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Mohikanerin

// Harlem Shake LDS [3]

a.d. Götterdämmerung LDS, v. Vintage

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// Harlem Shake LDS [3]
Mohikanerin, 22 März 2022
Canyon, Wolfszeit und Sosox3 gefällt das.
    • Mohikanerin
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      kapitel fyrtio | 03. November 2022

      Maxou / Northumbria / Mondlandung LDS / Anthrax Survivor LDS / Forbidden Fruit LDS / Legolas / HMJ Divine / Just A Bear / Heldentum LDS / Astronaut in the Ocean LDS / Harlem Shake LDS / Outer Space / Moonwalker LDS / Meltdown / Pay My Netflix / Henade / Millennial LDS

      Vriska
      Nicht anders als erwartet, klingelte der Wecker wahnsinnig früh. Lars sprang beinah aus dem Bett, der Gesichtsausdruck ebenso müde wie meiner. Wir schwiegen, aber stellten durch reinen Augenkontakt sicher, dass es auch besser war. Während er zunächst das Badezimmer besuchte, schaltete ich die Kaffeemaschine ein. Sie piepte.
      „How dare you”, murmelte ich und füllte den Wassertank auf, wie sie es mir auf kleinen Display als Fehlermeldung ausgab. Einige Wassertropfen gingen daneben. Seufzend griff nach dem Küchentuch am Haken und wischte jene weg. Beide Kaffees waren bereits umgefüllt in Thermobecher, als mein Kollege endlich aus dem Bad kam. Jeder, der mir vorwarf, dass ich am Morgen Stunden darin verbrachte, kannte Lars nicht! Ich ärgerte mich noch etwas darüber, als ich im Anschluss den Raum betrat und wir wenig später zum Stall trödelten.
      „Wie immer?“, fragte er mit kurzen Worten. Damit meinte er, dass wir erst die Tröge in den Boxen füllten und im Anschluss ihre Bewohner holten. Es folgten die Hengste von den Paddocks und zum Schluss die Stuten.
      Die ersten zwei Arbeitsstunden vergingen. Nur langsam näherte sich die Sonne, an dem eher kühlen Tag und ich überlegte, womit ich anfangen sollte. Aus den wenigen aktiven Rennpferden wurden gefühlt immer mehr. Beinah wöchentlich kam Tyrell auf die Idee, ein weiteres Jungpferd von der Weide zu holen und uns damit zu beauftragen, es anzufahren. Immerhin beschäftigte er sich ebenfalls mit den Tieren bei der Bodenarbeit. Hinten und vorn kam ich durcheinander und war froh, wenn nur zwei Tiere für den Tag an mich zugeteilt wurden. Humbria hatte Pause, schließlich stand ein Rennen morgen an. Um mich zu gewissermaßen, wer noch mitkommen würde, holte mein Handy hervor. Tatsächlich waren es mehr als sonst. Sieben Pferde standen auf der Liste, zwei mehr, als wir durchschnittlich transportierten. Vielleicht lag es auch am Standort. Die Konkurrenz in Mantorp war überschaubar, mittelmäßig, ebenso die Dotierungen – dafür war die Stallanlage wunderschön und gepflegt. In der kleinen Gemeinde selbst gab es kaum etwas, neben der Trabrennbahn und Rennstrecke.
      „Was sitzt du hier herum, nichts zu tun?“, trat mein Bruder unverhofft in den Mitarbeiter-Raum herein.
      „Ich habe geschaut, welche Pferde morgen mitkommen“, erklärte ich.
      „Einige, soweit ich weiß“, sprach er, „ihr bleibt über Nacht, oder?“
      „Meiner Kenntnis nach, ja. Wieso?“, skeptisch schielte ich über meine Brille zu ihm hinüber. Mit verschränkten Armen stand er an den Küchentresen gelehnt, als gäbe es ein Problem.
      „Du hast Geburtstag. Willst du diesen nicht feiern?“, rückte er mit der Sprache heraus.
      „Nein?“, schrie ich beinah hysterisch und drückte mich mit den Händen von der Tischplatte ab, um aufzuspringen.
      „Schon gut. Ich wollte nur nachgefragt haben“, zuckte Harlen zurück. „Nimmst du deine Freundin wenigstens mit?“
      „Wir haben nicht darüber gesprochen“, gab ich achtlos zu verstehen und stürmte hinaus. Auf Gespräche wie diese hätte ich verzichten können, primär meinen Bruder sollte klar sein, dass dies ein schlechtes Thema am frühen Morgen. Oder allgemein.
      Verloren irrte ich durch den Stall, versuchte eine Aufgabe zu finden, was hinsichtlich der Müdigkeit und des allgemeinen Befindens alles andere als leicht erschien. Mehrmals lief ich den langen Gang an den Boxen vorbei, schaute zwischendurch zu den Pferden, bevor ich vor Frust den Weg zur Hütte einschlug. Allerdings kam ich nur bis zum Ende der Boxen, denn da stand Lars, mit Mola am Strick. Diesen übergab er mir.
      „Hier, du fährst mit ihr“, sagte er.
      „Warum? Lina arbeitet doch mit ihr“, wunderte ich mich zugleich und strich der neugierigen Stute über die Nase. Sie musterte mich mit ihren treuen Augen. Sanft spürte ich den warmen Atem aus den Nüstern auf meiner Haut, verwehte dabei einige Strähnen aus dem Gesicht.
      „Sie fährt aber nicht und du kannst besser mit Stuten umgehen als ich. Auch, wenn ich das ungern zugebe“, grinste mich mein Kollege an.
      „Na gut, hoffentlich nehme ich dir nicht die Arbeit weg“, gab ich mit einem Schmunzeln zurück.
      „Oh nein, wie schade, ein Pferd weniger. Da werde wohl wieder schlecht schlafen“, lachte Lars, dann verfinsterte sich die Miene, „Ich bin dir tatsächlich sehr dankbar, weil Anti sprang, abermals in das Gitter der Führanlage und nun spinnt der Motor.“
      „Und warum macht dein Papa das nicht?“
      „Der hat anderes zu tun“, erklärte er im Gehen, „bei den Stuten ist schon wieder die Heizung ausgefallen, deswegen funktionieren die Tränken nicht.“
      „Langsam bräuchten wir einen Haustechniker“, rief ich ihm noch nach. Nur unklar schwang eine Antwort an mich heran, die allerdings im Windzug und zwischen den Pferdegeräuschen unterging.
      „Und was machen wir beide?“, tätschelte ich Mola am Hals. Zusammen standen wir in der Putzbucht, die Stricke am Halfter befestigt und ich suchte mal wieder nach einer Bürste. Seit einigen Tagen lagen die Dinge nicht mehr Regal, sondern überall verteilt. Unglaublich, wer hinterließ nur so ein Chaos? Letztlich holte eine der Putztaschen aus der Sattelkammer und befreite das Pferd vom Staub. Schwer waren ihre Augenlider und der Atem ruhig. Ebenso still wie der Stall – keine blöden Sprüche aus der Halle, keine gezwungenen Gespräche – nur der Wind an den Scheiben und das Hufgetrappel auf dem Beton.
      Mola war sauber, trug den kürzesten Gurt, den ich fand und eine schwarze Unterlage. Über das Vorzeug dachte ich nur einen Moment nach, griff nach dem Erstbesten. Es fehlte nur noch der richtige Beinschutz sowie ihre Trense.
      Mit dem Sulky eingehängt, führte ich sie hinaus. Wir lenkten in den Wald ein. Frische Spuren mehrerer Pferde zeichneten sich in Sand, was sich nur auf Lina und ihre Gefolgschaft zurückführen ließ. Durch leichtes Zupfen an den Leinen blieb Mola stehen, spitzte die Ohren und ich versuchte ebenfalls herauszufinden, wie weit sie entfernt waren. Im Surren der Baumkronen flatterten Vögel hervor und leise schwebten einige Nadeln herunter. Mola lief auf Kommando wieder an. Ich wollte niemandem begegnen, also ging ich auf die mittlere Grasbahn, auf der für gewöhnlich nicht geritten wurde. Mich belastete der bloße Gedanke, dass ich Linas Pferd am Wagen hatte, obwohl sie es nur pflegte. Jede Begründung in meinem Kopf ergab nur wenig Sinn, dennoch konnte ich mich nicht davon lösen. Mir fiel es zwar leicht, ein Pferd abzugeben, dennoch bedeutete die Abgabe meistens den generellen Verlust. Fruity, die mittlerweile in Kalmar stand, war eins davon. Sie zu sehen, schmerzte, obwohl sie bei der Familie gut aufgehoben war. Manchmal erzählte Eskil mir vom gemeinsamen Training, aber ich hörte nie richtig zu.
      Nach einer Runde im Schritt trabte ich locker an und hielt das Tempo. Mola streckte sich. Wie die meisten unserer Traber, zog sie nicht an den Leinen, sondern wartete darauf, dass man nachgab. Ihren Kopf hielt sie selbst und fand damit selbst die Balance, sodass ich nur ihr Tempo über die Stimme regulierte. Meinen Blick richtete ich auf den kleinen Monitor vor mir. Gleichmäßig blieb ihre Herzfrequenz. Besonders bei den jungen Tieren war es wichtig auf Ausdauer zu setzen, damit sich der Herzmuskel langsam stärkte, sonst konnte es zu bösen Verletzungen kommen. Eine halbe Stunde später kamen wir zum Hof zurück. In der kalten Luft dampfte sie und wirkte dabei wie ein kleiner Drachen. Schmunzelnd stieg ich vom Bock und führte sie in die Stallgasse hinein. Dort herrschte ein reges Treiben, denn offenbar war Lina mitsamt ihrem Hofstaat bereits zurückgekehrt. Lego döste entspannt unter dem Rotlicht, während sein Reiter die Beine vom Dreck bespritzten Stoff befreite. Alle weiteren Pferde standen ordnungsgemäß zwischen den Anbindepfosten. Oder besser fast alle. Divine schob, begleitet von einem kratzenden Geräusch seine Futterschüssel, quer über die Stallgasse und hinterließ dabei einen Spurt aus Hafer, als wolle er wie Hänsel und Gretel seinen Weg markieren. Leicht schockiert blickte ich in die Menge, beinah erstarrt, doch Mola stupste mich an, als würde sie mich erinnern wollen, dass ihr kalt war.
      „Oh, Hallo“, lächelte Sam, die als erste Notiz von mir nahm. Freundlich stellten sich die Ohren des rundlichen Fuchses zu ihrer Linken auf.
      „Godmorgon“, murmelte ich überfordert von der Situation, schließlich bin ich bis zur letzten Sekunde davon ausgegangen, niemanden anzutreffen. Doch nun musste ich mich dem stellen, dass ich Mola gefahren war. Hitze stieg in mir auf, trotz der Kälte.
      „Wer ist denn das hübsche Tierchen?“, fragte die Schweizerin interessiert und hielt der Stute die Hand zum Beschnuppern hin. Neugierig bewegte sie ihre Lippe in die Richtung, aber begann dann, sich an ihr zu reiben. Mit dem Finger im Gebissring zog ich sie weg.
      „Mola“, antwortete Lina ihr, „das Jungpferd, was ich ausbilde. Na ja, zu teilen zumindest.“ Sie klang freundlich, wie immer, doch das standardisierte sanfte Lächeln ließ eine Regung nur schwer erkennen.
      „Und heute musste ich sie fahren“, murmelte ich gedrückt, bewusst den Augenkontakt meidend.
      „Wie war’s, hat die Kleine sich benommen?“, erkundigte sie sich interessiert. Falls es sie störte, dass jemand bei „ihrem“ Pferd mitmischte, ließ sie sich das nicht anmerken. Laut schepperte es, als Ivy auf seinem Weg eine Boxentür rammte. Lina zupfte leicht an seiner Mähne, woraufhin er den Kopf hob und sie ihn zurück dorthin führte, wo er ursprünglich gestanden haben musste, zumindest ließen die Hufglocke mit den Ottern dies vermuten. Von seinem neuen Standort aus ging nun die Suche nach den Futterkrümeln los. Warum konnte sie nicht wie jeder andere das Pferd befestigen? Innerlich schüttelte ich mit dem Kopf.
      „Ja, alles gut. Die Herzfrequenz schwankt noch, aber es geht Bergauf“, erklärte ich zuversichtlich, „in zwei Monaten spätestens soll sie in die Qualifikation.“
      „Das ist schön zu hören“, nahm sie die Information zur Kenntnis und befestigte inzwischen doch die Halteseile an ihrem Pferd, welches geradewegs eine fremde Futterschüssel ansteuert. Nach kurzem Schweigen führte ich Mola schließlich vor den neugierigen Blicken aller vorbei, selbst Niklas stand dabei und sah beinah mitleidig aus.
      „Ich gehe dann“, verabschiedete ich mich zittrig in der Stimme.
      „Ist alles in Ordnung mit dir?“, kam Lina mir nachgelaufen.
      „Ja … nein, keine Ahnung. Hat Niklas dir nichts erzählt?“, flüsterte ich. Am Gurt löste ich die Sicherheitsschnallen und drückte den Verschluss hinunter, um den Sulky herauszunehmen. Mola drehte sich einmal neugierig zu mir um, aber verharrte auf der Stelle. Erst dann befestigte ich sie in der Gasse.
      „Erzählt?“, fragte sie irritiert, „Ich weiß nicht …“
      „Interessant … nun, ich hatte gestern sehr freundlichen Besuch“, seufzend rollte ich mit den Augen und fummelte die Leinen auf dem Geschirr heraus, „Nelly ging davon aus, mir ihre Meinung zu unterbreiten, auch wenn sich mir noch nicht ganz erschließt, wie sie herausfinden konnte, wo ich wohne.“
      „Was? Das ist ja heftig“, mit weit geöffneten Augen blickte sie mich an.
      „Joa. Ich soll mich von Basti fernhalten, aber er antwortet mir ohnehin nicht, also passt schon“, murmelte ich. Den Gurt hob ich vom Rücken und legte ihn über die Mauer. Das Gebiss hängte ich an den Verschluss. Erleichtert schüttelte sich die verschwitzte Stute.
      „Oh nein, das tut mir leid“, entgegnete sie mitfühlend, „kann man dir irgendwie beistehen?“
      „Keine Ahnung“, ich zuckte mit den Schultern und schaltete den Wasserhahn. Ich wartete, bis es wärmer war und begann, den Schweiß aus dem Fell zu waschen. Lina ging einen Schritt zurück, um dem Strahl auszuweichen.
      “Was hältst du davon, wenn wir uns heute einen netten Abend machen, nur wir zwei?”, schlug sie vor, “Oder möchtest du lieber Zeit für dich?”
      „Kommst du morgen nicht mit?“, umging ich ihre Vorschläge. Mit weichen Knien tastete ich mich wieder zum Hahn vor und stellte diesen ab.
      “Es fragte mich bisher keiner gefragt, aber gerne komme ich mit”, entgegnete sie.
      “Jemand muss doch die Pferde trocken führen”, grinste ich.
      “Ach, du suchst noch einen Sklaven”, lachte sie, “Na gut, weil du es bist.” Sanft strich sie Mola über die nach vorn gestreckter Schnauze.
      “Es zählt zum Arbeiten, also bekommst du dein Geld”, nahm ich ihr den Wind aus den Segeln. Am Ende des Tages kamen wir alle gut klar, natürlich, Tyrell gab uns auch Verpflegungsgeld mit.
      “Ist ja gut, darum geht es doch gar nicht”, lächelte sie, “Ich wäre auch so mitgekommen.”

