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Wolfszeit

Abe's Aelfric [10/20]

a.d. Julchen v. Abraham van Helsing

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Abe's Aelfric [10/20]
Wolfszeit, 28 Jan. 2020
Veija und Cooper gefällt das.
    • Wolfszeit
      [​IMG]
      00.05.2019|Ravenna & Veija
      Umzug auf die Bow River Ranch - Canadian Flair
      Mitte Feb. 2019
      Ylvi
      “Nehmen Sie bitte den Arm einmal nach oben.” der Weisung des Arztes folgend hob ich meinen linken Arm. Dabei tastete er an der Narbe herum die zurückgeblieben war von der zweiten OP für den herzschrittmacher. Die OP Wunde war gut verheilt. Was mich in den letzten Jahren gestört hatte war mittlerweile nur ein Schatten. Diese und die anderen Narben gehörten eben zu mir.
      “Kann ich denn jetzt wieder in den Sattel steigen, richtig anpacken?” fragte ich sehnsüchtig. Die Ranch steckte mitten im Umzug. O und ihre Pferde waren bereits drüben. Bellamy und Caleb organisierten die nächsten Flüge für die nächsten 20 Pferde die Cayce und Murphy zur neuen Ranch bringen würden. Unbeobachtet hatte ich bereits schwerere Arbeiten verrichten wollen, aber Bellamy und Caleb hatten Adleraugen auf mir. Der Arzt bedeutete mir mich wieder richtig anzukleiden. “Generell steht dem nichts im Wege. Denken sie aber bitte an ihren nächsten Kontrolltermin im Mai in Calgary. Nur zur Sicherheit damit meine Kollegin dort ihren Fall kennt.” ich nickte Pflicht gerecht. “Passen Sie trotzdem auf ihre Frau auf.” wandte sich der Arzt mit den Worten an Caleb. Seit meinem letzten Besuch hier hatte mich Caleb höchstpersönlich zu den Terminen gebracht. War besorgt gewesen als sich die Wunde ein wenig entzündet hatte, nachdem ich die Pflege hatte schleifen lassen zwischen Weihnachten und Neujahr. Wir hatten Mitte Februar, alles war vorbei. Ich hatte die ätzende Physiotherapie hinter mich gebracht. Man konnte dann auch mal aufhören mich zu bemuttern. Caleb lächelte, tippte sich an den Rand seines Hutes und murmelte ein “Aye”. Ein Wort das er von Svejn hatte. Er hatte mir die alten Bilder gezeigt...Verena,Svejn...ja ich habe sogar die Geschichten von Sarah und Cayden zu hören bekommen. Menschen die ich nicht gekannt hatte, die aber auf den Bildern aufgetaucht waren. So hatte ich auch Bilder von Moon zu Gesicht bekommen, dem Hengst der Gealachs Großvater war. Neben den Organisationen hatten wir Stunden damit verbracht durch diese Erinnerungen zu gehen. Ich hatte es genossen, gern jedem seiner Worte gelauscht. Mir ein Bild aufbauen können von der Person die er einst gewesen war. Oft hatten uns auch Bellamy und Octavia dabei zugehört. Auch Laurence hatte einen um den nächsten Abend Geschichten erzählt. Oft hatte ich einfach nur inmitten all dieser Menschen gesessen, ihnen stumm gelauscht. Ich hatte zuvor nicht gewusst wieviel Spaß das machte. Ich hatte sie alle noch ein Stück weiter kennenlernen dürfen.
      Caleb begleitete mich aus dem Krankenhaus heraus. Mein Gang war schwungvoll. Ich durfte wieder auf den Rücken eines Pferdes. Ich hatte vor zwei Wochen schon probiert mich auf Fylgia davon zu machen. Allerdings hatte Caleb wohl auch Betsy für sich gewonnen. Mit Caleb hinter sich her ziehend war sie nämlich in der Stallgasse aufgetaucht. Relativ wortlos hatte er mir die Stute aus der Hand genommen, Betsy auf ihren Rücken verfrachtet und beschlossen der kleinen eine Reitstunde auf ihr zu geben. Er hatte sich bedankt, dass ich sie vorbereitet hatte. Natürlich hatte ich das nicht dafür getan. Ich war sauer gewesen….Sauer auf ein 9 jähriges Kind! Ich hatte also am Rand gesessen, während Betsy einen kleinen Parcours mit Fylgia absolviert hatte. Jetzt allerdings, durfte ich wirklich wieder in den Sattel steigen.
      Die Fahrt über gingen wir eine Liste der Pferde durch die als nächstes Richtung Kanada ziehen würden. In zwei Wochen würde ein Umzugsunternehmen kommen. Wir hatten es in Auftrag gegeben. Alle Habseligkeiten aus den verschiedenen Häusern würden dann zum neuen Heim gebracht werden. Eine Woche später war der Flug von mir und Caleb geplant, im Gepäck unsere letzten Habseligkeiten und alle restlichen Pferde. “Sag mal. Was hälst du von der Idee das Louis mitkommt? Er hat sogar einen Käufer für seine Bar.”
      Das war eine überraschende Nachricht gewesen, Ende Januar hatte Louis sich entschlossen mit nach Calgary zu kommen. Er wollte wieder auf einer Ranch arbeiten, dabei kam ihm die neue Stellenausschreibung von Caleb gelegen. Seine jüngere Schwester Lilly würde ihn begleiten. Außerdem hatte er die Pflege für Kaya und Tschetan übernommen, Cousin und Cousine, deren Eltern nicht mehr lebten. Tschetan hatten wir bereits auf dem Indian Relay kennengelernt. Ein Junge von 12 Jahren, etwas ungestüm, ein guter Reiter. Seine jüngere Schwester Kaya kannte ich nur aus den Geschichten von Lilly.

      Caleb
      Ich war wirklich überrascht, als Ylvi mir davon erzählte, dass Louis mit nach Kanada kommen wollte. “Und das will er wirklich?”, fragte ich sie nochmals und sie nickte. “Er will wieder auf einer Ranch arbeiten. Und du brauchst noch neue Leute. Lilly kommt ja auch mit. Und Kaya und Tschetan. Dann hat Betsy auch Gesellschaft.”, schwärmte sie weiter und ich nickte. “Ich mein… wenn er mitkommen will, kann ich ihn nicht daran hindern. Tut gut noch jemanden dabei zu haben, der genau weiß, wie der Hase läuft.” “Caleb der Hase läuft gar nicht. Der hoppelt.” “Haha, ja sehr witzig.”, antwortete ich ihr und knuffte sie leicht in die Seite, musste dann aber auch lachen.
      “Heute sollen nochmal Pferde rüber fliegen. Zusammen mit Cayce und Murphy. Dann sind es ab heute Abend nur noch Bellamy, du und ich die hier sind.”, erklärte ich ihr. Irgendwie war alles schrecklich schnell gegangen. Direkt nach Weihnachten wurden die Pferde umgemeldet, ich als neuer Besitzer eingetragen, der Kaufvertrag für die neue Ranch in Kanada ausgefüllt und Stellen ausgeschrieben, obwohl noch niemand dort war. Es hatten sich einige gemeldet, aber ich hatte das in dem ganzen Trubel, der dann folgte, aus den Augen verloren. Ich war wieder für zwei Tage rübergeflogen, hatte mich dort mit einer Baufirma getroffen und erste Pläne ausgearbeitet, wie ich die Ranch ausbauen wollte. Vor dem Herbst würden die Stallungen nicht fertig sein, so wie ich sie haben wollte. Also hatte ich mich kurzerhand umentschieden und wollte zusätzlich zu den Offenställen auf den Koppeln, rund um den großen Reitplatz überdachte Penalboxen mit kleinen Paddocks. Für unsere Pferde, aber auch für Gastpferde. Das allerdings war sehr schnell realisierbar und würde auch fertig sein, sobald wir mit den ersten Pferden rüberkommen würden. 30 Boxen waren geplant, 15 an jeder langen Seite des Platzes. Das würde schon einmal viel weiterhelfen. Den Umbau der Stallungen wollte ich trotzdem noch. Nur würde dies eben bis zum Herbst dauern. Wirklich brauchen würden wir die Stallungen erst im nächsten Winter.
      Auch mussten Gästehäuser bzw. Wohnmöglichkeiten für die Ranchmitglieder gebaut werden. Ich würde mit Ylvi zusammen im Haupthaus wohnen. Im oberen Stockwerk war eine wirklich schöne Wohnung eingerichtet worden. Im unteren Teil des Hauses gab es eine Küche mit einem großen Essbereich, ein Badezimmer, einen großen Wohnbereich und ein paar kleine Schlafzimmer. Also eher etwas für Gäste, als für Mitarbeiter. Zusammen mit der Baufirma hatten wir uns die geeigneten Stellen zum Bau von kleinen Häusern, ähnlich wie WG’s, angeschaut. Jedes dieser Häuser sollte zwei Etagen haben und Platz für bis zu 5 Menschen bieten. Zwei dieser Häuser waren geplant, außerdem drei kleine Bungalows mit Platz für je 3 Menschen.
      Soweit so gut. Nachdem dies alles feststand, konnte ich wieder nach New Mexico fliegen und allen erklären, was soweit geplant war. Und dann… dann fing es auf einmal an, wirklich stressig zu werden. Octavia und Travis waren die ersten, die mit O’s Pferden zusammen nach Kanada fliegen würden. Wir hatten uns von einem Transportunternehmen große Trailer geliehen, damit wir mit unseren kleineren Anhängern, in den je drei Pferde passen, nicht tausend mal fahren mussten. Das Ein- und Ausladen der Pferde auf dem Hof und auf dem Flughafen war nicht das Problem. Das Einladen in die Boxen zum Fliegen schon eher. Nachdem einer der Menschen dort mich so aufgeregt hatten durch den Umgang mit den Pferden, hatte ich ihm die Liste aus der Hand genommen und dirigierte meine Tiere und Mitarbeiter nun selbst. “Tigres Eye… Priamos Ruffia Kincsem… BR Prias Raveday… Drama Baby… Raspberry… I’ve got a blue soul… Prias Colourful Soul… Tasmania… Candlejack… Culain… Daryl Gone Mad… Peacful Redemption… PFS’ Snap in Style… Wildfire xx....” Das war die erste Gruppe gewesen. Per Videochat hatte ich das Ausladen in Calgary beobachtet, was wesentlich besser geklappt hatte, als das Theater hier.
      Kaum eine Woche später organisierten Bellamy und ich den nächsten Flug für 20 Pferde, bei dem eigentlich Cayce und Murphy dabei sein sollten, jedoch plante ich kurzfristig um und schickte statt Murphy zwei Stallburschen mit, Jesse und Connor. Die würden sie drüben dringender brauchen, als wir hier. Zum zweite Trupp Pferde, deren Einladen am Flughafen schon viel besser klappte, gehörten: PFS’ Unclouded Summer Skies, BR Dress to Impress, BR Colonels Lil Joker, Jacks Inside Gunner, Colonels Blue Splash, BR Colonels Golden Gun, Moon’s Gealach, Cleavant ‘Mad Eyes’, Ceara Isleen, Væna fra glæsileika eyjarinar, Skrúður, Blazing Flame, Chocolate Dream, Abe’s Aeflric, Seattle Slew, Sir Golden Mile, Stiffler, Cielos, Baby Doll Melody und Bella Cielo.
      “Caleb? Hey Caleb? Ich hab Bell am Telefon, der Transporter ist da, um weitere Pferde mit zu holen.”, sagte Ylvi und riss mich so aus meinen Gedanken. “Okay, okay. Sag ihm wir sind gleich da.”, erklärte ich ihr und fuhr ein wenig schneller zur Ranch zurück. Zwischen dem ganzen Umzug war ich auf einen Absetzer in Alberta aufmerksam geworden, Dual Shaded Ace. Der Hengst hatte anfangs gar nicht zum Verkauf gestanden, doch nach langem hin und her hatte der Besitzer sich erbarmt. Vorausgesetzt, er würde ein paar Decksprünge von ihm bekommen, wenn er gekört wäre. Dem hatte ich so natürlich sofort zugestimmt und ihn dann… eigentlich für viel zu viel Geld gekauft. Er hatte es gut gehabt und nur zwei Stunden Fahrt auf sich nehmen müssen, um zur Bow River Ranch zu gelangen.
      Endlich waren wir auf dem Blakes Crow Meadow angekommen. Ich parkte den Wagen, stieg aus und ging sofort auf den Fahrer zu. Kurz schüttelte ich ihm die Hand, ehe Bellamy mir die Liste der Pferde in die Hand drückte, die wir jetzt einladen mussten. Gruppe eins, welche jetzt sofort eingeladen werden würden, waren: Colonels Smokin Gun, DunIts Smart Investment, Ginny my Love, GRH’s A Gun Colored Lena, Jade, Kristy Killings, Raised from Hell, Wimpys Little Devil, A Walking Honor, Black Sue Dun It, California Rose, Chou, Easy Going. Die zweite Gruppe, die später folgen würde, bestand aus: Face Down, Ginger Rose, GRH’s Aquila T Mistery, GRH’s Unbroken Magic, Heretic Anthem, Honey’s Aleshanee, Lady Blue Skip, Magnificient Crow, My sweet little Secret, Only Known in Texas, Picture of a Ghost, Snapper Little Lena, Stormborn und Striga.
      Als dritte und vorerst letzte Gruppe würden am späten Abend die Hengste folgen: Bittersweet Temptation, Whitetails Shortcut, Alan’s Psychedelic Breakfast, Genuine Lil Cut, Gun and Slide, A Shining Chrome, Hollywoods Silver Dream, Chapter 24, Citizen Fang, Chocolate Shades, General’s Coming Home, GRH’s Bella’s Dun Gotta Gun, GRH’s Funky’s Wild Berry, GRH’s Unbroken Soul of a Devil, Gunners Styled Gangster, Whinney und Zues. Mit diesen ganzen Pferden würden Laurence, Murhpy, Dell und natürlich Betsy auf die Reise gehen. Dell und Betsy mit dem ersten Flug, Murphy mit dem zweiten und Laurence mit den Hengsten. Betsy war gar nicht auszuhalten gewesen, so sehr war sie allen um die Beine herum gesprungen und hatte jedem erzählt, dass sie sich auf die Reise freute und hoffte, dass alle gut gehen würde.
      Am Abend kehrte jedoch endlich Ruhe ein. Bellamy versorgte die ganzen Verkaufspferde, während ich mich um meine beiden verbleibenden Pferde Nachtschwärmer und Smart Lil Vulture gekümmert hatte. Ylvi hatte nun endlich das ok ihres Arztes, wieder mit anpacken zu dürfen, weshalb ich sie alleine zu ihren Pferden Inyan, Lady Gweny, Fylgia und Valravn gehen ließ. Bellamy hatte sich wider erwarten bereit erklärt, noch eine Weile hier zu bleiben und die Pferde zu verkaufen. Im Mai wollte er dann nachkommen, spätestens. Dann sollte auch die Ranch in neuen Händen sein. Interessenten gab es viele, doch sie alle wollten den Preis drücken. Und das nicht gerade wenig. Ich gab Bellamy zwar in der Angelegenheit wirklich viel Freiheit, aber verschenken sollte er das Anwesen nicht. Das Geld kam schließlich nicht nur mir, sondern auch ihm zugute. Apropos Geld… nicht alle waren so erfreut über die Rinderherde gewesen, wie ich es war. Schon am ersten Tag hatte Cayce die halbe Herde einfangen müssen- da zu diesem Zeitpunkt noch keines der Ranchpferde drüben war, hatte er sich kurzerhand bei jemandem Pferde und Cowboys leihen müssen. “So knüpft man neue Freundschaften!”, hatte ich am Telefon gesagt und nur ein spöttisches Schnauben zur Antwort bekommen. “Ich hoffe du schaffst bald deinen Arsch hier rüber. Die Vollblüter machen mich wahnsinnig. Ich will die Ranchpferde hier haben!” “Ja, Cayce. So schnell geht das alles leider nicht.”, war meine niederschmetternde Antwort gewesen. Jetzt mittlerweile hatte er jedoch sein Pferd drüben und auch fast alle anderen Pferde, mit denen es einfacher war, die Kühe einzufangen.
      Ich hatte mich gerade mit Bellamy zusammen vor den Fernseher gesetzt, als auch Ylvi dazustieß. “Na, Arbeit erledigt?”, fragte Bellamy sie und sie nickte. “Es tut so gut, endlich wieder selbst arbeiten zu dürfen.” “Das klingt ganz nach dir.”, murmelte ich und wurde dafür in den Arm geboxt. “Hör mal Bellamy und ich sprachen gerade über Louis, Lilly und die beiden Kinder. Es wäre vielleicht sinnvoll, mal rüber zu fahren und mit ihm zu reden. Er hat ja schließlich auch noch Pferde. Kommen die mit, bleiben die hier, wo will er wohnen und und und… das sollten wir alles klären, bevor wir mit dem Rest nach drüben fliegen und vor unvollendeten Tatsachen stehen.” Ylvi nickte. “Klar, aber heute nicht mehr. Für heute haben wir alle genug getan.”, sagte sie und setzte sich zu mir auf die Couch. “Haben sich die anderen schon gemeldet?”, fragte sie mich und ich nickte. “Laurence und sein Flug fehlen noch, der Rest ist gut angekommen und alle Pferde haben den Flug gut überlebt.” “Das ist gut.”, erwiderte Ylvi und schaute zum Fernseher. Zu dritt ließen wir den Abend ausklingen. Lange hielten wir es nicht vor dem Fernseher aus, da wir alle todmüde und kaputt waren. Bellamy verabschiedete sich irgendwann und verschwand ins Haupthaus, Ylvi und ich machten uns auch auf den Weg ins Bett, wo wir auch ziemlich schnell einschliefen. Sobald am nächsten Morgen die Pferde versorgt waren, würden wir mit Louis reden. Darüber, wie er sich seine Zukunft vorstellte.

      Ylvi
      Mein Kopf lag auf Calebs Arm, mein Nacken war vollkommen verspannt bei der Position. Ich wollte mich allerdings auch nicht übermäßig bewegen um ihn nicht zu wecken. Seine andere Hand ruhte auf meiner Hüfte. Seltsam wie selbstverständlich wir mittlerweile jeden Abend in dasselbe Bett stiegen.
      Ich spürte seinen Herzschlag an meiner Schulter, ruhig und gleichmäßig. Sein Atmen das mich am Anfang so sehr gestört hatte, weil er oft mit geöffnetem Mund schlief, war mir nun so vertraut. Ich rutschte ein wenig weiter nach unten um meinen Kopf von seinem Arm zu nehmen, da schlang sich sein Arm um meine Hüfte fester um mich. “Morgen.” murmelte er in meine Haare. Ich hatte mir angewöhnt sie zu einem Zopf zu flechten, ich spürte den Druck in meinem Nacken. “Caleb, meine Haare” flüsterte ich lachend..”Und morgen.” Caleb befreite meinen Zopf von seinem Körpergewicht, zog mich herum , sodass ich ihn ansehen konnte. “Unser vorletzter Tag hier.” “Irgendwie seltsam...vor einem Jahr war ich zum ersten Mal hier. Jetzt geht es mit einer ganzen Ranch in ein komplett anderes Land. Uns erwarten ganz schöne Abenteuer.” mutmaßte ich. Außerdem hatte ich ein paar mehr an Pferden dazu gewonnen. “Wie könnte ich das vergessen? Ich hab dich für einen Dieb gehalten.” ich lachte, nickte. Ja, wie könnte ich je die auf mich gerichtete Waffe vergessen?
      Caleb zog mich enger an sich, seine Hände schoben sich unter mein Shirt, seine Zähne spürte ich an meinem Hals. Augenblicklich spürte ich die Antennen in meinem Körper erwachen...es war einfach viel zu lang her. Ein zischendes Ausatmen kam von mir. “Alles in Ordnung?” Ich gab keine Antwort, sondern küsste ihn einfach...er sollte bloß nicht aufhören.
      Vier Stunden später sattelte ich gerade Valravn. Direkt daneben machte Louis Inyan fertig. Caleb stand an der anderen Seite des Anbindeplatzes mit Vulture. Der Vorschlag alles weitere doch bei einem Ausritt zu besprechen war von mir gekommen. Louis war auf den Anruf von Caleb zur Ranch gekommen um zu besprechen wie und wann er umziehen würde, auch wegen seiner beiden Pferde. Aber wirklich Lust das im Büro zu machen hatte ich nicht verspürt. Daher mein Vorschlag mit dem Ausritt. Damit waren beide einverstanden gewesen. Außerdem hatten wir so noch einmal die letzte Chance uns von dieser Landschaft zu verabschieden.
      “Alle Bereit?” fragte Caleb, schwang sich behende in den Sattel. Neben mir sprang auch Louis auf den blanken Rücken von Inyan. Auch bei Ravn hatte ich mich für ein Reitpad mit Lammfell entschieden, musste mir dafür allerdings eine kleine Erhöhung suchen um in den Sattel zu kommen. Wir ritten im Schritt in Richtung der alten Stutenkoppeln. Vulture vorne weg. Die Ranch so verlassen zu sehen war gruselig. “Dann verrat mir doch mal welcher Hund dich gebissen hat für die Idee mitzukommen?”

      Louis
      Die wärme die von Inyan zu mir aufstieg fühlte sich wunderbar an. Auch wenn meine Muskulatur jetzt schon rebellierte. Seit dem Herbst hatte ich mich auf kein Pferd mehr setzen können. Zu viel war in der Bar zu tun gewesen. Zu oft war ich in die alte Heimat gefahren um dort Dinge zu erledigen, vor allem zu Regeln. Es war sonst nicht Calebs Art Fragen so unverblümt zu stellen, aber er wollte natürlich wissen was ihm bevorstand. In den letzten Monaten hatte sich einiges in seinem Leben geändert. Die Übernahme der Ranch war für ihn schon immer ein kleiner Traum gewesen. Wie oft hatten wir zu Rodeo-Zeiten davon geträumt? Dann hatte er wegen des Unfalls aufhören müssen. Und ich selbst? Tja..ich hatte für meine Familie aufgehört. Meinen Vater hatten die Rodeos am Leben erhalten, bis er bei einem Unfall ähnlich wie dem von Caleb querschnittsgelähmt war. Meine Mutter war bereits früh gestorben. Kaum noch erinnerte ich mich an ihr Gesicht. Für die Familie hatte ich selbst die Rodeos aufgegeben. Mit wenig Aussichten in Pine Ridge jemals eine vernünftige Arbeit zu finden war ich nach New Mexico gekommen. Die Bar hatte Lilly, mich und meinen Vater gut versorgt, aber es kostete Zeit. Die Pflege unseres Vaters hatte Lilly bis zu seinem Tod übernommen. Sie hatte selbst viel aufgeben müssen dafür, hatte mir auch oft in der Bar geholfen. Nun hatte sich die Schwester meines Vaters mit ihren Drogen das Leben genommen. Unschi, Großmutter hatte ihre beiden Kinder zu sich genommen. Ich war hin gefahren in den vergangenen Monaten um zu versuchen sie zu unterstützen. Schließlich war die Entscheidung gefallen beide zu mir zu nehmen. Die Wohnung über der Bar war zu klein für uns gewesen. Ich wusste um die Wünsche von Lilly. Familie wurde für unser Volk groß geschrieben...und ich wollte nicht das Lilly noch mehr verzichten musste.
      Erst nach all diesen Überlegungen brach ich mein Schweigen. “Ylvi hat dir sicherlich erzählt, das ich vor zwei Wochen meine Cousinen zu mir genommen habe. Kaya und Tschetan brauchen meine Zeit...ein geregeltes Leben. Das kann ich nicht bieten, wenn ich eine Bar leite. Das könnte ich aber wenn ich bei euch auf der Ranch arbeite. Außerdem genug Leute die die Kinder mit im Blick haben können. In Calgary haben sie die Chance eine gute Schule zu besuchen..” Caleb hatte mir gelauscht, die Zügel locker in der Hand auf den Knauf seines Sattels, die andere ruhte auf seinem Oberschenkel. Ich konnte sein Gesicht nicht sehen, denn es lag im Schatten seines Hutes. Jeder schwieg auf seine Weise, für Ylvi war das genannte ja nicht gänzlich neu. Caleb musste jedoch verstehen...er kannte die Umstände in Pine Ridge...die Drogen, der Alkohol, die Armut und die umgehende Verzweiflung. “Ich heiße dich gern im Team Willkommen, wenigstens noch jemand der Ahnung von der ganzen Arbeit hat. Cayce und du werden mir mit den Rindern sehr gut helfen können. Vor Ort könnten wir dich wahrscheinlich gut in ein Haus mit Betsys Vater stecken. Hast du dir schon Gedanken gemacht wie du deine Pferde rüber schaffst?” kam es von Caleb. Schwer unterdrückte ich ein Seufzen. “Darum muss ich mich nicht mehr kümmern. Sunka und Zinkala-win habe ich verkauft.” Calebs Kopf zuckte in meine Richtung. Von Ylvi kam ein vollkommen erschrockenes “WAS?!” und auch Caleb schien diese Frage ins Gesicht geschrieben. “Ich hab genug Pferde um mich die ich dann betreue. Außerdem...außerdem ermöglicht mir das Geld aus dem Verkauf der beiden Lilly auf das College in Calgary zu schicken. Sie ist ein heller Kopf, wenn ich das schon nicht auf die Kette bekommen habe zu studieren. So soll sie ihre Möglichkeiten doch wenigstens nutzen. Pferderennen sind auch gefährlich...ich muss auch an Kaya und Tschetan denken. Sie hatten es in ihrem jungen Leben wohl schwer genug.” ich schwieg kurz, musste dann doch Lachen. “Wir werden wirklich alt, Kola.” “Vielleicht solltest du dir endlich Mal eine Frau zulegen,mein Freund” murmelte Caleb, zwinkerte mir zu. “Mein Herz hab ich leider bereits hoffnungslos verloren. Das braucht bis es vergisst.” Ylvi sah mich an, senkte dann den Blick auf den Hals ihres Wallachs, sprach nicht. Caleb konnte die kurze Konversation nicht bemerkt haben. Dafür schien ich Talent zu haben. Schon einmal hatte ich die Frau eines anderen begehrt.

      Caleb
      So ganz wusste ich nicht, was ich ihm antworten sollte. So schwieg ich einfach und ließ die Umgebung auf mich wirken. Schon übermorgen würde ich Albuquerque verlassen. Es war ein gutes Zuhause für mich gewesen, in das ich zurückgekehrt war. Ein Zuhause und doch so viel mehr. Ich hatte mir eigene, neue Pferde zugelegt, hatte alte zurückbekommen und auch mit den bereits Vorhandenen hatte ich viel arbeiten können. Ich war wieder in den Trainingsbetrieb eingestiegen und einige Pferde trainiert. Dann war Ylvi aufgetaucht und hatte mein ganzes Leben auf den Kopf geschmissen. Wenn ich so darüber nachdachte, hatte sie es besser gemacht. Und auch Louis, der in meiner Nähe gewohnt hatte, hatte mir viel geholfen. Alte Zeiten aufleben lassen war etwas schönes, wenn man es mit einer anderen Person teilen konnte.
      Und jetzt waren wir an einem Wendepunkt angekommen. Louis hatte Kinder, Gott, Louis hatte Kinder. Er war jetzt sozusagen ein Vater. Louis… war Vater. Lilly war zwar auch bei ihm, aber das hier war etwas vollkommen anderes… Vulture schnaubte und fiel in einen lockeren Galopp. Er zuckte nervös mit den Ohren, als ich ihn durchparierte. Vermutlich konnte er fühlen, dass ich in Gedanken mal wieder nicht hier war und noch immer keine wirkliche Antwort wusste. Ich schaute kurz nach hinten und blickte in die fragenden Gesichter von Louis und Ylvi. Leise seufzend schaute ich wieder nach vorne. “Caleb?”, fragte Ylvi mich irgendwann und ließ ihr Pferde das von Louis überholen, um zu mir aufzuschließen. “Stimmt etwas nicht?”, fragte sie mich doch ich nickte. “Doch, doch. Alles okay. Ich habe nur an etwas gedacht…” Ylvi sagte nichts mehr, ließ ihr Pferd langsamer werden und ritt wieder hinter mir her.

      Ylvi
      Die ganze Geschichte hinter Louis Beweggründen dann nochmal direkt von ihm zu hören war eigentlich ganz gut. Lilly hatte wirklich großes Glück ihn als Bruder zu haben. Wobei er in seinem Leben viel geopfert hatte um sie aufzuziehen. In Anbetracht seiner Familienverhältnisse keine leichte Entscheidung. Schon allein die Tatsache das er Kaya und Tschetan bei sich aufnahm sprachen für seinen Familiensinn. Ich fragte mich wirklich wieso es keine Frau an seiner Seite gab. Caleb schien denselben Gedanken zu haben. Denn er sprach es an. Als Louis davon sprach sein Herz hoffnungslos verloren zu haben ruhte sein Blick auf mir. Ich hatte den Blick mit ihm unterbrochen und auf Ravns Hals geschaut. Ich hatte sowas in den letzten Monaten schon beinahe vermutet. Nie jedoch eine wirkliche Bestätigung bekommen. Um ehrlich zu sein hatte ich sie auch nicht haben wollen. Mit Caleb war das ganze schon verworren genug. Wir hingen in der Schwebe...weder zusammen noch wirklich getrennt. Das Wissen das da nun Louis war...das verwirrte mich nur noch mehr, denn auch er war mir so wichtig geworden. Ohne ihn wäre ich dort auf dem Berg gestorben. Niemand sprach. Auch Caleb hatte keine wirkliche Antwort auf diese Worte zu haben. Ahnte er etwas? Vulture war nervös, galoppierte ohne sichtbare Hilfe an und wurde von Caleb direkt wieder durchpariert. Louis und ich sahen zu ihm. Ravn drängte nach vorn...aber eine wirklich klare Antwort hatte ich nicht von Caleb. So hieß ich Ravn wieder langsamer.
      An anderer Stelle öffnete sich die Wiese vor uns. Ravn war deutlich angespannt, seine gesamte Muskulatur war zum reißen gespannt, nur meine Hand am Zügel verhinderte das er lief. So ein Galopp eignete sich jedoch auch wunderbar um die Gedanken klar zu kriegen, die Kälte würde ihr übriges tun. Also gab ich die Hand vor. Aus dem Schritt preschte Ravn vor, meine freie Hand krallte ich in seine wenige Mähne. Hinter mir hörte ich den mir mittlerweile vertrauten Lakota Schrei “Hoka Hey! Hoka Hey!” aus dem Augenwinkel sah ich Inyan heran preschen. Direkt neben mir Ritt bereits Caleb auf Vulture, der Hengst legte sich flach in den Galopp. Auf kurzen Rennen waren diese Pferde einst gezüchtet worden. Ravn war kein schnelles Pferd. Vulture und Inyan hatten keinerlei Mühe meinem Wallach zu folgen. Der Wind pfiff mir in den Ohren, die Kälte schlug mir unbarmherzig ins Gesicht. Mein Lachen wurde mit dem Wind von meinen Lippen genommen. Caleb lachte zumindest auch, gab seine Zügel weiter vor, hielt den Hut auf seinem Kopf. Auch Inyan nahm an Tempo zu. Ravn unternahm nicht einmal den Versuch mit den anderen beiden Pferden Schritt halten zu wollen. Stattdessen parierte ich ihn zu einem leichten Trab. So fit war ich noch nicht wieder. Auch das Rennen der beiden ging nur noch etwa 100 Meter, dann schienen sie genug zu haben, parierten und warteten bis Ravn und ich im Schritt aufgeholt hatten. “Bis ich wieder so einfach mehrere Meter galoppiere muss ich wohl noch etwas warten.” meinte ich belustigt. Inyan stand still. Der jüngere Vulture tänzelte, Caleb hatte seine Müh den Hengst ruhig zu halten. Das Rennen schien ein wenig die Stimmung gelockert zu haben. Allerdings blieb es trotzdem ruhig um Caleb, mit den Gedanken war er weit fort. Ich wusste das man ihn in solchen Momenten besser nicht störte. Die Pferde suchten sich im leichten Schnee selbst ihren Weg nach Hause.
      Meine Füße waren Eisklumpen, ich saß noch immer auf dem Pferd. Die Aussicht mit den kalten Füßen auf dem harten Boden zu knallen war nicht sonderlich erbauend. Caleb hatte sich von uns getrennt, da Vulture für die Nacht in einer der Boxen unterkommen würde. Seufzend ließ ich mich vom Pony rutschen, ging leicht in die Knie als mir der Schmerz von den Knöcheln aufstieg. Außerdem spürte ich jeden verdammten Muskel in meinen Beinen. Ich hielt mich daher an Ravn fest, der geduldig stand während ich mich wieder fing. Über seinen Mähnenkamm hinweg sah ich Louis. Er schien nicht zu bemerken das meine Aufmerksamkeit auf ihm lag. Seine Stirn hatte er auf die von Inyan gelegt, seine Hand strich immer wieder den Hals des Wallachs entlang. Ich konnte die Bewegung seiner Lippen sehen, aber kein Wort verstehen. Mein Starren schien nicht unbemerkt zu bleiben. Louis öffnete seine Augen wieder, sie huschten zu mir. Ich räusperte mich. “Louis...du weißt..du könntest ihn wieder haben, oder? Ich ..” seine erhobene Hand unterbrach meinen Redeschwall, er schüttelte den Kopf. “Dann wäre es mir zumindest eine Ehre, wenn du ihn reitest wann immer du willst, ja?” Es kehrte wieder sein Schalk zurück, ich bekam seine weißen Zähne zu gesicht. “Waschté” mehr kam nicht von ihm. Er zog Inyan die Trense vom Kopf nur um ihn in den Offenstall zu entlassen. Hastig beeilte ich mich auch Ravn vom Pad zu befreien, zog auch ihm die Trense vom Kopf und lockte ihn in Richtung des Tores, welches mir von Louis noch offen gehalten wurde. Ich stiefelte vor Ravn in den Paddock, neugierig trat auch Inyan jetzt an mich heran. Seine Nüstern pusteten mir seinen Atem auf die kalten Wangen, während Ravn an meiner Tasche zu zuppeln begann. Lady Gweny hielt sich ein wenig im Hintergrund. Fylgia kam mit angelegten Ohren angelaufen, schnappte Inyan in den Hintern der daraufhin aus dem Weg ging. Nur Ravn ließ sich von ihr nicht beirren. Ich streichelte natürlich auch Fylgia, die so nach meiner Aufmerksamkeit fragte. Damit keiner zu kurz kam stiefelte ich auch noch zu Gweny, prustete ihr in die Nüstern, kraulte ihre Lieblingsstelle an der Brust und den Ohren. Louis stand noch immer am Tor, sein Blick ruhte die ganze Zeit auf mir. “Sie mögen dich wirklich alle.” ich sah mich um...inmitten all meiner Rappschecken, zuckte lächelnd die Schultern. “Scheint so. Aber jetzt lass uns reingehen und was warmes zu trinken besorgen. Ich spür meine Zehen nicht!”
      Im Haupthaus hatte sich irgendwer des Kamins angenommen, Louis war in die Stallungen gegangen um Caleb Bescheid zu geben. In der Küche bereitete ich Kaffee vor, füllte sie in die Thermoskanne. Führte Reste der Brownies zutage und brachte alles auf einem Tablet in das Wohnzimmer. Louis kam als erstes zur Tür hinein. “Caleb ist gleich da.” Ich saß auf dem Teppich vor dem Kamin, rieb meine Hände und Füße. Meine Gedanken hingen nun bei Caleb, während ich in die Flammen starrte. Irgendwie war er heute wieder einmal besonders ruhig gewesen. Das hatte sicherlich mit den Ereignissen die noch vor uns stünden zu tun, auch ich war deshalb aufgeregt. Manchmal konnte ich verdrängen verstehen zu wollen was in Caleb vorging. Jetzt gelang mir das nicht..auch weil ich mannhaft damit beschäftigt war die Worte von Louis von mir zu drängen. Natürlich hatte ich es bemerkt...ich hätte blind sein müssen nicht zu spüren wie es um ihn stand. Und ich machte mir Vorwürfe….vielleicht, wenn Dinge anders wären. Dann hätte ich mir sogar vorstellen können Louis eine Chance zu geben. Im Grunde würde das meinem Herzen wohl weniger schaden als das was Caleb und ich irgendwie teilten. Hände an meinen Füßen...ich zuckte zusammen, mein Kopf ruckte herum. Louis hatte sich zur mir auf den Teppich gesellt, seine Hände hatten nach meinen Füßen gegriffen, massierten sie. “Da du so in Gedanken warst, dachte ich mach ich weiter womit du aufgehört hast?” Irritiert sah ich ihn an, entspannte dann allerdings meine Muskulatur. Massagen konnte ich ja wohl nicht von der Hand weisen. Die Vernunft in meinem Hirn schrie allerdings etwas anderes. Ich war unfair. Ich ließ mich einfach nach hinten fallen, schloss die Augen. Genoss die Zuwendung und die Wärme des Kamins. Vergessen die Brownies und der Kaffee.
      Das ins Schloss fallen der Haustür, die Schritte den Flur hinauf. Sie ließen mich erneut zusammen zucken, ich richtete mich abrupt auf, entzog Louis meine Füße. “Kaffee?” kieckste ich, sprang auf und hielt Louis die Kanne entgegen. Ernten tat ich seinen schelmischen Blick, ein wissendes, beinahe arrogantes Lächeln. Er gab seine Antwort indem er nickte. Gerade als die ersten Tropfen in die Kanne fielen betrat auch Caleb den Raum. “Ohh davon nehm ich bitte auch eine Tasse.” Also bekam auch Caleb seine Tasse Kaffee, er ließ sich auf dem Teppich neben Louis nieder. “Ich hab sogar ein paar Brownies aufgetrieben.” damit schob ich den Teller an den Rand des Tisches. Dann reichte ich Caleb seine Tasse, gab in meine einen Schuss Milch und hockte mich dann auch auf den Teppich. Für unsere Abreise ist schon alles vorbereitet. In 5 Stunden kommt der Trailer um uns samt Pferden einzusammeln. Anschließend geht es zum Flughafen.” “Dem Abenteuer entgegen” murmelte ich. Keine Erwiderung. Stille, dann sprach Louis. “Ich werde wohl erst in einem Monat nachkommen. Hab hier noch ein paar Behördengänge zu erledigen.” “Meld dich einfach, wenn es los geht.”
      Eine Viertelstunde später verabschiedete sich Louis von uns. Caleb und ich ließen uns anschließend wieder vor dem Kamin nieder. Mein Kopf lag an seinem Rücken, nebenher dudelte der TV aber so richtig schien keiner dem Programm zu folgen. Ins Bett zu gehen lohnte sich nicht für die wenigen Stunden.

