegnahm. Honesty hielt an und beäugte mich mistrauisch. Ich liess ihr einen Moment Zeit. Noch bevor ich meinen nächsten Schritt planen konnte, machte die Scheckstute ein paar neugierige Schritte auf mich zu. Überrascht liess ich sie herankommen und an meiner Hand schnuppern. Dann standen wir beide einfach für eine Weile da, bis sie sich sogar soweit entspannte, dass sie den einen Hinterhuf aufstützte. Sie sah dabei stets aufmerksam in der Gegend herum, aber nun immerhin nicht mehr so, als würde sie nach einer Fluchtmöglichkeit suchen. Ich beendete die Trainingseinheit nach einer Weile ruhigen Existierens und entliess Honesty zurück auf die Weide. Sie entfernte sich mit ein paar trotzigen Freudensprüngen. Ich lachte und fand, dass sie ziemlich gut zu mir passte. Schliesslich mochte ich Pferde mit Charakter.

      Das Abendessen war köstlich – ebenso wie die Gelegenheit, mich mit den anderen Teilnehmern auszutauschen. Es wurde rege über die unterschiedlichsten Herangehensweisen diskutiert, von Futterbestechung bis Parelli war alles dabei. Ich hörte vor allem aufmerksam zu und redete eigentlich nur, wenn ich etwas gefragt wurde. Zum Beispiel, ob ich Honesty nach dem Makeover behalten wollte. „Ich weiss es noch nicht, aber eher nicht. Ich habe mehr als genug Pferde zuhause und ich bin sicher, dass sie es auch anderswo ganz gut haben wird, wenn sie sich erstmal auf Menschen einlässt“, antwortete ich ehrlich. Für mich war es in erster Linie ein Abenteuer, das ich auf jeden Fall geniessen wollte, egal wie das Resultat am Ende ausfiel.

      Als ich nach dem Essen in meinem Zimmer in der Pension lag, schrieb ich Jonas, dass ich den ersten Kontakt mit Honesty überlebt hatte. Er fragte mich förmlich aus, bis meine Finger müde vom Tippen wurden. „Warum rufst du eigentlich nicht einfach an?“ – tippte ich gegen Schluss. Die Antwort war ernüchternd: „Ach ja, hätte ich auch machen können.“ Ich schickte ihm ein Rollaugen-.gif und las dann noch die ganzen übrigen Nachrichten, die ich den Tag hindurch ignoriert hatte. Bevor ich mich definitiv schlafen legte, las ich ausserdem erneut die E-Mail, die ich als Bewerbung an das Makeover Team geschickt hatte.

      Spoiler
      Guten Tag, mein Name ist Occulta Smith. Ich habe das letztjährige Makeover mit Spannung vervolgt und hätte grosses Interesse, am diesjährigen teilzunehmen.

      Ich habe bereits Erfahrung mit hartnäckigen Wildpferden - das dank meiner Mustangstute Matinée. Die Mausfalbstute war eine echte Knacknuss, was auch auf ihre vorherigen Erfahrungen mit Menschen zurückzuführen war, aber mittlerweile sind wir zwei ein Team, auch wenn es noch viel zu erarbeiten gibt. Meine ersten Erfahrungen mit Wildpferden habe ich allerdings mit dem ehemals freien Hengst Phantom gemacht. Inzwischen Wallach geworden, war er bei seiner Ankunft verängstigt und misstrauisch. Ich konnte jedoch schnell einen Draht zu ihm finden und ein starkes Vertrauensverhältnis aufbauen, das uns heute durch Dick und Dünn gehen lässt. Auf den Rappen ist Verlass, und seine Robustheit und Trittsicherheit konnten mich von der Qualität der Mustangs überzeugen.
      Deshalb interessiere ich mich besonders für die Stute namens 'Honesty' – auch, weil deren Geschichte mich fasziniert. Einfach auf einer Kuhweide aufgefunden? Das klingt mysteriös. Der Charakter von 'Honesty' gefällt mir ebenfalls sehr gut. Ich mag nämlich selbstbewusste, mutige Pferde und die Herausforderung, die solche Vierbeiner mit sich bringen. Ich habe das Gefühl, dass Honesty sich auch gut mit Phantom verstehen würde, denke allerdings, dass Matinée etwas eifersüchtig werden könnte. Zu guter letzt gefällt mir die gesamte Ausstrahlung der Stute sehr gut. Ihr Körperbau wirkt kräftig und doch elegant, genau so wie ich es mir von einem Mustang wünschen würde. Die Farbe von 'Honesty' finde ich ebenfalls sehr ansprechend - ich habe auch schon den Araber meiner Kollegin bewundert, der eine ähnliche Farbe trägt. Den Kontrast des dunkelroten Fells mit dem Weissen finde ich einfach umwerfend. Grundsätzlich möchte ich aber vor allem, wenn es denn klappt und ich die Zusage bekomme, mit der Stute arbeiten, sie kennenlernen und mich mit ihr auf dieses Abenteuer einlassen.
      'Honesty' würde auf dem Gestüt Pineforest Stable trainiert werden, das für diese Aufgabe über mehr als ausreichende Infrastruktur verfügt und mit grossen Weiden lockt. Sie würde zu den Stuten in den Offenstall kommen, gemeinsam mit Phantom und Matinée. Ich arbeite vielseitig und ausgiebig mit meinen Pferden, achte aber stets auf deren unterschiedliche Bedürftnisse und darauf, dass sie nicht überfordert werden. Ich bilde auch jedes Jahr eine Handvoll Jungpferde aus; habe also entsprechend viel Erfahrung mit dem Thema Ausbildung. Ich bestehe darauf, alle auszubildenden Pferde zuerst gebisslos anzureiten und erst später an die Trense heranzuführen, meistens arbeite ich ausserdem die ersten Male ohne Sattel, aus Sicherheitsgründen und weil ich dadurch direkteren Kontakt zu den Pferden habe. An das letzte Makeover habe ich mich aus Zeitgründen nicht angemeldet – ich hatte einfach zu viel auf meinem Gestüt zu tun. Nun sieht die Situation ein wenig besser aus, sodass ich zuversichtlich bin, dass ich genug Zeit für die Arbeit mit 'Honesty' haben würde.

      Ich freue mich, von Ihnen zu hören!

      Mit freundlichen Grüssen,
      Occulta Smith

      Es kam mir fast schon etwas peinlich vor, wie viel ich von Phantom und Matinée geschrieben hatte. Aber offenbar hatte ich damit die Organisatoren überzeugen können. Ich legte das Smartphone endlich weg und kuschelte mich in die ungewohnte, aber weiche Decke. Ich war unheimlich gespannt, was uns alles erwarten würde.

      (Zeichen ohne Bewerbung und "Bekanntgabe der Vergabe der Pferde auf der Lindö Dalen Stuteri in Schweden" gezählt)

      Ein neuer Morgen, ein neuer Versuch
      26.04.2020 - 6'423 Zeichen - 4 Pkt.

      Erholt und nach einem wohlschmeckenden Frühstück, machte ich mich auf den Weg um HMJ Honesty zum zweiten Mal zu begegnen. Die Scheckstute stand nichtsahnend mit den anderen Stuten des Events auf der Weide und ignorierte mich zunächst völlig. Als sie jedoch bemerkte, dass ich es mit meinem blauen Halfter erneut auf sie abgesehen hatte, begann dasselbe Spiel wie am Vortag. Ich liess mich seufzend darauf ein - was blieb mir anderes übrig? Während ich mein Schecktier durch den blühenden Löwenzahn jagte, holten einige der anderen Teilnehmer ihre brav bereitstehenden Vierbeiner ab. Nach weiteren zehn Minuten hatte ich es schliesslich auch endlich geschafft. Honesty hatte jetzt schon warm bekommen, und ich selbst war auch nicht mehr so taufrisch wie zuvor. Ich führte sie, noch immer schnaufend, zum Roundpen. Wir hatten Glück und es war abermals frei - ich konnte es kaum fassen, angesichts unserer vielen Mitstreiter. Honesty schien alles genau so zu wiederholen wie beim letzten Mal. Sie wieherte wieder, so dass es über das ganze Gestüt hallte, und spielte sich auf wie eine Giraffe. Ich schickte sie ein paar Runden im Galopp und schlug ihr dann vor, dass sie pause machen und sich mir anschliessen könnte; doch sie brauchte noch etwas länger. Am Ende war sie schon ganz verschwitzt, als sie sich mir endlich zuwandte. Ich lud sie ein, näher zu kommen, was sie auch tat. Erstaunlicherweise war die Stute nicht etwa ängstlich. Sie schien mir eigentlich sogar sehr mutig, denn sobald sie sich auf mich einliess, streckte sie mir selbstbewusst ihre Schnauze mitten ins Gesicht, sodass ich beinahe zurückweichen wollte, aus Angst, dass sie zu frech werden könnte. "Ich behalte meine Nase gerne, wenn das recht ist", murmelte ich, und schob ihren Schädel mit der Hand weg. Nun, da ich die Aufmerksamkeit der Stute einigermassen gewonnen hatte, bewegte ich sie gezielt am Führseil. Ich liess ihre Hinterhand weichen, dann verlangte ich ein paar komplette Seitwärtstritte, oder liess sie in einer kleinen Volte um mich herumlaufen. Sie neigte dazu, nicht gleich auf Druck zu weichen, sondern erst einmal gegenzuhalten. Deshalb gab ich möglichst klare Signale und nahm den Druck erst weg, wenn sie die gewünschte Reaktion zeigte. Als ich dabei war, ihre Schulter zu schieben, versuchte Honesty plötzlich, meine Schulter zu kneifen. Gezielt packte sie mein T-Shirt mit ihren hübschen Zähnen. Ich reagierte sofort und schickte sie streng rückwärts. Beissen konnte ich nicht ausstehen, genausowenig wie Tritte. Ich musste ihr von Anfang an klarmachen, dass es gewisse Verhaltensregeln gab, die sie zu befolgen hatte. Mein Bauchgefühl sagte mir, dass es wohl nicht der letzte Test von Seiten der kräftigen Stute gewesen war. Ich behielt sie noch genauer im Auge und versuchte, jedes Ohrenzucken zu analysieren, um vorbereitet zu sein. Wichtig war vor allem, dass ich die Stute nicht zu sehr bedrängte, sodass sie es gar nicht erst nötig hatte, in die Offensive zu gehen. Ich baute daher genug Pausen ein, in denen sie einfach einen Moment durchatmen und ruhig am langen Seil stehen durfte. Sie war noch immer feucht, besonders an Hals und Flanke. Ich beschloss daher, dass es Zeit für ein wenig freundschaftliche Annäherung war. Ich begann, ihren Unterhals zu kraulen, bis ich eine Stelle fand, die offenbar besonders juckte. Honesty zuckte zuerst nur ganz leicht mit der Unterlippe, als wollte sie nicht zugeben, dass es guttat. Doch dann konnte ich sie überzeugen und sie reckte genüsslich den Kopf in die Höhe, wobei sie leicht nickte. Schmunzelnd liess ich meine Fingerspitzen weiter hinunter gleiten und kraulte die breite Schulter. Dann wanderte ich das Vorderbein hinunter und zog sanft am Röhrbein, um zu sehen, ob sie mir den Huf geben wollte. Es half, dass ich ein wenig gegen sie lehnte und sie so ihr Gewicht auf das andere Bein verlagerte. Ich konnte den Huf kurz anheben und liess ihn gleich wieder in den Sand stampfen. Das war schon mehr, als ich von dieser Trainingseinheit erwartet hatte. Ich lobte sie daher und liess es für den Moment gut sein.

      Als ich Honesty am Nachmittag erneut über die Weide gejagt und erfolgreich eingefangen hatte, war der Roundpen leider schon besetzt. Ich entschied also stattdessen, dass ich einen Putzversuch starten wollte. Ich lief mit ihr zum nächstgelegenen Putz und Waschplatz. Ich band sie mit einem Sicherheitsknoten an, sodass ich sie rasch loslösen konnte, falls nötig. Dann bat ich einen in der nähe den Boden wischenden Mitarbeiter des Gestüts rasch ein Auge auf sie zu haben, während ich die Putzbox holte. Nebst dem Knotenhalfter hatte jedes Pferd auch eine Futterschüssel und eine komplette Putzbox gesponsert bekommen. Die Bürsten waren alle schön neu. Begeistert begann ich ohne Zögern, die Scheckstute zu putzen - so wie ein ganz gewöhnliches Reitpferd. Je weniger Drama ich veranstaltete, so wusste ich aus Erfahrung, desto einfacher akzeptierten selbst die unsichersten Vierbeiner die Prozedur. Mein Plan ging auf; Honesty spannte ihren Körper nur kurz an, dann genoss sie das Striegeln immer mehr. Flocken von weissem und rotem Fell fielen zu Boden und bildeten zunehmend Häufchen. Am Ende hätte ich wohl ein Kissen stopfen können. Ganz alles von dem übriggebliebenen Winterfell erwischte ich dieses Mal noch nicht, aber zumindest wurde bereits ein Unterschied sichtbar. Die zerzauste Mähne und den Schweif begann ich vorsichtig zu entwirren. Beim Schweif realisierte ich aber rasch, dass ich ohne einen gründlichen Waschgang mit Shampoo nicht weit kommen würde, ohne die ganzen Haare auszureissen. Die Strähnen waren vergilbt und steif vor Staub. Ich versuchte zuletzt erneut, die Hufe zu heben, um nur kurz hineinzusehen. Ich schaffte es mit viel Geduld, alle vier zu nehmen. Die Hufe waren etwas lang, sahen aber so weit okay aus. Ich wollte einen Hufschmied aufbieten, sobald wir in England waren. Bis dahin würde nicht viel passieren. Zufrieden lobte ich die Stute, indem ich ihre Stirn kraulte. Das schien sie zu mögen, besonders, nachdem sie jetzt schon etwas mehr Kontakt zu mir gewohnt war. Auch das Führen zurück zur Weide klappte schon etwas besser. Während ich am morgen noch auf meine Füsse hatte aufpassen müssen, drängelte Honesty nun deutlich weniger und wartete auch ein paar Sekunden länger, bis ich das Halfter entknotet hatte. Ich sah ihr beim davontraben zu und begab mich dann zur Halle, um den anderen Teilnehmern ein wenig zuzusehen.

      Erstes richtiges Makeover
      28.04.2020 - 4'367 Zeichen - 3 Pkt.

      HMJ Honesty sah mich wiedermal kommen, längst bevor ich sie zwischen den anderen Stuten erspähte. Sie versuchte wohl absichtlich, die übrigen Vierbeiner als Schutzwand zu gebrauchen. Vielleicht hatte sie das bei den Kühen auch so gemacht. Ich hatte einmal gelesen, dass Pferde in einer Kuhherde stets die Anführerrolle übernahmen. Vielleicht war 'Honey' deshalb so selbstbewusst geworden. Als ich schliesslich realisierte, dass der schlammige Hintern hinter HMJ Grace, obwohl ich gebetet hatte, dass es nicht so sein möge, zu dem mir zugeteilten Untier gehörte - es blieb keine andere Möglichkeit, nachdem ich die anderen Stuten alle abgehakt hatte - seufzte ich schwer. Ausserdem schien Honesty noch immer nicht das Gefühl zu haben, mich zu brauchen. Sie hielt stehts einen genügend grossen Abstand zwischen uns aufrecht und machte es mir möglichst schwer, sie von den anderen Eventpferden abzusondern als ich die Weide betrat. Aber so langsam durchschaute ich ihre Manöver und konnte ihr den Weg abschneiden. Trotzdem brauchte ich wieder etwa zehn Minuten, bis ich sie erwischte. Wenigstens bekam ich so täglich ein kleines Workout. Vielleicht verbessere ich dank dem Scheckvieh endlich meine Kondition, hoffte ich insgeheim, während ich 'Honey' (mein leicht sarkastisch angehauchter Spitzname für sie) zum Putzplatz führte. Es war wunderschönes Wetter und jetzt schon recht warm - ideal, um die Stute zum ersten Mal zu baden. Okay, zugegeben; ich hatte kein Lust, mir erneut den Arm steif zu striegeln. Honesty sah mir skeptisch zu, als ich den Schlauch zu ihr rüberzog. Ich liess sie daran schnuppern, dann liess ich das Wasser an und richtete den Strahl erstmal zu Boden. Sie schnaufte laut und machte einen perfekt gerundeten Hals. Ich wartete einen Moment, ehe ich begann, ihre Beine anzunässen. Langsam arbeitete ich mich aufwärts. Währenddessen nahm ich den Strahl immer für einen Moment weg, wenn sie schön stillhielt. Sobald sie zappelte, hielt ich ihn weiterhin an ihren Körper - natürlich ohne sie an die Grenzen einer Panikattacke zu pushen. Als ich es geschafft hatte, sie von Hals bis Fuss nass zu machen, borgte ich mir eine Flasche Shampoo und schäumte das Fell der Stute ein. Der Schaum verfärbte sich sofort gelblich braun bis grün. Ich spülte die erste Schicht runter und wiederholte das Ganze. Nun blieben die eingeseiften Stellen hell und das Fell darunter sah weisser aus als zuvor. Ganz weiss respektive kräftig dunkelrot wurde es aber erst, als ich auch diese Shampoo-Schicht abspülte. Den Behang an den Beinen der Stute massierte ich besonders gründlich durch. Ich achtete dabei auch gleich auf Anzeichen für Mauke oder Ähnliches. Tatsächlich fand ich ein paar Krusten unter den weissen Haaren. Und noch eine grausige Entdeckung machte ich, als ich wenig später das nasse Fell mit dem Schweissmesser abzog: Haarlinge. "Da brauche ich definitiv Tierärztliche Unterstützung - ein Spezialshampoo muss her", beschloss ich. Wo wir schon dabei waren, schnitt ich der Mustangstute auch gleich das Langhaar. Den Schweif schön gerade auf Mitte-Röhrbein-Höhe, die Mähne in eine Art Halb-Stehmähne, weil sie sonst an manchen Stellen ungleich lang gewesen wäre. Ich trat ein paar Schritte zurück, um das fertige Bild zu betrachten. "Nicht schlecht, jetzt siehst du fast aus wie ein Sportpony." Zum Trocknen führte ich die Stute auf dem Hofgelände herum. Dabei begegneten wir auch ein paar anderen Teilnehmern. Honesty durfte zwischendurch grasen, damit sie sich besser entspannte. Trotzdem fand sie die ein oder andere Schubkarre zum Fürchten. Ich hielt sie zu meiner eigenen Sicherheit schön auf Abstand und nutzte die Länge des Stricks, denn ich an ihrem blauen Knotenhalfter festgemacht hatte, aus. Im Licht der starken Frühlingssonne trocknete Honesty rasch. Nun glänzte ihr Fell zum ersten Mal seit ich sie kannte richtig schön und die weissen Stellen ihrer Scheckung konnten auch wirklich als solche betitelt werden. Der Schweif war noch immer etwas verfärbt - da wollte ich Zuhause auf Pineforest mit einem Schimmel-Shampoo dahinter. Pineforest - hach, ich vermisste es. Täglich hakte ich bei Jonas nach, ob es irgendwelche Probleme gab, aber die Pfleger und er schienen alles im Griff zu haben. Ich freute mich schon besonders darauf, Honesty mit Phantom und Matinée bekannt zu machen. Aber vorher mussten wir die lästigen Haarlinge loswerden.

      Gemeinsames Schweden endecken
      Luna & Occu, 02.05.2020 - 8'000 Zeichen - 5 Pkt.

      “Hey, auch noch in Schweden?!” fragte ich eine junge Dame die gerade die Stute HMJ Honesty über den Hof führte. “Jaa, wir hatten noch keine Gelegenheit zur Heimreise”, antwortete ich, überrascht, dass ausser uns noch jemand hier war. “Achso, Wir sind noch da weil, Courtesy erstmal an Gewicht zu legen muss. Wollen wir gemeinsam spazieren gehen und die Natur Schwedens endecken? Ich bin übrigens Luna!” fragte ich sie. “Das klingt nach einer tollen Idee! In Richtung Strand? Mein Name ist Occulta, aber du kannst mich Occu nennen.” “Strand klingt Gut da kann tesy ihre Hufen wässern!” grinste ich. “Oh ja, das hat Honesty auch nötig, ihre Hufe sind hart wie Stein. Mustangs haben echt starke Hufe.” Kenne mich mit Mustangs leider nicht so aus, ich bin normalerweise österreichische Warmblüter gewöhnt, Paints bin ich erst ganz am anfang, weil meine chefin zur bestanden Prüfung mir eins schenkte und dann kam das Makeover- “ “Interessant, vielleicht kenne ich deine Chefin sogar - wie heisst sie denn?” “Meine Chefin heißt Juna Preske. Sie ist hufschmiedin und wir wohnen in Österreich in den Bergen!” sagte ich. Währendessen machte ich meine Cremellostute fertig. Ich lief der jungen Frau mit Honesty im Schlepptau hinterher und betrachtete bewundernd die hübsche Paint Stute, die sie dabei hatte. “Das ist HMJ Courtesy, nicht wahr?” “Ja genau!!” grinste ich. “Anfangs war es für mich schwer einen draht zu ihr zu finden, ich war echt froh das Juna die erste woche dabei war um mir etwas zu helfen!” erzählte ich. “Das glaube ich. Es ist schon seltsam, hierherzukommen und mit völlig fremden Pferden zu arbeiten. Aber ich war mir zum Glück sowas Ähnliches schon gewöhnt - ich habe ja bereits zwei Mustangs zuhause. Ich hoffe, dass Honesty sich mit ihnen verstehen wird”, erklärte ich, während wir einem Kiesweg Richtung Strand folgten. ”Ja Juna hatte letztes Jahr mit Beastly Domina gearbeitet, dort konnte ich ihr einwenig helfen, zu Mina hatte ich schnell einen Draht, aber es ist ganz anderes die komplette Verantwortung jetzt selbst zu haben!” sagte ich und ermahnte Tesy die Honesty etwas angiftete. “Sorry!” murmelte ich schnell. ”Kein Problem, Honesty ist auch nicht immer ein Engel. Aber sie hat eher mit Menschen Mühe, als mit anderen Vierbeinern. Wollen wir hier abbiegen?”, schlug ich vor, und deutete auf eine Art Trampelpfad. ”Ja gerne und schlug die richtung zum Trampelpfad an. Ich wartete allerdings bis Occu und Honesty vor geht, Tesy musste lernen nicht immer an erster Stelle zu sein. ”Du scheinst ja schon einige Erfahrung mit schwierigeren Pferden zu haben. Wie war Beastly Domina so im Umgang?” ”Sie war sehr gefährlich anfangs, da musste man aufpassen das man keine Hufe von ihr abkriegte. sie schlug gezielt aus oder stieg gezielt nah an dir hoch um dich zu treffen. Aber irgendwie hatten es wir geschafft das sie heute komplett ein anderes Pferd ist. Ich hatte komischerweise nie angst vor ihr, sondern schon vertrauen. Juna meinte immer das ich irgendwie die gute Seite schon sehe und deshalb anderst agiere wie sie!" erzählte ich. ”Hui, das klingt wirklich nach einem schwierigen Fall. Aber ich stimme dir zu, ich bin auch immer der Ansicht, dass Pferde nicht von Grund auf böse sind, sondern sich einfach unvorteilhafte Verhaltensmuster angewöhnen, wenn falsch mit ihnen umgegangen wird. Mit genug Einfühlungsvermögen kann man fast allen wieder auf den richtigen Weg helfen”, antwortete ich darauf. “Ja so sehe ich das auch, wir konnten leider nicht alles über Beastly rausfinden, aber sie musste es sehr schlecht gehabt haben und dies zeigte sie den neuen Menschen natürlich auch. Da vorne ist schon den Strand", und zeigte darauf. "Ich bin froh das Tessy nicht all zu sehr schlechte Erfahrungen gesammelt hat sondern das hier nur ihr Schutzmantel vor neuem ist!" sagte ich. Ich sah überrascht nach vorne. “Tatsächlich! Das ging ja schnell. Ich bin auch froh, dass Honesty einfach nur wild ist. Ich weiss gar nicht, wie viel Kontakt sie bisher zu Menschen hatte, aber vermutlich nicht sehr viel. Ich weiss auch nicht, ob sie überhaupt ein richtiger Mustang ist. Denn dann müsste sie ja irgendwie aus den USA hierhergekommen sein…” “Meine Chefin meinte gerade letztens, das viele Reichere eltern die keine Ahnung von pferden haben aber unbedingt einen Mustang wollen aus der freien natur es einreisen lassen und dann kommen sie damit nicht zurecht. Meistens für ihre Kinder die nicht mal reitunterricht hatten Vielleicht stammt Honesty auch von so einer Familie!” überlegte ich. Tesy sah wo es hin geht und versuchte zu überholen. “ Hey Mädchen du darfst ja gleich ins Wasser!” aber hab gedult murmelte ich und zog leicht am halfter zurück. ”Na sie scheint ja eine richtige Wasserratte zu sein!”, lachte ich amüsiert bei dem Anblick der drängelnden Paintstute. “Ich werd gleich rausfinden, wie Honesty darauf reagiert - ich war noch gar nicht hier mit ihr.” “Ich war mit ihr auch nicht weit alleine im gelände immer nur so weit das sie den Hof noch sieht, wir mussten durch ihre rissige harte hufe sie wässern und gestern hatte ich sie mal richtig gewaschen so das der alte braune Soße aus ihrem Fell raus kommmt, da habe ich es gemerkt das sie wasser wohl mag, ich kenne das auch nicht. Unsere pferde machen da immer Theater. Ich denke das Honesty Tesy folgen wird so Herdenzwang!” meinte ich “Gut möglich, Honesty ist nämlich sehr herdenorientiert. Sie hatte sich ja sogar unter Kühe gemischt, als man sie gefunden hat! Ich hab sie übrigens vor ein paar Tagen auch gründlich gewaschen - war schrecklich, wie viel Schmutz dabei aus dem Fell kam. Aber sie war nicht wirklich begeistert vom Wasser, wobei ich aber denke, dass sie eher Angst vor dem Schlauch hatte.” “Ja das ist gut möglich, den in der Freiheit gibt es keine Schläuche nur schlangen und das sieht sie als gefahr. Ich denke das Meer ist da eher kein problem für die hübsche da vorn!” sagte ich “Wir finden es gleich heraus”, meinte ich. Der Trampelpfad, der Anfangs noch gesäumt von Büschen und kleineren Bäumen gewesen war, wurde nun durch Felsigen Sandboden ersetzt. Wir fanden eine Stelle, an der man gut bis zum Wasser kam. Coutesy und Luna gingen vor. “So Tessy jetzt zeig deiner neuen Freundin mal das das wasser nicht gefährlich ist!” flüsterte ich und strich meiner stute über den Hals. Am wasser angekommen ließ ich sie erstmal mit ihren Vorderbeinen auf das Wasser schlagen und spielen. Ich wurde zwar nass, aber es war schön warm. und Beobachtete Honesty ob sie sich wagen würde. Courtesy lieferte eine gute Vorlage, also kostete es Honesty deutlich weniger Überwindung, ebenfalls die Hufe ins Meerwasser zu stellen. Fasziniert sah ich zu, wie sie den Kopf senkte und zu scharren begann. “Du wirst doch nicht etwa-” Doch es war bereits zu spät, mit einem lauten Grunzen liess sie sich ins Wasser fallen und bekam beim Wälzen beinahe Wellen in die Ohren. “Und da ist der Herdenzwang! klappt doch ganz gut" und lachte Courtesy hatte sich wohl auch nicht zweimal sagen lassen und lag im wasser. “Hey ich hab dich erst gestern sauber gemacht!” murmelte ich und lies meiner Stute das bad gewähren. Als Honesty kurz darauf wieder auf die Beine kam, schüttelte sie sich ausgiebig und spritzte dabei alle um sie herum nass. Doch es schien sie nicht zu kümmern. Sie blinzelte angestrengt, weil sie etwas Salzwasser in die Augen bekommen hatte. Aber das zufriedene erneute Schütteln ihrer Mähne und ein lautes Schnauben, bei dem ein paar letzte Tröpfchen davon gespickten, verrieten mir, dass sie das Bad genossen hatte. “Was hast du mit ihr vor? Willst du sie einreiten? zur zuchtstute verwenden oder einfach pferd sein lassen?!” fragte ich und tesy stand auch mitlerweile, jedoch ohne zu schütteln, ich glaube sie wollte lieber nass bleiben um länger abgekühlt zu werden. “Ich weiss es noch nicht - vielleicht behalte ich sie auch gar nicht… Ich glaube wir sollten langsam zurück, wir sind schon fast eine Stunde unterwegs!” Luna stimmte mir zu und wir kehrten um, den ganzen Rückweg weiter plaudernd.

      Sandplatzarbeit mit HMJ Courtesy und HMJ Honesty
      Luna & Occu, 03.05.2020 - 16'002 Zeichen - 8.5 Pkt.