      15:30 UHR

      Nachdem Mola aufgefressen hatte und trocken war, konnte sie zurück auf dem Paddock. Von dort nahm ich das nächste Pferd mit in den Stall, um erneut zur Bahn zu fahren. So ging es noch ein paar Mal, bis der Plan mir keine weiteren Tiere anzeigte. Zwischendrin traf ich auf Lars, der sich den Hengsten widmete. Gerade, als ich Feierabend machen wollte, holte er mich zurück.
      „Wo willst du hin?“, fragte er verwirrt und ich drehte auf der Ferse um.
      „Auf die Couch“, antwortete ich trocken.
      „Aber Lina darf doch den Bären kennenlernen“, lachte Lars. Mir erschien kein Licht, als dass mir diese Information bekannt war.
      „Okay, schön. Was habe ich damit zu tun?“, hakte ich unbeteiligt nach.
      „Wir hatten gestern darüber gesprochen“, runzelte er die Stirn, „du kannst natürlich auch gehen, aber sie freut sich sicher. Außerdem ist Hulk mittlerweile nach Hause.“
      Lars tat beinah so, als wäre der Kerl ein Problem für mich, obwohl er in letzter Zeit ganz erträglich war – insbesondere, wenn ich an die Nacht dachte. Ein zartes Lächeln zuckte über meine Lippen und ich entschloss, noch zu bleiben. Zusammen liefen wir zum Anbinder, an dem Lina bereits, wie ein Reitschüler um das helle Pferd huschte, mit einem breiten Strahlen im Gesicht. Es schien beinah so, als wäre ihr Traum in Erfüllung gegangen, obwohl der Gedanke ziemlich weit hergeholt war.
      “Schön, beehrst du mich auch, Vriska?”, sprach sie beschwingt.
      „Natürlich, der Teddy bringt dir sicher neue Perspektiven“, brachte mich ihre Art ebenfalls auf Glücksgefühle, obwohl ich vor Minuten noch überlegt hatte, wie ich für ein paar Monate erneut verschwinden könnte. Lars, der sonst seine Blicke auf mich richtete, hing an Lina. Das Funkeln in seinen grünen Augen und diese gewissen Züge im Gesicht ließen nur erahnen, woran er gerade dachte. Ich beobachtete ihn nur für kurzen Moment, bevor ich ihn in die Seite zwickte und er sich krümmte.
      „Ey, was soll das?“, empörte er sich. Bears Ohren drehten interessiert in unsere Richtung und auch Lina drehte sich um. Da meinerseits keine Antwort kam, richtete sie sich dem Pferd hin und zurrte den Gurt fest.
      „Sie hat seinen Freund. Denk gar nicht daran“, flüsterte ich ihm ins Ohr.
      „Weiß ich doch“, schmunzelte er selbstsicher und zog eine Augenbraue verdächtig hoch.
      Lina und Bear waren so weit. Sie klickte den Verschluss des Helmes zu. Zusammen liefen die drei vor, ich folgte stumm. Aus dem Schrank hatte ich mittlerweile mein Handy geholt, scrollte die Benachrichtigungen auf dem Sperrbildschirm durch, aber entdeckte nichts, das meine Aufmerksamkeit bedarf. Lars gab Lina noch wichtige Tipps an die Hand, bevor er die Hand in den rechten Bügel drückte und sie sich in den großen Sattel schwang. Behutsam drückte sie die Beine in die Seite, während ihre Hände noch die langen Zügel sortieren. Der stämmige Hengst wurde mit vier an der Zahl geritten. Zwei davon führten zum Gebiss, die anderen zum Kappzaum.
      Von der Seite kam Nour angelaufen.
      „Oh, Lina reitet das Bärchen!“, stellte sie mit Begeisterung fest und setzte sich neben mir auf das Holz. Ihre schwarzen Haare hatte sie heute mal wieder offen, wie auch alle anderen Damen am Hof, bevorzugte sie einen Pferdeschwanz und an manchen Tagen trug sie diese sogar geflochten. Meistens war Lina der Grund dafür, denn sie diente ihr häufig – in Bezug auf die Haarpracht – als Vorbild. Tatsächlich bemerkte ich immer häufiger, wie wir uns alle an Lina orientierten.
      „Aber was sitzt du denn hier wie ein nasser Sack?“, fragte Nour nach Minuten der Stille. Lars war beschäftigt mit dem Reitunterricht, denn im Gegensatz zu den Freibergern, erwies sich Bear als sehr fein an den Hilfen. Jeder Druck zu viel am Bein bewegte den Hengst dazu, das Tempo zu erhöhen.
      „Ich weiß auch nicht, Nour. Es ist ziemlich viel im Moment“, hielt ich mich bedeckt, ihr Gegenüber, wissend, dass es sonst jeder wusste binnen Stunden.
      „Nelly hat es erzählt“, blickte sie mich mitleidig an.
      „Was denkst du denn? Bin ich zu weit gegangen?“, begann ich tatsächlich Rat bei ihr zu suchen, aber sie war mir das auf eine gewisse Weise auch schuldig. Schließlich war Nour es, die unbedingt eine Verbindung zwischen uns aufbauen wollte.
      „Nein, du hast dich richtig verhalten. Dass Basti wieder ankam, war doch auch nur eine Frage der Zeit“, sagte sie und lächelte.
      „Wie meinst du das?“, nachdem mir erzählt wurde, dass er kalt sei und kaum Gefühle zu ließ, hätte mich nicht darauf schließen lassen. Viel eher ging ich davon aus, ihn unglaublich nerven zu müssen, um Kontakt aufzubauen.
      „Vivi, der steht auf dich. Was denkst du, wieso er mit dir Essen geht und bei seinen Freunden auch dich dahaben möchte?“, sprach sie die Umstände aus, vor denen ich Angst hatte, zu denken.
      Unklar seufzte ich.
      „Es bringt nur nichts, wenn er eine Freundin hat“, murmelte ich.
      „Das stimmt. Hast du ihm das gesagt?“, hakte Nour weiter nach, die Worte mit Bedacht gewählt. Etwas war anders an ihr, tatsächlich fühlte es sich wie ein freundliches Gespräch an. Sonst lag eine gewisse Neugier in der Luft, die nun versteckt, im Inneren verstaut war.
      „Indirekt, aber er hat mir bereits klargemacht, dass er Nelly nicht verlassen wird. Damit ist das Thema für mich durch und ich muss ihn ziehen lassen“, sprach ich gedrückt zu Ende und starrte zum wiederholten Mal auf mein Handy, dass ich mittlerweile aus der Hose herausgeholt hatte. Lag mit dem Bildschirm nach unten auf dem Holz. Nour bemerkte dies natürlich.
      „Du vermisst ihn, stimmt das?“
      „Sehr, ja“, gab ich zu, „aber Lars hat gesagt, dass ihm Zeit geben soll. Wenn er mich braucht, wird er sich melden.“
      „Das klingt aber nicht danach, dass du ihn ziehen lassen möchtest“, scherzte sie.
      „Ich habe meinen Namen gehört“, drehte sich Lars auf der Reitbahn zu uns. Auf dem Zirkel bei A galoppierte Lina gerade, versuchte die großen Sprünge des Hengstes zu sitzen, aber wurde im zu großen Sattel nach vorn geschoben. Die starke rote Färbung ihres Gesichtes ließ mich nur ahnen, wie viel Kraft sie aufwenden musste.
      „Vergiss nicht zu atmen“, rief er ihr noch zu und stand dann mit den Armen auf der Bande vor uns.
      „Tatsächlich ja“, grinste ich, auf seine Anmerkung antwortend.
      „Aber es dreht sich nicht alles um dich“, trug Nour dazu bei. Die Geschwister sahen einander mit abschätzigen Gesichtszügen an, als würden sie genau die Gedanken des anderen hören können, während ich nichts verstehend daneben saß.
      „Worüber quasselt ihr? Vivi scheint mir ziemlich fröhlich“, blickte er skeptisch zu mir, als dürfte ich nur schlechte Laune haben.
      „Ihre Beziehung“, grinste Nour überzeugt.
      „Du meinst wohl eher, die Wunschvorstellung von einer“, zischte er. Aua. Das saß tief. Wie eine Diva drückte Lars sich vom Holz weg und stiefelte zurück in die Mitte.
      „Es gibt Tage, da ist er komisch. Hör nicht auf den“, versuchte sie mich wieder auf bessere Laune zu stimmen, aber das Thema war emotional durch. Schweigend saßen wir im Zuschauerbereich und beobachteten Lina, bis sie fertig war mit Bear. Lars wurde ungnädig, forderte viel von ihr und brachte sie ans Äußerste. Vermutlich konnte meine Kollegin damit einiges lernen, aber deutlich spürte ich die Frustration, die in Form von weiteren Fehlern ans Tageslicht kam. Endlich gab er nach und ließ sie allein Abreiten.
      „Wir bringen dann die Pferde raus“, verabschiedete sich Lars für den Augenblick und begann, mit Nour die ersten Tiere aufs Grün zu bringen.
      “War das anstrengend und ich dachte bereits Nikis Ansprüche seinen hoch”, erschöpft hielt sie mit dem hellen Hengst vor mir an. Sabbert tropfte aus seinem Maul, während er zufrieden das Metall in seinem Maul bearbeitete.
      “Mit Lars ist nicht gut Blumen pflücken”, scherzte ich. Wenn ich es verglich mit meinen Stunden bei ihm, musste Lina deutlich mehr hinnehmen. Eine Einordnung war schwierig.
      “Ich merke schon”, lächelte sie matt, ”aber Bear hat Spaß gemacht.” Sanft klopfte sie dem Traber den Hals und wuschelte durch die bunte Mähne. Zum Sauber machen begleitete ich sie. Seitdem ich mehr mit den Rennpferden arbeitete, bevorzugte ich es, die Pferde komplett abzuspülen, dass der Schweiß zum Abfluss lief. Lina war mit dem Füttern beschäftigt und ich reinigte das weiße Pferd. Bevor das Wasser durchsichtig wurde, spülten sich Massen an Dreck heraus.