      Caleb
      Ich war an diesem Abend mit den Gedanken noch immer nicht wirklich hier. Wo ich war? Keinen blassen Schimmer. Warum ich weg war? Nicht die geringste Ahnung. So vieles würde sich wieder ändern, von jetzt auf gleich. Hatte ich nun endlich das, was mich im Leben glücklich machte? Oder würden wir in einer Weile wieder umziehen? Was war es, dass das Leben ausmachte? Die Freunde? Die Familie? Geld? Ruhm?
      Diese Frage konnte wohl jeder nur für sich selbst beantworten. Meine Antwort stand in den Sternen. Weit weg, und doch ganz nah. Oder doch so fern?
      Ich beugte mich zu Ylvi rüber und gab ihr einen Kuss auf den Hals. „Ylvi wir könnten… uns die Zeit ein wenig vertreiben…“, flüsterte ich, drehte ihren Kopf zu mir und küsste sie auf die Lippen. „Jetzt da du… sogar eine kurze Strecke galoppieren konntest…“,murmelte ich weiter und küsste sie erneut. Ylvi lächelte kurz, rutschte dann zu mir herüber und setzte sich auf meinen Schoß. „Könnten wir…“, flüsterte sie und legte ihre Hand in meinen Nacken. „Jetzt, da du wieder redest und deine Gedanken sortiert hast..“, sagte sie frech und nahm meine Unterlippe zwischen ihre Zähne, zog leicht daran und ließ sie wieder los, ehe sie mir in die Augen sah und mich dann wieder küsste. „Ich hatte bloß so vieles im Kopf.. aber lass uns da im Flieger drüber reden...oder in Kanada...“, schlug ich ihr vor und sie nickte. Viele Möbel waren nicht mehr hier, die Couch allerdings stand noch in unserem Wohnzimmer. Ich stand auf, hielt Ylvi an mir fest und legte sie auf die Couch. Vorsichtig stützte ich mich rechts und links von ihr auf dem Sofakissen ab und beugte mich zu ihr runter, um sie erneut auf den Hals zu küssen. Wir wechselten eine Weile Küsse, ehe ich langsam Ylvis Oberteil über ihren Kopf zog. Auch ihre Hose und Unterwäsche war schnell verschwunden. Meine Sachen streifte ich mir über Kopf und Beine und schmiss sie ebenfalls neben das Sofa…
      Nach einem Blick auf die Uhr sprang ich hastig auf. “Ylvi komm.”, sagte ich und zog sie mit mir auf die Beine. Wir hatten viel zu lange auf dem Sofa verbracht und so langsam würde es eng werden, was Pferde verladen und den Flug anging. “Die drüben köpfen uns, wenn wir den Flieger nicht kriegen.”, lachte ich und sammelte meine Kleidung auf dem Boden ein, zog sie an und stand dann Bellamy gegenüber, der sich in der Küche einen Kaffee gemacht hatte. “Wie lange stehst du denn schon hier?”, fragte ich ihn und richtete mein Hemd. “Glaub mir, lange genug.”, sagte er und zwinkerte mir zu. Ich rollte mit den Augen, schlug ihn gegen die Schulter und setzte dann meinen Hut auf den Kopf, den ich hier in der Küche hatte liegen lassen. Ylvi kam nun auch zu uns und wir beide tranken schnell eine Tasse Kaffee, stopften noch einen der Brownies in den Mund, die Ylvi vom Wohnzimmertisch mitgebracht hatte, ehe ich in den Stall zu meinen beiden Hengsten hastete. Bellamy trug ich auf, Ylvi zu helfen, denn sie hatte mehr Pferde fertig zu machen.
      Vulture als auch Nachtschwärmer waren nicht sehr begeistert, dass ich sie mitten in der Nacht aus dem Schlaf riss. Nachtschwärmer ließ sich jedoch leichter aus der Box führen und für den Transport fertig machen, als Vulture. “Du bist eine Zicke.”, knurrte ich ihn an und ruckte einmal am Führstrick, als ich die Nase voll hatte. “Hör auf jetzt und benehm dich einmal deinem Alter entsprechend.”, sagte ich und legte die letzte Transportgamasche an. Der Trailer, der die Pferde mitnehmen sollte, war schon da, weshalb ich meine beiden Pferde schon auf die Rampe führte und im Inneren anband. Ylvi und Bellamy kamen nun auch und brachten die Pferde rein. “Bellamy lädst du das Zubehör mit den Kisten auf meinen Pick Up, Ylvi und ich holen schnell unsere Taschen.”, sagte ich zu ihm und er nickte, ehe er im Stall verschwand. “Jetzt aber schnell.”, lachte ich, nahm Ylvis Hand und lief zurück zum Haus. “Und du meinst der hat uns wirklich gesehen oder gehört?”, fragte mich eine unsichere Ylvi, als wir im Haus angekommen waren. “Ich glaube er blufft.” Ich lachte, warf mir meine Tasche über den Rücken und nahm die Größere von Ylvi auch in die Hand, so dass sie nur ihr Handgepäck tragen musste. Draußen auf dem Hof angekommen hielt ich abrupt an und drehte mich nochmal zur Haustür um. Ich schaute mir das Haus an, drehte mich einmal im Kreis und ließ meinen Blick über das gesamte Gelände schweifen. “Kaum zu glauben, dass wir diesen wunderbaren Ort verlassen.” “Oh Caleb jetzt werd nicht sentimental.”, sagte Ylvi und knuffte mich in die Seite. “Komm… bereit?” “Bereit.”

      Ylvi
      Ich spürte eine wärme in mir...fast als würde ich schwitzen...und dann musste ich doch wieder breit Lächeln. Bluffte Bellamy tatsächlich nur? Falls ja...so gab ihm Caleb definitiv genug zum Grübeln als er mit mir Hand in Hand ins Haus lief. Auch als wir am Trailer standen, den Blick auf die Ranch gerichtet, hielt er meine Hand fest umschlossen. Uns gingen verschiedene Gedanken durch den Kopf. Bellamy stand auf der Treppe des Haupthauses. Er würde noch eine ganze Weile hier bleiben, die Pferde versorgen, Verkäufe organisieren. Vor allem aber die neuen Besitzer einweisen.
      Es ging auf zu neuen Ufern.
      Es war angenehm die Fahrt über noch einmal dösen zu können. Der Fahrer saß vor uns, während Caleb sich zu mir auf die Rückbank gesellt hatte. Über einen Bildschirm konnten wir gut alle 6 Pferde beobachten. Sie standen in dem Trailer her zur Fahrtrichtung. Gweny schien etwas nervös, ich konnte ihr Ohrenspiel sehen. Die Nähe von Inyan und Fylgia schien ihr allerdings gut zu tun. Ich hatte erst etwas bedenken gehabt die beiden Stuten mit den Hengsten zu transportieren. Aber wir hatten diese zuerst eingeladen...anschließend waren meine Wallache gefolgt als Puffer. Anschließend hatten wir Gweny eingeladen, als letztes hatten wir Fylgia auf den Trailer gepackt. Ich war aufgeregt. Seit dem ersten Besuch im Dezember war ich nicht mehr hier gewesen. Caleb hatte sich “geweigert” mich mitzunehmen. Klar er hatte viel zu tun. Aber ich war einfach gespannt was in der Zwischenzeit alles passiert war. Ich tappte vor Aufregung mit meinem Bein, plötzlich krallten sich Calebs Finger in meinen Oberschenkel, drückten ihn hinunter. Ich sah zu ihm Lächelte verzeihend. “Du machst mich vollkommen wirr, Weib.” knurrte er mir ins Ohr. Ich ließ mich also weiter zurück in die Autositze sinken. Sah wieder auf den Bildschirm.
      Am Flughafen ging alles glatt, die Pferde wurden vor Ort gecheckt, die Pässe kontrolliert. Dann führten wir sie jeder einzeln in die für sie vorgefertigten Boxen. Fylgia war wie nicht anders zu erwarten, vollkommen ruhig. Daher drückte ich sie dem Fahrer in die Hand, der ja auch seine Erfahrung mit Pferden hatte. Ich selbst führte Gweny aus dem Hänger. Dann jedoch gab es ein schrilles Kreischen, das natürlich von Ravn kam. Der Wallach riss sich los von dem Flughafen mitarbeiter, trabte aufgeregt an Gweny und mir vorbei und hielt erst an als er neben Fylgia zum stehen kam. Ich rollte mit den Augen. Dabei hatte ich gehofft sein Kletten-Verhalten hätten wir langsam im Griff. Allerdings war das hier auch eine außergewöhnliche Situation. Das weitere Verladen verließ dann doch etwas geordneter.
      “Uff...und wieder 7 Stunden den Arsch platt sitzen.” murmelte ich eher zu mir selbst. Caleb verstaute eben mein Handgepäck, da ich selbst zu klein war um dort ran zu kommen. Der Frau neben mir am Fenster entlockte es allerdings ein Lächeln. Ich erhob mich um ohn durch zu lassen. Ich saß sehr viel lieber im Gang auf längeren Flügen. Caleb nahm seinen Hut ab, setzte sich neben mich hin und legte den Hut auf seinen Schoß. “Zumindest haben wir so nochmal ein bisschen Ruhe.” “Ruhe?...denkst du das wirklich?” Caleb zog eine Augenbraue hoch, sah mich an. Ich hob meine Hände “Ich hab schwitzehände, muss die ganze Zeit an die Pferde da unten denken. Ruhe würd ich das nicht bezeichnen.” meine Stimme klang dabei schaal und heiser. Mir war sogar ein bisschen schlecht bei dem Gedanken an die Pferde. Caleb zog mir an einem meiner flechtzöpfe die über meine Schultern fielen. Dafür erntete er einen verwirrten Blick. Was war das denn jetzt? “Na sieht...bei dem Gesicht sind deine Gedanken jetzt wohl nicht bei den Pferden.” kommentierte er lachend. Dafür bekam er einen Faustschlag gegen die Brust. “Och duu!”

      Caleb
      Ich stieg in ihr Lachen ein. Die Frau neben uns kam mir irgendwie bekannt vor, auch wie sie uns zuhörte und grinste, wenn wir etwas witziges sagten. Irgendwann wandte ich mich ihr zu. “Entschuldigen Sie, kennen wir uns?”, fragte ich die Frau und sie nickte. “Wenn sie Caleb O’Dell sind, dann ja.” In meinem Kopf kramte ich nach Namen oder Orten, doch so richtig wollte mir keiner einfallen. “Ist schon eine lange Zeit her.. damals in Las Vegas auf einem großen Turnier. Ich habe dich beim Team Roping total abgezogen.”, lachte sie. “Nein, Kit? Wow, dass ich dich nochmal wieder treffe!”, ich beugte mich zur ihr rüber, gab ihr einen Kuss auf die Wange und umarmte sie kurz. “Kit und ich waren früher wirklich.. Erzfeinde, wie man so schön sagt. Das eine Mal gewann sie, das andere Mal gewann ich. Wie lange ist das her… etliche Jahre!”, ich lachte. Dann schaute ich von Ylvi zurück zu Kit. “Das ist Ylvi. Eine… sehr gute Freundin von mir.”, ich legte ihr kurz meine Hand aufs Bein. Für Kit reichte diese Geste wohl. “Soso…”, schmunzelte sie und sah uns beide abwechselnd verschmitzt an. “Ich hab dich aber wirklich nicht erkannt, du hast dich total verändert!”, wandte ich mich wieder an meine alte Bekanntschaft. “Was ist aus deinem braunen Lockenkopf geworden? Und deine Stute… Halley.. hast du die noch?” “Meine braunen Locken sind blonden Haaren gewichen. Irgendwann hab ich sie mir dann abrasiert und jetzt wachsen sie nach. Sind aber noch nicht sonderlich lang, wie du sehen kannst.”, erklärte sie mir. Wie hätte ich sie auch erkennen können? “Halley habe ich schon lange nicht mehr, sie ist bei ihrem ersten und einzigen Fohlen gestorben. Der kleine Hengst hat es auch nicht geschafft. Das war vor.. drei Jahren. Seit dem saß ich nicht mehr auf dem Pferd.” “Das tut mir Leid.”, kam es von Ylvi, die sich hinter meinem Rücken bestimmt etwas ausgeschlossen fühlte, bei unserem Gespräch. Generell schaute sie nicht wirklich glücklich drein. Ob ich sie eben verletzt hatte? Aber was waren wir denn? Freunde? Freunde mit gewissen Vorzügen? Verliebt? Auch eines der Dinge, was mir ständig im Kopf herum schwirrte. Louis spielte da auch eine große Rolle. Er meinte zwar ich würde nichts merken, aber ich kannte ihn. Ich merkte, wenn er etwas im Schilde führte. Auch Ylvi hatte gestern Abend sichtlich seltsam gewirkt, als sie den Kaffee mit einer Quietschstimme verteilt hatte.
      “Und was arbeitest du im Moment?”, fragte ich sie. “Nichts, bin auf der Durchreise. Mal hier, mal da etwas.” “Wenn du noch Arbeit suchst, wir sind gerade auf dem Weg zu meiner neuen Ranch.” “Was? Du? Eine Ranch? Wow Caleb das freut mich für dich!”, sagte sie lachend und gab mir einen Klaps aufs Bein. “Endlich, Cowboy. Ich dachte schon du wirst nie sesshaft.” “Also eigentlich… war ich schon lange Zeit sesshaft.”, korrigierte ich sie. “Ich komme euch auf jeden Fall mal besuchen!”, sagte sie. “Klar, wieso auch nicht. Schließlich fliegen wir in die gleiche Richtung.” Wir unterhielten uns noch eine Weile. Ylvi döste in der Zwischenzeit immer wieder weg. Auch ich war nicht den ganzen Flug wach. Kurz vor der Landung wachte ich jedoch wieder auf und hatte Ylvis Kopf auf meiner Schulter liegen. Eine sehr gute Freundin… Dieser Satz ging mir immer wieder durch den Kopf und ließ mir keine Ruhe. Auch Kit sah mich grinsend an, als ich meinen Kopf sachte auf den von Ylvi sinken ließ. “Ach komm Caleb. Das da ist mehr als.. ich zitiere: sehr gute Freunde.”, sagte sie zu mir und schien nun wirklich eine Antwort haben zu wollen. “Es ist kompliziert. Reicht dir das als Antwort?”, ich sah sie an. “Nein… ich muss wohl doch zu dir auf die Ranch kommen, wenn ich mehr wissen will.”, sagte sie lachend und ich stimmte in ihr Lachen mit ein. Auch Ylvi regte sich wieder, nahm ihren Kopf von meiner Schulter und sah raus. “Landeanflug. Hab auch nichts mehr von den Pferden gehört, denen scheint es gut zu gehen.”, erklärte ich ihr und sie nickte beruhigt. Dann ging es runter.

      Ylvi

      Traf mich ein Tritt in die Magengegend? Nein...wir hatten nie darüber gesprochen was wir eigentlich waren. Kit zu erklären wie und was es war hätte zu lang gedauert. Natürlich...ein zugeständnis von Caleb hätte mir besser gefallen, mein Herz schien sich ein wenig zu verknoten. Als jedoch seine Hand auf meinem Bein lag, seine Finger kurz zudrückten. Da durchlief mich mit einem mal eine unfassbare Wärme, der Knoten in meinem Herzen schien sich zu lösen. Zitterte ich? Oder war das flaue Gefühl im Magen eher auf den beginnenden Start zu schieben?
      Ehrlich gesagt bekam ich weiter gar nicht wirklich mit was die beiden zu besprechen hatten. Zu sehr kreisten meine Gedanken um Calebs Worte. Ich ertappte mich dabei wahllos ins leere zu Starren. Ich hasste in diesem Moment was es in mir tat. Es wühlte mich auf. Machte mich Glücklich und Ängstlich. Machte mich aber auch so unfassbar wütend. Wieso passierte das ausgerechnet mir? Mir die ich jahrelang versucht hatte so etwas von mir weg zu stoßen. Fühlte sich so jeder der sein Herz an jemanden verloren hatte?
      Irgendwo in meiner ewigen Starrerei, dem lauschen von Calebs gleichmäßigem Barriton war ich eingeschlafen. Die Momente in denen ich wach war, nicht weiter relevant..ich wechselte höchstens meine Position im Sitz. Zwischendrin hatte ich bemerkt, dass sich die beiden nicht mehr unterhielten. Da wurde mir bewusst wie oft Caleb früher unterwegs gewesen sein musste...er schien ja wirklich den halben Kontinent zu kennen. Mit einem Lächeln schlummerte ich ein letztes Mal davon. Erst das Lachen von Caleb ließ mich wieder wach werden. Ich rieb mir die Augen, unterdrückte ein Gähnen. Draußen war es hell. Schnee lag überall herum.
      Wir trennten uns von Kit, der wir eine gute Reise wünschten. Sichtlich erschöpfte Pferde (was sicherlich auch an der Sedierung lag) , brachten wir auf den Trailer des Fuhrunternehmens. Einen Vorteil jedoch hatte die klirrende Kälte dann doch - sie machte mich wacher. Nachdem wir fertig mit dem Aufladen waren, fühlte ich mich längst nicht mehr so gerädert. Die Straßen waren frei, in nur 20 Minuten würden wir fast da sein. “Es hat schon Vorteile das wir nicht mehr fast 2 Stunden in die nächste größere Stadt fahren müssen.” dabei sah ich aus dem Fenster auf die verschneite Landschaft. Beim letzten Mal hatte noch keiner gelegen.

      Caleb
      Die Verabschiedung von Kit fiel mir doch schwerer, als ich gedacht hatte. Es war immer wieder schön alte Bekannte zu treffen und die alten Zeiten aufleben zu lassen. Eine Person würde ich jedoch nie wieder sehen, diese Zeit würde ich für mich alleine, immer in meinem Herzen tragen. Das konnte mir keiner nehmen, solange ich lebte.
      Die Pferde einzuladen ging sehr schnell, Vulture benahm sich sogar seines Alters entsprechend und machte mir das Leben nicht schon wieder schwer. Ylvi und ich waren todmüde, wobei sie ziemlich wach blieb und nur ich es war, der ständig einnickte und durch eine Kurve oder einen Hubbel in der Straße den Kopf hoch riss.
      Endlich waren wir am Tor zur Ranch angekommen. Bow River Ranch. Es war mit Abstand das schönste Schild, welches ich seit langem gesehen hatte- und dabei gehörte auch das mir. “Oh schau Mal Ylvi, wie schön!”, sagte ich auf einmal hellauf begeistert und klebte mein Gesicht förmlich an die Scheibe, denn links stand meine Rinderherde auf der Weide, während rechts einige Pferde grasten. “Genau so habe ich mir das vorgestellt. Wie toll das aussieht!” Ylvi lachte. “Du kommst ja aus dem Staunen nicht mehr raus.”, murmelte sie und sah zu mir rüber. Ich nickte, noch immer sichtlich begeistert, und schaute dann nach vorne, wo die halbe Ranch schon mitbekommen hatte, dass wir endlich ankamen. Allen voran standen Cayce und Octavia. Letztere mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht. Das Fahrzeug hielt an und Ylvi und ich stiegen aus. Sofort wurden wir von O umarmt und ich bekam auch einen Kuss auf die Wange. Cayce jedoch kam mit verschränkten Armen auf uns zu. “Tauchst du auch endlich mal auf, du alter Hund.”, sagte er, fing dann an zu lachen und umarmte zu erst mich, dann Ylvi. Auch Dell, Betsy und Murphy umarmten uns kurz, ehe sie das Equipment der Pferde ausluden. Die anderen waren auf der Ranch verteilt und arbeiteten. “Dann komm Ylvi, lass uns unsere Pferde ausladen.”, sagte ich zu ihr, nachdem ich unsere Taschen auf der Treppe zum Haupthaus abgestellt hatte. Die würden wir später wegräumen, die Pferde hatten schon viel zu lange im Trailer gestanden. Nachtschwärmer drückte ich Cayce in die Hand, Vulture lud ich selbst aus, tauschte seinen Transportschutz gegen koppeltaugliches Equipment und brachte ihn dann auf eine der kleinen Koppelstücke, wo die Hengste untergebracht wurden. Auch Nachtschwärmer wurde auf eines der Stücke gestellt. Die Pferde von Ylvi kamen alle zusammen auf die noch freie Weide mit dem Offenstall. “Caleb es gibt noch einiges, dass geklärt werden müsste.”, sagte Cayce zu mir, als wir wieder zurück zum Haupthaus gingen. “Ich weiß. Aber zu erst muss ich ins Bett, das ist der schlimmste Jetlag den ich je hatte.”, sagte ich zu ihm, hob meine sowie die große Tasche von Ylvi auf und ging ins Haus. “Hier hat sich auch einiges getan, aber das zeig ich dir morgen.”, erklärte ich Ylvi. “Lass uns hoch gehen und uns aufs Ohr hauen.” Ylvi folgte mir zielstrebig, wurde dann jedoch langsamer, als ich ihr die Tür zu einem Schlafzimmer aufhielt. “Na komm, stimmt schon alles so.”, sagte ich zu ihr, trat hinter ihr ein und schloss die Tür.

      Ylvi
      Ich war etwas verwirrt..”Ich würd nur schnell mein Zeug in mein Zimmer bringen, dann komm ich wieder her?” ich war halb in den großen Raum hinein gegangen. Hielt dann jedoch Inne...er hatte in einer Art Panoramafenster Ausblick hinaus auf die Weiden der Farm. Es gab bisher noch leere Bücherregale an der einen Wand. Daneben befand sich ein kleiner Ofen. Gegenüber ein Bett das den Ausdruck riesig definitiv verdient hatte. Außerdem gab es auch einen großen Schrank.
      Mir blieb bei dem Anblick schon die Atmung weg...die ganze Einrichtung entstammte dem Landhausstil..war allerdings auch wieder schlicht gehalten. Es stand kein unnützes Dekor umher. Mein Blick wurde wieder gefangen genommen von der Aussicht aus dem Fenster. Dann spürte ich von hinten einen Körper der sich an den meinen schob..Calebs Hände griffen von hinten sanft um meine Hüfte. In dieser Bewegung drehte er uns..er schien sich auf das Fensterbrett gesetzt zu haben. “Du hast mir überhaupt nicht zugehört,oder?” “Mhm?” fragte ich halb da halb im Staunen. Das Lachen aus Calebs Kehle verschaffte mir eine Gänsehaut, wie es sein Atem in meinem Nacken immer tat. Mein Körper dieser ewige Verräter. Dann spürte ich ihn jedoch Seufzen. “Es gäbe schon einen Raum in dem….also.” wieder kurze Stille er druckste, ich wartete wollte ihn nicht stören. Vielleicht ahnte ich auch bereits was er sagen wollte, doch ich wollte es von seinen Lippen hören. Ich wusste wieso ich an ihm lehnte...es würde ihm schwerer Fallen, wenn ich ihm in die Augen sah. “Ich dachte, da wir ja ohnehin schon so oft beim jeweils anderen im Bett schlafen...Ich dachte das hier könnte unser Zimmer sein?” “Ist das etwa eine Frage Mr. O’Dell?”” flüsterte ich heiser. “Befehlen könnte ich dir ohnehin nichts...und ich bin kein Typ der Bettelt...ich denke das weißt du.” Ich schubste meinen Ellenbogen nach hinten. “Och duu!” schimpfte ich wieder. Drehte mich dann um und sah ihn an. “Damit gehen die Gefühlskrüppel wohl ein neues Kapitel an, hm?” Caleb nahm den Kopf schief, zog die Schultern hoch. “Sieht ganz so aus.” Erst wollte ich ansetzen, das ich mir das vor einem Jahr nicht hätte denken können...Wir hatten es nicht angesprochen...aber im Grunde machten wir damit vor der ganzen Ranch Publik das wir ein Paar waren...bzw. Caleb tat dies. Schließlich hatte er das ganze hier eingefädelt. Ich lächelte, umarmte ihn einfach nur und platzierte meinen Kopf an seiner Brust. Allerdings nicht lang bis mich ein Gähnen unterbrach. “Ab ins Bett!” damit packte mich Caleb plötzlich, schwang mich wie einen nassen Sack über seine Schulter und ließ sich dann gemeinsam mit mir auf das Bett fallen. Ich streifte Hose, Socken ab. Befreite mich von meinem BH und zog mir mein Shirt wieder an. Caleb tat es mir gleich, nur blieb er nur in Shorts. Auf einen Knopfdruck fuhr die Jalousie herunter, schlagartig war es dunkel im Raum. Ich fand wie von selbst in seinen Arm, hörte sein gleichmäßiges Atmen. Die Bow River Ranch würde für alle ein neuer Anfang sein. Mit diesem Gedanken schlief ich ein.


      Anfang März

      Caleb
      So langsam kehrte etwas Ruhe ein- wirklich nur sehr langsam. Cayce hatte nach meiner Ankunft sehr viel zu besprechen gehabt. Und wie ich schnell feststellen musste, war noch wahnsinnig viel zu tun, bis wir die Ranch halbwegs fertig nennen konnten. Gerade war es neun Uhr morgens, wir saßen alle in der großen Küche des Haupthauses zusammen und frühstückten. Es hatten sich wirklich alle gut eingewöhnt. Sowohl die Zwei- als auch die Vierbeiner. Dass Ylvi und ich zusammen in diesem Haus und im selben Zimmer wohnten schien niemanden überrascht zu haben. Unser Outing hatte ich mir viel spannender vorgestellt gehabt, als es letzten Endes gewesen war. Betsy hatte heute frei, weshalb ich sie mit Sue zu den Rindern mitnehmen wollte. So zumindest der Plan. “Betsy hast du heute schon was vor?”, fragte ich, zuerst in Richtung Betsy, dann in Richtung ihres Vaters. “Ähm nein, wollte mit Sue ausreiten, sonst noch nichts.”, erwiderte sie. “Das passt doch, magst du mit mir zu den Rindern mitkommen? Sie stehen in Richtung Ferienranch, ist ein Stückchen bis dahin.”, erklärte ich und sah zu Dell, der nickte. Erst dann schaute ich wieder zu Betsy und lächelte sie freundlich an. “Nur wenn Ylvi auch mitkommt.”, sagte sie und schaute mich grinsend an. “Soso.. Ylvi?”, fragte ich in Richtung der jungen Frau gewandt. “Klar, warum nicht.”
      Gesagt, getan. In Windeseile waren Sue, Devil und Inyan geputzt und gesattelt. In den Satteltaschen, die wir allen drei Pferden übergeworfen hatten, war ein wenig Werkzeug für eventuell kaputte Zäune und Thermoskannen mit warmem Kaffee und Kakao für Betsy. “Dann kanns ja losgehen.”, sagte ich und trieb Wimpy an. Mit ihr ritt ich vor, in der Mitte folgte Betsy und das Schlusslicht bildete Ylvi mit Inyan. Im gemütlichen Schritt wateten die Pferde durch den Schnee. Nach einer Weile sah ich die Bäume am Fluss und auch vereinzelte Rinder, die im Schnee nach etwas zu fressen suchten. “Ich muss wohl nachher nochmal neues Heu her fahren.”, sagte ich zu mir selbst und schrieb es auf meine To-Do Liste. Ich musste wirklich so langsam mal anfangen, die Dinge aufzuschreiben. So viel konnte sich ja kein Mensch merken!
      “Und, sind sie nicht hübsch?”, fragte ich Betsy, die mittlerweile neben mir ritt. Auch Ylvi hatte zu uns aufgeschlossen, als ich die Zügel annahm und wir drei stehen blieben. “Die haben ja auch alle weiße Gesichter!”, sagte sie aufgeregt und schaute zu Devil, die ebenfalls ein weißes Gesicht und blaue Augen hatte. “Haben die auch blaue Augen? Oh sag… die müssen blaue Augen haben!”, quasselte sie vor sich hin doch ich schüttelte den Kopf. “Nein, keine blauen Augen.” “Oooooh…”, kam es enttäuschend von ihr, ehe sie den Blick abwandte und ihn über die Herde gleiten ließ. “Kommt, wir reiten zum Zaun und schauen, ob alles in Ordnung ist.”, sagte ich und die beiden nickten, ehe wir uns wieder in Bewegung setzten. Den ganzen Vormittag verbrachten wir hier draußen. Als wir wieder auf der Ranch ankamen, waren wir wahrhafte Eiszapfen. Jesse, Connor und Murphy wurden von mir dazu verdonnert, sich um die Pferde zu kümmern, damit wir reingehen und uns aufwärmen konnten. Wir saßen eine Weile gemütlich vor dem Kamin und schlürften warmen Kakao. Plötzlich sprang ich auf, hastete zum Küchentisch, nahm mir einen Block und einen Stift und fing an zu kritzeln. “Was schreibst du da?”, fragte mich Betsy doch statt einer Antwort bekam sie nur “Schhh.. schh..” zu hören. Auch Ylvi hatte sich zu mir rüber gebeugt und schaute auf den Block. Oben drauf stand in großen Buchstaben: To Do, gefolgt von Spiegelstrichen mit Dingen, die ich erledigen musste. Als erstes stand dort: Rinder Heu. Fett unterstrichen.