      Ich führte HMJ Honesty gerade auf den Sandplatz, als ich bemerkte, dass bereits jemand anderes da war. “Oh, so trifft man sich wieder!” Ich war gerade dabei gewesen HMJ Courtesy ab zu longieren, sie hatte einen Sattel auf, den ich wollte heute versuchen aufzusteigen um zu sehen ob Tesy das schon kannte, da hörte ich eine bekannte Stimme. “ Oh hallo Occu, na Honesty in Arbeitslaune?!” fragte ich sie. Schmunzelnd betrachtete ich den Blick meiner Stute und antwortete dann für sie “Naja, wohl eher weniger. Aber daran wird sie sich gewöhnen müssen. Ich sehe, ihr wollt heute hoch hinaus?” “Ach, ja einfach mal antesten wie sie so reagiert, davor longiere ich sie ordentlich ab man weiß ja nie und sie ist heute echt gut drauf!” sagte ich und das war das Stichwort für meine gescheckte Stute denn sie nahm mehrere Bocksprünge und quietschte vor Freude. “Aww, ich mag Pferde, die solche Lebensfreude zeigen.” Ich begann, Honesty ein paar Runden auf dem Hufschlag zu führen, ohne dabei Luna und Courtesy in den Weg zu kommen. “ Ja nicht wahr, endlich zeigt sie das sie eine Freude am Leben hat, endlich ist der Ausdruck da den ich vermisst hatte als ich sie zum ersten mal sah!” sagte ich und schickte meine stute in den Gallopp, ich veringerte den zirkel um Occu genügend platz zu geben. Und die Engere Kreis diente gut zur Balance. Eine Weile konzentrierten wir uns auf unsere Pferde. Ich begann, Honestys Hinter- und Vorhand zu bewegen und ihre Füsse zu kontrollieren, wie ich es schon im Roundpen getan hatte. Für die meisten Pferde war das kein Problem, aber Honesty musste zuerst lernen, zuverlässig auf den Druck hin zu weichen. Sie machte es aber schon deutlich besser als am Anfang. Ich schickte Tesy abwechselnd in den Trab und Gallopp lies die Hand wenden und im Augenwinkel beobachtete ich Honesty. “ Sie lernt es noch? Macht es aber schon gut!” rief ich occu zu. Ich antwortete, während ich Honesty in einem engen Zirkel um mich herum schickte. “Haha, ja, am Anfang war sie stur wie eine Kuh. Sie sieht ja auch ein wenig aus wie eine. Aber mittlerweile merkt sie langsam, dass es einfacher ist, wenn sie mitmacht.” “ Das Mitmachen kenne ich!” gab ich grinsend zu und nun holte ich mit Tesy eine Trab stange legte diese in den Zirkel mit den Zügeln band ich sie aus damit sie in der Richtigen stellung lief und nicht immer Hans guck in die Luft spielte. Ich überlegte echt heute noch aufzusitzen, Ich schickte sie erstmal im schritt über die Stange, ich ließ ihr zeit den neuen Gegenstand was ja eine Gefahr sein könnte- vielleicht eine Schlange genau zu erkunden. Tesy ging dann aber brav drüber. “Na das sieht doch auch schon vielversprechend aus. Ich frage mich gerade, wie gut Honesty das macht.” Entschlossen führte ich die Scheckstute zu der Stange rüber und versuchte, gleich darüber zu laufen. Sie folgte mir, wölbte kurz zögernd den Hals und lief dann etwas schneller über die Stange. “Braves Mädchen. Du bist ja doch einigermassen mutig.” Ich bemerkte das Occu gerne über die Stange lief und machte ihr Platz. Honesty lief etwas schneller über die Stange war ihr wohl nicht ganz so geheuer. Ich war mit meiner Longierarbeit fertig und hatte die Zügel wieder richtig verschnallt. “ Meinst du ich kann aufsteigen wenn honesty dabei ist?!” fragte ich Occu irgendwie hatte ich bedenken.. “Warum nicht? Ich glaube Honesty wird höchstens etwas doof gucken”, meinte ich grinsend und führte meine Stute etwas weiter von den beiden weg. “ Na gut, dann versuche ich es mal.!” sagte ich entschlossen, ich ging kurz an den Rand holte meine Schutzweste und Helm und stellte die Steigbügel ein. “ Tesy es ist alles in Ordnung du brauchst keine Angst zu haben!” flüsterte ich meiner Stute zu und stieg mit einem Bein in den steigbügel. Ich legte mich zuerst bäuchlings über den sattel und blieb ruhig abwartend was Tesy nun machte. Die Stute stand etwas angespannt da aber machte nichts. Ich begann dann mit dem anderen steigbügel zu spielen, auch da blieb sie ruhig. Also musste sie das kennen. Nun schwang ich mich auf ihren Rücken und lies mich sanft in den Sattel gleiten. Ich hielt die Zügel noch kurz und lobte die Stute. Nun standen wir einige minuten und dann schickte ich sie in den Schritt und ritt um Occu und Honesty herum. “Ist vielleicht sowieso gerade einfacher für Courtesy, wenn noch ein anderes Pferd hier ist. Sie macht das ja ganz toll, meinst du sie kennt das Geritten-Werden schon?” “ So wie es sich anfühlt musste sie mal geritten worden sein, sie ist zwar noch relativ unsicher, aber Gewicht auf dem Rücken scheint ihr nichts auszumachen. Jetzt darf ich mir überlegen ob ich sie leiber Western ausbilden soll oder normal. Aber ich denke Western wäre ihre bessere Begabung, ich werde mich da mal einen Trainer suchen!” sagte ich. Ich runzelte nachdenklich die Stirn. “Du könntest ja auch ein wenig von beidem machen. Ich habe bei Honesty auch noch keine Ahnung, in welche Richtung wir mehr gehen werden, aber ich möchte sie so vielseitig wie möglich ausbilden. Falls ich sie verkaufe, kann der neue Besitzer dann aussuchen, was er lieber möchte und sie ist optimal vorbereitet.” Ich trabte ein wenig mit der Stute an der Hand, um zu sehen, ob sie mich immer noch überholte. Sie versuchte es zwischendurch, aber dann wendete ich jeweils abrupt ab und holte so ihre Aufmerksamkeit zurück zu mir. “ Ja das wäre eine idee, ich möchte Courtesy ja behalten ich hab schon mein Herz in ihr verloren.!” sagte ich und strich der stute über den hals weil ich sie loben wollte. Neben dem Stallgebäude war nun ein lautes Krachen zu vernehmen so das Courtesy unerwartet in den Sprint setzte und ich in hohen bogen durch die lüfte flog und auf dem Sand landete. Tesy rannte schnaubend in einer Ecke und blieb stehen. “Ohjeh! Ist dir was passiert??”, rief ich erschrocken und überlegte, ob ich zuerst nach Luna sehen sollte oder lieber das freilaufende Pferd einfangen. “Alles gut, denke ich mir tut mal nichts weh!” sagte ich und rapelte mich wieder auf, klopfte den Sand von den Klamotten und ging langsam auf die verschreckte Stute zu. “ hey alles gut mäuschen, war nur etwas umgefallen oder so alles gut!” redete ich mit ihr die Stute sah mich mit gespitzten Ohren an. Als ich bei ihr war kontrollierte ich die Stute und griff die Beine ab. “ Da scheint auch alles in ordnung zu sein!” ein glück. “Was war das? Und wie gechillt Honesty gerade war!” sagte ich erstaunt. “Naja, sie hat den Kopf gehoben und geglotzt, aber sonst ist sie stehengeblieben, ja. Ich hab aber gar nicht so richtig auf sie geachtet, hab mir mehr Sorgen gemacht, dass dir was passiert ist… Vielleicht ist jemandem etwas runtergefallen oder so”, meinte ich. “ Ich hatte ja zum glück meinen Rückenprotektor an. Ich bringe courtesy weg, und könnte dir helfen, wenn du auch testen möchtest wie weit Honesty ausgebildet ist, vielleicht ist sie ja auch schon eingeritten?! ” sagte ich “Ach warte kurz, bleib lieber noch hier mit ihr. Ich glaube nicht, dass Honesty schon so viel Kontakt zu Menschen hatte, aber ich kann sie rasch ohne Sattel ein wenig angewöhnen. Sie ist halt ziemlich herdenorientiert, deshalb ist sie wohl auch gerade so schön ruhig, solange ihr zwei auch hier seid.” Ich stellte Honesty gerade hin, lief an ihre Schulter und legte die eine Hand auf ihren Hals, die Mähne fassend. Die andere Hand legte ich auf den blanken Rücken. Dann begann ich, neben der Stute auf und ab zu hüpfen, um sie an die schnelle Bewegung zu gewöhnen. Sie zuckte bei den ersten Sprüngen ein wenig, akzeptierte es dann aber zunehmend. Als sie entspannt genug war, legte ich mich mit einem Schritt anlauf quer über ihren Widerrist. Ich bleib nur einen kurzen Moment oben, dann liess ich mich wieder runtergleiten und lobte die Scheckstute ausgiebig, indem ich ihren Unterhals kraulte. Ich wiederholte das ganze, wobei sie ein paar Schritte zum ausbalancieren machte. Ich achtete deshalb darauf, den Führstrick kurz zu halten und ihren Kopf zu mir zu ziehen, damit sie nicht plötzlich davonsprinten konnte. Sie musste durch die Kopfstellung eine enge Volte machen und ich konnte sie in dieser Kreisbewegung besser kontrollieren. Als sie wieder stehenbleib, liess ich sie wieder in Ruhe und lobte sie, dann legte ich mich erneut über ihren Rücken. Diesmal blieb sie stehen, also begann ich, mit dem rechten Bein ihre Kruppe zu berühren. Sie zuckte wieder zusammen, blieb aber stehen. Erneut liess ich von ihr ab und lobte. “Sieht schonmal ganz gut aus, meinst du ich kann es wagen und aufsitzen?” “ Ich denke ja, ich kann ja auch nochmal aufsitzen und uns direkt vor Honestys nase stehen bleiben wenn du aufsitzen magst, so kann sie nicht nach vorne Ausbrechen, aber ich denke das es gut gehen wird!” bot ich ihr an und schwang mich wieder in den sattel. “Pass einfach auf, dass sie nicht ein Stückchen Courtesy rausbeisst”, lachte ich. Dann sprang ich wieder ab und nahm diesmal vorsichtig das rechte Bein auf die andere Seite. Zum Glück war Honesty so klein, sonst hätte ich nicht genug Kraft gehabt, auf ihren Rücken zu kommen. Honesty hielt skeptisch die Ohren nach hinten und zog den Schweif ein. “Sie ist jetzt natürlich etwas angespannt, aber ich möchte, dass sie gar nicht allzu viel Zeit hat, um darüber nachzudenken. Stattdessen steige ich jetzt schon wieder ab und lobe sie.” Genau das tat ich. Dann wiederholte ich das Ganze abermals, diesmal bewegte ich beide Beine ein wenig, um sie auch an die Berührung auf beiden Körperseiten gleichzeitig zu gewöhnen. “Das war jetzt zugegbenermassen etwas gewagt, es hätte auch schiefgehen können. Aber ich hab ihren Kopf hier vorne unter Kontrolle und weil ich nur kurze Sequenzen mache, hat sie nicht so viel Gelegenheit sich aufzuregen. Trotzdem - mehr als das mache ich heute nicht mit ihr, weil ich glaube, dass sie zuerst noch etwas entspannter werden muss. Ich will sie nicht unnötig provozieren. Das war jetzt aber schon deutlich mehr, als ich heute mit ihr vorhatte.” Ich sprang von Honestys Rücken und lobte sie wieder stolz. “Einen Helm hatte ich auch nicht an, Schande über mich”, lachte ich verlegen. “ Mehr hätte ich so jetzt auch nicht gemacht, sie hat ja ganz gut mitgearbeitet und sie muss das jetzt alles Verabeiten. Ich hätte nicht erwartet das sie schon so viel zulässt! Aber sie beginnt dir schon zu vertrauen!” sagte ich. “ Achja der liebe Helm, der hatte Urlaub!” scherzte ich um ihre Verlegenheit zu überwinden. Ich stieg wieder von meiner Stute ab und lobte sie. Ich lockerte den Sattelgurt um ihr zu Zeigen das sie für heute fertig war. Sie brustete leise auf. “Wollen wir mit den beiden noch einen Moment grasen gehen, weil sie so gut mitgemacht haben?”, schlug ich vor. “ Ja das haben sie sich verdient, ich möchte Tesy aber nur kurz absatteln und das Stallhalfter aufziehen!” sagte ich zu occu und wartete auf ihre Reaktion ab.”Klar, wir warten dort vorne auf euch.” Ich deutete auf einen Grasfleck neben dem Reitplatz. Ich ging mit meiner Stute vom Reitplatz zur ihrer Box und zog ihr die Trense aus dafür das Halfter an. Dann nahm ich den Sattel ab und hängte alles auf die Boxentür und ging dann zum verabredeten Grasfleck neben dem Reitplatz und plauderte mit Occu . Tesy hingegen zog ihre Nase sofort ins gras. Das verfressene Ding. Die beiden Stuten genossen die Pause nach dem Training sichtlich und weideten entspannt nebeneinander. Sie standen ja auch sonst bisher zusammen auf einer Weide, also verstanden sie sich. Ich bin troz dem ich von ihr geflogen bin stolz auf sie, sie hätte wilder und mehr machen können und hatte alles brav mitgemacht in dieser kurzen Zeit.! Honesty hatte sich aber auch sehr gut geschlagen finde ich!” und grinste occu an. “Stimmt, haben beide heute richtig viele Fortschritte gemacht. Wir reisen übrigens morgen leider ab, ich schätze dann sieht man sich eine Weile nicht mehr. Aber spätestens beim Finale können wir unsere jeweiligen Trainingserfolge bewundern!”” “ Ja wir reisen morgen auch ab, Tesy ist soweit endlich, ich hab zuhause vermisst und Juna braucht mich ja auch wieder auf dem Hof, zwar hat vor paar tagen ein neues Lehrmädchen angefangen aber sie brauchte auch meine unterstüzung. Außerdem muss sie ja wieder Reisen um ihre Hufschmiedaufträge bearbeiten zu können!” erzählte ich. “Ich freue mich auch schon, wieder auf Pineforest zurück zu kommen. Ich vermisse meine anderen Pferde… Und natürlich meinen Partner Jonas. Und ich wette, Zira und Jacky, meine beiden Hunde, werden mich vor Freude gleich überrennen!” “ Das glaube ich dir, ich habe zwar keinen Partner aber dafür einen Bosten Terrier Hündin namens Ayra , sie wird mich wohl auch schon vermissen! “ sagte ich. “Und was machst du als allererstes, wenn du zuhause bist? Ich schlafe vermutlich gleich eine Runde - in meinem eigenen Bett schläft es sich einfach immernoch am besten. Selbstverständlich erst, wenn ich Honesty mit den anderen Stuten vergesellschaftet habe”, meinte ich verträumt. “ Ich werde heute früh um 4 auf den weg machen, dann bin ich so gegen mittag zuhause, ich werde dann erst Courtesy in den Offenstall bringen und zusehen wie sich mein Wallach mit ihr verträgt dann mittagessen etwas schlafen und dann mit meinem Wallach Bittersweet Temptation namens Tweety und Ayra ausreiten gehen in meine geliebten Berge, abends helfe ich noch die Pferde zu versorgen. Sagte ich. Und natürlich schlafen, schlafen schlafen. grinste ich “Ich muss die Zeit geniessen, solange Jonas und Lisa noch die Führung auf dem Hof übernehmen, danach muss ich dann wieder alles Organisatorische selbst erledigen… Ausreiten werde ich sicher auch noch, ich weiss aber noch nicht mit welchem Pferd. Vermutlich nehme ich Co Pilot, oder vielleicht auch Lovely Summertime…” “Ich muss jetzt los, alles vorzubereiten, und noch etwas schlafen ehe es heute nacht losgeht. Und Tesy sollte auch noch paar stunden ruhe haben! Wir werden sicher in kontakt bleiben, auch wenns nur telefonat oder so ist, das hoffe ich aufjeden fall, möchte gerne den werdegang troz entfernung von honesty miterleben!” fragte ich Occu. Ich lächelte und meinte “Sicher, da lässt sich bestimmt irgendwann was einrichten. Vielleicht können wir uns ja sogar gegenseitig besuchen?” “ Ja klar auf Deer Forrest EC gibt es genüngend Gästehäuser und boxen um Besuch zu empfangen und man muss mal in den bergen seine, oder in den alpen. Wir haben unsere Pferde besonderst zuchtstuten auf den Almen so können sie fast wildlebend ihr leben genießen bis der termin zur geburt ansteht, dann werden alle reingeholt, und nach 3 wochen hofknasti dürfen sie mit ihren Fohlen wieder auf die alm. Die Pferde mögen das wirklich gerne. Wir sehen täglich nach ihnen und haben kontakt so das sie nicht zu sehr verwildern. erzählte ich. “Das klingt traumhaft! Ich bin selbst in den Bergen grossgeworden - naja fast, jedenfalls. Ich komme ursprünglich aus der Schweiz. Meine Eltern sind aber aus England, und mein Herz gehört auch irgendwie dorthin. Pineforest ist halt ein typisches Sportpferde Gestüt; ich habe es von meiner Tante übernommen. Wir haben einfach ein paar grosse Weiden rundherum, und unsere Zuchtstuten stehen in einem Offenstall. Sie haben nicht so viel Freiheit wie bei euch, aber wir geben unser Bestes, sie so viel wie möglich zu beschäftigen und ihnen ein tolles Leben zu ermöglichen. So, nun möchte ich dich aber nicht weiter aufhalten! Bis hoffentlich bald einmal, und gute Heimreise euch zweien!” “ Das klingt auch ganz toll , finde ich. Wir schöpfen nur unsere möglichkeinten bestmöglich aus, es gibt auch schattenzeiten, auf den bergen leben viele wildtiere und raubtiere bis jetzt geht es gut. Danke euch zweien auch!” verabschiedete ich mich freundlich und ging mit courtesy in den stall ich stellte sie in ihre box veräumte ihre Sachen und fütterte sie. Dann ging ich schlafen. Honesty brachte ich zum letzten Mal zurück auf die Weide. Zum Abschied streichelte ich ihre Stirn, denn zum ersten Mal seit ich mit ihr arbeitete lief sie nicht gleich davon beim Abhalftern. Mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht machte ich mich auf den Weg zur Pension.

      Heimkehr
      10.05.2020 - 19'968 Zeichen - 12 Pkt.

      Ich wusste eigentlich längst, dass das Leben oft nicht so funktionierte, wie man es sich wünschte. Vorausplanung war im Nachhinein betrachtet oft vergebene Mühe. So auch diesmal. Das Theater begann an unserem eigentlichen Heimreisetag, genau eine Woche zuvor…
      Ich telefonierte am Morgen als erstes nochmal mit Jonas, um unsere Abholung ab Birmingham Airport zu organisieren. Ich konnte es kaum erwarten, ihn und Lily wiederzusehen. Ich wollte ihn endlich wieder in die Arme schliessen und Abende vor dem Fernseher zusammengekuschelt verbringen. Natürlich waren der Aufenthalt in Schweden und der damit verbundene Austausch mit den anderen Makeover-Teilnehmern ein wertvolles Erlebnis gewesen. Aber Zuhause unter vertrauten Gesichtern ist es doch am schönsten. Ausserdem platzte ich fast vor Neugier, wie HMJ Honesty mit Phantom und Matinée zurechtkommen würde. Der Transport zum Flughafen war organisiert und der Tierarzt hatte uns einen Besuch abgestattet, um bei unserem Parasiten Problem Abhilfe zu verschaffen. Ich hatte Honesty mit einem Spezialshampoo eingeschäumt und ihre Fesseln mit der Salbe behandelt, die die Tierärztin mit dagelassen hatte. Gegen Mittag war es schliesslich so weit: ich packte meinen eigenen Koffer und lief anschliessend von der Pension in den Stall um auch die wenigen bisherigen Sachen von Honesty zusammenzuräumen. Einen Sattel hatten wir ja noch nicht, ebenso wenig wie Zaumzeug. Alles was ich mitnehmen musste war die Gesponserte Putzbox und das Knotenhalfter mit dem Arbeitsseil, das ich hier in Schweden erworben hatte. Zum Abschied bekam ich ausserdem eine Futterschüssel mit auf den Weg, damit ich Honesty vor dem Flug noch mit etwas Masch für die Nerven versorgen konnte. So weit, so gut. Nun musste die Stute nur noch irgendwie in den Transporter verladen werden. Nach einem weiteren unserer fast schon ritualisierten Fangspiele, führte ich die Scheckstute zuallererst zum Putzplatz. Sie sollte schliesslich auch einigermassen frisch aussehen für die Reise. Ich striegelte und bürstete ihr mittlerweile kurzes Mustangfell. Das Langhaar war, seit ich es geschnitten hatte, auch viel leichter zu pflegen. Der Schweif war nachwievor leicht vergilbt, aber das störte mich nicht sonderlich. Auch die Hufe hatte ich provisorisch ein wenig gefeilt; sobald wir in England waren, wollte ich einen richtigen Hufschmiedetermin vereinbaren. Honesty sollte aber vorerst keine Eisen bekommen. Ich plauderte noch ein wenig mit den Leuten im Stall, dann kam der Lastwagen des gebuchten Transportunternehmens angefahren. Ich wurde etwas nervös, als ich den Führstrick löste und Honesty in Richtung Lastwagen führte. Ich hatte zwar in den letzten paar Tagen mit ihr geübt, in einen normalen Anhänger zu steigen, aber ein Lastwagen war doch nochmal etwas anderes. Meine Befürchtungen bestätigten sich: Honesty sagte schon zehn Meter vor der Rampe „Nope“ und steckte die Beine ein. „Oh come on. Schau dir die Rampe wenigstens erstmal an“, bat ich energisch, das Ende des Führstricks schwingend. Ich brachte Honesty dazu, den Lastwagen äusserlich zu inspizieren. Als ich sie jedoch nach einer Weile hineinführen wollte, sträubte sie sich mit allen Mitteln. Sie zog rückwärts, stieg sobald Zug auf das Halfter kam und trat immer wieder seitlich neben der Rampe runter. Je länger je mehr machte ich mir Sorgen, dass sie sich verletzen könnte. Obwohl sie schon schwitzte und ihre Konzentrationsspanne langsam zu Ende zu gehen schien, gab die Stute nicht auf. Ich beschloss, ihr eine Pause zu geben, als sie zumindest mit den Vorderbeinen auf die Rampe kam. Es war heiss und ich schwitzte schon jetzt mindestens genausoviel wie Honesty. Ich band die Stute wieder beim Putzplatz an und holte mir eine Flasche Wasser. Als wir uns beide ein wenig beruhigt hatten, wagte ich einen neuen Versuch. Doch es nützte nichts – Honesty wollte einfach nicht einsteigen. Sie geriet regelrecht in Panik, je mehr Druck ich machte. Aber auch mit Geduld kam ich nicht wirklich weiter, wir waren ausserdem bereits hinter dem Zeitplan. Erschöpft stützte ich die Hände auf die Hüften und beriet mich mit dem Fahrer. „Ich glaube das wird heute leider nichts mehr. Wir werden sie wohl sedieren müssen, aber dafür ist es jetzt schon zu spät, sie ist schon zu gestresst. Nicht dass sie uns noch zusammenklappt…“ Er stimmte mir zu. Es blieb also nichts anderes übrig, als Honesty wieder auf die Weide zu bringen und einen neuen Flugtermin zu organisieren.

      Seufzend setzte ich mich auf die Bettkante und rief Jonas an, um ihn über die Verzögerung zu informieren. Danach musste ich auch noch mit dem Flughafenpersonal und er Transportfirma telefonieren. Es stellte sich heraus, dass der nächste buchbare Flug für einen Pferdetransport erst fünf Tage später geplant war. Ich war leicht entsetzt, aber daran liess sich nicht rütteln. Zumindest hatte ich nun wieder etwas mehr Zeit, um mit Honesty zu üben. Aber es tat weh; am Morgen hatte ich mich noch so auf die Heimkehr gefreut, und nun verzögerte sich das Wiedersehen mit meinen Liebsten um weitere ganze fünf Tage. Frustriert stand ich auf, um die Stallbesitzer zu informieren. Zum Glück war unsere verlängerte Anwesenheitszeit kein Problem. Ich verbrachte die meiste Zeit, in der ich mich nicht mit Honesty beschäftigte, lesend im Schatten eines Baumes. Solange das Wetter mitspielte, jedenfalls. Dies war am Tag nach dem Transport-Desaster zum ersten Mal nicht der Fall. Es hatte zwar ganz am Anfang meines Schweden-Aufenthalts zwischendurch geregnet, aber nie so ausdauernd wie an jenem grauen Morgen. Der Blick aus dem Fenster passte zudem ziemlich gut zu meiner Laune. Irgendwie raffte ich mich trotzdem auf, eine Trainingseinheit mit Honesty in der Halle zu machen – zur Not halt ohne Anhänger. Ich übte stattdessen weiter an ihrer Führigkeit und schickte sie über abwechslungsreiche Stangenkombinationen. Vielleicht konnte ich ja so auch schon ein wenig mehr Vertrauen erarbeiten. Meine Motivation war allerdings zugegebenermassen auf einem Tiefpunkt. Ich gab mir die grösste Mühe, Honesty dies nicht spüren zu lassen. Aber sie war vermutlich ohnehin froh darüber, nach einer knappen Dreiviertelstunde wieder im strömenden Regen auf der Weide zu stehen. Ich rannte in Deckung und schüttelte meine nassen Haare aus, ehe ich sie wieder zusammenband. Wenig später spähte ich in den Aufenthaltsraum, mit meinem mitgebrachten Buch bewaffnet, um zu sehen, ob ich hier meine Ruhe hatte. Ich war alleine, also setzte ich mich an einen der Tische und öffnete die Seite, auf der ich verblieben war. Bereits nach einer Stunde hatte ich einen Anflug von Müdigkeit und Lustlosigkeit, sodass die Wörter vor meinen Augen verschwammen ohne jeglichen Sinn zu ergeben und ich stattdessen gelangweilt zum Fenster hinaussah. Der Regen war schwächer geworden und am Himmel bildeten sich erste Aufhellungen. Vielleicht hört es bald auf. Mein Blick wanderte schliesslich an eine Pinnwand im Aufenthaltsraum, die ich noch gar nie genau betrachtet hatte. Ich stand auf, denn dort hingen auch ein paar Bilder, die ich anschauen wollte. „Verkaufspferde“ stand darüber geschrieben, und ich sah sie interessiert durch. Viele davon waren Isländerfohlen. Süss. So schön fluffig, ging mir durch den Kopf, während ich lächelnd davorstand. Eine Frau kam rein – es handelte sich um Vriska Isaac. Sie bemerkte meinen interessierten Blick und witterte wohl gleich eine Gelegenheit für ein Geschäft. „Gefallen ihnen die Jungpferde?“, sprach sie mich freundlich an. „Naja, Bilder allein sind nicht immer aussagekräftig. Aber hübsch sehen sie auf den ersten Blick aus. Ich habe selber eine Handvoll Isländer zuhause in England stehen.“ „Wenn sie wollen, kann ich ihnen die Bande zeigen. Sie sind erst vor kurzem wieder hierher zurückgekommen.“ „Nunja, eigentlich bin ich momentan nicht auf der Suche nach weiterem Zuwachs…“, wich ich aus. Dann hielt ich inne und dachte mir innerlich mitgehen und sie anschauen kann ich ja trotzdem – hab ja gerade nichts Besseres zu tun. „…Aber anschauen komme ich sie gerne, sofern es keine Umstände macht.“ „Sicher. Ich habe gerade etwas Zeit übrig, und der Regen hat zum Glück auch nachgelassen.“ Ein prüfender Blick nach draussen bestätigte das. Etwas aufgemunterter folgte ich der jungen Frau. „Mein Name ist übrigens Vriska“ „Occulta“, murmelte ich etwas beschämt, weil ich mich nicht eher vorgestellt hatte, und schüttelte flüchtig ihre angebotene Hand. Wir liefen über den Hof in Richtung Wald. Im Wald? Da drüben war ich noch gar nicht so oft, stellte ich überrascht fest. Schon bald erspähte ich die ersten Jungpferde. Vriska stellte sie mir rasch vor. „Hier haben wir die Hengste. Der Rappwindfarbschecke da drüben ist meiner, der heisst Ávaldi von Atomic. Von rechts nach links - Strike Zone, Teigur von Atomic, Halldór von Atomic, Hawking von Atomic, Lu’lu’a, Nautilus und CHH‘ Death Sentence.“ „Ich sehe Vollblut.“ „Richtig.“ „Ich züchte Vollblüter. Aus welcher Linie ist der?“ „Vater ist Losco, auf der Mutterseite Lamperd.“ „Ah, beide ziemlich farbige Schecken, wenn ich’s recht im Kopf habe. Spannende Kombination.“ Sie meinte nickend, dass er auch schon ordentlich Temperament zeige. „Der Rappschecke da – Halldór? Hat noch Roan, nicht wahr? Sieht man in dem Licht fast nicht“, bemerkte ich neugierig. „Ja. Der ist übrigens bereits verkauft.“ „Ah, naja, wäre mir sowieso ein wenig zu schlaksig gewesen. Kann sich natürlich noch verwachsen…“ Wir liefen weiter bis zu einer zweiten Weide, auf der zwischen den Bäumen die Stutfohlen standen. „So, das sind unsere Jungstuten. Feuergeist di Royal Peerage-“ Ich unterbrach sie: „Das ist ein Warmblut, oder?“ „Ja, Gidran.“ „Interessant, von denen hab ich noch keinen live gesehen.“ Ich betrachtete die junge Fuchsstute fasziniert. Vriska fuhr fort. „Wynja von Atomic, die übrigens noch ein Zuhause sucht, ebenso wie Vösk von Atomic und Þota von Atomic, Kría von Atomic, Bjama von Atomic und Milska.“ „Wie alt ist die? Sieht nicht mehr so recht nach Jungpferd aus“, fragte ich verwundert bezüglich der letzten Stute, auf die sie gedeutet hatte. „Sie ist schon 7 Jahre alt, aber wir haben noch nicht mit ihr gearbeitet, weil sie bisher noch nicht soweit war“, erklärte die junge Frau. „Die da drüben sieht auch schon etwas reifer aus.“ Kurz nachdem ich das gesagt hatte, bemerkte ich erst die beiden gescheckten Fellbündel die unweit von der grauen Stute im Gras lagen. „Ohh, wie süss – wie alt sind die?“ „Das ist Krít mit ihren Zwillingen Glóa und Kölski. Die kamen gerade erst vor ein paar Wochen zur Welt.“ „Zwillinge? Das ist selten. Da habt ihr ja ordentlich Glück gehabt, zwei gesunde und noch dazu so hübsche Fohlen zu bekommen.“ Sie stimmte zu. Ich liess meinen Blick wieder über die Herde schweifen, wobei mir das eine Stutfohlen, Þota, besonders ins Auge stach. Sie schien eine Windfarbstute mit Roan zu sein – und dazu hatte sie grosse Abzeichen an den Beinen, die mir richtig gut gefielen. „Þota… Die ist hübsch. Ich kenne mich ja nicht wirklich gut mit dem Exterieur der Isländer aus, aber sie schaut harmonisch aus, das mag ich. Und die Farbe ist Speziell.“ „Ihre Mutter Þögn ist auch ein Farbwechsler. Sie ist vermutlich Fünfgänger. Ganz tolles Fohlen, die ist ihren Preis wert.“ „Hmm, von wieviel reden wir?“ Sie nannte eine Zahl und ich verzog nachdenklich den Mund. Ich ertappte meine Gedanken, wie sie in Richtung ‚sie würde zu Lyskra passen‘ schweiften. „Sie wäre tatsächlich in meinem Beutespektrum“, sprach ich schliesslich aus, nachdem ich das Stutfohlen noch etwas weiter beobachtet hatte. Das Blätterdach über uns wurde langsam wieder beregnet – man hörte das lauter werdende Trommeln der Tropfen. Vriska bemerkte „Wir können bei einer Tasse Tee im Aufenthaltsraum darüber reden“, und ich nickte einverstanden. Wir hasteten also zurück zum Hof und brachten uns so gerade noch rechtzeitig ins Trockene. Ich erfuhr bei unserem anschliessenden Kaffeekränzchen, dass das Gestüt auf der Suche nach einem weiteren Deckhengst war. Sofort kam mir Herkir in den Sinn. Der stand ja momentan bei einer Kollegin, aber die fing bald ein neues Studium an und hatte dann nicht mehr so viel Zeit für den Isländer. Ich beschrieb Herkir und zeigte Vriska ein paar Fotos auf meinem Smartphone. Sie wirkte begeistert. Ein Gedankenblitz kam mir. „Wie wäre es, wenn wir eine Art Tausch machen würden?“ „Þota gegen Herkir? Das müsstest du mit Bruce besprechen.“ „Wer ist Bruce?“ „Ich gebe dir seine Nummer. Er ist für den Handel mit den Isländern zuständig.“ Ich tippte die Nummer dankbar auf den Smartphone ein und beschloss, der Sache nachzugehen.
      Nachdem Vriska sich verabschiedet hatte, weil die Arbeit rief, wartete ich noch einen Moment im Trockenen, bis der Regen wieder nachliess. Dann sah ich erneut nach Honesty und machte einen spontanen Spaziergang mit ihr, die erneute Lücke in den Wolken nutzend. Sie liess sich ausnahmsweise einigermassen rasch fassen. „Was ist denn in dich gefahren?“, bemerkte ich stirnrunzelnd aber froh, dass ich nicht allzu viel durch das nasse Gras rennen musste. Vielleicht begann sie ja endlich, gefallen an unseren Ausflügen zu finden. „Ist dir genauso langweilig wie mir?“, fragte ich sie, ohne eine Antwort zu erwarten. „Du bist selber schuld, weisst du. Wenn du eingestiegen wärst, würden wir jetzt schon zuhause in England stehen. Dort warten ganz viele neue Kollegen auf dich.“ Die Weide war immer leerer geworden, seit die übrigen Makeover-Teilnehmer alle abgereist waren. Wir gehörten zu den letzten verbliebenen, was meinen Drang nachhause zu kommen nur noch verstärkte. Ich war nicht gerne Letzte.