      20:40 UHR

      Inzwischen saß ich bei Lina, oder eher meinem Häuschen, auf dem Fußboden, ziemlich abseits der Gespräche. Auf dem Wohnzimmertisch standen mehrere leere Gläser und Flaschen, die wir bis dato getrunken hatten. Die Stimmung war locker, nur ich fühlte mich noch immer fehl am Platz. In meinen Händen hielt ich fest die braune Flasche mit einem halben Etikett, starrte durch den Hals auf den Grund. Ein letzter Schluck darin schäumte sanft und ein bitterer Geruch stieg in meine Nase. Leise seufzte ich.
      “Ist dir heute nicht nach Gesellschaft?”, fragte Lina sanft, die auf dem zum Kühlschrank an mir vorbeigeschlendert kam.
      “Weiß nicht. Ich kann leider nichts Sinnvolles beitragen”, klagte ich.
      “Das erwartet doch auch niemand von dir”, sprach sie gutmütig. Im Hintergrund klirrte es, als ein Glas umfiel. Glücklicherweise bestand der Inhalt nur aus wenigen Tropfen, die sich auf dem Tisch verteilten. Auf der Zunge zuckte ein Kommentar, aber die Worte verklebten meine Lippen.
      “Vielleicht sollte ich wieder gehen”, redete ich leise vor mich hin, ohne wirklich zu erwarten, dass es jemand mitbekam. Wie eine alte Frau drückte ich mich mit den Händen vom Parkettboden ab und stellte die leere Bierflasche beiseite, um meine Jacke zu holen.
      “Du willst schon gehen?”, rief Sam plötzlich quer durch den Raum, offenbar hatte sie nicht nur Augen für den einzigen Mann in der Runde.
      “Ja, ich störe doch nur mit meiner Laune”, grinste ich selbstironisch.
      “Du störst doch nicht”, leugnete sie meine Aussage. Wie zur Untermauerung dieser Aussage nickten Lina und auch Nour grinste freundlich.
      „Jetzt lass dich doch nicht so runterziehen, das wird schon“, stimmte Lars‘ Schwester an, obwohl sie genauso gut wusste, dass die Worte nicht mehr als hohle Phrasen waren. Natürlich musste ich da durch, aber es war leichter, als er mich beim ersten Mal ignorierte.
      „Ist doch schon gut“, rollte ich mit den Augen und holte mir ein weiteres Bier. Schließlich setzte ich mich mit in die Runde.
      “In welchem Semester studierst du jetzt, Enya?”, nahm die Schweizerin, das Gespräch wieder auf, während Lina die Gläser mit roter Flüssigkeit befüllte.
      “Ich bin jetzt im Elften. Im Mai bin ich endlich fertig”, erklärte sie und unterstrich dies mit theatralischen Gesten.
      “Oh, schreibst du also gerade deine Doktorarbeit?”, fragte Lina interessiert.
      “Nicht ganz”, lachte Enya, “Ich mache gerade mein Staatsexamen und die Doktorarbeit kommt erst danach. Aber ich weiß bereits, worüber ich schreiben werde.” Erwartungsvoll blickten die anderen drei Mädels die Schwedin an.
      “Wer hätte es gedacht, über Pferde”, grinste sie, “genauer gesagt soll es eine Forschungsarbeit über bisher unbekannte Farbphänomene werden.”
      “Oh, das klingt cool”, sprach Lina begeistert, “Wäre Mola nicht perfekt dafür?” Aufgeregt sprang sie auf und suchte wie wild nach ihrem Mobilgerät, das augenscheinlich nicht in näherer Umgebung zu liegen schien.
      “Was hast du vor?”, rief Samu der Brünetten hinterher, als sie aus dem Zimmer wuselte. Er bekam keine Antwort, stattdessen krachte es wenig später besorgniserregend.
      “Die fährt bestimmt wieder ihren Film”, schüttelte ich mit dem Kopf und formte die Beine in den Schneidersitz.
      “Renoviert sie da drin?”, scherzte Sam, als weitere undefinierte dumpfe Geräusche aus dem Zimmer erklangen. Ich zuckte mit den Schultern. Kurz darauf kam sie aus der Tür getreten und lief ins Badezimmer.
      “Ha, ich hab’s”, rief sie triumphierend und kehrte mit ihrem Handy in der Hand zurück, welches sie sogleich Enya vor die Nase hielt.
      “Langsam Lina, der genau Rahmen ist noch gar nicht festgelegt”, bremste sie die Kleine in ihrem Enthusiasmus aus, “aber es ist ein wirklich hübsches Pferd.”
      “Wir hatten auch noch einen weiteren Nachkommen, aber der ist mittlerweile in Kanada”, warf ich in die Runde.
      “Ihr verkauft sogar außerhalb Europas? Respekt”, sprach Sam anerkennend. Ich wusste, dass sie selbst züchte, allerdings wohl in deutlich kleinerem Rahmen, als wir es hier taten.
      “Traber werden versteigert und da weiß man nie, wo der Jährling landet”, erklärte ich wahrheitsgemäß, “und besonders die Tiere aus Schweden sind beliebt auf dem Markt. Ein Grund mehr, weshalb Tyrell hierher wollte.”
      “Taktische Standortwahl, wirklich geschickt”, nickte sie, “das kann ich nicht gerade behaupten.” Sie lachte selbstironisch.
      “Dass es keinen Kredit mehr gab, weil das Gestüt abgebrannt ist, gehört auch dazu und Freiberger als Freizeitpferde mit Sportpferden ist schwierig”, zischte ich teils zickig, teils genervt.
      “Jetzt reiß dich doch mal zusammen”, flüsterte Nour mir ins Ohr, aber ich schwieg. Die Schweizerin sagte nichts weiter, schüttelte nur kaum merklich den Kopf, doch Lina schienen die Worte förmlich auf der Zunge zu liegen. Eindringlich blickte der Finne ihr in die Augen, als wisse er genaustens, was sie tun wollte.
      > Anna sen olla
      “Lass gut sein”, sprach Samu, bevor auch nur ein einzelner Buchstabe ihre Lippen verließ. Es folgte ein intensives Blickduell, was beinahe wirkte wie eine stumme Diskussion, bis die Kleine schließlich aufgab und den Blick abwendete.
      “Möchte noch jemand was zu trinken?”, fragte sie in die unangenehme Stille hinein, leerte ihr Glas in einem Zug, um es gleich darauf wieder aufzufüllen.
      “Besser nicht, ich fahre morgen den Transporter”, erklärte ich und stellte die leere Bierflasche auf dem Tisch ab. Auch Nour, die bisher nur ein Glas getrunken hatte, lehnte ab. Bei den anderen erübrigte sich die Frage aufgrund der nahezu noch gefüllten Gläser, genauer gesagt der etwas längeren Heimreise, die Samu und seine Freundin zurückzulegen hatten.
      “Welche Pferde nehmen wir morgen eigentlich mit”, nahm sie den Themenwechsel auf und drückte den Korken wieder auf den Flaschenhals.
      „Viele“, beschloss ich, nicht jedes aufzuzählen.
      „Mill fährt morgen ihr erstes Rennen mit Papa. Und ich habe mir wieder Walker“, schloss Nour sofort dem Thema an. In ihren Augen funkelte es, schließlich ging es um ihren Liebling.
      „Klingt, als hätten wir morgen einiges zu tun“, stellte Lina fest, „Da bin ich gespannt, wie Milli sich schlägt bei ihrem ersten Mal.“
      „Vor allem ist es ein Bänderstart. Grundsätzlich konnten wir das gründlich üben, aber bei der Qualifikation zog sie sich wirklich gut ans Auto, also mal sehen. Sie fährt gegen sechs andere Pferde, also überschaubar“, erläuterte Nour näher, „ach Vivi, du fährst morgen den Heat mit Shaker.“
      „Wieso muss ich das machen? Kannst du nicht?“, versuchte ich mich aus der Affäre zu ziehen.
      „Nein, kann ich nicht. Der muss nach dem zweiten Rennen laufen und ich bin mit meinem im dritten“, zog sie einen schärferen Ton an. Dazu sagte ich nichts mehr, aber konnte mir schon ausmalen, welche Lachnummer es werden würde. Der Falbe hatte viel Temperament und war im Heat sehr angefixt.
      „Shaker klingt nach einem außerordentlich schnellen Pferd", brachte Sam sich in das Gespräch ein.
      „Geht so“, spielte ich ihn herunter, „er verliert schnell die Kraft. Deutlich mehr Power haben Astro und Walker.“
      „Vergiss Alfi nicht“, fügte Nour hinzu.
      „Warte, der alte Bock kommt auch mit?“, wunderte ich mich. Sie zuckte nur mit den Schultern, hatte wohl auch nicht viel mehr Informationen.
      „Das ist ja interessant, den hattet ihr doch ewig schon nicht mehr mit“, überlegte Lina.
      „Er war eigentlich verkauft, vielleicht hat es damit zu tun“, warf ich ein.
      „Gute Frage, aber ich glaube, der Typ ist abgesprungen. Zudem wird er es nicht leicht haben gegen Netflix und Melt“, fügte Nour hinzu.
      „Das sind doch die beiden von Nelly “, sprach Sam unbeirrt den Namen aus, den ich am aller wenigstens hören wollte. Sofort richtete sich große Schwarzhaarige neben mir zu mir. Ihre Augen blickten tief in meine, dabei bewegte sie den Kopf von links nach rechts.
      „Stimmt, aber schwieriges Thema gerade“, erklärte sie der Schweizerin. Die Fragezeichen standen ihr ins Gesicht geschrieben, doch sie wagte nicht mehr in Erfahrung zu bringen. Damit hatte sich aber beantwortet, wie die Olle mich finden konnte.
      „Lina, wann fahrt ihr denn morgen?“, fragte sie stattdessen.
      „Um zwölf Uhr wollen wir eingepackt vom Hof“, nahm sich Nour der Frage an, denn Lina wusste nicht einmal, wann der Renntag begann.
      “Perfekt, dann kannst du mir morgen früh ja noch das Problem bei Hanni zeigen ”, schloss sie daraus, woraufhin Lina zustimmend nickte. Das Gespräch nahm seinen Laut, während die Zeiger der Uhr unaufhörlich weiterwanderten.
      “Wir würden uns so langsam verabschieden”, erhob sich Enya, was auch ihren Freund in Bewegung brachte. Vor den Fenstern war schon lange die Dunkelheit eingekehrt und den meisten von uns, waren die Anstrengungen des Tages anzusehen. Das Verlassen des Pärchens läutete das Ende des Abends ein, mit dem sich auch wir anderen in unsere eigenen Gemächer begaben. Endlich.

      © Mohikanerin, Wolfszeit // 29.362 Zeichen
      zeitliche Einordnung {Ende April 2021}
    • Mohikanerin
      Langzeitberitt / Dressur L zu M | 28. Februar 2023

      Glimsy / Steinway HMK / Ascheflug / Chocolate Churro / Héliosa / Lilli vom Hirschberg / Harlem Shake LDS


      Der kalte schwedische Winter hatte sich endlich zurückgezogen und die ersten Anzeichen des nahenden Frühlings waren zu spüren. Mit einem festen Entschluss und einem detaillierten Trainingsplan begann ich meine Arbeit mit den Pferden im Beritt, die sich in meiner Obhut befanden. Mein Ziel war es, sie innerhalb von vier Monaten vom L-Niveau auf das anspruchsvollere M-Niveau zu bringen.
      Die ersten Wochen des Trainings bestanden hauptsächlich aus der Wiederholung der Grundlagen. Ich legte großen Wert auf Gehorsam, Durchlässigkeit und feine Hilfengebung. Die Pferde wurden in der korrekten Ausführung von Bahnfiguren und Lektionen wie Seitengänge im Schritt und Trab geschult. Es war wichtig, dass sie die Grundlagen beherrschten, bevor wir uns auf anspruchsvollere Lektionen konzentrierten.
      In den folgenden Wochen führten wir die Seitengänge im Galopp ein. Die Pferde begannen, Schulterherein im Galopp auf geraden Linien zu beherrschen, und wir vertieften die Arbeit an den Seitengängen im Schritt und Trab. Es war ermutigend zu sehen, wie sie mit jeder Trainingseinheit Fortschritte machten und an Balance und Durchlässigkeit gewannen.
      Als Nächstes war es an der Zeit, die Traversalen einzuführen. Wir begannen mit einfachen Traversalen im Schritt und Trab auf geraden Linien. Die Pferde mussten ihre Balance finden und die Lektion korrekt ausführen. Es war eine Herausforderung, aber mit Geduld und konsequenter Arbeit konnten sie die Traversalen beherrschen. Wir integrierten auch Kurzkehrtwendungen, um ihre Wendigkeit zu verbessern.
      Ich saß mit meinen Arbeitskollegen zusammen und wir besprachen den aktuellen Trainingsstand der Pferde. Einer meiner Kollegen fragte mich: ""Wie läuft es denn mit deinen Pferden? Sind sie gut vorangekommen?""
      Ich lächelte und antwortete: ""Ja, ich bin wirklich zufrieden mit ihrem Fortschritt. Sie haben sich in den vergangenen Wochen enorm entwickelt. Besonders bei der Ausführung der Seitengänge und Traversalen haben sie große Fortschritte gemacht. Es ist fantastisch zu sehen, wie sie sich immer weiter verbessern.""
      Ein anderer Kollege erkundigte sich neugierig: ""Hast du auch mit Rückschlägen zu kämpfen gehabt?""
      Ich nickte nachdenklich und sagte: ""Ja, das gehört dazu. Es gab einige Herausforderungen unterwegs, sei es physischer oder mentaler Natur. Aber wir haben uns immer wieder zusammengerissen und Lösungen gefunden. An solchen Tagen, an denen es schwieriger war, habe ich den Pferden immer wieder zugeredet und ihnen positive Gedanken gesendet. Es ist erstaunlich, wie viel Einfluss unsere Einstellung auf ihre Performance haben kann.""
      Im letzten Monat des Trainingsplans lag der Fokus auf der Verbesserung der Traversalen im Schritt, Trab und Galopp. Wir feilten an der Präzision und der korrekten Ausführung der Lektion. Außerdem integrierten wir einfache Galopp-Serienwechsel, um die Pferde auf die Anforderungen des M-Niveaus vorzubereiten. Es gab einige Rückschläge unterwegs, sei es aufgrund von Müdigkeit oder kleineren Verletzungen. In solchen Fällen gönnte ich den Pferden einen Ruhetag oder arbeitete leicht vom Sattel oder an der Hand, um ihre Fitness und Motivation zu erhalten.
      Das Training fand regelmäßig statt, und ich achtete darauf, die Pferde sorgfältig zu überwachen. Ich konnte sehen, wie sie stärker wurden, ihr Vertrauen wuchs und sie bereit waren, die Herausforderungen des M-Niveaus anzunehmen.
      Der Frühling ging langsam in den Sommer über, und die Pferde waren bereit für die kommende Saison. Dank der intensiven Vorbereitung und des engagierten Trainings waren sie gut vorbereitet, um sich auf dem M-Niveau zu beweisen.

      © Mohikanerin // 3598 Zeichen
    • Mohikanerin
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      kapitel fyratioett | 15. März 2023

      Maxou / Northumbria / Planetenfrost LDS / Astronaut in the Ocean LDS / Outer Space / Moonwalker LDS / Millennial LDS / Eifellust / Harlem Shake LDS / Trotaholic / Pay My Netflix / Meltdown / Fieberglas / Henade / Mockup / May Bee Happy