      Ylvi
      Ich las die Punkte der Liste durch. “Wie wärs, du die Rinder...und ich kümmer mich um Punkt vier?” Die Stuten umweiden?” Ich hing halb über seiner Schulter, sah wie er die Hand hob und unleserlich daneben krackelte: Ylvi.
      Gut damit schien die Aufgabe wohl verteilt zu sein. “Oooh darf ich helfen?!” sah mich Betsy bittend an. Ich plusterte die Backen auf. Klar, Hilfe wäre nicht schlecht. Allerdings hatte ich dabei eher an jemanden wie O gedacht...oder Cayce. “Meinetwegen kannst du mit kommen.” sagte ich schließlich mit den Achseln zuckend. Wieder angepellt vor der Tür liefen wir jedoch Louis in die Arme. “Louis!” rief ich aufgeregt, lief dem Indianer entgegen und umarmte ihn stürmisch. Erst dann nahm ich Lilly wahr. Neben ihr stand ein wütend drein blickendes Kind, das mir allerdings schon fast bis unters Kinn ging. Seine Haare waren anders als die von Louis kurz, standen in alle möglichen Richtungen ab. Unverkennbar schien das Tschetan zu sein. Ich winkte ihm zu, erhielt jedoch keine Antwort. Halb hinter Lilly stand ein Mädchen, ihre Haare befanden sich in zwei geflochtenen Zöpfen. Mit einer Hand klammerte sie sich einen Stoffhasen vor die Brust die andere hielt sich an Lillys Hand fest. Scheu sah sie hinter dem Rücken der jungen Frau hervor. Ich umarmte also Lilly weitaus weniger stürmisch. Sah dann zu dem Mädchen. “Hey..ich bin Ylvi. Louis hat dir vielleicht schon von mir erzählt?” Schweigen. Ich deutete auf Betsy neben mir. “Schau...das ist Betsy. Sie müsste in deinem Alter sein.” wieder keine Antwort, nur diese unglaublich traurigen Augen die mich anstarrten...dann hinüber zu Betsy. “Sie spricht nicht”, seufzte Lilly leise. “Wieso spricht sie nicht?” plapperte Betsy. Rein aus Reflex schubste ich ihr an die Schulter. “Aber sie hat Ohren die hören. Sprich nicht als wär sie nicht da!” tadelte ich das Mädchen. Gosh, ich war nicht ihre Mutter! Augenblicklich tat mir mein Verhalten leid. Betsy sah auf den Boden. Ich drehte mich halb zu Louis. “Caleb ist drinnen. Er wollte zwar noch Heu fahren, aber ich denke ihr habt noch viel zu besprechen. Lilly , wenn du möchtest kannst du die Kinder rein bringen?” “Ach...die beiden wissen sich meistens ganz gut zu beschäftigen. Kann ich dir helfen?” Das Angebot kam mir fast wie gelegen. “Das kannst du tatsächlich!Betsy und ich wollten gerade die Pferde holen um die Stuten umzuweiden. Wir könnten dich auf Ravn packen. Eine Hand mehr ist sicher nicht schlecht.”
      Tschetan schien an sich zwar ein wenig seltsam wütend auf alle, doch er nahm seine kleine Schwester pflichtbewusst unter seine Hand. Ich bot ihm an auch ins Haus hinein zu gehen falls ihnen Kalt wurde.
      Im Stall kam mir Cayce entgegen. “ Cayce! Warte mal eben. Die neue Verstärkung ist da, Louis ist gerade bei Caleb. Was hattest du gerade vor?” “Futter ist fertig...ich wollte Heu zur neuen Stutenweide bringen.” “Prima, wenn du eh im Traktor hockst, bringst du auch was bei den Rindern vorbei? Hatte Caleb vor, aber ich weiß nicht wie lange er dafür braucht.” Cayce fasste sich an den Hut, nickte “Aye Chefin.” drehte bei und ging. Dabei hatte er nicht spöttisch geklungen. Chefin? Perplex sah ich ihm nach. Schüttelte dann den Kopf. Lilly und ich halfen Betsy beim Sattel von Sue, denn so ganz allein hievte sie den Sattel noch nicht auf den Rücken der Stute. Für alles andere behalf sie sich mit einer kleinen Trittleiter.

      Caleb
      Ich hatte Ylvi und Betsy leise bis zur Tür gehen hören, dann jedoch mischten sich vertraute Stimmen unter die Ihren. Louis war wohl da. Auf die beiden Kinder war ich ja wirklich sehr gespannt. So würde etwas mehr Leben auf den Hof kommen- und mehr Arbeit natürlich, bei drei Kindern- und Lilly.
      Das seltsame Gespann bestehend aus Louis, Tschetan und Kaya kam zu mir ins Wohnzimmer. Ich stand auf und fiel zuerst meinem alten Freund in die Arme. “Hallo Louis.”, sagte ich und klopfte ihm auf den Rücken. “Hallo ihr zwei, ich bin Caleb.”, stellte ich mich vor und blickte freundlich zu ihnen runter. “Ihr könnte gerne raus gehen und euch ein wenig umsehen. Kommt nur wieder rein, wenn es zu kalt wird.”, sagte Louis zu den Beiden, welche nickten und dann aus dem Raum verschwanden. Louis derweil setzte sich aufs Sofa, nahm sich ebenfalls eine Tasse Kakao. “Habt ihr den Flug gut überstanden?”, fragte ich ihn, und er nickte. “Die Kinder haben zum Glück fast die ganze Zeit geschlafen, Kaya ist noch ängstlicher, als sie es ohnehin schon ist.”, antwortete er und ich nickte. “Ist auch für sie eine große Umgewöhnung.”, meinte ich und legte meinen Notizblock zur Seite. “Eigentlich solltet ihr ja auf die kleine, alte Ferienranch ziehen. Zusammen mit Dell und Betsy. Nun ist es aber so, dass die Häuser noch nicht ganz fertig sind. Einer der Bungalows ist fertig, da sind zwar nur drei Schlafzimmer, aber eines mit Doppelbett. Da könntet ihr übergangsweise wohnen. Tschetan und Kaya zusammen? Dann müsste es passen.” “Klar, das ist kein Problem. Wo wohnen denn die anderen?” “Verteilt auf der Ranch. Octavia wohnt im Moment mit Travis hier, die anderen in den restlichen, halbfertigen Häusern. Hat alles doch ein bisschen länger gedauert.”, erklärte ich. “Wenigstens machen sie im Stall große Fortschritte, die 30 Außenboxen sind schon so gut wie fertig, sie mussten jetzt aufhören zu bauen wegen dem plötzlichen Schnee. Aber noch ein paar Dachplatten dann können wir Pferde dort hinein stellen.”, sagte ich zu ihm und er nickte.
      Gerade, als ich zu einem neuen Satz ansetzen wollte, kam Cayce ins Wohnzimmer. “Du könntest echt mal auf dein Handy schauen. Du musst jetzt die Arbeiten offiziell verteilen, nicht nur unter der Hand.”, grummelte er und umarmte Louis kurz. “Was ist denn?”, fragte ich ihn. “Ich habe dir geschrieben, dass Ylvi mich abgefangen hat und gefragt hat, ob ich auch Heu zu den Rindern bringen soll. Wollte ich jetzt machen, aber von dir wollte ich wissen ob ich ihnen auch Stroh mitnehmen soll, da wir dringend neues Heu bestellen müssen und die Kühe das Stroh besser vertragen als die Pferde.”, quatschte er drauf los. “Ja, ist gut. Ich schreibs mir auf mit dem Heu.”, antwortete ich ihm, bevor er wieder nach draußen ging. “Chef zu sein ist schon etwas anderes, als Chef zu spielen.”, lachte Louis, während ich auf meinem Block herum kritzelte. “Oh ja, wem sagst du das.”
      Wir redeten noch eine Weile über die Arbeit auf der Ranch, und dass er sich einfach zunächst einmal einbringen solle, wo immer er Arbeit sehen würde. Die persönlichen Aufgaben würden nach und nach dazu kommen. Da ich Wert darauf legte, jeden Morgen zusammen hier zu frühstücken, hatte ich die jeweiligen Listen mit den täglichen Aufgaben in den Flur gehangen. So sah sie morgens jeder und konnte seinen Namen hinter eine Aufgabe schreiben. “Ich werde dann mal sehen, wo die zwei Kinder abgeblieben sind.”, sagte Louis. “Wenn du sie hast komm nochmal her, ich zeige euch den Bungalow.”, bot ich ihm an doch er winkte ab. “Wir finden den schon.”, meinte er und verschwand dann auf dem Hof.
      Wieder zurück im Wohnzimmer schnappte ich mir den Hörer und rief bei einem Heulieferanten an, bei dem Verena auch immer Futter besorgt hatte. Wir hatten Glück und er konnte sogar heute noch liefern. Den Rest des Tages verbrachte ich zusammen mit Murphy und Travis damit, die kleinen, eckigen Heuballen vom Laster in die Scheune zu werfen und zu stapeln. Die großen Rundballen luden wir mit dem Traktor ab und stapelten sie in der Halle nebenan. Gegen Abend löste sich der Trubel auf dem Hof auf. Ich stand vor dem großen Fenster im Schlafzimmer und sah über den Hof. Hier war es wirklich wunderschön. Ich war gespannt, wie es hier aussehen würde, wenn alles zu blühen anfängt.

      Ylvi
      Nachdem wir uns damit vergnügt hatten die Stuten auf die andere Weide zu bringen, war es etwas schwierig gewesen Betsy los zu werden. Nicht, dass mir das Kind auf die Nerven ging...sie erledigte ihre Aufgabe zusammen mit Sue ja wirklich gut. Allerdings schien Lilly irgendwas auf der Seele zu brennen. In Gegenwart des Kindes schien sie keine Worte an mich richten zu wollen. So war die Arbeit schweigend verlaufen, abgesehen von den Berichten Betsys über den Umzug, die ersten Wochen und natürlich ihre neue Schule. Als wir Kaya allein über den Hof hatten schlendern sehen hatten Betsy die Gelegenheit genutzt um vielleicht Freundschaft zu schließen. Lilly hatte ihr erklärt das Kaya ein bisschen anders war, nicht sprach. Betsy hatte die Nachricht nickend aufgenommen und war anschließend davon gelaufen.
      “Louis wird es nicht einfach haben.” seufzte Lilly als sie Betsy hinterher sah. “Ich hab mich ja bisher nicht getraut zu fragen…” erwähnte ich ohne eine direkte Frage zu stellen. “Kaya war dabei als ihre Mutter sich die Pulsadern aufgeschnitten hat. Tschetan hat sie gefunden. Kaya hat seitdem kein Wort gesprochen. Die Ärzte sprechen von Mutismus. Irgendwann wird sie schon wieder anfangen...aber so ängstlich wie sie auch ist. Vielleicht tut es ihr ganz gut zusammen mit Betsy zur Schule zu gehen, oder die Ranch an sich. Aber ich mach mir schon Sorgen um Louis. Er hat so viel getan für mich...jetzt schickt er mich zur Uni und soll mit den Kindern allein bleiben?” “Calgary ist nicht weit fern...ruf mich an und ich hol dich ab. Außerdem geb ich dir das versprechen öfter mal nach ihm zu schauen,ja?” Ich hatte sie in den Arm genommen. Allerdings hatte ich auch keine Ahnung. Wie brachte man ein Kind dazu zu sprechen nach so einem Erlebnis? Vor allem aber auch in Anbetracht der Dinge die das Kind ja auch vorher bereits erlebt haben musste. Betsy schien Kaya die Ranch zu zeigen. Mehrere Male kamen sie an uns vorbei. “Betsy? Komm mal rüber.” rief ich, winkte sie heran. “Fylgia ist heute noch nicht bewegt worden. Wenn ihr wollt könnt ihr mit ihr eine kleine Runde um die Koppeln machen. Ich denke auch Kaya wird ihre Freude haben.” Damit hatte ich dann auch meine Ponystute an Bewegung für diesen Tag abgespeist. “Oh können wir mit Halsring raus?” Ich schüttelte den Kopf. “Auf dem Platz irgendwann anders...aber noch kennt sie ja nicht viel von der Umgebung. Nimm bitte das Sidepull.” Damit verschwanden beide Kinder, Betsy nahm Kaya vertrauensvoll an der Hand. Als sie uns später begegneten, sahen wir eine lächelnde Kaya auf dem Rücken meiner Ponystute, Betsy führte sie am Zügel. Kaya drückte noch immer mit einer Hand den Stoffhasen an ihre Brust. Lilly schluckte schwer, lächelte dann aber seelig. “Andere Kinder werden ihr gut tun. So quirlig wie Betsy ist.” “Vor allem haben sie auch eines gemeinsam. Auch Betsy hat vor einiger Zeit ihre Mutter verloren...sie kennt den Schmerz der damit einher geht.” sprach ich traurig. Lilly antwortete nichts darauf. Wir halfen noch dabei die Rundballen zu verstauen. Anschließend verzog ich mich für einige Stunden in mein Büro im Haupthaus. Caleb hatte es mir einrichten lassen...es war klein, aber die Aussicht in Richtung der Berge war toll. Die neue Website für die Bow River Ranch war an der Reihe. Ich hätte natürlich die alte einfach wiederverwenden können. Aber mir war nach etwas neuem gewesen.
      Es war bereits 21 Uhr als ich mich von der Arbeit lösen konnte, draußen strahlte mir der abnehmende Mond entgegen. Wie üblich wenn Schnee lag erschien der Nachthimmel in einem dunklen Rot. Ich schaltete den PC aus, schnappte mir mein Handy und schlenderte durch den Flur die Treppe hinauf in das Zimmer das ich mir mit Caleb teilte. Es fühlte sich mittlerweile ganz normal an. Für Aufregung hatte das Outing nicht wirklich gesorgt….ganz so als wäre es den anderen bereits klar gewesen. Ich blieb im Flur noch einmal stehen...schaute aus dem Fenster auf den Hof. Von hier aus konnte ich Licht im Bungalow sehen in dem Dell, Betsy und nun auch Louis und seine Familie untergebracht waren. Bisher hatte ich keinen Gedanken daran verschwendet...aber mein Versprechen auf Louis acht zu geben...auf die beiden Kinder. Es jagte mir einen Schauer über den Rücken. Ich konnte es nicht zuordnen, wandte meinen Blick ab und ging hinauf. Als ich die Tür hinter mir schloss sah ich Caleb am Fenster stehen, das Feuer loderte im Kamin. Kurz war ich versucht “Ich bin zu Hause Liebling” spöttisch zu sagen, dann lächelte ich ihm einfach nur zu. Caleb löste sich vom Fensterbrett, zog mich an der Hüfte zu sich und küsste mich. “mhm..das wollt ich den ganzen Nachmittag tun.” murmelte er. Welch seltsame Worte von ihm...und da war er wieder, der Schauer an meinem Rücken.
    • Wolfszeit
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      00.04.2019| Ravenna & Veija
      Schicksal

      Pflegebericht für: Cielos, Whitetails Shortcut, Alan's Psychedelic Breakfast, Chapter 24, Genuine Lil Cut, Gun and Slide, Hollywoods Silver Dream, Nachtschwärmer, A Shining Chrome, Bittersweet Temptation, Chocolate Shades, Citizen Fang, General's Coming Home, GRH's Bella's Dun Gotta Gun, GRH's Funky's Wild Berry, GRH's Unbroken Soul of a Devil, Gunners Styled Gangster, PDS' Unclouded Summer Skies, Smart Lil Vulture, Whinney, Zues, Mirabelle, Golden Sugar, Above the Sky, An Affait to Remember, Cleavant 'Mad Eyes', Dakota, Nahimana, Absolute Bullet Proof, Ceara Isleen, Kunis, Silent Bay, Væna fra glæsileika eyjarinar, Tigres Eyes, Sparkled Wings, Tweekay, Skrúður, Chocolate Dream, Bree, Empire of Grace, Priamos Ruffia Kincsem, Blazing Flame, BR Prias Raveday, Drama Baby, Raspberry, I've got a blue soul, Prias Colourful Soul, Tasmania, Candlejack, Abe's Aelfric, Culain, Daryl Gone Mad, Peacful Redemption, PFS' Snap in Style, Seattle Slew, Sir Golden Mile, Stiffler, Wildfire xx, Baby Doll Melody, Bella Cielo, Colonels Smokin Gun, DunIts Smart Investment, Ginny my Love, GRH's A Gun Colored Lena, Jade, Kristy Killings, Magnificient Crow, Raised from Hell, Verdine, Wimpys Little Devil, A Walking Honor, Black Sue Dun It, California Rose, Chou, Easy Going, Face Down, Ginger Rose, GRH's Aquila T Mistery, GRH's Unbroken Magic, Heretic Anthem, Honey's Aleshanee, Lady Blue Skip, My sweet little Secret, Only Known in Texas, Picture of a Ghost, Miss Independent, Snapper Little Lena, Stormborn, Striga, Tainted Whiz Gun, Dual Shaded Ace, BR Dress to Impress, BR Colonels Lil Joker, Jacks Inside Gunner, Colonels Blue Splash, BR Colonels Golden Gun, It's me, Amira!, Zoltaire, Zuckerschock, Thjalfe van de Jötunheimr, Náttdís van Ghosts, Firewalker, Magic Lanijos, Whiskey, Myrkvidr, Free Willy, Wolfs Bane, Pocahontas, Mystical Champion, Vin, Lajos, Ocarina of Time, Crimetime, Fenicio, Ghost's Phenomena, GRH's Princess Peppy Ann & BR Princess Peppy Gaia

      Ylvi
      Die letzten Tage waren vergangen wie in einem unheimlichen Traum. Wir hatten versucht von Kanada aus die Klärung des Visums in Gang zu bringen. Leider war das nicht von Erfolg gekrönt. Mit meiner Beschäftigung auf der Ranch genügte es nicht um das Visum zu verlängern. Auch die nötigen Untersuchungen nach meiner OP waren nicht ausschlaggebend gewesen.
      Ich hatte bereits alles nötige mit meinen Eltern geklärt. Vorerst würde ich bei ihnen unterkommen bis ich wieder nach Kanada reisen durfte. Wie oft ich des Nachts wachgelegen hatte konnte ich gar nicht mehr zählen. Unzählige Tränen waren geflossen. Zu groß die Angst in meinem Inneren das ich vielleicht gar keine dauerhafte Genehmigung bekommen würde. Caleb hatte sich als stark an meiner Seite versucht...seine wirklichen Gedanken jedoch blieb mir momentan verborgen. Seine Arme um meine Hüfte des Nachts gaben mir jedoch den nötigen halt. Noch zwei Wochen reichte meine Genehmigung...dann musste ich Kanada auf ungewisse Zeit verlassen. Das machte mich völlig fertig.
      Einem Geist gleich lief ich seit Tagen über die Ranch. Ravn hatte mich vorgestern aus dem Sattel befördert - ich war nicht bei ihm gewesen. Dafür hatte ich mit einem blauen Fleck am Bauch den Preis gezahlt. Deutlich war der Abdruck des Horns zu erkennen. Deshalb waren Westernsättel eigentlich mal nicht meine Lieblinge gewesen.
      Was würde geschehen, wenn ich tatsächlich keine Genehmigung bekam? Nicht nur würde das meine...ja Beziehung zu Caleb auf eine harte Probe stellen oder das Ende bedeuten. Was würde aus den Pferden? Mittlerweile hatte ich 5 von ihnen. Inyan wäre versorgt...ich wusste das sowohl Tschetan als auch Louis den Wallach bewegen würden. Ich hatte doch erst vor einiger Zeit begonnen mit Gealach zu arbeiten. Lady Gweny...Ravn und Fylgia. Letztere würde ich natürlich nachholen. Doch sie erneut über Kontinente mit dem Flugzeug zu transportieren. Das würde ich ihnen ungern antun wollen. Das beste wäre sie auf der Ranch zu belassen. Es gab Leute die sich ihrer annehmen würden. Aber ich? Ohne Pferd? Schwer vorstellbar. Ich wollte nicht weg….hier war meine Heimat!

      Ich schluchzte erneut schwer auf. Spürte die sanften Nüstern eines Pferdes in meinem Gesicht. Inyans Punkte fielen mir sofort auf als ich die Augen wieder öffnete. Ich stand hier inmitten meiner Herde, gelehnt an den kräftigen Hals meines Valravn und weinte mir- mal wieder - die Augen aus dem Kopf. Verzweiflung war wohl das richtige Wort für meinen derzeitigen Zustand. Schritte in meinem Rücken. Kleine Füße, zögerliche die folgten. Meine Augen hielt ich geschlossen. Versuchte das laute schluchzen zu unterdrücken schaffte es ja doch nicht. Ich spürte eine raue Hand auf meiner Schulter. Eine ungleich zartere Bewegung an meiner Hüfte. Ich wusste das Kaya sich an mich lehnte. Ihre zarten Arme lagen um meine Hüfte. Ob das Mädchen verstand welch Kummer mich plagte oder ob sie einfach meine Tränen trocknen wollte wusste ich nicht. Es gab keine Worte. Nur ihre Umarmung. Die Hand auf meiner Schulter die sanften Druck ausübte. Ich holte keuchend Luft, die ich offenbar angehalten hatte. Blinzelte durch den Schleier der Tränen, drehte den Kopf und sah Louis. Wie kam es nur das ausgerechnet immer er da war? Sollte nicht Caleb an seiner Stelle sein? Zu meiner allgemeinen Verzweiflung hatte sich innerhalb der letzten Woche auch noch vollkommene Verwirrung gesellt. Letzteren sah ich nur nachts, wenn ich vor lauter Tränen erschöpft im Bett einschlief, nicht mehr in der Lage die Augen offen zu halten. Ich spürte förmlich wie sich Caleb mir entzog. Hatte was wir teilten noch eine Chance? Oder stand der Kuss mit Louis unausgesprochen zwischen uns?
      Wir standen alle stillschweigend im Unterstand zwischen den Pferden die sich hierher zurückzogen, wenn die Sonne zu sehr vom Himmel brannte. Nicht wie in Mexico...aber warm genug. Mir gelang es zwar immerhin meine Atmung und die Tränen in den griff zu bekommen, während wie so da standen. Meine Gedanken glichen aber eher einen Sturm. Ich entzog mich schließlich der Hand auf meiner Schulter, duckte mich um Kaya in den Arm zu schließen und hauchte ein “Danke” in ihr Ohr. Das Mädchen löste sich von mir, lächelte und huschte dann aus dem Gebäude. “Ich vermute mal du hattest keinen Erfolg mit dem neuen Antrag?” seufzte Louis. Ich schüttelte hoffnungslos den Kopf. “Ich habe am Morgen mit meiner Familie telefoniert damit ich vorerst bei ihnen unter komme. Bisher habe ich noch keinen Flug buchen können. Ich will nicht fort.”
      Im Reflex fand sich meine Hand in der von Louis wieder, ich starrte darauf, flackerte zu ihm hoch und er nahm seine Hand fort als habe er sich verbrannt. Wir hatten den Kuss nie wieder erwähnt. Aber er stand bei jeder Berührung der letzten Tage noch immer zwischen uns wie ein Damoklesschwert. “Sag wenn ich irgendetwas tun kann, ja?” ich hatte keine Kraft für eine Antwort nickte nur...und wand mich dann zwischen den Ponys davon aus dem Unterstand.

      Caleb
      >>Meine Aufenthaltsgenehmigung ist abgelaufen..ich muss Kanada verlassen bis die Visumsfrage geklärt ist.<<, immer wieder hallten diese Wort in meinem Kopf nach. Für uns alle war das ein Schock gewesen, insbesondere Ylvi und mich. Sie konnte die Ranch nicht einfach verlassen. Was würde aus den Pferden werden… was würde aus uns werden? Innerlich fluchte ich. Immer… und immer wieder. Hätte ich mich damals nicht auf sie eingelassen, würde mir ihr Abschied auch nicht so schwer fallen… Hätte ich mich nicht auf sie einlassen sollen? Doch. Natürlich. Unsere gemeinsame Zeit war zwar von Höhen und Tiefen geprägt gewesen… und was irgendwie als “Zeitvertreib” angefangen hatte, war ernster geworden. Eine Möglichkeit, wie sie auf jeden Fall hierbleiben konnte, konnte ich ihr bieten. Mit einem Ring. Aber wollte ich das? Caleb O’Dell verheiratet? Mit einer Deutschen? Nicht mit jemandem vom Rodeo, was sich wohl alle Welt denken würde. Ich verwarf den Gedanken wieder. Dazu war ich nicht bereit… aber wenn sie so bleiben durfte?
      Ich atmete einmal schwer durch und konzentrierte mich wieder auf meine Reitschüler. Ab und zu, wenn gerade wieder ein bisschen Luft auf der Ranch war, hatte ich angefangen, ein wenig Reitunterricht zu geben. Gerade waren Gipsy und Shorty auf dem Platz. Cayce hatte mir seinen Wallach für George geliehen. Der junge Mann hatte wirklich Talent! Auf Gipsy saß ein junges Mädchen, etwa so alt wie George. Lizzy. “Beine ran Liz.”, rief ich ihr rüber und schaute dann wieder zu George, der Shorty auf dem Zirkel galoppierte. Lizzy trabte den hellen Wallach gerade ganze Bahnen. “Das sieht schon gut aus!”, rief ich beiden rüber und winkte sie dann zu mir. “Wir gehen heute noch ein bisschen an die Manöver. Lizzy du wartest hier bei mir, Gipsy und George sind zuerst.”, erklärte ich und sie positionierte ihr Pferd an der Bande. “Du startest bei X, galoppierst zwei langsame und dann einen schnellen Zirkel. An X stellst du ihn gerade und lässt ihn wechseln. Dann einen schnellen und zwei langsame Zirkel. An X Stoppen. Dann geb ich weitere Anweisungen.”, sagte ich und schickte ihn los. Mir war gar nicht aufgefallen, dass sich Betsy, Tschetan und Kaya hinter mich an den Zaun geschlichen hatten, und zusahen, bis Betsy mir auf die Schulter tippte. “Hey Cowboy.”, sagte sie lachend und ich knuffte sie in die Seite. Die beiden anderen Kinder sahen mich argwöhnig an. Einen richtigen Draht fand ich nicht zu ihnen, es war aber vermutlich auch noch zu früh, zu urteilen. “Kannst du mir gleich auch noch Unterricht auf Blue geben?”, fragte mich die kleine und ich nickte. “Wenn du ihn dir jetzt fertig machen gehst und sofort her kommst, ja. Ich muss gleich zu den Rindern hoch. Könnt ihr mir Devil auch fertig machen?”, fragte ich die Kinder. Mir war aufgefallen, dass alle drei nach einer Aufgabe auf der Ranch suchten. Ja, sie waren Kinder. Ja, sie spielten viel… aber bevor sie anfingen allen möglichen Unsinn zu machen, gab ich ihnen lieber Aufgaben. “Tschetan und Kaya wenn ihr mitkommen wollt könnt ihr Sue und Face Down satteln.” Wider Erwarten nickten beide und verschwanden dann mit Betsy. Sollte ich Louis noch fragen, ob ich die beiden mitholen durfte? Ich schrieb ihm eine kurze WhatsApp und bekam nur ein OK zur Antwort. Ich glaube er war froh, wenn die beiden Beschäftigung bekamen. “Jetzt nochmal zu euch.”, sagte ich zu den beiden Reitern auf dem Platz. “George nochmal.” Ich schaute ihm zu und nickte. “Abreiten und wegbringen.”, erklärte ich ihm. “Lizzy willst du auch mal versuchen? Lass Shorty ruhig von sich aus umspringen, der ist in der Ausbildung schon weiter als du. Er macht vieles alleine. Lass die Zügel locker, leg dein äußeres Bein ran und er macht das.”, erklärte ich ihr und sah ihr bei ihren Zirkeln zu. “Prima. Reicht.”, sagte ich und schaute ihnen beim Abreiten zu. Nun kamen die Kinder mit den vier Pferden zurück. Blue brummelte die Stuten an und machte seinen Hals ganz schön rund. “Betsy ruck mal kräftig am Zügel, der hat sich zu benehmen, hier wird jetzt nicht gedeckt!”, rief ich ihr zu und sie machte, was ich von ihr verlangt hatte. Sofort hörte Blue auf und konzentrierte sich wieder auf das Mädchen. Ich nahm Devil entgegen und nach dem nachgurten schwangen wir vier uns in den Sattel. Der Ritt zu den Rindern war sehr schweigsam. Ab und zu erzählte Betsy etwas, ansonsten konzentrierten wir uns auf den Weg. Neben viel Schritt trabten wir auch eine kurze Strecke und galoppierten auch ein Stück. “Bei den Rindern bleibt ihr auf alle Fälle im Schritt.”, erklärte ich den Kindern. Ich ritt zwar das einzige Pferd mit Cow Sense, man konnte aber nie wissen. “Ich möchte auch nur kontrollieren, ob alles ok ist, mehr nicht.”, erklärte ich ihnen und öffnete den Zaun, damit sie alle durchreiten konnten. Nachdem ich selbst durchgeritten war, schloss ich ihn wieder und trabte auf sie zu. Die Rinder waren auch schon zu sehen. Gemütlich kamen wir immer näher. “Bleibt hier stehen.”, sagte ich und ritt alleine zwischen den Rindern durch. Ein Kalb machte mir ein bisschen Sorgen, so dass ich mir mein Lasso nahm und es einfing. “Whoaaa…”, sagte ich zu Devil, sprang ab legte das Kalb auf die Seite. Er hatte sich in ein wenig Stacheldraht verfangen. “Mist..”, fluchte ich. Das hieß eigentlich, dass der Zaun irgendwo defekt war. Ich entfernte den Stacheldraht und nahm aus der Satteltasche ein wenig Blauspray, was ich dem Kalb auf die Wunde sprühte. Dann ließ ich es wieder laufen, rollte mein Lasso auf und ritt zu den Kindern zurück. Ich zückte mein Handy und rief Cayce an. “Ja, Caleb hier. Komm mal mit dem Truck zu den Rindern, hier hatte sich ein Kalb im Zaun verfangen, ich bin mit den Kindern hier, wir reiten einmal rundherum und schauen ob etwas kaputt ist.” “Cayce kommt mit dem Truck her, wir teilen uns auf. Betsy kommst du mit mir links rum? Tschetan und Kaya könnt ihr rechts rum am Zaun vorbei reiten?”, fragte ich sie und sie nickten. “Betsy hast du die Walkie Talkies dabei?” Sie nickte und gab Tschetan ohne zu zögern eins davon. ”Wir treffen uns auf der anderen Seite. Wenn was ist…”, erklärte ich und zeigte auf das Walkie Talkie in Betsys Hand. Sie nickten und ritten zurück zum Zaun. Wir folgten ihnen und unsere Wege trennten sich.
      Tatsächlich fanden Betsy und ich nahe der Hütten ein Stück Zaun, der kaputt war. “Sagst du den beiden Bescheid? Sie sollen trotzdem weiter reiten und nachschauen.”, sagte ich zu Betsy und sie nickte. Auch Cayce sagte ich Bescheid, dass er schon mal hier hoch kam und den Zaun reparierte.
      Tschetan und Kaya fanden unten am Wald noch eine Stelle, die Betsy und ich uns anschauten. Auf dem Weg dorthin war uns Cayce mit dem Truck begegnet, so dass ich mir von ihm ein wenig Werkzeug mitgenommen hatte und den Zaun reparieren konnte. “Danke für eure Hilfe.”, sagte ich zu den dreien und steuerte Devil in Richtung Heimweg. Ich öffnete den Kids wieder den Zaun, schloss ihn und wir ritten zurück zur Ranch. Dort stand schon die Heulieferung auf dem Hof, die ich ganz vergessen hatte. Bellamy kam schon ziemlich genervt auf mich zugelaufen. “Wo sind denn die Papiere schon wieder?!”, fragte er und hielt Devil an. “Ich mach die fertig, kümmer du dich ums Heu.”
      Ich stieg ab, grüßte den Lieferanten kurz und lief dann ins Haus. Nach einer Weile hatte ich die verflixten Zettel und die Rechnung gefunden. Ich drückte ihm alles in die Hand und lief einmal quer über den Hof zum Traktor, um die Heuballen abladen zu können.
      Als ich eine Stunde später damit fertig war, aß ich in der gemeinsamen Küche schnell etwas und fiel ins Bett. Ylvi schlief bereits im Bett. Am nächsten Morgen war ich auch schon vor ihr wach und in der Stadt. Es gab dort noch einiges, was ich wegen der Umbauten regeln musste.

