1. Diese Seite verwendet Cookies. Wenn du dich weiterhin auf dieser Seite aufhältst, akzeptierst du unseren Einsatz von Cookies. Weitere Informationen
Wolfszeit

Héritage du Coeur [7/20] //

a.d. Halluzination, v. Acerado

Tags:
Héritage du Coeur [7/20] //
Wolfszeit, 20 Juli 2022
Sosox3, sadasha und Mohikanerin gefällt das.
    • Wolfszeit
      [​IMG]
      Harvest Celebrations mit Abstecher auf die Sky River Ranch | 20. Juni 2022
      Abe’s Aelfric| PFS’ Caruso| Celevant ’Mad Eye’|WHC’ Poseidon | Héritage du Coeur| Whats’ Happen In The Dark| WHC’ Mitena| WHC’ Candela| Rumkugel| Coco| Wanita Iblis| Le Perle Noir

      Dienstag, Tag 1
      Alle waren Abfahrt bereit, der Transporter gepackt, fehlten nur noch die Ponys. Aufgeregt strich ich Caruso ein letztes Mal durch die strubbelige Mähne, bevor ich ihn die Transportgamaschen anlegte. Hazel und mich würde es heute auf den Weg nach Langley gehen, denn wir würden beide dort an einem Turnier teilnehmen. Mit Caruso startete ich am Donnerstag in der Working Hunter Class starten. Dieses Turnier würde eine kleine Premiere sein, denn es war meine erste Hunter Class, bisher war ich nur normale Zeitspringen geritten oder auch gelegentlich mal eine Dressur. Hazel würde mit gleich zwei Ponys an den Start gehen. Einmal mit Rici am Mittwoch in einer Baby Green Hunter Class um am Donnerstag mit Mad Eye in einer Pree Green Hunter Class. Den Höhepunkt des Turniers würde am Samstag ein Teil des Longines FEI Jumping World Cup bilden, bei dem wir natürlich nur Zuschauer waren. Doch ich freute mich nicht nur auf das Turnier, denn wir würden auch noch einen Abstecher nach Seattle machen und dort die Sky River Ranch besuchen. Im März dieses Jahres hatten wir Rumkugel nach dorthin verkauft und auch Darky würde bald dorthin umziehen. Ich freute mich darauf meinen Schützling wiederzusehen, hoffentlich hatte er sich gut entwickelt.
      “Quinn, kommst du endlich. Die anderen Ponys stehen schon auf dem Transporter”, rief Jayden durch den Stall. Er würde uns begleiten, weil die Fahrt an die Küste nicht gerade kurz war und ich Hazels Fahrkünsten nicht wirklich vertraute. Seit knapp einem halben Jahr hatte sie ihre Fahrlizenz, aber gab sich im Verkehr alle Mühe sie direkt wieder zu verlieren. Nicht nur einmal erlitt ich einen Herzinfarkt auf Autofahrten, bei der sie am Steuer saß.
      “Ich komme schon”, antworte ich und schloss schnell den letzten Klettverschluss, bevor ich Caruso losband. Artig folgte mir der kleine Hengst in den Hof, wo Jace gerade die beiden Jungstuten entlang zu Koppel führte. Die anderen beiden Pferde standen tatsächlich schon auf dem Transporter und Hazel hatte es sich bereits in der Fahrerkabine bequem gemacht. Zügig half mir Jayden das Pony zu verladen, sodass wir dann schnell loskonnten.
      Das erste Stück fuhr ich, denn ich hatte keine Lust das letzte Stück im Berufsverkehr zu fahren. Lieber genoss ich den Highway, der nahezu menschenleer war. Weite offene Flächen mit Flüssen und Seen wechselten sich ab mit den Bergen und Wälder der kanadischen Rockey Mountains. Kurz hinter Jasper machten wir eine kurze Pause, um den Pferden etwas zum Trinken anzubieten und einen Fahrerwechsel zu machen. Die weitere Fahrt döste ich vor mich hin, wurde erst wieder halbwegs wach, als wir eine zweite Pause in Kamloops machten, wo wir nicht nur die Pferde mit Futter und Wasser versorgten, sondern auch uns. Mittlerweile hatte ich echt Hunger und konnte meinen Bagel kaum schnell genug in mich hineinstopfen.
      “Haben wir noch Kekse?”, fragte ich anschließend in die Runde, denn mein Magen verlangte noch immer nach Nahrung. Hazel, die auf dem Tritt in der geöffneten Beifahrertür saß, griff hinter sich und warf mir die Kekspackung zu. Natürlich konnte Jayden das nicht unkommentiert lassen: “Wie kann so ein zartes Persönchen wie du eigentlich immer so einen Hunger haben?”
      “Weißt du Jayden, wenn du so viel denken würdest wie ich hättest du auch Hunger”, sichelte ich ein wenig. “Ja ist gut, nerve uns nicht, mit deinem blöden Studium”, genervt verdrehte er die Augen, “Außerdem sei froh, dass nicht Jace euch begleitet, der denk noch weniger.” Okay, da hatte er recht. Einerseits war Jace Fahrstil noch riskanter, als der von Hazel und andererseits konnte er einem mit seiner selbstverliebten Art ziemlich auf die Nerven gehen.
      “Ach, Jace mag manchmal unüberlegt handeln, aber so schlimm ist er doch gar nicht”, teilte Hazel mit. Manchmal handelte Jace unüberlegt? Ich hatte eher das Gefühl es sei immer der Fall, eigentlich ein Wunder, dass ausgerechnet er auserwählte, um die Reiter des Landes zu vertreten. An Jayden Gesicht konnte ich ablesen, dass er ungefähr dasselbe dachte wie ich auch. Die Entscheidung sich für das Canadian Equestrian Team zu bewerben, war vermutlich eine der wenigen klugen Entscheidung gewesen, die er treffen konnte. Das Einzige, was man Jace nicht absprechen konnte, war sein Talent. Bevor dieses Gespräch noch in eine Diskussion ausartete, stopfte ich mir lieber meinen Keks in den Mund und stand auf, um noch einmal nach den Ponys zusehen, bevor wir wieder aufbrachen.
      Clay döste mit halb geschlossenen Augen, während Rici und der Schimmel neben ihm an ihrem Heu knabberten, also stand einer Weiterfahrt nichts im Wege.
      Am Abend hatten wir endlich das wirklich riesige Gelände des Thunderbirdshow Parks erreicht. Die Ponys luden wir aus und während Jayden den Transporter parkte, führten wir sie ein wenig auf dem Gelände umher, nach der langen Fahrt freuten sie sich über die Bewegung. Als Jayden zu und zurückkehrte, brachten wir die Pferde in das Stallzelt und machten uns auf den Weg zum Hotel.

      Mittwoch, Tag 2
      Den ganzen Morgen quatschte Hazel mich nun schon zu, als hätte sie Quasselwasser getrunken. Ich weiß gar nicht so genau, was mit ihr los war, immerhin war das nicht ihr erstes Turnier. Während Hazel begann den braunen Hengst, mit dem sie heute reiten würde, zu putzen und einzuflechten, schnappte ich mir Caruso. Ich wollte die Gelegenheit nutzen, wo noch nicht los war und ein kurzes Training vor dem großen Tag machen. Außerdem brachte das ein hervorragender Grund, um Hazel Gequassel zu entfliehen. Schnell putzte ich den Porzellanschecken und macht mich auf den Weg zum Abreiteplatz. Ein kalter Wind wehte draußen, zerzauste die kurze Mähne meines Ponys und ließ braune Blätter durch die Luft wirbeln. Um mich besser gegen die Kälte zu schützen, zog ich den Reißverschluss der blauen Hofjacke höher.
      Aufgeregt wieherte mein Ponyhengst und tippelte neben mir her. Das kalte Wetter, die lange Fahrt gestern, der Hengst hatte Bewegungsdrang. Hinzu kam auch noch die Nervosität durch die fremde Umgebung.
      Zu meinem Erstaunen war ich nicht die Erste auf dem Platz. Ein junger Mann auf einem Rappen mit einem niedlichen Abzeichen auf der Nase drehte dort im Schritt seine Runden. Weich setzte das Pferd seine Hufe in den hellen Sand, jede Bewegung der trainierten Muskeln konnte man unter dem samtigen Fell erkennen. Der Rappe wirkte so perfekt, als wäre er gerade der Werkstatt eines Bildhauers entsprungen. Plötzlich blieb das mächtige Pferd stehen, direkt vor mir.
      “Stehst du mit deinem Pony immer am Zaun herum?”, fragte eine angenehme honigwarme Stimme. Ich sah in das Gesicht eines jungen Mannes, der seinem Pferd optisch keineswegs nachstand. Ein verschmitztes Grinsen lag auf seinen Lippen.
      “Ähm, nein”, Hitze stieg in meine Wangen, ”eigentlich wollte ich reiten.” Was war nur los mit mir? Wie ein kleines Schulmädchen stammelte ich vor mich hin, peinlich.
      “Na dann solltest du vielleicht aufsteigen”, lachte der Schwarzhaarige, “Ich bin übrigens Raphael.”
      “Ich bin Quinn”, stellte ich mich eilig vor. Immerhin wusste ich noch meinen Namen, wenn ich schon kurzfristig vergessen hatte, was ich hier eigentlich wollte. Ich führte Caruso an dem Rappen vorbei in die Mitte des Platzes. Der junge Mann folgte mir und ritt in großen Volten um mich herum, den Blick seiner hellen Augen immer auf mich gerichtet. Irgendwie ließ mich seine Gegenwart ganz nervös werden und ich musste mich darauf konzentrieren, was ich tat.
      “Ich habe dich hier noch nie gesehen, du bist zum ersten Mal hier, oder?”, fragte er interessiert. Ich nickte nur, zog Carusos Sattelgurt enger, schwang mich in den Sattel des Schecken und legte mir die Abschwitzdecke um die Beine.
      “Du darfst ruhig mit mir sprechen, ich beiße nicht und Poseidon auch nicht”, scherzte er und lachte leise. Poseidon, ein passender Name für so ein gottgleiches Pferd. Ich treib meinen Schimmel in den Schritt. Der Rappe blieb beständig neben mir, während sein Reiter die Befragung fortsetzte: “In welcher Klasse trittst du mit deinem Pony an?”
      “Ich reite morgen die Working Hunter Class mit Caruso, eine kleine Premiere so zusagen”, antworte ich begleitet von einem nervösen Lächeln.
      “Eine Premiere? Für dich oder dein Pony?”, fragte Raphael seltsam interessiert nach. Flirtete er und war er einfach nur nett?
      “Für uns beide, bisher haben wir nur an Zeitspringen teilgenommen”, lächelte ich schüchtern und strich Caruso durch die Mähne. Raphaels Pferd schnaubte und schüttelte gelangweilt den Kopf, in der Mähne waren noch leichte Löckchen zu sehen, wie als sei sie vor Kurzem noch eingeflochten gewesen.
      “Da möchtest du ja hoch hinaus mit deinem Pony”, sagte er anerkennend, “Mit meiner Jungstute gehe ich auch eine Hunterclass. Aber der Große hier soll am Sonntag um die Qualifikation für den World Cup kämpfen.” Liebevoll klopfte er seinem Pferd den Hals. “Wow”, staunte ich, “dann musst du ja ziemlich gut sein.” Erst jetzt fiel mir das Logo des Canadian Equestrian Team auf, welches auf der Brust seiner grauen Softshelljacke aufgestickt war. Auf seinem Oberarm sowie auf der Schabracke seines Pferdes war die Landesflagge abgebildet.
      “Ach, was die meiste Arbeit macht doch Poseidon”, antworte er bescheiden, „Ist das eigentlich dein Pony?“ Mit einem Kopfnicken deutete er auf Caruso und hielt kurz ab, um die rote Fleecedecke vom Hinterteil seines Rappen zu entfernen.
      „Nein, Caruso gehört meiner Chefin. Ich habe kein eigenes Pferd“, antwortete ich lächelnd. Ungeduldig schlug Caruso mit dem Kopf, ein eindeutiges Zeichen, dass es nun Zeit war richtig zu reiten. Raphael hatte seinen Hengst angetrabt und begann ihn, zu gymnastizieren. Ich legte auch Caruso Decke auf den Zaun. Kaum hatte ich ihn angetrabt, machte er einen kleinen Bocksprung, den ich aber problemlos aussaß. Nach mehreren Handwechseln, Bahnfiguren und ein paar Traversalen, die ich einbaute, um den Gehorsam meiner kleinen Rakete abzufragen, bevor ich mit ihm die Übungshindernisse ansteuerte. Freudig stellte der Hengst die Ohren auf, als er das niedrige Kreuz erspähte und legte an Tempo zu. Ich nahm das übermütige Pony nicht genug zurück, sodass er sich ein wenig übersprang. Als ich den Sprung wiederholte, nahm ich den Schecken etwas mehr zurück und uns diesmal ein sauberer Sprung gelang. Immer wieder sah ich zu Raphael und staunte darüber, wie er mit seinem Hengst geradezu über die Hindernisse hinweg zu schweben schien, was sich allerdings als nicht so klug herausstellte. Caruso galoppiert geradewegs auf das Hindernis zu, zu spät erkannte ich, dass die Distanz nie im Leben passen würde. Scheppernd fielen die Stangen zu Boden als das Pony mitten in dem Oxer landete. Nur knapp konnte ich mich auf dem Schimmel halten. Raphael kam zu uns getrabt und hielt sein Pferd neben und an.
      “Alles okay bei euch beiden?”, fragte er fürsorglich und sah zu mir herunter. Unwillkürlich trat Hitze auf mein Gesicht.
      “Ja, alles okay”, murmelte ich beschämt. Es war ziemlich peinlich vor Raphaels Augen im Hindernis zu landen, vor allem noch aus einem so dämlichen Grund. Im Schritt treib ich Caruso aus dem Stangensalat hinaus und stieg ab, um den Oxer wieder aufzubauen.
      “Könntest du mein Pony vielleicht kurzhalten, während ich das da wieder aufbaue?”, fragte ich den Mann auf dem großen Hengst. Mit Caruso im Schlepptau konnte ich das nämlich vergessen. Warum auch immer hielt er es für ziemlich spaßig, die Stange so lange anzuschubsen, bis sie herunterfielen.
      “Wie könnte ich dir nur einen Gefallen ausschlagen”, schmunzelte der Reiter,” natürlich kann ich dein Pony halten.” Lächelnd reichte ich Raphael die Zügel hinauf. Während ich die Stangen wieder auf die Ständer legte, belästigte der kleine freche Schecke Poseidon, indem er versuchte an seiner Mähne zu knabbern und zu ziehen. Wenig begeistert drehte der Rappe die Ohren nach hinten, fast als wolle er sagen: Kann jemand dieses nervige Kind von mir entfernen. Kurz darauf erfüllte ich des Pferdes unausgesprochen Wunsch und nahm das Pony wieder an mich. Die restliche Trainingseinheit verlief ohne weitere Unfälle, weil ich mich dazu zwang mich auf meinen Hengst zu konzentrieren.
      Der Wind war mittlerweile kräftiger geworden, weshalb ich mir die Abschwitzdecke fest um die Beine gelegt hatte. In einem gemütlichen Tempo schritt der große Rappe neben mir her.
      “Wer ist denn der Typ da am Zaun? Ist das dein Freund oder warum grinst der so?”, erkundigte Raphael. Ich folgte seinem Blick. Am Zaun stand Jayden und grinste breit, vermutlich hatte er inzwischen auch genug von Hazel Gequassel.
      “Nein, das ist Jayden, mein Arbeitskollege. Der macht sich sicher mal wieder über irgendwen lustig”, lachte ich. Die Vorstellung allein fand ich ziemlich erheiternd, denn mein Kollege war jetzt nicht gerade da, was ich als meinen Typen beziehen würde.
      “Aber so ein hübsches Mädchen wie du hast doch sicher einen Freund?”, ging Raphael nun in die Offensive. Wow, das war eine ziemliche direkte Frage, aber er schmeichelte mir.
      “Danke für das Kompliment, aber nein, ich habe derzeit keinen Freund”, antwortete ich wahrheitsgemäß. Aktuell konzentrierte ich mich auch lieber auf mein Studium und auf die Arbeit, als dass ich mir groß Gedanken über so was machte. Einen Moment ritten wir noch nebeneinanderher, unterhielt uns, bevor Raphael einen Blick auf die Uhr warf.
      “Ich würde noch gerne länger mit dir quatschen, aber ich muss los Héritage vorbereiten. Sieht man sich später noch mal?”, setzte Raphael zum Abschied an.
      “Ja, gerne, ich werde noch den ganzen Tag hier sein. Viel Glück mit deiner Stute”, erwiderte ich, bevor er mit dem langbeinigen Rappen vom Platz schritt.
      “Na, der Kerl wäre doch was für dich Quinn”, zog Jayden mich direkt auf, als ich neben ihm her zurück zu Stallzelt ritt. “Wo hast du denn den aufgegabelt?”
      “Ich habe ihn nicht aufgegabelt, er war zufällig auf dem Platz, der gehört mir ja nicht allein”, erwiderte ich empört. Immer musste Jayden jeden aufziehen, ganz besonders dann, wenn vielleicht ernsthaftes Interesse an irgendwem im Spiel sein könnte.
      “Wen hast du angeblich nicht aufgegabelt?”, frage nun auch Hazel neugierig, die mit Rici auf der Stallgasse stand. Ich ignorierte ihren Kommentar, führte Caruso in seine Box und begann seine Trense zu öffnen.
      “Unsere Quinn hat so einen Schnösel auf dem Platz getroffen”, erzählte Jayden grinsend.
      Genervt trat ich aus der Box und verstaute das Sattelzeug in dem mobilen Sattelschrank. “Ersten ist Raphael kein Schnösel”, erklärte ich ungehalten, “und zweitens bist du doch nur neidisch, weil er besser reitet als du.” Jayden lachte nur amüsiert: “Ach ich bin doch nicht eifersüchtig, ohne mich würde das Pferd gar nicht so toll springen”, sagte mein Kollege überheblich. Noch bevor ich mir Gedanken über seine Worte machen konnte, erblickte ich Rici, was mich ein wenig aus dem Konzept brachte. Das dunkle Fell des Windfarbenen glänzte bereits und Hazel war gerade dabei, seine Mähne einzuflechten. Allerdings sah das, was sie dort tat, ziemlich grausam aus, viel zu dick waren die Knödel am Hals des Hengstes.
      “Meine Güte Hazel, hast du vergessen, wie man eine Mähe einflechtet? Das ist doch nicht dein erstes Turnier?”, fragte ich entsetzt. So konnte ich sie nicht in den Parcours lassen, sie würde ja den ganzen Hof blamieren. Die klassischen Hunter Zöpfchen würden bei dem Pony ohnehin nicht hinhauen, aber zumindest ordentliche Dressurzöpfe sollten machbar sein.
      “Das ist gar nicht so einfach mit so viel Mähne”, beschwerte sie sich und ließ die Strähne los, die sie gerade flocht. Ich trat neben sie, löste die bereits vorhandenen Zöpfe wieder.
      “Eingeteilt hast du die Strähnen schon richtig, aber bei einer so langen dicken Mähne wie Rici sie hat, würde ich dir empfehlen, anders vorzugehen als sonst”, begann ich zu erklären. Ich flocht nur etwa 10 cm der Strähne, verschloss sie dann mit einem Gummi, bevor ich diese mithilfe einer großen Häkelnadel einmal nahe dem Mähnenkamm durch die Mähne führte. Auf diese Weise entstand ein hübscher kleiner Zopf, den man nur noch mittels eines Mähnengummis befestigen musste. Das, was von dem Zopf nun ungeflochten auf der anderen Seite wieder herauskam, nahm ich und flocht es in den nächsten Zopf mit ein.
      “Hast du das verstanden oder soll ich es noch einmal zeigen?”, fragte ich Hazel, als ich die ersten drei Zöpfe gemacht hatte. Sie nickte und setzte ihre Tätigkeit unter meiner Aufsicht fort. Nach knapp 20 Minuten konnte sich das Pony wirklich sehen lassen. Das wurde auch Zeit, denn Hazel musste allmählich mal ihren Parcours abgehen.