      Die folgenden Tage hindurch kroch die Zeit nur langsam voran und ich fand es immer schwieriger, mich für mein Buch zu begeistern. Irgendwann legte ich es ganz weg und begann stattdessen, Ideen für das Training mit Honesty zu sammeln, oder am Meer entlang spazieren zu gehen. Irgendwann waren auch die längsten fünf Tage vorbei, und ein neuer Versuch startete, die Stute zu verladen. Ich hatte die Nacht zuvor kaum geschlafen, vor lauter Aufregung und Sorge. Diesmal war der Tierarzt vor Ort, um Honesty von Anfang an zu sedieren. Ich wollte diesmal sichergehen, dass es klappte, obwohl ich kein Fan von dieser Praktik war. Aber zu Honestys eigenem Wohl, angesichts der begrenzten Trainingsmöglichkeiten, war es die stressfreiste Variante. Sie bekam die Spritze, wonach sie bereits wenig später in Lala-Land herumträumte. Mit vereinten Kräften schoben wir ihr geschecktes Hinterteil in den Lastwagen und sicherten alles. Dann ging die Reise endlich los. Ich liess mich erleichtert mitsamt Gepäck von einem Taxi zum Flughafen fahren. „On our way“, schrieb ich Jonas unterwegs glücklich. Am Flughafen wurde die noch immer etwas benommene Honesty in eine Transportbox umgeladen und schliesslich in den Frachtraum des Flugzeugs gefahren. Ab hier waren die Flugbegleiter für sie zuständig und ich musste mich wohl oder übel zurücklehnen und abwarten. Ich hoffte, dass sie nicht zu sehr randalieren würde, sobald sie aufwachte. Aber es klappte, wir hoben pünktlich ab und kamen nach etwa zweieinhalb Stunden Flug in Birmingham an. Ich sammelte mein Gepäck auf und machte mich auf die Suche nach Jonas und Lily. Die beiden warteten beim Ausgang auf mich. Ich fiel Jonas erleichtert in die Arme und genoss einfach einen Moment lang mit geschlossenen Augen den Körperkontakt, der mir so gefehlt hatte. Lily zupfte eifersüchtig an meinem Ärmel, also schlossen wir sie mit in unsere Umarmung ein. „Ich hab euch vermisst“ hauchte ich glücklich. „Ich habe dich mehr vermisst“, meinte Jonas zwinkernd. Lily rief „ich habe dich aber am meisten vermisst!“ „Stimmt gar nicht!“, beharrte Jonas trotzig. Wir lachten und machten uns auf den Weg, um auch Honesty abzuholen. Die Stute war mittlerweile natürlich längst wieder bei klarem Verstand und schien überhaupt nicht damit einverstanden, dass sie gegen ihren Willen entführt worden war. Sie scharrte die ganze Zeit ungeduldig in der Transportbox, während wir sicherstellten, dass der Anhänger bereit war. Dann luden wir sie so rasch wie möglich um, damit gar kein Theater entstehen konnte. Sie lief erstaunlich brav in den Anhänger – vielleicht hatte unser Training in Schweden doch Früchte getragen. Die Heimfahrt hindurch musste ich Lily jedes Detail aus Schweden erzählen. So nebenbei erwähnte ich, dass ich eine neue Isländerstute gekauft hatte – der Deal mit Bruce war zustande gekommen. Jonas horchte wie erwartet auf und warf mir mit hochgezogenen Augenbrauen einen tadelnden Seitenblick zu. Ich grinste nur und meinte „warte bis du sie siehst. Ich glaube sie wird dir gefallen.“ Er schnaubte und konzentrierte sich auf den Verkehr. Als die Tannen in Sicht kamen, konnte ich nicht mehr aufhören zu lächeln. Endlich Zuhause! Wir stiegen aus und befreiten Honesty aus dem Anhänger. Sie konnte noch nicht sofort zu den anderen Stuten, denn ich wollte zuerst sichergehen dass sie wirklich keine Haarlinge mehr hatte und auch sonst kerngesund war. Ausserdem war es ohnehin nicht schlecht, wenn sie sich zuerst ein wenig eingewöhnen konnte, nach dem ganzen Stress vom Flug. Wir brachten sie daher ins Innere der Führmaschine, wie ich es auch damals mit Phantom gemacht hatte. Dort wartete bereits ein Haufen Heu auf sie, über den sie auch gleich gierig herfiel. Während dem Kauen sah sie immer wieder mit geblähten Nüstern auf und inspizierte ihre Umgebung. Ich hatte schon fast Angst, dass sie sich verschlucken würde. Einen Moment blieb ich mit Jonas zusammen bei ihr, dann wurde ich von Zira und Jacky angefallen, die winselnd und schwanzwedelnd angerannt kamen. In dem wilden Gewusel konnte ich die beiden kaum streicheln; bis sich Jacky vor mir auf den Rücken legte, sodass ich ihren Bauch kraulen konnte, während Zira noch immer versuchte, ihren Kopf unter meinen Arm zu zwängen. „Yeees, I missed you too my girls!“ Nachdem ich mich von der übermütigen Begrüssung losgelöst hatte, machte ich einen Stallrundgang. Erleichtert fand ich alles beinahe so vor, wie ich es vor zwei Wochen verlassen hatte. Einige der Pferde brummelten mir zu und ich mochte den Gedanken, dass sie mich auch vermisst hatten. Hie und da streichelte ich die Köpfe, die sich mir entgegenstreckten liebevoll. Sogar Iskierka liess sich die Stirn kraulen. „So, du musst noch auspacken“, erinnerte mich Jonas. Ich nickte und folgte ihm zum Haus. Er hatte den Koffer bereits reingetragen, wofür ich extrem dankbar war – plötzlich spürte ich eine lähmende Müdigkeit. Während die ganze Aufregung von der Reise immer mehr abflaute, wurden meine Gliedmassen schwerer, bis ich schliesslich auf dem Sofa sass und mich müde streckte. Jonas brachte mir eine Tasse Tee, aber besonders viel konnte ich davon nicht mehr trinken – ich schlief vorher zusammengekugelt auf dem Sofa ein. Ich merkte nur noch, wie mir Jonas einen Kuss auf die Stirn gab.

      Als ich die Augen wieder öffnete, war es schon fast Abend geworden. Ich blinzelte noch etwas benommen, dann stand ich auf und ging raus um zu sehen, wo die anderen waren. Es war noch immer warm draussen und kam mir fast vor wie ein Sommerspätnachmittag. Ich fand Jonas im Nebenstall. „Na, ausgeschlafen?“, schmunzelte er. „Für’s erste, ja. Jetzt muss ich aber noch etwas machen, sonst liege ich heute Abend wach.“ „Ausritt?“ „Gerne!“ Ich überlegte kurz, dann beschloss ich „Unbroken Soul of a Rebel“. „M-hmm, der wurde noch nicht bewegt. Ich nehme Ljóski.“ Wir putzten und Sattelten die beiden Vierbeiner und – meine Güte war das ein tolles Gefühl, wieder einmal auf Rebels Rücken zu sitzen und auf den Sandigen Pfaden unter den Pinien zu reiten. Ich war noch fleissig an diesem Abend: ich longierte Indiana und Coulee nacheinander in der Halle. Ausserdem half ich den Pflegern beim Aufräumen, bevor wir alle zusammen ein Feierabendbier im Garten genossen. Es tat gut, die ganzen Gesichter wieder zu sehen. Aber am wohlsten fühlte ich mich, als ich mich an Jonas‘ Seite unter die Bettdecke kuschelte und seinen regelmässigen Atem hörte. So fühlte sich „Zuhause“ an.

      Training mit Kuhpferd
      11.05.2020 - 10'244 Zeichen - 8 Pkt.

      Als ich am Morgen nach meiner Heimkehr aus Schweden aufstand, die vertrauten vier Wände meines Zimmers erblickte und den schlafenden Bären neben mir zufrieden grummeln hörte, fühlte ich mich voller Tatendrang. Ich stupste Jonas an, wohlwissend, dass er noch eine Viertelstunde brauchen würde um auf die Beine zu kommen. Dann schlüpfte ich in meine Kleider und bereitete das Frühstück vor. Ich wartete nicht auf meine beiden Lieblingsschlafmützen, sondern strich mir ein Brot mit Erdbeermarmelade, fütterte Hund und Katz, verliess das Haus mit dem Brot zwischen den Zähnen, während ich mir die Jacke anzog - früh morgens war es noch etwas frisch. Die ersten Pfleger tauchten im Hauptstall auf und begannen, die Vollblüter für das erste Training des Tages hervorzuholen. "Gruppe eins heute nicht", erinnerte ich Ajith, der das ganze koordinierte, bis Oliver hier war. "Right Boss." Ich ging raus zu HMJ Honesty, in den Innenhof des Hauptstallgebäudes. Sie sah mich kommen und sah mir interessiert zu, wie ich das Tor zur Führanlage öffnete. "Hey süsse. Wie war deine erste Nacht?" Sie wich zuerst ein paar Schritte zurück, dann prüfte sie meine Hand um zu sehen, ob ich ihr etwas mitgebracht hatte. Ich hatte das Gefühl, das der Umzug hierher uns etwas näher zusammengebracht hatte. Ich war quasi das einzig vertraute in dieser neuen Umgebung. Gegen diesen Gratis-Fortschritt hatte ich nichts einzuwenden. Für den Moment verschonte ich die Scheckstute noch, denn ich wollte erst später, nach dem Mittag, das Training mit ihr wieder aufnehmen. In der Zwischenzeit stand Arbeit mit meinen Jungpferden auf dem Plan. Pünktlich um acht Uhr begannen Lisa und ich, Karat und Reverie zu putzen. Die beiden Furiosos waren heute erst zum dritten Mal unter dem Sattel. Ich kümmerte mich um den schlaksigen Fuchshengst. Er wollte kaum stillhalten beim Putzen; immer wieder zappelte er vor- und rückwärts, oder drehte mir plötzlich ohne Vorwarnung die Hinterhand entgegen. Er war dabei nicht böswillig, sondern bloss gelangweilt und abgelenkt von den Pflegern, die gerade Boxen ausmisteten. Ich erinnerte ihn jeweils energisch an meine Anwesenheit. Ansonsten war der Hengst im Umgang ein Schatz. Er gab brav alle seine Hufe und wenn er sie abstellte, dann nur weil er das Gleichgewicht verlor. Einmal humpelte er sogar auf drei Beinen einen Schritt nach vorne, um sich auszubalancieren ohne mir den Huf aus den Fingern zu reissen. Ich lobte ihn amüsiert, sobald ich fertig war. Den Sattel hatte er nun schon mehrere Male gesehen und auch auf seinem Rücken geduldet, weshalb ich keine grosse Sache aus dem Angurten machte. Ich verhielt mich genauso, wie ich es auch bei einem routinierten Vierbeiner getan hätte. Das gab dem Hengst Sicherheit und er merkte, dass nichts Aussergewöhnliches oder gar Gefährliches passierte. Er liess sich die Trense ins Maul legen und hielt still während ich die Riemen schloss. Ich beobachtete fasziniert seine blauen Augen. Er erinnerte mich so sehr an Satine, es war fast schon unheimlich. Nur dass er noch nie etwas Schlechtes erlebt hatte, und sein Ausdruck daher nicht durch tiefe Stresskuhlen verfälscht wurde. Stattdessen hatte er eine edle, gerade Stirn und seine Augen leuchteten förmlich vor Energie. Sie waren wie schon bei seiner Mutter dunkel umrandet, was das Blau noch kräftiger wirken liess. Ich löste mich von den Kristallaugen los und führte den Hengst zur Halle. Lisa und Reverie waren bereits dort. Als Karat die dunkle Stute erblickte, war er ganz durcheinander. Ich lenkte ihn ab, indem ich seine Füsse bewegte und willkürlich abbog, sodass er sich auf mich konzentrieren musste um rechtzeitig mitzukommen. Das half ein wenig. „Geht es so, Occu? Oder soll ich auf den Platz raus gehen?“, fragte Lisa angesichts des übermütigen Junghengstes. „Nein, schon gut. Der muss das lernen, je früher desto besser“, antwortete ich entschieden. Wenig später stieg ich auf und ritt im Schritt kleine Volten und Schlangenlinien. Der Hengst schwankte deutlich und brauchte klare Hilfen. Aber er gab sich Mühe, und das merkte ich. Jedes Mal wenn er rasch reagierte und ‚einen Schritt in die Richtige Richtung‘ machte, lobte ich ihn ausgiebig. Bei Reverie und Lisa lief es ähnlich, nur dass die Stute deutlich weniger entspannt war. Sie klemmte den Schweif zwischen die Beine und lief nicht so freiwillig vorwärts wie Karat. Als eine Taube von einem Balken aufflatterte, zuckte sie zusammen und machte einen Hüpfer nach vorne. Lisa war aber sattelfest und hatte die junge Stute sofort wieder unter Kontrolle. Sie machte weiter, als wäre nichts gewesen. Wir übten eine halbe Stunde lang Grundlagen, vor allem im Schritt und Trab. Galopp machten wir auf der ganzen Bahn, denn Volten waren schwieriger für die Jungpferde. Es ging dabei erstmal darum, einen guten Vorwärtstakt zu festigen und einigermassen flüssig einzuspringen. Mehr verlangten wir noch nicht. Am Ende liessen wir die zwei am längeren Zügel austraben, stützten sie aber dennoch weiterhin genug, dass sie nicht einfach nach vorne kippten. Karat schnaubte zufrieden und liess den Schweif schön pendeln. Auch Reverie hatte sich inzwischen ein wenig entspannt und kam über den Rücken. Zufrieden ritten wir im Schritt trocken und brachten die zwei anschliessend zurück.

      Als Nächstes waren die Vollblüter dran. Auch mit ihnen übten wir Grundlagen-Dressur, denn sie mussten wie alle Rennpferde auf der Bahn quasi nur geradeauslaufen und bremsen können. Wir begannen jedoch früh damit, zwischendurch auch in der Halle mit ihnen zu arbeiten oder sogar kleine Hindernisse zu springen – natürlich erst, wenn der Körperbau der Jungpferde dies zuliess. Bei Cupid, Snap in Style, Capoeira, Victory, Stars of Magic, Whirlwind, Call it Karma, Sciaphobia und Riptide war das nun der Fall. Ich kümmerte mich um Star. Die Rappstute mit den tausend Galaxien und schwarzen Löchern, wie ich die Sprenkel auf ihrem Hintern gerne nannte, war genau wie Snap ein Jahr älter als die anderen. Die beiden sahen vom Körperbau her etwas ausgefüllter aus, aber die Muskulatur war etwa auf demselben Stand wie bei den Dreijährigen. Ich putzte Star gründlich durch und legte ihr dann einen Vielseitigkeitssattel auf den Rücken. Die jungen Vollblüter hatten keine eigenen Sättel ausser den Trainingssätteln für das Rennbahntraining. Wir wählten aber jeweils Sättel der anderen Pferde aus, die möglichst gut passten. Bei Star konnte ich keinen Mangel feststellen, der Sattel von Caligari passte ihr erstaunlich gut. Die beiden hatten auch einen ähnlichen Körperbau. Wir trafen uns wiederum in der Halle, denn es tröpfelte leicht draussen. Wir ritten alle dieselben im Voraus besprochenen Lektionen und Figuren, fast wie in einer Reitstunde, nur ohne Lehrer. Die jungen Rennpferde orientierten sich gegenseitig aneinander und fühlten sich in der Gruppe wohl, sodass kaum einer auf dumme Gedanken kam. Nur Karma hatte so einen unglaublichen Vorwärtsdrang heute, dass man Charly zwischendurch fluchen hörte, als er zum zweihundertsten Mal abbiegen musste. Auch Star war fleissig, und sie liess sich leicht von ihren Kollegen ablenken, wann immer die uns nahe kamen. Trotzdem schafften wir es, vernünftige kleine Volten und gerade Diagonalen zu fabrizieren.

      Vor dem Mittag kam noch Rosie vorbei – sie brachte Mansur und Namuna mit. Gemeinsam mit Elliot trainierte sie die beiden Araber ebenfalls in der Halle. Es war für sie eine optimale Möglichkeit, die Nachwuchspferde in einer fremden Umgebung zu reiten, auch wen Pineforest natürlich schon nicht mehr wirklich fremd für die beiden war. Trotzdem fand sie, man merke einen deutlichen Unterschied im Vergleich zum Training zuhause. Die Ablenkung war grösser und besonders Namuna liess sich von vielen Kleinigkeiten beeindrucken und schaltete dann jeweils auf stur. Ich beobachtete die Araber interessiert von der Reiterstube aus, während ich mir mit Jonas zusammen eine Tasse Tee gönnte.

      Am frühen Nachmittag kam Suri auf den Hof um ihre beiden Ponys zu bewegen. Sie war mittlerweile ein paarmal auf Scooter gesessen, aber bisher eher zum Spass als für richtige Reitstunden. Heute kam sie mit in die Halle, als ich Honesty dorthin brachte. Lily war selbstverständlich auch dabei. Sie durfte Maekja reiten, die Isländerstute die tragend von Herkir war. Wir mussten sie unbedingt noch auf einer Körung vorstellen, bevor das Fohlen kam. Dafür musste sie aber noch etwas mehr unter dem Sattel gearbeitet werden. Lily sollte heute mit ihr Übergänge, Aussengalopp und Kurzkehrtwendungen üben. Ich konzentrierte mich auf Honesty, beobachtete die beiden Mädchen aber stets im Augenwinkel. Suri und Scoot kamen zurecht. Wir hatten einen einigermassen passenden Sattel für das graue Pony gefunden – den durfte Suri so lange benutzen, bis Scoot genug Muskulatur für einen eigenen Sattel hatte. Im Moment machte es noch keinen Sinn, extra einen anpassen zu lassen. Die Stute war noch zu schlaksig dafür. Suri gab sich sichtlich Mühe, möglichst alles richtig zu machen. Sie hielt die Absätze tief und die Arme schön handbreit über dem Sattel. Ich fand, dass sie zwischendurch den Rücken etwas zu steif gerademachte. Darauf wies ich sie hin, indem ich sie daran erinnerte zu lächeln. Dann entspannte sie sich nämlich jeweils sofort und brach in ein breites Grinsen aus. Amüsiert longierte ich Honesty ein paar Runden, ehe ich mich über ihren blanken Rücken lehnte und aufstieg. Ich nutzte das Arbeitsseil als Zügel, lenkte die Scheckstute aber vornehmlich mit Gewichtshilfen. Als sie zu meiner freudigen Überraschung viel besser mitmachte als gedacht, wagte ich sogar das Antraben. Sie zog zwar den Schweif ein und war zögerlich, aber sie bockte nicht und weil ich nur eine kurze Strecke abfragte, konnte sie sich auch nicht sonderlich aufregen. Ich lobte sie danach sofort und stieg wieder ab. Ich wollte, dass sie merkte dass sich das Mitmachen lohnte und dass Reiten eine tolle Sache war, weil man dann viel Lob bekam und schnell wieder zu seinem Futter durfte. Deshalb verräumte ich sie auch schon wieder in ihren Übergangsstall in der Mitte der Führmaschine. Gegen Abend nahm ich sie aber nochmal raus, um mit ihr spazieren zu gehen. Mein Plan war noch immer, so viel Zeit wie möglich mit ihr zu verbringen, damit sie lernte, sich auf mich zu verlassen.
    • Sosox3
      Pflegebericht
      2020
      HMJ Honesty | Prophylaxe

      Einleitung
      Ich war grade aus Schweden zurück und gönnte mir ein Tag ruhe. Am Morgen darauf war ich extrem motiviert und hatte schon die Pferde gefüttert, einige Pferde mitrainiert und für Tunrieranmedlungen gesorgt. Das CHH‘ Hospital lief nicht so gut wie sonst, die Nachfrage war derzeit sehr gering da es mehrere neue Tierätzte gab die sich bereit erklären auch zu den Patienten zu fliegen. „Ist alles gut?“. Die Frage, die von dem Trainer meiner Rennpferde kam, brachte mich aus meinem Gedankengang heraus und ich wollte es gar nicht beantworten. „Ja klar. Ich schau mal ob es neue Aufträge gibt“ sagte ich, hüpfte vom Zaun runter auf dem ich gesessen hatte und den Rennpferden beim Training zusah. Ich klappte den Laptop auf. Das Thema schien mich wirklich etwas zu belasten. Obwohl ich froh war das so viele diesen wundervollen Beruf wählten, hoffte ich einfach nicht vergessen zu werden. Ich klickte mich durch ein paar Fortbildungskursen und sah dann, dass ein neuer Auftrag reinkam. Ich lächelte und öffnete die Mail sofort. „Uhhh. Occulta Smith“. Ich sagte ihren Namen leise. Meine Freude drückte ich mit einem großen Lächeln aus. Occulta Smith war eines meiner Vorbilder in Sachen Vollblüter und Galopprennen. Sie besitzt einige unverwechselbare Tiere und eine wirklich großartige Zucht, von der ich damals auch ein Fohlen ergattern konnte. PFS‘ Phaeleh, eines unserer besten Rennpferde. Ich versuchte professionell zu bleiben, schließlich hatten wir auch schon des Öfteren Kontakt, nur in letzter Zeit etwas weniger. Ich hatte das Gefühl sie hatte sich etwas zurückgezogen und ich freute mich sehr sie wiederzusehen. Was mich Überraschte war, dass sie tatsächlich eine Teilnehmerin des diesjährigen „Horsemakeover Events“ war. Ich kontaktierte sie per Telefon. „Occulta Smith hier!“ hörte ich am anderen Ende der Leitung. Es raschelte ein wenig. „Hier Cooper Chattahoochee. Ich rufe an auf Grund der Prophylaxe von HMJ Honesty“. Freudig nahm sie mich verbal in Empfang. Wir verhaspelten uns ein wenig in private Gespräche und ermittelten dann einen Termin. „Ich freu mich“ sagte ich und wir verabschieden uns.
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      Da ich vor einigen Tagen schon in Schweden war, um Tiere für das „Horse Makeover“ Event zu untersuchen, lies ich mir noch ein paar Tage Zeit, um erneut zu fliegen. Ich plante die Reise und meldetet erneut am Flughafen in Kanada und in Schweden, anmeldepflichtige Medikamente, Geräte und „Werkzeuge“ an. Circa eine Woche später saß ich dann im gleichen Hotel wie das letzte Mal. Ich war froh, dass es in mehreren Ländern nun Lockerungen wegen der aktuellen Pandemie gab, dennoch waren die Schutzvorkehrungen überall enorm. Ich saß im Zimmer und aß zu Abend. Ich informierte Occulta über mein Ankommen und sprach nochmal die ausgemachte Urzeit ab, die auch so blieb. Da ich mit dem Anfahrtsweg und der Parksituation vertraut war konnte ich die Zeit am Morgen genau einplanen und kam fast überpünktlich auf Lindö Dalen Stuteri an.