      Ylvi
      Calebs Seite des Bettes war kalt, leer. Wie so oft in letzter Zeit. Hatte ich anfangs noch einen Knoten im Hals verspürt, war es nun nur einem Seufzen gewichen. In den vergangenen Tagen, den Wochen seit den Brief hatte ich zu oft gemixte Signale von ihm erhalten. Oder hatte es bereits zuvor begonnen?
      Ein halbes Jahr war vergangen seitdem wir Weihnachten gemeinsam gefeiert hatten. 6 Monate in denen so viel passiert war.
      Ich warf die Decke von mir fort. Vor dem Haus fehlte der rote PickUp..er schien also auch gar nicht auf der Ranch zu sein. Ich zuckte die Schultern, zog mich fix an. Anschließend genehmigte ich mir ein fixes Frühstück in der Küche. Laurence kam herein, sah mich und lächelte. “Caleb schon wieder auf Wanderschaft?” “Aye” antwortete ich dem alten Mann knapp. Ich wollte jetzt eigentlich keine Konversation führen. “Habt ihr bereits miteinander geredet?” bohrte dieser allerdings weiter nach. Meine Hand die eine Tasse Kaffee Richtung Lippen bewegt hatte hielt inne. Verwirrt sah ich Laurence an. “Er könnte dich mit Leichtigkeit hier halten. Ich hab dem Trottel schon zweimal gesagt er soll dir einen Ring an den Finger stecken.” grummelte Laurence in seinen stoppeligen Bart. Ich schluckte. Das war nie zum Thema gekommen. Ich hatte sogar keinen Gedanken daran verschwendet. Niemals hatte ich mich verheiratet gesehen. Nichtmal mit Caleb hatte ich diese Gedanken gehabt. Natürlich...wir hatten einander viel gelehrt. Von emotional unbrauchbar hatten wir uns zumindest zu etwas wie einer Beziehung hinreißen lassen. Wie viel Bestand diese hatte zeigte sich nun sehr gut - keine. Waren wir am Ende einander nur Lehrmeister gewesen?
      Aber natürlich...mit einer Heirat würde ich bleiben können...ohne Probleme sogar. Ich würde nie wieder ein Visum beantragen müssen. “Pack ihn bei den Eiern und sprich es an. Du würdest fehlen hier auf der Ranch.” damit verließ Laurence die Küche. Aber ich wusste...ich würde Caleb darum niemals bitten. Ein Gefühl welches ich nicht zu beschreiben vermochte machte mir bewusst - eine Heirat mit Caleb würde niemals funktionieren.
      Ich verzog mich in den Offenstall meiner Pferde. In der morgendlichen Sonne machte ich deren Paddock sauber, schob die schwere Schubkarre vor mir her zum Misthaufen quer über den Hof der Ranch. Dort angekommen, keuchte ich bereits wie ein Maikäfer. Noch war ich nicht gänzlich an diese Arbeit gewohnt. Cayce begegnete mir mit einigen der Rinder. Mir fiel auch kurz der wieder aufgetauchte rote PickUp auf. Um Caleb möglichst nicht zu begegnen setzte ich mich ab. Ich schnappte mir eine der Trensen, war unschlüssig welches der Pferde ich nehmen wollte. Schlussendlich fiel die Wahl auf Valravn. Nur am Rande nahm ich wahr das Inyan nicht da war. Mit wenigen Handgriffen legte ich ihm die Trense an, schwang mich auf den Rücken und verschwand in Richtung der Hütte in den Hügeln. Dort oben gab es um die Koppeln der Jungpferde einige schöne Pfade. Wir tauchten gerade ein in das Dickicht des Waldes als ich Hufgetrappel hinter mir vernahm. Neugierig drehte ich mich um. Dort näherte sich Inyan. Auf seinem Rücken saß Louis. Sie waren noch weit entfernt. Konnte ich so tun als habe ich sie nicht gesehen? Ich hieß Ravn angaloppieren. Allerdings versagte mir der Hengst den Dienst. Zu hart waren meine Beine in seinen Bauch gepresst. Stattdessen bäumte er sich vorn auf. Darauf nicht vorbereitet rutschte ich mit meinen Shorts hilflos einfach seinen Rücken hinab. Sicher landete ich auf meinen Beinen. Dieser Fail entlockte mir ein leichtes Lächeln. “Hast du andere Pläne,ja?” flüsterte ich meinem Wallach zu. “Ich habe dein Pferd verzaubert.” kam es stattdessen von Louis der meine Worte gehört haben musste. “Ist das so?” wandte ich mich an ihn, zog die Augenbrauen hoch.Ich sah wie sich Louis gleichfalls von seinem Pony schwang, neben mir stehen blieb und grinsend lächelte. “Möchtest du lieber spazieren?” ich zuckte die Schultern. Louis klopfte meine Schulter, schob die Unterlippe vor und ging voran. Offenbar nahm er mir jetzt die Entscheidung ab.
      Wir liefen lange den Weg hinauf. Schweigend. Kaum Worte zwischen uns. “Caleb ist ein Narr….ich würde nicht zögern.” sprach Louis dann endlich die Worte mit denen er all die Schritte bis hier her gehadert hatte. Ich musste nicht fragen. Ich ahnte, nein wusste sogar, das er die kurze Konversation mit Laurence gehört haben musste. Da waren andere Schritte im Flur gewesen als Laurence aus dem Haus gegangen war. Ich hatte mich also nicht verhört. Louis war stehen geblieben, ich spürte plötzlich seine Hand an meinem Handgelenk. Nicht fest, beinahe bittend. Meine Nackenhaare stellten sich auf, ich sah auf seine Hand...dann huschte mein Blick zu ihm auf...ich spürte wie er die Hand von meinem Handgelenk nehmen wollte. “Wenn die Dinge anders wären.” hörte ich Worte...verstand dann das sie aus meinem Mund kamen, das mein Verstand sie produziert hatten. Ich wusste das es keine Lüge war. Schon eine ganze Weile waren da Gefühle für Louis gewesen...entfacht nicht erst durch seinen Kuss. Dieser Idiot hatte mir beinahe ebenso schnell mein Herz gestohlen wie Caleb. Das sich letzterer nun von mir entfernte...glich beinahe der Verdammnis. “Ich muss schon die ganze Zeit über diesen Impuls unterdrücken.” kam es gedrungen von Louis. Wieder mein Blick in seine Augen. Ich sah das funkeln in ihnen….wieder bedurfte es keiner Worte. Trotzdem glich Louis einem wartenden Schakal. “Dann tu es nicht.” Verräter! schrie es kurz in mir. Dann verlor ich mich in dem Kuss mit Louis. Weniger zaghaft als jener erste vor ein paar Wochen. Zudem mit dem Unterschied das ich mich von ihm einnehmen ließ. Kein Abstand mehr zwischen uns, seine Hand auf meiner Hüfte, in meinem Haar. Meine eigenen Hände um ihn geschlungen. Ich spürte mich wanken, von ihm gehalten stand ich jedoch sicher. Louis brach den Kuss, ich erschrak drehte mich plötzlich fort...die Hände gekrallt in Ravns Mähne. Was war das nur mit ihm? Ich musste schwer einatmen..mein Bauch spielte genauso verrückt wie meine Gedanken. Louis kam zu mir, sein Kopf legte sich auf meine Schulter. “Du kannst mich nicht belügen...auch ich bin in deinem Herzen...das weiß ich nun.” flüsterte er in einer tiefen Stimme. Dann war er fort. Ich nahm seine Schritte wahr. Dann die von Inyan. Als ich mich zu ihm drehte saß er bereits wieder auf dem Wallach. Sein Gesicht hatte beinahe etwas triumphierendes..”Du weißt wo du mich für deine Entscheidung findest.” er trieb dem Wallach die Füße in den Bauch, dieser preschte aus dem Stand im Galopp den Waldweg wieder hinab. Ravn wollte hinterher, kurz hatte ich zu tun, den manchmal widerspenstigen Wallach zu zähmen. Ich sah in die Richtung von Louis und Inyan die immer kleiner wurden. Oh ja...ich wusste wo ich ihn fand...und auch wenn er die Frage nicht ausgesprochen hatte. Ich kannte sie...wusste welches Angebot er mir soeben unterbreitet hatte.

      Caleb
      Ich saß hinterm Steuer meines Pick Ups und starrte ins Leere. Es regte mich auf, dass ich nichts tun konnte, nein es kotzte mich wirklich an, nichts tun zu können… oder tun zu wollen. Jeden Tag ging ich spät ins Bett, jeden Tag stand ich früh auf und es war wirklich so, dass ich Ylvi aus dem Weg zu gehen versuchte. Ich hatte heute morgen ein Treffen in Calgary vorgeschoben, um nicht mit ihr aufwachen zu müssen. Ich hatte ein Treffen gehabt, so war es nicht… nur war dieses schon seit ein paar Stunden vorbei. Als sich mein Blick wieder gefangen hatte und ich seufzend meine Augen schloss, klopfte es an der Scheibe. “Sir, sie stehen schon eine ganze Weile im Parkverbot, bitte fahren sie den Wagen weg.”, sagte mir einer der Polizisten, die neben meinem Auto standen. Der andere im Polizeiwagen schaute düster zu mir herüber. Ich nickte nur stumm, startete den Motor und fuhr zum Geschäft, um noch ein paar Leckerlis für die Pferde und ein wenig neues Putzzeug zu kaufen. “Hey Caleb.”, begrüßte mich die junge Frau an der Kasse. “Wie läuft es so auf der Ranch?”, fragte sie mich nett. “Viel Arbeit. Ist immer viel Arbeit.”, erklärte ich ihr und bezahlte meine Einkäufe, ehe ich alles auf die Ladefläche des Pick Ups warf und wieder zur Ranch fuhr. Als ich ausladen wollte, gesellte sich Laurence zu mir. Ich schaute zu ihm rüber und er hatte wieder dieses: ich erzähle dir jetzt eine Lebensweisheit und du kannst nichts dagegen tun, nur zuhören. "We accept the love we think we deserve: from Stephen Chbosky.”, sagte er ohne mich auch nur im Ansatz auf so ein Zitat vorzubereiten. “Und du mein Freund, bist gerade auf einem ganz falschen Weg. Warum behälst du sie nicht hier? Du weißt, dass du es kannst und du weißt auch, dass du jemanden wie sie verdient hast. Lass die Liebe zu und frag sie endlich, ob sie dich heiraten will!”, fügte er an und packte mich an der Schulter. Laurence packte für sein Alter wirklich, wirklich feste zu. “Nimm sie nachher mit auf einen Ausritt. Du brauchst keinen Ring, frag sie einfach. Frag sie bevor es zu spät ist.” “Bevor sie weg ist…”, korrigierte ich ihn doch er schüttelte nur den Kopf. “Bevor es zu spät ist, Caleb. Du warst in letzter Zeit nicht viel hier. Es gibt.. sie hat.. sie bekommt hier andere Chancen.”, stammelte er und schaute in mein fragendes Gesicht. Selbst nachdem er meine Schulter losgelassen hatte und gegangen war, stand ich noch immer stocksteif neben meinem Truck und dachte über seine Worte nach. Es gibt für sie hier andere Möglichkeiten, zu bleiben? Was meinte er damit? “Hey Caleb!”, rief mir Octavia zu, die gerade mit Raspberry an mir vorbei ritt. Da kam mir eine Idee. “Hey O warte, ich hol mir ein Pferd und komm mit dir mit!”, rief ich ihr zu und hatte im Handumdrehen Vulture gesattelt und zu ihr aufgeschlossen. “Dass du Zeit hast, mit mir auszureiten.”, lachte O und strich ihrer Stute kurz über den Hals. “Das hast du wohl Laurence zu verdanken.”, murmelte ich. “Wieso das?” “Er hat mir eben wieder eine seiner Weisheiten unter die Nase gebunden und gesagt, wenn ich will, dass Ylvi bleiben kann, soll ich um ihre Hand anhalten, bevor es dafür zu spät ist und sie eine andere Chance bekommt, hier zu bleiben. Weißt du, was er damit meinte?”, fragte ich sie ganz offen und ehrlich und hielt Vulture an, um ihre folgenden Worte besser verstehen zu könne. “Weißt du… Ylvi und Louis… sie sind sich glaube ich näher gekommen.”, erklärte sie mir. Ich schloss für eine Sekunde seufzend meine Augen, ehe ich sie wieder öffnete und meinen Hengst wieder antrieb. “Was weißt du darüber?”, fragte ich sie schließlich. “N..nichts weiter. Wirklich nicht.”, antwortete sie mir und lenkte ihre Stute auf den linken Pfad rüber. Wir ritten eine Weile schweigend nebeneinander her, ehe ich sie fragte: “Sollte ich denn? Soll ich sie fragen, ob sie mich heiraten möchte?” O lachte kurz auf. “Caleb das kann ich dir doch nicht beantworten.“

      Ylvi
      Wir sahen uns an. Was tat ich eigentlich hier? Wie auf Drogen hatte mich der Weg am Abend nicht zum Haupthaus gebracht. Stattdessen stand ich auf der Türschwelle von Louis. Meine Hände im Rücken verschränkt. Ich zog mir die Haut neben meinen Nägeln ab. Der leichten Feuchtigkeit zu urteilen die ich spürte musste ich bereits Bluten. Der Schmerz drang jedoch nicht zu mir durch. “Willst du rein kommen?” Nein “Ja” hauchte ich.
      Mir war als würde ich mein Herz in der Brust nicht länger schlagen hören. Mit betreten seines Flures fiel plötzlich all die Anspannung ab. In meinen Gedanken war kein Caleb mehr. Nur der Wille an diesem Ort zu bleiben blieb zurück. Louis fasste meine Schultern schob mich vom Flur leise in Richtung seines Schlafzimmers. “Die Kinder sind schon im Bett.” flüsterte er mir zu. Da das Gästehaus nicht über ein Wohnzimmer verfügte und die Küche in Richtung Haupthaus ging, schien das Schlafzimmer die beste Wahl um ungestört zu sprechen. Mir wurde bei dem Gedanken allerdings flau in der Magengegend. Dann schloss sich die Tür hinter uns. Zum ersten Mal seit der Türschwelle sah ich Louis wieder direkt in die Augen. Die Haltung seines Körpers, seine Augen..sie sprachen von gespielter Gefasstheit. Diese Beherrschung die ich auch bei Lilly gesehen hatte. Die typisch war für einige Natives. Trotzdem sah ich den lauernden Schakal in seinen Augen wieder. Louis stellte keine Frage. Wir sahen einander nur an. Er wartete geduldig bis ich endlich den Mut fand die Worte über meine Lippen zu bringen. Sekunden wurden zu Minuten. Dann begann er plötzlich zu Lachen, einfach so. Ich legte den Kopf schief. Die Anspannung löste sich und plötzlich lachte auch ich scheu. Louis überbrückte die Distanz zwischen uns...zog mich an seine Brust und wir lachten weiter. “Wann müssen wir uns um einen Termin in Calgary kümmern?” flüsterte er schließlich als ich noch scheu hüsteln musste. Hatte ich gedacht Caleb und ich agierten gut miteinander...so bedurfte es mit Louis keiner Worte. Er würde mich zur Frau nehmen. Ich hatte diese Entscheidung bereits getroffen und er wusste es auch ohne das ich es ausgesprochen hatte. Das ganze wirkte beinahe surreal. Wir würden das liebende Ehepaar spielen müssen, wenn die Auslandsbehörde die Ehe prüfte. Doch würde ich die liebende Ehefrau spielen müssen? Das ganze könnte viel zu einfach werden. Die Art mit der er mich ansah, berührte und beschütze machten es mir so unfassbar einfach. “So früh wie möglich.” hauchte ich - schließlich müsste ich in weniger als einer Woche verschwinden. Louis schob mich ein wenig fort von sich, hoch mein Kinn. “Das ist das verrückteste was ich jemals getan habe.” sprach er, wieder halb lachend. Ich konnte nicht umhin das Lachen zu erwidern. “Gewöhn dich schonmal dran. Das Leben mit mir kann aufregend werden.” “Aber nicht das du mir aus den Latschen kippst wie das letzte Mal.” “Dafür hab ich ja jetzt einen neuen Schrittmacher und regelmäßige Kontrollen.” ich dachte an jenen Tag auf dem Berg. Ich wäre dort oben gestorben. Louis hatte mich am Leben gehalten. Hatte mein Leben gerettet. Vielleicht hatte das Universum damals bereits einen Wink gegeben wem ich mit meinem Leben trauen konnte. Erinnerte mich auch an seine seltsamen Worte. “Was ist mit der Symbiose?” Louis schaute leicht verwirrt. “Damals..auf dem Berg. Bevor ich ausgenockt bin. Du meintest das Caleb ein Wolf sei, während du in mir einen Raben siehst. Du sprachst davon, dass diese beiden Geschöpfe in einer Symbiose lebten. Ist das jetzt hinfällig?” “Ah..jetzt erinnere ich mich. Dabei darfst du aber nicht vergessen. Raben binden sich fürs Leben. Es kommt der Tag an dem eine Symbiose nicht länger ausreicht.” Plötzlich kam mir etwas in den Sinn. “Du wolltest es schon damals,oder? Du...dich beschützt auch ein Rabe als Totem. Nicht wahr?” Wir standen noch immer in dieser Umarmung beieinander, er zog mich wieder an seine Brust. “Thečhíȟila.” Louis hauchte mir einen Kuss auf die Stirn. Seine Hände krallten sich in meinen Rücken, die Hüfte. Ich hörte das leichte Knurren von seinen Lippen. Kein ton der mich überraschte. Mochte ein Rabe ihn schützen, so blieb er für mich selbst doch der Schakal. Ich fand mich selbst dabei wie ich die Geste wiederholte, meine Fingernägel krallten sich in seinen Rücken, die Schulterblätter. Spürte seine Zähne an meinem Hals. Caleb so ähnlich und doch so anders. Ich bot ihm den Hals dar, legte das Gewicht auf meinen Hacken, gehalten von seinen Armen. Mein Körper war ein elender Verräter. Er war es schon bei Caleb gewesen. Bei Louis tat er keine Ausnahme. Nur mit dem Unterschied das sich hier auch mein Verstand nicht dagegen zu wehren versuchte. Ich biss die Zähne fest aufeinander als Louis Hand seinen Weg unter mein Shirt fand. Die letzten Wochen der Ungewissheit, des Alleinseins. Endlich nicht mehr allein sein. Er spielte und neckte mich. So leicht fand ich mich ein in dieses Spiel. Sanft wurde ich auf einer Decke aus Fell gebettet. Als er zu mir kam fand er mich offen vor sich. Ein Kuss auf meine Lippen, dann spürte ich ihn in mir. Diese Vertrautheit war überwältigend. Wir agierten wie Zahnräder die nahtlos ineinander griffen.
      Louis hielt mich danach im Arm, während sich unser Atem nur langsam beruhigte. Ich spürte sein Gewicht auf mir, meine Hand kratzte über seinen Rücken. Fühlten die Muskeln, die Wirbelsäule und den kleinen Film aus Schweiß über unseren Körpern. Worte lagen mir auf den Lippen die sie dennoch nicht verließen. Ineinander verschlungen schliefen wir ein. Im Halbschlaf merkte ich noch wie Louis die Felldecke über uns breitete. Das erste Mal in Monaten schlief ich völlig unbehelligt.

      Caleb
      Seit Wochen war ich immer dem selben Muster gefolgt. Spät ins Bett, früh wieder raus. Ich hatte das Gespräch mit Ylvi vermeiden wollen, denn sie hatte bis jetzt immer tief und fest geschlafen. Heute war dem nicht so, denn sie war nicht da, und ich konnte mir denken, wo sie sich aufhielt. Es war die unruhigste Nacht seit Langem und als am Morgen der Wecker klingelte, fühlte ich mich wie vom Zug überrollt.
      Das Frühstück mit den Arbeitern verlief größtenteils schweigend. Octavia warf mir ein paar mitfühlende Blicke zu, doch sagen tat niemand etwas zu mir. Meinen Kaffee füllte ich in einen Thermobecher, ehe ich meinen Hut von der Ablage auf meinen Kopf setzte und das Haus verließ. Noch immer waren weder Louis, noch Ylvi oder die Kinder zu sehen. Ich hatte einen anderen Weg einschlagen wollen, doch meine Füße führten mich zielsicher zum Offenstall von Ylvis Pferden. Als ich sie auch hier nicht sah, atmete ich hörbar erleichtert auf. War es wirklich Erleichterung, die sich von meinem Herz löste? Oder Gewissheit? Wo sollte sie sonst sein? Ich beschloss meine Gedanken in die hinterste Ecke meines Kopfes zu verbannen und mich auf die anstehende Arbeit zu konzentrieren. Auf einer Ranch war schließlich immer etwas zu tun und sei es nur das Herumfahren mit dem Truck, um den Anderen aus dem Weg zu gehen. Dazu sollte es allerdings nicht kommen. Ich war zurück ins Haus gegangen, um meine Schlüssel zu holen. Als ich wieder rauskam und zu meinem Auto gehen wollte, sah ich Louis und Ylvi auf dem Hof, die in Richtung des Haupthauses gingen. Ylvis Blick fiel von Louis auf meinen roten Pick Up, zurück zu Louis und schließlich zu mir. Als sich unsere Blicke trafen, blieb ich stocksteif stehen und… Ruckartig war Louis Hand von Ylvis Hüfte verschwunden. Besänftigend hob er seinen Arm und machte einen Schritt auf mich zu, ehe er erneut stehen blieb und auf meine geballten Fäuste starrte. Meinen Schlüssel hatte ich schon lange auf den Boden fallen lassen. “Es ist nicht das… wonach es aussieht.”, meinte er in einem ruhigen Ton. “Das ist es nie.”

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      Allein durch diesen Satz kochte die ganze angestaute Wut in dem blonden Mann hoch, die sich die letzten Wochen, ja sogar die letzten Monate angesammelt hatte. Caleb machte noch zwei, drei Schritte auf die Beiden zu, ehe er erneut stehen blieb und abwechselnd zwischen ihnen hin und her schaute. “Caleb… ich… wir…”, fing Ylvi an und machte einen kleinen Schritt auf Caleb zu. Louis, der die Augen nicht mehr von den Fäusten seines Gegenübers lassen konnte, stellte sich schützend vor sie. “Hast du Angst dass ich eine Frau schlage? Hältst du mich für so jemanden? Louis komm schon!”, schnaubte Caleb. Die Gedanken des Mannes bewegten sich in einer Abfolge von Bildern, Sätzen und Taten die ihm fast den Verstand zu nehmen drohten. Zwischen seiner unbezwingbaren Wut schwankte er in den Gefühlen für die Frau die dort neben seinem langjährigen Freund stand. Seine zur Faust geballten Finger, gruben sich in die Haut seiner Handfläche. Eine Art der Erinnerung wo er sich befand. Ylvi biss sich auf ihre Lippen, ihr Blick glich dem eines geschreckten Rehs. Der Indianer streckte die Schultern, sein Gesicht gab keine Regung seiner inneren Gefühle Preis. Caleb kannte ihn, kannte diese Regungslosigkeit. Louis beobachtete ihn ganz genau, würde blitzschnell reagieren können. Caleb war sich bewusst. Schlug er zu. Dann würde Louis nicht unbeteiligt bleiben. “Ich sah dich nie eine Frau schlagen. Dafür hast du zu viel Respekt.” Louis gab ein Seufzen von sich. “Ich frage mich nur wie viel Respekt in dir für mich noch übrig geblieben ist. Ich sprach falsch. Es ist genau wonach es aussah. Caleb...ich habe ihr gegeben, was du nicht gewillt warst zu tun. Wochenlang hattest du eine Wahl. Verurteilst du mich dafür ihr die Chance zu geben zu bleiben wohin es ihr Herz zieht? Und damit meine ich nicht mich Kola….sondern vielmehr diesen Ort.”
      Caleb lauschte den Worten seines Gegenübers, horchte in sich hinein und versuchte mit allen Mitteln seinen Körper und die Wut nicht die Oberhand gewinnen zu lassen. Ruhig zu bleiben, zuerst nachzudenken, bevor er handelte. Diese Beherrschung zu erlangen hatte ihn Jahre gekostet und er war sich in diesem Moment ganz und gar nicht sicher, ob nicht doch alles umsonst gewesen war. Nicht nur die Arbeit, seine unbändige, plötzlich ausbrechende Wut in den Griff zu bekommen, sondern auch sein Zulassen der Gefühle. Sich jemandem öffnen, ihn Platz in seinem Leben finden zu lassen nach dem Tod der Frau, die er so sehr geliebt hatte. Von emotional unbrauchbar bis hin zu jemanden, der wieder lieben konnte, ja Liebe zuließ. Doch nun stand er hier. Wurde von eben dieser Person betrogen...mit seinem besten Freund. Der Mensch, der ihm vor Jahren das Leben gerettet hatte und ihn schon lange begleitete. Genau dieser Mensch hatte die Nacht mit seiner Freundin verbracht. “Damit meinst du nicht dich,mein Freund?”, keifte der Cowboy den Indianer an. “Statt vorher mit mir zu reden hüpfst du einfach mit ihr ins Bett?”, setzte Caleb nach und machte noch einen Schritt auf Louis zu. Ylvi verschwand für kurze Zeit aus seinen Gedanken, mit ihr würde er später reden. “Caleb komm runter… wir können darüber reden.”, versuchte Louis die Situation zu retten, doch der Mann ging darauf nicht ein. Er war jetzt nah genug an ihm dran, um auszuholen und zuzuschlagen. Seine Hand zuckte, seine Faust wurde geballter, er atmete schwer… doch schlug noch nicht zu. “Ich warte.”, knurrte er. Louis sah dem alten Freund in die Augen, sah die Wut darin. Er wusste egal für welche Worte er sich entscheiden würde. Es wäre nicht genug. “Es tut mir Leid.” sprach er aus tiefster Seele.

      Der Indianer bemerkte die schnelle Bewegung, seine Ohren hörten den entsetzten Aufschrei von Ylvi. Im selben Augenblick reagierte jede Zelle seines Körpers mit Schmerz. Ein kräftiger Kinnhaken hatte ihn getroffen. Caleb hielt sich die Knöchel der rechten Hand, doch seine Augen funkelten zwischen den anderen beiden hin und her. Ein kalter Blick streifte sie beide. “Mir auch.”
    • Wolfszeit
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      15.02.2020|Wolfszeit
      Willkommen kleiner Mann
      Hazel|”Hast du das Pferd überhaupt mitgebracht?” fragte ich Jace. Man sah nichts im Hänger. Ich öffnete die Seitentür und blicke hinein. Es kam mir ein brauner Kopf entgegen, bedeckt mit einer wuschligen weißen Mähne. “Der sieht ja gar nichts. Wie heißt er ?”, fragte ich Jace. “Abe’s Aelfric heißt der kleine”, erwiderte der große blonde Mann. “Na dan wollen wir ihn mal auspacken”. Jace öffnete die Klappe und der Rest des kleinen Ponys kam zum Vorschein. Ich band den kleinen Hengst los und ließ ihn Vorsichtig die Rampe runter gehen. Unten angekommen schüttelte sich der kleine Hengst. “Na kleiner Mann gefällt es dir”, sagte ich zu ihm. “Jace halt ihm mal kurz”, sagte ich und drückte Jace den Strick in die Hand und flocht dem Hengst den Schopf. “So jetzt siehst du auch was mein süßer”. Ein Ohr gespitzt das andre zurückgelegt sah er sich um und begann dann neugierig den Boden zu beschnuppern. “Na komm kleiner, du darfst dein neues Zuhause kennenlernen”. Mit etwas Abstand folgte Aelfric mir zum Offenstall, wo ich ihn frei ließ. Misstrauisch , aber auch neugierig erkundete er sein neues Reich. Die anderen Ponys standen noch auf der Weide so konnte der Ponymann sich alles in Ruhe anschauen. Damit er sich in Ruhe eingewöhnen konnte ließ ich ihn in Ruhe und wimdte mich meinen anderen Aufgaben auf dem Hof.
      Veija gefällt das.
    • Wolfszeit
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      16.03.2020|Wolfszeit
      Quinn| Ich stand am Fenster, welches mit wunderschön glitzernden Eiskristallen überzogen war. Es war noch dunkel draußen. Hier oben in den Bergen lag immer noch ein wenig Schnee und über Nacht wurde es frostig kalt. Ich konnte es immernoch nicht glauben, dass ich gestern auf meiner ersten Körung war und dann mein Herkules auch noch Erfolg hatte. Eigentlich wollte ich nicht hinaus in die Kälte, doch die Pferde warteten auf ihr Frühstück. Also packte ich mich warm ein und ging hinaus. An den Fußspuren im Schnee erkannte ich, dass Jesse schon unterwegs war. Ich ging zum Scheune hinüber und holte dort meine Schubkarre und belud sie mit einer Ladung Heu um sie zum Hallenauslauf hinüber zu fahren. Die meisten Pferde schliefen noch gemütlich im Stroh und nur Fraena von Hulshóf und Darragh standen am Tor und klauten sich das erste Heu noch bevor es in der Futterkrippe war. “Ihr zwei seid doch eigentlich schon rund genug”, sagte ich zu den beiden und streichelte dem Mini Muli über den Hals. Fraena steckte ihren Kopf so tief in das Heu das nur noch ihre Ohren herausschauen. Als das Heu in der Krippe war gesellte sich auch die kleine New Forest Stute Minnie Maus dazu und durchsuchte meine Taschen nach einem Leckerlie. “Heute hab ich nichts für dich Mäuschen”, sagte ich schmunzelnd zu der Stute und kraulte sie hinter den Ohren. “So, jetzt muss ich aber weiter die anderen haben auch noch hunger”, sagte ich zu den Ponys und ging zurück zur Scheune um eine neue Ladung Heu zu holen. Diesmal ginge es mit der beladenen Schubkarre zum Unterhausauslauf. Dort standen alle drei Stuten neugierig. Antigone, die noch nicht lange bei und war, stand mittendrin. Die Fellponystute hatte sich scheinbar sehr gut integriert. “Curly, du stehst im Weg”, sagte ich zu der Haflingerstute die gerade einen langen Hals machte um sich Heu aus der Schubkarre zu klauen. Curly Lure machte allerdings keine Anstalten sich vom Fleck zu bewegen. Erst als ich das Tor öffnete ließ sich die Stute samt Tor zur Seite schieben. Verfolgt von Doo Wop, Curly und Antigone fuhr ich meine Schubkarre zu Futterraufe um mein Heu dort abzuladen. Geduldig warteten die drei Ponydamen bis ich das Heu abgeladen hatte. Während die bunter Criollo Stute und die Palominostute ihr Heu fraßen, folgte mir Curly zurück zum Tor um nachzukontrollieren ob ich nicht vielleicht noch etwas besseres dabei hatte. “Ne Goldi, dein Müsli gibts nach der Arbeit”, sagte ich und strubbelte ihr durch den Schopf bevor ich zurück zu Scheune ging. Dort traf ich auf Matt. “Morgen Matt”, begrüßte ich den großen dunkelhaarigen Mann. “Morgen Quinni. Wollen wir die Offenställe gerade zusammen ausmisten? dann geht es schneller”.”Na klar”, erwiderte ich und sprang mit auf den Weidemann, wo Matt schon den Mistcontainer aufgeladen hatte. So ging die Fahrt als erstes zum Hallenauslauf. Bis auf Ursel - die Bäringöttin und Nurja standen alle schon am Heu. “Schau nur der Heuhaufen hat drei paar Ohren”, sagte Matt schmunzelnd. Hinter dem Heu schauten ein paar graue, ein paar blonde und ein paar rote Ohren hervor. “Scheint als wollten Voilá, Fraena und Cremella verstecken spielen”. Der letzte kleine Kandidat stand zufrieden Zwischen Baroness Of The Guard und Miss Monty und wedelte zufrieden mit seinem Eselschweif.”Warte ich mach das Tor auf”, sagte ich und hüpfte aus dem Traktor. Matt fuhr hinein und ich verschloss das Tor wieder hinter ihm. Am Unterstand angekommen erwartete mich ein sehr niedliches Bild. Nurja lag noch im Stroh und blickte mir entgegen. Ursel - die Bärengöttin stand ein wenig weiter vorne und bewachte sie. “Na Bärin, passt du brav auf?”, sagte ich und streichelte sie am Hals. Mit ihrem großen weichen Nüster beschnupperte sie mein Gesicht. “Ja, eine brave bist du” flüsterte ich und kraulte sie an ihrer Lieblingsstelle. “Du sollst nicht die Pferde kuscheln, du sollst misten”, neckte Matt mich der aufeinmal hinter mir stand. “Aber schau doch wie süß die beiden sind”, erwiderte ich während ich zu Nurja rüberging. “Gut geschlafen meine süße?”, sagte ich und zupfte der Stute einen Strohhalm aus dem Schopf. “Na gut meine hübsche ich fürchte du musst jetzt aufstehen, damit wir hier misten können”. Ich stand auf und scheuchte die Stute hoch. Die beiden braunen Stuten verkrümelten sich zum Heu und so konnten Matt und ich in Ruhe misten. Nachdem der Unterstand und der Paddock gemistet war ging es weiter zu den restlichen Ausläufen. Um halb sieben waren alle Pferde gefüttert und die Ausläufe sauber. Als nächstes galt es nun die Pferde auf die Koppel zu bringen. ich machte mich also auf den weg zum Hallenauslauf. Auf dem Weg kam mir Lina entgegen. “Morgen Lina”, begrüßte ich sie. “Morgen, bringst du gerade die Pferde raus?”. “Ja ich wollte gerade damit anfangen”, erwiderte ich. “Voilá brauchst du nicht rausbringen, die hol ich mir gleich. Ich muss noch noch schnell nach Peppermint schauen. Lancasters Peppermint hatte sein Futter gestern nicht komplett fressen wollen,weshalb Lina zuerst nach ihm sehen wollte. “Na klar ich lass die Maus stehen”, antwortete ich und ging weiter richtung Auslauf. Als erstes waren Ursel und Cremella dran. Die beiden Ponys waren ein Herz und eine Seele. Als die beiden auf der Koppel waren folgten auch die restlichen Ponys, Pferde und Esel aus den Ausläufen und Ställen. Als alle Pferde auf der Weide waren verweilte ich ein wenig am Koppelzaun und beobachte die Fohlen auf der Weide. WHC’ Candela und WHC’ Solist liefen ein wenig um die Wette, wobei man der kleinen Scheckstute ihre Vollblutabstammung anmerkte, da sie gut eine Länge vor dem hellbraunen Hengst lief. Trotz ihrer Geschwindigkeit war auch die Verwandtschaft zu Colour Splash nicht zu leugnen. Die großflächige Scheckung und das Fuchsfarbene Fell waren eindeutig. Bei Solist war das schon nicht mehr ganz so einfach. Er hatte zwar die hellbraune Farbe seiner Mutter Vakany geerbt, doch die Scheckung, war bei ihm nur sehr schwach ausgeprägt. Die langen Beine gaben auch einen Hinweis auf seine Springabstammung. Dennoch hatte er auch definitiv die Raumgreifenden, schwungvollen Gangarten seines Vaters geerbt. Wir alle waren gespannt wie der kleine Hengst sich entwickeln würde, da es ihm doch ein wenig an Geschick fehlt. Das dritte Fohlen im Bund war WHC’ Mitena. Währen ihre Mutte Maskotka mit den anderen beiden Stuten graste, probierte sie eine Portion Gras. Die kleine Stute war auch das älteste der drei Fohlen, sie war nun schon fast ein Jahr 11 Monate alt. Jetzt wo bald die nächsten Fohlen kommen würden wollen wir die drei auch bald Absetzen. Candy und Mitena würde zusammen ein kleine Herde mit Antigone, Doo Wop und Curly Lure bilden. Curly ist trotz ihrer 6 Jahre doch noch recht verspielt, weshalb sie eine gute Partnerin für die beiden Fohlen bietet. Doo Wop ist der Ruhepol der Gruppe, mit ihrer ausgeglichenen ruhigen Art. Antigone hatte ziemlich schnell die führung in der kleinen Gruppe übernommen. Sie ist zwar freundlich, lässt sich allerdings nicht gerne herumschubsen. Alles in allem denken wir das die drei Stuten genau richtig sind um zwei junge Pferde zu erziehen. Bei Solist wird das ganz ein wenig schwerer werden. Da er ein Hengst ist kann er nicht bei den Stuten stehen und leider haben wir keinen Spielkameraden für ihn. Entweder wir geben ihn zur Aufzucht auf einen anderen Hof oder wir bringen ihn zu Alec auf den Hof. Alec hatte einen anderthalbjährigen Tinkerhengst dort stehen. Balisto wäre ein gute Spielgefährte für unseren Solist und bei Alec wüssten wir auch das er gut aufgehoben ist. Ich schaute den Fohlen noch ein paar Minuten zu bevor ich mich wieder an die Arbeit machte. Antigone, die jetzt knapp eine Woche bei uns war, wartete schon auf dem Auflauf auf mich. Ich wollte sie heute das erste mal reiten. Die Palominostute wieherte mir leise entgegen. Ich ging in die Sattekammer um dort ihre Putzbox und ihr neues Halfter. Vor zwei Tagen waren nämlich die neuen Kollektionen in Luchys Shop eingetroffen und da Antigone noch kein Halfter etc. hatte durfte ich etwas für sie aussuchen. Dabei rausgekommen war ein hübsches Set mit Lila-Weiß-Goldenen Marbel Muster. Ich holte das Halfter der Stute und streife es ihr über. “Hübsch siehst du aus” sagte ich zu der Stute und führte sie zum Putzplatz. Nachdem ich die Stute angebunden gatte holte ihre ihre Abschwitzdecke um diese mit der Winterdecke zu tauschen. Bei einem Fellpony würde man zwar Plüschfell erwarten, doch einerseit kam Antigone aus Deutschland, wo der Winter deutlich milder war als bei uns und andererseits hatte der Händler sie geschoren. Da wir immer noch minusgrade hier oben haben muss sie dieses Jahr eine Decke tragen. Eigentlich versuchen wir die Pferde wenn möglich nicht einzudecken um ihre Körpereigene Thermoregulation nicht einzuschränken. Als die Decken getauscht waren putzte ich die Stute gründlich, bevor ich sie Sattelte und wir uns gemeinsam auf den Weg zur Reithalle machten. In der Reithalle war Jace gerade dabei, Sheena eine Reitstunde auf Ursel zu geben. Dafür dass Sheena erst seit 8 Monaten ritt, machte sie das schon super. Normalerweise würde Sheena Walking On Sunshine oder Black Lady reiten. Die beiden Stuten waren allerdings tragen, weshalb die beiden nicht einsatzfähig waren. Elvish Beauty sollte in der Reitstunde laufen, genauso wie El Pancho. Damit Sheena trotzdem ein Pferd zum reiten hatte, hatte Jamie ihr Ursel geliehen. Die Highlandstute war sehr brav nur ein wenig weniger schwungvoll als sonst. Ich begab mich mit Antigone zusammen in die Mitte der Halle, wo ich nachgurte und dann Aufstieg. Nachdem ich 15 min Schritt geritten war gurtete ich erneut nach und legte sie Abschwitzdecke auf die Bande. Jace hatte die Reitstunde inzwischen beendet und Sheena wollte die Bäringöttin drauße noch ein wenig trockenreiten. Bis jetzt war Antigone sehr brav gewesen. Nun wollte ich antraben und musste zugleich festellen, dass die Stute ein wenig treibig war. Schnell musste ich auch feststellen, dass ihr wohl schon länger kein anständiges training mehr zugekommen ist, denn ihre Ausdauer war doch recht kurz. Nach einer viertelstunde mit Trab und einem kurzen Galopp beendete ich das Training. Ich musste leider feststellen da neben ihrer Ausdauer auch ein paar andere Dinge zu wünschen übrig ließen. Auf der linken Hand ließ sie sich nur schwer abwenden und im Rücken war sie recht fest. Ich würde mit Luchy zusammen einen Trainingsplan ausarbeiten. Der schwerpunkt wird jetzt erst einmal auf dem Muskelaufbau liegen. Außerdem sollte sich ein Ostheopart sich einmal den Rückn anschauen um festzusellen ob sie Blockaden hatte. Ich ritt Antigone trocken bevor ich sie noch unters Solarium stellte. Nach dem Wärmebad durfte sie dann auch eingedeckt auf die Koppel.
      Luchy| Ich wollte heute zu erst nach den Tragenden Stuten sehen. Vakany und Minnie Maus ware hochtragen und es würde vermutlich nicht mehr lange dauern bis sie abfohlten. Sunny Empire und Black Lady waren vermutlich mitte des Monats dran. Chessqueen, Baroness Of The Guard, Antigone und Walking On Sunshine ließen sich noch nichts anmerken wann sie soweit waren, aber allzu lang konnte es bei ihnen nicht mehr dauern. Ich ging zu der Koppel wo die Stuten standen ,so wie die Fohlen vom letzten Jahr und Mas’uda. Den Stuten schien es gut zu gehen. Vakany hatte schon ein wenig Milch im Euter, was darauf hindeutet das das Fohlen innerhalb der nächsten zwei Wochen zur Welt kommen würde. Nachdem ich die Stuten und natürlich auch die Fohlen begutachtet, beschmust und mit einem Leckerlie versorgt hatte machte ich mich auf den Weg zu meiner Stute Keks. Keks kam mir schon entgegen galoppiert als sie mich kommen sah. “Na meine hübsche”, begrüßte ich die braune Stute. Sie grummelte mich freundlich an und ich stecke ihr ein Leckerlie zu bevor ich den Strick einklingte. Die braune Stute hatte immer noch ein dickes Fell, der Frühling ließ wohl noch auf sich warten. Nachts gingen die Temperaturen immernoch bis zu -18 Grad runter und auch Tagüber war es nur knapp über Nullgrad. Ich führte die Stute in den Stall, wo sie während ich sie putzte, schonmal unter dem Solarium ein wenig aufwärmen durfte. Sauber und mit Reitpad und Halsring ausgestattet machen wir uns auf den Weg in die Reithalle. Ich ritt sie erst warm und arbeitete sie dann ein wenig in Trab und Galopp bevor ich noch ein bisschen an den Seitengängen arbeitete. Als ich die Halle verließ betrat Jayden mit Crystal Sky die Halle. Auf dem Putzplatz traf ich Samu Promise Of Sundance. Ich brachte Keks zurück zur Koppel. Auf der Koppel nebenan spielten ein paar der Hengste miteinander. Amigo versuchte an PFS’ Caruso Kopf ranzukommen. Der Shetty Hengst hatte allerding recht wenig erfolg. Nabuko, Rumkugel und Abe’s Aelfric rannten ein wenig um die Wette. PFS’ Artic Tiger, der Miniature Horse Hengst grase friedlich unter El Pancho. Der Kleine Hengst hatte sich so einen mobilen Regenschutz gesucht. El Pancho schien das Pony unter seinem Bauch nicht zu stören, denn er döse ein wenig. Nun holte ich mir LMR Royal Champion. Der junge Hengst war nun seit ca. zwei Monaten angeritten und bei jetzt machte er sich super toll. Ich putzte den Schecken gründlich bevor es gesattelt Richtung Platz ging. Ich den jungen Hengst heute das erste mal draußen reiten. Gleich beim Warmreiten fiel mir auf das der junge Hengst sehr unkonzentriert war. Er schaute sich ständig um, blieb stehen und stolperte deshalb ein paar mal über seine Füße. Da ich den Hengst nicht überfordern wollte beließ ich es heute dabei, die Grundgangarten ab zu fragen. Für das erste Mal hatte der junge Hengst das sehr gut gemacht. Als Belohnung und da er momentan ein wenig dünn war gabs ein Portion Mash für Champ. Zufrieden verputzte er es, bevor er wieder auf die Koppel durfte.
      Quinn| Inzwischen war es Nachmittag geworden und somit an der Zeit die Schulpferde reinzuholen und auf die Paddocks zu stellen, damit die Reitschüler es einfacher hatten dies einzufangen. Als ich zu den Koppel kam stand Little Buddy am Tor wie bestellt und nicht Abgeholt. “Willst du schon wieder nach hause?”, sagte ich schmunzelnd zu dem Vollblut Hengst und kraulte ihn kurz, bevor ich weiter ging. Als erstes wollte ich die beiden Stuten Nathalie und Finest Selection holen. An der Koppel rief ich Nathi und die Scheckstute kam brav angetrabt. Die Fuchsstute stand glücklicherweise eh schon am Zaun, da sie genau wusste wann es zu Reitstunde rein ging. Mit beiden Stuten an der Hand ging es zum Stall, wo die beiden Stuten noch ein wenig die Sonne auf dem Paddock genießen durften bevor die Kinder kamen. Als nächstes wollte ich British Gold und Miss Leika holen. Gold spielte ein wenig fangen aber Leika ließ sich gleich brav halftern. Auch Elf Dancer, LMR Fashion Girl, LMR Ice Rain, Legolas und Capatin Morgen kamen nacheinander rein. Matt hatte heut viel zu tun, so dass er mich gebeten hatte ihm PFS’ Arctic Tiger abzunehmen. Ich holte mir den kleinen Hengst und wollte mit ihm auf dem Platz gehen. Auf dem Dressurplatz war allerdings gerade Jamie mit Lady Moon. Da ich Freiarbeit mit dem kleinen Silbernen Hengst machen wollte, musste ich wohl woanders hingehen. In die kleine Halle konnte ich auch nicht weil Colin dort ein Pferdespielplatz für Carry On My Wayward Son, Blue Heart und die Jungpferde aufgebaut hatte. In der kleinen Halle war Jesse mit Miss Griselda Braun. Zum Glück war die Longierhalle frei. Erst ließ ich den Hengst ein wenig laufen, damit er sich auspowern konnte, bevor ich ein paar Lektionen mit ihm übte. So hatten wir immerhin 20 min bis Samu mit Saturn in die Halle wollte. Der Braune Hengst war heute leider ein wenig eingeschränkt durch seine Ataxie, sodass er nicht immer Reitbar war. Da Tiger allerdings sehr brav mitgemacht hatte räumten wir also das Feld. Ich beschloss mit dem kleinen Mann noch eine runde um den Hof zu spazieren. So begegneten wir Jayden und Lina die gerade mit Lady Swan und Acerado von einem Ausritt wiederkamen. Auf der Koppel wurde er schon von seinen Freunden erwartet. Ich hatte ein wenig Zeit bevor ich wieder los musste. So beschloss ich Hazel noch ein wenig zu zu sehen. So langsam hatte sie es raus wie man mit dem kleinen wilden pony umgehen musste. Dennoch ließ es sich Miss Monty nicht nehmen ein zwei bocksprüngen ein zu bauen. Am Abend ging es dann daran alle Pferde wieder reinzuholen. Ich begann bei Jora. Danach folgten All Hope Is Gone, Vikar, Injaki, Look at my hair und Don Carlo. Als aller letztes kam heut What’s Happend In The Dark rein. Der Araberhengst bekam dafür als erstes sein Abendessen. Nachdem schließlich alle Pferde versorgt waren, lümmelte ich mich nach einer warmen Dusche mit einem Buch auf mein Bett.
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    • Wolfszeit
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      09.05 & 12.05.2020| Wolfszeit & Canyon
      Besuch von Dr. Becks und wie das Schicksalspielt
      09.05
      Lina| Inzwischen waren wir seit fast ½ Wochen Zuhause. Divine machte sich sehr gut. Er hatte schon gut zugelegt und auch die Musklen kamen so langsam. Wenn er weiter so gut Aufbaut wollte ich in 1 Wochen man schauen was er vom Sattel hielt. An vernünftiges Reiten war natürlich lange noch nicht zu denken, aber ich war neugierig was mein Hengst denn noch so alles konnte. Laute dem was ich gefunden hatte war er wohl auch eingefahren, aber ich wollte mich damit erst befassen, wenn Divine ein wenig mehr Muskeln hatte. Heute stand ein Kontrollbesuch von Bennie Becks an.Dr. Becks war der Tierarzt des Tierschutzvereins. Doch das würde noch ein wenig dauern: Als erstes hieß es Frühstück für den weißen Hengst. Also ging es in die Futterkammer Mash machen. Carry on My Wayward Son, der direkt gegenüber von HMJ Divine wohnte, versucht sein Schnauze in die Schüssel zu stecken, als ich an ihm vorbei wollte. “Nein, das ist nicht für dich, großer du bist schon rund genug, sagte ich zu dem Painthengst,der aktuell noch ordentlich Winterspeck hatte. Das Mash landete in Divines trog und zufrieden fing er an, sein Frühstück zu schlüpfen. Da ich heute für die Fohlenrunde verantwortlich war, wollte ich die Zeit nutzen und die Fohlen kontrollieren. Ich stecke noch ein Paar Möhren ein und machte mich auf den Weg zur Fohlenkoppel.