      Knapp eine Stunde später saß Quinn zusammen mit Jayden im Publikum und beobachten den Wettbewerb. Obwohl der Parcours nicht sonderlich schwierig war, ging eine erstaunliche Anzahl der Teilnehmer mit schlechten Punktzahlen raus.

      “Als nächste Starterin mit der Nummer zweihundertvierzehn, Hazel O’Connor auf Abe’s Aelfric, tritt an für das Whitehorse Creek Stud”, kündigte der Kommentator Hazel an, während der Starter vor ihr die Bahn verließ. In einem entspannten Trab kam Hazel mit dem braunen Hengst auf den Sandplatz getrabt. Obwohl es das erste Turnier für das kleine Pony war, war er erstaunlich gelassen. Als die Glocke ertönte, galoppiert Hazel ihn in einem ruhigen Tempo an und steuerte das erste Hindernis an. Mit aufmerksam gespitzten Ohren machte Rici einen letzten Galoppsprung und setzte über das Hindernis. Auch die darauffolgende Kombination meisterten die beiden hervorragend. Nach dem nächsten Sprung wurde Rici ein wenig schnell, aber dank seiner geringen Größe schafften sie noch eine saubere Linienführung. Am Ende der Runde ging Hazel mit guten 88 % vom Platz und rückte somit auf den ersten Platz der bisherigen Rangliste. Wenn die weiteren Starter sich weiterhin so dämlich anstellten, würde sich daran auch nicht mehr viel ändern. Freudestrahlend ritt Hazel vom Platz, wo wir ihr entgegenliefen.
      “Ihr zwei habt das super gemacht”, lobte ich die junge Reiterin, die ihrem Pony glücklich den Hals tätschelte. Rici wirkte als könne er den Parcours direkt noch einmal machen. Auch Jayden gratulierte Hazel zu dem guten Ritt. Nervös warf ich einen Blick auf mein Handy. In 10 Minuten würde Raphael mit seiner Stute in der großen Hunter Arena starten und das wollte ich mir unbedingt ansehen, gespannt darauf, ob Héritage genauso über die Sprünge flog wie der große Rappe.
      “Warum so aufgeregt Quinnzey, hast du noch was vor?”, fragte Hazel lachend, die mein Verhalten offenbar bemerkt hatte. Noch bevor ich etwas sagen konnte, übernahm Jayden die Antwort: “Sie möchte doch sicher zu ihrem engelsgleichen Verehren und seinem göttlichen Pferd.” Er unterstrich seine Aussagen mit theatralischen Gesten.
      “Er ist nicht mein Verehrer”, genervt verdreht ich die Augen, “Außerdem möchte ich seine Stute sehen, nicht Poseidon. Ihr zwei scheint das auch super allein zu schaffen, also bis später.”
      “Ja, ja, das Pferd ist klar”, hörte ich Jayden noch lachen, bevor ich mich unter die Menschen mischte. Obwohl auf diversen Plätzen Prüfungen liefen, waren noch ziemlich viele Zuschauer unterwegs, holten sich etwas zum Essen, liefen zu einem der Plätze oder stöberten an den zahlreichen Ständen nach etwas Interessantem. Zu gerne hätte ich mich auch umgesehen, doch wollte ich Raphaels Auftritt nicht verpassen. Er ritt gerade auf einem hübschen braunen Pferd in die Arena, als ich dort ankam. Mit einem Grinsen nickte er mir zu, als er mich entdeckte, bevor er sich ganz auf seinen Wettbewerb fokussierte. Eine Gruppe Mädchen, etwas entfernt, warfen mir seltsame Blicke zu und begannen zu tuschen. Natürlich blieb auch Raphael nicht von den komischen Groupies verschont, die ich bereits von Jace, Alec und sogar von Jayden kannte. Junge männliche Wesen, die auch noch halbwegs erfolgreich waren, sind in der Reiterszene schließlich nicht gerade weitverbreitet.
      Die Stute, auf der Raphael nun saß, war um einiges zierlicher als der Rappe von heute Morgen. Ihr Fell hatte in der schwachen Herbstsonne, die Farbe der herbstlichen Blätter, die durch die Luft wirbelten. Der schmale Kopf der Stute wurde geziert von einer großen weißen Blesse und jedes der vier Beine, die in einem gleichmäßigen Drei Takt auf dem Boden aufsetzen, hatte einen anderen Weißanteil.
      Wie gebannt starrte ich auf den Reiter und sein Pferd. Eins, zwei, drei, schon segelten die beiden mit einer perfekten Distanz über das Hindernis. Mit Leichtigkeit hätte die Stute auch noch ein höheres Hindernis geschafft, denn zwischen den Hufen des Pferdes und den Stangen war noch einiges an Luft. Raphael lenkte seine Stute in eine perfekte Kurve, setzte über das erste Hindernis hinweg, schienen eigentlich ein wenig zu schnell für die Kombination, doch gekonnt verkürzte er die Galoppsprünge und kam gerade noch so passen an das Kreuz. Ich verfolgte jede Bewegung der Stute, bis Héritage auch kraftvoll über das letzte Hindernis hinwegsetzte. Mit einem Score von 89 % setzte sich Raphael Craig mit Héritage du Coeur an die Spitze der Rangliste, wie ich der großen Leuchttafel am Rand der Arena entnehmen konnte. Im Schritt kam er vom Sandplatz und hielt sein Pferd neben mir an.
      “Schön dich wiederzusehen, Quinn”, lächelte der Reiter freundlich. Mein Name hörte sich ein wenig anders an aus seinem Mund, sprach er das Q ein wenig weicher aus als die meisten. Seine Stute streckte mir neugierig ihre Schnauze entgegen. Sanft strich ich ihr über die helle Stirn, von der mir ein mit weißen und roten Steinchen besetzter Stirnriemen entgegenfunkelte. Die freundlich gespitzten Ohren verschwanden unter einem schwarzen Fliegenmützchen auf, das das rote Ahornblatt aufgestickt war.
      “Deine Stute ist ja genauso eindrucksvoll wie Poseidon”, sagte ich immer noch beeindruckt von seinem Ritt. Aus dem Augenwinkel nahm ich wie die Mädelsgruppe tuschelnd die Köpfe zusammensteckte. Ich konnte mir ungefähr vorstellen, worüber sie sprachen.
      “Ach, das war noch gar nichts, die Kleine kann noch viel mehr, aber auf den Turnieren wollen wir erst einmal langsam starten”, erklärte Raphael. “Kommst du mit zum Abreiteplatz? Die Siegerehrung ist erst in 10 Minuten.” Als seine Stute sich in Bewegung setzte, folgte ich ihm.

      10 Minuten später, stand ich wieder am Rand der großen Arena und verfolgte die Siegerehrung. Ich fühlte mich beinahe so aufgeregt, als würde ich selbst auf meine Ergebnisse warten. Als die Teilnehmer begleitet von ehrender Musik einritten, nickte mir der dunkelhaarige mit einem umwerfenden Lächeln auf den Lippen zu, was ein undefiniertes warmes Gefühl in mir hinauf beschwor.
      Den dritten Platz belegte ein junges Mädchen mit einem dunklen Schecken, auf dem zweiten Platz war ein hochnäsig aussehender Junge, etwas in Hazels Alter, mit ein langbeinigen Roan. Und wie nicht anders zu erwarten, belegte Raphael mit seiner Stute den ersten Platz. Nervös tänzelte der Schecke auf der Stelle und als die Richter mit der Schleife kamen, wich er mit weit aufgerissenen Augen rückwärts. Nur mit Mühe und der Hilfe ihres Trainers brachte das junge Mädchen das Tier zum Stehen.
      In der Ehrenrunde zeigte seine Stute dann auch, dass sie ein wenig anders konnte, als in gemäßigtes Tempo durch einen Parcours zu springen. Gleich an der ersten langen Seite machte sie einen ordentlichen Bocksprung, wohl mehr aus Bewegungsfreude heraus, und zog das Tempo anschließend ordentlich an. Die Überschwänglichkeit der jungen Stute ging auch auf den Roan über, welcher plötzlich den Kopf hochriss und lossprintete. Der Reiter des Pferdes geriet durch einen plötzlichen Start ein wenig in Not, rutsche fast aus dem Sattel und hing dem armen Pferd ganz schön im Maul. Dieser Reiter gehörte offensichtlich zu denen, die ihrem Erfolg allein der guten Ausbildung ihres Pferdes zu verdanken hatten.
      Raphael machte ein deutlich eleganteres Bild auf der braunen Stute. Recht entspannt, mit einem ganz leicht anstehenden Zügeln, thronte er auf Héritage und ließ sie einfach machen. Nachdem die Pferde den Reitplatz bereits zum zweiten Mal umrundet hatten, zügelte der junge Mann an der Téte sein Pferd und schritt aus der Arena. Augenblicklich verließ ich meinem Platz am Rand und heftete mich an seine Seite. Mit einem zügigen Schritt lief sie voran, als könne sie es kaum erwarten in ihre Box zu kommen.
      „Herzlichen Glückwunsch zu diesem Erfolg“, gratulierte ich ihm herzlich. Raphael hatte die Zügel seine Pferde losgelassen, um sich den Helm vom Kopf zu nehmen. Lässig fuhr er sich mit einer Hand durch die fluffigen, dunkeln Haare.
      „Danke“, entgegnete er höflich und klopfte der braunen Stute den Hals. Vor dem Stallzelt hielt er sie an und schwang sich elegant von ihrem Rücken herunter. Immer noch ein wenig aufgeputscht von der Siegerehrung machte sie ein paar Schritte seitwärts, während ihr Reiter das Martingal abzuschnallen versuchte. Beruhigend redete er auf das Pferd ein, strich ihr sanft über das geschorene Fell und wartete, bis sie wieder stillstand, bevor er sein Vorhaben fortsetze. Die nun deutlich ruhigere Stute führte er in das große Zelt hinein. Hier drinnen war es zwar genauso kalt wie draußen, aber immerhin windstill, was es deutlich angenehmer machte. Nur wenig Köpfe sahen aus dem Boxen, waren die meisten Pferde vermutlich noch in den Prüfungen unterwegs.
      Raphael führte die Stute in eine Box, vor der ein großer dunkelroter Boxenvorhang aus schwerem Steppstoff hing, bestickt mit seinem Namen und dem seiner Stute. Daran hing einen edel aussehende Deckenleiter, an der eine Decke aus demselben Stoff hing, ebenfalls bestickt. Vor dem Vorhang stand noch ein kleiner, kompakter Schrank mit Rollen daran. Schon allein der Aufmachung der Box sah man an das Raphael in einer ganz anderen Liga unterwegs war als wir. Wobei? Ob Jace vielleicht ebenso professionell auf Turniere ging.
      „Darf man dich gleich vielleicht noch auf ein Mittagessen einladen?“, fragte Raphael und riss mich damit aus dem Staunen. Freundlich lächelte er mich über den Rücken seines Pferdes hinweg an. Mittagessen? Mit mir? Unwillkürlich spürte ich wieder diese Wärme in mir.
      „Ja, gerne“, entgegnete ich freudestrahlend.