      Eine dünne und kleine junge Frau kam dann aufs Auto zugelaufen. Ich erkannte Occulta sofort. „Du hast dich null verändert“ lachte ich und wurde von ihr umarmt. Unrecht hatte ich aber nicht, sie hatte immer noch die gleichen Sommersprossen, immer noch die gleiche Statur und ihre roten, blonden Haare hatte sie auch nicht gefärbt. Höflich wie sie war, bot sie mir zunächst Kaffee und auch etwas zum Frühstück an. Natürlich lehnte ich dies nicht ab. Wir verbrachten somit eine Stunde am Tisch. „Ich habe es übrigens endlich geschafft einen Hengst für meine Marwari Stute zu finden. Ich werde somit bald eines der wenigen in Kanada geborenen Mawrai Fohlen haben“. Ich war so glücklich über das Fohlen, sodass ich es irgendjemanden mitteilen musste. Occulta war unglaublich freundlich und man sah ihr an das sie sich wirklich für mich freute. „Nun, auf zu HMJ Honesty“. Sie lächelte verlegen und nickte dabei, wie so oft. Occulta war recht wortlos, hatte aber eine unglaublich beruhigende Wirkung und mir ihr schien alles etwas „leichter“. Es war einfach sehr angenehm und ich konnte trotz Arbeit ein wenig Abschalten. Die Sommersprossen Frau, wie ich sie oft aus Spaß nannte, ging in Honesty’s Box und ging zunächst mit ihr die Routine durch. „Es ist wichtig bei geretteten Tieren eine Routine beizubehalten, auch wenn mal was anderes ansteht. Die ersten paar Minuten sollten immer gleich sein“. Sie nickte. Erneut wortlos, aber höflich. Es war eine Chestnut Tobiano Stute mit hellem Haar. Sie bewegte sich recht temperamentvoll und selbstbewusst, fand mich aber zunächst nicht so toll. Ihre Ohren richtete sie sofort nach hinten im ersten Moment als sie mich sah. „I’ll better back off“. Ich ging einige Schritte nach hinten und plauderte einfach mit Occulta weiter. Ich legte für die Mustangstute eine Akte an, wie für jedes Pferd und dokumentierte zunächst einfach die harten Daten. Deutlich erkennbar war, dass sie zu dünn war. Occulta konnte mir das mit einer genauen Zahl bestätigen. Dennoch hatte die Stute gute Bemuskelung. „Die Hufe werden noch vom Hufschmied begutachtet?“. Sie bejahte und fügte hinzu, dass sie vorab wohl Probleme mit Mauke und Haarlingen hatte, aber derzeit im Hinblick darauf keine Probleme hatte. Ich gab ihr einige Tipps zu beiden Themen, obwohl ich wusste das sie diese eventuell schon kannte. Ich erklärte das sie bei Mauke mal die haarigen Stellen abrasieren könnte oder auch die Wundflächen mit Mullwatterolle schützen könne. Sie nickte aufmerksam. Langsam begriff die Stute das ich kein Feind bin und wurde neugierig. Da ich wusste das sie anscheinend keine Erfahrung mit Tierärzten gemacht hatte, ging ich diese Prophylaxe an wie bei dem ersten Mal bei einem Fohlen. Um sie äußerlich begutachten lies ich sie mir von ihrer Besitzerin einfach vorführen. „Danke“. Ihr Gang war unauffällig. Ich dokumentiere und berichtete. Dann näherte ich mich der Stute mit ruhiger und langsamer Stimme. Occulta blieb bei ihrem Stehen, hielt ihren Kopf und streichelte gleichzeitig ihre Stirn. Zunächst war Honesty verhalten und fand meine Berührungen nicht wirklich toll. Ich tastete mich langsam vom Kopf bis hin zum Bauchbereich ab. Ohren, Nüstern und Mundbereich waren in guter Verfassung. Am Bauch erkannte ich beim Abtasten einige Narben, die aber gut verheilt waren. Der Bauch wurde anscheinend nicht gern angefasst, da sie währenddessen dauerhaft wippte und die Hufe nach vorn schlug. „Ich bin ja schon wieder weg“. Sanft trat ich zurück, um der Stute eine Pause zu geben, um sich zu beruhigen. Ich dokumentierte in der Zwischenzeit das was ich gemacht habe und ging dann weiter zu den Beinen. Ich tastete alles ab und kontrollierte die passive Funktionsfähigkeit der Gelenke. Zwischen jedem Bein baute ich eine kleine Pause ein, da Honesty Berührungen am Bein noch mehr abneigte als die am Bauch. Nachdem ich alles kontrolliert hatte streichelte ich sie im Kopf und gab ihr ein Leckerli, um mich wieder beliebt zu machen. Dies nahm sie aber auch nur misstrauisch an. „Wir sind bald durch“. Ich lächelte und kontrollierte dann ihre Vitalwerte. Puls, Atmung, Herzfrequenz und Temperatur. Der Puls und die HF waren etwas erhöht. Vermutlich durch die Aufregung. „Vitalzeichen zu kontrollieren ist ja recht leicht. Um sicher zu gehen, dass es wirklich die Aufregung ist, würde ich einfach bitten morgen um die gleiche Uhrzeit nochmal zu kontrollieren und mir dann bescheid geben. Damit falls es nicht die Aufregung ist, sie medikamentös einzustellen. Sonst könnte das zu schweren Folgeerkrankungen führen“. Occulta nickte und schrieb sich direkt einen Erinnrungszettel. Es fehlte nun nur noch die Grundimmunisierungen. „Ich gehe davon aus, dass sie das absolut nicht mögen wird“. Ich schaute ein wenig besorgt und überlegte. „Wenn du möchtest kann ich sie leicht sedieren, somit hat sie weniger Stress. Oder wir machen sie mit dem Kopf fest und du sagt, da muss sie eben durch. Das überlasse ich gern den Besitzern“. Ich lächelte während nun Occulta sichtlich nachdachte. „Ich glaube eine Sedierung ist besser! Aber so, dass sie auch noch alles mitbekommt. Sie muss sich schließlich auch an die Prozedur gewöhnen“. Ich nickte. „Wir können es auch mit natürlichen Mitteln versuchen“ schlug ich vor. Sie nickte bei diesem Vorschlag deutlich mehr. Es war entschieden. Ich gab der Stute somit Beruhigungstropfen auf homöopathischer Basis, die leicht sedierend wirken und warteten dann eine halbe Stunde. Die Tropfen schlugen gut an und die Grundimmunisierung konnte ohne weitere Probleme stattfinden. Für die Wurmkur wartete ich bis die Stute wieder beim vollen Bewusstsein war. Diese verlief ebenfalls ohne Komplikationen. Ich atmete tief durch. „Geschafft!“. Occulta und ich gaben uns ein dezentes High Five, welches aber auch verdient war. Ich lobte das Scheckenpferd ausgiebig. Auch von Occulta bekamt sie sehr viel Lob. Ich ging noch mal das Protokoll durch, um zu schauen ob ich alles gemacht hatte was ich machen wollte. Zudem hackte ich alle Punkte der Liste ab und dokumentierte den letzten Rest der Sitzung. Ich verabschiedete mich von HMJ Honesty und erholte mich mit Occulta durch einen Kaffee und ein Stück Kuchen. Wir ließen die Jahre noch Revue passieren und verabredeten uns für einige Sachen in der Zukunft. „Ich lasse dir alle wichtigen Informationen von heute noch mal schriftlich per Mail zukommen. Hier hast du schon mal den Sticker für die Box. So können alle sehen das Honesty immunisiert ist“ sagte ich auf dem Weg zum Auto. Occulta bedankte sich immer wieder. „Sehr sehr gerne, ich hoffe wir bleiben in Kontakt“. Wir verabschiedeten uns mit einer Umarmung.
      8030 Zeichen | by Cooper

      Zeit fürs Zeit-Haben
      20.06.2020 - 13'954 Zeichen - 9 Pkt.

      Der frühe Vogel fängt den Wurm. Das nahm ich mir täglich zu Herzen, so auch heute, an diesem warmen Mai-Morgen. Der Himmel war schon seit acht Uhr stahlblau und bis auf ein paar einsame, weisse Bäuschen am Horizont wolkenlos. Ein perfekter Tag also. Es war einen Monat her, seit ich mit HMJ Honesty nachhause gekommen war – nach Pineforest. Die Stute war am Anfang etwas überwältigt gewesen von der Reise und der neuen Umgebung. Doch mittlerweile hatte sie sich eingelebt und an den Alltag hier gewöhnt. An diesem morgen war sie aber ausnahmsweise nicht meine erste Priorität. Ich hatte bereits am Vollbluttraining teilgenommen, beim Ausmisten geholfen und Pferde auf die Weide gelassen – es war Zeit für eine Pause. Zunächst machte ich mir eine Tasse Tee und sah Lisa ein wenig zu, wie sie Khiara in der Halle Dressur ritt. Die Stute lief richtig schön durchlässig und konzentrierte sich vollkommen auf Lisas Hilfen. Es war harmonisch anzusehen, als wären die beiden gerade in einer Prüfung. Zufrieden nahm ich die letzten Schlücke aus meiner Tasse und begab mich dann zu den Miniweiden. Ich wollte den restlichen Vormittag bei den Offenställen verbringen und dort Miniature Horses trainieren und Fohlen streicheln. Angefangen mit Oreo übte ich mit den Hengstchen das Aufstellen für Shows. So einfach es auch auf den ersten Blick aussah – das korrekte Aufstellen war ganz schön schwierig. Es musste auf viele Details geachtet werden, und das jeweilige Pony musste möglichst perfekt zur Geltung kommen. Schon allein der Ausdruck war entscheidend. Neugierig und freundlich sollte er sein, auf keinen Fall grumpy oder ängstlich. Zuhause gelang das noch am ehsten. Mit der richtigen Aufstellung konnte man ausserdem auch Schwachstellen im Exterieur geschickt verbergen. Es war also wirklich mehr dahinter, als nur gerades Hinstellen. Nachtfalke sah besonders schick aus – ich musste gleich ein paar Fotos machen, die ich vielleicht irgendwann auf unsere Webseite stellen konnte. Dafür hatte ich allerdings, wie für sehr viel weitere Dinge, kaum Zeit. Ich wollte so gerne mehr Fotos machen und mich auf die Fohlenaufzucht konzentrieren, oder ausgiebigere Ausritte machen, inklusive Übernachtungen. Aber es war nunmal nicht einfach genug Zeit dafür zu finden, wenn man ein ganzes Gestüt voller Pferde betreiben musste. Naja, ein „Müssen“ ist es ja eigentlich nicht. Es macht Spass und ich bin unglaublich dankbar, dass ich Pineforest habe, sagte ich mir selbst. Aber zwischendurch geniesse ich es, die ganze Verwaltung an Jonas oder Lisa abzuschieben und einfach mal eine gewöhnliche Pferdebesitzerin zu sein. Es tat gut zu wissen, dass ich ein verlässliches Team von Pflegern hatte, die mich jeden Tag aufs Neue unterstützten. Xinu zupfte an meinem Hosenbein, als ich gedankenverloren ins Gras starrte. „Schon gut kleiner. Ich hab dich nicht vergessen.“ Er hatte sich seit Anfang dieser Saison zu einem kleinen Show-Junkie entwickelt. Er lief geradezu selbstständig in den Anfhänger und war überhaupt nicht aufgeregt. Stattdessen zeigte er sich von seiner besten Seite und räumte ordentlich Belohnungen dafür ab. Er wusste eben, wie man den Zweibeinern gefällt. Ich mochte den kleinen Hengst sehr. Er hatte ähnliche Charakterzüge wie Daki und war genauso frech. Ein Fohlen aus den beiden wollte ich mir gar nicht vorstellen – das würde wohl sämtliche Weidetore öffnen. Lenny war heute etwas abgelenkt. Er sah lieber zu, wie Tigrotto und Allegra zusammen spielten, als sich mit meinen Kommandos zu beschäftgien. Ich blieb geduldig und nervte ihn so lange, bis er einen Schritt machte und die Hinterbeine schön auf der gleichen Höhe standen. Als ich ihm das Karottenstück hinstreckte, fand er mich plötzlich doch wieder interessant. Becks war fast schon ein wenig faul heute. Ich trabte extra ein paar Runden schneller mit ihm, um ihn zu wecken. Dabei baute ich immer wieder plötzliche Stops ein, damit er aufmerksam blieb. Am besten benahm sich wie so oft Silver Lining – der kleine Musterschüler. Er machte alles fast schon so gut, dass es langweilig wurde. Ich dachte mir immer wieder neue Herausforderungen für ihn aus, aber manchmal war es gar nicht so einfach. Heute liess ich ihn an der Hand galoppieren, dann stoppen, rückwärtstreten und wieder angaloppieren. Man konnte förmlich sehen, wie seine Hinterhand dabei stärker wurde. Ausserdem war das Training gut für die Linie des grauen Hengstchens, denn er war in letzter Zeit etwas pummelig geworden.

      Bei den Stuten nahm ich es etwas gemütlicher. Die meisten wurden heute ohnehin noch von Linda trainiert, also putzte ich sie einfach schonmal. Am schmutzigsten war Rose; ihre schönen Dapples waren richtig staubig. Und Papillons Mähne brachte mich fast zum verzweifeln, denn ich war hin- und hergerissen zwischen „möglichst wenig ausreissen“ und „einfach abschneiden, das Zeug“. Ich entschied mich dann zum Glück doch für ersteres, auch wenn es einen Moment dauerte, bis ich mit dem Kamm durch war. Bei Diva war ich hingegen schnell fertig, denn sie hatte eine relativ dünne, im Moment hadbreit geschittene Mähne. Nachdem alle einigermassen ansehnlich waren, schnappte ich mir zwei Halfter und fing Darling und Acira ein. Die beiden Jungstuten sahen aus, als würden sie einen Spaziergang vertragen. Ich führte sie aus der Weide und auf den Feldwegen in Richtung der nächstgelegenen Siedlungen. Sie zockelten brav mit mir mit. Lily hatte angefangen, zwischendurch mit Peppy, Kiwi oder Tiki mit dem Fahrrad rauszugehen. Sie liess die Ponys jeweils einfach neben dem Fahrrad hertraben. Natürlich hatten wir das vorher auf dem Hof ausprobiert. Aber es klappte hervorragend, und die Ponys bekamen eine extraportion Bewegung. Lily ritt Peppy inzwischen nur noch ab und zu, weil sie langsam zu gross wurde für das Shetty. Trotzdem gab sie sich Mühe, Peppy genauso wie Areion und Skydive fit zu halten. Die beiden begannen gerade seit kurzem damit, Agility zu üben. Weil Peppy so ein sportliches Shetty war, schien diese Disziplin ideal. Bevor ich die Weide mit den Minis verliess, schmuste ich noch eine ganze Viertelstunde lang mit Orchid. Ich sass im halbhohen Gras und sie lag mir fast auf den Schoss – das hatte sie als kleines Fohlen schon gemacht. Nur war sie mittlerweile fast ausgewachsen und nicht mehr ganz so leicht. Ihre Lippen zuckten entspannt, als sie ausgestreckt mit dem Kopf auf meinen Beinen dalag. Irgendwann kam Chip von hinten eifersüchtig dazu und nibbelte an meinen Haaren. Ich musste daraufhin auch ihren Hals kraulen, und sie wollte mich fast übertrampeln vor lauter Wohlgefühl. Da beschloss ich, dass es Zeit war aufzustehen, bevor ich mir noch mehr blaue Flecken holte.

      Nach dem Mittagessen stand ein Ausritt mit Eismärchen auf dem Plan. Die Ponystute musste nach der Geburt ihres Fohlens Nemo nun ihre sportliche Figur zurückbekommen, also hatten wir wieder mit dem Training angefangen, jetzt wo das kleine Hengstchen schon etwas kräftiger war. Wir nahmen die Fohlen der Einfachheit halber meistens mit, wenn die Stuten geritten wurden. So gab es nicht so ein Drama und keinen unnötigen Stress auf der Stutenweide. Ich holte Mutter und Sohn von der Weide, zeitgleich mit Lisa, die dasselbe mit Lychee und deren Fohlen Braemble tat. Braemby war ein schicker bay roan sabino Sohn von einem Hengst namens Back to Business. Ich mochte ihn ganz besonders, denn er hatte wunderschöne Abzeichen und sein Fell schimmerte in Hellbraun- bis hin zu Grautönen zwischen den unendlich vielen Stichelhaaren. Bei Nemo war es ähnlich, aber komplett in Grau und ohne grosse Abzeichen. Dafür trug Nemo einen kleinen weissen Bereich auf der Kruppe mit ein paar schwarzen Punkten darin. Und er hatte auf beiden Augen eine weisse Sclera, was ihm einen frechen Ausdruck gab. Frech war er auch, oder jedenfalls überhaupt nicht scheu. Er knabberte die ganze Zeit an meinem T-Shirt, während ich Eismärchen putzte. „Wie hälst du das nur den ganzen Tag aus?“, fragte ich sie lachend. Lisa und ich gingen gleich zusammen auf den Ritt – es bot sich ja hervorragend an. Die beiden Fohlen liefen grösstenteils anständig mit ihren Müttern mit, wobei Braemble manchmal nicht ganz so gut mithielt. Er war eineinhalb Monate jünger als Nemo. Eismärchens Sohn wurde dafür zwischendurch ungeduldig und wollte uns überholen. Das Spazierreiten mit den Fohlen war gleich eine gute Übung für die Halfterführigkeit.

      Nach dem Ausflug mit den vier Ponys wiederholte ich dasselbe mit Khiara, diesmal in Begleitung von Oliver und Jonas auf Vai Alida und Goldy. Wir plauderten den ganzen Ritt hindurch über Amerika und die momentanen Rassismusdebatten. Es war wirklich ein eher gemütlicher Tag, die einzige Überraschung bot ein Anruf von Jan van de Berg. Ziemlich unerwartet bat er mich, Northern Dancer und Snap Cat zurück nach Pineforest zu holen. Er erklärte, dass ihm die Zeit für viele seiner Pferde momentan einfach fehlte und er sich daher von einigen trennen musste. Da ich beim Verkauf der beiden damals darauf bestanden hatte, kontaktiert zu werden, falls sie weiterverkauft würden, hatte er mich gleich als erstes angerufen. Ich war froh darüber, denn ich wollte den Überblick darüber behalten, wo die Zuchtfohlen von Pineforest sich herumtrieben. Selbstverständlich sagte ich deshalb zu und wir einigten uns darauf, dass ich ihm den damaligen Kaufpreis der beiden zurückerstattete. Ich konnte es kaum erwarten Northy wiederzusehen. Ich hatte sie erst kürzlich für Jan eingeritten und dabei nicht im Entferntesten daran gedacht, sie so bald zurück auf Pineforest begrüssen zu dürfen. Voraussichtlich wollte ich die beiden diesmal behalten, sofern es die Anzahl freier Boxen auf Pineforest auch in Zukunft zuliess. Wir hatten nämlich auch noch ein neues Appaloosafohlen und einen zweijährigen Reitponyhengst auf der Fohlenweide stehen. Der Appaloosa hiess Wherigo und kam von der Bow River Ranch in Calgary. Ich plante, ihn irgendwann kören zu lassen und dann vielleicht ein paar hübsche Fohlen mit ihm und Jazz zu ziehen. Aber das lag noch in ferner Zukunft. Der Reitponyhengst hingegen hatte nur noch ein Jahr Fohlenweide vor sich, bis ich ihn einreiten wollte – wenn es denn sein Körper zuliess. Er hiess Cabaret und hatte eine Abstammung wie aus dem Bilderbuch. Ähnlich wie bei Shira waren alle wichtigen Blutlinien der Reitponyzucht vertreten und ich war sicher, dass er auch ein gutes Exterieur haben würde. Die Farbe war ebenfalls vielversprechend: er trug silver. Das machte ihn umso interessanter für mich. Haach, ich habe wirklich Glück in letzter Zeit – so viele tolle Nachwuchspferde, stellte ich innerlich fest. Allerdings muss ich aufpassen, dass es nicht zu viele werden…

      Mit Honesty machte ich heute übrigens Stangen-Longieren. Ich baute dazu verschiene Kombinationen aus Cavaletti und Trabstangen auf dem Sandplatz auf. Dass es mittlerweile so lange hell blieb, war ideal für uns. Abends herrschte nämlich nicht mehr so viel Betrieb und so konnte sich Honesty besser auf die Arbeit konzentrieren. Sie hatte im letzten Monat enorme Fortschritte gemacht. Mittlerweile konnte ich sie ohne Sattel reiten und wir waren sogar schon zusammen im Gelände gewesen, sowohl alleine als auch mit der Gruppe. Sie verstand sich super mit Phantom, zickte zwischendurch ein wenig mit Matinée, aber die beiden liessen sich bisher am Leben. Sie liess sich inzwischen sogar beim ersten Anlauf einfangen, wenn ich sie von der Weide holen wollte. Darauf war ich besonders stolz. Auch heute führte ich sie wieder zum Putzen vor den Nebenstall – Routine war mir wichtig im Umgang mit ihr. Je besser sie die Abläufe kannte, desto sicherer fühlte sie sich. Ich striegelte und bürstete sie gründlich durch, dann kratzte ich die Hufe aus und kämmte zuletzt das Langhaar. Die kurzgeschnittene beinahe-Stehmähne war wieder ein wenig länger gewachsen und fiel wild auf beide Seiten des gescheckten Halses der Stute. Ich liess sie bewusst wieder etwas auswachsen, denn es stand ihr besser als der kurze Schnitt. Sie hatte einen kräftigen Hals für eine Stute, und die Mähne kaschierte das ein wenig. Als wir fertig waren, führte ich sie auf den Platz und wärmte sie im Schritt auf. Dann schickte ich sie auf die Volte und liess sie Übergänge machen, bis sie schön aufmerksam war. Nun begann ich, sie über die Stangen zu schicken und die Volte auch mal zu verlassen. Dabei musste ich aufpassen, dass die Longe nicht plötzlich zu sehr durchhängte. Honesty war am Anfang etwas hastig, aber mit der Zeit merkte sie, dass die Stangen an Ort und Stelle blieben. Dadurch entspannte sie sich und begann stattdessen, die Beine kontrolliert zu heben – genau so, wie ich es gewollt hatte. Das förderte die Geschicklichkeit und das Gleichgewicht, ausserdem war es hervorragend um allfällige Verspannungen vom Reiten zu lösen. Am Ende schnaubte sie zufrieden ab und ich lobte sie mit Stimme und Karottenstückchen. Zum Ausklingen des Abends ging ich noch eine kleine Runde mit ihr spazieren, wobei sie am Wegrand zwischendurch etwas Gras zupfen durfte. Ich liebte diese Sommerabende. Sobald ich Honesty zurück auf die Weide gebracht hatte, legte ich mich, solange es noch hell war, in die Hängematte und las in meinem Buch weiter, das ich in Schweden angefangen hatte. Jonas kam irgendwann auch raus und brachte mir eine Tasse Tee. Lily spielte mit Jacky und Kater Kafka ärgerte Sheela, indem er immer wieder in ihrer Nähe aus einem Gebüsch schoss und dann schnell genug in die Höhe kletterte, sodass sie keine Chance hatte, ihn zu erwischen. „Eines Tages kostet dich das deinen Schwanz“, stellte ich kopfschüttelnd fest, und fragte mich, ob Moya es sich wieder in meinem Bett gemütlich gemacht hatte. Das drufte sie eigentlich nicht, aber Jonas hatte es versäumt sie zu verscheuchen, während ich in Schweden gewesen war. Seither war sie besonders hartnäckig. Ich war kurz davor, aufzugeben und es einfach zu tolerieren. Bald tauchten die letzten Sonnenstrahlen alles in gelbliches Licht und die langen Schatten verschmolzen zu einem grossen.

      Unter Vierbeinern
      30.06.2020 - 17'426 Zeichen - 11 Pkt.

      Der Morgen begann vielversprechend. Das Training der ersten Vollblüter brachte einen neuen Bahnrekord bei den Vierjährigen, natürlich wie erwartet von Couterfire. Die Fuchsstute hatte ihre eigene Bestzeit von vor zwei Wochen geknackt und gleichzeitig auch die aller unserer bisherigen Vierjährigen auf der hauseigenen Grasbahn. Ich war unglaublich stolz, als sie, noch immer schnaufend, zurück zum Hauptstall kam. Sofort half ich Quinn, indem ich die Stute hielt, während sie vom Rücken sprang, den Gurt löste und die Bügel hochschob. Sobald der Sattel weg war, führte ich Counterfire noch einen Moment herum, bis sich ihre Atmung normalisiert hatte. Dann brachte ich sie zum Waschplatz und spülte den ganzen Schweiss ab. Anschliessend kam sie mit einer Abschwitzdecke in die Führmaschine. Dasselbe machten wir auch mit Dolly, Compliment und den anderen Vierjährigen. Compliment war beim Waschen zappeliger als sonst. Ajith beeilte sich deshalb, damit der junge Hengst nicht zu lange stillstehen musste. Es hatte keinen Sinn, ihn zu massregeln, denn er war nunmal noch aufgedreht vom Training. In der Führmaschine beruhigte er sich aber rasch und lief nach wenigen Augenblicken brav mit dem Gitter vor ihm mit. Ich hatte während des Trainings der Vierjährigen noch Primo verräumt, die ich zuvor selber galoppiert hatte. Die Ikarus-Tochter war gut in Form und zeigte eine stabile Leistung im Training, nicht wie Ciela, die im Moment sehr Launisch schien. Penny war in letzter Zeit ebenfalls nicht ganz auf der Höhe gewesen, aber das hatte damit zu tun, dass sie auf der Weide einen Tritt von Primo kassiert hatte. Ihr Sprunggelenk hinten war ein paar Tage geschwollen gewesen, aber der Tierarzt hatte Entwarnung gegeben und sie war nie Lahm gelaufen. Ich wollte Primo demnächst wieder an ein Rennen anmelden, aber im Moment konzentrierte ich mich ganz besonders auf den dreijährigen Nachwuchs. Karma, Indy und Saphi hatten dieses Wochenende Renntag; heute stand deshalb ein letztes Mal vor dem Rennen intensives Kopf-an-Kopf Training auf dem Plan. Ich übernahm Karma, gleich nachdem wir uns um Counterfire gekümmert hatten. Die grossgewachsene Stute war schon beim Satteln ungeduldig, und auch beim Aufsteigen wurde es nicht besser. Ajith musste mir quasi im Mitlaufen hoch helfen. Ich führte die Gruppe zum Galoppweg an und gab somit auch das Trabtempo unter den Tannen an. Erst nach einer ganzen Runde Trab wechselten wir auf die Grasbahn. Damit der empflindliche Rasen nicht immer an denselben Stellen beansprucht wurde, achteten wir stets darauf, uns gut zu verteilen. Trotzdem war so eine Grasbahn natürlich ziemlich aufwändig instand zu halten. Wir mussten andauernd Löcher Flicken und besonders im Sommer darauf achten, dass das Gras genügend bewässert wurde. Bei anhaltendem Regen oder Bodenfrost im Winter konnten wir die Bahn nicht benutzen und mussten die Pferde entweder anderweitig trainieren oder auswärts auf eine Sandbahn ausweichen. Trotzdem war ich zufrieden mit der Grasbahn, denn sie war schonender für die Pferdebeine und die Vierbeiner mochten sie auch lieber als Sand. Ausserdem waren ohnehin viele der Rennen in England auf Turf. Ich hielt Karma am Anfang zurück, sodass sie gespannt wie eine Bogensehne wurde und zwischendurch frustriert grunzte. Ich ignorierte ihr Getue und wartete, bis die anderen beiden uns eingeholt hatten. Dann liessen wir die drei Stuten ausstrecken. Sie bretterten rhythmisch über den Rasen, bis wir die 1000 Meter Markierung erreicht hatten und uns in den Sätteln aufrichteten. Karma hatte die Nase vorne gehabt. Die Stute hatte durch ihre Grösse einen Vorteil. Oliver und ich waren aber mit der Leistung aller drei Stuten zufrieden. Ich liess Karma austraben, ritt sie gründlich Schritt zum auskühlen und duschte sie anschliessend wiederum ab. Oliver kam auf mich zu, als ich sie in die Führanlage brachte. „I talked to Rick yesterday; he raved over his new water treadmill. Many trainers use them these days.” “Yeah, I read about it, too. Sound pretty darn cool, for sure…”, meinte ich nachdenklich. “You think it is worth considering?“, fragte er unauffällig. „I’d have to create a budget, and think of a place to build such a thing.” “It depends whether you want a round version, like the walker, or just a small treadmill - or a straigt channel.” “I think it would be best to have something straight, where they don’t have to bend. But I don’t like the treadmills, they make even me claustrophobic. I think I’d prefer a channel, then we could also use it for several horses at the same time.” “Good thought. Should I ask around what the other trainers have in their backyards?” “That would be helpful, yes.” Ich hatte schon länger mit dem Gedanken gespielt, eine Art Aquatrainer zu bauen. Natürlich war es eher ein Luxus und keine Notwendigkeit, aber ich fand es eine nette Abwechslung für die Pferde, und richtig eingesetzt war ich sicher, dass es auch durchaus seinen Nutzen haben konnte.