      Als erstes kam mir die kleine WHC’ Candela zusammen mit WHC’ Mitena entgegen. Candy und Mitena waren schon recht groß geworden. So langsam ließ sich bei den beiden Erkennen wie hübsch die beiden werden. Candela würde bald ausziehen. Und zwar nach Schweden auf das Lindö Dalen Stuteri. Mitena würde bei uns bleiben. Die beiden Fohlen aus dem letzten Jahr schnupperten interessier an den Möhren bevor sie eine nahmen. ich strich Mitena über das hübsche Fell, was in der Morgensonne golden glänzte. Von den beiden jungen Stuten verfolgt ging ich zum Waldrand, wo der Bach entlang floss. Dort standen die beiden Fellponystuten Antigone und Baroness Of The Guard und tranken Seite an Seite. “Na ihr zwei süßen”, sprach ich sie an bevor ich näher ging. Die Stuten hoben den Kopf und blickten mich aus ihren großen dunklen Augen an. Antigone war inzwischen doppelt so breit wie vorher und besonders lange konnte es nicht mehr dauern bis ihr Fohlen kommt. ich kontrollierte ihr Euter, doch das war noch normal groß. Baroness war frühesten nächsten Monat dran, sicherheitshalber kontrollierte ich auch sie, aber es war alles wie es sein sollte. schon aus der Entfernung sah ich wie sich WHC’ Mimithe an WHC’ Oshawa ran schlich, um kurz darauf in ihn reinbeißen. Der deutlich größere Hengst zuckte zusammen und wand sich zu der kleinen Tiegerscheckstute um. Mimi ergriff kurzerhand die Flucht und der schwarz-weiße Hengst flitze hinter ihr her. Die Mutterstuten Minnie Maus und Sunny Empire standen etwas auseinander und grasten friedlich. Neben Empire, wie immer die Arabische Stute Mas’uda. Masu erwartete zwar kein Fohlen, stand aber auf der Koppel, weil sie Empires ‘’Blindenführpferd’ ist. Während Mimi und Oshawa fangen spielten, probierte Mimis Schwester mal ob das Gras schmeckte. WHC’ Minya sah allerdings nicht wirklich überzeugt aus. Promise Of Sundance und Chesqueen grasten friedlich während die beiden Fohlen inzwischen um sie hermutollten. Mimi schlüpfte sogar einmal unter Chess durch, was die erfahrene Stute nicht wirklich störte. LMR Fashion Girl und Vakany standen etwas abseits. Girl döste ein wenig, während Vaknany ihr Fohlen säugte. WHC’ Venice war meiner Meinung nach, das hübscheste Fohlen was wir dieses Jahr bekommen hatten. Ihr Fell hat einen schönen Rotbraun Ton und ist übersät mit weißen Punkten, die sie von ihrem Papa geerbt hat. Ihre Stirn wurde von einer hübschen Blesse geziert. Äußerlich hatte sie nicht sonderlich viel von Ihrer Mutter geerbt, dafür aber umso mehr vom Charakter. Ich sah auf meine Uhr, es war bereits halb Neun. In 20 Minuten sollte Bennie Becks kommen. Also machte ich mich auf den Weg zurück zum Stall. Divine war inzwischen Fertig mit fressen, sodass ich ihn aus der Box holte und ihn draußen auf den Putzplatz stellte. Ich wollte ihn noch ein wenig Putzen bis Dr. Becks da war. Als erstes machte ich sein Maul sauber was noch ganz braun vom Mash war. Danach versorge ich ihn mit Sonnencreme und setzte ihn seine Sonnenschutzfliegenmaske auf. Da sein Rücken immer noch sehr verspannt war, begann ich ihn als erstes ein wenig zu Massieren um seine Muskeln zu lösen. Er war an sich zwar auch so brav, aber nach einer Massage fühlte er sich sichtlich wohler und genoss das putzen dann besonders. Als ich gerade mit der Massage fertig war, fuhr auch schon Dr. Becks vor. Der Mann stieg aus. Ich ging auf ihn zu und begrüßte ihn: “Hallo, sie müssen Dr. Becks sein. Ich bin Lina, die Trainerin von Divine”. “Ja genau der bin ich”, erwiderte der Mann beim Händedruck.
      “Da vorne steht unser Patient”, sagte ich und deutete auf den weißen Hengst, der entspannt in der Sonne döste. “Also die Diagnose von unseren Tierarzt war mittelmäßige Unterernährung mit Selen- und Zinkmangel. Dagegen bekommt er zum Heu einmal täglich Mash mit Rübenschnitzel, dazu noch Ein Zink- und Selenpräparat, wie auch noch etwas für die Leber. Für seine trocken Haut haben wir eine Lotion bekommen. Ansonsten ist er geimpft und entwurmt. Die Verspannungen werden mit Massage und Training behandelt. Wegen der Tragrandspalten haben wir seit ca. 1 Woche Eisen drauf”, erklärte ich während wir zu Divine rüber gingen.

      Benni Becks begutachtete Divine schon von Weiten aufmerksam. „Ich sehe jetzt schon eine deutliche Verbesserung, im Vergleich zu dem Tag, als ich ihn das erste Mal untersucht habe“, sagte er und ich seufzte erleichtert auf. Die Einschätzung des Tierarztes war ein wichtiger Punkt in diesem HMJ. „Ich war dabei, als wir Divine abgeholt haben und obwohl er noch immer zu mager ist, sehe ich jetzt schon einen neuen Glanz in seinen Augen.“
      Wir waren mittlerweile bei Divine angekommen. Er stand brav angebunden am Putzplatz, begutachtete uns jedoch aus neugierigen Augen. Vielleicht bildete ich es mir ein, aber bei Dr. Becks Anblick schien der Hengst aufmerksamer zu werden.
      „Vielleicht erkennt er mich noch“, sagte Benni und streichelte über den Kopf. Er lachte kurz auf. „Aber das wünsche ich mir als Tierarzt natürlich von jedem Kunden und nur in den wenigsten Fällen tritt es wirklich auf.“ Benni hatte zwar seine Tasche dabei, untersuchte den Hengst aber vorerst nur mit seinen Händen. Es schien, als würde er nur durch das Berühren der Pferde nach Auffälligkeiten und Unstimmigkeiten suchen. Er untersuchte vorsichtig den Kopf samt Auge, Ohr und den Nüstern, warf einen kurzen Blick ins Maul, bis Divine den Kopf ruckartig zur Seite zog.
      „Wann war der Tierarzt das erste Mal da?“, fragte er, während er aus seiner Tasche ein Stethoskop zog.
      „Vor zwei Wochen“, sagte ich. „Eine sehr ausführlich arbeitende Tierärztin, vielleicht kennst du sie ja. Stelli heißt sie.“
      „Mhm“, murrte Benni, während er Divine abhorchte. „Die sagt mir was. Bis jetzt kann ich ihrer Diagnose auch in allen Punkten zustimmen. Ich würde das mit der trockenen Haut auch nicht auf die leichte Schultern nehmen. Daraus können sich im schlimmsten Fall noch weitere Symptome entwickeln.“ Benni beendete das Abhorchen und wendete sich wieder mir zu, das Stethoskop locker in der Hand. „Aber bei Dominant Weißen Pferden kann es schnell zu Hautentzündungen kommen, ich wünsche euch da Glück, dass das in Zukunft keine weiteren Probleme geben wird. Divine war damals-“, wollte anfangen zu erzählen, als der Hengst seinen Kopf etwas zur Seite streckte und nach dem Stethoskop schnappte. Benni war zu langsam. Das Maul schloss sich und Divine riss dem erstaunten Tierarzt das Gerät aus der Hand, um es dann mit viel Schwung hin und her zu schleudern.
      „Divine!“, quietschte ich erschrocken auf und wollte dem Pferd das Stethoskop aus dem Maul ziehen. Benni war jedoch schneller, hatte sein Stethoskop gepackt und Divine im Gegenzug ein Stück Möhre aus seiner Jackentasche angeboten.
      „Du hast Recht“, sagte der Doktor zu dem Pferd. „Die Möhre hätte ich dir schon längst geben sollen.“
      „Das tut mir so Leid!“, sagte ich und nuschelte noch ein paar Entschuldigungen. „Ich hoffe, es ist nicht weiter kaputt gegangen.“
      „Ach Quatsch“, Benni lachte erfreut auf. „Es ist schön zu sehen, dass es ihm gut geht.“ Divine schnaubte zustimmend.
      „Sie waren gerade dabei etwas von Divines Vergangenheit zu erzählen. Ich wäre sehr interessiert mehr darüber zu erfahren.“
      „Wir können uns gerne duzen, ich bin Benni.“ Er reichte mir abermals die Hand und wir lächelten uns freundlich an. „Aber ja, ich kann deinen Wunsch nachvollziehen. Viele Teilnehmer des HMJs haben mich schon nach mehr Informationen gefragt. Leider fallen die meisten Infos unter den Datenschutz, alles über den Vorbesitzer und so weiter. Aber vielleicht fallen mir noch ein paar Dinge ein.“ Er packte sein Stethoskop wieder zurück in seine Tasche. „Aber zuerst würde ich dich nochmal bitten, dass du Divine einmal im Schritt und einmal im Trab auf und ab führst. Dann habe ich bei meinem nächsten Besuch einen guten Vergleich, ob sich seine Verspannungen gebessert haben.“
      Ich band Divine los und zeigte erst seinen Schritt, dann den Trab. Benni stand mit zusammengekniffenen Augen daneben und begutachtete den Hengst. „Sehr gut“, sagte er, als ich wieder neben ihm stand. „Also natürlich nicht sehr gut, aber im Vergleich schon besser und ich denke, ihr werdet das schon schaffen. Habt ihr schonmal darüber nachgedacht, einen Physio- oder Chiropraktiker hinzuzuziehen? Natürlich nur, wenn ihr euch das geldlich leisten könnt. Ansonsten sind seine Beschwerden auch mit gutem Training und guter Pflege in naher Zukunft zu verbessern. Gute Arbeit Lina, wirklich gute Arbeit bis jetzt.“
      Ich lächelte zufrieden. Es war gut zu hören, dass Benni voll und ganz hinter meiner Arbeit mit Divine stand.
      „Ich glaube“, sagte Benni, „du kannst den Guten jetzt erstmal befreien. Ich habe nichts weiter an ihm zu untersuchen. Dass die Hufe viel besser aussehen, dass sehe ich von weiten. Da kommt natürlich auch noch Arbeit auf euch zu, aber trotzdem hat der Hufschmied da schon viel geleistet.“
      „Darf ich dich dann noch auf einen Kaffee oder einen Tee einladen?“, fragte ich.
      „Zu einem Tee sage ich nicht nein“, sagte Benni. „Ich würde meine Tasche vorher zurück zum Wagen bringen. Was hältst du davon, wenn wir uns in ein paar Minuten vor dem Stall treffen?“
      Ich nickte begeistert und brachte dann Divine auf den Paddock, wo El Pancho schon auf seine Gesellschaft wartete. Da die beiden Hengste friedlich waren, durften sie zusammen stehen. Danach ging ich noch schnell in Haus den Tee für Benni aufkochen.
      Einige Minuten später kam ich zurück zum Stall. Benni saß bereits auf der Bank vor dem Stall und schaute auf sein Handy. „Termine koordinieren“, sagte er. „Bei dem ganzen Trubel ist das gar nicht so einfach.“
      Ich hielt Benni die noch dampfende Tasse Kräutertee hin, die er dankend annahm, nachdem er sein Handy in die Jackentasche gesteckt hatte.
      „Du warst also wirklich dabei, als ihr Divine beschlagnahmt habt?“, hakte ich nach.
      „Ja, Divine und noch ein paar andere. Insgesamt fünf, denke ich. Eine trächtige Stute konnten wir zum Glück schnell unterbringen. Meinen Informationen nach hat sie vor kurzem ein gesundes Fohlen zur Welt gebracht. Die anderen drei sind gerade noch auf Pflegehöfen. Aber Divine war wirklich der Außergewöhnlichste der Pferde.“
      „Fünf Pferde auf einmal. Ich hoffe, die anderen finden auch schnell ein gutes Zuhause.“
      „Da mach dir mal keine Sorgen, Lina“, sagte Benni und nahm einen Schluck von dem Tee. „Das ist unser Job. Es müsste nur mehr Menschen wie dich geben, dann wäre das deutlich einfacher.“ Er lachte kurz auf. „Auch wenn Divines Vorbesitzer die Pferde erst nicht rausrücken wollte, schien er dann doch ziemlich erleichtert. Alle fünf Pferde hatten gesundheitliche Probleme, auf dessen Kosten er nun nicht mehr sitzt. Aber was soll man machen, so konnten wir sichergehen, dass jedes der Tiere die Behandlung bekommt, die es benötigt.“
      „Habt ihr denn etwas erfahren können, woher Divine ursprünglich stammt?“, fragte ich. „Ich habe ein Bild gefunden von seinem Feldtest als dreijähriger, aber danach verliert sich seine Spur.“
      „Tiefergehend haben auch wir leider nicht recherchiert. Der Züchter, eine Schande, dass man ihn so nennen kann, hat gerne billige und oft illegale Pferdegeschäfte im Ausland betrieben. So etwas wie Kaufverträge oder Impfpässe waren da Fehlanzeige. Aber wenn du möchtest, kann ich vielleicht einen Kontakt mit der Nachbarin des Züchters herstellen. Sie hat uns damals kontaktiert und hält uns seitdem über die Verhältnisse dort auf dem neuesten Stand. Vielleicht weiß sie noch mehr über Divine, immerhin ist er wohl mit einer der auffälligsten.“
      „Sehr gerne“, sagte ich. „Ich möchte wirklich so viel wie möglich erfahren, um Divine und seine Eigenarten besser verstehen zu können.“
      „Natürlich“, sagte Benni. „Alles verständlich.“ Er stand auf und reichte mir die Tasse. „Es hat mich gefreut und ich hoffe, dass ich beim nächsten Besuch wieder so guten Mutes ankommen und abreisen darf. Deine Nummer habe ich ja, ich melde mich in den nächsten Tagen bei dir, wenn ich vielleicht Neuigkeiten über Divine habe.“
      „Danke“, sagte ich. Dann verabschiedeten wir uns voneinander und Benni machte sich auf den Weg zum nächsten Pferd. Ich hingegen holte die kleine Aleen bei Colin ab und machte mich mit ihr zusammen auf den Weg zum Hallenauslauf. Dort holten wir Farena vom Auslauf und putzen sie. Das Shetlandpony hatte immer noch ganz schön viel Fell, so half ich Aleen, das Pony halbwegs Haarfrei zu bekommen. Als das Pony in sein Fliederfarbenes Outfit verpackt war, ging es zum Reitplatz. Dort hieß es dann Nachgurten und Aufsteigen. Ich ließ Aleen schon im Schritt die ersten Aufgaben Reiten. Ein paar Zirkel, einen Salom und ein Paar Schlagenlinien. Aleen hatte mit ihren 5 Jahren das Pony schon sehr gut unter Kontrolle.Im Trab ließ ich sie nochmal die selben Figuren reiten. Das Einzige was noch nicht so gut klappte war der Galopp, da das flotte Pony dazu neigte ein wenig zu viel Gas zu geben. Deshalb nahm ich das kleine Mädchen dafür an die Longe. Nach einer ¾ Stunde, waren wir fertig. Zum Abreiten, ritten wir noch eine Runde um den Hof bevor Farena zu den anderen Ponys auf die Weide durfte. Ich versprach Aleen noch, dass wir später noch einmal spazieren gehen würden, da sie das Pony am liebsten nicht mehr loslassen wollte. Freudestrahlen rannte die kleine zu ihren Eltern, während ich mich um meine anderen Pferde kümmerte.

      Luchy| Ich saß gerade mit meinem Mann auf der Veranda um eine kurze Pause zu machen, als mein Handy mit einem klingeln dazwischen an. Der Anrufer war Caleb O’Dell, der Besitzer der Bow River Ranch. “Hallo Caleb”, meldete ich mich am Telefon. “Hallo, Luchy. Ich rufe an wegen den Pferden von Juna die du in Pflege hast. Es gab da einen Schicksalschlag weswegen jetzt alle Pferde verkauft werden sollen. Juna mir aufgetragen die Pferd zu vermitteln”. “Ok”, sagte ich ein wenig schockiert über diese Nachricht. Ich rufe deshalb an , weil ich dir Mitteilen wollte, dass Pudgy, Totbringer und Cielo bereits verkauft sind. Pudgy geht zurück zu Cooper Chattahoochee, sie wollte sich noch mit dir in Verbindung setzen wann sie ihn abholt. Cielo und Totbringer gehen nach Schweden. Tori soll dort wohl ihr Gnadenbrot bekommen und Cielo weiter Ausbildung. Ich Informiere dich nochmal wann die beiden abgeholt werden. Ich schicke dir auch gleich noch eine Mail mit den weiteren Pferden die noch ein Zuhause suchen. Vielleicht interessiert dich ja eins von ihnen”. “Alles klar. Ich werde mir die Pferde mal ansehen. Danke für die Information. Wie läuft es bei euch den mit eurem HMJ Pferd?”, fragte ich den Ranchleiter. “Der arme Kerl sah ja ganz schön Schlimm aus”.”Ja, das sah er: So langsam sieht er tatsächlich aus wie ein Pferd. Vorallem wird er immer aufgeweckter. Gestern ist er allein über den Hof spazieren gegangen”, erzählte Caleb mit ein wenig belustigung in der Stimme. “Wie läuft es bei euch?”, erkundigte er sich. “Divine macht sich sehr gut. Lina trainiert schon fleißig mit ihm. Ab nächster Woche möchte sie testen ob er schon einmal geritten wurde”,erzählte ich. “Das klingt ja gut. Ich muss jetzt weiterarbeiten”, saget der Mann am anderen Ende und wir verabschiedeten uns. “Das war Caleb, er hat wegen Junas Pferden angerufen”, sagte ich zu Colin. “Und was ist mit denen?”, fragte mein Mann. “Sie sollen verkauft werden. Juna kann sie wohl nicht mehr halten. Mehr hat Caleb nicht gesagt”. Aleen kam um die Ecke. Die kleine kam gerade von ihrer Reitstunde mit Lina. “Na wie war deine Reistunde, meine kleine?”, fragte Colin die kleine und nahm sie auf den Schoß. “Super”, das kleine Mädchen strahlte wie ein Honigkuchenpferd. “Und Lina, hat gesagt wir gehen später nochmal mit Farena spazieren”, erzählte unsere Tochter. Farena von Hulshóf war ihr Pony. Farena war ein typisches Shetty, flauschig, freundlich, aber dennoch eigenwillig. Trotz mancher Schwierigkeiten waren die beiden unzertrennlich.

      Lina| Inzwischen war es Nachmittag und alle Pferde waren auf der Koppel. Divine und El Pancho standen noch allein auf der Hauskoppel. Heute wollte ich Divine in die Herde integrieren. Rumkugel, verstand sich leider nicht mit dem Weißen Hengst. Da die Kugels sich allerding mit Injaki und seiner Herde verstand, würden wir Rumkugel mit Divine tauschen. Rumkugel kam dann in die Box in der jetzt Divine stand und Divine in den Auslauf. Als erstes holte ich El Pancho, der die Herde schon kannte. Zwar hatten wir Divine schon immer einzeln zu den anderen Gelassen, aber in der Herde war das schließlich etwas anderes. Eigentlich machte ich mir nicht allzu viele Gedanken. Cleavant ‘Mad Eye’ war zwar neugierig, aber unkompliziert, Abe’s Aelfric würde sich vermutlich kaum für den Neuankömmling interessieren und die anderen Ponys waren meisten damit beschäftigt, sich gegenseitig zu ärgern. Also holte ich den weißen Hengst und stellte mich mit ihm an den Koppelzaun. Wie erwartet stand die gesamte Bande, bis auf Aelfric auf der andern Seite und begutachtete den neuen. Aelfric fand sein Gras spannender. Auch El Pancho, der schon den ganzen Tag mit Divine zusammen gestanden hatte, verlor schnell das interesse und begann wieder zu grasen. Mad Eye schnupperte freundlich an Divine, der das freundlich erwiderte. Mad Eye hatte wohl beschlossen, dass keine Gefahr von dem weißen Hengst ausging, denn er trottete nun in gemütlich Tempo zurück zu Aelfric. Nabuko folgte Mad Eye lieber anstatt sich mit dem Neuen anzugeben. So standen nun nur noch 3 Ponys am Zaun. PFS’ Caruso, PFS’ Artic Tiger und Amigo. Divine nahm seinen Kopf runter um Amigo und Tiger zu beschnuppern. Tiger oder auch von allen wegen seines Felles Silver genannt, war ausnahmsweise mal friedlich und schnupperte nur an Divine. Amigo hingegen nahm den neuen zum Anlass sich aufzuspielen. Er quietschte laut und begann sein Imponiergehaben. Der Porzellanschecke und das Minipony nahmen dies zum Anlass ein Wettrennen zu starten.Amigo vergaß den weißen Hengst und flitze den anderen beiden so schnell wie es sein Kugelbauch zu ließ hinterher. Ich ließ Divine nun auf die Koppel, wo er als erstes das Gras inspizierte. Er zeigte keinerlei Interesse an den rennenden Ponys. Nach einer Weile ließ er vom Gras ab und trotte zu Mad Eye, Nabuko und Aelfric rüber. Divine blieb etwa eine Nasenlänge von Aelfric entfernt stehen und strecke die Nase nach ihm aus. Aelfric nahm nur angewidert den Kopf weg und ging weg. Soweit scheint die Vergesellschaftung friedlich zu sein. Ich blieb noch eine halbe Stunde am Zaun und als ich sah , das alles friedlich war ging ich meinen anderen Tätigkeiten nach.

      Luchy| Ich hatte gerade Aleen ins Bett gebracht und setzte mich neben Colin aufs Sofa. Ich lehnte mich an ihn und er schloss die arme um mich. Endlich hatte ich Zeit die Mail von Caleb zu lesen. Colin legte sein Kinn auf meine Schulter und las mit.

      Von: BowRiveRanch@joellemail An:WhitehorseCreekStud@Joellemail
      Betreff: Gestütauflösung Deer Forest Equestrian Center

      Hallo Luchy,
      leider muss ich Mitteilen, das Juna Preschke, Leiterin den Deer Forest EC , durch einen Schickalsschlag nichtmehr in der Lage ist ihre Pferde zu versorgen. Sie hat mir den Auftrag gegeben ihre Pferde in ein neues Zuhause zu vermitteln. Zum Verkauf stehen grundsätzlich alle Pferde. Frigg, Totbringer und Cielo gehen an das Lindö Dalen Stuteri. Nevia geht zurück nach Italien zu Royal Peragee. Sayidah und Solider gehen zurück an Steffanie Westside. Briair und Pudgy gehen zurück zu Cooper.