      Donnerstag, Tag 3
      „Du warst ja gestern ziemlich spät erst im Hotel. Warst du noch mit deinem Angebeteten unterwegs?“, fragte sie mit einem verschmitzten Grinsen.
      „Raphael ist nicht mein Angebeteter“, genervt verdrehte ich die Augen und schnappte mir Carusos Putzkoffer aus dem Hänger. Bereits gestern Abend hatte Hazel versucht herauszufinden, wo ich den gesamten Nachmittag verbracht hatte, doch ich hatte meine Aussage strikt verweigert.
      „Was höre ich hier gerade, du warst erst spät zurück?“, fragte nun auch Jayden neugierig, der mit zwei Pappbechern Kaffee zurückkam und mir einen davon in die freie Hand drückte.
      „Danke“, entgegnete ich, „aber gar nichts hörst du hier. Ich habe mich gestern Abend lediglich mit Raphael und einem seiner Teamkollegen festgequatscht. Übrigens, der Transporter, den die dabeihaben, ist schon ziemlich cool“
      „Mit Raphael und einem Kollegen also, in ihrem Transporter“, wiederholte Jayden mit einem dreckigen Grinsen auf dem Gesicht. Was der Kerl sich schon wieder vorstelle, wollte ich lieber gar nicht erst wissen.
      „Und wo warst du den restlichen Nachmittag?“, fragte Hazel weiter. Warum hatte ich es noch mal für eine gute Idee gehalten, Luchy vorzuschlagen auf sie für dieses Turnier zu melden? Ich wusste es nicht, denn bisher war sie mir nur auf die Nerven gegangen.
      „Ich war auf dem Gelände hier unterwegs, mit Raphael, aber da läuft nichts, ich finde ihn einfach nur … nett“, versuchte ich meinen Standpunkt klarzumachen. Doch ich spürte, dass das nicht so ganz der Wahrheit entsprach. Der Name dieses einzigartigen Mannes fühlte sich wunderbar zart auf meiner Zunge an, wenn ich ihn aussprach. Ich stellte die Putzbox und den Kaffee auf den Boden vor Carusos Box und griff nach seinem Halfter.
      „Ja klar, einfach nur nett“, nickte Jayden und bemühte sich nicht einmal seinen Sarkasmus bei dieser Aussage zu verstecken. Augenrollend legte ich meinem Pony das Halfter an. Gerade als ich den Schecken hinausführen wollte, kam natürlich Jordan vorbei, der besagte Teamkollege, der mit Raphael zusammen hier war.
      „Guten Morgen, Quinn“, begrüßte er mich freundlich, „war echt nett gestern mit dir. Wenn du Lust hast, kannst du heute gerne wieder vorbeikommen und deine Freunde da darfst du auch gerne mitbringen.“ Auch, wenn Jayden hinter meinem Rücken stand, konnte ich mir seinen dämlichen Blick nur zu gut vorstellen.
      „Guten Morgen. Danke für die Einladung“, bedankte ich mich freundlich bei dem aschblonden Jungen. Neugierig streckte Caruso seine Nase nach ihm aus.
      „Ist das, dass Pony, von dem du gestern erzähltest?“, erkundigte er sich freundlich und strich im über das helle Fell.
      „Ja genau, das ist Caruso. Mit ihm werde ich heute reiten“, bestätigte ich seine Aussage.
      „Na dann, viel Glück“, sagte er noch bevor er die Stallgasse herunter verschwand, vermutlich um sich um sein eigenes Pferd zu kümmern. Hinter mir brach Hazel, aus mir unerfindlichen Gründen, in wildes Gekicher aus.
      Ich warf ihr nur einen bösen Blick zu, als ich Caruso auf die Stallgasse stellte und anband. Glücklicherweise reichte das aus, damit Hazel zu ihrem eigenen Pferd verschwand. Jayden lehnte grinsend an der Boxenfront und scrollte auf seinem Handy herum.
      Ein wenig gestresst, weil sie meine Startzeit auf einmal nach vorne geschoben hatten, packte ich schnell die Putzkiste zusammen und lief zum Hänger, um Carusos Sattelzeug zu holen. Doch in meiner Hektik achte ich nicht genau darauf, wohin ich lief, und rannte geradewegs in jemanden hinein, jemanden mit einer ziemlich muskulösen Brust unter der grauen Jacke.
      „Langsam Quinn“, lachte eine warme, mir wohlbekannte Stimme und nahm kräftige Hände an meinen Unterarmen wahr. Die Haut unter meinem Pulli begann unwillkürlich zu kribbeln.
      „Entschuldigung“, stammelte ich und spürte wie mir das Blut in die Wangen schoss. Ich stand nah an ihm, ziemlich nah. So nahe, dass mir der herbe Geruch seines Aftershaves in die Nase stieg und auch ein Hauch seines Shampoos war wahrnehmbar.
      „Alles gut. Es ist ja nichts passiert“, lächelte Raphael und blickte mir sanft in die Augen. Seine grünen Augen waren aus der Nähe betrachtet noch viel hübscher und strahlten so viel Sanftmut aus. Für den Bruchteil einer Sekunde verlor ich mich in ihnen, bis ich Schritte wahrnahm, die sich näherten.
      „Ich muss weiter, bin schon spät dran“, erklärte ich hastig und entzog mich seiner Berührung. Er brachte meine Gedanken ganz durcheinander, bis ich auf Pferd stieg, musste ich definitiv vermeiden ihm noch einmal so nah zu kommen. Hastig lief ich hinaus zum Hänger. Der Nebel, der schon den ganzen Morgen über dem Gelände hing, hatte sich mittlerweile in einen leichten, aber beständigen Regen verwandelt. Na toll, das fehlte mir noch – ein nasser, rutschiger Reitplatz.
      “Soll ich dir vielleicht helfen?”, fragte Raphael, der mir gefolgt war.
      “Oh ja, das wäre echt lieb von dir. Könntest du vielleicht schon mal mit dem Satteln anfangen?”, bat ich ihn. Er nickte und ich zeigte ihm noch den richtigen Sattel sowie Martingal und Trense, bevor ich mir mein eigenes Outfit schnappe und im Transporter verschwand.
      Als ich kurz später umgezogen in die Stallgasse kam, verschloss Raphael gerade die letzten Riemen der Trense.
      “Vielen Dank, du rettest mich damit wirklich”, bedankte ich mich und nahm Caruso entgegen. Ein wenig aufgeregt tippelte der helle Schecke neben mir her zum Abreiteplatz. Auf dem Platz tummelten bereits einige Teilnehmer. Ein junges Mädchen mit einem nervösen Fuchs brachte alle ein wenig in Aufruhr. Immer wieder verweigerte das Pferd, tänzelte nervös umher oder galoppierte haarscharf an jemandem vorbei. Ich würde mich wohl idealerweise so weit wie möglich von diesem Pferd fernhalten und gleichzeitig hoffte ich, dass der kleine Schimmel sich nicht von der Nervosität anstecken ließ. Raphael, der mich freundlicherweise begleitet hatte, half mir auf mein Pony und augenblicklich begann ich mit dem Aufwärmen. Caruso war heute ziemlich aufgeregt, schritt eilig voran und zog ein wenig gegen meine Hand an, während ich zurückhielt. Die Abschwitzdecke war bereits nach einigen Minuten völlig durchnässt, sodass ich sie meiner Begleitung reichte. Im Schritt konnte ich dem Mädchen mit ihrem Fuchs noch gut ausweichen, doch als ich den kleinen Hengst gerade antrabte, kam sie uns gefährlich nahe. Der Fuchs quietschte laut auf und versuchte nach Caruso zu schnappen, der sich mit einem Satz nach vorn gerade noch so vor den Zähnen des anderen Pferdes retten konnte. Allerdings sorgte diese Begegnung auch dafür, dass das Pony seinen Kopf hochriss und Tempo noch mehr anzog.
      “Quinn, lass deinem Pony ein wenig mehr Zügel, dann rennt er auch nicht so”, rief mir der junge Mann oder den Platz hinweg zu. Kaum leistete ich seiner Anweisung Folge, nahm der Schecke seinen Kopf herunter. Zum Glück verließ die Reiterin mit dem Fuchs den Platz bald, sodass ich nicht auch noch beim Probespringen mit ihr zu kämpfen hatte. Wie immer wurde Caruso am Sprung ein wenig übermütig und ich hatte ein wenig Mühe ihn zu bremsen, wodurch die Distanz ein wenig knapp wurde. Dem Pony war ganz und gar anzumerken, dass er normalerweise Zeitspringen kannte, in denen man schon mal das Risiko einer knappen Distanz einging, wenn es einen zeitlichen Vorteil bringen sollte. Aus dem Augenwinkel sah ich wie Hazel mit Clay auf den Platz kam, vermutlich hatte sich auch Jayden dabei, der sich am Rand platzierte.
      Raphael rief mir noch ein paar letzte Tipps zu, bis ich dann auch schon aufgerufen wurde an den Start zu gehen. Schnell drückte ich ihm noch meine Regenjacke in die Hand und ritt mit dem Schimmelhengst zum Eingang des Platzes. Der Regen war inzwischen stärker geworden, weshalb das Wasser mittlerweile Pfützen auf dem Platz bildete. Zum Glück war Caruso kein wasserscheues Pferd, ansonsten könnten die kleinen Seen wirklich zu einer Herausforderung werden. Zum Glück war der Parcours nicht sonderlich schwer, somit konnte ich mich ganz und gar auf mein Pferd konzentrieren.
      “Viel Glück, dir und deinem Pony da draußen. Denk dran, hier geht es nicht um Geschwindigkeit, also achten auf deinen Takt”, riet Raphael mir und lächelte mir aufmunternd zu.
      Ein wenig aufgeregt trabte ich auf dem großen Platz und ritt, wie in den Hunter Prüfungen verlangt, einen großen Zirkel, bevor ich den Porzellanschecken angaloppierte und auf das erste Hindernis zu lenken. Wie auch eben auf dem Abreiteplatz wollte er an Tempo zulegen, doch ich setzte mich tief hin und bemühte mich ein gleichmäßiges Tempo zu halten. Mit einem perfekten Sprung setzte er darüber hinweg. In einer engen Kurve lenkte ich den kleinen Hengst nach rechts auf das nächste Hindernis zu. Am Wendepunkt rutschte er kurz mit einem Huf weg, fing sich aber recht schnell wieder und galoppierte gleichmäßig weiter. Ein Galoppsprung, zwei, drei und schon hatte das Pony auch über dieses Hindernis hinweggesetzt. Ungebändigt flog mir der Regen ins Gesicht und durchnässte das Pony und mich vollkommen, immerhin war der Sand nicht ganz so rutschig, wie ich gedacht hatte.
      Beim vorletzten Hindernis musste ich ganz auf den Mut des Hengstes vertrauen, denn direkt dahinter erstreckte sich eine große Pfütze. Ich hoffte zwar, dass er springen würde, macht mich aber innerlich schon auf eine Verweigerung gefasst. Mit gespitzten Ohren galoppierte Caruso auf das niedrige Rick zu. Noch ein Galoppsprung, dann spannte sich der Körper unter dem Sattel an, setzte zum Sprung an.
      Seine Hufe drangen durch die Wasseroberfläche und das trübe Wasser spritze überallhin, durchnässte mein Jackett endgültig uns sprenkelte uns beide von Kopf bis Fuß. Jetzt trennte und nur noch ein letzter Oxer vom Ziel. Auch diesen überwand Caruso mit Leichtigkeit. Strahlend, dass der kleine Hengst und ich den Parcours so gut gemeistert hatten, ritt ich noch eine große Volte bevor ich ihn durch parierte.
      Stolz klopfte ich dem Pferd den Hals als ich vom Platz ritt. Wie die Bewertung aussehen würde, müsste sich zwar noch zeigen, aber immerhin hatten wir den Parcours fehlerfrei überstanden.
      “Und du bist dir sicher, dass das deine erste Hunter Class war?”, empfing mich Raphael lächelnd, “Ihr zwei saht super aus.” Er reichte mir meine Jacke, die ich dankbar entgegennahm, bevor er die durchnässte Decke über mein Pony legte.
      “Danke, aber ja war es wirklich”, lächelte ich fröhlich. So ein Lob von einem Reiter seines Erfahrungsstandes fühlte sich noch viel besser an, als es Lob ohnehin schon tat.
      Meine Mühen wurden letztlich mit einem bronzenen Schleifchen belohnt, das nur knapp am zweiten Platz vorbei war.
      “Hast du auch noch eine trockene Decke für dein Pony?” Mit einem Kopfnicken deutete Raphael auf die tropfnasse Decke, die noch auf dem Po des Hengstes lag.
      “Oh Mann, jetzt weiß ich, was ich vergessen habe”, fluchte ich und schlug mir die Hand vor die Stirn. Tatsächlich war ich auf alles vorbereitet gewesen, hatte eine Ersatz-Schabracke eingepackt, ein anderes Gebiss, Fliegenohren, alles Mögliche, nur an eine weiter Abschwitzdecke hatte ich nicht gedacht. Von Hazel konnte ich leider auch keine ausleihen, dass die Decke von Rici zu klein für Caruso war.
      “Nicht schlimm, ich habe noch eine Decke dabei, die Héritage ein wenig knapp ist, das könnte halbwegs auf dein Pony passen”, lächelte er und lief die Stallgasse hinunter zu der Box seiner Stute. Zurück kam er mit einer edel aussehenden grauen Decke.
      “Ein wenig groß, aber wird schon gehen, bis dein Pony trocken ist”, sagte er, nachdem er die Decke auf dem Schecken platziert hatte. Fasziniert strich ich über den Stoff, er fühlte sich an und sah aus wie Wolle, war aber nicht ganz so schwer. Der obere Teil setzte sich in einem dunkleren Grau ab und der Widerrist war mit künstlichem Schaffell gepolstert. An der Brust setzten sich die Verschlüsse edel mit Leder ab, auf das ein Logo geprägt war.
      “Wow, Royal Equest”, staunte ich und fuhr die Einfassung der Decke entlang.
      “Ja, ist einer meiner Sponsoren”, sagte der junge Mann beiläufig, als sei es etwas ganz Alltägliches. Wieder einmal wurde mir klar, dass er in einer ganz anderen Liga spielte als ich.
      “Einer deiner Sponsoren? Hast du etwa noch mehr? ”, staunte ich und führte Caruso in seine Box. Das Heunetz, welches dort noch hing, was so gut wie leer, also hängte ich es ab.
      “Ja, das meiste Lederzeug und vor allem die Sättel kommen von Prestige”, erklärte er freundlich. Ich steckte dem Ponyhengst noch ein Leckerli zu, strich ihm über den nassen Hals, bevor ich aus der Box heraustrat.
      “Soll ich das Mitnehmen”, fragte er und deutete auf das Heunetz in meiner Hand, “Ich muss die von meinen beiden sowieso noch auffüllen. Dann kannst du dir vielleicht auch mal etwas Trockenes anziehen.” Noch immer trug ich das tropfnasse Jackett und sogar durch meine Stiefel drang die Feuchtigkeit inzwischen hindurch.
      “Ja, das wäre nett. Danke”, antworte ich und reichte ihm das Netz. Der junge Mann verschwand die Stallgasse herunter, hielt noch einmal kurz bei den Boxen seiner Pferde, bevor er nicht mehr zu sehen war. Ich verschwand in die entgegengesetzte Richtung und schlüpfte in den Transporter, wo bereits meine trockene Kleidung auf mich wartete.
      Als ich gerade wieder aus dem Fahrzeug kam, kam mir Jayden mit dem Sattel von Clay entgegen, offenbar war Hazel nun wohl auch fertig mit ihrem Ritt.
      “Wie war dein Ritt?”, erkundete sich mein Kollege, während er den Sattel verstaute.
      “Caruso hat sich hervorragend geschlagen, dafür dass das Wetter heute so bescheiden ist. 3. Platz”, erzählte ich stolz, “Wie lief es bei Hazel?”
      “Leider nicht ganz so gut. Mad Eye ist leider in eines der Hindernisse reingerutscht, das hat ihr die Wertung versaut”, entgegnete er. Zusammen liefen wir zurück in den Stall, wo Hazel mit einem tropfenden Pony auf der Stallgasse stand und den Matsch aus seinen Hufen kratzte. Sie Blicke auf als wir uns näherten.
      “Quinn, warum steht dein Pony mit einer zu großen Decke in der Box?”, fragte sie direkt. Natürlich war ihr das direkt aufgefallen. Hatte sie denn nicht genug mit ihrem eigenen Pony zu tun?
      “Raphael hat mir die geliehen, weil ich mit einem solchen Wetter nicht gerechnet habe.” Ich deutete auf die Abschwitzdecke meines Ponys, die zum Trocken vor seiner Box hing. Darunter hatte sich bereits ein dunkler Fleck auf dem Steinboden gebildet. Noch bevor einer meine Kollegen wieder einen dummen Spruch machen konnte, kam eben erwähnter mit einem gefüllten Heunetz zurück. Mit einem Kopfnicken grüßte er meine Kollegen und betrat die Box, frech begann Caruso schon direkt an dem Heu zu zupfen, bevor Raphael es überhaupt freigab. Konsequent schicke er da Pony zurück, bis er fertig war.
      “Ausgesprochen ungeduldig, dein Pony”, lachte er und strich dem kleinen Hengst über den Hals, “aber niedlich und so klein.” Hazel hatte sich mittlerweile mit Clay in die Box verkrümelt, sodass nur noch Jayden dämlich grinsend auf der Stallgasse stand.
      “Ja, das ist er, wobei ich glaube, dass er sich selbst mindestens für doppelt so groß hält”, lächelte ich. Der dunkelhaarige trat aus der Box heraus und schloss sie hinter sich.
      “Hast du Lust gleich noch mitzukommen? Jordan wollte gleich etwas zu essen organisieren”, bot er mir freundlich an. Ich überlegte nicht lange, denn mir den ganzen restlichen Tag die Bemerkungen und Sticheleien von Jayden und Hazel anhören wollte ich garantiert nicht.
      “Ja, gerne. Ich habe heute eh nichts anderes mehr vor”, stimmte ich zu. Raphael wirke äußerst erfreut über diese Antwort: “Okay super, dann gehen wir gleich rüber, ich muss nur gerade noch die beiden hungrigen Tiere da füttern.” Ich folgte Raphael zu den Boxen seiner Pferde, wo er zwei Futterschüsseln und einen Eimer mit Kraftfutter aus dem kleinen Sattelschrank holte. Er verteilte die Portionen in den Schüsseln, gab noch etwas Mineralfutter und Öl dazu und eine Möhre.
      “Magst du das gerade Poseidon bringen?”, er drückte mir eine der Schüsseln in die Hand und verschwand selbst in die Box seiner Stute, die schon die ganze Zeit neugierig zugesehen hatte.
      Ich ging auf die Box des großen Rappen zu, öffnen langsam die Tür. Mit gespitzten Ohren hob das Pferd den Kopf, blickte mir neugierig aus seinen blauen Augen entgegen.
      “Na, Großer, mich hast du wohl nicht erwartet”, sprach ich zu dem Pferd, welches seine Nase zu mir herunter streckte und mich auszuschnüffeln begann. In der Box konnte ich keinen Trog entdecken, lediglich ein Wassereimer hing an dem Gestänge. Also stellte ich die Schüssel einfach auf den Boden. Der Hengst senkte den Kopf hinunter zu der Schüssel, schnupperte daran und knusperte als Erstes die Möhre weg.
      “Wo kommt ihr eigentlich her?”, erkundigte sich der junge Mann freundlich. Lässig lehnte er am Türrahmen, eine Haarsträhne fiel ihm in die Stirn und ich musste mich zusammenreißen ihn nicht einfach nur anzustarren.
      “Aus Alberta. Der Hof liegt ein wenig entfernt von Cadomin in den Bergen”, erzählte ich.
      “Ah, dann kommt ihr vom Whitehorse Creek Stud”, lächelte er und erstaunte mich damit. Ich hatte nicht erwartet, dass Raphael den Hof kennen würde. Seit dem letzten Jahr, nahm die Bekanntheit zwar zu, aber die Anzahl der nicht verkauften Fohlen sprachen für sich. Interessiert fragte ich nach: “Wow, woher kennst du den Hof?”
      “Ich habe Poseidon bei euch gekauft”, schmunzelte er, “und außerdem, Jace kommt doch auch vom Whitehorse Creek.” Natürlich, Jace ritt ja mit ihm einem Team, da hätte ich auch von selbst draufkommen können. Mit großen Augen starrte ich den stattlichen Rappen an, der die letzten Krümel seines Futters auf schlabberte. Dieses Pferd kam von unserem Hof? Kaum zu glauben! Als könnte Raphael meine Gedanken lesen, sprach er weiter: “Schon als zweijähriger hatte er ein unglaubliches Sprungvermögen, aber das ist auch kein Wunder bei den Eltern. Colour Splash kann sich schon sehen lassen, aber Herkules ist ein wahrer Hingucker, wie der sich bewegen kann.”
      “Ja, das stimmt. Splash hatte ich schon selbst unter dem Sattel, wirklich ein talentiertes Pferd”, stimmte ich ihm zu. Der Rappe hatte mittlerweile aufgefressen und strecke mir seine rosa Nase entgegen. Ich zog ein Leckerli aus der Tasche und gab es dem Schwarzen, bevor ich die Schüssel aufhob.
      “Und wo kommst du her?”, gab ich seine ursprüngliche Frage zurück.
      “Edmonton”, antwortete er knapp. Für den Bruchteil einer Sekunde, berührten sich unsere Finger, als Raphael die Schüssel wieder an sich nahm und verräumte. Sofort breitete sich ein leichtes Kribbeln in meinen Fingerspitzen aus.