      Nach einer kleinen Teepause kümmerte ich mich um die Ausbildung von Karat. Der Fuchshengst machte sich hervorragend unter dem Sattel. Er war ein fleissiger Schüler, und abgesehen von ein paar schlechten Tagen auch sehr angenehm zu reiten. Nur zwischendurch hatte er seinen eigenen Kopf und konnte dann auch ein wenig ‚bockig‘ werden. Er war wie ein kleines Kind, das eigentlich alles richtig machen wollte, aber sich manchmal selber im Weg stand. Alles in allem machte es grossen Spass, ihm die Welt zu erklären. Beim Putzen spielte er heute gelangweilt mit dem Anbindeseil und verscheuchte zwischendurch überdeutlich all jene Fliegen, die es wagten, sich an seinen fuchsfarbenen Bauch zu verirren. „Vonwegen Bauch – der ist ganz schön rund. Du musst deinen Babyspeck loswerden“, murmelte ich liebevoll, während ich seinen Hals entstaubte. Die kleinen Staubwolken, die sich dabei bildeten, drohten gleich wieder auf seinem Fell zu landen, denn die Fenster des Nordstalls waren alle offen und draussen windete es zunehmend. Ich drehte Karat daher kurzerhand um, sodass der Wind den Staub wegblies. Nachdem ich auch die Hufe ausgekratzt hatte, sattelte ich ihn und führte ihn anschliessend auf den Reitplatz. Es war erst neun Uhr morgens, aber am Horizont zogen dunkle Wolken auf, so dass fast schon eine Art Abendstimmung aufkam. Ich betrachtete die Wolken skeptisch, beschloss aber, dass wir rechtzeitig vor dem Regen fertig sein würden. Durch den Wind war Karat etwas aufgeregter als sonst. Er schritt zügig über den Sand und glotzte in der Gegen herum. Solange wir beim Aufwärmen waren, liess ich ihn machen. Aber sobald ich die Zügel aufnahm, verlangte ich Konzentration von ihm. Karat lief diesmal auch in den höheren Gangarten etwas spannig und übereifrig. Verständlich, nach dem erneuten Temperatursturz von letzter Nacht. Ich machte das Beste daraus und verlangte vorwiegend Lektionen und Figuren, die bremsend wirkten. So zum Beispiel kleine Volten in korrekter Biegung. Am Ende schnaubte Karat jedenfalls zufrieden ab und hob den Rücken schön an. Es begann zu tropfen, also beeilte ich mich mit dem Austraben und ritt dann direkt zum Nordstall zurück. Wir konnten uns gerade noch rechtzeitig unter das Dach zwischen dem Nordstall und dem Neubau retten, dann begann es wie aus Eimern zu schütten. Ich klopfte Karat beruhigend auf die Schulter, als er wegen des lauten Prasselns des Regens auf dem Dach laut schnaufte und den Hals aufrichtete. Lisa und Jason kamen mit den beiden Reitponys Bacardi und Sniper angejoggt. Ich machte ihnen Platz. Sie hatten Pech gehabt und waren nun tropfnass. Bacardi und Karat streckten unbemerkt die Köpfe zusammen und quietschten scharf auf. Ich stellte mich so nebenbei dazwischen und fragte Jason, ob er mit Sniper auch Galoppwechsel geübt hatte. Er bejahte und ich gab ihm ein zufriedenes Daumen-Hoch. Wir warteten ein paar Sekunden, dann hasteten wir ins Innere des Nordstalls. Dort versorgte ich Karat und reichte den beiden Pflegern dann zwei Frottéetücher aus dem Schrank, damit sie sich selbst und die Sättel abtrocknen konnten. „You think they need a rug?“, fragte Jason. „No, it‘s warm enough. No need to pamper them unnecessarily.” Der Regen liess nicht nach, inzwischen hagelte es sogar zeitweise. Ich beschloss, mit Flint weiterzumachen, anstatt in den Nebenstall zu wechseln. Ich hatte die Hoffnung, dass das Gröbste vorüber sein würde, wenn ich ihn fertig geputzt hatte. Der Paint Hengst begrüsste mich mit einem leisen Brummeln. Ich streifte das Halfter über seine rosa Schnauze und band ihn in der Stallgasse an. Lisa hatte das Licht angelassen, weil es draussen so apokalyptisch dunkel war. Ich begann mit dem Gummistriegel und arbeitete mich mit kreisförmigen Bewegungen über den gesamten Rücken und Hals des Hengstes. Er spitzte genüsslich die Lippen und lehnte sein Hinterteil leicht gegen mich. Sein kurzes Sommerfell war pflegeleicht. Den wenigen Staub, der sich darin gesammelt hatte, konnte ich einfach mit der Bürste wegwischen. Danach schimmerten die wenigen dunklen Flecken des Hengstes wieder, und die weissen glänzten ebenfalls ein wenig im Licht der Lampen. Ich holte einen feuchten Schwamm und wusch dem Hengst die Nüstern – Zeit hatte ich mehr als genug, denn der Sturm wütete noch immer. Im Anschluss ölte ich noch gleich die Hufe ein, schnipselte ein wenig an Flints Mäne herum und massierte den Paint Hengst. Ich hatte keine Massage-Ausbildung oder so, aber ich beobachtete sehr genau, wie er auf die verschiedenen Druckpunkte reagierte und passte meine Bewegungen entsprechend an. Jedenfalls machte ich irgendetwas richtig, denn schon nach wenigen Griffen senkte er den Kopf und hing entspannt in den Anbindeseilen. Endlich wurde das Trommeln auf dem Dach sanfter und auch das gelegentliche Donnern von zuvor immer seltener. Ich wagte zusammen mit Lisa einen hoffnungsvollen Blick aus dem Tor. Wir waren uns einig und holten die Pferde; sie hatte nämlich inzwischen Vychahr geputzt. „Mit Woody hätte es gar keinen Sinn, jetzt vernünftig arbeiten zu wollen. Der könnte sich sowieso nicht konzentrieren bei dem Wetter. Ich will heute unbedingt an den Galoppübergängen arbeiten, er braucht dafür immernoch zu lange“, erklärte sie mir beim Zäumen. Wir führten die beiden Hengste zum Tor, zählten bis drei und joggten dann durch den nachlassenden Regen zur Halle. Ich ritt mit Flint diverse Reining-Lektionen, einfach zum Spass und als Abwechslung von den strengen Pleasure- und Horsemanship-Patterns, die wir sonst übten. Ihm machte es anscheinend auch Spass, denn er wurde mit der Zeit etwas übermütig, sodass ich wieder ruhigere Lektionen abfragte und am Ende besonders Schulterherein übte. Vor dem Mittag bewegte ich anschliessend noch Halluzination. Ich liess sie einen einfachen Trainingsparcours springen – just for fun. Sie war so erfahren im Springen, dass es keinen Sinn machte, noch regelmässig mit ihr an der Technik zu feilen. Stattdessen konzentrierten wir uns auf die Motivation und die Erhaltung ihrer Muskulatur. Ich war zufrieden mit ihrer Leistung und sie schien eifrig mitzumachen, obwohl sie beim Putzen etwas herumgezickt hatte. Darren und Diarado übernahmen den Parcours gleich nach uns in ähnlicher Manier, während ich Hallu verräumte und anschliessend Mittagessen kochen ging. Lily hatte am Nachmittag Schulfrei, also konnten wir gleich nach dem Essen zusammen ausreiten gehen. Wir nahmen mit Areion und Reverie die Route zum Fluss. Der jungen Stute tat es gut, so viel wie möglich rauszukommen. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass sie mich etwas veräppelte. Zum Beispiel scheute sie auch diesmal wieder vor der Holzbrücke, obwohl wir diese mittlerweile bestimmt schon zwanzig Mal überquert hatten, und es die letzten Dreimal kein Problem gewesen war. Ich begegnete der jungen Stute jedoch trotz allem mit der nötigen Geduld und erklärte ihr erneut, dass die Planken stabil genug waren. Am Ende glaubte sie es mir unter anderem Dank Areion, der brav vorausging. Lily und ich plauderten über die letzten paar Turniere, besonders aber über Ravissantes hervorragenden zweiten Platz im Synchronspringen mit einer Warmblutstute namens Maleficient. Sie machte sich langsam wirklich gut als Springpferd, wobei unser Hauptziel aber noch immer Military war. „Und wann reitest du Solas, Clooney und Chia endlich ein?“, fragte Lily frech. „Bald. Im Moment habe ich zu viel andere Baustellen, ausserdem eilt es nicht. Es reicht, dass wir Chime dieses Wochenende in den Hauptstall bringen. Bin gespannt, wie sie sich unter dem Sattel machen wird.“ „Ich auch.“ Chime sah so gut aus wie noch nie. Sie war nachwievor dünn, aber sie hatte einen Wachstumsschub hinter sich und besonders ihre Brust war etwas breiter geworden. Es sprach auch laut Tierärztlicher Abcheckung nichts dagegen, sie nun schohnend auszubilden. Ob ich sie auf die Rennbahn lassen wollte, wusste ich jedoch noch nicht so genau. Es kam ganz darauf an, wie sie die ersten Trainings vertrug.

      Nachdem wir zurück auf dem Hof waren, ging ich gleich erneut mit einer Gruppe auf einen Ausritt – diesmal eine ganze Horde Reitponys. Lea, Ruth, Sheridan und Alec, Angelinas Sohn, kamen mit Silver, Sweets, Bluebell und Cinni mit. Ausserdem waren Lily und Suri mit Skydive und Scoot dabei. Ich selber ritt Shira. Scoot zockelte brav neben Skydive her, doch der Schein trügte: das Pony hatte es faustdick hinter den Ohren. Während sie in der Halle meistens willig mitmachte und sich benahm, zeigte sie draussen oft etwas mehr Leben und war im Galopp mit Suri sogar schon zweimal durchgebrannt. Deshalb trug Suri mittlerweile auch einen Rückenprotektor – Anweisung ihres Vaters. Ich war zuversichtlich, dass das Mädchen bald lernen würde, ihr Pony besser zu kontrollieren. Die beiden mussten sich nur zuerst finden und zu einem Team werden. Angst schien Suri nicht zu haben, oder sie liess es sich nicht anmerken. Lily unterstützte sie tatkräftig; die beiden verbrachten oft ganze Abende nach der Schule bei den Ponys und ich hatte sie sogar schon bei zusätzlichen Balanceübungen, zum Beispiel über Trabstangen, erwischt. Ich musste dann jeweils über den jugendlichen Enthusiasmus schmunzeln. Wir liessen es uns nicht nehmen, die Pferde zum Flussufer zu reiten und kurz bis zu den Karpalgelenken ins Wasser zu waten. In der Gruppe gingen auch alle ohne übermässiges Zögern mit hinein. Sweets stampfte und spritzte alle um sie herum nass. Nach unserer Rückkehr kümmerte ich mich noch um Yoomee. Ich longierte die Stute im Roundpen, wobei ich versuchte, unsere gemeinsame Körpersprache weiter zu verfeinern. Lisa ritt mit Nimué vorbei – sie war auf dem Weg zur Galoppwiese. Ich wünschte ihr einen schönen Ritt. Mir fiel auf, dass bei den Fohlen Unruhe herrschte, also unterbrach ich die Arbeit mit Yoomee kurz, um Lewis zu holen. Erst, als wir bei den Weiden ankamen, wurde klar, was die Ursache war: Lyskra war ausgebüxt. Die Jährlingsstute hatte wohl irgendwie das Weidetor geöffnet, oder jemand hatte es offengelassen – jedenfalls war sie auf der falschen Seite des Zauns. Erstaunlicherweise hatten Chime, Charivari und Chia ihre Chance nicht gepackt und waren im Inneren der Weide geblieben. Die Junghengste sahen gespannt zu, wie wir die Isländerstute wieder einfingen – zuvorderst Louvi, der sogar einmal laut wieherte. Drüben auf der Stutenweide schien die Vorführung ebenfalls Anklang zu finden. Viele neugierige Pferdeköpfe drängten sich an den Zaun. „Man könnte meinen, euch allen sei langweilig“, murmelte ich kopfschüttelnd. Die jungen Fohlen schienen weniger interessiert. Baila, Pinot, Riot und Rune lagen allesamt im Gras und dösten. Einzig Dahu stand neben ihrer Mutter glotzend am Zaun. Murphy konnte ich auf den ersten Blick gar nicht sehen, aber dann bemerkte ich einen fuchsfarbenen Fohlenschweif und ein paar lange Stelzenbeine hinter Chanda. Seine eigentliche Mama graste etwas abseits. Faro und Feline waren im hintersten Teil der Weide mit Grasen beschäftigt. Sobald Lyskra wieder sicher hinter dem Zaun war, konnte ich mich wieder Yoomee widmen, die inzwischen ein Sandbad im Roundpen genommen hatte.

      HMJ Honesty war heute ein kleiner Wildfang. Wir hatten den ersten schlechten Tag seit langem, und es ging so weit, dass sie mich herunterbockte. Ich liess mich davon nicht entmutigen, denn Rückschritte gehörten nunmal mit zum Training. Aber ich beschloss, die nächsten paar Tage wieder etwas mehr an den Grundlagen zu arbeiten, denn ich vermutete, sie mit der heutigen Aufgabe ein wenig überfordert zu haben. Ich hatte ein paar Gymkhana Gegenstände aufgestellt, darunter die Blache, die sie so schrecklich unheimlich fand. Ich führte sie nach meinem Sturz vom Boden aus darüber, ehe ich noch einmal aufstieg und sie darüberritt. Danach liess ich es gutsein und lobte sie. Ich wollte mit einem guten Erlebnis aufhören.

      Gegen Abend gab ich Lily, Robin und Lea Reitstunde, auf Fake, Cambria und Ljúfa. Danach musste ich nur noch Summertime bewegen, bevor ich für heute Feierabend hatte. Für sie holte ich tatsächlich nochmal ein paar Trabstangen und Cavaletti hervor, damit wir ein paar Trail Übungen machen konnten. Am Ende des Tages liess ich mich erschöpft aber glücklich in meine Hängematte im Garten fallen. Jonas kam zu mir und gab mir einen Kuss. Ich zog ihn näher heran, bis er sich ebenfalls vorsichtig in die Hängematte setzte. Zum Glück hielt sie, sodass wir ungestört kuscheln und den Abend geniessen konnten, während Lily mit Kafka auf dem Rasen ein Feder-Angelruten-Spiel spielte.

      Militarytraining
      30.09.20 - 10'718 Zeichen - 8Pkt.

      Es war ein perfekter Tag für Militarytraining. Wir fuhren extra auf das Trainingsgelände in der Nähe, damit die Pferde auch mal anderes sahen als die Hauseigenen Hindernisse. Dabei hatte ich HMJ Honesty, Cambria, Reverie und Karat. Später wollte ich noch eine Zweite Gruppe mit jungen Vollblütern trainieren, aber zuhause - die hatten nämlich ohnehin noch kaum Erfahrung mit Naturhindernissen. Wie üblich ritt ich Honesty, während Lisa sich um Karat kümmerte, Darren Reverie und Robin Cambria übernahm. Wir hatten diesmal sogar einen externen Coach, denn wir ritten in einer Art vierwöchigen Kurs mit. Jeweils Dienstags trainierte unsere Gruppe. Mit dabei waren auch ein paar andere Reiter aus der Umgebung, ich kannte sie aber allesamt nicht. Wir hatten nun schon zum dritten Mal Kurs, und Honesty wurde von Mal zu Mal mutiger. Aber auch Reverie liess sich schon viel besser auf die vielseitigen Hindernisse ein als zu Beginn. Heute begannen wir mit der Bank, wobei wir zuerst die niedrigste Stufe erklimmten und uns erst im weiteren Verlauf auch an die Treppe und schliesslich an den hohen Auf- und Absprung wagten. Honesty zögerte beim Abspringen, aber das war nicht verwunderlich. Ich liess ihr so viel Zeit wie sie brauchte - mir war lieber, dass sie sich alles genau ansah und vorsichtig ihre Schritte plante, anstatt blind draufloszurennen und sich zu verletzen. Nach der Bank mussten wir jeweils weiter auf ein paar einfache Baumstämme. Als alle aufgewärmt waren, wechselten wir auf den hinteren Teil des grossen Springgartens, wo ein paar interessante Gatter und Hecken aufgebaut waren. Das eine weisse Gatter bereitete besonders vielen Pferden der Gruppe Mühe. Alle bis auf Cambria parkierten beim ersten Versuch davor. Unsere Cymru glotzte bloss und sprang etwas früher ab. Ihr zweifarbiger Schweif wehte elegant hinter ihr her. Sie war als Eventing Pferd ein richtiger Blickfang mit ihrer speziellen Scheckung. Gut, das war sie natürlich auch sonst. Die eine der fremden Reiterinnen hatte ein ziemlich guckiges Pferd, das zusätzlich auch noch geladen wirkte. Sie hielt sich meiner Meinung nach zu sehr an den Zügeln fest, aber ich überliess es dem Coach das zu korrigieren und mischte mich nicht ein. Bei Darren hingegen konnte ich mir ein "Keep your legs back" nicht verkneifen, als er beim Warten neben mir durchritt. Karat ging meistens schön flüssig über die Hindernisse und hatte auch mit dem Wasser keine Mühe. Wir übten sowohl Ein- als auch Aussprünge aus dem Teich. Honesty bevorzugte letzteres. Beim Einspringen über den Birkenstamm zögerte sie jedes Mal ein wenig. Ich war dennoch zufrieden mit ihrer Leistung und war besonders stolz, als sie den Graben diesmal gleich beim ersten Versuch übersprang. Die letzten zwei Male hatten auch hier fast alle Pferde gezögert und Überwindung gebraucht. Wir übten die Hindernisse jeweils so lange, bis die Pferde sie übersprangen - je nach Zeit auch zweimal. Danach fuhren wir aber jeweils mit neuen Aufgaben fort, sodass wir möglichst viel Verschiedenes ausprobieren konnten. Das passte offenbar nicht allen Kursteilnehmern. Als der Coach am Ende der Stunde nach Feedback fragte, meinte die eine der Fremden Reiterinnen, sie hätte den Kurs bisher nicht zufriedenstellend empfunden und wünschte sich mehr Wiederholungen, bis die Pferde flüssig über die Hindernisse gingen. Eine weitere Teilnehmerin stimmte ihr zu. Diesen "Perfektionismus" konnte ich nicht nachvollziehen, zumal es doch den Pferden auch irgendwann verleidete, dasselbe allzu oft zu wiederholen. Ich wollte lieber viele verschiedene Hindernisse meistern, als den Pferden ein paar wenige einzutrichtern. Dafür blieb schliesslich auch nach dem Kurs in Eigenstudium noch mehr als genügend Zeit; mal abgesehen davon, dass die weiteren Teilnehmer wegen dieser Perfektionisten unnötig lange warten müssten. Ich brachte das auch dementsprechend zum Ausdruck als ich an der Reihe war - natürlich stets bedacht, die Kritik als "meine Meinung" zu kennzeichnen, um niemandem zu nahe zu treten. Aber anscheinend war mir das trotz aller Sorgfalt misslungen - jedenfalls erklang eine bissige Stimme hinter mir, als ich Honesty beim Anhänger absattelte. "Did anyone ever tell you, that it is a rule to have hind-leg boots in Cross Country? And a breastplate as well. Everything else is downright dangerous." Ich stockte einen Moment angesichts der plötzlichen Feindseeligkeit, antwortete dann aber cool: "No, I haven't heard of that. Thanks for your concern." Ich beschloss insgeheim aussen vor zu lassen, dass ich seit Jahren Cross Country ritt und das Reglement kannte. Es gab meines Wissens nach keine entsprechende Regel, besonders nicht in den tieferen Klassen. Es gab hingegen durchaus Diskussionen über die Gefährlichkeit von Hinterbeingamaschen bei festen Hindernissen, bezüglich dem Hängenbleiben und dadurch ausgelösten Stürzen. Ich erkannte aber, dass es keinen Sinn hatte, ihr all dies unter die Nase zu reiben. Das interessierte sie nämlich gar nicht. Ich wettete, dass sie mich bloss angeblafft hatte, weil ich sie eben zuvor mit meinem Statement in Rage versetzt hatte. Ich lächelte zuckersüss und brachte Honesty zum trocknen zu den anderen unserer Stallkollegen, wo sie noch ein wenig grasen durfte. Über das bissige Verhalten konnte ich nur kopfschüttelnd grinsen.

      Den zweiten Teil des Trainings begannen wir wie geplant gleich nachdem die ersten paar Vierbeiner wohlbehalten zurück in ihre Boxen gefunden hatten. Die neue Gruppe war riesig: 14 Pferde, allesamt grüne Anfänger mit Naturhindernissen - bis auf Dolly, die sogar schon ihren ersten Sieg im Cross Country nachhause gebracht hatte. Ich freute mich darauf, mit dem schicken Rappen Cupid zu trainieren. Der junge Hengst hatte genau die Art von Charakter, die ich am liebsten mochte: eine grosszügige Portion Power aber dennoch einen klaren Kopf, ausserdem eine leichte Neigung zum bluffen. Das gab ihm eine tolle Ausstrahlung und unterstrich seinen eleganten Körperbau schmeichelhaft. Er konnte schon beim Putzen im Hauptstall kaum stillhalten und spielte gelangweilt mit den Anbindeketten. Immerhin gab er brav seine Hufe und zappelte dabei nicht so herum wie beim Striegeln. Er verlohr schon etwas Fell - "der Winter naht", rief Jonas in beschwörerischem Ton, als er zu uns kam. "Welchen soll ich nehmen?", fragte er anschliessend. Er sprang kurzerhand für Charly ein, weil der einen Notfall mit seiner Katze hatte. "Du nimmst Scat." "Das Angsthäschen? Warum kriege ich nicht einen mutigen, wie Snap?" "Sieh es als Herausforderung. Wenn du mit ihm klarkommst dann werden alle beeindruckt sein, inklusive mir." Er machte ein eingeschnapptes Gesicht. "Wow, das klingt, als hättest du nicht gerade viel Vertrauen in mich." Ich kicherte und meinte nur "Ach mein armes Schäfchen, du hast doch sonst auch genug Selbstvertrauen." Er gab mir einen Kuss, dann holte er Scat aus seiner Box. Der Schimmel hatte für einen kleinen Moment genau die gleiche Ausstrahlung wie seine Mutter Iskierka; nämlich in dem Moment, als er beim Kreuzen mit dem bereits angebundenen Mambo die Ohren plattlegte. Ich rollte die Augen. *Ob es wohl eine gute Idee gewesen ist, ein Fohlen von dem Biest auf diese Welt loszulassen?* Die Frage beantwortete ich mir aber mit einem klaren Ja, denn ich mochte Iskierka trotz allem sehr gerne, und ihr Siegeswille, durch ihren unheimlichen Stolz genährt, war kaum zu übertreffen. Ich konzentrierte mich wieder auf Cupid und kämmte dessen schwarzes Langhaar durch. Der Schweif hatte beim Ansatz seitlich etwas hellere Haare, sodass sich fast eine Art Aalstrich bildete. Ich fand das so schick, dass ich die Stränen immer extra vorsichtig durchkämmte, um nichts Auszureissen. Cupid verstand meine Faszination nicht und wischte ungeduldig mit dem Schweif. Ich sattelte ihn und legte ihm die Knebeltrense ins Maul, die ihm bessere seitliche Begrenzung bot aber nicht schärfer war als eine gewöhnliche einfach gebrochene Trense. Dann führte ich ihn nach draussen zum Aufsteigen. Quinn und Mambo folgten direkt hinter uns, Isaiah und Capy wenig später. Bereits draussen standen die Stuten, Thalia, Star, Riptide, Karma, Saphi, Indy, Dolly und Northy. Als auch die Nachzügler Snap in Style, Victory und Snap Cat rauskamen, ritten wir alle gemeinsam in einer braven Zweierreihe zur Ovalbahn. Der Plan war, dass pro Hindernis zwei Pferde gemeinsam übten und dann zum nächsten weitergingen. Cupid und ich begannen mit Idris und Karma direkt mit dem Wasser. Zuerst zeigten wir es ihnen und ritten sie eifach nur ein paarmal hindurch. Erst danach begannen wir den kleinsten der drei Baumstämme als Aussprung zu nehmen. Cupid stolperte beim ersten Versuch unelegant darüber, war danach aber aufmerksamer und hob seine Füsse geschickter. Er war wohl zu abgelenkt gewesen von der hübschen braunen Stute, die vor ihm so mühelos davonhüpfte. Wir übten nach einer Weile denselben Baumstamm auch als Einsprung. Dann ging es zügig weiter zur Hecke. Wie bei jedem Hindernis ritten wir beim ersten Mal aus dem Trab an und liessen die Pferde das Hindernis anschauen, wenn sie nicht direkt drübersprangen. Bei der Hecke brauchten beide einen zweiten Anlauf, danach war sie dafür kein Problem mehr. Wir machten im selben Stil weiter mit Bank, diversen Baumstämmen, einem Gatter und dem Graben. Ich war konzentriert und bekam nicht viel vom Training der anderen mit, aber einmal sah ich Jonas und Scat durchs Wasser galoppieren. Und auch Capy war wie erwartet bei den Wassersprüngen mit Begeisterung dabei. Gar nicht gut lief es allerdings wenig später bei Victory. Der Hengst sprang bei einem Birkenstamm zu spät ab und fiel quasi darüber. Sowohl er selbst als auch seine Reiterin April landeten unsanft im Gras. Als Vic wieder aufsprang, humpelte er vorne links - und er hatte sich die Gamasche ausgezogen. "That doesn't look too good... We better call the vet right away." Jonas telefonierte rasch, die übrigen begannen mit dem Trockenreiten. Unfälle konnten immer passieren, aber ich war trotzdem nie wirklich darauf vorbereitet. Der Tierarzt kam erst, als wir alle Pferde versorgt hatten. Wir hatten Vics Bein lange und gründlich gekühlt. Trotzdem war schon jetzt eine deutliche Schwellung beim Röhrbein zu sehen. Als der Tierarzt das Bein abtastete, kreuzte ich die Finger und murmelte "bitte nicht die Sehne", doch eigentlich war der Fall ziemlich klar. Der Tierarzt wollte es sich noch mit dem mobilen Röntgengerät ansehen, aber er meinte jetzt schon, dass der Hengst sich vermutlich unglücklich hineingetreten hatte. Eine Stunde später stand fest, dass Victory wohl keine Militarykarriere machen würde, und ich entschied zu seinem Wohl, dass er sich erstmal auf einer Weide erholen sollte, nachdem die Sehne genügend verheilt war.

      Ein Italiener, ein Franzose und ein deutscher Isländer
      25.10.2020 - 25'065 Zeichen - 17 Pkt.

      Der Herbst war schneller gekommen als erwartet. Fast von einem Tag auf den anderen waren die Temperaturen abgesackt und nachts sogar in den einstelligen Bereich gefallen. Für die ganze nächste Woche war ausserdem bereits eine Regenfront angekündigt, die das typische englische Wetter komplettieren würde. Ich war an diesem Morgen extrem motiviert. Schliesslich erwartete ich heute drei Neuankömmlinge - allerdings war nur einer davon mein Eigen. Das Isländerstutfohlen Thota, das aus Deutschland herreiste und hoffentlich Lyskras neue Spielgefährtin werden würde. Ich hatte sie bei einer guten Kollegin erworben, aus deren Zucht auch Meakja stammte. Ihre Ankunft war auf ein Uhr nachmittags angesetzt, aber ich befürchtete, dass sie noch etwas länger in der Kontrolle am Flughafen feststecken würde. Mit etwas Glück würde heute ausserdem Maekjas Fohlen zur Welt kommen. Darauf war ich besonders gespannt. Meine erste Amtshandlung an diesem Morgen war wie immer die rasche Kontrollrunde um Sechs Uhr, bevor ich dem Training der Vollblüter beiwohnte. Es war alles ruhig auf dem Hofgelände. Mittlerweile war es wieder stockdunkel so früh morgens und ich stolperte fast über Kafka, der mir beim Eingang zum Stutenoffenstall um die Füsse schlich. Er fauchte, und ich fauchte fast zurück - "Doofes Vieh, pass doch auf! Du siehst besser als ich." Er trottete mit angelegten Ohren durchs halbhohe Gras davon. Ich schob das Tor auf und begrüsste die gespitzten Ohrenpaare, die sich mir zuwandten. "Hey girls! Did you sleep well?" Shadow brummelte mir zu, richtig niedlich. Ich warf rasch einen Blick über die Gruppe, selbstverständlich sofort Maekja suchend. Sie döste jedoch nur ganz entspannt neben HMJ Honesty. Die beiden Fuchsschecken passten eben zueinander. Ich spazierte leicht enttäuscht aber zufrieden weiter zu den Fohlenweiden. Es war neblig, wie so oft angesichts unserer flussnahen Lage. Irgendwo in der Ferne rief ein Rabe, sonst herrschte verschlafene Stille. Ich mochte diese geheimnisvollen Morgenstunden. Im Herbst wie jetzt waren sie umso spezieller. Die Bauarbeiten an unserem neuen Trainingsschwimmbecken, das ich anfangs Sommer in Auftrag gegeben hatte, waren beinahe abgeschlossen. Im Moment härtete noch der Spezialbelag an den Innenseiten des Beckens vollständig aus, danach musste nur noch das Wasser eingelassen und die Heizung getestet werden. Ich freute mich darauf, zum ersten Mal die Vollblüter hindurchwaten, und natürlich auch schwimmen zu lassen. Wenn alles klappte, würde es in einer Woche so weit sein. Bei den Stutfohlen angekommen, öffnete ich auch dort das Tor. Die Jungpferde begrüssten mich etwas stürmischer. Sie freuten sich wie fast jeden Morgen darauf, raus zu dürfen – es konnte gar nicht schnell genug gehen. Ich wartete, bis sie nacheinander an mir vorbeigelaufen waren. Sobald sie Gras unter den Füssen hatten, trabten die meisten an und Lyskra hörte ich sogar übermütig quieken. Ich kicherte amüsiert und setzte meinen Weg zu den Miniature Horses und schliesslich zu den Hengstfohlen fort. Dort verleitete mich Verdi zum Augenrollen. Der goldfarbene Jüngling drängelte sich ungeduldig neben Murphy vorbei und rutschte prompt auf dem Nebelfeuchten Gras aus. Er fiel auf seinen Allerwertesten, strampelte sich verdutzt wieder hoch und stand dann einen Moment still, ein besorgtes Grunzen von sich gebend. Als er danach den anderen im ruhigen Schritt hinterschritt, konnte ich immerhin keine Lahmheit feststellen. „Nix passiert“, murmelte ich schulterzuckend. Man sah vom Hauptstall durch den Nebel nur ein schwaches Licht – darauf steuerte ich zu. Die Jockeys hatten bereits begonnen, ihre Pferde rauszuholen und in den Putzständen oder in der Stallgasse anzubinden. Wir hatten die Gruppen wieder geringfügig umorganisiert, da wir mittlerweile mit Isaiah und Idris um zwei Rennreiter reicher geworden waren und nun mehr Vollblüter gleichzeitig trainieren konnten. Die erste Gruppe heute bestand aus unseren erfahrensten Rennpferden. Dazu zählte auch mein Liebling Winter. Ich ritt allerdings nicht ihn, sondern hatte diesen Monat Caspian zugeteilt bekommen. Der zu klein geratene Schimmelhengst wartete schon sehnsüchtig auf seine Begrüssungs-Karottenhälfte. Ich streifte ihm sein hell-blau-grünes Plüschhalfter über und brachte ihn in die Stallgasse. Er hielt inne um die Nase mit Winter zusammenzustecken. Ich zupfte sanft am Halfter, um ihn an meine Absichten zu erinnern. Winter musste im nächsten Moment sowieso für Quinn herhalten. Die beiden besetzten den vordersten der Putzstände. Wir plauderten während dem Bürsten ausgelassen. Gesprächsstoff gaben die Ideen für die diesjährigen Halloween-Turniere. Jedes Jahr veranstalteten diverse Reitställe in der Nähe kleinere Wettkämpfe wie Kostümspringen oder Patrouillenritte im Dunkeln. Wir nahmen immer gerne teil, denn es war nebst dem Spass eine gute Übung gerade für junge, noch unerfahrene Vierbeiner. Isaiah schlug vor, Odyn eine Kürbis-Grimasse auf den Po zu malen – die Idee gefiel mir ganz gut. „That would make his big butt stand out even more“, stellte ich amüsiert fest. Ein kleiner Tumult entstand, als Charly mit Raver nach dem Satteln an Gleam of Light vorbeiwollte. Der Schwarzbraune legte drohend die Ohren an und bewegte seine Hinterhand bereits in Richtung seines eigentlichen Weidekumpels. Ich vermutete aber, dass keine echte Aggression dahintersteckte, sondern das Theater nur Dominanzgehabe war. Light liess sich zumindest von Rita, die ja nun wirklich nicht die kräftigste war, einfach davon abhalten, Raver einen Tritt zu verpassen. Auch ich zäumte Spy noch rasch, dann konnten wir ebenfalls nach draussen verschieben und zum Aufsteigen hinstehen. Ajith half mir in den Sattel. Als auch alle Stuten der Gruppe ready waren, konnten wir gemeinsam zur Bahn reiten und uns aufwärmen.