      Die Fahrt im strömenden Regen hätte nicht schlimmer laufen können. Schon als wir uns zur Fernstraße begaben, eröffnete sich das reinste Chaos auf der Straße – Montage halt. Überall standen LKW und ich musste wirklich in Millimeterarbeit mich einscheren. Hinter uns versuchte Bruno zu bleiben, was ihm nicht immer gelang. Er fuhr allein.
      „Euch jungen Leute möchte ich am Abend nicht stören“, sagte er bei der Abfahrt am Hof. Zudem begründete er seine Entscheidung damit, dass er ungern im Transporter schlief. Verübeln konnte ich es ihm nicht, die Matratzen waren unglaublich unbequem.
      Trotz des Staus kamen wir gut voran. Das integrierte Navigationssystem steuerte uns von der Straße hinunter und wir durchquerten kleinere Dörfer, bis schließlich das Eingangsschild auf der rechten Seite erschien.
      “Können wir bitte endlich was essen?”, quengelte Nour, als alle Pferde in ihren Boxen standen und am Heu zupften. Wir hatten einen eigenen Stallbereich zugeteilt bekommen, den wir mit einem Schloss sichern konnten. Eine Box blieb frei, in der wir das Futter lagerten, Sulky hineinstellten. Gurte und Zubehör hingen im Gang.
      “Ja, bitte, ich verhungere gleich”, übertriebt Lina ein wenig, bei ihrer Zustimmung.
      “Dass ihr immer hunger habt”, scherzte ich leicht genervt, aber nahm ihre Bedürfnisse ernst.
      “Geht ihr beiden doch etwas holen. Wir müssen gleich mit den Heats beginnen”, erläuterte Lars näher und sagte seiner Schwester, was er gern hätte.
      “Damit ihr euch nicht verlauft, komme ich mit”, scherzte Bruno. Mit einem prüfenden Blick sah er zu seinem Sohn, der zuversichtlich nickte. Wir schaffen das zusammen.
      “Soll man dir auch etwas mitbringen?”, fragte Lina mich freundlich.
      “Kaffee, schwarz”, erklärte ich. Beim Aussteigen dachte ich für einen Atemzug über Nahrung nach, doch als ich den weißen Transporter mit blauem Print vor unserem Stallgebäude sah, verging es mir. Nicht nur im Magen lag ein bitteres Gefühl, sondern auch mein Herz trommelte wie Urvolk im Kriegsmodus.
      “Alles klar, wird geliefert”, bestätigte sie, bevor sie mit den anderen beiden verschwand. Als sie außerhalb der Sichtweise waren, lief ich vor den Stall. Lars folgte mir. Bei der Ankunft gehörten wir zu den Ersten, mittlerweile tummelten sich immer mehr Leute auf dem weitläufigen Gelände. Bellend liefen Hunde zwischen den Fahrzeugen und wurden im selben Atemzug von den Besitzern zurückgezogen.
      “Du kannst auch im Raum rauchen”, kam Lars mir nach, als er mein Fehlen bemerkte, “oder wartest du auf etwas?”
      Frech grinste er.
      “Ist doch eklig für euch und nein, ich warte auf rein gar nichts”, versuchte ich mich selbstsicher zu geben. Je öfter ich es mir sagen würde, umso schneller könnte es die Realität werden. Ich warte nicht auf ihn, flüsterte ich mir selbst und zog kräftig an der Zigarette.
      “Na gut, aber ich bleibe besser hier”, lächelte er und begann, mit mir den Tagesplan zu erarbeiten. Genauer gesagt, gingen wir die Rennen durch, schrieben uns genau auf, wann welches Pferd in den Heat sollte und ein Rennen begann. Wichtig hierbei, dass wir nicht davon ausgingen, dass es zum Verzug kam.
      „Lina kann nicht Shaker trocken führen. Das endet in Desaster“, merkte ich an.
      „Wirklich nicht? Aber du magst recht haben, dann mache ich das selbst. Ich habe genügend Zeit, bis Eifel an der Reihe ist“, gab Lars nach und tippte auf seinem Handy die Einigung ein.
      “Was denkst du, Humbria einen Heat oder zwei?”, überlegte ich weiter. Die letzten Trainingseinheiten hatte die Stute mit Bravour absolviert, aber wir kannten diese Bahn noch nicht und gerade in Anbetracht ihres Alters, könnte zwei deutlich angenehmer für sie sein.
      “Zwei, eindeutig. Du kannst im Ersten locker bleiben und im zweiten anziehen, oder noch mal gemütlich außen herum, wenn du das Gefühl hast”, schlug er vor. Damit kam die nächste Planung in den Zeitplan und wir bemerkten, dass wir fertig waren. Im selben Augenblick kam auch das Essen angeflogen. Fröhlich tunkte Bruno Pommes in Mayonnaise und Nour grinste über beide Ohren, mit einer Pizza in den Händen.
      “Einmal Flüssignahrung für dich”, lächelte Lina und drückte mir den Pappbecher in die Hand. In der anderen Hand trug sie eine große Portion Pommes.
      “Tack”, bedankte ich mich und nippte an dem schon abgekühlten Lebenselixier. Ein kräftiger gerösteter Geschmack breitete sich von der Zunge im ganzen Körper aus. Die Wärme brachte eine gelungene Abwechselung.
      “So, aber wir dürfen jetzt nicht Trödeln. Wie weit ist Mill?”, ließ Bruno und nicht einen Augenblick der Ruhe.
      “Eingeflochten, einbandagiert, aber das war es”, erklärte Lars seinem Vater. Gemeinsam stiefelten sie in den Stall und ich verblieb mit den beiden Mädels vor dem Stall.
      “Wir haben sechs Schlafplätze, vier im Transporter und zwei im Hänger. Wo wollt ihr hin?”, brachte ich das nächste wichtige Thema voran, ohne den Blick vom Becher in meiner Hand zu lösen.
      “Transporter”, äußerte Lina sich knapp. Zu beschäftigt war sie damit, die Kartoffelstreifen in sich hineinzustopfen.
      “Planst du etwa etwas, um den Anhänger zu bekommen?”, scherzte Nour und bediente sich bei dem Zwerg. Mit vollem Mund brummte sie eingeschnappt, zog die Pappe aus ihrer Nähe.
      “In einem Hochbett? Klar, immer”, schmunzelte ich.
      “Ich glaube, wenn Vriska Zweisamkeit wünscht, gäbe es schönere Orte”, nuschelte die Kleine.
      “Ach, glaubst du das? In der voll gestellten Box oder den Aufenthaltsraum, der rein optisch seit den Achtzigerjahren nicht mehr renoviert wurde?”, hackte ich weiter nach.
      “Ich denke, die Optik der Räumlichkeit ist im Zweifel irrelevant”, entgegnete sie.
      „Ihr habt wirklich Probleme, hat das euch schon mal jemand mitgeteilt?“, schüttelte Nour belustigt mit dem Kopf, „wir sind wegen anderen Dingen hier. Also Hop.“
      Gerade als sie sich umdrehte und in den Stall laufen wollte, kam Bruno herausgelaufen mit Mill, die eine von den grünen Gesichtsmasken über den Kopf gezogen hatte. Die glänzende schwarze Stute erinnerte an ein Alien, dass den Weg nach Hause nicht mehr fand.
      „Du hättest wenigstens die Schwarze nehmen können“, rief ich ihm nach, aber er reagierte gar nicht darauf, sondern fuhr den Weg zur Bahn hoch.
      “Er beabsichtigt wohl aufzufallen”, lachte Lina.
      “Meine Güte, als würde ein Schecke nicht schon genug Aufmerksamkeit auf sich ziehen”, schüttelte ich den Kopf und folgte schließlich auch in den Stall. Lars saß in dem hässlichen Raum, mit dem Handy in der Hand und grinste.
      “Lina, noch einer, der nach Zweisamkeit sucht”, rief ich durch die Stallgasse und lachte diabolisch. Meine Neugier war heute besonders groß. Ich versuchte ihm das Gerät aus der Hand zu ziehen, aber im selben Augenblick sperrte er es und damit verlor jede Chance auf mehr Informationen.
      “Bist du etwa ansteckend mit deinen Zielen?”, scherzte sie und trat von Neugier getrieben in den Raum ein.
      “Warum denn jetzt ich? Nour hat mir die Worte in den Mund gelegt und du hast dich zuvor bereits nach schöneren Orten umgesehen”, stellte ich empört klar.
      “Habt ihr etwas genommen? Das fängt schon gut an”, packte er sein Handy in die Hosentasche, als würde mich das aufhalten. Spitz grinste Lars und verschränkte die Arme vor der Brust, dass sich der Stoff an den Schultern spannte.
      “Nein, nur der normale Wahnsinn”, sprach die Brünette mit engelsgleichen Grinsen.
      “Also ich weiß, was bei ihm läuft”, kam Nour zur Tür hinein. Natürlich wusste sie es. Nur ihr Bruder entgleisten die Gesichtszüge.
      “Kannst du gar nicht wissen”, verhaspelte er sich beim Sprechen und verlor an Selbstsicherheit.
      “Die junge Dame befindet sich, ich vermute mal ganz stark, in der Nähe und würde dich gern wieder sehen”, wirkte es sehr überlegt, wie sie die Worte wählte. Zur Sicherheit blickte ich zu Lina, ob sie auch bemerkte, wie Lars rot anlief und sein Gesicht versuchte in den Händen zu verstecken.
      “Oha, sag’ nicht, dass du so etwas wie Verliebtheit verspüren kannst”, staunte ich aus vollem Herzen.
      “Dabei bist doch du die mit den Hexenkräften”, scherzte Lina, schien aber ebenso beeindruckt wie ich von Nours Informiertheit.
      “Ihr seid lästig”, beschwerte er sich und sprang beinahe panisch vom Stuhl auf.
      “Wenn du etwas sagst, bist du heute das letzte Mal Walker gefahren”, hörte ich Lars seine Schwester einschüchtern.
      “Zum Glück, darfst du das nicht allein bestimmen”, klärte ich ihn auf, aber er ignorierte uns ab dem Punkt konsequent.
      “Eine Zicke”, schüttelte sie den Kopf und nahm auf dem vorgewärmten Stuhl Platz.
      “Bestimmt die Hormone”, kicherte Lina in sich hinein und wirkte bestens unterhalten.
      Die Geschwister machten ihre Pferde fertig, mit der einfachsten Ausstattung, um möglichst als die Ersten im Heat zu sein. Aus den Gesprächen faste ich auf, dass Lars nicht auf die Bahn wollte, sondern die Trainingsstrecke plante zu nutzen.
      “Wie sieht mein Plan für heute aus, wann soll ich wo sein?”, nutzte Lina die Gelegenheit ihre Aufgaben in Erfahrung zu bringen. Aus meiner Tasche holte ich das Handy heraus und zeigte ihr die sehr lange Notiz. Dabei erläuterte ich möglichst genau, wo sie wann sein sollte. So begleitete sie Bruno und Mill von der Bande aus, sollte er Hilfe benötigen, denn ich musste mit dem mächtigen Falben fahren. Zwischendrin wechselte sie mit Nour ihre Position und bekam die Pferde zum Duschen, so wie in dem Moment. Bruno kam mit dem Alien zurück, das mit weit aufgerissenen Augen und Nüstern zu mir sah.
      Ich zeigte Lina, auch wenn es vermutlich nicht nötig war, wie man die Startnummern löste und den Sulky. Diesen schob Bruno an das Ende des Gangs. Gleichzeitig machte ich die Stute in der Waschbox fest, entfernte auf Zehnspitzen den Gurt und schließlich die Trense. Mit dem Schlauch spülte ich den Schweiß aus dem Fell und übergab Lina das Schweißmesser, um die Abschwitzdecke von Mill zu holen – oder zu suchen.
      “Wir hatten doch Mills Decke eingepackt, oder nicht?”, fragte ich Bruno und wühlte währenddessen in der durchsichtigen Kiste herum.
      “Eigentlich schon, zumindest hatten wir die gestern noch in der Hand”, erklärte der ältere Mann.
      “Hab sie”, hob den Fleece triumphierend in die Luft und legte ihn über das Pferd.
      “Du führst sie jetzt so lange, bis sie normal atmet und abgehustet hat”, drückte ich meiner Kollegin den Strick in die Hand.
      “Okay, bekomme ich hin”, nickte sie und setzte sich mit dem Schecken in Bewegung.
      Es fühlte sich an, wie die Ruhe vor dem Sturm. Auf dem Gelände der Rennbahn begann reges Treiben. Aus den roten Ställen rollte ein Fahrer nach dem anderen und erst, als ich den Rapphengst am blauen Sulky aus dem Trakt nebenan bemerkte, wurde ich mir bewusst, dass der Transporter nicht einfach abgestellt wurde, weil hier genügend Platz war. Wie von einer Tarantel gestochen, sprintete ich zum Tor hinein, um möglichst unbemerkt zu bleiben.
      „Was denn mit dir los?“, wunderte sich Lars, der gerade sein Dress überzog.
      „B-Basti“, brummte ich verwirrt und ließ mich auf der Eckbank fallen.
      Er grinste.
      „Was hast du erwartet? Dass er sich nach der Aktion zurückzieht?“
      Lars hatte recht, aber ich dachte nicht einmal darüber nach, wie es weitergehen würde, sondern verspürte einzig den stechenden Schmerz in der Magenregion.
      „Ich weiß auch nicht“, gab ich zu.
      “Na also, aber bitte entspann dich. Atme tief durch, rauche noch eine und dann machst du Shaker fertig”, schlug er vor, bevor er selbst mit Lina und Bruno zur Bahn lief.
      Das Rennen begann und im Fernseher des Raumes tönte der seltsame Ansager, der diese kleine Veranstaltung deutlich zu ernst nahm. Neben mir zitterte der Fuchsfalbe, den Nour von Anfang an mit Watte ausgestattet hatte. Beruhigend strich ihm über die Brust, aber das Pferd stand vollkommen unter Strom, kaum möglich, den ruhiger zu bekommen. Immer stand er, und tänzelte nicht wie die Stute zuvor von einer Seite zur anderen. Lars kehrte zurück, als ich gerade die Trense anlegte.
      “Vergiss das Capi nicht”, sagte er und reichte mir das Stück Stoff. Bis heute hatte ich den Sinn dieser Dinger nicht verstanden, aber er wusste schon, wieso ich es benutzen sollte. Beim Anspannen des Sulkys half er mir noch, dann schloss ich den Helm und führte das nervöse Pferd hinaus. Mit weit aufgespannten Augen sah sich der Hengst um. Mittlerweile sank die Sonne Richtung Horizont, stand allerdings noch hoch genug, um das Gelände zu erhellen. Kaum saß ich im Sulky, verflog die Aufregung und ich lenkte den Weg zur Bahn ein. Zusammen mit anderen Fahrern bewegte ich ihn im mäßigen Trab über das Geläuf auf der rechten Hand in der äußersten Spur. Einige Gesichter und Pferde kamen mir bekannt vor, aber genaue Namen fielen mir dabei nicht ein. Lina und Bruno waren wohl schon am Stall, zumindest traf ich sie nicht mehr.
      > Parad om tre minuter.
      “Parade in drei Minuten”, hämmerte es durch die Lautsprecher und ich lenkte den mittlerweile ruhigen Fuchs zum Ausgang. Stolz auf ihn klopfte ich seinen Po.
      “Viel Erfolg”, rief ich Lars noch zu, der mir einige Meter entgegenkam.
      Der stressigste Teil folgte nun. Bruno spannte für mich Humbria an, die von allen Pferden am ruhigsten wirkte. Ihre Augen schlossen sich langsam und die Ohren drehten nur bei besonders lauten Geräuschen. Lina nahm mir den Hengst ab, als der Sulky ab war, den ich bei meiner Stute im Gurt einklinkte.
      „Toots“, jammerte ich, dass sie zum wiederholten Mal sich in die Leinen drückte und mir das Leder durch die Finger zog. Lange war nicht mehr derart dankbar, dass ich Handschuhe trug. Eigentlich nahm ich mir vor, erst etwas Schritt zu fahren, aber von meinem Vorhaben hielt sie gar nichts. Wie auf Autopilot geschaltet, trabte sie nach der zweiten Kurve an. Ohne auf jegliche Hilfen zu reagieren, ging es für mehrere Runde voran. Verzweifelt sah ich mich auf dem Geläuf um, aber im Gegenlicht war es schwierig, jemanden zu finden, der mein Pferd stoppen könnte. Humbria raste nicht, ganz im Gegenteil, der Takt war klar und das Tempo entspannt. Dennoch fühlte ich mich hilflos ausgeliefert auf dem Sitz. Zeitgleich zur Ansage des nächsten Rennens konnte ich mich durchsetzen. Als wäre nichts gewesen, lief Humbria die letzten Meter zum Ausgang im Schritt, wartete sogar geduldig, als die Teilnehmer hineinfuhren.
      Mit einem Kopfnicken signalisierte ich Nour, dass sie es schaffen würde. Sie zog sich den Schlauchschal über den Mund und trabte an. Die Parade begann. Kaum verließen das Geläuf, hörte ich meinen Namen hinter mir.
      „Du siehst toll aus im Wangen“, strahlte Alexa und umarmte mich kurz. Zum Glück begegnete ich sie nicht mit Shaker, der hätte weniger gelassen auf jemand Fremdes reagiert.
      „Danke dir, und, was ist mit eurem Pferd?“, fragte ich freundlich, nach dem ich bereits wusste, dass Mads demnächst mit Meltdown starten würde. Ich hatte die beiden auf dem Geläuf bemerkt. Das Tier war ein hübscher Schimmel, viel weiß, mit ein paar dunklen Sprenkeln im Fell.
      „Der war so toll im Heat, aber so sehr ich die beiden Jungs auch liebe – gegen Netflix werden sie keine Chance haben“, lachte sie.
      „Sag‘ das nicht. Wir haben Alfi im Rennen und der ist ein mächtiges Tier“, stachelte ich.
      Ein diabolisches Grinsen lag auf ihren Lippen.
      „Über euren Hengst aus Neuseeland wird tatsächlich viel gesprochen. Denkst du wirklich, dass er den Rappen schlagen kann? Ich meine, seine letzten Formen waren nicht so vielversprechend“, konterte Alexa wissend. Mist, sie hatte sich offenbar mehr mit dem Starten befasst als ich.
      „Wir werden sehen“, lächelte ich und klopfte Humbria den Po. Noch immer stand sie still, musterte nur aufmerksam die Umgebung, als wäre nichts vorgefallen beim Heat.
      „Aber lass die Rennpferde für einen Augenblick ruhen. Ich will Happy!“, platzte es aus ihr heraus.
      „Super, da freue ich mich sehr für euch, aber ich muss in den Stall. Shaker will angespannt werden“, drängelte ich, schließlich begann gleich das dritte Rennen.
      „Ich wollte dich nicht weiter aufhalten. Viel Erfolg! Wir reden später weiter, habe gehört, du hast nachher Geburtstag“, sprach sie freundlich, konnte natürlich nicht ahnen, wie schwer das Thema für mich war.
      „Das stimmt, aber keine große Sache“, winkte ich ab und setzte die Stute schließlich in Bewegung.
      Aus der Kammer hörte ich lautes Schimpfen. Lars saß wieder auf dem Stuhl und schaute zum Fernseher. Das Rennen seiner Schwester begann im selben Moment. Wenn ich richtig erkannt, drängte ein anderer Fahrer sie direkt nach dem Start ab. Moonwalker lief besser, wenn er die erste Position hatte.
      „Sie schafft das“, munterte ich ihn auf, aber er hörte nicht zu. Stattdessen keifte Lars weiter, als würden wichtige Dinge davon abhängen. Lina stand ebenfalls in der Tür, fieberte mit deutlich weniger Elan dem Rennverlauf mit. Genauer gesagt blickte sie auf den Bildschirm, die Arme verschränkt und schwieg.
      „Komm schon“, donnerte es im Raum und nach einem Atemzug der Ruhe, brach Freude aus. Sieg. Lars griff sich seine Jacke und sprang hinaus, lief mich dabei beinah um. Aber ich konnte mich noch an den Halteseilen festhalten.
      Meinen Sulky stellte ich vor dem Gebäude ab, holte den anderen bereits rein. Glücklicherweise dachte Lina mit und duschte Humbria bereits ab, auch wenn ich das selbst machen wollte.
      “Scheint heute gut zu laufen für euch”, lächelte Lina, den Wasserstrahl auf das dunkle Fell der Stute gerichtet.
      „Bisher schon, das stimmt“, nickte ich. Shaker nahm ich die Decke ab und putzte die Gurtlage noch einmal über, bevor ich ihm alles anlegte. Freudestrahlend kam Nour an, in der Hand zwei Schleifen – eine für den Züchter und eine für sie.
      „Herzlichen Glückwunsch“, sagte ich, bevor eine wilde Umordnung der Pferde begann. Wie bei einem Basar tauschten wir einander die Stricke aufs, eins lief raus, während das andere angebunden wurde. Mittlerweile schätzte ich den Luxus im heimischen Stall mit den breiten Gängen und separaten Putzbereichen. Jeden Tag so einem Gewusel ausgesetzt zu sein, würde auch die Tiere stressen.