      Den restlichen verregneten Tag verbrachte Quinn bei Raphael und Jordan. Am späten Nachmittag gesellten sich Jayden und Hazel in die Runde und benahmen sich zu Quinn Freude sogar vorbildlich. Die drei Jungs verstanden sich sogar ausgesprochen gut, sodass Jayden noch ein wenig dablieb, als die beiden Mädels sich in Bett verabschiedeten, das sie morgen relativ früh nach Seattle aufbrechen würden.

      Freitag, Tag 4

      Bereit um sechs riss mich mein Wecker unsanft aus dem Schlaf. Die Motivation mich aus dem warmen, kuscheligen Bett in die kalte Welt zu bewegen, hielt sich in Grenzen. Langsam rollte ich zu Seite und angelte mein Handy vom Nachttisch und wischte über den Bildschirm, damit das Gedudel endlich verstummte. Der Wecker verschwand und mein Sperrbildschirm leuchtete vor mir auf mit einer Notification von Instagram: “raphael_craig hat dich in einer Story markiert. Neugierig öffnete ich die App. Die Story zeigte dann erstaunlicherweise noch ein Ausschnitt aus von meinem Ritt mit Caruso. “Herzlichen Glückwunsch zu einem hervorragenden dritten Platz für @quinn.drake”, stand darauf. Unwillkürlich zogen sich meine Mundwinkel nach oben. In der nächsten Story folgte ein Bild von gestern Abend, wie wir alle zusammen in der erstaunlich geräumigen Wohnkabine saßen und miteinander anstießen, darauf waren wir alle getaggt. Woher hatte er denn meinen Instagramnamen? Mich hatte er definitiv nicht danach gefragt. Ich schloss die Storys wieder und tippte auf das Herz in der oberen Ecke, welches mittels eines roten Punktes nach Aufmerksamkeit verlangte. Raphael hatte mich nicht nur markiert, sondern mich auch gleich noch abonniert. Interessiert drückte ich auf sein Profil. In seiner Story standen nur spärliche Informationen, aber neben seinem Namen leuchtete ein blauer Haken. Als Erstes betätigte ich den Abobutton und begann durch seine Post zu scrollen. Gleich der erste Post war eine Nahaufnahme vom Kopf seiner Stute, die die goldene Schleife an der Trense trug. Darunter ein kurzer Text, dass dieser Sieg ein gelungener Saisonabschluss für seine Stute sei. Ich scrollte immer weiter durch sein Profil, das hauptsächlich aus Bildern von ihm, seinen Pferden bestand, bis ich plötzlich an einem Bild hängen blieb. In der Mitte eines kristallklaren, türkis strahlenden Sees stand Poseidon majestätisch bis ungefähr zum Bauch im Wasser, das nasse Fell des Rappen legte sich glänzend über die kräftigen Muskeln. Auf seinem Rücken thronte Raphael, wohlgemerkt oberkörperfrei. Verdammt, war der Kerl gut gebaut, ich konnte gar nicht mehr meine Augen von dem Bildschirm lösen.
      “Quinnnzey, was schaust du da? Müssen wir nicht langsam mal aufstehen?”, sprach auf einmal Hazel, die die Beine aus dem Bett schwang. Vor Schreck zuckte ich zusammen als sie ansprach und drückte ganz schnell den Bildschirm aus.
      “Nichts”, antworte ich ihr unschuldig und legte das Handy zu Seite, “Und ja müssen wir, um kurz vor neun kommt das Taxi.” Immer noch ein wenig unwillig, schwang ich die Beine aus dem Bett, tapste zu meinem Koffer und verschwand mit einem Stapel frischer Kleidung im Badezimmer.
      Von Dampfwölkchen begleitet steig ich aus der Duschkabine und wickelte mich in eines der flauschigen, weißen Handtücher ein. Wie schafften die Hotels das nur, dass sie immer so weich waren? Ich will das Zuhause auch haben. Ich beeilte mich damit, mir die Haare zu föhnen und mich anzuziehen, schließlich musste Hazel sich auch noch fertig machen.
      Um kurz nach acht saßen wir dann schließlich im Frühstücksraum und ich konnte endlich meinen Kaffee genießen, besser konnte ein Morgen nicht anfangen.
      “Ahhhh, das hast du also vorhin so angestarrt”, rief Hazel auf einmal triumphierend, nachdem sie gelangweilt auf ihrem Handy herumgetippt hatte. Das Lächeln gefror mir im Gesicht und ich warf einen Blick auf ihren Bildschirm und atmete erleichtert aus. Zum Glück sie sah sich nur die Story an, hoffentlich kam sie nicht noch auf die Idee sein Profil näher auszuchecken, so wie ich es vorhin tat.
      “Ja, genau das ist es”, stimmte ich nickend, zu und blickte, auf meinen eignen Bildschirm, der auf einmal aufleuchtete. Wenn man vom Teufel sprach. Eine Direktnachricht auf Instagram war eingetroffen, von Raphael. Mir wurde ganz seltsam warm ums Herz, als ich die Nachricht öffnete.
      “Guten Morgen, Quinn”, las ich. Dazu hatte er auch ein Bild gesendet. Freundlich lächelte er in die Kamera und über seine Schulte drängte sich Poseidons Schnauze ins Bild.
      “Guten Morgen. Schon so früh beim Pferd?” tippte ich eifrig und die Wärme begann sich weiter in mir auszubreiten, floss von meinem Herzen bis in die Fingerspitzen.
      “Klar, die Pferde sind immer als Erstes dran”, kam augenblicklich eine Antwort zurück.
      “Aber hoffentlich nicht vor dem ersten Kaffee, oder?” Nicht gegen die Vierbeiner, doch bereits vor dem ersten Kaffee mehr zu tun als der braunen Flüssigkeit dabei zuzusehen, wie sie durch die Maschine lief, war ziemlich unvorstellbar.
      “Doch, natürlich. :D Übrigens, dein Pony scheint so zu sein wie du.” Wieder tauchte ein Bild auf, diesmal von Caruso wie er noch gemütlich im Stroh lag, die Augen halb geschlossen und den Kopf nur beschwerlich oben halten konnte.
      “Aww, niedlich, aber ich hatte mittlerweile Kaffee. :D Wird auch langsam Zeit, schließlich müssen wir gleich los”, antworte ich mit einem Blick auf die Uhrzeit.
      “Ideal, viel Spaß in Seattle”, erschien auf dem Bildschirm, bevor ich ihn leider ausschalten musste. Ich kippte den letzten Schluck der wohltuenden Flüssigkeit aus meiner Tasse hinunter und verließ kurz darauf mit Hazel das Hotel.
      Der Regen hatte in der Nacht zwar aufgehört, aber dennoch klebten feuchte Blätter in unterschiedlichsten Farbschattierungen auf dem Asphalt. Ein kalter Wind wehte mir einige Haarsträhnen ins Gesicht und zerrte an meinem Mantel. Glücklicherweise dauerte es nicht lange bis das Fahrzeug eintraf, das uns nach Seattle bringen würde. Flink kletterten wir in das Fahrzeug, dankbar der schneiden Wind zu entkommen.
      Kaum fuhr das Fahrzeug los, begann Hazel den Fahrer zuzutexten. Ich warf noch einmal ein Blick auf mein mobiles Endgerät, für den unwahrscheinlichen Fall, dass Raphael noch etwas geschrieben hatte. Doch, keine weitere Nachricht. Seltsamerweise fühlte ich mich ein wenig enttäuscht von der Leere meines Postfachs.
      Ich richtete meine Augen aus dem Fenster und betrachtete die Stadt, die wir durchfuhren. Langley war überraschend unspektakulär, dafür das hier Turniere internationaler Größe stattfanden. Die meisten Gebäude, die an uns vorbeizogen, waren Hotel oder riesige Glasklötze von Bürogebäuden. Erst in den Außenbezirken wichen die eckigen Gebäude, edlen, von Mauern umringten Einfamilienhäusern, deren Baujahr noch nicht allzu weit zurückliegen konnte.
      Anstelle der Häuser zogen sich mittlerweile gigantische Wiesen und Felder entlang des Highways, auf denen der Regen noch in großen Pfützen stand, diese teilweise sogar überflutete. Ein Schwarm Gänse zog in der typischen keilförmigen Formation über den Himmel. Die braun-schwarzen Tiere verließ Kanada nun und würden den Winter in den südlichen Gebieten Amerikas verbringen, wo es ein wenig wärmer sein würde.
      Douglas, der Ort, in dem wir die Grenze in die USA überschritten, war ähnlich unspektakulär wie Langley. Ein kleiner Ort in dem sich vorwiegend Gewerbegebiete erstrecken. Die Grenzkontrolle ging unkompliziert und schnell vonstatten, sodass wir unsere Fahrt schnell fortsetzen konnten.
      Zwei Stunden später fuhren wir durch eine bewaldete Gegend in der kaum noch Häuser standen. Ringsherum waren nur noch Buchen und Birken mit gelb-orangenen Laub, dazwischen ein paar Fichten, bis sich die Landschaft öffnete und den Blick auf weiträumige Weiden freigab. Sky River Ranch stand in großen Lettern an einem Torbogen, den wir durchfuhren. Wenig später hielt das Taxi vor einem Kleinen, schon etwas älter aussehend Wohnhaus, an das sich ein Offenstall anschloss. Ich bezahlte den Fahrer, bevor wir aus dem Auto stiegen und freundlich von der Hofbesitzerin in Empfang genommen wurde.
      “Hallo Quinn, schön, dass ihr gut angekommen seid”, begrüßte sie uns.
      “Ja, danke Kaylee, dass wir herkommen dürfen. Das ist Hazel, die Kollegin, die sich derzeit noch um Darky kümmert”, stellte ich Hazel vor, die sich bereits mit großen Augen umsah.
      “Möchtet ihr erst einmal hereinkommen oder gleich zu den Pferden?”, erkundigte sie freundlich. Fragend blicke ich Hazel an, der ich die Antwort bereits am Gesicht ablesen konnte.
      “Erst zu den Pferden”, antworte sie dann euphorisch. Dafür, dass sie ursprünglich gar nicht mitkommen wollte, ist sie nun ganz schön begeistert. Die junge Frau nickte und bedeute uns mit einer Geste zu folgen. Sie führte uns um das Wohnhaus herum. Auf der Rückseite schloss sich ein recht geräumiger Auslauf an, auf dem ich auch gleich zwei Pferde entdeckte. Das eine war mir wohlbekannt, der kleine braune Hengst stand an einer großen Heuraufe. Der Schimmel neben ihn war kaum größer als Rum, dafür um einiges feingliedriger. Ich vermute, er war ein Araber, denn auch der Kopf war recht schmal. Beide Pferde hoben interessiert den Kopf und Rumkugel kam auch so gleich an getrottet und stecke sogleich die Nase in Richtung meine Tasche. Natürlich erkannte die Kugel gleich, wo sie Leckerlis steckten, was anderes hatte dieser Hengst auch nicht im Kopf. Ich steckte ihm eines zwischen die Lippen und strich ihm sanft über den Kopf. Es war schön meinen ehemaligen Schützling nach so langer Zeit wiederzusehen.
      “Wie macht Rumkugel sich so?”, erkundigte ich mich bei Kaylee, während die Kugel weiterwanderte, um auch in Hazel Taschen nachzusehen. Der andere Hengst nahm zwar wahr, dass es hier am Zaun Futter gab, hielt sich aber dennoch im Hintergrund.
      “Er macht sich ganz wunderbar. Unter dem Sattel ist er inzwischen super balanciert und wir beginnen gerade mit ein wenig komplexeren Lektionen”, erzählte sie,” und mit Coco versteht er sich auch prima.” Es freute mich so positiv von dem jungen Pferd zu holen. Auch körperlich hatte sich der Hengst entwickelt. Ich bildete mir ein, dass er sicher ein paar Zentimeter gewachsen war, zudem hatte er schöne Muskulatur ausgebildet, die sogar unter dem flauschigen Winterfell deutlich hervortrat. Auch bei Hazel staubte der kleine Hengst noch ein Leckerli ab, was Coco nun, doch dazu bewegte sich uns zu nähren. Mit weit geblähten Nüstern streckte er ganz vorsichtig seine graue Nase in meine Richtung und nahm ganz vorsichtig das Pellet von meiner Hand.
      Kaylee erzählte noch ein wenig zu dem Schimmel, aber auch zu Rumkugel und der Gegend hier, bevor sie uns zu einem weiteren Auslauf führte. Darin zwei dunkle Stuten, ebenso feingliedrig wie Coco. Die beiden wurden uns als Wanita Iblis und Le Perle Noir vorgestellt. Beide Tiere zeigten sich neugierig, auch wenn sich die Roanstute als etwas eifersüchtig rausstellte. Typisch Stute zickte sie ihr Herdenmitglied manchmal mit und manchmal grundlos an. Diese Launenhaftigkeit der Stuten war ein Grund, weshalb ich lieber mit Hengsten und Wallachen arbeitete, für gewöhnlich waren diese ausgeglichener oder wenigstens beständig in ihrer schlechten Laune.
      Als es uns allen zu kalt draußen wurde, bat Kaylee uns in ihr Haus, erzählte uns noch einiges über ihre Pferde und was sie mit ihnen vorhatte. Auch wir erzählten einiges, unter anderem über das Turnier, von dem wir kamen, über das Whitehorse Creek, über Kanada, alles was einem gerade so einfiel. Nach dreieinhalb Stunden mussten wir die Sky River Ranch leider schon wieder verlassen, denn der Weg zurück nach Langley, war nicht der kürzeste und wir mussten noch die Pferde bewegen. Jayden hatte zwar versprochen, die drei zumindest mal für ein, zwei Stunden herauszuholen und herumzuführen, aber wenn die Tiere schon für die Woche mit deutlich weniger Auslauf als gewöhnlich zurechtkommen mussten, wollte ich Caruso wenigstens ordentlich auspowern.
      Kaum war das Taxi vom Hof gefahren, spürte ich eine Müdigkeit über mich hereinbrechen, wie so häufig auf Autofahrten, wenn ich nicht selbst fuhr, selbstverständlich. Doch, plötzlich vibrierte mein Handy sanft in meiner Hosentasche, auf das ich auch sogleich einen schläfrigen Blick hinauswarf. Als ich sah, wer mir dort geschrieben hatte, war ich allerdings sofort wieder hellwach.
      “Na, schon zurück von deinem Ausflug?”, las ich die Buchstaben, die sich dunkel vom hellen Grund der App abhoben. Obwohl es nur eine simple Frage war, lief ein Kribbeln durch meine Finger als ich eine Antwort tippte: “Nein, wir sind gerade ins Taxi gestiegen. Dauert leider noch zwei Stunden :(” Kaum dreißig Sekunden später erschien auch schon seine Antwort auf dem Bildschirm: ”Schade, ich dachte, du hättest vielleicht Lust mit Poseidon und mir ein wenig umherzureiten. Hättest du vielleicht dann Lust, wenn du zurück bist?” Das Prickeln in meinen Fingern wurde intensiver und begann, sich weiter in meinem Körper auszubreiten.
      “Ja, super gerne”, tippte ich mit flinken Fingern, “Ich schreibe dir sofort, wenn wir da sind :D
      “Okay, ich warte auf dich”, kam noch eine letzte Antwort von Raphael bevor der Grüne Punkt, der seinen Onlinestatus verriet, verschwand. Ich warte auf dich. Diese vier Worte lösten ein herrliches Gefühl in mir aus und mit einem versonnenen Lächeln drückte ich mir das Handy an die Brust. Meine Güte, was tat ich hier eigentlich, ich benahm mich wie fünfzehn. Hazel war glücklicherweise mit ihrem eigenen Mobilgerät beschäftigt, sodass ich nicht mitbekam, wie ich dämlich vor mich hin grinste.
      Von meinen Gefühlen überwältigt, lehnte ich meinen Kopf gegen die Scheibe. Kühl schmiegte sich das Glas an meine Erhitzen Wangen und ich schloss die Augen.
      Ich spürte den kalten Wind in meinem Gesicht, die donnernden Hufe eines Pferdes unter mir, die im Gleichtakt mit meinem Herzen schlugen und das gleichmäßige Schnaufen, welches jeden Galoppsprung begleite. Von hinten kam auf einmal ein weiteres Pferd gelaufen und sein Reiter hielt es einen Moment auf meiner Höhe, sodass ich die beiden in Augenschein nehmen konnte. Seidig glänzte das dunkle Fell, unter dem sich kräftige Muskeln bewegten und die Nase des Pferdes war mit einer unverkennbaren großen schnippe gezeichnet. Auf dem Rücken des Rappen thronte ein Mann, welcher das Pferd so spielend leicht beherrschte, als, gäbe es, nichts Leichteres. Er warf mir ein umwerfendes Lächeln zu, seine grünen Augen funkelten herausfordernd, bevor er seinen Hengst antrieb und an mir vorbeizog. Die Vögel, die bis eben noch auf dem Feld nach Futter gesucht hatten, stoben auf, als er mit dem Pferd mitten hindurchritt. Das Pony unter mit hob den Kopf, spitze die Ohren und zog das Tempo an, nicht ohne einen Bocksprung einzubauen, doch mit seinen kurzen Beinen hatte er keine Chance den Rappen einzuholen.