      Die zweite Gruppe beobachtete ich nur, nachdem alle schwitzenden Pferde der ersten in der Führanlage beim Trockenlaufen waren, von den Rails aus. Ich hatte keinen von den sechs- und siebenjährigen auf meiner Monatsliste, dafür bei den dreijährigen Cupid. Der Rappe war voller Tatendrang und zappelte schon beim Putzen herum. Als er auch beim Hufegeben nicht stillstehen konnte und mir den Fuss die ganze Zeit wegzog, verlor ich allmählich die Geduld. „Knock it off!“, rief ich aus, und gab ihm einen Klaps auf die Schulter. Ich wusste, dass es vermutlich nichts bringen würde, aber ich war eben doch auch nur menschlich und bildete mir gerne ein Cupid verstünde ganz genau, was ich von ihm wollte. Erstaunlicherweise liess er mich die Hufe danach zuende auskratzen, wenn auch ungeduldig. Das bisschen Winterfell, das der Rappe mittlerweile hatte, fühlte sich samtig an, lud sich aber durch die Berührung mit meinem Faserpelz elektrisch auf. Dadurch blieb der Staub noch mehr daran kleben. Ich gab es rasch auf, ihn ganz sauber bekommen zu wollen und holte einfach den Trainingssattel. Sein Halbbruder Capoeira hatte eine etwas praktischere Farbe, fast gleich wie die Mutter der beiden. Dafür sah man auf Capys Fell sofort Gras- oder Mistflecken. Die optimalste Farbe, überlegte ich während dem Zäumen, ist immernoch ein normales Hellbraun. Oder etwas stark gemustertes, wie bei Cryptic – oder noch besser, Mambo. Bei so vielen Sprenkeln fällt ein bisschen Dreck gar nicht mehr auf. Sprenkel hatte auch die hübsche Rappstute, die ich als erstes erblickte, als ich Cupid rausführte. Allerdings nur auf dem Hinterteil. „Star still has a little mud on her legs“, bemerkte ich tadelnd. Rita entschuldigte sich: „I had to hurry – everyone else was already tacking up…“ „Take your time next time. It’s no good to hurry with horses, especially not young ones.” Wir stiegen auf und ritten abermals zum Galoppweg. Beim Aufwärmen legte sich Cupid bereits kräftig aufs Gebiss, sodass ich versuchte, die Trense immer ein wenig in Bewegung zu halten. So konnte er sich nicht zu sehr abstützen und musste sich selbst tragen. Als netter Nebeneffekt lief er nach einer Weile schön durchs Genick. Wir wechselten auf die Grasbahn und in einen leichten Canter. Cupid zog seine Beine dankbar aus, als ich ihn losliess und das Intervalltraining startete. Er arbeitete über unsere gesamte Trainingsdistanz konzentriert mit, sodass ich ihm das Gezapple von Anfang ohne weiteres vergab. Die elegante, dunkelbraune Stute Riptide, die nun fast ein Jahr auf Pineforest lebte, zog mit kraftvollen Sprüngen an uns vorbei, als ich Cupid abbremste. Das passte ihm gar nicht, und er schüttelte wütend den Kopf. Ich gab ihm eine auffordernde Parade am Zügel, damit er sich wieder einkriegte. Riptide und Parker bremsten ohnehin auch längst ab, also gab es überhaupt keinen Grund zur Aufregung. Cupid gab erst ganz Ruhe, als wir neben den beiden zurücktrabten. Vermutlich hatte ihn nicht die Tatsache aufgebracht, dass Rip ihn überholt hatte, sondern eher dass sie ohne ihn davongelaufen war. „This little Stallion here wants to keep his mares together, it seems”, erklärte ich Parker augenrollend. “Forgive him. He is handsome, and he knows it.” Ich kicherte amüsiert. Wir sammelten uns beim Durchgang zu den Ställen und ritten dann im Schritt zurück. Ajith holte gerade noch Caligari aus der Führanlage, damit diese frei war für unsere Gruppe. Ich nahm Cupid blitzschnell den Sattel ab, tauschte sein Zaumzeug gegen ein gepolstertes Halfter und brachte ihn ins Karussell. Dann versorgte ich in aller Ruhe die Ausrüstung, während die übrigen Jockeys die letzte Gruppe vorbereiteten. Ich legte jeden Sattel fein säuberlich auf seinen Platz, tauschte wo nötig die Satteldecken aus und säuberte die schlammig besprenkelten Lammfellgurten. Auch die Trensen wusch ich und hängte sie dann alle ordentlich auf. Die Pflege der teuren Ausrüstung war wichtig für deren Langlebigkeit. Beim Vorbeigehen streichelte ich Straight Alignment, den grossen Stromer-Sohn mit dem freundlichen Gesicht. Er war kein aktives Rennpferd wie sein Bruder Strolch, der gerade in der Stallgasse gebürstet wurde, aber dafür wurde er im Military ausgebildet und machte sich dort ganz gut. Er musste bei manchen Aufgaben noch etwas mutiger werden, aber er gab sich Mühe und machte auch in der Dressur keine schlechte Falle. Durch seine Grösse wirkten seine Bewegungen imposanter, was wiederum hilfreich war und den Richtern jeweils gefiel. Ich persönlich bevorzugte aber eher kleinere Reittiere – die waren unter anderem zum Aufsteigen deutlich angenehmer. Snap steckte mir seine weiche, grau-rosafarbene Schnauze entgegen, als ich mich unter seinem Anbindeseil durchducken wollte. „Jaa, du bist ein ganz lieber“, murmelte ich und hielt einen Moment inne. Er erinnerte mich irgendwie an Rosenprinz in dessen Anfangszeit als Rennpferd. Die beiden hatten einen ähnlichen Charakter, aber auch die Farbe war ziemlich dieselbe. Nur dass Snap ein wenig ‚wildfarbener‘ war, wie ich zu sagen pflegte. Sein Fell war heller als das von Rosenprinz es je gewesen war, und er hatte sogar leichte Zebrastreifchen an den Beinen, was eigentlich für einen Buckskin atypisch war. Manchmal hielt die Natur sich eben nichteinmal an ihre eigenen Regeln. Andererseits hatte ich erst kürzlich von einem non-dun1 Gen erfahren, das scheinbar genau solche falschen Dun-Abzeichen auslöste. Cupid hatte das mit ziemlicher Sicherheit, denn wenn man genau hinsah, waren die seitlichen Haare bei seiner Schweifrübe leicht aufgehellt und man erkannte je nach Fellwechsel einen feinen Aalstrich. Ich wollte ihn irgendwann darauf testen lassen, aus reiner Neugier. Vielleicht würde ich dann Snap gleich mittesten. Nun wechselte ich aber erstmal in den Stutentrakt, um zu sehen, wie weit die Jockeys dort waren. Daedra und Thalia wurden gerade gesattelt, die anderen sahen auch fast ready aus. Ich klopfte Daedra auf deren muskelbepacktes Hinterteil und setzte meinen Weg zufrieden Summend fort. Für mich wurde es jetzt Zeit, den ersten Neuankömmling in Empfang zu nehmen. Der Transporter liess allerdings noch einen Moment auf sich warten, weshalb ich mir in der Zwischenzeit eine Tasse Tee gönnte. Lily war unterdessen auch aus den Federn gekrochen und hatte sich in die Schule gezwungen. Jonas ritt vermutlich gerade Circus Dancer in der Halle, ich hatte jedenfalls vorhin gerade noch etwas Weisses hinter der Ecke des Nebenstalls verschwinden sehen. Ich schlürfte also ganz alleine aus der Tasse, wenn man die Hunde ausser Acht liess, die mich wachsam beobachteten, weil ich in der Küche herumlief. „You’ve already had your breakfast“, stellte ich klar, aber Sheela packte dennoch den perfektesten Bettelblick aus, den sie hinbekam und fiepte ganz leise. Ich liess mich nicht erweichen. Auch Moya schlich mir um die Beine. Ich hob sie auf meinen Arm und kraulte sie. Am Anfang hätte sie dies nie toleriert, aber mittlerweile liess sie sich von mir nur allzugerne streicheln und verwöhnen. Sie war zu einer richtigen Wohnungskatze mutiert, besonders jetzt, wo es draussen vermehrt kalt und nass war. Offenbar waren ihr die Vorzüge der geheizten, überdachten Wohnung mit dem ständigen Futterangebot bewusst geworden. Am liebsten sass sie auf meinem Schoss während ich Papierkram erledigte, oder wenn ich auf dem Sofa ein Buch las. Auch wenn wir abends einen Film schauten fehlte sie nicht. Bei Lily ging sie allerdings nie auf den Schoss, immer nur bei mir oder selten bei Jonas. Ein Blick aus dem Fenster verriet mir kurz darauf, dass der Transporter vorgefahren war. Ich schnappte meine Jacke und liess die Tasse stehen. Hinter dem Transporter fuhr ein silberner PW her, in dem die Besitzer des Ponys sassen, das gerade hergebracht worden war. Neue Pensionäre. Es handelte sich um ein Mädchen im selben Alter wie Lily. Sie hiess Anna, und ihre Mutter Sibylle war eine von den Müttern, die ihre Töchter bedingungslos förderten. Von dem, was ich bisher mitbekommen hatte, wäre Sibylle früher wohl selber gerne Turniere geritten, es war ihr jedoch aus irgendeinem Grund verwehrt geblieben, sodass sie nun stattdessen alles in die Reitkarriere ihres Töchterleins steckte. Mich kümmerten die Angelegenheiten dieser Leute eigentlich nicht besonders; alles was für mich zählte, war das teure französische Sportpony, das in dem Transporter wartete und in wenigen Augenblicken seine neue Box auf Pineforest beziehen würde. Der Fahrer und ich luden das Tierchen aus: ein hübscher Wallach, dunkelbraun mit hellem Schweif – also vermutlich Silver-Einfluss. Ich musterte ihn natürlich sofort genauer, als er auf dem Parkplatz stand und Anna seinen Strick übernahm. Er sah gut aus, etwas überbaut hinten und ein wenig Unterhals, aber immerhin kräftig und sein Fell glänzte schön. Meiner Meinung nach hätte er noch mehr Rückenmuskeln vertragen für ein Pony, das scheinbar 1.10 Meter sprang. Aber sie hatten ihn sowieso erst seit kurzem importiert und begannen gerade erst zusammenzuwachsen. Ich lief mit ihnen zur freien Box im Ponystall gleich neben dem Nordstall. Sie wussten bereits wo alles war, denn sie waren ja im Voraus vorbeigekommen, um sich alles anzusehen. Ich zeigte ihnen noch, wo sie ihre Ausrüstung verstauen konnten, dann liess ich sie in Ruhe ankommen. Anna hatte Freude an Lindwedel, der neugeirig seinen Kopf reckte, um ihr Pony Bayou zu begrüssen. Suri würde wie auch Lily erst am Nachmittag nach der Schule Zeit für die Ponys haben. Ich kümmerte mich bis zu Thotas geplanter Ankunftszeit um Co Pilot. Der Schecke hatte etwas Dressurarbeit nötig. Er war letztens regelrecht verwöhnt worden – dreimal nacheinander waren wir draussen im Gelände gewesen. Heute wollte ich ihn mit Seitengängen und Galopp-Schritt-Übergängen gymnastizieren. Er arbeitete wie fast immer gewissenhaft. Mit seinen zwölf Jahren gehörte er auch zu den erfahreneren, vernünftigen Reittieren. Trotzdem konnte auch er sich zwischendurch über eine etwas dunkle Hallenecke oder eine aufflatternde Taube aufregen, wenn ihm danach war. Ich versorgte ihn nach einer Dreiviertelstunde mit einer Abschwitzdecke bepackt zurück in seine Box. Weil ich fast schon etwas knapp in der Zeit lag, hastete ich zurück ins Haus um die Autoschlüssel zu holen. Vor mir lag eine immerhin zweieinhalbstündige Fahrt nach Portsmouth. Ich hatte keine Nachricht über eine allfällige Verspätung von Thotas Fähre erhalten, also ging ich davon aus, dass alles nach Plan verlaufen würde. Mittagessen wollte ich bei meiner Ankunft am Hafen. Ich winkte Jonas zum Abschied, der draussen vor dem Nordstall den wolligen Thomas anband und zu putzen begann.

      Als ich kurz nach Mittag in Portsmouth eintraf, waren ein paar Wolken aufgezogen, aber es blieb nachwievor trocken. Ich suchte mir etwas zu Essen und setzte mich dann auf eine Mauer in der Nähe des Wassers, während ich auf die Ankunft meines Isländerfohlens wartete. Pünktlich um ein Uhr legte die Fähre an und ich fuhr mit dem Transporter über das riesige Hafengelände möglichst nahe zu ihr. Ich musste mich noch eine Weile gedulden, dann wurde endlich auch der Boxencontainer ausgeladen. Thota hatte die Reise gut überstanden und wirkte munter. Erleichtert nahm ich sie entgegen und verlud sie erneut. Allerdings verliess ich die Autobahn bei Hightown für einen Stopp, um der armen Jährlingsstute eine Reisepause zu gönnen. Sie durfte sich einen Moment die Füsse vertreten und ein wenig grasen. Die keine war natürlich aufgeregt, aber sie schlug sich tapfer angesichts der völlig fremden Umgebung. Es tat mir etwas leid, dass sie für den Augenblick ohne Kumpel klarkommen musste, aber ich hatte nicht extra noch einem Pferd die lange Fahrt zumuten wollen. Ich setzte die Fahrt nach einer Viertelstunde fort. Wir kamen wohlbehalten zuhause an und Thota war sichtlich erleichtert, als sie die übrigen Fohlen auf den Weiden entdeckte. Da sie vor der Überfahrt bereits in Quarantäne gewesen und tierärztlich durchgecheckt worden war, verzichtete ich auf eine erneute Isolierung und liess sie direkt zu den anderen Stutfohlen. Ich blieb einen Moment dabei um sicherzustellen, dass sie nicht zu sehr gejagt wurde nach den Strapazen der langen Reise. Danach übergab ich die Überwachung an Lewis. Lyskra schien sich noch nicht auf Anhieb mit Thota anzufreunden; sie legte erstmal drohend die Ohren platt, als ihre neue Spielgefährtin näher kam. Bestimmt war sie nur unsicher und wollte zuerst herausfinden, wie die Neue tickte. Ich verliess das Theater und begab mich nach einer erneuten Teepause, bei der ich Details zur Fahrt mit Jonas austauschte, zur Stutenweide. Dort wartete bereits Shadow auf mich. Ich machte einen ausgiebigen Ausritt mit ihr, wobei ich Honesty als Handpferd mitnahm. Lily und Suri waren inzwischen aus der Schule zurück und heckten wieder irgendwas aus. Soweit ich verstanden hatte, handelte es sich dabei um Halloween-Vorbereitungen. Ich hielt mich da raus und schmunzelte nur. Shadow begrüsste mich mit einem Brummeln und liess sich sofort aufhalftern. Honesty schien ganz erstaunt dass ich sie auch noch holte, obwohl wir das nicht zum ersten Mal machten. Ich band beide Stuten am Zaun fest und putzte sie, bis von den Dreckkrusten der letzten ausgiebigen Roll-Party nichts mehr übrig war. Shadows Fell blieb etwas staubig – auf dem dunklen Hintergrund sah man es einfach zu gut. Ich nahm mir besonders viel Zeit, ihren Schweif zu sortieren. Ich verpasste ihm eine gehörige Portion Glanzspray, dasselbe tat ich auch bei Honesty. Langsam aber sicher rückte das Finale des Makeovers näher. Es war mehrfach verschoben worden, doch ich gab die Hoffnung nicht auf, dass es doch noch etwas wurde. Wenigstens waren wir inzwischen optimal vorbereitet. Ich sattelte Shadow mit ihrem Westernsattel und zog ihr ein Bosal an, Honesty nahm ich ans Knotenhalfter. Die beiden verstanden sich und liefen ohne Zankerei nebeneinander durch die herbstliche Landschaft. Ich genoss die vielen Farben der Bäume und die wärmenden Sonnenstrahlen. Weil der Boden so schön feucht war, konnten wir auf den Feldwegen viel traben. Beide Stuten waren ja barhuf, also wich ich normalerweise wo immer möglich auf Feldränder oder grasbewachsene Mittelstreifen aus. Manchmal zog ich ihnen auch Hufschuhe an, etwa wenn die Hufe frisch gefeilt waren. Aber heute war das nicht nötig gewesen. Als wir zurückkehrten, traf auch der dritte Neuankömmling noch ein. Ein junger Murgesenhengst namens Lando. Er gehörte, wie hätte es anders sein können, Angelina Moore. Sie hatte die Begeisterung für diese Rasse offenbar auch nach dem Verkauf von Nera nicht verloren und nun trotz allem wieder einen Vertreter geholt – ausgerechnet den erstgeborenen Sohn ihrer ehemaligen Stute. Ich wohnte gespannt der Ankunft des hübschen Rappen bei. Er glich seiner Mutter aufs Haar, aber bestimmt würde er noch etwas kräftiger werden als sie. Ich begleitete Angie und Lando zu den Hengstfohlen, wo er seine Tage bis zum Einreiten geniessen durfte. Wir plauderten noch ein wenig, ehe ich ins Haus ging und meine E-Mails checkte. Ich musste noch die Steuererklärungen ausfüllen und ein paar organisatorische Aufgaben erledigen, aber das verschob ich auf den Abend. Stattdessen telefonierte ich mit Rosie wegen des kommenden Westernturniers, an dem wir beide teilnehmen wollten. Sie hatte ausserdem spannende Neuigkeiten: auch sie hatte wieder ein neues Fohlen erworben. Als die den Namen Bintu Al-Bahri nannte, dachte ich zuerst, sie hätte sich verplappert. Aber das Stutfohlen hiess tatsächlich gleich wie der Hengst, den sie vor ein paar Jahren verkauft hatte. Fasziniert runzelte ich die Stirn und gratulierte ihr zu dem Zufall. Als wir alles weitere geklärt hatten, legte ich auf und gab den Hunden ihr Abendessen. Dann wollte ich mich als letzte Amtshandlung des Tages um Colour Paint kümmern gehen. Doch ein Notfall kam dazwischen: Maekjas Fohlen war auf dem Weg. Allerdings schien es verdreht zu liegen und es kam zu Komplikationen. Ich rief den Tierarzt herbei und konnte von da an nur noch abwarten und hoffen. Zuerst sah es gut aus; das Fohlen lebte noch und der Tierarzt schaffte es, das Fuchshengstchen trotz falscher Lage auf die Welt zu holen. Während Jonas bei den beiden blieb und sie im Auge behielt, bewegte ich Colour Paint doch noch. Ich longierte ihn in der Halle, zu mehr fühlte ich mich angesichts der ganzen Aufregung nicht im stande. Colour Paint war auch nicht wirklich bei der Sache. Ich kannte den Fuchshengst mittlerweile viel besser und wusste Bescheid um seine gelegentlichen Flausen. Manchmal war er zum Beispiel scheinbar grundlos guckig. Abgesehen davon verhielt er sich aber brav und willig. Auch unter dem Sattel war er eigentlich ein Träumchen. Leistungsbereit und motiviert. Ich war froh, ihn gekauft zu haben. Fohlenpläne hatte ich zwar noch keine mit ihm, aber ich war mir sicher, dass seine Nachkommen eine gewisse Springbegabung erben würden. Die Arbeit mit dem Fuchshengst half mir, mich zu entspannen. Ich konnte ihm so schön zusehen, wie er um mich herum seine Runden drehte, in einem gleichmässigen Takt. Die weissen Beine hatten etwas hypnotisierendes, wie sie so vor- und zurückschwangen. Als ich ihn versorgte, war ich deshalb wieder guter Dinge und sah zuversichtlich nach Maekja und ihrem kleinen Sohn. Jonas, Lewis und Lisa waren auch bei ihr und beobachteten die beiden wachsam. Leider verstarb zu unser aller Schock die Isländerstute nur eine halbe Stunde später, vermutlich an einer inneren Blutung. Viel Zeit zum Trauern blieb nicht; wir setzten alle Hebel in Gang um den kleinen Móinn, wie ich ihn genannt hatte, zu retten und ihm vielleicht sogar eine Ammenstute zu finden. Aber es war fast unmöglich um diese Jahreszeit – die Fohlensaison war schlichtweg vorbei. Ich telefonierte eifrig herum und fragte alle meine Züchterkollegen um Rat. Doch es konnte mir am Ende niemand weiterhelfen, wie erwartet. Es würde also wohl nichts anderes übrig bleiben, als den kleinen mit der Flasche grosszuziehen. Der Tierarzt kam nochmals vorbei um uns das Ersatzmilchpulver zu bringen und zu erklären, wie genau wir es anrühren mussten. Es war mit grossem Aufwand verbunden, ein Fohlen von Hand aufzuziehen. Schlussendlich blieb uns aber nichts anderes übrig, denn ich wollte den kleinen auf jeden Fall behalten. Ich liess alles, was ich noch im Büro hatte erledigen wollen auf dem Schreibtisch liegen und verbrachte stattdessen den ganzen Abend bei dem kleinen. Die anderen Stuten kamen immer wieder neugierig heran, liessen es aber bei einem freundschaftlichen Beschnuppern bleiben. Weil ich es nicht über’s Herz brachte, ihn alleine im Dunkeln liegen zu lassen, und mir auch zu viele Sorgen machte, verbrachte ich schliesslich auch die Nacht im Offenstall. Jonas holte mir dazu einen Schlafsack und eine warme Kuscheldecke aus dem Haus – schliesslich herrschten eisige 5 Grad. Ihn selbst schickte ich ins Haus. Er frohr sonst schon dauernd und brauchte sich nicht hier draussen zu erkälten, ausserdem musste er Lily ins Bett verfrachten. Er gab mir einen tröstenden Gute-Nacht-Kuss, dann schob er das Tor hinter sich zu und es wurde Still, bis auf das gelegentliche Schnauben oder Rascheln einer Stute. Móinn atmete gleichmässig, was mich ein wenig beruhigte. Ich legte mich direkt neben ihn und kraulte ihn noch eine Weile, dann fielen mir die Augen zu.
    • Sosox3
      Pflegebericht
      2020 + 2021
      Nebliger November
      30.11.2020 - 40'793 Zeichen - 26 Pkt.

      Nebel, so weit das Auge reichte - also nicht besonders weit - empfing mich an diesem kühlen Herbstmorgen, wie auch schon in den Tagen zuvor. Es war noch stockfinster um sechs Uhr morgens. Seit ein paar Wochen verbrachte ich besonders viel Zeit im Stutenoffenstall; das hatte einen flauschigen, orange-pelzigen Grund namens Móinn. Jeden Morgen hastete ich als erstes zu ihm, um nach ihm zu sehen und ihm die erste Flasche des Tages zu geben. Er war zumindest gesund, wuchs und trank normal, also schien ich soweit alles richtig zu machen. Trotzdem war ich jedesmal angespannt, wenn ich den Offenstall betrat. Insgeheim rechnete ich wohl noch immer damit, ihn eines Tages leblos im Stoh vorzufinden. Zum Glück war er auch heute noch schön warm, als ich ihn zur Begrüssung kraulte, und untersuchte sofort eifrig meine Finger. Er wusste inzwischen genau, dass ich die Flasche brachte. Im Moment hatte er noch kaum Zähne, da war es noch süss, wenn er einem an den Fingern nuckelte. Aber bald schon würde er nicht mehr so sanft sein, das wusste ich nur zu gut von den vielen anderen Fohlen die wir über die Jahre hinweg gezüchtet hatten. Matinée, die neben dem Isländerfohlen gestanden hatte, wich ein wenig zurück und beobachtete mich argwönisch. Sie war nicht zufällig dort gewesen. Am Morgen nach Móinns Geburt hatte die mausgraue Stute offenbar beschlossen, das verwaiste Fohlen zu sich zu nehmen. Seither behielt sie ihn stets im Auge und lenkte ihn von den anderen Stuten und auch von den Zweibeinern weg. Sie drängte sich dazwischen um ihn zu beschützen, wenn der Kleine neugierig näherkommen wollte, oder sich eine andere Stute ihm näherte. Natürlich konnte sie ihm keine Milch geben, weshalb ihr Verhalten zwar nett gemeint, aber manchmal etwas problematisch war, vor allem wenn ich den kleinen füttern wollte. Zum Glück war Móinn erstaunlich zutraulich, trotz seiner misstrauischen Ersatzmutter, und schaffte es immer irgendwie zu mir hin zu kommen, zu Matinées Missfallen. Die Stute war im Umgang eigentlich mittlerweile ganz anständig. Aber sie beschäftigte sich nur mit dem Menschen, wenn es sein musste. Ich liess sie auch grösstenteils in Ruhe, abgesehen von Ausritten und etwas Muskelarbeit in der Halle. Móinn hielt ich die Flasche hin und er sog sie eifrig aus - zum trinken musste man ihn nie zweimal bitten, er hatte diese Art der Fütterung gut angenommen. Das machte es geradezu leicht ihn grosszuziehen; Ich hatte schon von Fällen mit mäkeligen Trinkern gehört, die weitaus mühsamer gewesen waren. Sobald er alles leergetrunken hatte, kraulte ich ihn ein wenig, bevor er zurück zu der Mustangstute stakste und sich die beiden zum nun aufgeschobenen Tor hinaus auf die Weide bewegten.

      Ich lief noch meine Komtrollrunde zuende, dann machte ich mich auf den Weg zum Hauptstall. Der November hatte gerade erst begonnen. Für den zweitletzten Monat des Jahres waren mir unter anderen Compliment und Sciaphobia zugeteilt. Den schwarzen Hengst ritt ich zuerst. Ich hatte zugegebenermassen noch nicht sehr viel persönliche Zeit mit ihm verbracht, seit ich ihn übernommen hatte. Das lag nicht daran, dass ich ihn nicht mochte, sondern einfach an der vielen sonstigen Arbeit, die ich zu erledigen hatte. Es war manchmal wirklich nicht einfach, bei so vielen Pferden mit allen gleichermassen Zeit zu verbringen. Aber genau deswegen planten wir die Monatsverteilungen so sorgfältig - so wurde jedes Pferd ausreichend betüddelt. Nur manche kamen damit nicht klar und wollten lieber eine oder zwei bestimmte Bezugspersonen. Zum Beispiel Clooney - aber dazu später mehr. Compliment liess sich brav in der Stallgasse anbinden. Er wollte neugierig an der Bürste schnuppern, die ich benutzte um seinen Kopf zu putzen. Ich liess ihn, denn ich war den anderen sowieso voraus mit dem Putzen. Compliment schloss genüsslich die Augen und senkte den Kopf, als ich seine Stirn gleich unterhalb der Stirnfranse bürstete. Seine unregelmässige Blesse und das glänzende, schwarze Fell liessen keine Zweifel daran, dass er Indianas Sohn war. Ich kratzte ihm die Hufe aus und klopfte als Lob auf seine kräftige Schulter, als er alle vier Hufe ohne Zögern hochgehalten hatte. "Such a lovely boy." Parker und Charly hatten ihn anscheinend gut erzogen, oder aber seine Manieren von vorher beibehalten. Ich sattelte ihn mit Trainingssattel, Lammfellgurt und dickem Pad. Als Trense nahm ich eine gewöhnliche englische, ohne Nasenband für bessere Atemfreiheit und mit einfacher Olivenkopftrense. Er kaute entspannt darauf herum, während ich ihn zum Aufsteigen rausführte. Das Training verlief tadellos, Oliver war ausnahmsweise zufrieden mit uns. Compliment hatte eine tolle Arbeitseinstellung und war leichtrittig. Das machte vieles einfacher. Ich stellte sicher, dass ich den gröbsten Schweiss mit einem grossen Schwamm und warmem Wasser abwusch, dann packte ich ihn in eine Fleecedecke und brachte ihn zum trocknen in die Führanlage, wie die anderen Pferde der Gruppe.