      „Vivi, du kommst doch mit hoch, oder?“, sprach Nour, als Lars bereits den Fuchs hinausführte und auf den Sulky sprang.
      “Aber es ist so kalt und wir haben hier doch die Übertragung”, jammerte ich.
      “Du klingst, als sei es tiefster Winter, was ist denn mit dir los?”, runzelte Lina die Stirn.
      “Alfi geht gleich in den Heat”, erklärte ich kurz gebunden.
      “Ach, den schaffe ich allein. Der Lars freut sich sicher, wenn du da bist”, mischte sich auch Bruno ein, der im Raum am Tisch saß und vom Apfel abbiss. Seine Tochter stand weiterhin am Ausgang und sah mit stechendem Blick in meine Richtung.
      “Ich fürchte, Nour wächst da fest, wenn du nicht mitkommst”, unterstütze Lina sie nach Kräften. Flüchtend huschten meine Augen durch den Raum. Innerlich zerriss es sich. Sosehr ich Basti sehen wollte, so sehr schmerzte auch der Gedanke, noch weiter in Nellys Radar zu rutschen. Die Gefahr war groß, dass über uns gesprochen wurde, mehr Leute von meinem Interesse an ihm wussten und ich das Gespött der ganzen Bahn darstellte. Zu gleichen Teilen wollte ich den Hengst im Rennen sehen, aber die Angst klammerte an mir.
      „Sie ist betreut die Kinder im Stall“, sprach Nour die richtigen Worte aus, als hätte sie meine Gedanken lesen können. Wie ferngesteuert, bewegte ich mich aus dem Stall, folgte ihr bis zum Geländer. Tatsächlich sah ich niemanden aus dem Stall nebenan, generell schwebte eine gespenstische Leere am Geläuf. Die Fahrer fuhren gerade die Parade und Lars war der nächste. In wenigen Worten wurde unsere Nachzucht vorgestellt.
      “Ganz ruhig, das wird schon“, stupste mich die große Dame an und grinste dabei breit. Hinter uns kamen Schritte näher. Panisch drehte mich um, rechnete mit dem Schlimmsten, aber es war Lina, die wohl nicht allein mit dem älteren Herrn im Stall bleiben wollte.
      “Bin nur ich, kein Grund zur Beunruhigung”, sprach sie freundlich und gesellte sich zu uns.
      Bevor ich auf sie eingehen konnte, erblickte ich ihn. Aus dem Kurvenbogen trabte Basti, ein hübsches, tiefschwarzes Pferd am Wagen. Am Schweif hingen einige weiße Strähnen, die auf einem winzigen Fleck herauskamen. Seine hohen Beinabzeichen waren hinter Beinschutz versteckt. Ole kannte ich bisher nur aus Erzählungen und Bildern. Er trug viel Potenzial im Blut.
      Meine Augen hingen an den beiden und Basti bemerkte es auch. Mit leichtem Zupfen bremste er Ole ab, trabte etwas näher an uns vorbei. Auf seinen Lippen zuckte ein minimalistisches Lächeln, aber ich sah es. Peinlich berührt drehte ich ihm den Rücken zu und senkte den Kopf zu Boden, um Gefühle zu verschleiern.
      “Deshalb so nervös, verstehe”, murmelte die Kleine leise, konnte das Schmunzel auf den Lippen nicht verbergen, obwohl sie noch auszumachen schien, ob diese Begegnung als positiv oder negativ zu kategorisieren war. Die Fahrer wurden durch die Lautsprecher zum Startwagen gebeten und stellten sich der Startnummer entsprechend auf. Für Shaker war die Position vorteilhaft. Kaum fuhr das Fahrzeug vor den Startern davon, setzte unser Fuchs wie eine Rakete voran. Nach einer Runde verlor er seinen aufgebauten Vorsprung binnen Sekunden. Ein Brauner mit auffälliger braun-grüner Ausstattung überholte ihn, dann folgten zwei weitere Pferde, aber noch war die Chance auf Sieg nicht vertan. Die letzte Runde begann und das Renngeschehen wurde interessanter. Nour neben mir schrie wie ein abgestochenes Schwein und andere Leute feuerten ebenfalls ihre Fahrer an. Dann setzte plötzlich Basti an, der bisher die vorletzte Position einnahm. Er wechselte in dritte Spur und flog wie auf Autopilot an allen vorbei, gewann mit Weile. Lars erkämpfte sich den zweiten Platz, auch eine hervorragende Leistung.
      „Das war mal wirklich ein spannendes Rennen“, resümierte Lina ihren Eindruck, die in der Regel eher schwer von dem Geschehen auf dem Geläuf zu begeistern war. Allerdings hatte keiner von uns sie dazu gezwungen hier draußen bei knapp zehn Grad Celsius zu stehen und dem Wind im Gesicht. Alle Fahrer beendeten ihre angefangene Runde, selbst Basti, der eigentlich zum Winners Circle sollte. Tatsächlich fuhr er verdächtig nah in unsere Richtung und stoppte aus nicht ersichtlichen Grund vor uns. Von Panik überkommen, schnappte ich nach Luft und fiel beinah um, als er meinen Namen sagte.
      „Los geh“, tippte mich Nour an. Ich wusste nicht, was er noch formuliert hatte, aber stieg pflichtbewusst über die Bande.
      „Kannst du bitte den Scheck abmachen?“, bat er mich freundlich. Im wahrsten Sinne des Wortes wäre Nour dieser Aufgabe eher gewachsen als ich. Wie ein Äffchen angelte ich mich zum Gurt hinauf, um den Karabiner zu lösen und am äußeren Gebissring zu befestigen.
      „Danke dir, bis gleich“, grinste Basti mir zu, bevor er Ole antrabte und Richtung Tribüne manövrierte. Angewachsen stand ich auf dem Geläuf, blickte ihm verwirrt nach und wusste nicht, wie es weiterging. Die Gefühle überschlugen sich, denn offenbar sollte ich auf ihn warten, aber ich hatte nicht die Zeit, schließlich wollte ich in wenigen Minuten Humbria für den nächsten Heat anspannen. Lars, der sehr zufrieden mit der Leistung wirkte, fuhr vom Geläuf, begleitet von Nour, die ausgiebig den Hengst lobte.
      „Kommst du mit?“, fragte Lina, die ein wenig unschlüssig am Rand herumstand und den anderen beiden hinterher schielte.
      „Basti hat gesagt, dass ich warten soll“, formulierte ich seine Worte etwas um. Skeptisch sah mein Kollege zu mir.
      „Vivi, bitte lass ihn in Ruhe“, appellierte dieser, die Stimme deutlich.
      „Hau ab, du hast keine Ahnung“, zischte ich zunehmend verärgert. In meinen Ohren klang es, als wäre ich diejenige gewesen, die auf ihn zukam, was in der Form falsch war.
      Lars schüttelte den Kopf und setzte Shaker in Bewegung. Dicht gefolgt von seiner Schwester, verlor ich beide aus den Augen, bemerkte nur, dass Lina noch immer bei mir blieb. Sicherheitshalber prüfte ich, ob sich Gesichter aus dem Nachbarstall, aber fand niemanden. Generell waren wir die letzten beiden am Geläuf.
      Vollgepackt kam Basti zurück. Ich nahm ihm die Sachen ab, die er mir gab. Über beide Ohren grinste er und auch mir fiel es schwer, den Blick abzuwenden. Wie an allen anderen Tagen auch raubte er mir den Atem. Sein Gesicht war frisch rasiert und ich konnte einen Rest Geruch von Aftershave wahrnehmen, der mir bei der kurzen körperlichen Nähe entgegenkam.
      „Es tut mir leid“, sagte Basti nach kurzen Schweigen und hielt Ole an, „das hätte in der Form nicht passieren dürfen.“
      „Wovon sprichst du?“, stellte ich mich blöd.
      „Generell“, seufzte er und spielte offenbar auf etwas ganz anderes an.
      „Wenn du nichts mehr mit mir zu tun haben willst, hättest du mich auch weiter ignorieren können“, schlug ich verärgert vor, im Begriff, ihm seine Sachen wiederzugeben, aber er runzelte die Stirn.
      “Es ist nicht so einfach, wie du dir das vorstellst”, sagte Basti. Ole setzte sich wieder in Bewegung und schnaubte dabei ab. Im Licht der untergehenden Sonne glänzte das verschwitzte Fell in verschiedenen Farben. Sanft tätschelte ich seinen Hals und folgte den beiden bis zum Stall. Den gesagten Worten gegenüber schwieg ich. Alexa stand bereits mit ihrem Mann am Eingang, musterte uns ausgiebig. Ich überreichte ihr die Sachen, versuchte dabei möglichst neutral zu schauen. Mads begleitete sein Bruder ins Innere.
      “Du bist auf sehr dünnen Eis unterwegs”, stellte Alexa gedrückt fest.
      Zustimmend nickte ich. Ohne weiter nachzudenken, drehte ich ihr den Rücken zu, um in den eigenen Stall zu gehen. Lina folgte mir noch immer, ebenso still. Der Tagesplan lüftete sich langsam. Alfi war im Heat mit Bruno, dann folgte das fünfte Rennen, in dem wir keine Pferde hatten und darauf mein Heat mit Humbria. Die Stute hatte ihren Kopf auf der Box abgelegt und ihre Augen drehten verschlafen.
      “Ich denke, ich fahre keinen zweiten Heat”, sagte ich zu Lars, der im Gang stand und seine Schwester beobachtete.
      “Wenn du meinst”, murmelte er desinteressiert.
      “Du machst das sicher richtig”, zeigte wenigstens Lina Interesse an meinen Worten.
      Als wäre die Gesamtsituation nicht weit genug im Keller, stand im nächsten Moment Nelly in der Tür. Freundlich grinste sie und alle an. Selbst mich, die sie am liebsten umgebracht hätte. War das Thema geklärt oder hatte sie auch Stimmungsschwankungen? Etwas in mir, wollte dem auf den Grund gehen, aber dazu kam es nicht.
      „Lars, hast du einen Moment? Mads benötigt deine Hilfe“, fragte sie meinen Kollegen, der sofort reagierte und nickte. Ohne weitere Nachfragen folgte er. Ich sah den beiden interessiert nach, während Humbria aus dem Schlaf erwachte und an einer meiner Dreadlocks zog.
      „Aua“, meckerte ich und drückte das Pferd weg. Die Stute richtete sich auf, blickte mich vollkommen unschuldig an.
      „Ja, ja. Du bist dir auch keiner Schuld bewusst“, merkte ich pikiert an.
      “Das sind sie immer”, lachte Lina und bewegte sich neugierig in Richtung des Stalleingangs, als könne man dort mehr sehen. Aber auch ich konnte nichts erkennen. Vermutlich waren sie schon im Stall verschwunden. Eingeleitet von schrillen Wiehern und Hufen am Holz galoppierte ein nervöser Fuchs aus dem Tor. Wie Ameisen strömten Leute hinaus und versuchten das verängstigte Tier einzufangen. Doch das trieb ihn nur noch mehr in Richtung Bahn und Ausgang.
      “Oh, das ist nicht gut. Da sollten wir helfen”, sprach Lina aufgeregt und zog mich hinaus.
      „Wir wirken nicht so, als könnten wir viel tun“, merkte ich an. Der Fuchs verfing sich mit dem Strick unter seinem Huf, begann noch panischer den Kopf hochzureißen. In seinen Augen lag Schmerz und Todesangst. Von der Seite kamen Menschen dazu, als wüsste er, dass er zurück in die Box musste, sprang er zur Seite und wieder los. Es wirkte nach einem sieglosen Kampf, ihn zu fassen zu bekommen.
      “Sagst gerade du mit deinen magischen Fähigkeiten”, entgegnete sie und beobachte mit sorgenvoll die ungeschickten Versuche der Umstehenden. Viel zu hektisch sprangen sie um das nervöse Tier herum, wodurch es nur noch mehr in Stress geriet.
      „Bestimmt, ich pfeife einmal und dann kommt er her“, lachte ich. Um ihr zu demonstrieren, wie blöd die Idee war, steckte ich mir Daumen und Zeigefinger in den Mund. Ein helles Pfeifen huschte über meine Lippen. Aufmerksam drehte der Hengst die Ohren nach vorn. Er stand wie eine Eins und blickte in unsere Richtung. Im Trab kam er an. Ganz im Ernst, es wirkte vollkommen surreal, als wäre ich die Hauptfigur in einem Kinderfilm. Der abgerissene Strick hing noch am Halfter, diesen griff ich. Fuchsi stammte den Kopf nach oben. Er wich meiner Hand aus, aber er folgte ruhig.
      “Wow, cool”, staunte Lina. Dass es so simpel war, lag wohl nicht in ihrer Erwartung.
      „Damit habe ich nicht gerechnet“, gab ich offen zu und bewegte ihn möglichst ruhig zum Nachbarstall, vor dem bereits das ganze Team stand. Mit halb offenem Mund schaute mich Basti an, als hätte ich ein Wunder bewirkt. Für einen Augenblick standen wir einander gegenüber. Ich wartete darauf, dass er mir das Tier abnahm.
      “Möchtet ihr euer Pferd nicht zurückhaben? Er sieht soweit unverletzt aus”, übermittelte ich ihm mein Urteil.
      “Äh, Danke. Ja”, nahm er ihn am Halfter. Kaum hatte ich losgelassen, legte er wieder die Ohren an und schnappte. Basti machte sich nichts daraus, sondern stellte ihn in der Box ab. Wenn ich schon mal hier war, warf ich einen flüchtigen Blick durch den vollen Stall. Der Aufbau ähnelte dem unseren, aber es gab zwei Zugänge. Das Team hatte deutlich mehr Pferde dabei und trennte dabei die Aufgänge nach Geschlecht. Als ich den Stall verließ, kamen mir Nelly und Lars entgegen, die sich einander etwas zuflüsterten und lachten. Dabei warf sie mir einen Blick von oben nach unten zu. Mein Kollege schob sie ein Stück von mir weg.
      “Das siebte Rennen beginnt jetzt, also kannst du Humbria anspannen”, rief er mir noch zu. Ich prüfte nicht einmal, was er mit der blonden Kuh unternahm, sondern lief direkt in unseren Stall.
      „Du bist ein Wunder“, war Lina noch immer hellauf begeistert und folgte mir wie eine Motte dem Licht, „Wie machst du das nur immer? “
      „Ich denke daran, was ich möchte und gehe auf die Bedürfnisse ein. In seinem Fall gab ihm Raum und Ruhe. Vermutlich war er auf der Suche nach Sicherheit“, erläuterte ich meine Annahme.
      Humbria döste wieder in der Box und ich entschied, darin ihre Sachen anzulegen. An der Brust löste ich die Decke, um die über den Rücken hinweg wegzuziehen. Sie zuckte, als das Metall ihr Bein berührte. Die Brünette murmelte etwas Unverständliches, dann seufzte sie: “Das klingt so einfach.”
      Sie reichte mir den Gurt und Vorzeug, auf dem unser Stallname stand. Noch immer war ich von dem Ding nicht überzeugt, denn grün sah auf ihrem Fell nicht gut aus.
      “Es war nur Glück”, stellte ich nüchtern fest. Im Kopf hatte ich weiterhin den Moment, in dem Nelly Lars zuflüsterte und beide lachten. Worüber sprachen sie und was war so lustig? Der Hengst hatte mächtige Angst vor dem Team, da wollte ich besser nicht wissen, was im Stall passierte. Ich schüttelte mich. Humbria wurde wacher und schaute aufmerksam auf meine Handgriffe, bis ich sie schließlich hinausführte und den Sulky anhing.
      “Dann nimm dein Glück mal mit ins Rennen”, sprach sie und tätschelte der dunklen Stute den Hals.
      “Ich versuche es”, versuchte ich meine fehlende Motivation zu überspielen.
      Kaum saß ich im Sulky, fuhr ich zum Start. Humbria lief gut an, hatte aber in der Parade zuvor Schwierigkeiten im Takt. Sie berührte mit dem Hinterbein das Gestell. Im richtigen Augenblick beruhigte ich sie. Kaum setzte sich das Startauto ab, legte die kanadische Stute einen kurzen Sprint ein, um den ersten Platz zu erobern. Ihre Hufe setzten mit Schmatz-Geräuschen durch den feuchten Sand. Die Schilder vom Gurt rattern, wie auch die Räder unter mir. Fahrer schrien ihre Pferde an, wovon Humbria nur noch mehr an Geschwindigkeit gewann. In der ersten Runde gab ich mehr Paraden, aber als die letzte anstand und wir im letzten Bogen ankamen, durfte sie selbst entscheiden. Bedrohlich nah kam mir im Stutenrennen ein braunes Pferd, das ich vorhin bereits als Konkurrenz ansah. Prüfend sah ich zur Seite, Angst davor, dass mir jemand zu nah kam. Stattdessen erblickte ich etwas anderes. Einen kräftigen Stich spürte ich in der Magenregion – mein Ein und Alles stand bei Lina, lachte herzlich. Plötzlich fühlte es sich an, als wiederholte sich die ganze Geschichte. Wieder würde ich in den Hintergrund rücken, nur, weil sie mehr zu bieten hatte als ich. Gefangen im Karussell realisierte ich nicht, dass der Braune mir bedrohlich nah kam. Auf Humbrias Po schnellten die Leinen, da legte sie noch etwas mehr an Tempo zu und holte damit den Sieg. Jeder würde sich darüber freuen, schließlich war es nicht wenig Geld, aber die blinde Eifersucht vernebelte meine Sicht. Im Winnercircle beantwortete ich geduldig alle Fragen, bekam Lob, dass die Stute vorbildlich stand. Das alles nutzte nicht viel, denn der Tag war versaut.
      Mit grimmigem Blick setzte ich mich zurück in den Sulky, versuchte dennoch, nett zu schauen. Am Tor hatten sich mittlerweile auch Nour und Lars dazu gesellt, nur unsere blonde Freundin fehlte.
      “Einwandfrei”, grinste mein Kollege und lobte Humbria am verschwitzten Hals.
      “Glückwunsch, scheint, als sei das Glück dir heute mehr als wohl gesinnt”, strahlte auch Lina.
      „Ja, passt“, sagte weniger begeistert. Basti ignorierte ich konsequent, aber sagte auch nichts, sondern folgte wie der Rest der Truppe zum Stall.
      Mit einer Erwartungshaltung standen sie in der Tür, beobachten meine Handgriffe, als sei ich ein Außerirdischer. Selbst Humbria war die Situation nicht ganz koscher und legte die Ohren an. Sanft nahm ich die Trense ab, wissend, dass sie an den Ohren sehr empfindlich war. Die Watte zog ich selben Handgriff hinaus. Sie schüttelte sich und schnaubte ab.
      „Was ist denn mit euch?“, fragte ich schließlich, als Basti schon verschwunden war. .
      “Man fragte, ob du Zeit für ein Trainingspferd hättest”, sprach die Kleinste der Dreien undefiniert.
      “Nicht auszuschließen, aber einen Hengst nehme ich nicht mehr”, dachte ich laut nach. Die Arbeit mit Happy war nervenaufreibend und Lars verstärkte mich in der Sicht, dass ich mit Stuten besser klarkam. Natürlich konnte man es nicht pauschalisieren, Charakterzüge auf das Geschlecht beziehen, aber bisher begegneten mir viele launische Stuten, die ich sehr mochte.
      “Da wird Basti aber enttäuscht sein, wenn er das hört, aber wenn du nicht willst”, zuckte sie mit den Schultern.
      “Tja, wenn er lieber mit anderen über mich spricht, muss er damit leben”, zickte ich vollkommen übergeschnappt und begann die Stute abzuspritzen. Lars holte zur gleichen Zeit Eifel heraus, mit der er im vorletzten Rennen antreten würde. Wenn das Pferd geschafft war, endete der Renntag bereits. Bruno hatte schon das Auto genommen und fuhr nach Hause.
      „Ist ja okay, kann ich ja nichts für“, murmelte sie verstimmt und verzog sich in den Aufenthaltsraum.
      Super Vriska, wieder jemanden vergrault, dachte ich. Der Stute legte ich die Decke um und verschwand mit ihr am Strick, um sie zum Abhusten zu animieren. Humbria war nicht mehr die Jüngste. Aus der Vergangenheit spürte man deutlich, dass der Umgang nicht ganz fair war. Manchmal hörte man ein Rasseln der Atmung und sie schnappte nach Luft. Deswegen überließ ich es ihr, wie sie das Tempo im Rennen einlegte. Dass sie umkippt, wollte ich nicht.
      Über den ganzen Platz führte ich Humbria. Viele der Teilnehmer verluden bereits ihre Pferde, während andere nach Hause fuhren. Ich entdeckte einen Stall, in dem getrunken und gefeiert wurde. Die würden wohl auch über Nacht bleiben. Der Transporter davor verriet mir, dass sie aus Göteborg kamen. Hoffentlich wusste Erik nichts davon. Ich schmunzelte in mich hinein, schließlich war der Gedanke absurd, dass es ihn oder mich in einer Weise beeinflussen würde.