      “Ey, Schlafmütze aufwachen, wir sind gleich da”, krähte Hazel mir ins Ohr und stupste mich im 5-Sekunden-Takt an, als ob sie nicht schon so nervig genug wäre.
      “Ist ja gut, ich bin ja schon wach”, murmelte ich verschlafen. Vor dem Fenster tauchte gerade das Ortsschild von Langley auf. Die Sonne stand bereit tief am Himmel, färbte ihn bereits orange und ließ die bunten Wälder noch mehr in den herbstlichen Farben leuchten.
      “War es gut, dein Nickerchen?”, nervte Hazel weiter herum.
      “Jap”, antworte ich knapp, während ich auf meinem Handy herumtippe, um Raphael Bescheid zu geben, dass ich in ungefähr einer halben Stunde am Stall sein würde.
      “Mit wem schreibst du da?”, fragte Hazel neugierig und versuchte einen Blick auf den Bildschirm zu erhaschen. Schnell schloss ich die App und wechselte zu dem bekannten Messanger mit dem grünen Symbol, auf dem gerade eine Nachricht meiner Schwester eingetrudelt war: „Bleibst du eigentlich wirklich bis morgen auf dem Turnier? Und siehst du dann das CSI Springen live? Die können alle so gut reiten. <3“ Als Hazel sah, dass es nur meine Schwester war, verlor sie augenblicklich das Interesse und widmete sich wieder ihrem eigenen Gerät und ihrem Blick nach zu urteilen, trat sie wohl mit ihrem Freund in Kontakt. „Ja, sehe ich und weißt du was Emi, ich bringe dir ein Autogramm mit. Ich habe nämlich einen der Reiter aus dem CET kennengelernt ;)“, schrieb ich der Kleinen mit einem Lächeln zurück. Schon nachdem Jace die ersten Turniere für das CET geritten war, musste ich ihr ein Autogramm besorgen und die Tatsache, dass ich mit einem solchen „Star“ arbeitete, ließ mich in ihren Augen fast selbst wie einen erscheinen. Emilya sah zu mir auf, als sei ich eine Weltberühmtheit, die die Welt nur noch nicht entdeckte, hatte und das, obwohl sie nur meine Stiefschwester war. Oder vielleicht gerade deshalb. Die kleine verfolgte wirklich jedes meiner Turniere und war meisten sehr traurig, wenn diese nicht im Internet gestreamt wurden, weil es sich nur um kleine unbedeutende Turniere handelte. Seitdem mein Dad Lauren geheiratet hatte, bettelte sie nach einem eigenen Pony, doch mein Dad blieb beharrlich bei dem einen Argument war er mir schon immer entgegenbrachte. Es sei nicht sinnvoll einem Teenager ein Pferd zu kaufen, weil das sei ein Haufen Verantwortung. Zudem sei nicht sicher, ob sie in fünf Jahren immer noch Lust auf das Reiten hatte. Somit musste Emi sich mit einer Reitbeteiligung auf einem kleinen Braunfalbwallach zufriedengeben. Ein schüchternes Kerlchen, aber die beiden passten recht gut zusammen.
      „Ohhh wie cool <3. Wen hast du denn kennengelernt? Erzähl mir alles!“, kam nur eine Minute später eine Antwort zurück. Ich konnte mir förmlich vorstellen wie sie gerade wie ein kleines Känguru durch ihr Zimmer hüpfte und einen Freudentanz aufführte. Das Taxi bog gerade auf die Straße ab, die zum Hotel führte, weshalb ich meine Antwort eher kurzhielt: „Raphael Craig, vielleicht hast du seinen Ritt mit seiner Stute Héritage gestern ja gesehen. Ich schrieb dir später noch mal Emi, ich muss gleich noch zu Caruso.“ Ich drückte gerade auf Senden, als das Fahrzeug vor dem bereits hell erleuchteten Hotel hielt. Mit Hazel zusammen lief ich aufs Zimmer, wo ich mich umzog. Als ich verschwinden wollte, fragte meine Kollegin natürlich wo ich hinwollte und als ich ihr erklärte, dass ich Caruso noch einmal bewegen wollte, hängte sie sich an.
      Auf dem Turniergelände war mittlerweile die Dunkelheit hereingebrochen, nur die Wege und Plätze waren noch hell erleuchtet. Auf dem ein oder anderen Platz herrschte sogar noch reger Betrieb, da noch einige Prüfungen liefen. Hazel war ich zum Glück losgeworden, denn sie wollte sich erst auf die Suche nach Jayden machen, um ihn zu fragen, inwiefern er die Ponys denn schon bewegt habe.
      Im Stallzelt herrschte bereits Ruhe und nur wenig Pferde streckten ihre Köpfe hinaus, als ich eintrat, darunter war auch ein brauner Kopf mit großer Blesse. Aus der Nachbarbox, sah allerdings nicht der Rappe hinaus, stattdessen trat Raphael daraus hervor.
      „Guten Abend Quinn“, begrüßte er mich freundlich mit einem umwerfenden Lächeln auf den Lippen, welches mir beinahe die Sprache verschlug. Meine Augen konnten sich nicht von ihm lösen, obwohl Caruso gerade begann meine Jacke voll zu schlabbern.
      „Hallo, ich hoffe du musstest nicht allzu lange warten“, antworte ich schließlich doch, in dem Bewusstsein, dass aus der halben Stunde eine dreiviertel Stunde geworden war, weil ich meine Handschuhe nicht hatte finden können.
      „Alles gut. Ich war so frei und habe dein Pony schon geputzt, wir müssten also nur noch Sattel und dann können wir los“, erwiderte er schmunzelnd.
      „Vielen Dank“, antworte ich und merkte wie mir das Blut in den Kopf schoss. Bevor ich ihn noch anstarren würde wie ein Ausstellungsstück im Museum, wandte ich mich ab und lief zum Hänger, um Sattel und Trense von Caruso zu holen. Dieses wohlige Kribbeln, welches ich bereits bei seinen Nachrichten verspürte breitet sich wieder in meiner Magengegend aus. Was auch immer es war, was Raphael an sich hatte, es ließ meine Hormone komplett verrücktspielen. Mit dem Sattelzeug kehrte ich in den Stall zurück und sattelte mein Pony zügig, sodass wir aufbrechen konnten.
      “Wo lang?”, fragte ich den groß gewachsenen Mann auf dem Rappen. Statt zu antworten, drückte er seinem Pferd nur die Schenkel in den Bauch. Er führte mich an einem der großen Reitplätze vorbei in eine Allee, deren Bäume gelb-orangene Blätter trugen. Im sanften Schein der Laternen sah die Umgebung hier ganz anders aus als bei Tag. Die winzigen Tropfen, des Nebels flirrten durch die Lichtstrahlen und legten einen sanften Glanz auf alles.
      “Bist du öfter hier in der Gegend?”, fragte ich Raphael neugierig, als er seinen Rappen am Ende der asphaltierten Allee selbstsicher auf einen kleinen Feldweg lenkte.
      “Ja, hier sind öfter mal große Turniere. Ich nutze bei so langen Turnieren ganz gerne jede Möglichkeit, um dem ganzen Trubel zu entkommen”, antwortete er und auf seinem Gesicht war ein sanftes Lächeln zu erkennen. Die Flucht konnte ich nur allzu gut nachvollziehen, obwohl das hier mein erstes Turnier war, welches länger als zwei Tage andauerte. Nicht dass ich etwas gegen Menschen hatte, aber ich hatte immer das Gefühl, dass auf solchen Veranstaltungen nur jeder darauf wartete, dass man einen fatalen Fehler machte, unabhängig, ob auf dem Platz oder im Stall. Gerade auf solch großen Veranstaltungen wie dieser gab es nur wenige, die so am Boden geblieben waren wie meine Begleitung.
      Zu unserer linken erstreckte sich ein Wäldchen den Hügel hinauf, während sich auf der anderen Seite eine hochgewachsene Wildwiese eröffnete. Nur spärlich zeichneten sich die Umrisse des hochgewachsenen Rappen in der Dunkelheit ab, obwohl es selbst zwischen den Bäumen noch erstaunlich hell war. Vermutlich lag dies an dem bereits ziemlich ausgedünnten Blätterdach, durch das silbrige Mondstrahlen drangen.
      “Wie kommt es eigentlich, dass du jetzt noch in der Dunkelheit mit mir ausreiten gehst? Ich meine, solltest du dich nicht eher für morgen vorbereiten oder so was?”, kam es mir urplötzlich über die Lippen. Im selben Moment registrierte ich wie dumm sich diese Frage anhören musste, sollte ich es doch eher schätzen, dass er Zeit mit mir verbringen wollte. Sicherlich gab, es eine Menge Mädchen, die gerne hier an meiner Stelle wären. Ein warmes Lachen ertönte aus Raphael Brust, bevor er zu einer Antwort ansetzte.
      “Ganz einfach Quinn, weil ich Lust darauf hatte mit einem netten Mädchen ausreiten zu gehen”, lächelte er herzlich,” Ich mag es außerdem, dass du mich als Mensch siehst und mich nicht auf meinen Erfolg oder mein sagenumwobenes Pferd reduzierst.” Bei den letzten Worten strich er Poseidon durch die voluminöse Mähne. Unwillkürlich erstrahlte bei seinen Worten ein Lächeln auf meinem Gesicht.
      “Ich halte nicht viel von Voreingenommenheit. Am liebsten lerne ich Menschen ohne jegliche Vorkenntnisse kennen…”, sprach ich. Ich wollte gerade meinen Satz fortsetzen, als Raphael mit einer Geste bedeutet anzuhalten.
      "Hörst du das?", flüsterte er leise. Ich traute mich kaum mich zu bewegen, lauschte einfach in die Stille Nacht hinein, als ein hoher lang gezogener Ruf durch den Wald hallte. Ich hatte nicht allzu viel Ahnung von den fliegenden Waldbewohnern, aber dieses Geräusch konnte ich eindeutig einer Eule zuordnen.
      “Das ist ein Streifenkauz”, ergänzte er meinen Gedankengang und ritt sein Pferd wieder an.
      “Wow, das erkennst du allein an dem Ruf?”, fragte ich beeindruckt von seiner Fähigkeit.
      “Ja, hier in der Gegend gibt es nur zwei Eulenarten, das ist das nicht allzu schwer”, erklärte Raphael schmunzelnd. Caruso drehte immer wieder die Ohren und ein wenig Befangenheit schien sich in dem sonst so mutigen kleinen Racker breitzumachen.
      “Wo hast du das gelernt? Ich meine, das ist ja jetzt nicht der normale Schulstoff”, fragte ich neugierig. Raphael schwieg für einen Moment geheimnisvoll, bevor er mit einem verschmitzten Lächeln antwortete: ” Mein Vater ist Ranger in Jasper, da lernt man so einiges, vor allem weil wir auch gelegentlich Tiere aufzupäppeln dahaben.”
      Unsicher orientierte sich der kleine Schecke an der dunklen Gestalt Poseidons. Um uns herum raschelten die Blätter leise im Wind und der gefrorene Boden gab bei jedem Schritt, ein knirschendes Geräusch von sich. Im Unterholz links von uns knackte es plötzlich, woraufhin sich der Schimmel panisch an den dunklen Körper seine Artgenossen presste. Beruhigend strich ich ihm über das kurze Fell. Sicherlich war das nur ein Hirsch, der durch das Unterholz lief, somit kein Grund zur Beunruhigung oder doch?
      “Hier gibt es keine Wölfe oder andere gefährlichen Tiere, oder?”, wand ich mich an Raphael, in der Hoffnung, dass er meinen Gedankengang bestätigte.
      “Nein, hier gibt es zwar Pumas und auch Bären, aber die kommen für gewöhnlich nicht so nah an die Stadt heran”, sprach meine Begleiter beruhigend. Der Wald um uns herum lichtete sich allmählich und ging über in eine karge Steppenlandschaft. Raphael ritt noch ein Stück, bevor er Poseidon von dem Weg hinunter lenkte und einen Weg durch das hohe Gras einschlug. Caruso der sich so eben noch ängstlich an den Hengst geschmiegt hatte, wurde im hellen Mondschein wieder sicherer und stapfte hinter Poseidon durch die langen Halme.
      Wir hatten eine Anhöhe erreicht, auf der wir anhielten. Unter uns glitzerten die Lichter der Stadt und der Thunderbirdshow Park erstrahlte in seiner vollen Pracht. Nur noch vereinzelte Reiter schoben sich über den Sand in den hell erleuchteten Arenen, sodass das Gelände beinahe friedlich vor uns lag.
      “Wow, sieht das schön aus von hier oben”, staunte ich und betrachtete die Sterne, die mit den Lichtern der Stadt um die Wette funkelten. Ich spürte Raphaels Blick auf mir ruhen. Als ich mich umwand, traf mein Blick unmittelbar auf seine Augen, in denen sich die Lichter spiegelten und sie zogen mich in ihren Bann. In mir krabbelte und kribbelte es, als wären hunderte, nein tausende Glühwürmchen auf einmal abgehoben, die nun auf ihrem bezaubernden Flug um die Wette leuchteten.
      Ein Wind kam auf und brachte das hohe Gras zum Rascheln. Angespannt drehten sich die Ohren meines Schimmels als der Wind noch ein wenig stärker wurde. Als dann auch noch das hohe Gras um uns herum zu rascheln begann, tippelten die kleinen Hufe nervöse über den Boden.
      “Was ist los?”, ertönte die sanfte Stimme meiner Begleitung. Im Gegensatz zu meinem Pony stand Poseidon vollkommen ruhig, dass er beinahe wie eine Bronzeplastik wirkte, wären da nicht die Mähnenhaare, die sachte im Wind herumwirbelten.
      “Im Dunkel ist Caruso ein kleiner Angsthase”, erklärte ich schmunzelnd und strich Caruso sanft über den gescheckten Hals. Es war schon erstaunlich, dass der sonst so ungestüme kleine Kerl bei Dunkelheit plötzlich vollkommen freiwillig alle Führung an mich abgab.
      “Na, wenn das so ist, sollten wir deinen Kerlchen vielleicht nach Hause bringen”, gluckste Raphael, ließ seinen Hengst auf der Stelle kehrt machen und lenkte ihn wenige Meter weiter auf einen kleinen Trampelpfad, der über die Wiese den Hügel wieder hinabführte. Ängstlich drängte das Pony nach vorn und ließ sich nur schwer davon abhalten, seitlich in die hohe Wiese hineinzuspringen und an dem Rappen vorbeizudrängen. Je weiter wir in die Wiese hineinritten, umso höher wuchsen die Halme, wodurch sie auch verstärkt raschelten und Caruso noch mehr gegen das Gebiss trieb.
      Meine Finger bekamen erst wieder ein wenig Entspannung, als wir die beleuchtete Allee erreicht hatten. Der Schimmel entspannte sich allmählich, während das Klappern der Eisen von den Gebäuden zurückgeworfen wurden. Tagsüber, wo das Gelände mit Massen an Menschen gefüllt waren, wirkten die Dimensionen ganz anders als jetzt, wo es beinahe gespenstisch vor uns lag.
      Das Stallzelt war nur noch schwach erhellet als wir eintraten. Die meisten Pferde kauten entspannt an ihrem Heu und einige wenige lagen bereits in ihrer Einstreu und schliefen. Raphaels Stute, wieherte leise und streckte neugierig ihren Kopf aus der Box, als sie seine Stimme vernahm. Niedlich war sie mit leicht schräg gelegtem Kopf um ein Leckerli bettelte als ihr Besitzer mit der Trense, aus der Box des Rappen trat. Mein Pony hingegen hatte sich gleich auf sein Heu gestürzt, kaum hatte ich die Trense von Kopf gezogen. Verfressener kleiner Kerl, kaum zu glauben, wie er trotzdem so schlank blieb.
      “Danke für den Ausritt, das war wirklich schön mit dir”, bedanke ich mich mit einem zurückhaltenden Lächeln bei Raphael, nachdem wir die beiden Pferde abgesattelt und versorgt hatten. Um die Lampe, die den Vorplatz des Stallzeltes illuminierten, schwirrten ein paar letzte Motten herum. Markant traten seine Gesichtszüge in dem schummrigen Licht hervor und ließen ihn noch attraktiver wirken als ohnehin schon. Das leichte Herzklopfen, welches mich den ganzen Ausritt begleitet hatte, verstärkte sich zunehmend.
      “Ich hoffe, dass du Spaß hattest, trotz deines kleinen Angsthasen”, lächelte Raphael und seine Augen leuchten wie Smaragde in dem schummrigen Licht. Ich sehe ihn an und mein Lächeln wurde unwillkürlich breiter. Mein Herz pochte mittlerweile so stark in meinem Inneren, dass ich glaubte, es würde der Brust jeden Moment entspringen.
      „Ja, es hat wirklich Freude bereitet”, antwortete ich freudvoll, “vielen Dank für den schönen Abend.“ Unmittelbar trafen seine Augen auf meine und er sprach: „Das erfreut mich, aber ganz selbstlos war das nicht. Ich habe den Ausritt mit dir auch sehr genossen.“ Wie Honig perlten die Worte von seinen Lippen und erfüllten mich mit Glück, welches mich von innen heraus wärmte und mir den Atem nahm. Verlegen wand ich den Blick zum Boden, denn plötzlich kam ich mir ein wenig blöd vor, dass ein quasi Unbekannter in mir solche Gefühle auslösen konnte.
      „Schade, dass wir morgen bereits wieder nach Hause müssen, ich würde das gerne wiederholen“, murmelte ich leise, war mir nicht sicher, ob er mich überhaupt gehört hatte. Sanft legten sich seine Finger unter mein Kinn, schoben es vorsichtig nach oben, sodass ich ihm in die Augen sehen musste.
      “Quinn, das können wir doch, nur nicht hier”, lächelte er. Sein Blick war warm und weich und es lag ein geheimnisvoller Ausdruck darin, den ich nicht so recht zu deuten wusste. Seine Worte weckten die Hoffnung in mir, dass dies hier kein einmaliges Ereignis, keine bedeutungslose Schwärmerei sein musste.
      “Wirklich?”, fragte ich voller Zuversicht und konnte meine Augen nicht von seinen lösen.
      “Ja, wirklich”, antwortete er und sah mich mit diesem Blick an, der die Funken in mir zum Aufflammen brachte, „Ich möchte dich kennenlernen, Quinn.” Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Die Zeit verging und mit jedem Augenblick gewann die Hoffnung in mir an Kraft. Sein Blick war noch immer so warm und weich, dass ich nicht anders konnte, als ihn anzulächeln. “Gib mir mal dein Handy", fordert er mich nun auf. Etwas irritiert, was er damit wollte, reichte ich ihm das Gerät. Lebendig brach sich das Licht auf der rosé golden Oberfläche, allein durchbrochen durch die stilisierte Zeichnung eines Hirsches, welche die ansonsten durchscheinende Hülle zierte.
      "Nettes Gerät, Quinn, aber wenn ich damit etwas anfangen können soll, solltest du es schon entsperren", lachte er und hielt es mir wieder hin.
      „Natürlich“ murmelte ich verlegen und entsperrte das Gerät mittels des Face Locks. Interessiert beobachte ich wie er gezielt auf dem Gerät herumtippte. Als er mir entgegenhielt, leuchte ein vollständiger Adressbucheintrag auf dem Bildschirm.
      "So, jetzt bestehen jegliche Voraussetzungen dafür, dass wir erneut Ausreiten gehen können", lächelte er sanft. Während ich mein Handy entgegennahm, berührten sich unsere Finger, woraufhin ein elektrisierendes Gefühl durch meine Nervenbahnen flirrte und die Gravitation schien für eine winzige Sekunde auszusetzen.
      „Es ist bereits spät. Ich muss dann mal los, wenn ich mir morgen den Sieg holen will”, sprach er sanft,”, aber wir sehen uns morgen." Noch immer lag ein unfassbar umwerfendes Lächeln auf seinen sinnlichen Lippen. „Gute Nacht, Quinn“, sprach Raphael nun und zog mich in eine sanfte Umarmung. Selbst unter der Jacke ließ sich die gut trainierte Brust erahnen, die darunter verborgen lag.
      "Gute Nacht", hauchte ich und spürte, wie mein Herz sich in einem wilden Tempo schlug.
      "Wir sehen uns morgen", flüsterte er, bevor er mich losließ und mit großen Schritten in der Dunkelheit verschwand.