      Noch zu verkaufen sind:
      Rhiakou's Pride, Traber
      Greased Lightning, Englisches Vollblut
      Glanny Hope, Englisches Vollblut
      Darkness Lord, Österreichisches Warmblut
      Elsa, Österreichisches WB
      Gold Veronica, Österreichisches WB
      CLC's Papermoon, DRP
      Delorian, Warmblut
      Grey Starbucks, Warmblut
      Flanell D'Egalité, Österreichisches WB
      Beastly Domina, Österreichisches WB
      Uruguay, Ungarisches Halbblut
      Hibana, Oldenburger
      Bittersweet Temptation, Paint Horse, falls ihn niemand nimmt kommt er zu mir zurück.
      Liebe Grüße,
      Caleb O’Dell

      “MMMMM, Domina ist eigentlich ein Interessantes Pferd”, sagte Colin zu mir. Ich klicke auf den Link und sah mir die Beschreibung an. Auch Flanell sah ich mir an. “Beide sind toll. Flanell bekommen wir bestimmt auch unter, aber wer kümmer sich um Mina?”, sagte ich und runzelte die Stirn. In dem Moment kam Jamie ins Zimmer. “Um was geht es?”, fragt der Schotte. “Es geht um ein HMJ Pferd vom letzten Jahr. Seine Besitzerin hat keine Zeit mehr für sie. Allerding ist sie nicht ganz einfach, ähnlich wie Miss Griselda Braun. Ich würde sie gerne Aufnehmen, aber wer soll sich denn um sie kümmern?”, erklärte ich ihm. “Ich würde sie übernehmen”, sagte er. “Bist du dir ganz sicher?”, hakte ich nach. “Ja, doch. Seit ich Lady Moon hab, fällt mir auf wie gerne ich Großpferde hab”, sagte der große rothaarige Mann schmunzelnd. “Gut, dann ruf ich Caleb an und sagt ich Bescheid”, murmelte ich während ich seine Nummer wählte. “Hey Caleb, ich nochmal. Ich habe mir gerade deine Mail angesehen und ich hätte Interesse an zwei Pferden”, sagte ich in das Telefon. “mm, ok”, kam es nur von der anderen Seite “Und zwar geht es um Flannel d’ Egalité und Beastly Domina. Flanell wurde mit seiner besonderen Farbe und seinem Potenzial unsere Zucht gut bereichern.Bei Mina geht es mir vorallem darum, dass sie ein gutes Zuhause bekommt. Mina wir immer ein Schwieriges Pferd bleiben”, erläuterte ich. “Oh, ja das ist gut, gerade bei Mina habe ich gehofft das sie an jemanden erfahrenen geht. Wenn ich mich Recht Erinnere hast du schon ein ähnlich traumatisiertes Pferd oder ?”, fragte Caleb nach. “Ja, genau Grisi hatte auch keine gute Vergangenheit”. “Zu Mina möchte ich dir noch was sagen und zwar ist sie tragend, laut Junas Mitarbeiterin, hat sie ihr Fohlen angeblich verloren, aber wenn ich ehrlich bin sieht die Stute nicht so aus. Also sei darauf Vorbereitet, dass sie tragend ist”, sagte Caleb. “Ok, das sollte kein Problem sein, wir haben eine Menge Fohlen hier und auch noch ein paar tragende Stuten. Ok, dann würde ich noch vorschlagen, dass wir das so Regeln, dass Tory und Cielo abgeholt werden wenn Mina und Flanell kommen. Dann braucht der Spediteur nicht zweimal hieraus fahren”.
      “Klar, ich klär das”. Wir verabschiedeten uns und ich legte auf. “Sieht aus als bekämen wir zweieinhalb neue Pferde”, sagte ich. “Zweieinhalb ?”, fragte mich beide Männer gleichzeitig. “Ja, Mina ist vermutlich tragend”, sagte ich ein wenig resigniert.
      Der Rest des Abends verlief ruhig, auch wenn ich und Colin noch lange am Kamin saßen und unsere Entscheidung überdachten.

      ...4 Tage später
      12.05
      Lina| Ich hatte gerade Divines Putzeug weggebracht, als der Transporter vorfuhr. Jamie und Luchy warten bereits im Hof. “Sind das die neuen Pferde?”, fragte ich Luchy. “Ja, genau”, bestätigte sie. Der Fahrer stieg aus und begrüßte uns, bevor er die Laderampe herunter ließ. Als erstes Stand die braune Stute auf dem Transporter. “Der Tierarzt musste sie sedieren, sonst wäre sie nicht auf den Hänger gegangen”, sagte der Fahrer. Vorsichtig führte er die Stute vom Hänger. Etwas müde starkste sie vom Hänger. “Wow, ich glaube Caleb hatte Recht. Diese Stute ist definitiv tragend”, sagte Jamie als er die Stute sah. Minas Bauch hatte ungefähr den dreifachen Umfang eines normalen Pferdes. “Ich bring sie unters Solarium, da kann sie erst einmal wach werden.”, murmelt Jamie und übernahm die Stute. Als nächstes holte der Fahrer Flanell vom Hänger. “Wow, ist der hübsch”, sagte ich und bewunderte den Tigerschecken, der aus dem Hänger trat. “Lina, brigst du ihn auf die Koppel neben der Außenboxherde, damit er schonmal seine Mitbewohner kennenlernen kann?”, fragte Luchy. “Na klar”, erwiderte ich und nahm den Hengst entgegen. Brav folgte mir Flanell bis zur Koppel. LMR Royal Champion, Lancasters Peppermint, Little Buddy und What’s Happend In The Dark standen neugierig am Zaun. Ich ließ Flanell auf der Nachbarkoppel frei und der Hengst ging gleich seine Kumples inspizieren. Pepper, der eigentlich immer freundlich war beschnupperte Flanell Aufmerksam und begann auch bald an seiner Mähne zu knabbern. Auch der sanfte Buddy war brav und freundlich zu dem Neuen. Champ schnupperte nur kurz und verlor ,dann das Interesse. Einzig Darky wollte lieber Streit anfangen, anstatt freundlich zu sein. Ich verscheuchte alle Zaungäste und ging erst, als ich sah, das alle wieder friedlich grasten. Auf dem Rückweg nahm ich Cielo und brachte ihm zum Transporter. Todbringer war bereits verladen. Auch Cielo ging auf den Hänger und dann hieß es Abschied für die beiden Ponys. Nachdem die Pferd abgeholt worden waren macht ich mich auf dem Weg zu Divine. Der weiße war inzwischen sehr gut in der Herde angekommen. Dennoch freute er sich über jeden Besuch von mir oder auch von jedem anderen Menschen. Es war immer wieder schön sein Wiehren zu hören, wenn ich kam. Heute stand ein langer Spaziergang auf dem Plan. Ich holte Divine also von der Koppel und schlug den Weg Richtung Bach ein. Freundlich und motiviert wie immer lief er neben mir her. Am Bach angekommen, ließ ich divine etwas im Bach planschen, bevor wir uns auf dem Rückweg machten. Zurück auf dem Hof bekam Divine noch sein übliches Wellnessprogramm. Morgen wollte ich es wagen und Divine einen Sattel zeigen. Deshalb bekam er heute den Rest des Tages frei.
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    • Wolfszeit
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      09.10.2020|Wolfszeit
      36 Grad und es wird noch heißer
      Maskota, Don Carlo, Legolas, Flanell d’Egalité, Lancasters Peppermint, Cleavant ‘Mad Eyes’, El Pancho, PFS’ Artic Tiger,HMJ Divine, PFS’ Caruso, Vikar, Voilá, Abe’s Aelfric, Farena von Hulshóf, Black Lady, Chessqueen, Finest Selection, Colour Splash, British Gold, Nathalie, Promise Of Sundance, Jora, Keks, Elvish Beauty, Mas’uda, Sunny Empire, LMR Ice Rain, Miss Leika, Walking On Sunshine, Saturn, Lifesaver, Elf Dancer, Herkules, Acerado, Craystal Sky, Miss Griselda Braun, LMR Fashion Girl, Carry On My Wayward Son, Injaki, Look at my hair, All Hope is Gone, Beastly Domina, Briair, Lady Moon, Blue Heart, Lady Swan, Vakany, Little Buddy, What’s Happend In the Dark, LMR Royal Champion, Cremella, Miss Monty, Minnie, Nurja, Ursel, Antigone, Doo Wop, Curly, Baroness, Rum, Amigo, Nabuko, Fiama di Royal Peerage, WHC’ Delicious Donut, WHC’ Secrect Fashion, WHC’ Mimithe, WHC’ Minya, WHC’ Oshawa, WHC’ Venice, WHC’ Candela, WHC’ Mitena

      Lina| Mit einen schrillen klingeln weckte mich mein Handy. Noch ganz verschlafen tastete ich nach dem Gerät um es auszuschalten. Es war 4:30 Uhr. Da es heute extrem heiß werden sollte, wollte ich heute besonders früh anfangen.Gähnend, rollte ich mich aus dem Bett und tapste ins Bad. Ich duschte mich, putzte die Zähne und zog mich an.Nach der Dusche fühlte ich mich auch gleich lebendiger.
      Am Himmel war schon ein heller Streifen zu sehen und die Sonne kletterte langsam über den Bergrücken. Ein kleiner Vogel flog durch die Morgenluft und zwitscherte fröhlich ein Lied. Noch etwas verschlafen machte mich auf den Weg zum Hauptstall, weil ich heute mit Maskotka anfangen wollte. Als ich den Stall betrat,waren die meisten Pferde noch am schlafe und auch die Dunkelfuchsstute lag noch im Stroh. Masko hob verschlafen den Kopf als ich die Boxentür öffnete. “Guten Morgen hübsche”, sagte ich sanft zu der Stute und zupfte ihr einen Strohhalm aus dem Schopf. Ein wenig verwirrt über die frühe Störung blickte mir die Stute aus ihren braunen Augen entgegen. Langsam wanderten die Ohren, die anfangs noch entspannt herab hingen, nach vorne. Ich hielt der Stute eine Möhre vor die Nase, die sie auch sogleich fraß. “Na, komm süße, wollen wir noch etwas schaffen bevor es so richtig warm wird”, sagte ich zu ihr und stand auf. Noch waren angenehme 23 Grad. Masko war inzwischen aufgestanden und schüttelte sich. Ich holte die Fuchsstute aus ihrer Box und band sie am Putzplatz an. Ich begann damit das rötliche Fell der Stute zu striegeln. Ich liebe das neue Putzzeug was ich für sie hatte, denn es sammelte den Staub perfekt aus dem Fell raus. Jedes Pferd glänzt wunderschön wenn ich es mit diesen Bürsten geputzt wird. Nachdem ihr Fell sauber war, begann ich das Stroh aus ihren Langhaar zu sammeln, was bei ihrem voluminösen Schweif ein wenig dauerte. Fertig eingekleidet in dunkelblau ging es dann in die Reithalle. Dort angekommen ging es erst einmal ans aufwärmen, bevor es an die Dressurarbeit ging. Nach 20 Minuten beendete ich die Trainingseinheit und entließ die Stute, nach dem Abreiten zurück in ihre Box. Daniel und Elijah, begannen nun die Pferd zu füttern und wie jeden Morgen machte Don Carlo einen riesen Rabatz und trat gegen seine Boxentür, bis er sein Futter bekam. Der lackschwarze Hengst ein paar Boxen weiter schaute lieber noch gemütlich aus seinem Fenster und beobachtete die Ponys auf dem Unterhausauslauf. Legolas war allgemein ein eher unauffälliger Hengst, dennoch im Umgang ein wahrer Schatz. Masko futterte inzwischen ihr Frühstück. Ich gab ihr noch eine Möhre in den Trog und machte mich dann auf den Weg zu den Außenboxen, wo Lancasters Peppermint schon auf mich wartete. Pepper versuchte seinen Boxennachbarn Flanell d’Egalité zu ärgern, indem er versucht in seine Mähne rein zu beißen. Flanell seinerseits war auch nicht ganz untätig und versuchte ebenfalls in Pepper rein zu beißen. “Na ihr zwei Clowns”, sagte ich zu den beiden Hengsten und brachte sie auseinander. Doch als ich kurz nicht hinsah versuchte Pepper wieder den Hals lang zu machen um Flanell weiter zu ärgern.

      Für Pepper stand heute nur lockere Halfterlonge an, da er gestern ein anstrengendes Training hinter sich hatte. Also ging ich zuerst in die Sattelkammer um eine Möhre und eine Longe zu holen. Ich hielt dem schwarz-weißen Hengst die Möhre entgegen, die er genüsslich kaute, während ich ihm das Halfter anzog. Zusammen mit dem großen Hengst machte ich mich auf den Weg in die Logierhalle. Ich ließ ihn erst einmal im Schritt ein paar Runden laufen, bevor ich ihn in den Trab und anschließend im Galopp einige Runden flitzen ließ. Frisch bewegt durfte Pepper noch einmal in seine Box, da es erst in einer halben Stunde auf die Koppel ging.
      Am Oberhausauslauf angekommen kam mir als erstes Mad Eye und Panchy entgegen. Während Panch mir freundlich entgegen schaute und wartete bis ich ihm ein Leckerlie gab, machte sich Mad Eye lieber selbst auf dIe Suche nach etwas essbaren. “Ey du kleine Frechdachs”, schimpfte ich den Wallach und schubste seine Nase weg. Der Knabstrupperhengst, der brav wartete bekam ein Leckerlie, welches er auch zufrieden verspeiste. Cleavant begann nun mit den Huf zu scharren um so ein Leckerlie zu bekommen. “Maaadi so bekommst du nix”, sagte ich zu dem Schecken und stupste ihn an. Der Hengst schüttelte empört den Kopf, hörte aber tatsächlich auf zu betteln. “So bist du brav”, lobte ich den Hengst und gab ihm sein Leckerlie. Als nächstes sprang mir der kleinste Bewohner des Paddocks in den Weg, sodass ich fast über ihn fiel. Der Silberne Hengst sah mich frech an. “Na Tigerchen. Lach für mich”, raunte ich dem Miniature Horse zu und gab ihm ein Handzeichen. Daraufhin streckte er den Kopf und hob seine Oberlippe. “Braaaav”, lobte ich den kleinen Mann und gab ihm eine Belohnung. Verfolgt von dem kleinen Hengst, kam ich nun endlich zu dem Pferd, weswegen ich eigentlich hier war. Der weiße Hengst stand noch gemütlich mit Caruso im Schatten des Unterstandes. Die beiden Pferd beknabbern sich freundlich und ich sah den beiden eine Weile zu, bevor Caruso mich bemerkte und von Divine abließ. Beide Hengste kamen nun an getrottet. Ich steckte beiden ein Leckerlie zu, bevor ich den weißen Freiberger aufhalftete. Ich ging mit dem Hengst zum Putzplatz. “Morgen Jace”, rief ich dem jungen Mann entgegen der gerade mit Vikar vorbei lief. schaute ihn aber nur kurz an. Unsere Beziehung war immer noch seltsam. “Morgen”, murmelt er und ging ohne ein weiteres Wort an mir vorbei. Nachdem ich Divine ein wenig verwöhnt hatte ging es noch einmal das Aufstellen üben. Durch seine Rücksichtsvolle Art war das führen kein Problem. Bei Aufstellen neigte er dazu geschlossen zu stehen und ein wenig rum zu hampeln. Also ging ich mit ihm auf dem Platz. Zum Glück weht dort ein sanfter Wind, welcher die ansteigenden Temperaturen etwas erträglicher machte. Nach 20 min beendete ich die Übung. “So mein hübscher, jetzt gibt es noch eine Dusche für dich und dann darfst du zu den anderen auf die Koppel”, sagte ich zu meinem Hengst und klopfte ihm den Hals. Ich duschte den Freiberger ab und sprühte ihn dann mit Insektenspray ein. Mit Fliegenmaske ging es dann auf die Koppel. Divine war der erste, weshalb ich beschloss auch noch die anderen Hengste rauszustellen. El Pancho stand nicht im Auslauf, weil er gerade versorgt wurde. So schnappte ich mir als erstes Aelfric, Mad Eye und Tiger. Die drei ließen sich wie immer brav auf die Koppel bringen. Als ich zurück an den Auslauf kam wurde Nabuko gerade von seiner Reitbeteiligung geholt. Das Mädchen hatte aktuell Ferien, weshalb sie immer schon besonders früh auf dem Hof war. So blieben nur noch Amigo, Rumkugel und Caruso übrig, die ich auch auf die Koppel brachte. Meine beiden Shettys Voilá und und Farena hatten heute frei, sodass ich die beiden Stuten nur raustellen musste. Also holte ich die Stuten vom Auslauf und brachte auch sie auf die Koppel. Fehlte heute also nur noch ein Pferd. Meine schwarze Schönheit Black Lady. Ich betrat den Stall und die Stute grummelt mir schon freundlich entgegen. Für die Stute stand heute nur ein kleiner Spaziergang an. “Guten Morgen meine hübsche”, begrüßte ich sie und strich ihr liebevoll über die Strin. Für die Stute gab es dann noch ihr Lieblingsleckerli, eine halbe Banane, bevor ich ihr das Lilaflauschhalfter anzog und den Strick ein hakte. Ihre Boxennachbarin Chess streckte neugierig ihren Kopf aus der Box, als ich Lady hinaus brachte. Vor dem Stall kam mit Jace entgegen, der gerade Sally und Splash auf die Koppel gebracht hatte. British wieherte uns zu, als wir an den Koppel vorbei kamen. Promise, Nathy und Gold folgten und am Zaun entlang, bis die Koppel endete. Nach einer großen Runde um den Hof spritzte ich die Stute ab und brachte ich Lady auf die Koppel. Im Anschluss half ich die Pferde abzuspritzen und auf die Koppel zu bringen, denn die Temperaturen lagen inzwischen bei 38 Grad und sollten noch weiter Steigen. Als alle Pferde versorgt waren packte ich noch die letzten Sachen für den Flug zusammen, denn morgen ging es für Alec und mich mit Divine und Churro nach Italien.

      Zwei Tage später auf dem Sommertunier

      Ein kleines Mädchen| Neugierig blätterte ich im Programmheft.. “PAPA, es gibt weiße Freiberger?”, fragt ich meinen Vater. “Scheinbar schon”, antwortete er und schaute stirnrunzelnd in das Programmheft. “Scheint ne gute Abstammung zu haben”. “Den Hengst will ich unbedingt sehen”, quiekte ich und hüpfte aufgeregt auf und ab.”Der sieht aus wie ein Einhorn… da fehlt nur noch GANZ VIEL Glitzer”. Ein paar Minuten später folgte ich meinem Vater zu der Zuschauertribüne. Ich hibbelte ein wenig herum, bis das weiße Pferd den Platz betrat. Eine recht kleine Frau führte das Pferd bis zu einer Stange die auf dem Boden lag. Dort blieb die Frau stehen. “Der ist in echt noch vieeeel schöner”, sagte ich staunend zu meinem Vater. Nachdem das Pferd ein paar Minuten dort rum gestanden hatte, liefen sie im Schritt ein paar Runden links und dann rechts rum. Danach machten sie dasselbe noch einmal im Trab. Danach verließen sie den Platz leider schon. “Die sind ja gar nicht galoppiert”, sagte ich traurig. Ich sprang auf und lief Richtung Stallungen. Dort fand ich die Frau mit dem weißen Hengst. “Darf ich ihn mal streichen?”, fragte ich neugierig. “Na klar”, sagte die Frau freundlich. Ich hielt dem weißen Pferd meine Hand entgegen. Snaft pustete er die Luft aus seinen großen Nüstern. “Er hat ja ein gaaanz weiches Maul”, sagte ich und strich ihm über den Kopf. “Wie heißt er ?”. “Er heißt Divine”, antwortete die Frau. “Wow, ein voll schöner Name für ein schönes Pferd”.

      Am Nachmittag

      Alec| Ich hatte meinen braunen Hengst bereits aufgewärmt und ritt noch ein paar Runden Schritt um darauf zu warten bis wir aufgerufen wurden. “Nummer 401 bitte an den Start”, das war unser Signal. Ich strich meinem Hengst nochmal über sein Schokobraunes Fell und ritt zum Start. “Nun sehen wir Chocolate Churre vorgestellt von Alexander Lightwood”, ertönte es aus den Lautsprechern. Dort angekommen grüßte ich die Richter und dann ertönte auch schon gleich die Glocke. Ich galoppierte Chocolate Churro aus dem stand an. Ich versammelte meinen Hengst vor der ersten Station um mir den Becher von der Stange zu schnappen. Auf der Strecke zwischen den Stangen ließ ich ihn wieder etwas an Tempo zulegen, bevor ich ihm vor der zweiten Stangen wieder einfing. Ich schaffte es gerade so den Becher auf der Stange zu platzieren ohne die Stange dabei um zu reiten. Das nächste Hinderniss war ein leichtes für meinen Hengst, da wir die Brücke auch gerne in unsere Bodenarbeit einbauten. Brav überwand Churro das Hinderniss. Die nächste Aufgabe würde eine menge Konzentration brauchen, da ich genau wusste ,dass der Hengst sich mit den Galoppwechseln noch ein wenig schwer stand. Schon ein paar Meter vor dem Slalom holte ich den Hengst zu mir. “Jetzt schön aufpassen mein hübscher”, raunte ich ihm zu. Der erste Galoppwechsel war ein wenig holprig, aber der nächste klappte schon besser. Das letzte Fähnchen streiften wir ein wenig, aber dafür, dass Galoppwechsel nicht seine beste Lektion waren machte der Hengst das super. Die letzten beiden Aufgaben meisteren wir schließlich auch noch. Nach beendigung des Parcours Ritt ich den Hengst noch ein wenig im Schritt, damit er sich noch einmal ein wenig entspannen konnte.
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    • Wolfszeit
      Nationalteam Teil IV | 07. März 2021
      Baroness Of the Guard // Antigone // WHC’ Candela// WHC’ Mitena // Abe’s Aelfric // Crystal Sky// HMJ Divine// Nabuko// PFS’ Caruso // Miss Leika// Acerado// Saturn// Finest Selection//Chessqueen// Maskotka // Vikar
      Glymur // HMJ Holy // Kempa // St.Pauli’s Amnesia // Satz des Pythagoras // Blávör // Snúra


      Vriska
      In der Runde ist Ruhe eingekehrt. Ein bekanntes Gesicht tritt dazu. “Was ist denn hier für eine Trauerrunde?”, fragt Max überrascht.
      “Bis eben haben wir die Ruhe der Natur genossen”, zischte ich ihn an. Im Flammenschein sah ich, dass er die Augen verdrehte und sich zu uns setzte.
      “So und was geht hier jetzt ab?”, stört er wieder Ruhe.
      “Håll käften!”, beschimpfte ich Max an.
      “Selber!”
      “Boa, könnt ihr mit dem Kindergarten aufhören?”, mischte sich nun auch Ambrose ein, der wie alle anderen, die Ruhe genießen mochte.
      “Wollen wir ins Bett gehen?”, flüsterte mir Ju zu. Ich verabschiedete mich von allen, besonders Lina, die sich offenbar Sorgen machte.

      “Darf ich wieder mit in Bett oder diesmal auf dem Boden?”, fragte er liebevoll. Tatsächlich habe ich mir darüber keine Gedanken mehr gemacht, aber wäre es nicht besser, wenn er wie ein Hund auf dem Boden schläft?
      “Nein, du kannst mit ins Bett kommen”, bot ich ihm an.
      Es ist still. Die Stille wird immer wieder durch leises Gelächter vom Feuer unterbrochen. Ebenfalls bin ich der Meinung, dass aus einigen Zimmern weiter stöhnen die Ruhe stört. Durch meinen Kopf strömen tausend Gedanken. Wieso macht Milena sowas? Wieso bin ich hier? Ich hätte am Hof bleiben sollen, oder sogar nach den Ferien zurück zu meinen Eltern nach London. Dort war alles gut. Meine Freunde haben mich unterstützt, ich hatte Spaß. Vielleicht war doch nicht alles gut? Ich habe viele Nächte und Tage in diversen Krankenhäusern verbracht, meine Eltern haben sich immer Sorgen gemacht. Wieso? Sie hätten sich mehr Kümmern sollen. Jetzt liege ich hier, fühle mich unwohl und warum? Meine Eltern hat es nie wirklich interessiert, was mit mir ist. Es war nur wichtig, dass die Noten stimmen. Mein Gewicht. Meine Kleidergröße. Sein ganzes Leben dreht sich um Zahlen. Es war nur wichtig, wie ich auf sein Team wirke.
      “Du bist ja noch wach.”, sagt Ju plötzlich und guckt zu mir. An meiner Wange laufen Tränen herunter.
      “Ich kann das nicht mehr”, antworte ich und fange endgültig an zu weinen.
      “Ach, Kleines. Hör auf zu weinen. Wir kennen uns nicht, oder kaum. Wie es dir lieber ist. Aber du bist ein starkes Mädchen. Was auch immer los ist, es werden bessere Zeiten kommen. Ich kann dir nicht sagen, wann oder wie lang es dauern wird. Aber ich weiß, dass es besser wird. Und ich habe bisher niemanden getroffen, der sich so gegen Niklas Magie wehren konnte”, muntert er mich auf. Bei dem letzten Satz muss ich sogar lachen, schließlich bin ich fast schwach geworden. Er legt sich wieder hin. Seine Schulter ist nun der einzige Platz den brauche und möchte.

      Lina
      Eine Weile, nachdem Vriska das Feuer verlassen hatte, beschloss auch ich ins Bett zu gehen. Heute waren immerhin ein anstrengender Tag gewesen. “Ciao Leute”, verabschiedete ich mich in die Runde und machte mich auf den Weg zu meiner Wohnung. “Warte Lina”, kam es von Jace. “Ein wenig verwirrt drehte ich mich um. ”Ich begleite dich”, sagte er und legte mir den Arm um die Schultern. “Hast du Sorge, dass ich auf den zwei Metern gefressen werde?”, fragte ich ihn neckisch. “Nein, eigentlich nicht. Eigentlich wollte ich mit dir Reden”, antwortete er. Inzwischen standen wir vor der Tür des Mitarbeitergebäudes. Der Hof lag dunkel und still hinter uns. Die einzige Lichtquelle waren die zwei kleinen Lampen neben der Tür, die ein gelbliches Licht auf uns warfen. Ich drehte mich zu Jace um und sah ihn an. “Jace… Ich denke, ich muss das alles erst einmal verarbeiten. Es war ziemlich viel in den letzten Tagen. Ich denke, ich muss das Erst einmal verarbeiten. Und ich denke, wir sollten wirklich noch einmal ganz von vorne beginnen und das ganze erst einmal langsam angehen”, erklärte ich ihm. “Ok”, ich konnte sein Ausdruck nicht ganz deuten er schien einerseits enttäuscht, aber auch wieder nicht. Dieser Mann verwirrte mich eindeutig. ”Wir sehen uns morgen”, sagte ich und ging ins Haus. Müde und erschöpft schleppte ich mich in mein Bett.

      Vriska
      “AUFSTEHEN. ALLE.”, weckt mich die kratzige Stimme von Frau Wallin, die offenbar auch eine kurze Nacht hatte. Hoffentlich gibt es keinen Ärger, dachte ich mir. Mein Blick geht nach links auf die andere Bettseite, auf der Ju lag. Doch wo ist er? Ich klopfe an die Badezimmertür, keine Reaktion. Langsam öffne ich die Tür - niemand da. Komisch. Rasch ziehe ich mir etwas über und gehe zu dem Raum, in dem gefrühstückt wird. Dort sehe ich bereits Ju bei Niklas sitzen. Auch Milena und Anna sind da, die sich nun prächtig vertragen. Nervös bleibe ich am Türrahmen stehen und gucke, wo ich hin soll. Lina ist noch nicht da, generell scheinen nur die Schweden anwesend zu sein. Also bleibt mir nichts anderes, als mich dort zuzusetzen.
      “Na gut geschlafen, Kleines?”, fragt Ju freundlich und legt wieder seinen Arm um mich.
      “Mehr oder weniger.”, antworte ich kurz gebunden.
      “So Leute, schön das ihr da sein. Es tut mir leid, dass ich euch so früh wecken musste. Heute kommt der Schmied für einige Pferde. Also wenn eure dazu müssen, sagt mir bitte jetzt Bescheid. Ansonsten trainiert ihr heute für euch. Wir werden für euch da sein, wenn ihr Hilfe braucht aber schätze ihr seid alle Volljährig und müsst selbst wissen, was ihr macht. Deswegen möchte ich auch gar nicht wissen, warum es so stark am Feuer gerochen habt. Aber denkt dran, vor jedem Turnier müsst ihr zum Drogenscreening. Für euch steht Ende Oktober die Qualifikation für das nächste Semester an.”, erklärt Herr Holm und setzt sich zurück zu den anderen Trainern.
      “Nach dem Niklas deinen Hengst gestern schon reiten durfte, sogar zweimal, würde ich heute auch gern mal das Island-Feeling bekommen”, sagt Ju selbst sicher. Skeptisch gucke ich zu ihm.
      “Wenn du möchtest, aber ich setze mich nicht auf deine Stute. Smoothie war mir gestern bereits zu groß”, antworte ich.
      “Ich bin ja dafür, dass Nik Smoothie uns heute mal oben ohne präsentiert”, entscheidet Milena und fängt an zu kichern. Anna steigt mit ein. Um keinen zu beleidigen, beiße ich mir auf der Zunge herum. Die beiden Weiber nerven mich gerade so sehr, dass ich am liebsten den nächsten Flug nach Hause nehmen würde. Interessehalber ziehe ich mein Handy aus der Hosentasche und prüfe bei Google die Flüge. Tatsächlich gibt es einen Last-Minute-Flug in 4h, aber dann müsste aber Glymur hier bleiben. Das geht nicht. Gerade als ich das Ding zurück in meine Hosentasche stecken, als es Vibriert. “Hej alles gut bei dir? Du hast dich nicht gemeldet. Wenn was ist, sag’ bitte Bescheid. Ich mache mir Sorgen”, schreibt Tyrell.
      “Ist das dein Freund?”, fragt Ju neugierig, als er offenbar mit liest.
      “Nein, nein. Das ist mein Chef.”, antworte ich kurz und packe mein Handy schnell weg.
      “Aber da war …”, fängt er an zu sprechen. Natürlich weiß ich, worauf er hinaus möchte. Mein Hirn schalltet schnell und ich küsse ihn.
      “Das war ja nicht weiter anzusehen. Endlich hat einer von euch den Schritt gemacht”, seufzt Niklas erleichtert.

      Lina
      Das Klingeln meines Weckers riss mich aus meinem Schlaf. Träge rollte ich aus dem Bett. Jetzt brachte ich erst mal eine schöne Dusche. Der Tag heute würde anstrengend genug werden. Ich hatte nämlich Schmieddienst. Das hieß den ganzen Tag Pferde holen, beruhigen, Hufe halten, das volle Programm.
      Zwanzig Minuten später trudelte ich dann auch bei Frühstück ein. Bisher waren nur wenige da, obwohl es schon spät war. Mit den Augen überflog ich die Tische in der Hoffnung jemanden zu entdecken, mit dem ich Frühstücken konnte. Ich hatte gerade Vriska entdeckt, da kam Jayden an. “Ah, gut das ich dich gefunden hab”, sagte er erleichtert. Er wirkte als sei er hergerannt. “Alles, gut du siehst aus als seiest du einen Marathon gelaufen?”, fragte ich ihn. “Ääääää, … nein. Baroness ist durch den Zaun gerannt, hat ihn kaputt gemacht und jetzt rennen alle Pferde von der Koppel, besonders die Fohlen überall um. Vor allem die beiden Jungstuten scheinen ihre Freiheit zu genießen. Also bitte hilf uns die ganzen Tierchen wieder einzufangen”, erklärte er ein wenig hektisch.
      Na toll das war's wohl mit einem entspannten morgen. Ich folgte Jayden und sah das Chaos. Fiama fraß gerade die frisch gepflanzten Blumen am Reitplatz. Mimithe und Donut fegten über den Platz und sahen nicht so aus als wollten sie sich von Hazel und Samu fangen lassen. Immerhin hatten Quinn und Sheena schon Mijou, Minnie Maus, Briar und Vakany eingefangen. Venice war das einzige Fohlen, was sich zu benehmen wusste und bei seiner Mama blieb. Während Mitena gemütlich auf dem Rasen graste, demonstrierte Candela gerade ihr Springtalent und setzte elegant über den Zaun vom Reitplatz, um den Ponys in ihrem Auslauf einen Besuch abzustatten. Die Fellponystute, die das Chaos verursachte hatte, kam geradewegs auf mich zu gerannt.
      “Stop Nessi”, reif ich der Stute zu und breitete die Arme aus. Die Stute, die scheinbar nicht mit widerstand, gerechnet hatte, legte einen wunderschönen Sliding Stop ein und blieb verblüfft vor mir stehen. Scheinbar wollte die Stute doch Westernpferd werden. Noch bevor die Stute es sich anders überlegen konnte, schnappte ich mir eine Strähne ihrer Mähne und führte die daran zum leeren Ponyauslauf um sie dort zu parken.
      “So, genug Auslauf für dich”, sagte ich zu der Stute bevor ich mir überlegte wie wir jetzt noch die andern Pferde einfangen konnten.

      Vriska
      So schnell Lina da war, war sie auch schon wieder weg. Von draußen hörte man hektisches Rufen und Pferdegetrappel. In mir spielte sich das reine Chaos ab. Ich verabschiede mich und renne raus. Offenbar hatte eine der Ponystuten am Hof den Zaun zerstört, in mir lässt es mich jedoch nicht los. Auch, wenn ich Glymur noch nicht lange kenne, weiß ich, dass er unberechenbar sein kann und teilweise seine Hormone nicht im Griff hat.
      “Habt ihr Glymur gesehen?”, frage ich panisch.
      “Nein, der müsste draußen stehen”, ruft Lina im Stress zurück.
      Zur Sicherheit gehe ich in den Stall und hole den Strick von ihm, mache mich auf den Weg zur Weide. Es ist Tag der offenen Tür. Super. So schnell ich mit meiner Verletzung rennen kann, gehe ich zu Lina, die noch immer Schwierigkeiten hatte die fliehenden Ponys zu bekommen. Eins, dass mir nicht bekannt ist, läuft mir in die Arme und ich lege den Strick um ihren Hals.
      “Wir haben ein großes Problem.”, sage ich zu Lina und reiche ihr das Pony.
      “Ein größeres als frei laufende Ponys und Fohlen? Bist du schwanger?”, scherzt sie.
      “Nicht ich, aber bald alle Stuten. Entweder hat jemand das Tor nicht richtig zu gemacht, oder Glymur hat herausgefunden, wie dieses aufgeht. Er steht nicht mehr auf der Weide. Checkpoint steht noch da und frisst. Doch das Testotier ist weg.”, sage ich verzweifelt zu ihr.