      Eifel hatte einen guten vierten Platz eingefahren, nicht besonders schlecht angesichts ihres mittelmäßigen Trainingstandes. Ihre Besitzer hatte Lars am Telefon gesprochen, diese waren zufrieden und freuten sich. Wir saßen mittlerweile im Transporter, hatten den kleinen Ofen eingeschaltet und Getränke gereicht. Wieder einmal jammerte die Truppe über Hunger. Nur ich, die bisher nur von Kaffee und Zigaretten lebte, hatte diesen nicht. Die gähnende Leere in meinem Magen war allgegenwärtig, aber mir mein bester Freund. Ich brauchte die Krämpfe im Bauch, Druck auf dem Unterrücken und einen unangenehmen Geschmack im Mund. Das Grummeln hörte ich schon gar nicht mehr.
      “Wie wäre Pizza?”, fragte Nour, die auf ihrem Handy scrollte und schaute, was in der Nähe war und lieferte.
      “Das essen wir andauernd”, wendete ihr Bruder ein, der kritisch zu mir sah. Ich schwieg schon eine gewisse Zeit, hatte zu keinem Thema etwas zu sagen.
      „Pizza wäre schon cool“, äußerte sich auch Lina dazu.
      „Gut, Vivi es liegt an dir. Was willst du essen?“, versuchte Nour mir eine Antwort zu entlocken, aber ich zuckte mit den Schultern. Mittlerweile hatte ich auch mein Handy in der Hand, scrollte meine Timeline durch, bis ich abrupt anhielt. Wieder wurde mir Erik empfohlen und natürlich tippte ich darauf. Sein neues Bild war von Maxou – auf der seine Freundin saß. In mir kochte es. Meine einzige Bedingung in der gemeinsamen Haltung des Ponys war, dass sie nichts mit ihr zu tun haben dürfe. Nun passierte es doch und ich konnte mich nicht zurückhalten. Ich schrieb ihm. Ohne überhaupt eine angemessene Begrüßung zu formulieren, oder auf all die unbeantworteten Nachrichten zu antworten, hielt ich ihm jene Abmachung vor.
      „Du hast zwei Möglichkeiten: Entweder du lebst damit oder du übernimmst sie komplett“, antwortete Erik knapp auf meine Nachricht. Lina, die meine Wut offenbar riechen konnte, schaute mich mit trübem Blick an, hielt ihrer Neugier allerdings Einhalt. Ich musste mich entscheiden, aber was wäre das richtige? Auf den ersten Blick wirkte Moa sehr sanft im Umgang mit dem Pony, aber das war nur, was man online präsentierte. Auf dem Hof könnte es ganz anders sein.
      „Wie geht es dir?“, schrieb er als Nächstes. Seine Versuche, ein Gespräch zu führen, blockte ich direkt ab und schloss den Messengerdienst.
      „Was willst du essen?“, fragte Nour erneut.
      „Nichts“, zischte ich.
      „Was eine Laune“, murmelte Lars gerade so laut genug, dass ich es hören konnte.
      „Wie bitte?“, hakte ich nach und zog die Augenbrauen zusammen.
      „Du solltest dich wieder auf einen Kerl einlassen, so bist du unerträglich“, spezifizierte er seine Aussage.
      „Lars, das ist unfair“, sprach Lina forsch. Ihre sonst zurückhaltende Art war von ihr gewichen und die Verärgerung war deutlich.
      “Das Leben ist unfair und ich nutze die mir gegebenen Hilfsmittel”, zuckte er wenig getroffen mit den Schultern.
      „Das ist noch lange kein Grund, anderen das Leben schwerer zu machen“, brummte sie.
      “Schwer macht sie es sich nur selbst”, diskutierte Lars weiter.
      “Entschuldigung? Ich bin anwesend”, erinnerte ich ihn, aber das berührte ihn nur wenig.
      „Ah, ja und du kannst das so gut bewerten, weil du so gut über ihr gesamtes Leben Bescheid weißt … “, fragte sie sichtlich genervt von seiner unerheblichen Art. Schreiten die beiden ernsthaft darüber, wer mehr über mich weiß, faszinierend.
      „Mädels, kriegt euch ein“, mischte auch Nour sich ein, berührte ihren Bruder am Arm, „sie ist alt genug, um ihr Leben selbst zu regeln. Wenn sie niemanden an sich heranlässt, ist das ihre Sache.“
      „Danke“, murmelte ich.
      „Zurück zu den wichtigen Sachen, Essen“, warf sie ein und legte das Handy in die Mitte, „Lars wurde überstimmt, also gibt es Pizza.“ Lina sagte nichts weiter, teilte nur ihre Bestellung mit, damit schien das Thema für sie erledigt.
      Skeptisch sah der Kerl neben mir auf den Bildschirm, aber wählte schließlich etwas aus.
      Zwanzig Minuten später klopfte es am Transporter.
      „Sie sollten doch anrufen, wenn sie da sind“, rollte Nour mit den Augen und öffnete die Tür, „oh, hallo.“
      Alexa schaute hinein und grinste mich an.
      „Hast du einen Moment?“, frage sie. Ich nickte und holte meine Jacke. Nachdem wir am Tage bereits zweistellige Temperaturen hatten, waren die Minusgrade in der Nacht, ziemlich eisig. Aus Tasche zog ich meine Schachtel.
      „Wegen Happy“, sagte sie und lief weiter. Wir spazierten über das leergefegte Stallgelände, das nur minimalistisch beleuchtet war. Auf den Paddocks zur Rechten standen einige Pferde mit Winterdecke.
      „Wie ist denn die Stallmiete bei euch?“, fragte Alexa, nach dem wir die Konditionen des Beritts besprochen hatten.
      „Wir bieten verschiedene Pakete an, je nachdem, wie viel man nutzen möchte. Dadurch, dass du eine Chipkarte bekommst, lassen sich darüber die Leistungen buchen“, erklärte ich.
      „Ziemlich cool, aber das ist der Grundpreis?“, hakte sie nach.
      „4800 Kronen für Laufstall und Weidegang“, beantwortete ich, „darin enthalten ist bereits die große Reithalle und alle Reitplätze. Wir füttern auch nach Bedarf.“
      „Und wenn ich ihm lieber im Offenstall hätte?“
      „3500 Kronen, auch mit Weidegang und Reithalle. Fütterung muss separat gebucht werden“, erklärte ich weiter, aber seufzte dann, „Happy eignet sich nur zum aktuellen Zeitpunkt nicht. Wir hatten es versucht, aber in Anwesenheit anderer Pferd frisst er schlecht und steht in der Ecke herum.“
      „Ach so, dann soll er bleiben, wo er ist. Da sah er gut aus“, lächelte sie verstanden. Sie hielt an und zog etwas zur Seite, als würde das Gespräch nun ernster werden. Nervös schluckte ich.
      „Aber jetzt sag‘ mal, wie hast du das gemacht? Mit dem Hengst meine ich“, spielte sie auf Linas Lieblingsthema an.
      „Einfach Glück, mehr nicht“, zuckte ich mit den Schultern.
      „Ich denke nicht. Basti war begeistert, was mir einige Sorgen bereitet“, kaum verließen diese Worte ihren Mund, kamen mir auch welche. Mir blieb die Luft weg, denn ich wusste exakt, was kommen würde – und das passierte auch. Alexa begann mir zu erzählen, wie glücklich er mit seiner Freundin wäre und ich mich zum Frieden aller, etwas zügeln sollte. Sie könnte meinen jugendlichen Leichtsinn nachvollziehen, aber ich sollte den Ernst des Lebens erkennen, dass er Vater werden würde und sie bald heiraten würden. Natürlich brach in dem Moment eine weitere Welt für mich zusammen. All das hatte ich mir im Kopf schon vorgestellt, doch nie, wie ich darauf reagieren würde.
      „Deswegen wäre es schön, wenn du ihn nicht ins Training nimmst, außer du bist wirklich auf das Geld angewiesen“, lächelte sie noch, versuchte wohl freundlich zu sein, obwohl ich heulend vor ihr stand. Es war nicht fair, dass sie darüber mit mir sprach, Basti hätte es mir selbst sagen sollen und nicht seine Schwägerin. Insgesamt fühlte es sich so an, als wüssten alle anderen besser, was gut für den anderen wäre und überließen niemanden selbst eine Entscheidung. Ich bereute, dass sie Happy bekam.
      “Nimm es mir bitte nicht übel, aber er traut sich nicht, mit dir zu sprechen”, fügte Alexa zum Schluss noch hinzu und verabschiedete sich schließlich. Es war eine ziemliche Frechheit, dass sie sich das herausnahm. Aber ich hatte eine Idee. Hastig zog ich mein Handy heraus, tippte Basti eine Nachricht. Sofort las er sie.
      „Training fällt weg, wir geben den ab. Papa möchte das Pferd nicht mehr“, antwortete er.
      „Okay, dann nehme ich den“, schrieb ich ohne große darüber nachzudenken. Es dauerte eine Weile, bis er zurückschrieb. Also tippte, schön es dann wieder zu löschen, bis schließlich „Sicher?“ auf dem Bildschirm leuchtete. Dann folgte noch: „Wir reden gleich persönlich.“
      „Ich sage dir Bescheid, wenn ich Zeit habe. Wie lange bist du noch wach?“, tippte ich in Windeseile, so schnell wie mein Herz in der Brust pochte.
      „Na, ich möchte dir mindestens noch zum Geburtstag gratulieren.“ Mit dieser Mitteilung war es endgültig um mich geschehen. Wie auch immer, ich wollte ihn, egal, wie groß der Preis sein würde.
      Ich klopfte an unserer Tür, bevor ich eintrat. Alle drei saßen am Tisch. Mit entgleisenden Gesichtszügen sahen mich die Geschwister an, vermutlich sah ich so furchtbar aus, wie ich mich fühlte.
      „Lina, Krisengespräch, jetzt“, schrie ich förmlich, meine Stimme nur schwer unter Kontrolle zu halten. Wie ein aufgeschrecktes Reh, sprang sie unmittelbar auf, griff ihre Jacke und schlüpfte in einer flüssigen Bewegung hinein, um sogleich neben mir zu stehen.
      „Was ist passiert?“, fragte sie besorgt. Wie ein Wasserfall betete ich die gesamte Story herunter, bis wir schließlich an dem Punkt ankamen, dass ich den Fuchs haben wollte. Ich atmete tief durch. Der Druck auf meiner Lunge fühlte sich an, als hätte ich vergessen zu atmen.
      „Du bist dir sicher?“, mit ihren großen blauen Augen, sah sie mich an, als wolle sie mich durchleuchten, in mein tiefstes Innerstes vordringen, um die Antwort darin zu finden.
      “Sehe ich so aus”, seufzte ich nasal. Es war nicht klug, aber aus mir unbeschreiblichen Gründen, wollte ich das Pferd. Gleichzeitig holte ich mein Handy heraus und schrieb Basti, dass ich draußen stehe.
      „Nein“, betrachte Lina mich eingehend. Gleichzeitig schien sie meine Worte erneut durchzugehen. Stillschweigend standen wir eine Weile beieinander, während ich wie ein hungriger Tiger meine Kreise lief. Wo blieb der Kerl nur? Alexa war in Richtung Stall gelaufen, doch dort war das Licht aus und das Tor zu.
      „Er hat gesagt, er kommt?", hinterfragte Lina die uns umgebende Dunkelheit, die nicht von einem einzigen Funken durchdrungen wurde.
      „Zumindest gefiel ihm die Nachricht“, sagte ich forsch und prüfte zum wiederholten Mal den Chat. Endlich leuchteten Scheinwerfer auf. Ein Transporter kam angefahren und hielt neben uns an. Am liebsten wollte ich ihn mit all meinen Gefühlen überfallen, aber entschied, dass es nicht der richtige Augenblick war.
      „Kaum zu glauben, dass du den Bock haben willst“, lachte Basti und wuschelte mir durchs Haar.
      „Ey“, rief ich empört. Im selben Atemzug stahl ich ihm sein Cap und setzte es mir auf. Wenn er versuchte, es zurückzubekommen, wich ich ihm aus wie ein Fisch in den Fingern.
      „Na gut, dann behalte es“, gab er es auf, mir nachzujagen. Lina stand an der Seite und beobachtete uns verwundert. Ja, ich hatte damit auch nicht gerechnet, aber mein Gehirn war auf Autopilot.
      „Was soll ich groß sagen? Mockup ist ein Maharaja Sohn und mütterlicherseits aus Sharif di Iesolo, so einem guten Italiener“, erzählte Basti, während er die knarrende Stalltür öffnete und das Licht anschaltete. Müde Pferde blickten uns an, wenig begeistert von dem späten Besuch. An einem Haken hingen diverse Stricke, wovon er einen Griff und zur Box lief.
      „Geh lieber einen Schritt zurück, er könnte wieder rausspringen“, warnte er. Meine Kollegin ergriff sofort die Flucht zur Seite.
      „Ach, quatsch“, schüttelte ich unbekümmert den Kopf, nahm ihm das Seil ab. Verblüfft zog er mich ein Stück zur Seite.
      „Was ist mit dir los?“, fragte Basti skeptisch und schaute mir tief in die Augen. Das Braun, so dunkel wie meine Seele, erhellte meine Stimmung wie nichts Vergleichbares auf dieser Welt.
      „Ich lasse mir von niemandem vorschreiben, was ich tue und was nicht. Was bilden sich andere ein?“ Hintergründig hörte ich Lina nach Luft schnappen.
      „Ach Mäuschen, die machen sich doch nur Sorgen“, er nutze die Chance, um mir das Cap abzunehmen, doch ich reagierte Blitzschnell. Mockup zuckte zurück.
      „Sie sind doch nicht meine Eltern, wenn es ein Problem gibt, soll man bitte selbst mit mir sprechen“, deutete ich indirekt an. Über bloßen Augenkontakt stellten wir fest, dass jeder wusste, wovon wir sprachen.
      „Veränderung ängstigt Menschen, erst recht, wenn sie nicht alles wissen“, bedachte er.
      „Mag sein, dennoch kein Grund, sich in das Leben fremder einzumischen. Schließlich habe ich besseres zutun.“
      „Und das wäre?“, grinste Basti.
      „Ich möchte ein Pferd kaufen“, klimperte ich mit den Wimpern und öffnete die Box. Der stämmige Fuchs an. Prustend tippelte er mit den Vorderhufen.
      „Sei vorsichtig. Wir übernehmen nicht die Haftung“, sagte Basti und hielt die Tür ein Stück enger. Ich blieb auf Abstand, aber Mockup drehte sich um und schnupperte an mir. Warmer Atem kitzelte an meiner freiliegenden Haut. Den Strick hakte ich am Halfter unten ein und führte das Pferd hinaus.
      „Okay, und was ist so dramatisch an ihm, dass ihr ihn verkaufen wollt?“, fragte ich kritisch nach.
      „Es sind diverse Dinge. Mocki stresst sich selbst, ziemlich schnell, dann wird er panisch und läuft weg, so wie gestern. Auf dem Geläuf springt er manchmal grundlos zur Seite oder erschreckt sich. An guten Tagen zeigt er mordmässiges Potenzial, aber seit dem wir ihn haben, werden es immer weniger dieser Tage“, berichtete er, „im Umgang ist er für gewöhnlich nett.“
      „Und dann sollte er ein B-Trainerrennen laufen? Ist das nicht sehr gewagt?“, wunderte ich mich. Ich selbst hatte auch nur eine B Lizenz, aber darf A Rennen mitfahren, aufgrund der hohen Gewinnsumme der Stute und ich in einem Rennbetrieb arbeitete.
      „Die beiden kamen bisher gut miteinander klar, aber als er ihr gestern zum wiederholten Mal entwischte, hatte sie keine Lust mehr und Papa sah nie einen Wert in ihm“, erklärte er. Der Fuchs folgte mir die Stallgasse auf und ab, was mir sofort auffiel: Die Hinterbeine fußten flach ab, links dabei deutlich nach innen. Basti drückte ich den Strick in die Hand und tastete behutsam seine Kruppe ab.
      „Wann wurde er eingefahren?“, fragte ich nach und spürte die Muskeln zucken, als ich nur ganz sanft ihn berührte.
      „Mit anderthalb“, beantwortete er.
      „Wow. So spät“, zischte ich ironisch. Unglaublich. Das erklärte mir einiges. Mocki war vollkommen verspannt und schief. In streichender Bewegung hing die Enden der Rückenmuskulatur ab, bis es knackte. Der Hengst erschreckte sich selbst davor, aber stand im nächsten Atemzug. Von hinten konnte man deutlich sehen, dass die Hüfte der Waage näher kam.
      „Was war das?“, fragte Basti besorgt und sah über die Schulter hinweg zu mir.
      „Eine Verspannung und ein Wirbel, der jetzt wieder in der korrekten Position ist“, seufzte ich getroffen von den physischen Baustellen des Pferdes. Basti führte ihn mit ein weiteres Mal im Gang auf und ab. Sichtbar wurde, dass er besser abfußte und auch der Takt zunahm.