      © Wolfszeit | Quinn Drake | 76.199 Zeichen
      zeitliche Einordnung {Ende September 2020}
    • Wolfszeit
      Platzhalter
    • Wolfszeit
      Springen A zu L | 30. Oktober 2022

      Wo der Wolf Heult/ Little Buddy/ Héritage du Coeur/ Miss Leika/ LMR Royal Champion/ Flanell d’ Egalité/ PFS’ Caruso

      “Quinn, du kannst jetzt in die Halle”, rief Jayden mir entgegen, als er mit Leika den Sand verließ. In der kleinen Halle war ein kleiner Parcours aufgebaut, was alle nutzen wollten für das Training.
      “Okay, danke Jayden”, reif ich zurück und zog dem hellen Warmbluthengst die Trense über den Ohren. Freundlicherweise senkte Flanell den Kopf, sodass ich ihn bequem anziehen konnte. Mit dem Leopardhengst zu arbeiteten bereitete immer Spaß, so freute ich mich, dass Silvia ihn mir heute überließ. Langsam trotte der langbeinige Hengst hinter mir in Halle. Anu drehte noch einige letzte Runden, während Felix mit Royal Champion die Sprünge ansteuerte. Bemüht nicht im Weg zu stehen, parkte ich Flanell neben einem der Hindernisse und richtete alles, damit ich aufsteigen konnte.
      “Soll ich dir Caruso mit fertig machen, wenn ich Wolfi hole?”, hielt sie neben mir an.
      “Gerne”, lächelte ich und schwang mich auf den großen Warmblüter. Meine Kollegin nickte und verließ mit dem Vollblüter die Halle.Wir alle genossen es momentan im großen Team auf dem WHC zu sein. Ein Großteil von Alec Pferden, befand sich bereits in Quarantäne, die wir aufgrund der Menge an Pferden, an ein professionelles Unternehmen gegeben hatten. Die wenigen Pferde, die nicht mit umzogen oder aus gesundheitlichen Gründen erst später umziehen, konnten, wohnten mittlerweile hier, denn das Gelände des alten Stalls war nahezu verkauft. Locker wärmte ich Flanell auf, bog und wendete ihn, sodass er schön geschmeidig wurde. Felix präsentierte währende dessen gekonnt, wie gut er hofeigenen Nachwuchs beherrschte. Mit guten Distanzen setzte er Champion über die Sprünge. Ich hingegen hatte etwas Schwierigkeiten, Flanell in einem gleichmäßigen Takt zu halten. Man merkte ihm deutlich an, dass er Spaß hatte, denn vor jedem Sprung zog er an, was aber viel dazu führte, dass er sich übersprang oder deutlich zu schnell an das Hindernis kam. Felix gab mir gelegentlich Tipps, sodass ich Flanell am Ende der Einheit tatsächlich so weit hatte, dass sein Tempo und Takt beibehielt. Ein helles Wiehern unterbrach schließlich die konzentrierte Atmosphäre in der Halle und erregte meine Aufmerksamkeit. Im Halleneingang stand Raphael mit seiner Stute am Zügel, doch nicht nur das. Auf seiner anderen Seite tänzelte ein kleiner aufgeregter Hengst.
      “Rapha”, freudig sprang ich aus dem Sattel des Warmblüters und lief zu meinem Freund.
      “Na, Süße”, begrüßte er mich mit einem sanften Kuss. Caruso wollte offensichtlich einbezogen werden, denn er regte mir sogleich seine Schnauze ins Gesicht.
      “Ja, du bekommst auch einen”, lachte ich und gab dem Pony einen Kuss zwischen die Nüstern.
      “Wo kommst du eigentlich her, ich dachte, du kommst erst morgen auf Seattle zurück?”, fragte ich Raphael, doch war überglücklich ihn schon heute wiederzusehen.
      “Ja, das war auch eigentlich so geplant, aber Poseidon ist in der Qualirunde ausgerutscht und hat dann gelahmt. Heute Morgen war es zwar weg, aber ich wollte es nicht riskieren”, erklärte er.
      “Oh nein, armes Pfützi”, bedauerte ich den kleinen Unfall. Glücklicherweise war es kein Turnier, welches für die Qualifizierung wichtig wäre.
      “Ach, der erholt sich schon wieder. Er wird nur traurig sein, dass er dann jetzt erst mal nicht springen darf”, scherzte er.
      “Gut, ich bringe dann mal schnell Flanell hier weg.”
      “Brauchst du nicht”, kam sogleich Silvi um die Ecke, als habe sie bereits dort gewartet, “Genieße du mal lieber die Zeit mit deinem Freund.” Mit einem verschmitzten Lächeln nahm sie mir den Hengst ab.
      “Okay”, lachte ich und nahm dafür mein Pony entgegen. Manchmal war es wirklich, als hätte man einen kleinen Fanclub. Als Felix an uns vorbei die Halle verließ, hatte auch er ein Schmunzeln auf den Lippen. Es war so schön, wie sehr meine Kollegen sich für mich freuten.
      “Ich bin wirklich gespannt, ob dein Zwerg das schafft”, feixte Raphael und half mir auf das Pony. Wie immer, wenn es ans Springen ging, konnte der Schimmel es kaum erwarten und drehte seine Ohren wild, auf der Suche nach Empfang.
      “Du wirst schon sehen, dass ein Kaninchen in ihm steckt”, lachte ich und begann den Kleinen aufzuwärmen. Erie schwebte unter meinem Freund durch die Halle. Konzentriert folgte die junge Stute den Anweisungen ihres Reiters und bemühte sich sichtlich. Caruso hingegen hatte, heute mal wieder den Schalk im Nacken. Aus dem Nichts heraus wählte er seine eigenen Wege und baute gelegentlich einen kleinen Bocksprung ein. Auf wundersame Weise wurde des Verhaltens des Ponymannes besser, nachdem Anu mit Wolf die Halle betreten hatte.
      “Dann zeig mal dein Kaninchen, Quinny”, forderte mein Freund mich auf und platzierte sich und sein Pferd erwartungsvoll zwischen den Hindernissen. Mit Freude galoppierte ich Caruso an und lenkte ihn auf den Trippelbarren zu. Aufmerksam waren die Ohren Carusos nach vorn gerichtet. Wie von selbst fand er das perfekte Tempo und sprang schließlich mit viel Kraft ab. Ein kleiner Applaus erklang in der Halle und Anu jubelte vergnügt.
      “Jetzt übertreibt ihr aber”, lachte ich und parierte den Kleinen wieder durch.
      “Nix da, ihr wart super”, grinste meine Kollegin. Wolf unter ihr schlurfte gelangweilt durch den Sand und schnaubte.
      “Und was sagt der Profi”, fragte ich Raphael und funkelte ihn spielerisch an.
      “Ganz okay, dein Kaninchen”, grinste er frech.
      “Caruso, hast du das gehört, das können wir besser”, sprach ich empört zu dem Pony und setzte ihn wieder in Bewegung. Im Wechsel setzten wir alle abwechseln über die Hindernisse, wobei jeder an seinen individuellen Problemen arbeitet.
      “Und war das immer noch ‘okay’”, fragte ich meinen Freund erneut, als wir am Putzplatz standen. Raphael lachte und zog mich zu sich heran.
      ”Ich liebe es, wenn du versuchst mich zu beeindrucken. Du warst super”, antwortete er und gab mir einen sanften Kuss auf die Lippen. Diesmal bleib dieser auch ungestört, da das Pony bereits über sein wohlverdientes Futter herfiel.