      Lina
      “Oh, dann müssen wir ihn wohl zuerst finden”, antwortete ich und stellte Antigone zu Nessi auf den Paddock. Das hatte ja noch gefehlt ein frei laufender Hengst.
      “Eigentlich gibt es nicht allzu viele Möglichkeiten”, sagte ich zu Vriska, während ich schon loslief, “unsere Stuten, stehen fast alle auf der Sommerkoppel, da müsste er schon verdammt weit gelaufen sein. Ich vermute, er wird eher zu euren Stuten gelaufen sein”. Da die Gastpferde deutlich näher am Hof standen, war es deutlich wahrscheinlicher das der Hengst eher da auf Erkundungstour sein würde. Mein Verdacht bestätigte sich leider, als ich um die Ecke des Stalls bog. Hinten bei den Stutenkoppeln galoppierte etwas Schwarz Weißes auf den Zaun zu.

      Vriska
      “Kom hit, Fähundar! (Komm her, Idiot)”, brülle ich meinen Hengst an. Erschrocken bleibt er stehen und spitzt die Ohren. Langsam laufe ich Glymur zu, der entspannt am Gras zupft.
      “Nochmal gut gegangen?”, fragt Lina vorsichtig.
      “Ich weiß es nicht.”, antworte ich und nehme ihn an den Strick. Vertraut folgt er mir. Nun bleibt uns nur zu beten. Mittlerweile hat auch Frau Wallin wind davon bekommen.
      “Hat er seine Arbeit verrichtet?”, fragt sie.
      “Ich weiß es nicht. Er stand auf der Weide”, erkläre ich ihr. Sie nimmt mir den Hengst ab. Durch das kurze Joggen bin ich noch immer aus der puste und bekomme schlecht Luft. Langsam folge ich Gruppe. Frau Wallin stellt den Hengst zurück, wo er hing gehört und bindet den Strick zusätzliches als Verschluss ran.
      “Geht’s?”, fragt sie dann, als ich angeschlichen komme.
      “Mehr oder weniger”
      “Am besten setzt du dich erst mal hin”, rät meine Trainerin mir. Sie hat recht. Langsam gehe ich zurück in den Saal, in dem noch immer die Truppe sitzt.
      “Alles gut?”, fragt Ju mich, als ich mich dazu setze.
      “Mehr oder weniger. Tausend Leute stellen mir die gleichen Fragen stellen. Glymur hat sich aus dem Staub gemacht, wie die Ponys vom Hof. Dann ist er zu unseren Stuten.”, erzähle ich.
      “Warte was? Dein Monster war bei unseren Stuten? Der macht die unrein!”, fängt Milena an sich aufzuregen.
      “Was ist denn jetzt dein Problem? Ich kann das Pferd nicht bemuttern”, schnaube ich sie an. Anstatt mir diesen Stress anzutun, hätte ich zurück in mein Zimmer gehen sollen. Milena nervt mich schon wieder total. Erst macht sie gestern einen ‚Es tut mir so unglaublich leid, ich hab dich so lieb‘ und jetzt ist Nik wieder aktuell. Immer bin ich das fünfte Rad am Wagen.
      „Es reicht mir mit dir. Ich merke, dass du neidisch bist auf das, was ich mit Niklas habe. Und Anna.“, beginnt nun Milena wieder. Es scheint sie wirklich zu stören, dass ich sie ignoriere. Innerhalb weniger Tage hat sie es geschafft ihren Charakter um 180 Grad zu wenden, was sagt das über sie aus?
      „Hallo? Hörst du mir zu?“, die Wut kocht in hier hoch und langsam hebe ich meinen Kopf. Dabei fällt mir auf, dass Anna ihre Hand hält.
      „Was möchtest du von mir hören? Dass ich stolz auf dich bin, dass du mit Niklas geschlafen hast und Anna? Oder soll ich mich entschuldigen, dass ich vom Pferd gefallen bin und deswegen du nicht mehr die primäre Rolle bei den Trainern bist?“, erwidere ich.
      „Wenigstens habe ich schon mit jemanden geschlafen und nicht wie du, die jeden Typen anweist, nach dem er eine feste Bindung sucht. Mehr möchte. Du missbrauchst jeden emotional und dann liegst du in deinem Bett, heulst und fragst dich, wieso doch keiner mag. Denk‘ mal drüber nach“, keift sie.
      Plötzlich ist es still. Jemand lässt seine Gabel auf den Teller fallen. Wenn nun noch ‚Cut‘ gerufen werden würde, wäre ich glücklich. Dann wüsste ich, dass es ein Traum war.

      Niklas
      Während die Weiber ab Diskutieren sind, überlege ich die ganze Zeit, wer von den beiden seine Tage hat. Es ist doch nicht normal, dass sich jeder hier anzickt. Vriska ist Jungfrau? Das hätte ich nicht erwartet. Sie gehört zu den interessanten Menschen. Einerseits zeigt sie ihre harte Seite, niemand kann ihr etwas, doch mit dem richtigen Schalter sind die lammfromm. Als würde ich Smoothie von D-Ring auf Kandare verwechseln.
      „Ich kenne da jemanden, der das ändern kann.“, sage ich unbedacht zu Vriska, die nervös auf ihrer Unterlippe herum beißt und immer wieder ihren Kiefer anspannt. Das ist eine blöde Angewohnheit. Als ich jünger war, habe ich das auch getan und heute, wenn es besonders stressig ist, mache ich es noch immer.
      „Wisst ihr was? Wenn jetzt schon der ganze Raum aufmerksam dem Gespräch folgt: Ja, es kann sein das ich Männer emotional missbrauche, doch das tue ich nicht bewusst. Ich möchte einfach nichts Festes. Ja, ich bin Jungfrau und genug von euch, werden das sicher als kostenlose Matratze betrachten. Könnt ihr vergessen. Und nun noch zu dem Offensichtlichen. Ja, ich bin magersüchtig. Ja, meine Brüste sind fast nicht da. Ja, mein Kreuz ist trotzdem so breit wie von einem Bodybuilder. Ja, ich komme nicht aus Schweden und auch nicht auf Deutschland. Ich bin Britin. Und ja, ich war drogenabhängig und kämpfe seit fast 3 Jahren mit den Folgen“, sprudelt es auf Vriska heraus, bevor Frau Wallin sie dabei stoppt. Mittlerweile ist es unangenehm, was ich zu ihr gesagt habe. Als ich mich entschuldigen möchte, sagt Herr Holm zu uns: „Anna, Niklas und Milena - Gespräch.“
      „Und was ist, wenn ich nicht mitkommen möchte? Was hab ich den mit dem Zickenkrieg zu tun?“, entgegne ich ihm angepisst.
      „Dann rufe ich jetzt dein Vater an“, antwortet er und zieht sein Telefon aus der Tasche.
      „Ok, ok, ok. Sorry“, versuche ich die Situation wieder geradezubiegen und stehe auf. Gemeinsam verlassen wir den Raum und setzen uns in eine ruhige Ecke auf dem Hof.
      “Ich kann nachvollziehen, das ihr jung seid, euch ausprobieren wollt’ und jeden Tag etwas Neues entdeckt. Auch ich war jung, experimentell. Aber das ist hier kein Spiel, ihr seid nicht mehr in der Schule. Das Land zahlt sehr viel Geld dafür, dass die Jugend im Sport gefördert wird. Und wie zeigt ihr euren Dank dafür? Ihr macht euch gegenseitig schlecht, demotiviert euch. Jeder von euch ist ein Teil des Teams. Zusammen müsst ihr stark sein.”, beginnt Herr Holm. Es ist jedes Jahr das Gleiche. Mein Trainer muss mich immer wieder auf den Boden, der Tatsachen zurückholen. Im ersten Jahr war es schwierig für mich an das Team anzupassen, viele Stunden musste ich damit verbringen mit ihm darüber zu reden und vor allem diskutiert. Es endete mit einem Streit mit meinem Vater. Seit dem versuche ich jedes Gespräch zu vermeiden im Verein, in dem er beteiligt werden soll. In dem Fall kommt dazu, dass ich 26 Jahre alt bin und eigentlich in der Lage bin meine Probleme selbst zu lösen. Jedoch wird vieles in die Familie mit getragen, besonders wenn man zu den obersten zehntausend gehört.
      “Niklas. Hörst du mir zu?”, riss mich Herr Holm aus meinen Gedanken.
      “Wenn ich ehrlich sein kann, nein. Es ist jedes Jahr das gleiche, jedes Jahr reite ich mich tiefer in den Mist und lerne nicht daraus.”, antworte ich ihm mit ernster Miene.
      “Okay, ich denke, du weißt, worum es geht. Du kannst nun gehen. Ich möchte mit den Beiden allein weiter sprechen. Benimm dich, bitte.”, erwidert er und ich stehe auf, um zu gehen.

      Jace
      Erschrocken fuhr ich hoch als es an meine Tür klopfte. Kurz darauf stand Samu im Zimmer. “Ey, was ist eigentlich mit dir. Liegst hier und pennst, während unten voll das Chaos herrscht”, schimpft er. “Was…?”, murmelte ich und fuhr mir müde mit den Händen übers Gesicht. “Ness hat mal wieder einen Zaun zerstört und dann sind alle Stuten mit ihren Fohlen auf dem Hof herumgerannt und haben sich nicht einfangen lassen”.
      “Samu, erzähl mir gleich, lass mich erst mal wach werden”. Scheinbar hatte der Finne erst einmal genug gemeckert, denn er verkrümelte sich tatsächlich. Ein Blick auf meinen Wecker verriet mir, dass ich verschlafen hatte. Scheinbar habe ich meinen Wecker überhört. Die Sache zwischen Lina und mir, naja eigentlich meine Doofheit, hatte mich nicht schlafen lassen. Tatsächlich war ich zu dem Schluss gekommen, dass ich auch auf mich sauer gewesen wäre, gerade bei meiner Vergangenheit. Und genau diese hatte mich auch in meinen Träumen heimgesucht. Ich muss diese Gedanken eindeutig für heute beiseiteschieben, denn scheinbar gab es schon genug Drama auf den Hof für heute. Ich quälte mich aus dem Bett, um erst einmal zu duschen. Aus müden Augen sah mir mein Spiegelbild entgegen. Die Spuren der letzten Nacht waren deutlich sichtbar. Naja, vielleicht sah ich nach einer Dusche ja besser aus.
      20 Minuten später saß ich geduscht auf der Terasse hinter unserm Haus. Für ein Frühstück in der großen Truppe war ich heute definitiv zu müde.
      “Guten Morgen, du Waschbär”, kam Quinn gut gelaunt aus der Küche und stellte mir einen Kaffee vor die Nase. Ich gähnte nur. Doch das schien sie nicht zu stören, denn sie setzte sich einfach dazu und begann fröhlich zu plappern. “Das Beste hast du heute schon verpasst”, bekam ich mit bevor ich lieber in meinen Kaffee starrte, denn zuhören war zu anstrengend.

      Vriska
      Während Herr Holm sich die Drei geschnappt hatte, nahm auch Wallin mich zur Seite. Vieles hatte ich erwartet, was sie sagt, jedoch nicht das.
      “Vriska, du weißt, was du unterschrieben hast?”, fragt sie wehmütig. Obwohl ich nicht genau wusste, worauf sie hinaus möchte, nickte ich ihr zu.
      “Dann solltest du wissen, dass die Teilnahme am Team Voraussetzungen hat, die du nicht erfüllst. Sogar noch schlimmer, du hast gelogen. *Gedankliche Pause* Eine Sucht und erst recht eine Drogensucht setzt eine ärztliche Bescheinigung voraus, dass du dich in Therapie befindest oder es länger als fünf Jahre her ist.”, klärt sie mich auf. In mir bricht eine Welt zusammen. Offenbar war ich so aufgeregt bei dem Gespräch vor ein paar Monaten, dass ich das überlesen habe. Es ist das erste Mal, dass ich davon höre.
      “Bevor du was sagst, wir finden eine Lösung dafür und natürlich kannst du noch beim Training bleiben. Nichtsdestotrotz muss ich es heute noch melden. Tut mir leid.”, sagt sie und befindet sich auf den Weg zu ihrer Hütte.
      “Frau Wallin? Welche Lösungen gibt es dafür?”, frage ich sie.
      “So oder so, wirst du das Team erst einmal verlassen müssen. Dann könnten wir dich zum Dienstarzt schicken, der das weiter untersucht. Je nachdem wie die Ergebnisse ausfallen, werden wir gucken wie es weiter geht. Okay?”, erwidert sie.
      “Okay.”, antworte ich und lasse mich auf den Boden sacken.

      Lina
      In der Hoffnung endlich noch ein wenig ruhen genießen zu können, bevor der Schmied kam, doch der Frühstücksraum stellte sich als alles andere als ruhig raus. Überall wurde getuschelt. Ich brauchte einen Moment um die Situation zu verstehen, bis ich Vriska in einer Ecke entdeckte. Sie sah niedergeschlagen aus. “Hey, alles Ok bei dir?”, fragte ich, als ich bei ihr angekommen war.

      Vriska
      “Auf kurz oder lang, hat sich der Verein erstmal erledigt. Möchte gerade aber wirklich nicht drüber reden, sondern die restliche Zeit in vollen Zügen genießen.”, erkläre ich ihr als ich wieder aufstehe. Eh ich weiter spreche, stütze ich mich an der Wand ab.
      “Hast du vielleicht irgendwas pferdiges für mich? Glymur muss nicht unbedingt geritten werden.”, frage ich sie im Anschluss.

      Lina
      “Mmmm, ich nehme mal an, dass du möchtest eher ein Pony haben? Du sahst auf Smoothie eher nicht so glücklich aus”, überlegte ich laut. “Also je nachdem was du machen möchtest, könntest du dir ein der Shetty schnappen und mit dem ein wenig Bodenarbeit oder so was machen oder du kannst etwas Größeres zum Reiten haben. Wonach ist dir denn so?”, fragte ich Vriska. Ich konnte sehr gut nachvollziehen, weshalb sie lieber Beschäftigung wollte, als darüber zu reden.
      “Du fragst mich ja Sachen. Was willst du denn jetzt machen?”, antwortet sie nachdenklich und scheint nicht ganz bei der Sache zu sein.
      “Ich habe gleich Schmiededienst, deshalb haben meine Pferdchen heute vermutlich frei. Du kannst auch gerne Pferde holen und Hufe halten, aber ich denke mal das entspricht nicht deinen Vorstellungen von Entspannung”, scherzte ich. “Aber ich könnte dir eins von meinen Pferdchen anbieten, damit du es bespaßen kannst”, erläuterte ich.
      “Dann hätte ich gerne was zum Ausreiten, denkst du jemand anderes vom Hof möchte auch mitkommen? Ich weiß nämlich nicht so recht, ob dann vor Sonnenuntergang wieder ankomme”, lacht sie.
      “Ah das passt gut, Alefric würde sich bestimmt mal wieder über einen Ausritt freuen. Klar, ich denke Samu oder Jace haben bestimmt ein wenig Zeit mitzukommen. Und ansonsten finden wir bestimmt noch, wen anders”.
      “Gute Idee, hilfst du mir beim Suchen der beiden und beim fertig machen?”, frage Vriska.
      “Ja, klar helfe ich dir noch”, antworte ich und ging in Richtung Tür.
      Draußen dauert es auch nicht lange bis wir auf Samu trafen. “Hey Samu, Vriska sucht noch eine Ausreitbegleitung, hättest du vielleicht Lust sie zu begleiten? Ich würde ja mitgehen, aber ich habe ja heute das Date mit dem Hufschmied gewonnen”, sprach ich ihn an.
      “Klar, kein Problem, ich wollte heute eh mit Sky ausreiten gehen. Wann möchtest du denn los, jetzt gleich?”, wandte er sich an Vriska.

      Vriska
      Es ist großartig sein eigenes Pferd zu haben, oder zumindest halb. Doch es fehlt mir einfach eins der Tiere zu nehmen und mit ihm zu arbeiten.
      “Danke dir Samu. Und Lina, dir auch. Zu Hause kann ich einfach mein nehmen und gucken, welches Pferd mit der Arbeit dran ist”, erkläre ich den Beiden und ziehe mein Handy aus der Tasche. Sie gucken ziemlich verblüfft als ich ihnen die App vom Hof erkläre.
      “Guck’, das ist die Akte von Holy. Hier steht, was sie aktuell gefüttert bekommt. Außerdem welche Medikamente verabreicht werden müssen. Wie ich sehe, schlafen alle noch, aber Eorann wurde eingetragen, dass die Stute am Morgen in den Aquatrainer soll und am Nachmittag nochmal longiert werden. Hedda hat ein Kommentar hinterlassen. Bitte aufpassen, die hat einen großen Cut an der Brust durch den Unfall mit dem Zaun.”, präsentiere ich und lese Heddas Kommentar vor. Offenbar hat sie wieder den Reitplatz zerstört, aber dazu müsste sicher was im Stalllog stehen. Neugierig swipe ich zum Stallmenü.
      “Ach guckt. Hier hat Folke den Schaden eingetragen. Holy hat wohl beim Longieren sich erschreckt, losgerissen und die ganze kurze Seite an der Reithalle mitgerissen. Begeistert hat Tyrell kommentiert mit, super…”, erkläre ich weiter.
      “Wow, das ist echt cool. Wir sollten hier sowas auch anschaffen”, sagte Samu begeistert. “Ja, dann würde einer von euch endlich mal daran denken Divines Spind zu reparieren”, steuerte Lina bei und sah Samu ein bisschen vorwurfsvoll an.
      “Tyrell und ich haben die entworfen. Alle Daten werden in einer Cloud gespeichert, aber ich möchte euch nicht mit der technischen Seite vorquatschen, sonst stehen wir morgen noch hier. Es ging ihm sehr schlecht nach dem Tod seines Vaters, dem Brand, der gerade so umgangenen Privatinsolvenz… Da brauchte er Ablenkung. Ich kann ihn fragen, ob ihr auch die Anwendungen bekommen könnt. Ihr könnt dann auch vom PC aus darauf zugreifen und Dinge ausdrucken”, erläutere ich weiter und merke, dass wieder dieses Gefühl in mir hochkommt. Ohne mir was anmerken zu lassen, kneife ich mir in den Arm. Mein Therapeut hat immer zu mir gesagt, dass ich mich ohne Fingernägel kneifen soll, statt den Hass gegen jemanden zu richten und erst recht nicht weitere Schritte zu unternehmen. Ich atme tief durch.

      Lina
      Vriska wirkte ein wenig angespannt, weshalb ich das Thema wechselte. “Ok, genug von der Technik, aber jetzt werde ich dir mal dein Pony Vorstellen. Samu wir kommen dann vor den Hauptstall, wenn wir fertig sind”, sagte ich zu den Beiden, bevor ich mir Vriska in Richtung Koppel ging.
      Dort angekommen, ergab sich ein idyllisches Bild. “Ach, wie friedlich die doch sein können”, sagte ich zu Vriska, mit Blick auf die grasenden Pferde. Divine stand mit Nabuko und den anderen Ponys am Bach. Staub flog durch die warme trockene Luft und obwohl es noch früh war zirpten schon die ersten Grillen.
      Aelfric, stand wie immer etwas Abseits von der Herde. “Darf ich dir vorstellen, der kleine braune da mit der Zottelmähne ist deiner”, sagte ich und deutete auf das Pony. Während wir auf das Pony zugingen, erzählte ich ihr ein paar Dinge zu dem kleinen Pony, “Also Rici ist ein ganz lieber, ein wenig zurückhalten und eigenbrötlerisch, aber er kann echt Spaß machen”. Aelfric hob den Kopf und sah uns neugierig entgegen.

      Vriska
      “Rici also, okay”, flüsterte ich dem Hengst zu, als ich ihm vorsichtig das Halfter über den Kopf zock. Etwas überrascht zeiht er den Kopf nach oben, eh er mich erblickt hat. Beruhigend streiche ich ihm über seine Stirn, als seine blauen Augen mich anfunkeln. Zusammen verließen wir die Weide und Lina hatte noch einen Schecken direkt mitgenommen.
      “Wer ist das?”, frage ich neugierig.
      “Caruso, aus der einer Zucht aus England”, erklärt sie mir.
      Auf dem Rückweg zum Stall wechselten wir beide keine weiteren Worte miteinander, offenbar hatte sich auch irgendwas mit sich selbst zu klären. Irgendwie schon sehr ironisch. Eigentlich könnte dieses Treffen, der beste Sommer unseres Lebens sein, doch stattdessen scheinen wir eher das Gegenteil zu empfinden und vermutlich würde sie genauso gern den Ort verlassen. Jedoch kann dieser nichts dafür, denn es ist wunderschön hier. Es ist eher das drum herum: Männer, die sich wie vierjährige verhalten.
      Am Stall hilft sie mir beim Putzen des Hengstes. Als sie mit dem Sattel ankommt, stoppe ich sie schockiert.
      “stopp, stopp, stopp. Das Ding soll ihm passen? Guck’ doch mal!”, sage ich zu ihr, als der Sattel auf dem Rücken von Rici liegt. Ich nehme ihre Hand und ziehe sie langsam unter dem Polster des Sattels entlang. Verdutzt guckt sie mich an, als wüsste sie nicht so ganz was ich meine.
      “Merkst du das? Da bildet sich total die Brücke und links drückt ihm das Polster. Ich hole mal meinen Sattel, der hat Gelpolster und sollte auch von der Länge besser liegen.”, äußere ich und verlasse den Stall, eh ich mit meinem Sattel ankomme und ihm auflege.
      “Schau, viel besser. Der Sattel ist deutlich kürzer und Rici wirkt viel entspannter”, weise ich sie drauf hin und lege auch nur mein Gummipad drunter, dass nur den Effekt des Schutzes vom Sattel hat.

      Lina
      “Na Rici, dann haben wir zwei wohl morgen einen Termin beim Sattler”, sagte ich zu dem Pony. “Ja, ist auch nicht sein Sattel. Er ist erst seit dem Frühling unterm Sattel und ich reite ihn aktuell nicht viel. Dadurch das er noch wächst, ist das leider immer ein wenig schwierig mit ihm, aber danke für den Tipp, ich werde gleich morgen mal mit unseren Sattler sprechen”.
      Nachdem Vriska fertig gesattelt hatte, reichte ich ihr noch seine Trense.

      Vriska
      “Ich kann dir gern die Artikelnummer geben und die Nummer vom Hersteller, oder ich lass dir den hier und hole mir in Schweden einen neuen. Nur als Idee.”, schlage ich ihr vor, eh ich dem Hengst die Trense anlege. Lina wirft mir einige kritische Blicke zu, aber ich kann es mir nicht nehmen lassen auch den Sitz des Gebisses zu kontrollieren.
      “Alles gut, mach’ dir keine Gedanken”, scherze ich. Mit dem Gebiss passt alles. Lina hält mir gegen und ich steige langsam auf den Hengst auf. Freundlich guckt er zu mir, als ich im Sattel sitze. Gemeinsam gehen wir zum vereinbarten Treffpunkt als ich Milena erblicke.
      “Menar du allvar? (Im Ernst?)”, sage ich genervt zu ihr, während sie sich mit Samu unterhält.
      “Vriska, ich möchte mit dir reden. Deswegen halte ich es für keine schlechte Idee, dann Kempa sich etwas lockern und du dich hoffentlich auch.”, schlägt sie mir vor.
      “Nej, Jag orkarinte se på dig. (Nein, haub ab. Verschwinde.)”, pfeife ich sie an. Stur schültet sie mit dem Kopf.
      “Ich möchte mich doch nur bei dir entschuldigen.”, versucht Milena mich vorsichtig zu überzeugen.
      “Denkst du nicht, dass das etwas viele Entschuldigungen werden sollen in so kurzer Zeit?”
      “Nog … (schon)”, antwortet sie verlegen.
      “Ich gebe dir die Chance, aber komm’ jetzt”, ranze ich sie wieder an und treibe den Hengst im Schritt vorwärts. Samu steht derweil sprachlos neben uns und folgt mir dann im Schritt mit seinem Schimmel.

      Samu
      “Pidä hauskaa molempien kanssa (Viel Spaß mit den Beiden)”, rief mir Lina noch ein wenig ironisch hinterher, während ich mit den beiden Streithähnen Richtung Wald verschwand.
      “Es wäre sehr gut, wenn ihr zwei friedlich bleibt, das nächste Krankenhaus ist ein bisschen weiter Weg”, ermahnte ich die beiden Mädels. Ich hatte Vriska recht schnell eingeholt, auch wenn das der fleißigste Schritt war, den ich bei Ric je gesehen hatte. Melina, hatte mit ihrem Pony schon ein wenig mehr Mühe mit ihrer Isländerstute.

      Lina
      Ich war ein wenig schadenfroh, das Samu die Beiden jetzt an der Backe hatte. Naja, er wird das schon schaffen, schließlich ist er der einfühlsamste Mensch, den ich kenne. Und egal was kommt, er ist ein Idealer Streitschlichter. Kurz nachdem die dreier Gruppe verschwunden war, kam auch schon der Schmied. Ich begrüßte ihn, bevor ich ihm Caruso hinstellte. “Na, hast du Spaß Lina”, kam es von Jace, der gerade dabei war Vikar zu putzen, wohlgemerkt ohne Tshirt, da es auch jetzt schon gut 25 Grad hatte. “Jace, an deiner Stelle wär ich mal nicht so frech”, sagte ich scherzend zu ihm und musste mich zusammenreißen nicht auch noch ein Kommentar über sein nicht vorhandenes Outfit zu machen. Mit ihm zu Scherzen fühlte sich seltsam an, gerade nach dem Gespräch gestern Abend. Faszinierend beobachtet wie Jace die Mähne des Hengstes kunstvoll einflocht. “Seit wann kannst du denn Sowas?”, fragte ich ein wenig verwundert. Das hatte ich von Jace nicht erwartet. Ja Tunierzöpfchen oder so, aber einen französischen Zopf und dann auch noch mit der dicken Mähne des Tinkers, das erfordert schon einiges an Geduld. “Seit ich Pferde mit so langer Mähne reite”, kam es nur als Antwort.

      Vriska
      “Keine Sorge Samu, ich verscharre sie dann im Wald”, scherze ich und bekomme einen beinah tödlichen Blick zugeworfen. Direkt versucht sie sich auf irgendwelche Art und Weise für irgendwas zu rechtfertigen, was ich jedoch konstant ignoriere und mich viel mehr darauf konzentrieren muss, dass der junge Hengst vor lauter Nervosität meinerseits, die Beine haken in den Bauch bekommt. Irgendwann hatte ich mir angewöhnt immer meine Beine zu bewegen, wenn ich nicht weiter weiß. Erst dauert fast 10 Minuten, so mein Empfinden im Kopf aber wird vermutlich ansatzweise so lange gedauert haben, bis meine Beine sich beruhigt haben.
      “Weißt du Milena, es ist mir vollkommen egal.”, sage ich und hoffe, dass sich die Sache damit gegessen hat.
      “Du hast mir wirklich nicht zu gehört. Ist mal wieder typisch. Aber Gut, dann wiederhole ich mich, nog. Es tut mir Leid, dass ich im Essenssaal so zu dir war. Doch gestern Abend hatte ich die beste Nacht meines Lebens”, beginnt sie zu sprechen. Offenbar hatte auch Samu mit bekommen, was gestern Abend passiert ist, als Niklas mit ihr und Anna das Feuer verlassen hat, denn er rollt mit den Augen.
      “Milena, wir wollen hier jetzt keine Bettgeschichten hören.”, ermahne ich sie.
      “Man, hör’ mir doch mal richtig zu. Ich .. Es geht nicht darum, dass wir zu Dritt im Bett was miteinander hatten. Sondern es geht um Anna. Niklas war nur hübsches Beiwerk. Viel interessanter war die Erfahrung mit ihr und ich denke … Nein, ich weiß nun was ich fühle und was ich will.”, erzählt sie.

      Samu
      “Langsam Melina, du wolltest dich gerade Entschuldigen, nicht über dich Reden, auch wenn das natürlich sehr schön ist, das du jetzt weißt, was du fühlst”, versuchte ich vorsichtig Melina in ihrem Redefluss auszubremsen und sie wieder auf das eigentliche Thema zu lenken. “Und du Vriska”, sagte ich während ich vor sie ritt, um sie ein wenig auszubremsen, da sie immer noch ein ganz schönes Tempo darauf hatte, “musst ihr wenigstens die Chance geben, sich zu entschuldigen”, ermahnte ich sie.

      Vriska
      “Mach’ ich doch. Sie darf doch gerade reden”, pampe ich nun auch Samu an, obwohl das nicht die feine englische Art ist, die mich meine Mutti gelehrt hat.
      “Ja, alles gut aber ich muss das dazu sagen, damit das alles einen Sinn ergibt”, geht Milena nun in die Verteidigung. Alles, was ich gerade höre, sind einfach Phrasen ohne inhaltliche Bewandtnis, aber äußere mich nicht weiter dazu. Vielleicht sollte ich sie wirklich ausreden lassen.
      “Also ich hatte also gestern den Abend meines Lebens. Es schien auch Anna so ergangen zu sein, weil wir zusammen noch auf mein Zimmer gegangen sind. Wenig später kam Niklas dann dazu, hatte einen großen Streit mit Anna. Ich war so sauer, dass ich es an dir ausgelassen hatte. Es tut mir leid, so ist man nicht zu seiner besten Freundin.”, entschuldigt sie sich schlussendlich.
      “Das erklärt jedoch nicht, wieso du erstens dann heute beim Essen so an ihm geklebt hast und zweitens dich so aufgeregt hast, weil mein Pferd seinem Instinkt gefolgt ist.”, sage ich genervt zu ihr.
      “Ja, da hast du recht. Du gibst mir einfach immer das Gefühl gegen dich ankommen zu müssen. Es provoziert einen immer, weil du von Natur aus alles kannst. Außerdem weiß ich, dass Niklas dich kennenlernen will und … und das will ich nicht. Ich hatte ihn zuerst.”, gibt sie dann zu.
      “Er ist doch kein Spielzeug, dass man sich einfach so nimmt und ich denke, dass ich alt genug bin. Mit jedem Satz, den er sagt, eigentlich bei allem, was er tut, merkt man, wie sehr er mit sich selbst zu kämpfen hat und um jede kleine Aufmerksamkeit ringt. Auch nach dem, was du mir erzählt hast. Niklas will nur auch mal etwas für sich allein haben und vor allem Liebe abbekommen. Ich habe genug eigene Probleme, um die ich mich kümmern muss. Da kann ich nicht noch Anfang seine Mutterfigur zu ersetzen, die er sich in seinem Kopf erschaffen hat, die von Grund auf immer gegen ihn ist. Ich bitte dich. Du weißt, dass ich keine Lust auf irgendwelche Männer habe mit Komplexen.”, sage ich und muss sogar lachen. Milena setzt mit ein.

      Samu
      Wow, wo bin ich hier nur reingeraten, dachte ich, während die beiden Mädels ihre Probleme ausführten. “Na geht, doch. Meint ihr, ihr Schafft es dann einen Tag friedlich zu sein?”, sagte ich zu den Mädels und dachte mir noch im Stillen wofür ich jetzt eigentlich da war. Warum hatten sie es nicht allein geschafft miteinander zu reden.

      Niklas
      In meinem Zimmer entschied ich mich dazu eine heiße Dusche zu nehmen. Die Aktion von Milena und auch Anna in der Cafeteria war mir zu viel, viel zu viel. Während das Wasser auf mich einprasselt versagen meine Knie und ich lasse mich auf den Boden sinken. Mein Körper zittern, mein Herz rast. Es wird schwarz vor meinen Augen.
      Im nächsten Moment finde ich mich in einem Raum wieder, ich friere. Der Boden ist weich, bei einem genaueren Blick scheint es Sand zu sein, bedeckt mit Stroh.
      “Hallo? Ist da jemand?”, rufe ich verzweifelt. Niemand antwortet und ich versuche einen Weg herauszufinden. Ich laufe an den Wänden entlang, die aus Holz sind. Einige Lichtstrahlen fallen in die Dunkelheit. Mein Puls steigt immer weiter an und auf meinem Rücken läuft der Schweiß hinunter. Es ist wieder die Scheune. Verzweifelt schreie ich nach Hilfe, suche einen Weg nach Draußen. Doch es gibt keine Tür, oder ein Fenster.
      “Niklas? Alles gut”, höre ich plötzlich Ju rufen, der mich besorgt anguckt nach dem er im Badezimmer vor mir steht. Verunsichert nicke ich.
      “Komm’, steh’ auf. Der Schmied ist da.”, fügt er noch hinzu und verlässt wieder den Raum.
      “Ich bin in Kanada, unter der Dusche. Es ist Sommer, kurz vor 11 Uhr im Jahr 2020. Mein Name ist Niklas Olofsson, ich bin 26 Jahre jung”, flüstere ich vor mich hin. Dann atme ich tief durch, schalte den Wasserhahn ab und greife nach einem Handtuch.
      Wenig später gehe ich zusammen mit Ju in den Stall.
      “Wirklich alles gut?”, fragt er besorgt erneut nach. Ich nicke nur. Natürlich ist ihm bewusst, dass nicht alles gut und ich wieder ein Flashback hatte. Wir haben nie drüber gesprochen. Er ist ein guter Freund. Ju hinterfragt nicht, akzeptiert es und unterstützt einem egal was passiert ist oder wird. Wieder verliere ich mich in meinen Gedanken.

      Lina
      “So, der ist fertig, kannst du ihn mir einmal bitte vorführen?”, sagte der Schmied zu mir und unterbrach so mein Gespräch mit Jace. “Klar”, antwortete ich, band den Junghengst los und lief mit ihm erst im Schritt und dann im Trab ein paar mal mit ihm Hin und Her. “Super, passt so, dann kannst du den nächsten Kandidaten holen”.
      “Die nächste Stute steht schon direkt in der ersten Box”, sagte ich zu dem Schmied und brachte den frisch beschlagenen Hengst zurück zu Koppel.
      Als ich zurückkam, hatte der Schmied schon angefangen Miss Leikas Hufe zu machen. Jace war zum Glück mit seinem Hengst verschwunden. Da der Schmied scheinbar erst einmal allein zur recht kam, machte ich mich auf die Suche nach dem nächsten Pferd. Ein Blick auf die Liste verriet mir, dass es Niklas Stute war. Also hieß es Niklas suchen. In der Hoffnung, dass er schon bei seiner Stute war, wollte ich im Stall suchen.
      Dort fand ich ihn auch tatsächlich mit Ju.
      “Hey, Nikals…”, begann ich und kam in Stocken als ich merkte, das er sein Shirt komplett falsch rum anhatte. “... Warum hast du das T-Shirt falsch rum an?”, fragte ich ein wenig verwirrt. “Aber eigentlich wollte ich dir nur sagen, dass Smoothie die nächste beim Schmied ist”, teilte ich ihm mit. Niklas sah mich ein wenig verwirrt an, als habe er nicht zugehört und stattdessen antworte Ju. “Alles klar, danke für die Info”. Ich blieb noch einen Moment stehen und überlegte, ob ich gehen sollte oder nicht, doch ich entschloss mich zu gehen. Denn was auch immer da los war, es ging mich nichts an. “Also ich bin dann draußen, wenn ihr irgendwas braucht”, hängte ich zögerlich an und verließ den Stall wieder.