      „Okay, danke“, sprach ich nachdenklich.
      „Kannst du das richtig?“, sagte er beeindruckt.
      „Physio? Nur ein paar Handgriffe.“
      „Dann könntest du dir auch mal Netflix anschauen?“ Mit einem Funkeln in den Augen sah er zu mir hinunter, ich spürte, dass ihm viel an dem Pferd lag. Dennoch erinnerte ich mich daran, dass der hübsche Rapphengst demnächst nach Frankreich gehen sollte.
      „Natürlich, aber nicht jetzt“, holte ich ihn auf den Boden der Tatsachen zurück und begutachtete weiter den Fuchs. Besonders auffällig an ihm war auch das schmerzverzerrte Gesicht. Muskeln waren angespannt und die Augen aufgerissen, obwohl es keinen Grund dafür gab. Schließlich standen alle nur herum.
      „Okay, dann lade ich dich ein für einen Pferde-Wellness-Tag“, grinste Basti breit und strich dem Fuchs über den Hals.
      „Wir werden sehen, schließlich soll ich mich doch fernhalten“, blickte ich über das Brillengestell zu ihm hinüber.
      „Oh ja, stimmt. Da war was“, lachte er, „aber mir ist es egal. Wir sind doch nur Freunde, verstehe nicht, welches Problem alle damit haben.“
      Mir blieb die Luft weg. In meinem Kopf spielte der Satz wie auf einer kaputten Schallplatte ab, der Versuch Untertöne der Ironie zu finden, aber Basti es mit einer Selbstständigkeit aus. Die Übelkeit kam wieder.
      „Genau“, scherzte ich den Tränen nah und drehte mich kurz weg. Ich atmete tief durch.
      „Also nimmst du ihn nicht?“, wurde er ernster, im Begriff, das Pferd wegzustellen.
      „Stopp, davon war nie die Rede“, revidierte ich seine Intention.
      “Du kaufst ihn also?”, fragte Lina nach dem offensichtlichen und in ihren Augen leuchtete bereits die Freude.
      „Ja, wieso nicht“, zuckte ich mit den Schultern.
      „Verrückt, aber wenn du willst. Ich gehe den Vertrag holen“, sagte er und verschwand. Mittlerweile hielt ich den Strick wieder in der Hand, strich meinem Pferd über die Blesse.
      „Ich bin nicht verrückt“, murmelte ich dem hellhörigen Fuchs zu, der wie erstarrt zur Tür sah.
      “Nicht verrückter als alle anderen”, scherzte Lina ein Grinsen auf den Lippen.
      “Aber er ist auch niedlich”, richtete ich den Blick nach oben und zupfte Strohhalme aus der Mähne. Er wippte mit der Unterlippe, die Augen weiter zur Tür.
      “Ja, einen schönen hast du dir da ausgesucht”, entgegnete sie und nahm den Fuchs genauer in Augenschein. Im Licht des Stalls schimmerte sein Fell in einem schönen Kupferton. Dann kam Basti zurück, in der Hand ein Stapel Papier. Zunächst kommt Mocki in seine Box und wir setzen uns zusammen in den Raum. Dieser war größer als bei uns, aber um alles genauer zu besprechen, reichte es.
      “Preis”, seufzte Basti, als nur noch ein paar Angaben fehlten. Lina sah die Zettel genauer an, als hätte sie zuvor nie einen Kaufvertrag gesehen.
      “Wie viel braucht ihr?”, fragte ich, anstelle den Wert des Pferdes genauer zu beleuchten.
      “Brauchen?”, lachte er, “das wäre einiges.”
      “Nenne mir eine Zahl”, sprach ich, ohne mit der Braue zu zucken. Gleichzeitig holte ich mein Handy heraus. Mit Erstaunen stellte ich fest, dass die Zahl auf meinem Konto signifikant gesunken war. Nervös scrollte ich hinunter. Harlen hatte wirklich viel ausgegeben, von Kleidung bis Auto war tatsächlich alles dabei, selbst Pferdewetten, zwischendrin fand ich meine Spenden für die Tierheime. Eine mittlere sechsteilige Summe in fünf Monaten auszugeben, ohne dass etwas nachkam, schockierte mich.
      “Alles okay?”, hakte Basti skeptisch nach.
      “Ja, nein, aber nichts, was dich betrifft”, seufzte ich. Ich bemerkte, dass Vater vor Ewigkeiten jegliche Zahlungen eingestellt hatte.
      “Problematisch? Kann man dir behilflich sein?”, zog Lina fragend die Augenbrauen zusammen.
      “Du kannst Harlen sagen, er soll zum Mond fliegen”, äußerte ich genervt und legte das Handy weg, “oder im Meer versinken, das ist günstiger.”
      “Sage ich ihm, allerdings fürchte ich, er wird dem nicht Folge leisten”, entgegnete sie und zog rätselnd über den Grund dafür die Stirn in Falten.
      “Zurück zum Thema. 350 000 Kronen?”, bot ich an, auch wenn der Gedanke daran schmerzte.
      “Bist du des Wahnsinnes? Normalerweise würde ich direkt zustimmen, aber ich habe dich zu gern, um dir reines Papier zu berechnen. 220 000 Kronen und du machst Netflix sowie Ole wieder schick”, schlug er vor. Ich atmete tief durch, froh, dass auch Happys Anteil mein Konto wieder füttern würde.
      “Gut, machen wir”, grinste ich und unterschrieb den Zettel, auf dem Basti den Betrag eintrug.
      “Glückwunsch, dann bist du jetzt wohl Besitzer eines Rennpferdes”, grinste meine Kollegin.
      „Bleibt er eins?“, wunderte er sich.
      „Abwarten, aber wäre cool, wenn er mit nach Finnland kommt“, überlegte ich laut, auch wenn es unrealistisch wirkte, ein Pferd in einem furchtbaren physischen Zustand direkt in Rennen zu schicken.
      “Was, wieso Finnland?”, rief die Kleine aus und ihre Stimme überschlug sich vor Überraschung, “Warum weiß ich davon nichts?” Mit ihren aufgerissenen Bambi-Augen starrte sie mich an.
      “Weil du nie in den Kalender schaust?”, lachte ich und stand auf.
      “Mittlerweile fühle ich mich verfolgt von dir”, stupste mir Basti in den Arm, als wir langsam zum Ausgang liefen.
      “Warum sagt mir so was keiner?”, beschwerte sich die kleine Brünette, ungeachtet des dritten Anwesenden, “Schon mal daran gedacht, dass es mich interessieren könnte, wenn ihr in meine Heimat reist?”
      “Es steht doch noch nicht mal zu hundertprozent fest, weil Lars sich nicht für ein Pferd entscheiden kann”, versuchte ich den Spatzen zu besänftigen.
      “Weil wir ja so wenige davon im Stall haben”, rollte sie mit den Augen, “Wenn ihr fahrt, will ich mit.” So spontan wie sie ihre Forderung stellte, hatte sie nicht eine einzige Sekunde darüber nachgedacht, was es eher wie eine Trotzreaktion wirken ließ. Nicht, dass ich sie verurteilen würde, schließlich hatte ich gerade ein Pferd gekauft aus demselben Grund.
      “Ich glaube”, murmelte ich und zog mein Handy hervor. Wild huschten die Finger über den Bildschirm, bis ich bei der Arbeitsplanung ankam.
      “Was ist das?”, schielte Basti mit auf die leuchtende Oberfläche.
      “Unser Stallsystem”, erläuterte ich wenig betroffen und suchte das Datum des Rennens.
      “Wo habt ihr das her?”, hakte er weiter nach.
      Ich hörte auf zu suchen und blickte zu ihm.
      “Wir haben das selbst gemacht, die Vorbereitung hat ewig gedauert und die Entwicklung noch länger, aber es läuft”, lächelte ich freundlich.
      “Sucht ihr noch Mitarbeiter?”, lachte Basti.
      Wieder startete das Kriegsdonnern in meiner Brust und ich musste Schlucken, um nicht anzufangen zu husten.
      “Immer”, sprach ich mit zittriger Stimme und suchte weiter. Dann fand ich endlich die Finlandia.
      “Hier Lina. Tyrell hat ohnehin geplant, dass du uns begleitest”, reichte ich ihr das Telefon als Beweis. Zufrieden blickte sie auf den Bildschirm, überflog die dort notierten Daten.
      “Oh, da in der Nähe habe ich früher gewohnt”, stellte sie nun wieder munterer gestimmt fest.
      “Siehst du, müssen wir nur Mockup hinbekommen”, grinste ich Basti an, der leicht den Kopf schüttelte.
      “Achtzehn Tage. Sehr mutig”, sprach er anerkennend, “wenn du das schaffst, dann komme ich zu euch. Wirklich.”
      Wieder schluckte ich.
      “Teilnehmen oder gewinnen?”, erforschte ich genauere Rahmenbedienungen.
      “Platzierung reicht schon”, spezifizierte er. Ich reichte ihm die Hand, ungeduldig den Blick nach oben gerichtet. Für mehrere Atemzüge überlegte er, aber schlug ein.
      “Da hast du aber was vor”, warf Lina ein, wobei ein Schmunzeln über meine Lippen zuckte.
      “Dann wünsche ich euch viel Erfolg”, prüfend blickte er auf sein Handy, “leider muss ich mich verabschieden, sonst gibt es Ärger. Packt ihr den Großen dann ein?”
      “Ist er hengstig?”
      “Nein, überhaupt nicht. Manchmal zweifle ich sogar, ob er sich seiner Hoden bewusst ist”, lachte Basti, die Autotür öffnend. Zum Abschied lief ich ein paar Schritte näher, wollte ihn umarmen, aber ich wusste nicht genau, ob es angebracht sei. Deshalb bot ich es durch meine reine Präsenz an.
      “Aber eine Bedingung habe ich auch”, flüsterte er kaum hörbar, “du arbeitest mich ein.”
      “Natürlich, das schaffe ich.”
      Mit einem Lächeln auf den Lippen sah ich dem Transporter nach, als er vom Platz fuhr. Die Kälte in den Gliedmaßen war allgegenwärtig und erst jetzt spürte die schlotternden Knie. Leises Rauschen zog durch Baumkronen am Rande der Ställe. Nour kam an die frische Luft.
      “Was habt ihr so lange getrieben?”, musterte sie uns beide.
      “Unter Umständen … ein Pferd gekauft”, antwortete die Kleine, als sei es etwas vollkommen Normales.
      „Bitte, was?“, in hohen Tönen rief Nour die Worte hinaus, dass auch ihr Bruder aufmerksam wurde.
      „Das ist jetzt ein Scherz, oder?“, fragte dieser, ich verzog das Gesicht und zuckte mit der Schulter, „oder?“
      „Nein, ist es nicht“, scherzte ich verhalten.
      „Ihr kommt sofort rein, unglaublich“, schüttelte Lars den Kopf und vergrub das Gesicht in seinen Händen. Ich rauchte noch auf, dann folgte ich seiner Bitte.
      Im Inneren des Transporters begann die Erzählstunde, nicht komplett, denn den Irrsinn von Alexa verschwieg ich sowie den Inhalt des Deals mit Basti. So schnell wie mein Herz schlug, purzelten die Fakten heraus und im Nachhinein wusste ich nicht, wie viel genau erzählt wurde, aber genug, dass Lars aus allen Wolken fiel.
      „Meine Güte, dich kann man nicht allein lassen“, schüttelte er aufgelöst den Kopf, „du hast doch kaum Ahnung. Wie kommst du nur darauf?“
      Es verletzte mich zutiefst, dass er meine Kompetenz kleinredete. Für meinen Geschmack hielt er viel zu viel von sich selbst, als dass er objektiv beurteilen konnte, wie ich mich verhalten sollte. Seine Anschuldigungen und niederträchtigen Worte belastenden mich so sehr, dass ich erneut begann zu weinen. So hatte ich mir das nicht vorgestellt, hoffte darauf, dass er mich unterstützen würde.
      „Vivi, beruhige dich. Ist doch schön“, versuchte Nour die Situation zu entschärfen, aber scheiterte auf erster Linie. Wie Schlosshund hing ich in meinen Arm, brachte Töne heraus, die jedem Meerjungfrauengesang Konkurrenz machten.
      „Lass dir von dem nichts einreden“, sprach Lina leise zu mir und legte fürsorglich ihren Arm um mich, „Denke nur daran, was du entgegen aller Erwartungen bereits alles gemeistert hast. Mocki und du schaffen das locker, auch ganz ohne den aufgeblasenen Typen da.“ Vorsichtshalber hatte sie die Sprache gewechselt, falls die Geschwister ihre Worte trotz gesenktem Lautstärke wahrnehmen konnten. Allem Anschein nach wollte sie sich heute kein zweites Mal mit Lars anlegen.
      “Danke”, schluchzte ich. Prüfend warf ich einen Blick zu ihm, aber er schenkte mir nicht einen Hauch von Aufmerksamkeit. All die Freude über Basti und das Pferd löste sich in Luft auf.
      In Windeseile kippte sich Lars zwei Bier hinter. Interessanterweise bot er auch uns eins an, dass ich dankend entgegennahm. Anstelle mich weiter mit Missachtung zu strafen, legte er seinen Arm um mich und zog mich an sich.
      “Weißt du, es ist faszinierend”, brabbelte er.
      “Mh?”, hakte ich verwirrt nach und legte den Kopf an seiner Brust ab. Wie immer war es ziemlich bequem auf ihm, auch, wenn er ziemlich nach Schweiß roch.
      “Du machst einfach, ohne abzuwägen, ob es klug ist, sondern du glaubst an deine Leistungen”, schmeichelte er mir.
      “Okay”, hielt ich mich zurück.
      „Ach, jetzt auf einmal …", murmelte Lina missfallend vor sich hin und rollte mit den Augen.
      “Der hat einfach eine lange Leitung”, redete Nour ihr gut zu. Ich nahm es so hin, wie es war, andere Möglichkeiten gab es nicht. Mittlerweile kannte ich seine Art, wenn er schlechte Laune hatte und meistens wurde es besser, wenn wir uns nah waren – wie jetzt. Seine Zweifel und Unzufriedenheit kam aus dem Inneren, tief versteckt hinter einer stählernen Fassade. Zudem missfiel ihm jeglicher Kontakt mit Basti, was ich bis heute nicht nachvollziehen konnte. Vielleicht war es dem ähnlich, worum Alexa mich gebeten hatte, allerdings schätzte ich seine moralische Verfassung als ähnlich bedenklich wie die meine ein. Aber er war ein lieber Kerl, mit Ecken und Kanten.
      Mein Handy vibrierte. Es war noch nicht Null Uhr, aber die ersten Glückwünsche trudelten ein. Dankend nahm ich sie an, obwohl mir all die flüchtigen Kontakte egal waren. Jedoch entdeckte ich zwischen den ganzen Nachrichten bei Instagram auch Basti. Eilig öffnete ich den Chat, den Lars war in dem Gespräch eingetaucht, mit Nour und Lina. Dabei ging es um das Rennen in Finnland. Sie war noch immer pikiert, dass wir nicht früher etwas gesagt hatten, doch auch mir wurden solche Informationen erst vor wenigen Tagen zugetragen.
      „Es ist ziemlich cool von dir, dass du Mocki übernimmst. Damit hilfst du uns sehr“, schrieb er. Steckten sie etwa in Geldsorgen? Zumindest würde dies einige seiner Aussagen erklären und die Tatsache, dass er, laut Alexa Nelly heiraten wird.
      „Ich freue mich auf die Arbeit mit ihm. Schließlich will ich mich an unsere Abmachung halten ;)“, antwortete ich scherzhaft, zumindest sollte es weniger ernst an ihn herantreten. Mittlerweile konnte ich mir nicht mehr sicher sein, ob er sich meiner Gefühle bewusst war, dennoch musste ich an den Zwischenfall im Stall zurückdenken. Seine zärtliche Berührung brachte so viel Gefühl mit sich, dass er wissen musste, wie sehr ich ihn wollte.
      „Haha, wir werden sehen“, trudelte es als Antwort ein.
      „Tut mir leid, falls ich seltsam war. Mir hat Gespräch sehr zu schaffen gemacht“, entschied ich ihm zu schreiben. Es dauerte ein Moment, bis schließlich eine Nachricht ankam.
      „Verständlich. Ich habe mit ihr ein weiteres Mal gesprochen und ihr erklärt, dass sie sich nicht in meine Angelegenheiten einmischen soll. Es ist nicht okay, Leuten etwas zu unterstellen. Des Weiteren bin ich alt genug, um Dinge selbst zu klären. Ihr tat es leid, aber sie würde es dir auch noch selbst sagen“, las ich den kleinen Roman. Dennoch wusste ich nicht genau, was er mit Unterstellung meinte, schließlich beruhten einige ihrer Aussagen auf der Wahrheit. Aber ich ließ ihn im Glauben, dass es nur Unterstellungen waren, denn so blieb mir die Hoffnung. Hoffnung darauf, ihn zumindest als einen Freund an meiner Seite zu haben.
      „Oh, und alles Gute zum Geburtstag. Wir sehen uns nachher“, schrieb er noch. Ich bedankte mich, dann stimmte Lina auch schon voller Elan ein Geburtstagslied an.