      © Mohikanerin | Quinn Drake | 5.893 Zeichen
      zeitliche Einordnung {April 2021}
    • Wolfszeit
      Platzhalter
    • Wolfszeit
      Platzhalter
    • Wolfszeit
      Tanz der Eleganz / Dressur A zu L | 30. März 2023

      Aldaire / Úlrik / Héritage du Coeur / PFS’ Disparo de Fiasco



      Die kalte Luft umgab mich, als ich die Tore der Reithalle öffnete und den Geruch von Pferden und Heu in der Luft wahrnahm. Der Winter in Kalmar war hart, aber der Glanz der Dressurwelt ließ die Kälte schnell vergessen. Heute stand eine intensive Trainingseinheit auf dem Plan, und ich konnte die Vorfreude kaum bändigen. Die Reithalle war bereits von anderen Reitern und ihren edlen Begleitern bevölkert, und ich spürte die gespannte Atmosphäre, die den Ort erfüllte.
      Mein Partner für diese Dressurprüfung war Aldaire, ein Braun gefärbter Berberhengst mit einer beeindruckenden Ausstrahlung. Als ich ihn aus der Box führte, spürte ich seine Energie und sein Vertrauen in mich. Er hatte eine bemerkenswerte Geschichte – von einem französischen Berbergestüt stammend, hatte er einst die Distanzwelt erobert, bevor er seinen Platz in meinem Herzen fand. Sein freundlicher Charakter und sein Gespür für meine Anwesenheit machten ihn zu einem unverzichtbaren Partner in der Dressur.
      Die Reithalle erfüllte sich mit Leben, als die anderen Reiter und ihre Pferde sich ebenfalls auf das Training vorbereiteten. Neben Aldaire waren Hèritage du Coeur, ein eleganter Hannoveraner unter der Führung von Raphael, Disparo de Fiasco, ein stolzer Criollo geritten von Lina, und Úlrik, ein ruhiger Isländer im Besitz von Bruce, mit von der Partie. Jeder von ihnen strahlte eine einzigartige Energie aus, die die Atmosphäre mit Spannung erfüllte.
      Unsere Trainerin gab die Anweisungen, und wir begannen unsere Übungen. Mein Fokus lag auf Aldaire, der mit seiner charakteristischen Neugier und seinem Arbeitswillen mein Vertrauen erfüllte. Wir starteten mit einfachen Schritt- und Trabübungen, während ich spürte, wie er unter mir energisch vorwärtsbewegte. Sein trittsicherer Gang verlieh mir ein Gefühl von Stabilität, das in der Dressur von unschätzbarem Wert ist.
      Der Raum schien sich zu verengen, als wir in die ersten Galoppwechsel übergingen. Aldaire reagierte auf meine feinsten Hilfen, und wir tanzten förmlich über die Bahn. Jeder Schritt war eine Symbiose aus seiner kraftvollen Bewegung und meiner Anleitung. Ich konnte die Verbindung zwischen uns spüren – eine Verbindung, die über die Grenzen von Worten und Gedanken hinausging.
      Während unserer Trainingseinheit wechselten wir zwischen verschiedenen Lektionen und Übungen. Die Piaffe, die Passage und die fliegenden Galoppwechsel verlangten von uns Präzision und Harmonie. Ich spürte, wie Aldaire sich in jedem Moment auf mich verließ, während ich meinen Fokus auf unsere Bewegungen und unsere Verbindung richtete.
      Die Zeit verging wie im Flug, und als unsere Trainingseinheit zu Ende ging, war ich erfüllt von einem Gefühl der Zufriedenheit. Aldaire war schweißgebadet, aber sein Auge funkelte vor Stolz und Energie. Wir hatten einen Schritt weiter in Richtung Perfektion gemacht, eine weitere Facette unseres Zusammenspiels erkundet.

      © Mohikanerin // 2880 Zeichen
    • Wolfszeit
      Tanz der Eleganz im Frühlingszauber / Dressur L zu M | 30. April 2023

      Aldaire / Héritage du Coeur / Blávör / Voodozirkus / Glanni frá glæsileika eyjarinnar

      "Die Reithalle auf dem Lindö Dalen Gestüt in Schweden war erfüllt von der Aufregung des beginnenden Frühlings. Die Luft war erfüllt von den Klängen der Hufe, dem Rascheln von Stroh und der Vorfreude auf das heutige Dressurtraining. Der April hatte begonnen, und mit ihm kamen neue Herausforderungen und Möglichkeiten für mich und meinen geliebten Berberhengst Aldaire, den ich liebevoll Aire nenne.
      Aire, mit seiner braunen Fellfarbe und den sanften Augen, hatte eine bemerkenswerte Geschichte. Geboren auf einem renommierten Berbergestüt in Zentralfrankreich als Sohn erfolgreicher Distanzpferde, hatte er dort sein ganzes Leben verbracht. Als er dann zum Verkauf stand, wusste ich, dass ich ihn haben musste. Sein Vertrauen, seine Freundlichkeit und Neugierde machten ihn zu einem außergewöhnlichen Partner. Und während er unter mir stand, spürte ich seine trittsicheren Bewegungen, die zeigen, dass er ein wahrer Berberhengst war.
      Die Reithalle war eine Oase der Aktivität, als die anderen Reiter und Pferde eintrafen. Neben Aire und mir waren auch Raphael mit seiner eigenwilligen Hannoveranerstute Erie sowie die bezaubernden Isländer Blávör, Glanni und Vodoozirkus Teil des heutigen Trainings. Die unterschiedlichen Rassen und Charaktere der Pferde verliehen der Halle eine einzigartige Atmosphäre, die von Aufregung und Energie erfüllt war.
      Gemeinsam mit unseren Trainern begannen wir die Aufwärmphase. Die ersten Schritt- und Trabübungen halfen uns, eine Verbindung zu unseren Pferden herzustellen und sie auf die anspruchsvolleren Lektionen vorzubereiten. Aire war voller Energie, und ich konnte seine Ungeduld spüren, sich zu bewegen. Seine Muskeln spannten sich unter mir, als wir uns im Takt der Musik bewegten.
      Die ersten Wendungen und Zirkel führten zu anspruchsvolleren Übungen wie den fliegenden Galoppwechseln und den Pirouetten. Aire war in seinem Element, und ich konnte die Kraft seiner Bewegungen spüren, die durch seinen Körper strömte. Jeder Moment war eine Verschmelzung von Reiter und Pferd, von Führung und Vertrauen.
      Während des Trainings führten wir Piaffe und Passage aus, anspruchsvolle Lektionen, die Präzision und Eleganz erforderten. Aire war konzentriert und fokussiert, während er meine feinen Hilfen annahm und in den Bewegungen aufging. Wir waren ein Team, das harmonisch zusammenarbeitete, um die anspruchsvollen Aufgaben zu meistern.
      Die Zeit schien stillzustehen, als wir uns durch die Lektionen bewegten. Jede einzelne Bewegung war ein Schritt auf dem Weg zu Perfektion und Harmonie. Die Reithalle wurde zum Ort des Zauberhaften, des Frühlings und des Tanzes der Eleganz zwischen Pferd und Reiter.
      Mit dem Ende der Trainingseinheit fühlte ich eine tiefe Befriedigung. Aire war schweißgebadet, aber seine Augen strahlten vor Stolz und Freude. Wir hatten gemeinsam neue Höhen erreicht und uns weiterentwickelt. Während ich Aire zurück in seine Box führte, konnte ich die Energie des Aprils spüren, die uns beflügelte.
      Der April mag unvorhersehbar sein, aber in der Reithalle fanden wir Stabilität und Fortschritt. Jeder Moment des Trainings war ein Schritt in Richtung Perfektion und eine Feier der Verbindung zwischen Pferd und Reiter. Während ich die Reithalle verließ und den frischen Frühlingswind spürte, wusste ich, dass wir uns weiterhin im Tanz der Eleganz bewegen würden, stets auf der Suche nach neuer Harmonie und Schönheit.

      © Mohikanerin // 3383 Zeichen
    • Wolfszeit
      [​IMG]
      Spring Break | 11. Juni 2023

      WHC’ Cookie n’ Milk, Amigo, Doo Wop, Curly Lure, Elfenlied, Lilli vom Hirschberg, Abe’s Aelfric, WHC’ Quatchi, WHC’ Poseidon, Héritage du Coeur, Prinzessin Mononoke, WHC’ Little Mistress, WHC’ Quiet Move, WHC’ Levin, WHC’ Nougat, WHC’ Honest Empire, Flavor’s Feverdream, WHC’ Mimithe, WHC’ Minya, WHC’ Aphrodite, Enemy Of The State LDS, Zizou, Alone at Night LDS, WHC’ Zugzwang, Emperia di Royal Peerage, Fiama di Royal Peerage, WHC’ Sunna, WHC’ Ahvani

      “Hazel kannst du bitte die Zimmereinteilung holen? Liegt noch im Büro auf dem Schreibtisch”, bat ich meine Kollegin, denn ich erspähte bereits die ersten Gäste. Die dunkelhaarige nickte und macht kehrt. In dieser Spring Break würde es das erste Mal Feriengäste auf dem WHC geben. Eigentlich hätte das Debüt bereits letzten Herbst stattfinden, doch Linas Weggang hatte einige der Planung durcheinander gewirbelt. So lag es am verbleiben Team, in monatelanger Arbeit, Linas Aufzeichnungen zu verstehen und so umzugestalten, dass diese auch für uns Umsetzbar blieben.
      Von meiner Position, vor dem Stall aus, sah ich bereits den Vater mit zwei Kindern ankommen. Mit großen Augen sahen die beiden Mädchen sich um und staunten nicht schlecht, als Jayden Cookie vorbeiführte. Die junge Stute war allein mit ihrer Größe eindrucksvoll. Da sie allerdings erst seit ein paar Tagen im Training war, fand sie noch alles um sich herum spannend. So lief sie mit hoch aufgerichtetem Hals, was sie noch größer wirken ließ.
      “Herzlich willkommen”, begrüßte ich die kleine Gruppe, die mittlerweile bei mir angekommen waren, “Eure Nachnamen bitte.” Etwas schüchtern standen die Mädchen neben ihrem Vater und blickten mich mit großen Augen an.
      “Hyde und Wadleigh”, antworte er für die beiden,”Das restliche Geld haben wir überwiesen.” Während ich noch die Namen in der Liste suchte, kehrte Hazel zurück.
      “Hier haben wir es ja. Lou und Zoe”, lächelte ich. Tatsächlich hatte der Vater recht, der restliche Geldbetrag war bereits auf unserem Konto eingegangen.
      “Um drei treffen wir uns alle zusammen auf der Wiese dort hinter eurem Wohnhaus: Alles Weitere erfahrt ihr dann”, erklärte ich den Ablauf und deutete auf die alte Scheune rechts von uns, die im inneren zu wohnlichen Zimmern umgebaut worden war.
      “Ihr zwei wohnt im Hannoveraner Zimmer. Ich bringe euch hin”, bot Hazel sich direkt an und legte mir die Zettel auf den Tisch. Immer mehr Eltern kam, um ihre Kinder abzugeben. Nach und nach zeichnete ich alle ab, während meine Kollegen ihnen die Zimmer zeigten. In den kleinen Pausen zwischen den Ankömmling beobachte ich mit Freude, wie die Kinder den Hof erkundeten und sich bereits mit den ersten Pferden anfreundeten.

      “Siehst so als wärst du die letzte”, begrüßte ich die kleine Schwarzhaarige, die in Begleitung ihrer Mutter auf mich zukam. “Lina, richtig?”, las ich den letzten verbleibenden Namen ab. Die kleine nickte grinsend.
      “Stimmt es, dass hier ein Einhorn wohnt?”, fragte sie neugierig. Ihre Frage brachte mich zum Lachen. Sicher meinte die kleine Divine. Lina und ihr Hengst waren in ihrer Zeit hier zu einer lokalen Bekanntheit aufgestiegen. Ganz besonders unter den Reitschülern hielt sich die Geschichte, dass der Hengst ein Einhorn war, dessen Horn man nur nicht sehen konnte. Scheinbar hatte dieser Scherz mittlerweile die Runde unter den Einheimischen gemacht.
      “Ivy ist mittlerweile umgezogen”, erklärte ich, “Aber du hast Glück, du wohnst in seinem Zimmer.” Da alle Zimmer für die Kinder thematisch nach einer Pferderasse gestaltet waren, beschlossen wir auch, Lina und ihrem Hengst ein Zimmer zu widmen. Gut, eigentlich war es das Freibergerzimmer, doch dekoriert war es hauptsächlich mit Bildern des Weißen.
      “Wirklich?”, grinste die Kleine noch breiter.
      “Ja”, bestätigte ich mit einem Schmunzeln. Da keiner meiner Kollegen bisher zurückkehrte beschloss ich kurzerhand, selbst sie auf ihr Zimmer zu bringen. In der Scheune folgte ich der Treppe hinauf in den zweiten Stock und öffnet die Tür zu dem Zimmer, welches mit einem Porträt Divines’ gekennzeichnet war.
      “Hier, das ist dein Zimmer und deine Mitbewohnerinnen sind auch noch da”, lächelte ich und stellte Lina den anderen Kindern vor.
      “In einer viertel Stunde treffen wir uns auf der Wiese hinter dem Haus”, sagte ich noch zum Abschied und verließ die Truppe, damit sie sich in Ruhe einrichten konnten. Gemeinsam mit Hazel richtete ich die Tische in dem kleinen Picknickbereich her, sodass die Kinder schon einen kleinen Snack haben konnten, bevor das Programm begann.