      Nun war Saphi an der Reihe, während Compliment im Karussell seine Runden drehte. Ich wurde noch immer wehmütig, wenn ich sie von weitem sah. Sie glich ihrem Vater einfach viel zu sehr, und ich vermisste den Schecken. Es war ein Trost, dass seine Tochter so ein vielversprechendes, starkes, gesundes Tier war. Ihre wohlbemuskelte Hinterhand und die sehnigen Beine wirkten wie gemacht für hohe Geschwindigkeiten. Sie glich aber beinahe mehr einem Quarterhorse, mit ihrer breiten Schulter. Auf den ersten Blick hätte sie auch ein Hengst sein können, aber dafür war ihr Hals zu schmal. "Eine richtige Maschine bist du", murmelte ich, während ich ihren Scheif ausbürstete und die schön eingebettete Rückenlinie von hinten betrachten konnte. "I like big butts", stellte ich einmal mehr grinsend fest. Auch Saphi musste durchs Intervalltraining. Wir steigerten die Geschwindigkeit im letzten Intervall im Vergleich zum vorherigen Monat. Für die Scheckstute war das nicht wirklich ein Problem, aber sie schwitzte am Ende doch noch ordentlich. Ich wusch deshalb auch sie gründlich ab, ehe ich sie in die Führanlage brachte. Langsam wurde es taghell und der Nebel wurde lichter. Compliment stand inzwischen wieder in seiner Box und verzehrte seinen morgentlichen Heuhaufen. Ich fand es wichtig, dass die Pferde immer etwas zu kauen hatten, damit ihnen nicht langweilig wurde. Das beugte ausserdem Magengeschwüren vor, und so entstanden Verhaltensstörungen wie Koppen oder Weben gar nicht erst. Es lag bekanntlich in der Natur eines Pferdes, den ganzen Tag über kontinuierlich Futter aufzunehmen. Das wusste niemand besser als HMJ Honesty, die scheinbar nimmersatte Mustangstute. Mit ihr verbrachte ich an diesem Vormittag ebenfalls eineinhalb Stunden - sicher ein Drittel dieser Zeit musste ich für die Fellpflege aufwenden. Sie hatte sich wieder alle Mühe gegeben um sich möglichst unattraktiv für Reiter zu gestalten. Aber ich liess mich davon nicht abschrecken, denn für diesen Zweck waren Metall-Federstriegel, oder wie ich sie gerne nannte "Kuh-Striegel", erfunden worden. Honesty hatte sich sogar ihre Ohren eingesaut. Sie musste also den Kopf richtiggehend in den Schlamm gedrückt haben. Auf der Stutenweide hatte es eine Stelle, an der die Pferde immer wieder durchliefen, wodurch sie so richtig sumpfig war. Offenbar war ebendiese Stelle extrem beliebt für Schlammbäder. Die restliche Wiese sah noch einigermassen intakt aus. Ich hatte schon mit dem Gedanken gespielt, Gummimatten oder Sand über das Schlammloch zu legen, aber so riskierte ich eher, das Problem an eine neue Stelle zu verlagern. Seufzend schrubbte ich den gescheckten Rücken vor mir. Honesty wich ein wenig aus, als ich in den Lendenbereich auf der linken Seite kam. Ich hielt inne und massierte die Stelle mit sanftem Druck von Hand. Honesty leckte sich die Lippen und begann zu gähnen - Stressabbau. Offenbar waren ihre Muskeln an dieser Stelle verspannt. Ich massierte sie noch ein wenig weiter und wärmte die schmerzenden Muskelfasern mit meinen Handflächen. Sie senkte den Kopf und zuckte leicht mit der Unterlippe. Das deutete ich als Zeichen der Wohltat. Ich versuchte immer auf solche Zeichen der Vierbeiner zu achten, wenn ich mit ihnen arbeitete. Oft ersparten sie einem Tierarztkosten und Ärger auf lange Sicht. Ausserdem gab es den Pferden Vertrauen, wenn sie spürten, dass man auf sie einging und ihr Wohlbefinden respektierte. Honesty seufzte nun ebenfalls, aber der Entspannung wegen. Ich kraulte sie lächelnd am Hals und fuhr dann mit dem Putzprozedere fort. Da sie scheinbar so verspannt war, hielt ich die geplante Dressurarbeit für unangebracht. Stattdessen beschloss ich kurzerhand sie zu longieren, um sie einwenig aufzulockern. Honesty dankte es mir, indem sie den Hals brav in die Tiefe streckte und richtig schöne Volten lief, ohne wie sonst, leicht nach aussen zu ziehen. Ich lobte sie für die gute Mitarbeit und zeigte ihr, dass es sich lohnte; sie bekam ein paar Karottenstücke am Ende der halben Stunde.

      Nun gönnte ich mir eine kleine Pause. Ich holte eine Tasse Tee und spazierte damit auf dem Hofgelände herum, nach dem Rechten sehend. Bei den Fohlen stützte ich mich mit den Armen auf den Zaun und genoss die Sicht auf den Nachwuchs von Pineforest. Wherigo, der relativ neue Appaloosa Sprössling, graste zufrieden neben den anderen. Kurz darauf kam ihm aber Faro zu nahe und er wurde von seinem Grasfleck verdrängt. Dass er sich sogar von dem jüngeren Criollo herumschubsen liess fand ich etwas seltsam, aber er war scheinbar charakterlich kein ranghoher Genosse. Verdi war auch ein seltsames Tierchen. So goldig er auf den ersten Blick auch schien, er hatte es faustdick hinter den Ohren. Der kleine Hengst versuchte jetzt schon frech zu schnappen, wenn man ihn an der falschen Stelle streichelte oder wenn er futterneidisch wurde, weil man seinem Nachbaren etwas anbot. Lewis und Linda waren dabei ihn zu erziehen, aber es schien gar nicht so einfach, das selbstbewusste Kerlchen zu beeindrucken. Ich fragte mich, woher er das hatte. Irgendwie spürte ich seine Grossmutter Khiara durchschimmern... Pinot und Murphy waren richtige Engelchen im Vergleich, richtig verschmust und freundlich. Und Riot zwar zurückhaltend, aber ebenfalls lieb. Der Dunkelbraune war im Moment das schmalste Fohlen der Gruppe. An ihm war nicht viel dran, man konnte seine Rippen beinahe zählen. Die Tierärztin meinte auch, er sei eher auf der leichten Seite, aber ansonsten vollkommen gesund. Scheinbar war er einfach etwas schwerfuttrig, jedoch zum Glück nicht im selben Ausmass wie die arme Chime. Ich kippte den letzten Schluck Tee in meinen Mund und sah im Augenwinkel Lewis, der mit einem Halfter bewaffnet zur Stutenweide lief. Ich musste schmunzeln, weil ich genau wusste, was seine Mission war. Gespannt sah ich zu wie er die Weide betrat und sich vorsichtig Matinée und Móinn annäherte. Doch wie erwartet liess sie ihn lediglich bis auf etwa fünf Meter heran, dann machte sie kehrt und versteckte sich hinter Phantom. Das Isländerfohlen folgte ihr verwirrt und wurde beinahe umgeschubst, als sie kurz darauf erneut davontrabte. Die Mustangstute hatte einen Termin beim Hufschmied und Lewis versuchte nun halb fluchend, sie zum Nebenstall zu bringen. Ich hätte ihm ja helfen können. Ich kannte nämlich mittlerweile alle ihre Tricks und war eine der wenigen, die sie in kurzer Zeit einfangen konnten. Aber es gefiel mir besser, den beiden bei ihrem kleinen Fangspiel zuzuschauen. Ausserdem musste Lewis ebenfalls mit der Mustangstute klarkommen, falls ich mal nicht verfügbar war. Ich genoss also amüsiert die Vorstellung und klatschte hörbar jubelnd, als er sie endlich am Strick hinter sich her zum Nebenstall zog. Er streckte mir bloss die Zunge raus. Gerade als ich mich zum Gehen abwenden wollte, gab es eine kleine Unruhe bei den Stutfohlen. Ich lief hin um nach dem Rechten zu sehen. Baila hatte sich scheinbar mit der deutlich älteren und grösseren Charivari angelegt. Die beiden standen sich nun quietschend gegenüber und versuchten sich gegenseitig ins Hinterteil zu kneifen. Natürlich hatte das Roanstutfohlen keine Chance gegen die Halbstarke Charivari. Sie wurde ohne Wenn und Aber verjagt. Daraufhin gesellte sie sich, keineswegs betrübt durch die Niederlage, zu Dahu und begann sogleich eine neue Runde mit ihr. Scheinbar war ihr einfach langweilig und sie wollte irgendwen nerven. Das Simba-Töchterchen war voller Feuer und erinnerte mich stark an Counterfire, als die noch ein Fohlen gewesen war. Dass sie auch dieselbe hervorragende Rennleistung bringen würde blieb zu hoffen. Ihre Eltern waren zwar keine berühmten Rennpferde, aber auf Papieren kann man bekanntlich sowieso nicht reiten. Thota und Lyskra hatten sich inzwischen übrigens miteinander arrangiert. Sie frassen oft beisammen und Thota folgte dem blauäugigen Giftzwerg überall hin. Eigentlich war Lyskra ja ganz lieb, wie ihre Mutter Ljúfa. Aber eben nur mit Menschen. Mit ihren Artgenossen war sie bemüht, einen Eindruck von Dominanz und Selbstbewusstsein zu hinterlassen, das zeigte sich vor allem beim Fressen. Dann verschwanden ihre flauschigen Ohren jeweils in der dichten, hellgrauen Mähne und sie machte eine fürchterliche Schrumpelschnute. Zusammen mit ihren eisigen Augen sah das richtig furchteinflössend aus.

      Die kleine Rune riss mich aus meinen Gedanken, indem sie durch den Zaun hindurch an meinem Ärmel zupfte. Das Ponyfohlen mit den feinen, weissen Sprenkeln und der typischen Appaloosa-Haut um Augen und Nüstern war gleichermassen neugierig und frech. Sie würde später bestimmt ein tolles Kinderpony werden, da war ich mir jetzt schon sicher. Sie liess sich bereits brav die Beine heben und überall anfassen. Ihre gleichaltrigen "Brüder" Braemble und Nemo waren ebenfalls unkompliziert. Ich blieb gespannt, wie sich die drei entwickeln würden, besonders auch farblich. Sie waren alle drei echte Glückstreffer gewesen, denn ich hatte einerseits auf die Appaloosagene gehofft und andererseits passte auch Braemble mit seinen Stichelhaaren genau in mein Beuteschema. Die Fohlen hatten sich inzwischen beruhigt und grasten wieder friedlich. Bis auf ein paar spielerische Rangeleien war also alles in bester Ordnung. Ich spazierte in Richtung Hauptstall zurück, liess es mir aber nicht nehmen, noch rasch Louvré und Cabaret zu streicheln, die so süss den Kopf über den Zaun hielten, um nach Aufmerksamkeit zu betteln. Beim Nebenstall traf ich auf Jonas, der gerade auf dem Weg war um Karat zu reiten. Wir liefen gemeinsam zum Nordstall, weil ich dort eh noch rasch mit Darren reden wollte, wegen der Lektionen die er mit Reverie üben sollte. „Sag mal, hättest du Lust, heute durch den Tag hindurch Móinn für mich zu füttern?“, fragte ich Jonas bei der Gelegenheit. „Du warst ja dabei, als der Tierarzt erklärt hat wie man die Milch anrührt. Ich dachte, weil er Herkirs Sohn ist würdest du dich vielleicht gerne um ihn kümmern…“ „Ich hab mich schon gefragt, wann du damit kommst. Natürlich. Ich kümmere mich gerne um den kleinen Racker. Ich weiss doch, wie voll du dir deinen Zeitplan wieder gepackt hast, besonders im Hinblick auf nächste Woche.“ Ich gab ihm einen Kuss. „Danke. Ich wusste, ich kann mich auf dich verlassen.“

      Ich ging als nächstes auf einen sportlichen Ausritt mit Oliver, der seine Stute Vai Alida auf diese Weise fit hielt. Ich meinerseits tat dasselbe mit Indiana. Die beiden Stuten trabten schulbeispielhaft nebeneinander über die Schotterwege und blieben auch im Galopp brav beisammen. Sie waren vernünftiger und erwachsener als die vielen jungen Athleten, die noch aktiv auf der Bahn liefen. Als wir zurückkamen war es bereits Mittag. Mein Magen knurrte wiedermal pünktlich, während ich Indiana in ihre Box versorgte. Ich klopfte ihn zum Abschied auf den Po, während sie ihre Karotten geräuschvoll zerkaute. Dann widmete ich mich meinem eigenen Essen, und dem meiner kleinen Familie. Lily half mir, indem sie den Salat vorbereitete und den Tisch deckte, sobald sie von der Schule kam. "Wie ist den Mathe Test gelaufen?" Fragte ich beiläufig, die Sauce rührend. "Genügend." "Genügend? Wo ist dein Ehrgeiz? Stell dir vor, das wäre eine Dressurnote. Da würdest du dich aufregen." "Es ist aber keine Dressurnote. Und ich werde eh Jockey, da brauche ich keine Mathematik." "Selbst ein Jockey muss Steuererklärungen ausfüllen und rechnen können. Frag mal Quinn oder Parker." "Tsk." Ich gluckste amüsiert. "Aber mal ernsthaft, Lily. Eine gute Grundausbildung ist sehr wichtig, egal ob du hier bleibst und mithilfst, oder am Ende etwas ganz anderes tust und es dich woanders hin zieht." "Ich bleibe ganz sicher hier", stellte sie klar. Ich winkte ab. "Ich dachte früher auch immer, dass ich nie aus der Schweiz weggehe. Aber dann bot sich diese Chance hier, und ich hatte meine Koffer blitzschnell gepackt. Manchmal führt einem das Leben auf ganz unerwartete Pfade. Wer weiss, vielleicht lernst du irgendwann jemand Besonderen kennen und verschwindest mit ihm, oder ihr, ins Ausland. Vielleicht wird dir Pineforest irgendwann zu langweilig." "Pineforest und langweilig? Nie!", lachte sie. Ich war froh, dass sie so eingestellt war. Natürlich rechnete ich damit, dass es sie irgendwann von hier wegziehen würde, und wenn der Tag kam, wollte ich sie in jedem Fall unterstützen. Aber es wäre auch schön, wenn sie bliebe, dachte ich insgeheim. Zum Glück lag das alles noch in weiter Ferne.

      Im Hier und Jetzt machte ich mich unterdessen wieder startklar für den Nachmittag. Zuerst genoss ich einen ausgiebigen Ausritt mit Rebel, danach war die Ausbildung von Solas an der Reihe. Es war komisch, von einem Pferd, das fast meine Gedanken zu lesen schien und alle meine Hilfen prompt umsetzte, zu einem komplett grünen Jungspund zu wechseln. Ich musste mich wirklich konzentrieren, um dem Criollo klar verständliche, deutliche Kommandos zu geben und nicht einfach davon auszugehen, dass er wusste was ich wollte. Wir machten im Moment eigentlich nichts anderes als Übergänge und Volten, oder Schlangenlinien. Oberstes Ziel war es, ihn locker und losgelassen zu reiten, und ihn einen stabilen Arbeitstakt finden zu lassen. Auf die Anlehnung achtete ich noch nicht so sehr, denn seine eigene Balance war mir erstmal wichtiger und die meisten Lektionen versuchte ich, am halblangen Zügel mit gerade ausreichend viel Kontakt zu reiten. Er sollte von anfang an lernen, einen feinen Kontakt zu suchen und sich nicht auf die Zügel zu lehnen, oder gar zu verkriechen. Zum angaloppieren nahm ich die Zügel unterstützend ein Wenig mehr auf. Das klappte bei Solas schon recht gut. Auch die Dauer unserer Trainingseinheiten war noch eher kurz, aber es machte keinen Sinn, seine noch spärlichen Muskeln zu übersäuern. Lieber hörte ich zur Belohnung früher auf, wenn er etwas besonders gut machte.

      Nach der Arbeit mit dem Criollo Nachwuchs sah ich bei den Weiden vorbei, wo die Vollblüter sich gerade tummelten. Auf der obersten Weide standen unter anderem Coulee, Iskierka und Goldy – die Gruppen waren ungefähr nach Alter eingeteilt, was durchaus Sinn machte, weil die Pferde auch jeweils auf der Bahn zusammen trainiert wurden. Dem entsprechend teilten sich die jüngeren beziehungsweise neueren Stuten wie Northy, Indy und Karma die untere Weide. Die Gruppe mit Ciela, Penny, Primo und Dolly befanden sich auf der Weide direkt unter der Stuten-Offenstallweide. In einer halben Stunde würde dann der Wechsel stattfinden, damit die Vollbluthengste auch noch raus konnten. Ich war milde gespannt, ob sich Snap Cat und Capy wieder einsauen würden, wie schon die letzten sechs Tage nacheinander.

      Als nächstes ging es wieder auf einen Ausritt, diesmal in Begleitung von Lily, Suri, Lea und Sheridan. Wir hatten es lustig zu fünft, und auch die Ponys genossen die herbstlichen Sonnenstrahlen, die mittlerweile unsere Rücken wärmten. Wir hatten Sweets, Scoot, Fake, Cinni und Bluebell dabei, ich ritt auf ersterer. Gleichzeitig mit uns ritt auch eine Gruppe mit Cambria, Ravissante, Bacardi und Flint los, angeführt von Lisa und Woody. Wir teilten uns aber bei der Brücke auf; sie ritten weiter geradeaus, Suri hatte sich einen Ritt durch den Laubwald gewünscht. Scooty machte Fortschritte unter dem Sattel. Sie hatte ein wenig Muskeln aufgebaut, dank Doppellongentraining und fleissigem Stangenlaufen. Suri gab sich grosse Mühe, gut für ihr hellgraues Pony zu sorgen, sodass es Scooter an nichts fehlte. Die Stute wurde aber nebenbei immer selbstbewusster und frecher, sie blühte richtig auf. Das war nicht immer nur positiv. Suri war inzwischen schon einige Male runtergebockt worden, meist aus trivialen Gründen. Ich machte mir Sorgen, dass das Mädchen Angst bekommen könnte, aber sie war zäher als sie aussah und liess sich nicht so leicht einschüchtern. Offenbar hatte sie es sich wirklich zum Ziel gemacht, mit Scooter auf Turniere zu gehen. Lily half ihr wo sie nur konnte, und gab ihr manchmal fast schon zu viele Tipps, wie ich fand. "Lass sie doch auch mal selber etwas herausfinden und ausprobieren", hatte ich ihr letztens einmal geraten. Seither hielt sie sich etwas mehr zurück. Die gelegentlich langsam von den Bäumen segelnden Blätter verstärkten die Herbststmmung, die sonst schon durch die bunten Baumkronen gegeben war. Ich genoss die feuchte, kalte Luft in meinen Lungen. Es roch überall nach Erde und Regen. Plötzlich erklang in der Ferne Hundegebell. Wir sahen uns aufmerksam um, dachten uns aber zunächst nichts dabei, denn hier kamen oft Spaziergänger mit ihren Hunden durch. Im Wald mussten die Vierbeiner angeleint bleiben, so gaben es die Regeln des Parks vor. Der Hund, der jedoch wenig später ganz in unserer Nähe durchs spährliche Unterholz flitzte, lief frei; von seinem Besitzer keine Spur. Entsetzt erkannte ich, dass ihm voraus ein Fuchs um sein Leben rannte. Der Abstand der beiden war gering und der Hund sah sogar nach einer Art Jagdhunde-Mischling aus, auf jeden Fall athletisch gebaut. „Oh my… He almost got him!“, rief ich aus. Die Mädchen waren gleichermassen besorgt. „We have to help!“, meinte auch Lily flehend. Ich schnalzte und trabte Sweets an. Die Mädchen wies ich an, auf dem Waldweg weiter zu reiten und den Besitzer des Hundes zu finden. Ich behielt den Hund fest im Blick, während ich mir mit Sweets einen Weg zwischen den Bäumen hindurch bahnte. Der Waldboden war weich und aufgeräumt, besonders viel Unterholz hatte es nicht. Das machte es zwar für das Pony und mich etwas leichter, aber deshalb konnte sich der Fuchs auch nirgens in ein Versteck retten. Die beiden waren natürlich viel zu schnell für Sweets, weshalb ich sie zeitweise fast aus den Augen verlor. Der Hund hetzte das Wildtier unnachgiebig weiter, bis er es schliesslich erwischte und zu Boden drückte. Ich trabte in die Nähe, schwang mich von Sweets Rücken und verdrehte so schnell ich konnte die Zügel, um zu verhindern dass sie hineintrat wenn ich sie losliess – dann stolperte ich auf die beiden raufenden Tiere zu. Ich schrie den Hund an, um ihn zu beeindrucken und von seiner Beute zu verscheuchen. Doch er ignorierte mich und schüttelte den Fuchs, der verzweifelt das Maul aufsperrte. Ich sah, dass er ein Halsband trug und wandte daraufhin die Technik an, die ich erst kürzlich in einem Hundekurs mit Zira gelernt hatte, um einen Angriff zu unterbrechen: Ich packte das Halsband, riss den Hund vorne von den Pfoten und verdrehte meine Hand, um ihn zu würgen. Das unterbrach den Blutfluss in sein Gehirn für einen Moment, sodass er sogar kurz knock out war. Wenn man danach gleich wieder losliess war es ungefährlich, aber äusserst effektiv. Der Fuchs lag benommen auf dem Waldboden und schnaufte schwer. Vorsichtig, um nicht gebissen zu werden, untersuchte ich sein Fell nach Bisspuren. Tatsächlich hatte er einige blutende Wunden zwischen dem dichten Winterpelz, ganz genau konnte ich es nicht bestimmen. Er wirkte nicht, als würde er noch irgendwen beissen, und der Hund hinter mir begann bereits wieder zu bellen, also fasste ich einen herzhaften Entschluss und nahm den halbtoten Fuchs auf meinen Arm, um ihn zu schützen. Zur Sicherheit hielt ich zunächst sein Maul zu, aber als das Tier keine Anstalten machte sich zu wehren, liess ich selbst das bleiben und konzentrierte mich darauf, den Hund von mir fernzuhalten. Ich machte einen drohenden Schritt auf ihn zu, ihn mit meinem Blick fixierend, und rief laut „Go home!“ Er zögerte und sah sich um, denn von irgendwoher war ein weiteres Rufen zu hören. Endlich wandte er sich ganz von uns ab und hechtete zu seiner Besitzerin zurück, die gefolgt von den Mädchen und ihren Ponys auf uns zugestakst kam. Sobald sie ihn angeleint hatte, bekam sie von mir eine wütende Tirade zu hören, in der ich unter anderem die Parkregeln zitierte, sie als verantwortungslos beschimpfte und drohte, Anzeige gegen sie zu erstatten. Ich war einfach so aufgebracht, dass ich nicht anders konnte. Sie entschuldigte sich vielfach, aber ich hörte nur mit einem Ohr zu; innerlich überlegte ich, was ich nun mit dem Fuchs tun sollte, der noch immer schlaff auf meinem Arm ruhte. Den Jäger anrufen? Ich wusste nur zu gut, was das für den armen Rotpelz bedeuten würde. Der Jäger würde nicht zögern, nach der Flinte zu greifen und das Wildtier zu erlösen. Ich war mir nicht sicher, ob er überhaupt Überlebenschancen hatte, weil ich nicht wusste, wie drastisch seine Verletzungen waren. Aber ihn einfach zu erschiessen schien mir falsch. Mir kam der Gedanke, vielleicht kann ich ihn in eine Wildtierstation bringen. Aber zuerst musste ich ihn irgendwie nachhause schaffen. Die Frau und ihr Hund zogen sich zurück und die Mädchen kamen näher, um den Fuchs anzuschauen. „Is it dead?“, fragte Sheridan besorgt. „Not quite. But it needs medical treatment. I have to take it to a vet or something…“ Ich erinnerte mich daran, dass ich ja auch noch ein Pony dabei gehabt hatte und stellte erleichtert fest, dass Sweets noch beinahe an derselben Stelle stand. Ich lief zu ihr hin und lobte sie, die Mädchen folgten mir. Lily stieg ab, sodass sie den Fuchs vorsichtig halten konnte, bis ich aufgestiegen war und sie ihn mir wieder überreichte. Meine Nichte war furchtlos, wenn es um solche Dinge ging – ganz ähnlich wie ich selbst. Zum Glück war Sweets so eine ruhige, gehorsame Persönlichkeit. Ich konnte sie einhändig nachhause reiten, während der Fuchs auf meinem Arm langsam wieder lebendiger wurde. Ich hielt ihn so gut es ging am Nackenfell, aber beim Absteigen musste mir Jonas helfen, der auf mein Rufen hin beim Nebenstall aus Hallus Box herbeigeeilt kam. „What the-… Ist das ein Fuchs??“ Ich erzählte ihm die Kurzfassung und er nahm mir das nunmehr zappelde Wildtier ab, während ich abstieg. Dann gab ich ihm die Anweisung „Take him inside please. Bathroom.“ Ich nahm unterdessen Sweets den Sattel vom Rücken und brachte sie in ihre Box. Ich Bürstete sie nur kurz durch, um möglichst rasch nach dem Fuchs sehen zu können. Jonas hatte ihn erfolgreich ins Badezimmer gesperrt – ich hatte ein Déja-vu von den Anfängen mit Moya. Die hatte sich übrigens längst in Sicherheit gebracht und beäugte das Geschehen vom Sofa aus, ganz anders als Jacky und Sheela, die neugierig vor der Tür standen. Ich schickte sie zu Zira auf ihre Decken, dann öffnete ich die Tür vorsichtig einen Spalt weit. Der Fuchs kauerte unter der Toilette und machte ein ängstliches Gesicht. „Was würdest du tun?“, fragte ich Jonas, der sich neben mich stellte, um ebenfalls einen Blick hineinzuwerfen. „Neues Hautier?“ Ich rollte die Augen. „Ne, ernsthaft. Ich hab nur kurz geschaut, aber er hat sicher die eine oder andere Wunde, mein Arm ist auch ganz blutig. Irgendwie müssen wir ihn zum Tierarzt schaffen.“ „Ich finde er sieht gar nicht so schlecht aus. Hat sich auch ordentlich gewehrt, als ich ihn hier reingetragen habe.“ „Als ich ihn hatte, war er noch halb tot.“ „Vermutlich der Schock. Aber jetzt ist er aufgewacht. Ich glaube es wäre nur unnötiger Stress, wenn wir ihn jetzt packen und mit dem Auto irgendwohin verfrachten würden. Lass ihm etwas Zeit, gib ihm zu Fressen und zu Trinken, dann erholt er sich blitzschnell und wir können ihn laufen lassen.“ Ich hatte meine Bedenken. „Aber die Verletzungen…“ Aber Jonas winkte ab; „…Entzünden sich nicht, solange er hier auf dem sauberen Badezimmerboden sitzt.“ Ich seufzte und stimmte dem Plan zu. Ich brachte dem Fuchs eine Schüssel Hundefutter und eine Schale Wasser, ausserdem stellte ich ihm eine Kartonschachtel als Rückzugsort rein. Dann liess ich ihn in Ruhe und schloss das Badezimmer zur Sicherheit ab, damit niemand ausversehen hineinging. Lily kam reingeplatzt und fragte nach dem Tier, die anderen drei warteten neugieriug vor der Haustür. „Everything’s alright. Will just let him rest for a bit, then he can go back to the forest.“

      Ich lief nochmal bei Sweets vorbei und bürstete sie gründlicher durch, ausserdem kratzte ich noch ihre Hufe aus und versorgte die Ausrüstung. „Sorry Sweetie, it was an emergency“, entschuldigte ich mich leise, ihre Nase kraulend. Dann schlurfte ich erschöpft in den Nordstall, um Clooney zu bewegen. Der gescheckte Co Pilot-Sohn genoss Sonderbehandlung, aufgrund seines sensiblen Charakters. Wir hatten seit dem Einreiten des Hengstes herausgefunden, dass er mit Reiterwechseln Mühe hatte. Das äusserte sich in sturem, unwilligem Verhalten. Aufgefallen war es vor allem, weil Alan ihn zum Einreiten meistens geritten hatte, wobei er eigentlich immer schön locker gelaufen war; aber sobald Lisa oder Darren es versucht hatten, war er kaum noch vorwärtsgegangen. Sogar bei Jonas und mir hatte er den Schweif eingeklemmt. Wir hatten uns daraufhin geeinigt, dass ihn für’s erste nur Alan und ich reiten würden, zumindest bis er etwas weiter fortgeschritten war in der Ausbildung. Bei mir lief er inzwischen auch einigermassen losgelassen. Scheinbar brauchte er einfach Bestimmte Bezugspersonen um sich wohlzufühlen. Ich kannte die Sensible Seite ja von seinem Vater nur zu gut, aber Clooney war noch extremer. Trotzdem; wenn er ebensoviel vom Talent seines Papas geerbt hatte, machte ich mir um seine Sportkarriere keine Sorgen. Ich sattelte ihn und ritt ihn anschliessend eine halbe Stunde lang intensiv in der Halle. Allerdings lief das Training nicht ganz so gut wie erhofft. Ich wusste nicht, ob es an mir lag (meine Gedanken waren immernoch zwischendurch im Badezimmer), oder ob er einfach einen schlechten Tag hatte. Aber der Hengst lief unkonzentriert und erschreckte sich immer wieder künstlich in den Ecken der Halle. Ich fokussierte die Arbeit deshalb auf die Mittelvolte und verlangte so wenigstens ein paar schöne Runden, bevor ich aufhörte und ihn austraben liess. Es hatte keinen Sinn, sich darüber aufzuregen – morgen war ein neuer Tag. Draussen wurde es bereits wieder dunkel, aber das hielt mich nicht davon ab, auch noch mit Ljóski und Diarado zu arbeiten. Mit letzterem ging ich sogar raus auf den beleuchteten Sandplatz, um ein wenig Parcours zu springen. Die Mädchen ritten in der Zwischenzeit Areion, Silverangel, Eismärchen und Lychee in der Halle. Sie hatten offenbar ihren Spass, denn ich hörte Musik und fröhliches Gelächter. Lily erklärte mir später, dass sie Quadrillen-Training gemacht hatten. Hauptsache, die Ponys wurden vernünftig bewegt.