      © Mohikanerin, Wolfszeit // Vriska Isaac // 63.858 Zeichen
      zeitliche Einordnung {Ende April 2021}
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  • Shaker ist 4 Jahre alt.

    Aktueller Standort: Lindö Dalen Stuteri, Lindö [SWE]
    Unterbringung: Hengstpaddock


    –––––––––––––– s t a m t a v l a

    Aus: Götterdämmerung LDS (DE) [Standardbred]
    MMM: Unbekannt ––––– MM: Middle Ages (FR) [Traber]––––– MMV: Unbekannt
    MVM: Unbekannt ––––– MV: Attila [Gidran] ––––– MVV: Unbekannt


    Von: Vintage (FR) [Traber]
    VMM: Unbekannt ––––– VM: Unbekannt ––––– VMV: Unbekannt
    VVM: Unbekannt ––––– VV: Unbekannt ––––– VVV: Unbekannt



    –––––––––––––– h ä s t u p p g i f t e r

    Zuchtname: Harlem Shaker LDS
    Rufname: Shaker
    Farbe: Fuchsfalbe Splash
    [ee Aa Dnd2 FF nSpl]
    Geschlecht: Hengst
    Geburtsdatum: April 2016
    Rasse: Standardbred [STB]
    25 % Vollblut-Anteil
    Stockmaß: 162 cm

    Charakter:
    sensibel, leidenschaftlich, willig, hitzig im Umgang

    * Shaker läuft Trabrennen
    * 5-Gänger


    –––––––––––––– t ä v l i n g s r e s u l t a t

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    Dressur M [M] – Springen E [A] – Military E [A] – Fahren E [A] – Rennen M [M] – Distanz E [L] – Gangreiten E [L]

    Februar 2023 Langzeitberitt, Dressur L zu M

    Ebene: International

    Mai 2022
    Dressur E zu A
    2. Platz, 523. Distanzturnier

    Juni 2022
    3. Platz, 390. Synchronspringen
    (erste Auslosung)
    2. Platz, 390. Synchronspringen
    (zweite Auslosung)
    Jogging, Rennen E zu A
    3. Platz, 579. Rennen

    Juli 2022
    3. Platz, 336. Gangturnier
    Rennvorbereitung, Rennen A zu L
    2. Platz, 338. Gangturnier

    August 2022
    Rennen L zu M

    Oktober 2022
    Training, Dressur A zu L


    –––––––––––––– a v e l

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    Gekört durch HK 515 im September 2022.

    Zugelassen für: Traber aller Art; Barock-Reitpferd
    Bedingung: Keine Inzucht
    DMRT3: AA [Fünfgänger]
    Lebensrekord: 1:14,5
    Decktaxe: Nicht gekört / Preis [Verleih auf Anfrage]

    Fohlenschau: 0,00
    Materialprüfung: 7,49

    Körung
    Exterieur: 7,55
    Gesamt: 7,97

    Gangpferd: 7,65


    –––––––––––––– a v k o m m e r

    Harlem Shake LDS hat 3 Nachkommen.
    • 2018 Shakesbeer LDS (aus: Satz des Pythagoras)
    • 2018 Shake that Bubble LDS (aus: Friedensstifter)
    • 2020 Want to Believe LDS (aus: Spaceshuttle)


    –––––––––––––– h ä l s a

    Gesamteindruck: gesund, im Training
    Krankheiten: keine
    Beschlag: Falzeisen [Aluminium], Voll


    –––––––––––––– s o n s t i g e s

    Eigentümer: Lindö Dalen Stuteri [100%]
    Pfleger: Lars Alfvén
    Trainer: Bruno Alfvén
    Fahrer: Lars Alfvén
    Züchter: Lindö Dalen Stuteri, Lindö [SWE], Tyrell Earle
    VKR / Ersteller: Mohikanerin

    Punkte: _gekört


    SpindHintergrundVorschauKörung

    Harlem Shaker LDS existiert seit dem 22. März 2022.