      Pünktlich waren alle fünfzehn Kinder beisammen, sodass wir beginnen konnten.
      “Herzlich Willkommen hier bei uns auf dem Whitehorse Creek”, begann ich mit der Begrüßung, “Ich bin Quinn und das ist Hazel. Wir sind in erster Linie eure Ansprechpartner. Alle weiteren Leute, die ihr ansprechen könnt, erkennt ihr an den blauen Halstüchern.” Im Weiteren erklärte ich den Kindern den Ablauf der Woche und die Regeln, die auf dem Hof galten. So hatten die Pferde unter anderem Ruhezeiten, in den die Kinder sie in Ruhe lassen sollten und auch ansonsten, sollte der Umgang geordnet sein. Besonders wichtig war, dass die Kinder sich von den Privatpferden fernhielten. Zwar hatten unsere Einsteller grundsätzlich nicht gegen Besucher, aber keiner von uns wollte verantworten, wenn eines der Tiere krank wurde und sich verletzte wegen der Kinder.
      “Da heute der erste Tag ist, wird das Programm heute etwas reduziert sein”, erklärte Hazel anschließend, “Heute könnt ihr euch entscheiden, ob ihr einen langsamen Ausritt machen wollt oder einen Testritt. Der Testritt ist für alle gedacht, die vorhaben in den nächsten Tagen Trab und Galopp im Gelände reiten zu wollen. Für alle, die sich das noch nicht zutrauen, gibt es den langsamen Ausritt, wo wir nur im Schritt und Trab reiten.” Vier der Kinder entschieden sich, für den Ausritt. Gut, das hieß, zwei Pferde fürs Gelände. Für den ersten Tag war es besser, wenn die Kinder einander führen. So konnten wir besser einschätzen, wie sicher sie waren. Bereits im Vorhinein hatte Hazel sich bereit erklärt, den Ausritt zu leiten, sodass ich die anderen Kinder mir in die Halle nehmen würde.
      “Gut, dann die Geländereiter einmal zu mir bitte”, rief ich die vier auf. Schätzend nahm ich die vier in Augenschein und blickte auf die Pferdeliste wer für sie passen könnte.
      “Ihr zwei nehmt Amigo. Das ist ein kleiner gepunkteter Shetty man”, teilte ich den beiden kleinsten das Pony zu.
      “Wen nimmst du als Rittführer?”, fragte ich meine Kollegin bevor, ich den beiden älteren Mädchen ein Pferd gab.
      “Ich würde Wop nehmen”, entgegnete sie, was ich sogleich notierte.
      “Gut, dann bekommt ihr zwei Curly, eine Haflingerstute.” Gemeinsam mit Hazel zog die Truppe ab und verließ den Raum.

      “Sucht euch alle bitte einen Partner. Für heute werdet ihr euch ein Pferd teilen”, wies ich die verbleibenden Kinder an, die sofort durcheinander wuselten.
      “Scarlett, Linn ihr zwei bekommt Lilli. Melody und Grace für euch ist Rici ganz passen, Sheila und Lina, ihr nehmt Quatchi, Tia geht an Eleanor und Nora und ihr zwei bekommt Elfenlied. Merkt euch das”, teilte ich die Pferde zu. Gezielt hatte ich zwar Pferde gewählt, die artig waren, aber nicht die, die alles von sich aus anboten. Schließlich diente diese Stunde dazu herauszufinden, wer das Pferd ausreichend beherrschte, um im Gelände reiten zu können. Nach der Einteilung schickte ich die Kinder ihre Reitsachen holen und wartete an der Sattelkammer. Lou und ihre Freundin waren als Ersten zurück und ich zeigte ihnen, wie sie ihr Pferd finden konnte. Als Erstes mussten sie zur Sattelkammer gehen, wo eine Liste mit den Namen der Pferde hing. In ihrem Fall war es einfach, denn Elfenlied wohnte in einer Box. Ich zeigte den Kindern, dass wenn sie sich nicht sicher waren, wie ihr Pferd aussah, sie bei den Trensen schauen konnten, denn dort hingen Bilder von den Pferden. Eifrig nickten sie und liefen los, um die Stute zu holen. Mit den anderen Kindern lief es ähnlich komplikationsfrei und alle holten die richtigen Pferde zum Putzplatz. Bei Lilli musste, ich helfe die Hufe auskratzen, da sie, wie so häufig, sich weigerte diese zu heben. Egal, wie intensiv man es mit dem Tinker übte, sie blieb einfach ein Sturkopf. Bei den beiden Warmblüter half ich beim Satteln, da die Kinder ein wenig zu klein waren um diesen vernünftig darauf zu heben.
      “Gut dann kommt mal alle mit auf die Halle und einig euch mit eurem Partner wer zuerst reitet”, wie ich die Truppe an, die mir in die kleine Reithalle folgte. Nacheinander half ich Linn, Melody, Sheila, Nora und Lou auf die Pferde.
      “Wir bilden eine Abteilung. Vorne weg geht Quatchi, dahinter Elfe, Tia, Lili und Rici geht zum Schluss”, rief ich durch die Halle. Nacheinander ritten die Mädchen ihre Pferde an. Selection Day war heute etwas faul, doch ihre Reiterin hatte sie gut im Griff. Andres sah es bei Grace aus. Obwohl Rici sich bemühte den Anweisungen des Kindes folge zu leisten, drehten sie ständig extra Kringeln, stürmten an der Reihe vorbei oder machte anderen Unfug.
      “Na wie läuft es”, kam Felix in die Halle und war einen Blick auf die Reiter.
      “Ganz gut, bis auf Rici”, fasse ich die Lage zusammen. Einen Augenblick beobachtet mein Kollege die Situation, bevor er fragte: “Darf ich?” Ich nickte. Felix nahm sich Rici und seine Reiterin in die Mitte und erklärte ihr etwas und korrigierte hauptsächlich ihre Zügel. Kaum hatten die beiden sich wieder eingereiht lief der kleine Hengst ein klein wenig ruhig, doch so richtig hatte sie ihn nicht unter Kontrolle. Nachdem ich mir bei jedem der Kandidaten den Galopp angesehen hatte, wechselten die Kinder, damit ich auch die zweite Hälfte der Gruppe beurteilen konnte. In dieser lief es ein wenig chaotischer, Lilli schien, als habe sie sich von Rici anstecken lassen, was die junge Elfenlied etwas nervös machte. Selbst als ich die Scheckin mit Quatchi die Position tauschen ließ, wurde es nur geringfügig besser.
      “Gut gemacht, alle zusammen. Ihr sattelt eure Pferde bitte alle ab. Lilli und Aelfric werden noch gefüttert, die anderen beiden können direkt in die Box, aber aufpassen, vermutlich haben sie dort auch schon Futter drin.” In einer Reihe geordnet, verließen die Kinder mit ihren Pferden die Halle, während ich mit Felix zurückblieb.
      “Schau mal bitte, ich hätte die Kinder wie folgt eingeteilt”, sagte ich und hielt meinem Kollegen den Zettel hin. Drei der Kinder waren derart unsicher mit den Pferden gewesen, dass ich sie lieber nicht im Galopp ins Gelände lassen wollte. Bei Linn und Grace hatte das Bremsen etwas zu wünschen übrig gehabt, sodass sie nur mit einem braven Pferd mitreiten durften. Der Rest war sicher genug, als dass keine Bedenken bestanden.
      “Ja, das passt so. Übrigens, dein Freund ist zurück. Ich nehme dir das Abendprogramm ab, wenn du willst”, bot er sogleich an.
      “Er ist nicht mein Freund”, entgegnete ich verlegen. Seit Raphael mit seinen Pferden hergezogen war, verbrachten wir ziemlich viel Zeit miteinander. Zugegeben, konnte ich auch nicht leugnen, dass wir schon das ein oder andere Date hatten, bei dem wir uns auch etwas näher kamen.
      “Du meinst, er ist noch nicht dein Freund”, grinste Felix verschmitzt. Ich spürte, wie sich meine Wangen leicht röteten, und ich wandte den Blick ab. Es war kompliziert, meine Gefühle für Raphael zu definieren. Einerseits fühlte ich mich zu ihm hingezogen und genoss seine Gesellschaft. Andererseits hatte ich Angst, dass er nicht dasselbe empfand und ich war mir nicht mal sicher, ob er das, was wir hatten, als ebenso exklusiv empfand wie ich.
      “Ja”, entgegnete ich zögerlich,”aber Danke. Für heute ist Hauschaos angesagt. Hazel weiß Bescheid, was zu tun ist. Ach ja und bitte erinnere noch einmal daran, dass morgen alle pünktlich beim Frühstück sind, damit es Vormittags schaffen zu den Fohlen zu gehen.” Mein Kollege nickte zustimmend und gemeinsam verließen wir die Halle. Vor dem Stall war bereits Ruhe eingekehrt, die Pferde waren aufgeräumt und die Kinder hatten bis zum Abendessen Freizeit. Felix verschwand so gleich im und ich begab mich auf die Suche nach Raphael.
      Ich fand ihn schließlich in der Sattelkammer, wo er gerade mit Lia, seinem Groom, dabei war, das Turnierzubehör zu verstauen.
      “Ihr seid wieder da”, begrüßte ich die beiden, als ich eintrat. Mit einem breiten Lächeln drehte Raphael sich zu mir um.
      “Ich habe mich bereits gefragt, wo du steckst”, lächelte er und legte mir sanft die Hände an die Taille. Seine Berührung ließ ein Kribbeln durch meinen Körper wandern und löste eine angenehme Wärme in mir aus. Lia verließ mit einem freundlichen Lächeln den Raum und gewährte uns damit etwas Privatsphäre.
      “Ich hatte noch mit den Kindern zu tun”, erklärte ich, “Wie war das Turnier, hattet ihr Erfolg?”
      “Es lief gut”, begann er zu erzählen und zog mich ein Stück näher zu sich heran” Poseidon hat wie immer abgeliefert und Erie wird immer sicherer.” Ich spürte die Freude in mir wachsen.
      “Das klingt großartig. Ihr arbeitet so hart, da verdient ihr das”, sagte ich voller Anerkennung. Seine Augen begannen noch mehr zu funkeln und ich spürte wie er mit Stolz erfüllt war.
      “Danke, das bedeutet mir viel.” Sanft strich er mir eine Strähne aus dem Gesicht und sein Blick durchdrang mich. Für einen Moment verlor ich mich in seinen Augen und war unfähig, mich zu rühren. Sein Blick drückte so viel Zuneigung und Vertrauen aus, dass mein Herz einen Schlag übersprang.
      “Du bist etwas ganz Besonderes, Quinn”, flüsterte er, strich mit dem Daumen sanft meinen Kiefer entlang, bevor seine Lippen meine berührten. Der Kuss war wie ein sanfter Hauch, der meinen Körper erzittern ließ und meine Haut zum Brennen brachte.
      Als sich unsere Lippen trennten, öffnete ich langsam die Augen und sah seinen tiefen, liebevollen Blick. Ein Lächeln umspielte meine Lippen, und ich spürte, wie sich mein Herz mit Freude und Glück erfüllte.
      “Ich unendlich glücklich, dich getroffen zu haben”, lächelte ich. In diesem Moment spürte ich, dass meine Sorgen unbegründet waren und wir das Gleiche für einander empfanden. Ich musste nur noch den Mut finden, es auszusprechen.
      © Wolfszeit | Quinn Drake | 13.557 Zeichen
      zeitliche Einordnung {Ende März 2021}
    • Mohikanerin
      Platzhalter
    Keine Kommentare zum Anzeigen.
  • Album:
    Torstall
    Hochgeladen von:
    Wolfszeit
    Datum:
    20 Juli 2022
    Klicks:
    1.707
    Kommentare:
    14

    EXIF Data

    File Size:
    52,2 KB
    Mime Type:
    image/jpeg
    Width:
    960px
    Height:
    640px
     

    Note: EXIF data is stored on valid file types when a photo is uploaded. The photo may have been manipulated since upload (rotated, flipped, cropped etc).

  • Héritage du Coeur
    Vermächtnis des Herzens

    Rufname: Erie
    geboren 20. Juli 2015

    Aktueller Standort: Whitehorse Creek Stud, Cadomin [CAN]
    Unterbringung: Hauptstall; Box [9h], Weide [15h]


    __________ p e d i g r e e

    Aus: Halluzination [Hannoveraner]
    MMM: Unbekannt _____ MM: Unbekannt _____ MMV: Unbekannt
    MVM: Unbekannt _____ MV: Unbekannt _____ MVV: Unbekannt


    Von: Acerado [Hannoveraner]
    VMM: Unbekannt _____ VM: Flying Princess _____ VMV: Unbekannt
    VVM: Ginger _____ VV: Aragorn _____ VVV: Fabiano


    __________ i n f o r m a t i o n

    Rasse: Hannoveraner [HANN]
    HANN [66,65], EVB [29,05]

    Geschlecht: Stute
    Stockmaß: 165 cm
    Farbe: Sooty Bay
    [Ee AA nSty]

    Charakter
    eigenwillig, lernwillig


    __________ p e r f o r m a n c e

    [​IMG]

    Dressur E [S'] – Springen E ['S] – Militay E [L] – Western E [L]

    Niveau: International

    Oktober 2022,Springen A zu L
    März 2023,Dressur A zu L
    April 2023,Dressur L zu M

    Monat 20xx
    x. Platz, Veranstaltung


    __________ b r e e d i n g

    [​IMG]

    Stand: 01.09.2022

    xXx wurde im Monat 20xx durch HK XXX zur Zucht zugelassen.

    Zugelassen für: HANN, CSH, BRP, OLD, [Anfrage]
    Bedingungen: Keine Inzucht
    Decktaxe: x Joellen, [Verleih auf Anfrage]

    Materialprüfung: 7,19 [1.ZRM3]

    Exterieurnote: -
    Gesamtnote: -

    __________ o f f s p r i n g

    Erie hat 0 Nachkommen.

    NAME a.d. STUTE *20xx


    __________ h e a l t h

    Gesamteindruck: Gesund; gut in Training
    Krankheiten: -
    Beschlag: Barhuf


    __________ a d d i t i o n a l

    Pfleger: Lia Bently
    Reiter: Raphael Craig
    Eigentümer: Raphael Craig [100%]
    Züchter: Whitehorse Creek Stud, Cadomin [CAN], Luchy Blackburn
    Ersteller: Mohikanerin

    Héritage du Coeur steht aktuell nicht zu Verkauf.

    Punkte: 7

    Abstammung [4] – Trainingsberichte [3] – Schleifen [0] – RS-Schleifen [0] – TA [0] – HS [0] – Zubehör [0]
    _____

    Spind – Exterieur – PNG
    Erie existiert seit dem 20. August 2022