      Vernünftig bewegen mussten wir auch die Miniature Horses. Lewis und Linda hatten den Tag hindurch zusätzlich zu ihren Stallarbeiten auch Grosspferde bewegt, nämlich Summer, Chanda, Piro und Jazz. Deshalb hatte meine kleine Herde bisher nur gelangweilt auf den beiden Weiden gestanden. Dafür hatten wir jetzt ein kleines Abenteuer vor. Wir wollten nämlich tatsächlich mit allen Minis gleichzeitig spazieren gehen – naja, zumindest mit allen Stütchen. Mit den Hengsten wollten wir stattdessen im Anschluss etwas Springtraining machen. Lily, Suri, Lea und Sheridan hatten noch immer nicht genug Stallluft für heute gehabt, weshalb sie auch wieder mithalfen. Zusammen schrubbten wir die Miniature Stuten alle sauber, denn sie mussten ja auch halbwegs anständig aussehen, falls wir unterwegs jemandem begegneten. Ich Putzte Papillon und Daki. Beide waren ungeschoren und sahen aus wie explodierte Plüschkugeln. Solange sie nicht an eine Show mussten, gab es keinen Grund den Pelz zu entfernen. Im Moment waren deshalb nur Xinu, Acira und Darling geschoren. Und Peppy, weil Lily sie immernoch zwischendurch ritt und sie dann doch ein wenig ins Schwitzen kam. Meine Nichte setzte sich allerdings nicht mehr so oft auf das Shetty, weil sie langsam zu gross wurde. Stattdessen planten wir, Angelina Moores achtjährige Tochter Susan auf den Rücken von Peppy zu setzen. Zuerst musste Peppy aber noch etwas bessere Manieren bekommen, denn dank der Ponyrennen war sie noch immer in einem sehr guten Trainingszustand und entsprechend manchmal auch aufgedreht. Eigentlich war sie aber bestens geeignet als Kinderpony, weil sie sonst einen sehr ehrlichen, lieben Charakter hatte. Anders als Papillion, die gerade wieder versuchte mich in den Arm zu nippen, weil ich sie mit der Bürste am Bauch kitzelte. Wir brauchten zwanzig Minuten, bis alle Ponys sauber waren. Bevor wir uns schliesslich auf den Weg machten, holten Lily und Lea noch Thairu und Dante von der Weide – sie wollten die beiden auch mitnehmen, was nicht verkehrt war, weil die heute auch noch keine Beschäftigung gehabt hatten. Wir nahmen Daki, die „Leitstute“, und die zwei Jungspunde, Allegra und Daisy, ans Seil, und natürlich das Zebra und den Esel; die übrigen durften frei laufen. Auch die drei Hunde begleiteten uns, sodass wir eine beachtliche Gruppe bildeten. Die Mädchen passten auf, dass keine der Stuten abhanden kam. So liefen wir als Herde, ausgerüstet mit Stirnlampen, durch die Dunkelheit zum Pinienwald. Ich ging mit Daki zuvorderst. Sie zockelte brav neben mir her und versuchte gelegentlich, eine Kostprobe von einem Busch am Wegrand oder einem grossen Grasbüschel zu erhaschen. Das gelang ihr auch, besonders, weil ich die meiste Zeit abgelenkt war, um das Zebra im Auge zu behalten. Thairu war zwar längst Halfterführig und so gut ausgebildet wie ein gewöhnliches Pony, aber sie blieb eben trotzdem etwas Besonderes und man durfte nicht vergessen, dass sie eigentlich ein Wildtier war. Lily kannte sie aber genauso gut wie ich selbst und wusste, worauf sie bei dem Zebra, das eine andere Körpersprache hatte als die Pferde, achten musste. Deshalb entspannte ich mich auch im Verlauf des Spaziergangs immer mehr. Es war so witzig wie die Gruppe hinter mir aussah, wenn ich mich gelegentlich umdrehte. Die vielen Flauschkugeln, die in der Dunkelheit den Weg entlang trotteten, halb angeleuchtet vom Schein der Lampen. Chip war die mühsamste der Truppe, weil sie ständig abbiegen und grasen wollte. „As if you hadn’t got enough grass on your pasture“, meinte Lewis kopfschüttelnd, als er sie einmal mehr zum Weitergehen scheuchen musste. Sie legte die Ohren kurz platt und rümpfte die Nase, schloss sich dann aber wieder der Gruppe an; bis ein neuer, lecker aussehender Grasfleck in Sichtweite kam. Daki wäre genau gleich, schmunzelte ich innerlich, mit einem Seitenblick auf das helle Pony neben mir, welches schonwieder gierig die Lippen spitzte. Tigrotto und Lady folgten direkt hinter uns, brav nebeneinander. Und Kiwi und Tiki liefen ebenfalls zusammen, aber zuhinterst, weil Kiwi in Lewis‘ Nähe bleiben zu wollen schien, und der ja wie bereits erwähnt ständig auf Chip aufpassen musste. Kiwi hielt sogar zum Teil an, um auf die beiden zu warten. Sie hatte wirklich seit Fohlenalter eine besondere Beziehung zu dem Pfleger, die mich immer wieder faszinierte.

      Wir kehrten gegen sieben Uhr zurück und kümmerten uns danach schleunigst um die Hengstchen, denn ich wollte vor dem Feierabend noch mit Shira in die Halle. Ich führte Glenns Caress durch den kleinen Parcours, den Lewis uns aufbaute. Der kleine Hengst war ein bedeutender Teil meiner Zucht und machte keine schlechte Falle über den Hindernissen, wenn er auch nicht so hoch hinaus kam wie Nachtfalke. Auch Oreo war mittlerweile kräftiger geworden und schaffte eine beachtliche Höhe. Lining war nicht ganz so begabt, dafür glänzte er in anderen Bereichen. Vor allem bei den Zirkustricks konnte ihm niemand was vormachen. Er hatte ja schon eine beachtliche Menge Tricks von seiner Ausbildung als Begleitpony mitgebracht, und Linda liebte es, ihm weiteres beizubringen. Becks war ebenfalls nicht der geborene Springer, aber er gab sich dennoch Mühe und schaffte immerhin 85 Zentimeter fehlerfrei – so viel wie sein eigenes Stockmass. Nach diesem lustigen, manchmal etwas chaotischen Training brachte ich die Hunde ins Haus und spähte rasch ins Badezimmer. Der Fuchs hatte sich in die Kartonkiste zurückgezogen, schien aber soweit okay zu sein. Erleichtert Machte ich mich auf den Weg zu Shira. Summend bürstete ich ihr sonderbar geschecktes Fell und kratzte alle vier Hufe aus. Das Langhaar war schon wieder ziemlich lang, weshalb ich mir die Zeit nahm, ihr wieder einen sauberen handbreiten Schnitt zu verpassen und den Schweif gerade zu stutzen. Weil ich zu müde war, um noch anständig mit ihr zu arbeiten, entschloss ich mich zu einer Bodenarbeitseinheit, mit Spielen und ein paar Biegungsübungen. Ich führte sie in Stellung, liess sie die Beine Kreuzen und forderte damit ihre Seitengänge. Das half auch verspannte Muskeln zu lösen und sie wieder fit für’s nächste Dressurtraining zu machen. Um neun Uhr löschte ich zufrieden die Lichter in der Halle und brachte Shira zurück. Nun lief ich wirklich „auf den Felgen“, aber bevor ich ins Warme konnte, wollte ich nochmal nach Móinn sehen. Jonas hatte sich ja heute um ihn gekümmert. Das Isländerfohlen sah jedenfalls munter aus und döste neben Ersatzmutter Matinée. Beruhigt rettete ich mich ins Haus, während der Nebel langsam wieder die Felder einnahm und immer dichter wurde. Als erstes liess ich mich aufs Sofa sacken und checkte meine Mailbox mit dem Smartphone. Jonas machte uns Tee, sogar Lily wollte einen. Sie sass im Wohnzimmer auf dem Teppich und malte ein Bild von Skydive. Es sah sogar einigermassen gut aus, auch wenn die Proportionen noch nicht ganz stimmten. Ich verkniff es mir aber, sie zu korrigieren – ich wollte sie so malen lassen, wie es ihr gefiel. Moya schlich sich zu mir und legte sich schnurrend auf meinen Bauch. Ich hatte das Katzentier wirklich liebgewonnen, denn sie war fast wie eine besonders samtig-weiche Bettflasche, abgesehen von den gelegentlichen Knetattacken mit ihren viel zu scharfen Krallen. Ich schnitt sie zwar immer wieder, aber die Dinger wuchsen unglaublich schnell nach. Eine interessante Nachricht fiel mir ins Auge. Die Mail war von einer Kollegin aus Irland, die ebenfalls Pferde Züchtete. Sie hatte vor einiger Zeit ein besonderes Projekt gestartet, und ich hatte auch meinen Teil dazu beigesteuert. Ihr langfristiges Ziel war es, eine neue Rasse zu gründen: ein sportliches Warmblut mit Wildfärbung. Um ihr Ziel schneller zu erreichen, setzte sie mitunter auf moderne Labortechnik, inklusive Embryotransfer. So kam es, dass sie mir nun Bilder von zwei ganz besonderen Jungpferden schickte. Das eine war eine Stute, die genetisch von Nimué und Diarado abstammte, das andere ein Hengst aus Chanda und Ally. Sie hatte noch weitere Fohlen gezüchtet, aber keines der anderen hatte die gewünschten Farben der Elterntiere übernommen. Die Stute zeigte deutliches Pangare, der Hengst war ein schicker Grullo, vielleicht sogar Smoky Grullo. Beeindruckt gratulierte ich ihr zu diesen beiden Gründertieren und drückte ihr die Daumen bei den künftigen Zuchtzulassungsprüfungen. Vielleicht konnten wir schon bald auf Turnieren wie Urpferde gefärbte Sportpferde bewundern, sofern sie mit ihrem Unterfangen erfolgreich war. Irgendwann motzte Lily „muss ich jetzt jedes Mal zu den Pflegern rüber wenn ich auf’s Klo will?“ Tatsächlich war das im Moment ein notwendiger Umstand, denn solange der Fuchs das Badezimmer behwohnte, mussten wir eben dorthin ausweichen. Ich streckte mich und schlug vor „wir können zusammen gehen, ich muss auch.“ Als wir zurückkamen, assen wir zu Abend, danach meldete ich noch ein paar Pferde auf Körungen an, während Lily schon friedlich schlummerte. Um elf Uhr konnte ich mich endlich auch ins Bett schleppen. Als ich mich unter die Decke zu Jonas gekuschelt hatte, sprang plötzlich etwas auf meine Beine. Ich erschreckte mich beinahe und bewegte mich etwas ruckartig, sodass Moya, die hochgesprungen war, gleich wieder flüchten wollte. „No no, wait silly! Du darfst ruhig herkommen wenn du magst.“ Ich lockte sie mit der Hand, sodass sie langsam wieder näherkam und zu mir hochsah. Sie hatte bisher noch nie versucht, auf dem Bett zu schlafen. Ich hatte nichts dagegen und ermutigte sie, wieder hochzuspringen, was sie nach einigem Überlegen auch tat. Sie rollte sich am Bettende bei meinen Füssen zu einer Kugel und schleckte sich zufrieden die Pfote, ehe sie den Kopf unter ihrem buschigen Schwanz versteckte.

      Huch, schon 2021...
      06.01.2021 - 10'782 Zeichen - 8 Pkt.

      Bald war es wieder so Weit: die Weihnachtszeit. Während Lisa und einige der Pfleger bereits vollkommen in Stimmung waren und gefühlt in jeder freien Minute Dekoration installierten, hielt sich die Vorfreude bei mir noch in Grenzen - es hatte ja noch nichtmal Schnee auf den Wiesen. Ausserdem war ich sowieso etwas weniger euphorisch auf Weihnachten eingestellt als gewisse andere. Obwohl ich dieses Jahr vielleicht tatsächlich Grund dazu gehabt hätte: meine Kollegin Eddi rief nämlich an diesem Morgen völlig unerwartet an und informierte mich, dass sie unter anderem Bacardis Mama Raunchy's Limited verkaufen wollte. Sofort war ich Feuer und Flamme für das Angebot, denn ich hatte damals nicht umsonst ebendiese Stute als Mama für meinen Nachwuchszuchthengst ausgesucht. Sie stand genau in dem sportlich-eleganten Typ den ich bevorzugte und ihre Abstammung suchte ihresgleichen. Eine limitierte Auflage, wahrlich. Obendrein war die Stute erst zehnjährig und damit im besten Alter für den Sport. Für mich gab es also nur eine logische Antwort - ich wollte sie haben. Laut Eddi gab es auch schon andere Interessenten, aber sie war bereit, mir das hübsche Stutentier zu überlassen. Ausserdem hatte sie noch eine weitere Ponystute im Angebot, ebenfalls eine alte Bekannte: Naimibia. Sie war die Mutter meiner hübschen Scheckstute Shira, und ich konnte mir gut vorstellen ihre Blutlinien weiterhin in meine Zucht miteinfliessen zu lassen. Zudem hatte auch sie erst knapp die Hälfte ihres Lebens hinter sich, also war ebenfalls noch reichlich Potential für Turniere vorhanden. Es war wahrlich eine perfekte Überraschung, zumal ich mich erst kürzlich hatte überreden lassen, mich von meiner geliebten Bluebell zu trennen. Sie wechselte in den Stall von meiner anderen Kollegin Stelli, die ihre Zucht gerade erst aufbaute und auf der Suche nach qalitativ hochwertigen Gründertieren war. Da machte die Aussicht auf die beiden Neuzugänge den Abschied wenigstens geringfügig leichter.
      Nachdem ich mit Eddi alles Nötige (und Unnötige) besprochen hatte, wagte ich mich wieder nach draussen in die Kälte. Es war ein gewöhnlicher Arbeitstag, der wie so oft in der Frühe mit dem Vollbluttraining begonnen hatte. Mittlerweile war es aber schon neun Uhr und ich hatte meinen zweiten Schwarztee mit Milch intus. Jonas folgte mir aus dem Haus - er hatte sich ebenfalls rasch aufgewärmt. Nun musste er nach Móinn sehen, denn das Hengstfohlen hatte bestimmt schon wieder Hunger. Er wurde immer gieriger, je mehr er wuchs. Ich hatte bereits nach meinem Fuchs gesehen - nach dem Wahrhaftigen. Der hatte sich in den letzten Tagen weitgehend erholt und seine Wunden waren verkrustet, soweit ich das beurteilen konnte. Um sie irgendwie kontrollieren zu können, hatte ich ihn mit Geflügelfleischstückchen anlocken müssen. Nach einer Weile hatte das so gut geklappt, dass ich das Fell sogar rasch anfassen und zur Seite streichen konnte um die Wunden besser zu sehen, solange er durch das Futter abgelenkt war. Eigentlich sprach nun nichts mehr dagegen, ihn in die Freiheit zu entlassen, denn entzünden würde sich bestimmt nichts mehr und er machte auch wieder einen ganz munteren Eindruck. Ich beschloss, ihn am Abend aussetzen zu gehen, zurück in den Laubwald wo er hingehörte.
      Den Vormittag verbrachte ich damit, Thairu das Zebra zu schrubben, mit HMJ Honesty Bodenarbeit und Zirkuslektionen zu machen, Areion für Lily zu schären und mit den Fohlen Hufeauskratzen zu üben. Ich liebte es, Zeit mit den flauschigen Junghengsten zu verbringen - Pinot hatte besonders viele 'Barthaare' an der Unterseite seines Kopfes. Riot war etwas weniger behaart. Die Jungs waren besonders witzig und frech, es gab immer irgendas zu lachen, wenn ich bei ihnen vorbeisah. Schon jetzt richtige kleine Charmeure, die einem die Jackentaschen durchsuchten oder die Schnauze in den Schal vergruben. Murphy schien ganz fasziniert zu sein von dem weichen Stoff und den Fransen. Ich stiess ihn schmunzelnd weg, als er eine Kostprobe nehmen wollte. Die Stuten hatten etwas mehr Mühe mit dem Hufegeben; besonders bei den Hinterbeinen schienen sie heikel. Baila trat gar nach hinten aus mit dem Bein das ich heben wollte, oder schlug drohend mit dem Schweif. Ich blieb geduldig, musste jedoch durchgreifen wenn das Stutfohlen zu sehr drohte - sonst würde es später gefährlich werden. Charivari war schon weiter im Umgang, sie gab alle vier Hufe brav und hielt sie erfreulich lange oben, ohne dabei ungeduldig zu stampfen. Sie sah auch körperlich fast fertig aus, aber die Kruppe war noch höher als der Widerrist und verrieht, dass sie wohl trotzdem noch ein gutes Stück wachsen würde. Im Moment war an ihrem Hals fast nichts dran - ich hoffte, dass sich das ebenfalls noch entwickeln würde. Sie gefiel mir sonst sehr gut, ihr Braunton war schlicht aber dennoch speziell durch die hellen Beine, und ihr Schweif war durchzogen von hellen Strähnchen. Als Fohlen hatte sie eher wie ein Fuchs ausgesehen. Aber so deutlich rot wie Rune war sie nie gewesen. Das Ponyfohlen spielte gerade mit Dahu und hatte so gar kein Interesse am Hufegeben. Sie lief einfach davon, als ich sie holen wollte. Ich liess mich jedoch nicht abschütteln und fing sie dank meiner Erfahrungen mit Matinée problemlos ein. Auch Verdi hatte versucht das Training zu meiden, ebenfalls erfolglos. Nach dem Training ersetzte ich noch rasch das Halfter von Lando, denn mir war aufgefallen, dass es ihm etwas zu gross war. Die Fohlen trugen auf der Weide keine Halfter, aber für das gelegentliche Training wie heute brauchten sie eines. Louvré schlich mir hinterher. "Still haven't got enough?", fragte ich schmunzelnd, stellte dann aber fest, dass er gar nicht an mir interessiert war. Er bedrängte nämlich gerade Zira, die sich hinter mir versteckte und den Schwanz einzog mit seiner rosa Schnauze. Bevor der freche Jungspund ein Stück aus meiner armen Malinois Hündin beissen konnte, verliessen wir die Weide. Zira trottete erleichtert voraus und begrüsste Lewis mit einem halbherzigen Schwanzwedeln. "What are you making for lunch today?", fragte er im Vorbeigehen. "Spaghetti." "Bon appetit! Lisa is trying some asian stuff, but it has ginger in it. I don't like the taste." "That's a shame. But you can't possibly work all afternoon without proper lunch, Lewis." "I've had a banana." "Nah, that ain't enough. Come on, if you help me prepare, you can have some spaghetti, too." Seine Augen verrieten Begeisterung und er machte kehrt um mir zu folgen. "Kiwi can wait a little longer", bemerkte er noch, fröhlich grinsend.
      Wir assen alle gemeinsam. Lily und Lewis hielten einen Wettbewerb ab, wer die Teigwaren am schönsten aufwickeln konnte - Jonas musste Schiedsrichter spielen. Nach einer Weile erzählte Lily von ihrem aktuellen Schulprojekt; sie und ihre Klassenkameraden mussten ein Theatetstück zu Weihnachten aufführen. "We thought about making a donkey costume, but it's turning out quite horrible..." Wir lachten herzhaft über ihre Ausdrucksweise. "Why do you need a donkey?", fragte Jonas neugierig. "It is part of our plot. The donkey has to eat the bread that was meant as a gift for Maria." Lewis zuckte mit den Schultern, als wäre die Lösung offensichtlich. "Just take the real thing then. As I recall, we have one standing around, eating all day." "Zazou?" Lewis nickte selbstzufrieden. Ich warf ein "he's not exactly used to be around many children, though. Besides, he is piebald. Isn't the donkey in the stories just gray?" "We're not sticking to the original version anyway. So he might as well be piebald or white or whatever. We'd have to train him a little, of course", beharrte Lily. Ich überlegte, dann beschloss ich, um keine Spassverderberin zu sein: "Hmm, actually I don't see a problem, as long as we prepare him carefully. Can you invite your classmates over to help get him used to crowds?" "Sure." "Alright. Tomorrow after school." Lily nickte zufrieden und Lewis grinste triumphierend.
      Am Nachmittag zogen immer mehr Wolken auf, und gerade als ich mit Summertime auf den Sandplatz wollte, begann es zu tropfen. Zuerst ignorierte ich es, aber der kalte Schnee-Regen war alles andere als angenehm, weshalb ich schliesslich aufgab und mich mit der Painthorse Stute in die Halle zurückzog. Dort waren wir so frech und nutzten gleich den Stangenparcours mit, den Lisa für Chanda aufgebaut hatte. Wir blieben nicht die einzigen; nach und nach kamen weitere Pfleger rein, die eigentlich Ausritte geplant, oder ebenfalls auf den Reitplatz gewollt hatten. Darren und Dancer, David und Hallu, Anne und Colour Paint. Zuletzt kam sogar noch Oliver mit Vai Alida rein. Es herrschte Abreitplatz-Atmosphäre, man musste aufpassen, wo man hinritt und die Augen auf allen Seiten offen halten. Aber es machte mir nichts aus, im Gegenteil. Ich mochte es, die Pfleger zwischendurch beim Reiten zu beobachten und zu sehen wie meine Pferdchen liefen - von aussen. Wenn man selber obendrauf sass, ging das nicht so gut. Wir hatten zwar Spiegel in der Halle, aber es war trotzdem nicht dasselbe. Summertime fühlte sich gut an. Sie lief schön im Takt und liess sich leicht versammeln. Die Galoppübergänge waren prompt und sie rollte schön vorwärts. Scheinbar hatte ihr das Stangentraining am Vortag mit Lisa gutgetan und sie gelockert. Ich genoss die Dreiviertelstunde leichter Arbeit mit ihr und liess sie im Anschluss ausgiebig austraben.
      Bis zum Feierabend verbrachte ich noch viel Zeit mit den Miniature Horses, ging auf einen Ausritt mit Artemis und den Mädels (inklusive Suri und Scoot); und schmuste vor dem Lichterlöschen mit Winter, Spot und Light. Ich hätte den ganzen Abend mit ihnen verbringen können - sie konnten nicht genug Aufmerksamkeit und Zuneigung bekommen. Wie kleine Kinder waren sie voller Flausen und wollten Beschäftigung. Ich liebte es, manchmal einfach nur bei ihnen zu stehen und mit ihnen herumzualbern oder ihnen dabei zuzusehen, wie sie miteinander auf der Weide rauften.

      Die Festtage rückten unaufhaltsam näher. Lily und ich trainierten fleissig für Zazous grossen Auftritt - und der Aufwand lohnte sich. Das bescheidene Theaterstück wurde ein voller Erfolg, und sogar der Schulleiter wohnte ihm bei. Natürlich war unser Scheckesel der heimliche Star der Aufführung, aber auch die Kids bekamen grossen Applaus für ihre Darbietung. Es war ein gelungener Abschluss für das Schuljahr. Lily schmiss zuhause als erstes ihren Rucksack in die abgelegenste Ecke ihres Zimmers, und verbrachte von da an den grössten Teil ihrer Ferien bei den Ponys, zusammen mit Suri. Weihnachten kam und ging wieder vorüber, dann das neue Jahr und mit ihm meine beiden neuen Ponystuten. Ich war gespannt darauf, was dieses Jahr mit sich bringen würde. Aber egal wie die Zukunft für uns aussah - hier und jetzt war ich glücklich, und lebte jeden Augenblick.
    • Sosox3
      Trainingsbericht
      August 2020
      Military E-A
      Military E-A
      31.08.2020 - 3'647 Zeichen - 6 Pkt.

      Nach dem erfolgreich durchgeführten Springtraining am frühen Morgen, wollten wir am späten Nachmittag mit ein paar Pferden in Richtung London fahren, um auf einer Geländestrecke in der Nähe zu trainieren. Der "Springgarten", wie wir ihn gerne nannten, war erst vor etwa einem Jahr erstellt worden und bot eine Vielzahl von verschiedensten Naturhindernissen. Auch HMJ Honesty wollte ich heute mitnehmen, denn das Militarytraining eignete sich hervorragend, um jungen oder unerfahrenen Pferden mehr Mut beizubringen. Nebst der Mustangstute nahmen wir auch Cambria, Woody, Karat, Reverie und Shira mit. Ausserdem fuhr uns Rosie mit Namuna, Tayr und Mansur hinterher. Auf dem Trainingsgelände angekommen, luden wir die Vierbeiner aus dem Lastwagen und sattelten sie. Bis auf Woody und Honesty hatten wir allen Transportgamaschen angezogen. Woody stand meistens ruhig im Anhänger und Honesty war sich die Gamaschen nicht gewöhnt, ausserdem hatten sie beide robustere Gliedmassen als die feinen Warmblüterchen. Sobald alle bereit waren, führten wir die Pferde ein Stück über den kurzen Rasen, bis zum erstbesten Baumstamm, den wir zum Aufsteigen nutzen konnten. Danach ritten wir sie auf dem Sandweg um das Gelände herum warm. Ich sass natürlich im Sattel von Honesty. Die Scheckstute trottete den Warmblütern eifrig hinterher, als wollte sie ihre Herde nicht verlieren. Ich versuchte immer wieder mehr oder weniger erfolgreich, ihre Aufmerksamkeit auf meine Hilfen zu lenken. Aber es gelang mit erst vollständig, als wir mit dem ersten Hindernis begannen. Die Aufwärmübung bestand darin, einen kleinen Baumstamm, gefolgt von einer niedrigen Stufe und anschliessend einem weiteren Baumstamm zu überwinden. Wir liessen die Pferde am Anfang im Trab auf die Hindernisse zugehen, damit sie Zeit hatten, sich alles anzusehen. Cambria, die schon ein paar Military-Trainings hinter sich hatte, hüpfte leichtfüssig vor uns auf den Absatz, sodass Honesty ihr zuversichtlich folgte. Ich lobte die Scheckstute ausgiebig, als sie auch über den zweiten Baumstamm einen kleinen aber feinen Hüpfer nahm. Als nächstes versuchten wir uns an einem weiss umrahmten Graben. Den fanden alle bis auf Cambria ziemlich unheimlich. Besonders bei Reverie dauerte es eine Weile, und wir mussten zur Hilfe alle Pferde auf die andere Seite des Grabens stellen, um sie zu locken. Karat hingegen stoppte zwar, sah sich den Graben dann aber ganz genau an und nahm kurz darauf einen Satz darüber, mit ein paar anschliessenden, übermütigen Bocksprüngen. Überhaupt waren die Pferde sehr energievoll unterwegs; gelegentlich hörte man ein Quieken oder Grunzen, über oder nach einem Sprung, und das ein oder andere Gehampel war auch nicht zu vermeiden. Die Zeit ging so rasch vorüber, dass ich ganz überrascht auf die Uhr sah, als es bereits eindunkelte. "Okay folks, enough for today ", rief ich quer durch den Garten. Wir liessen die Pferde austraben und zum trocknen ohne Sattel ein wenig grasen. Duschen mussten wir sie zuhause aber dennoch.
      Als alle wieder in ihren Boxen standen und die Reste der abendlichen Heuration sortierten, holte ich Maekja raus. Auch mit ihr wollte ich noch ein wenig Military üben, allerdings nur in unserem Hauseigenen kleinen Parcours. Ich schaltete das Flutlicht ein, denn mittlerweile war es dunkel. Wir wärmten uns rasch auf, dann übte ich eine halbe Stunde lang intensiv mit ihr. Wir komzentrierten uns vor allem auf den kleinen Teich, denn Einsprünge ins Wasser machten ihr noch etwas Angst. Sie überwand sich für mich und schaffte alle von mir gestellten Aufgaben. Zufrieden lobte ich sie und liess sie am langen Zügel auf der Ovalbahn trockenlaufen.
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  • Album:
    Evergreen Acres
    Hochgeladen von:
    Sosox3
    Datum:
    13 Apr. 2022
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  • HMJ Honesty

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    sire: Unknown
    dam: Unknown

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    Rasse: Mustang
    Stute | 5 Jahre (**.**.2018)|
    142cm
    Farbe: dark chestnut tobiano| Dunkelfuchs mit Tobianoscheckung
    ee aa Toto

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    Honesty erscheint auf den ersten Blick als Hengst. Sie trägt den Kopf immer sehr weit oben und stellt ihren Schweif auf. Auch im Verhalten ist sie sehr hengstig und oft aufgeregt, wenn neue Pferde in der Nähe sind, die sie am besten immer als erste begrüßen möchte.
    Ist Honesty von etwas begeistert, dann ist sie davon nicht mehr abzubringen. Versucht man es, so reagiert sie sehr eigenwillig und arrogant und auch wenn man es ihr nicht ansieht, so hat sie doch sehr viel Kraft in sich, die sie auch gerne gegen Menschen einsetzt. Sie ist sehr von sich überzeugt und wirkt oft abweisend gegenüber Menschen, zeigt aber auch sehr ehrlich, wenn sie mag.

    Hält Honesty etwas für gefährlich, wird schnell angegriffen und die Offensive übernommen, da hält sie auch kein Strick oder Zaun mehr auf.
    Honesty wurde von einem Bauern in einer Kuhherde gefunden. Ihre Herkunft oder Vorerfahrungen lassen sich daher nicht weiter zurückverfolgen.

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    Besitzer: Tiara Everdeen
    Zucht: -
    Reitbeteiligung: -
    VKR: Canyon


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    Trainingsstand

    -

    Platzierungen: 0/0/0
    Training: active

    Western LK5 LK4 LK3
    Reining LK5
    Trail LK5
    Military A

    Reining + Trail

    Klasse E - LK5
    -


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    Zuchtinformation

    Zuchtverfügbarkeit: [​IMG]

    Zuchtbedingungen
    -


    Nachkommen: -

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    Bilder

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