      Niklas
      “Oh, danke für den Hinweis”, sagte ich etwas verspätet zu Lina, zog mein Shirt über den Kopf und drehte es um.
      “Schaffst du es allein?”, frage Ju und wandte sich dann zu Lina: “Du sag mal, ist Amy dann auch gleich an der Reihe?”
      “Äää, ja”, antworte Lina.
      “Also soll ich sie auch gleich mitbringen?”, frage ich meinen besten Freund. Er nickt und ich gehe los zur Weide. In meinem Kopf kommen immer wieder die Bilder hoch von dem Staub, der im Lichtstrahl tanzt.
      “Vielleicht ist es doch besser, wenn ich dich begleite”, sagt Ju zu mir, als er angejoggt kommt.
      “Danke”, sage ich still. Ich versuche mir so gut es geht nichts anmerken zu lassen, doch es scheint klar zu sein, dass mit mir etwas nicht stimmt.
      Wenig später kommen wir mit den beiden Stuten am Stall an. Smoothie ist voll mit Grasflecken.

      Ju
      “Kannst du das regeln?”, fragt mich Nik mit leicht zitternen Händen, als er mir seine Stute in die Hand drückt.
      “Natürlich”, antworte ich ihm.
      “Super, es geht um das Eisen hinten links. “, merkt er noch an, eh er sich wieder am Stall entfernt. Vermutlich sucht er sich nun eine ruhige Stelle und setzt sich in die Sonne, hoffe ich. Aber ich bin nicht sein Betreuer, solang er nicht mit mir drüber sprechen möchte, kann ich nicht viel für ihn tun.
      “Er ist nicht so scheiße, wie man denkt.”, sage ich zu Lina, die den Schmied bei seiner Arbeit betrachtet.
      “Ja, Nik verhält sich oft unausstehlich und hat sich nicht im Griff”, beginne ich an zu erzählen. Vermutlich will sie das alles gar nicht hören, aber ich muss mit wem drüber sprechen, damit es mich selbst nicht belastet. Außerdem war er nicht unbedingt nett zu ihr, also fühlt es sich an, als wäre ich ihr zumindest eine Entschuldigung schuldig. Ich binde seine Stute etwas weiter von der Cremello Stute an, da sich die beiden Pferde nicht kennen und ich nicht weiß, wie diese auf Smoothie reagiert. Entspannt versucht sie vom Boden einige Krümel zu fressen. Noch bevor Lina was sagen kann, rede ich weiter.
      “Ich habe ihn sitzend in der Dusche gefunden. Er hatte wieder einen Zusammenbruch. Das ist das erste Mal seit Monaten. Vermutlich fragst du dich jetzt, warum ich dir das erzähle. Eigentlich will ich mich nur in seinem Namen entschuldigen, weil er damit wirklich Schwierigkeiten hat einzuschätzen, wie weit er gehen kann.”

      Lina
      Aufmerksam hörte ich Ju zu. Ich schweig einen Moment und sah Smoothie dabei zu, wie sie am Boden nach Futter suchte. “Ist schon ok. Ich denke viele von uns haben ein Päckchen mit sich herumzutragen”, antwortete ich ihm und musste an meine eigene Vergangenheit denken. “Du bist ein echt guter Freund für ihn, jeder braucht jemanden wie dich”, ich wusste nicht genau warum ich das sagte, aber ich hatte das Gefühl das sagen zu müssen. Seitdem Niklas mir geholfen hatte, hatte ich schon das Gefühl, das da mehr war als der coole Niklas. “Mag sie Möhren?”, fragte ich Ju und deutete auf die Stute.
      “Ja, sie liebt die, aber darf nicht so viele fressen, weil Möhren viel Fruchtzucker haben und Nik auf ihre Figur achten will. Ach ja, hast du irgendwas was er machen kann? Ich denke, dass ihn hier allein auf dem Hof herumlaufen zu lassen ist doch nicht so gut. Nach so einer Situation ist er eine tickende Zeitbombe.”, antwortet er offensichtlich besorgt.
      “Na, das muss er ja nicht wissen und von einer Möhre wird sie schon nicht gleich 10 Kg zunehmen”, antworte ich und steckte der Stute trotzdem ein Stück Möhre zu.” Naja, er kann doch bestimmt mit einem Akkuschrauber umgehen, oder? Dann könnte er Divines Spind reparieren”, antwortete ich ihm auf seine Frage.

      Ju
      “Tatsächlich kann er noch mehr. Am Hof in Schweden hat er die viele Zäune selbst gebaut und alle unserer Spinde. Die Muskeln sind nicht nur Deko.”, erzähle ich ihr und muss lachen.
      Dann verabschiede ich mich kurz von ihr und mache mich auf die Suche nach dem Kerl. Mein erster Anlaufpunkt ist unser Zimmer, in dem ich ihn weder erwartet habe, noch angetroffen. Von Lina weiß ich, dass nicht weit weg vom Stall eine Wiese ist.
      “Nik, Lina braucht deine Hilfe”, rufe ich ihm zu.

      Niklas
      “Meine handwerklichen Fähigkeiten werden verlangt?”, frage ich belustig, als ich zurück in den Stall komme mit meinem Shirt in der Hand.
      “Vorher müsste dein Pferd noch zurück”, sagt Lina zu mir.
      “Ach, das übernehme ich, wenn Amy fertig ist”, wirft Ju fix ein. Ich bedanke mich bei ihm und wende mich dann Lina zu.
      “Also was soll ich tun?”, frage ich während ich mich etwas vor ihr aufrichte und runterschaue.

      Lina
      Wow, er war verdammt groß. Ich blicke zu ihm hoch “Also du hast eindeutig Gemeinsamkeiten mit deinem Pferd”, sagte ich halb scherzend, halb ernst gemeint.
      “Du, könntest mal deine Fähigkeiten nutzen und Divines Spind reparieren”, sagte ich ihm. Wenn ich mal so recht darüber nachdachte, konnte ich irgendwie nachvollziehen, was Vriska an ihm fand.
      “Komm ich zeig dir den Weg”, sagte ich und ging in Richtung Scheune um nach den Nötigen Werkzeug zu suchen.
      Natürlich lag es ganz oben auf dem Regal, ich wollte gerade nach dem Hocker suchen, doch Niklas schob mich einfach zu Seite.
      “Ich mach schon”, und keine Sekunde später hatte er auch schon den Werkzeugkoffer in der Hand.
      “Na gut, wenn wir das dann haben, zeig ich dir deine Baustelle.”

      Ju
      Während Lina mit Niklas verschwunden war, stand ich allein mit dem Schmied im Stall, der mit Amy deutlich schneller fertig war als erwartet.
      “So, ich brauche dann das nächste Pferd”, sagte er zu mir.
      “Öhm, ich würde Ihnen gern helfen aber ich bin nicht von ihr.”, entschuldige ich mich bei ihm.
      “Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit”, sagte er genervt. Also gucke ich mich hektisch im Stall um eh ein Pferd in einer Box entdecke, deren Hufe eindeutig länger nicht mehr an der Reihe waren, da die Sohle bereits deutlich über die Eisen wuchs. Vorsicht begrüße ich das Tier, dass mich neugierig an der Hand beschnuppert. Ich nehme den … vorsichtig gucke ich unter den Bauch … den Hengst an den Strick und binde ihm bei dem Schmied an, der sich direkt an die Arbeit macht.
      “Lina müsste gleich wieder da sein”, sage ich zu ihm und schnappe mir die beiden Stuten, um sie zurück auf die Weide zu bringen. Samu, Milena und Vriska kommen mir entgegen, die offenbar vom Ausritt wieder da sind.

      Niklas
      “Gladeligen, Lina (Sehr gern, Lina)”, antworte ich ihr. Einen Moment gucken wir uns tief in die Augen, eh mich abwende und mir den Schrank anschaue. Ich höre wie sie rasch den Raum verlässt. Als erstes Räume ich ihre Sachen aus dem Stall, die deutlich besser sortiert sind, als ich gedacht hätte. Die Kleine macht auf mich einen sehr verstreuten Eindruck, deswegen habe ich einen ziemlich chaotischen Spind erwartet. Womit ich jedoch richtig liege, sind die Anzahl an Dingen, die in sich ihm befinden. Mehr als vier Schabracken hatte ich bereits in der Hand, sowie die verschiedensten Salben, Cremen und Sprays. Von einigen ist sogar die Mindesthaltbarkeit seit mehr als einem Jahr vorbei. Doch es geht mich natürlich nichts an und ich stelle sie ebenfalls zu dem anderen Zubehör. Dann mache ich mich an die Arbeit. Ich löse die Scharniere von den Türen, stelle sie an einen anderen Spind. Mehrere Bretter sind ebenfalls abgebrochen, die ich mit Winkeln neu befestige. Die linke Tür ist mit ihrem Scharnier nicht mal ansatzweise in der Waage.
      Das Ein- und Ausräumen hat wirklich länger gebraucht, als die Reparatur an sich. Um Lina nicht noch mehr zu nerven, bringe ich das selbstständig zurück in den Schuppen, aus dem wir es geholt hatte. Dann begebe ich mich zurück in den Stall, in dem sich Lina und Ju sich über die Pferde unterhalten.
      “Ich melde mich zur Bereitschaft”, scherze ich, als ich ankomme.

      Lina
      “Ah, da ist ja der Ritter in glänzender Rüstung”, scherzte ich übertrieben theatralisch. “Es fehlen nur noch Saturn und…” ich schaute mich kurz um, doch die Box von Ace war leer “wo ist denn Acerado hingekommen?”, fragte ich Ju.
      “Der braune der das in der Box stand? Der ist schon beim Schmied”, antwortete Ju.
      “Oh, dann geht das heute aber schnell”, sagte ich ein wenig verwundert. Unser Schmied wurde noch nie für seine Geschwindigkeit bekannt. “Ausnahmsweise scheint es hier ja doch mal Menschen zu geben, die von allein Arbeiten”, verkündete ich fröhlich.

      Samu
      Die beiden Mädels und ich waren inzwischen ziemlich weit gekommen und die Sonne stand schon recht Hoch am Himmel. Die Stimmung war deutlich lockerer geworden und alle schienen den Ausritt zu genießen. Zumindest für den Moment schienen alle friedlich zu sein. Wir hatten den Waldrand erreicht und vor uns eröffnete sich eine riesige Bergwiese und im Hintergrund konnte man den Gletscher erkennen, wo sogar zu dieser Jahreszeit noch Schnee lag. Mein Schimmelhengst blieb aufmerksam stehen und sah zu den Felswänden hoch.
      Wie zwei kleine Bergsteiger kletterten Schneeziegen die Steilwände entlang.” Seht nur ihr zwei, Schneeziegen”, wies ich Vriska und Milena daraufhin.

      Vriska
      “Oh wie niedlich”, schwärmte Milena, als sie auch die Ziegen betrachtet hatte.
      In der Zwischenzeit habe ich über den Kuss mit Ju nach gedacht und wie gut es sich angefühlt hat. Es ist seit dem letzten ziemlich viel Zeit vergangen, genau genommen mehr als 2 Jahre. Als ich am Atomics Valley ankam, habe ich oft darüber nachgedacht, wie es mit Bruce wäre. Jedoch hat keiner von uns Beiden den Schritt gewagt. Seitdem er nicht mehr so häufig am Hof ist, haben wir uns auch ein wenig aus den Augen verloren.
      “Lina meinte das eure Beiden bitte am Stall bleiben sollen”, wieß Ju ein, als am Hof ankamen und er Smoothie und Amy zurück auf die Weide brachte.
      “Oh, danke. Machen wir”, bedanke ich mich bei Ju.
      “Was ist den mit Nik, dass du seine Stute mit wegbringst?”, fragt Milena etwas besorgt.
      “Der hat gerade anderes zu tun. Nichts wildes”, scherzt Ju und geht weiter.
      Am Stall angekommen, steigen wir alle von unseren Pferden. Als meine Füße den Boden berühren, zieht es deutlich in meinem Rücken und vor Schmerz verziehe ich das Gesicht.
      “Alles gut?”, fragt Samu. Um ihn nicht zu verunsichern, sage ich ja und nehme alles vom Pferd herunter. Dabei hilft er mir alles wegzubringen. Der Schmied ist gerade fertig mit einem braunen Hengst, sodass ich ihm den nächsten Kandidaten direkt dazu stellen kann. Auch Samu bindet seinen Schimmel an. Erst jetzt fällt mir auf, dass Lina sich wirklich gerade mit Niklas unterhält, der ziemlich selbstsicher neben ihr steht und kein einziges hochnäsiges Kommentar abgibt. Jedoch kann Milena keinen Spruch verkneifen.
      “Hey Lina, um dein Kopfkino etwas zu beruhigen. Ja, der Rest von ihm ist genauso groß”, sagt sie und geht mit Kempa weiter zu Weide. Es scheint ihm sichtlich unangenehm zu sein und er guckt kurz verärgert zu ihr, aber geht nicht weiter darauf ein.
      “Hast Niklas irgendwas verabreicht?”, flüstere ich Ju zu, zu dem ich mich etwas abseits gesellt habe.
      “Nein, der … er hatte vorhin einen kleinen Aussetzer und seit dem ist der so. Ist aber nichts Neues. Heute Abend ist er wieder der gleiche Arsch wie immer”, versichert er mir. Ich nicke überrascht aber frage nicht weiter nach.
      “Willst du hier bleiben oder wollen wir irgendwas machen?”, frage ich dann.
      “Nein, nein. Ich möchte hier bleiben und das Gespräch beobachten. Irgendwas ist ganz anderes.”, antwortet er verunsichert.
      “Ach gut, dass ich euch gefunden habe”, sagt Herr Holm, der auch ohne Shirt auf uns zu kommt.
      “Was ist los? Und willst du dir nicht mal was überziehen?”, sagt Ju etwas überrascht. Ich inspiziere unauffällig den Körper vom Trainer und bin sehr überrascht wie gut er noch in Form ist für sein Alter.
      “Bist du neidisch? Falls ihr die anderen trefft, sagt den mal bitte Bescheid, dass wir heute Abend gegen 20 Uhr für ungefähr eine Stunde Theorieunterricht haben und danach einen kleinen Filmabend machen. Bevor ihr fragt, ja Anwesenheit ist beim Unterricht Pflicht.”, scherzt er. Bevor er weiter geht, erklärt Herr Holm, dass auch alle vom WHC eingeladen sind ihr Wissen aufzufrischen. Wir bedanken uns für die Information und ich gehe allein zu den beiden Turteltauben rüber,

      Lina
      Natürlich hatte Milena mal wieder einen dämlichen Kommentar auf lager. Ich ignorierte sie einfach.
      “Na, ihr zwei”, kam Vriska zu uns rüber. “Ich soll euch zwei mitteilen, das heute Abend Theorieunterricht und Filmabend ist”, unterbrach sie unser Gespräch.
      “Wieder da und die Sonne ist noch da”, begrüßte ich Vriska. “Hat dir Rici gefallen?”, fragte ich sogleich.
      “Ja, er war ziemlich bequem. Es ist auch schön mal wieder was anderes Kleines zu reiten. Zu Hause sitze ich nur noch auf den Trabern oder auf dem Sulky.”, antwortet sie.
      “Sehr schön. Aber so ein Traber muss doch auch cool zu reiten sein, oder? Wenn der Schmied fertig ist, bin ich erst einmal fertig. Ich würde dann Limo und Eis für alle die wollen Spendieren”, schlug ich vor. Der Schmied ist gerade dabei den letzten von Aelfrics Hufen zu machen.

      Samu
      Die ist heute gut gelaunt, dachte ich mir als ich Lina entdeckte, die sich scheinbar gut mit Niklas unterhielt. “Limo und Eis klingt super”, stimmte ich meiner Freundin zu als ich vorbeiging. “Ich geh dann schon mal alles vorberieten, ihr und alle anderen können dann gerne auf unsere Terrasse kommen, wenn ihr so weit seid”, fügte ich noch hinzu und verschwand in Richtung Haus.

      Vriska
      “Du kannst dich ja im demnächst mal auf Smoothie setzen, sie ist auch ein Standardbred”, warf Niklas ein, bevor ich was sagen konnte. “Hat er sonst noch was gesagt hat?”, wandte er sich nun zu mir und sprach möglichst leise, in der Hoffnung, dass Lina es nicht mitbekam. Ich schüttelte nur mit dem Kopf und in seinem Gesicht machte sich eine Erleichterung breit. Während er sich in das Gespräch mit Lina kehrte, betrachtete ich sein Körper und besonders seine Brust, die genau auf meiner Augenlinie befand.
      “Wenn du willst, kannst du auch ein Foto mit mir machen”, bot er lachend an, als wäre er etwas Besonderes. Was Niklas auf irgendeine Art und Weise natürlich ist, aber nein. Vriska. Nicht weiter drüber nachdenken, sagte ich in Gedanken zu mir.
      “So er kann weg.”, sagte der Schmied und eh Lina sich dem Pony zuwenden konnte, band ich ihn ab.
      “Ich bringe ihn zurück”, sage ich nur zu ihr ging mit ihm los zur Weide. Mein Hirn spielt im Moment verrückt und jeder der Typen verdreht etwas, ist anziehend oder eher ausziehend. Vielleicht sollte ich mich eher auf die Mädchen konzentrieren, dann kann das nicht passieren. Obwohl, wenn ich so an Milena denke, die vorher nie solche Gedanken mir gegenüber geäußert hat, lässt sich nicht ausschließen, dass ich mein erstes Mal mit einer Frau habe.

      Lina
      “Oh, ja Smoothie würde ich gerne mal ausprobieren”, sagte ich begeistert als Niklas das vorschlug. Bevor ich überhaupt reagieren konnte, hatte Vriska sich schon das Pony geschnappt und war mit ihm verschwunden. “Sag mal wie kommt es eigentlich, dass du so ein hübsches Pferd besitzt. Ich mein, ich habe zwar keine Ahnung von Trabern, aber sie scheint echt gut zu sein”, fragte ich neugierig.
      Irgendwie hatte ich Interesse an Niklas gefunden. Ich hätte niemals erwartet, dass ich mal so einen Frauenhelden interessant fände, aber Niklas war irgendwie anders. Hinter seiner Fassade schien etwas zu schlummern, was ihn schwer zu belasten schien.
      “Standardbreds bzw. alle Trabrennpferde haben in Schweden eine lange Tradition. Aus dem Grund hat Opa es sich zur Aufgabe gemacht dieser Rasse mehr als ein reines Rennpferd einzuhauchen. Viele Jahre hat er damit verbracht die richtigen Elterntiere zu suchen und anzupaaren. So entstand auch Satz des Pythagoras, wie sie mit vollem Namen heißt. Öfter hat er auch englische Vollblüter mit hereingezogen um mehr Temperament zu bekommen. Außerdem sind bei der Rasse alle Fellfarben erlaubt und Opa hat immer ein Gräuel gegen die Deutschen Rassen gehabt, die durch die deutsche Kriegsführung im langweiligen Braun gezüchtet wurden. Bevor ich sie hatte, hatte ich ein schwedisches Warmblut. Und bekommen habe ich sie zur Aufnahme in den Verein, bevor er starb.”, erzählt er offen. Natürlich sind seine Blicke nicht zu übersehen, die er mir zuwirft. “Beindruckende Geschichte”, sagte ich, bevor der Schmied mich unterbrach, den nun auch mit Sky fertig war. “Begleitest du mich?”, fragte ich, während ich den Schimmel losband, um ihm zur Koppel zu bringen. Natürlich begleitete er mich. “Hast du ein Glück ein eigenes Pferd zu haben, ich träume davon seit ich ein kleines Mädchen bin”, fing ich an zu erzählen.

      Niklas
      “Bei uns in der Familie ist es üblich, dass jeder sein eigenes Pferd hat neben den Zuchtpferden. Damit kein Streit entsteht. Vielleicht sprichst du da mal mit Vriska drüber, sie hat Glymur noch nicht lange und eine Traberstute in Aussicht”, erzähle ich dann Lina. In mir fühle ich eine Erleichterung, dass ich mich mit jemanden Unterhalten kann, der mich nicht auf meinen Körper reduziert. Doch bevor ich irgendwas passiert muss ich sie darauf ansprechen.
      “Du, ich muss jetzt aber mal was fragen, bevor … was weiß ich. Was ist das mit dir und Jace, ist das was Ernstes?”, frage ich sie auf dem Rückweg zum Hof, nach dem sie Sky zu den anderen Pferden gestellt hat.

      Lina
      “Naja, das ist… Kompliziert”, fing ich ein wenig zögerlich an. Seltsamerweise vertraute ich ihm, obwohl ich ihn gerade einmal ein paar Tage kannte. “Das ganze fing an als ich für das HMJ in Schweden war. Seltsam wie einem Gefühle erst klar werden, wenn man weit entfernt von jemandem ist. Dann habe ich ihn in einem schwachen Moment meine Vergangenheit offenbart und meine Gefühle offenbart und er ist einfach ... Jace. Sagen wir mal seine Reaktion war nicht angemessen. Aber nein das ist nichts Festes und das war es auch nie. Ich denke, er verschweigt mir irgendwas und da Ehrlichkeit für mich eine Grundvoraussetzung ist... Naja, er hat seine Chance fürs Erste verspielt”, erzählte ich ihm offen. “Auch wenn mein Verstand mir sagt, dass es vollkommen logisch ist ihn auf den, Mond zu schießen, so ist das mit den Gefühlen leider nicht so einfach, vor allem wenn man ihn jeden Tag sehen muss.”, endete ich.

      Niklas
      “Und warum hast du nicht angerufen?”, scherzte ich, nach dem sie von Schweden sprach. Damit konnte ich wenigstens wieder ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Kurzerhand stellte ich mich ihr vor den Weg. Noch einmal warf ich einen Blick auf unsere Umgebung, weit und breit war niemand zu sehen. Zum Hauptteil des Hofes waren noch einige Meter. Vorsichtig lege ich meine Hände an ihre Hüfte.
      “Was denkst du?”, frage ich sie sanft und gucke ihr tief in die Augen.
      “Ich weiß nicht “, antworte sie zögerlich und versucht meinem Blick auszuweichen. “Ich kenn dich doch gerade mal ein paar Tage. Woher weiß ich den, das du kein böser Vergewaltiger bist”, scherzte sie dann aber gleich. Sie flirtete eindeutig mit mir.
      “Deswegen habe ich dich vorher gefragt. Wollte dich nicht in Verlegenheit bringen, tut mir leid.”, antworte ich verlegen.
      “Außerdem, wenn es danach gehen würde… Ich bin deutlich größer als du und aufjedenfall stärker. Dann hätte ich dich bereits in den nächsten Busch gezogen.”, scherze ich eh ich still werde und kurz nachdenke. Dann hebe ich sie nach oben, hänge sie mir wie einen Schal über die Schulter und laufe Richtung Hof weiter. Natürlich zappelt sie, aber Lina hat keine Möglichkeit dem zu entfliehen.

      Lina
      “Ey, wo willst du hin”, schimpfte ich lachend und wehrte mich ein wenig, aber natürlich hatte ich keine Chance gegen ihn. Seine muskulösen Arme hatten mich fest im Griff. Niklas schien auch schon genau zu wissen, wohin er wollte. Zielsicher steuerte er auf seine Hütte zu. Vor der Tür musste er mich absetzen um aufzuschließen. Erstaunlicherweise war die Tür aber nicht abgeschlossen und ein leicht verdutzter Ju sah uns entgegen. “Äääh Hi”, stammelte ich und das Blut schoss mir in die Wangen. Ihn hatte ich hier nicht erwartet. “Niklas wollte mir nur … etwas zeigen”, stammelte ich weiter. Vielleicht sollte ich jetzt lieber die Klappe halten, ich klang, wie eine 12-jährige die von Ihren Eltern erwischt worden war.

      Niklas
      “Hoffentlich nur den Inhalt des Kühlschranks und nicht seiner Hose”, antwortet Ju scherzhaft.
      “Lina denk dran, der Rest wartet auf Eis und Limo. Beeilt euch. Jace wartet schon auf dich.”, fügt er noch hinzu und geht. Ich gehe in die Hütte und krame in meiner Tasche nach einer kurzen Hose. Typisch sieht der Raum aus wie ein einziges Schlachtfeld.
      “Du kannst auch in den Büffelstall hereinkommen, offenbar wolltest du dir ja etwas angucken”, scherze ich und zeihe meine Reithose herunter. Natürlich werfe ich sie nur auf den Boden. Meine kurze Hose habe ich jedoch immer noch nicht gesehen.
      “Wow, ein typisches Jungszimmer. Irgendwie hätte ich bei dir mehr, Ordnung erwartet”, antwortete sie mir, nach dem sie einen kritischen Blick durch den Raum geworfen hatte.
      “Ordnung? Nur, weil ich Geld habe? Zu Hause habe ich eine Reinigungskraft, die macht das.”, antworte ich etwas eingebildet und erwische mich direkt dabei, dass ich dieselbe Antwort noch ein mal in einer anderen Betonung von mir gebe. Endlich finde ich eine kurze Hose, die zwar von Ju ist, aber der wird schon kein Problem damit haben. Rasch ziehe ich sie mir über und merke erst jetzt, dass diese etwas eng anliegt. Kurz gucke in den Spiegel, ja passt. Dann ziehe ich wieder meine Reitstiefel und nehme Lina an die Hand mit nach draußen.
      “Komm wir gehen lieber, bevor noch irgendwelche Gerüchte aufkommen”, sage ich rasch zu ihr und schließe die Tür ab.
      “Ach, der Weltenbummler ist da”, sagt Ju freundlich zu mir. Weltenbummler ist unser Codewort für ‘Ich habe nichts gesagt, keine Sorge’
      “Haha ja, wir hatten uns etwas verquatscht an der Weide”, weiche ich schnell aus, um Lina nicht noch einmal in Verlegenheit zu bringen.
      “Deine Hose zeichnet aber eindeutig was anderes ab”, merkt dann Milena an.

      Lina
      “Kann sie eigentlich auch was anders außer dummen Kommentare Abgeben?”, sagte ich mit gesenktem Stimmer zu Niklas. Die Limonade stand bereits auf dem Tisch, sodass nur noch das Eis fehlte. “Ich geh dann mal das Eis holen”, sagte ich und verschwand im Haus. Bevor ich allerdings in den Keller ging, flitze ich noch in mein Zimmer, um mich umzuziehen. Aus Gewohnheit hatte ich heute am Morgen eine Reithose angezogen. Bei den sommerlichen Temperaturen draußen würde ich allerdings bald schmelzen, wenn ich weiter darin rumlief.
      Kurz entschlossen Griff ich mir eine kurze Jeans und ein Croptop aus meiner Kommode und zog mich um, meine Stiefel tauschte ich gegen Sneaker.
      Als ich wieder unten war kam mir Jace im Flur entgegen. “Lina, du hast dich nicht etwa was mit dem, oder?”, fragte er ein wenig zu harsch. “Nein und selbst wenn, geht dich das gar nichts an. Ich bin alt genug, um selbst zu wissen mit wem ich schlafe und ich bin auch nicht den Besitzt, Jace. Außerdem scheinst du mir kein bisschen besser zu sein als er.”, erwiderte ich ein wenig zickig. Diese Antwort schien ihm für Erste zu reichen, denn er trollte sich in die Küche.
      “Der Eiswagen ist da”, rief ich als ich nach draußen ging, mit einem Tablett voll mit Eis. Ich stellte das Tablett ab und nahm mir auch sogleich ein Fruchteis “Bedient euch”.
      “Na, haste dich extra noch hübsche gemacht”, kam ein dämlicher Kommentar von einem der Jungs. “Sagen die, die hier alle halb nackt rumrennen”, erwiderte ich nur und setzte mich an den Tisch.
      Jace kam aus der Küche zurück mit einem seiner komischen Proteinshakes und setzte sich Demonstrativ neben mich. “Jetzt mach hier mal nicht das Alphamännchen”, zischte ich ihm zu.

      Niklas
      „Daaaaaas ist meins“, griff Vriska rasch vom Tisch das einzige Wassereis. Natürlich fiel mir direkt auf, dass sie ihr Shirt ebenfalls entblößt hatte und nun ihm ihren Calvin Klein dasaß. Ju zog eine seiner Brauen hoch und legte merklich seine Hand auf ihren Oberschenkel, um sein Gebiet abzustecken. Dann ließ ich meinen Blick durch die Runde streifen. Milena ignorierte mich nun und unterhielt sich mit Samu über ihre Pferde. Zu Lina hatte sich nun Jace gesellt, der offenbar nicht begeistert von unserem gemeinsamen Ausflug scheint.
      „Nå … Had ni? (Und, hattet ihr?)“, flüstert Ju mir zu.
      „Ein Gentleman genießt und schweigt. Men, nej. (Aber nein)“, antworte ich vertrauensvoll. Er nickt nur und spricht mit Vriska weiter.
      „Das ist doch Bullshit! Du hast ’nen Korb bekommen, die zweite Enttäuschung dieses Tages!“, belustigt sich Anna, die gerade zum Tisch kam und unser Gespräch verfolgt hat.
      „Hmm?“, murre ich sie enttäuscht an.
      „Ich habe euch gesehen auf dem Weg. Du hast deine Hände an ihre Hüfte gelegt und ihr schöne Augen gemacht, so wie du es immer machst!”, wirft sie mir vor eh sie vorfährt. Vorsichtig werfe ich einen Blick zu Jace, in dem es vor Wut kocht. In der Runde ist es nun mucksmäuschenstill. Viele gucken zu mir, aber auch im Wechsel zu Anna und Lina, der das am unangenehmsten zu sein scheint.
      “Nur, dass du heute nicht das bekommen hast, was du unbedingt wolltest, du Bastard. Zum Glück ist das seit gestern Abend mit uns vorbei.”, belustigt Anna sich an der Situation, eh sie sich mit Milena von der Runde entfernt. Natürlich hat sie sich vorher noch ein Eis genommen.
      “Ich bring’ dich um”, schreit mich nun Jace voller Wut an. Lina hat Schwierigkeiten ihn zurückzuhalten, aber es gelingt ihr dennoch.
      “Was habe vorhin zu dir gesagt? Ich bin alt genug selbstständig Entscheidungen treffen zu können, außerdem war er nicht aufdringlich, nach dem ich nein gesagt habe”, flüstert sie ihm zu. Doch es war nicht so leise wie sie dachte, denn alle haben es gehört.
      “Ich werde dann mal gehen”, versuche ich mich zu verabschieden.
      “Nein, dass kannst du vergessen. Du bleibst hier”, stoppt mich Ju und setzt sich auf meinen Schoss.

      Jace
      Wütend war ich aufgesprungen, und vermute Lina, war der einzige Grund warum ich diesem Idioten nicht eine verpasste. Aufgebracht verließ ich den Tisch und stapfte in den Keller, wo mein Boxsack hin.
      Wütend schlug ich immer wieder auf den Sack ein und wünschte, dass es das Gesicht von Niklas war.
      “Na, genug abreagiert”, kam es aus dem Türrahmen nach einer Weile. Ich hielt inne um mich Umzudrehen. Samu stand im Türrahmen. “Wie lange stehst du da schon?”, fragte ich ihn.
      “Lang genug”, antwortet er nur knapp. Erst jetzt merkte ich wie sehr mein Knöchel schmerzten, weil ich natürlich nicht klug genug gewesen war sie zu schützen.
      “Also Jace falls du jetzt wieder in der Lage bist vernünftig zu denken, würde ich gerne wissen, wo du dir eigentlich das Recht hernimmst über Linsa Entscheidungen zu Urteil?”, frage ich ganz ruhig und gelassen, ganz nach seiner Art. Er war immer der Vernünftige. Statt ihm zu antworten, drehe ich mich wieder um und schlug erneut zu. “Fuck”, Gleich nach dem ersten Schlag bereute ich es auch schon gleich wieder, denn dieser letzte Schlag hatte ausgereicht, dass die Haut an meinen Knöchel aufplatzte.
      “Hier”, Samu reichte mir ein Taschentuch und einen Eisbeutel. Dankbar nahm ich das ganz entgegen und ließ mich in den Sessel in der Ecke sinken. “Gedenkst du mir auch zu antworten?”, hakte Samu weiter nach.
      “Mmmpf”, war meine einzige Antwort. Woher hatte ich mir dieses Recht genommen? Das war tatsächlich eine gute Frage. Ich vermute, eigentlich war da mehr zwischen ihr und mir als ich wahrhaben wollte. Nein ich vermute es nicht nur, es war da gewesen und ich hatte mich wie ein Arsch verhalten, ganz der alte Jace. “Ich bin einfach ein Idiot”, murmelte ich eigentlich zu mir selbst, denn Samus Anwesenheit hatte ich schon wieder vergessen. Verdammte Eifersucht. Bei jedem anderen wäre es mir egal gewesen, aber nicht bei ihr. Ich hatte das Bedürfnis Lina zu schützen, vor allem vor Leuten wie Niklas. Naja, eigentlich gehörte ich selbst zu den Leuten, oder? Kann sich ein Mensch so krass in seinen Grundzügen verändern? Scheinbar nicht, ich hatte ja glorreich das Gegenteil bewiesen.
      Erst jetzt fiel mir auf das Samu noch immer Türrahmen stand.
      “Darf ich dich mal was fragen: Wie schaffst du es eigentlich immer so verdammt beherrscht zu sein?”, fragte ich ihn. Schon oft hatte mich, es genervt wie ruhig er war und vernünftig, denn so hat er schon die ein oder andere Aktion gecancelt.

      Lina
      Jace, war wütend abgdampft und Samu war im gefolgt, vermutlich um sicherzustellen, dass er nichts dummes anstellte.
      Na großartig, jetzt hatte wirklich jeder mitbekommen, was zwischen mir und Jace war. Besser gesagt was da nicht war.
      “Glotz nicht so blöd”, fauchte ich die verblieben an, die sich reichlich zu amüsieren schienen. Mein Leben schien gerade wie ein Jengaturm zusammenzufallen. Wie kann man in so kurzer Zeit so viel Chaos verursachen … Wobei nein, nicht es ging schon länger als die paar Tage, die das Nationalteam da waren. Es hatte alles mit Divine angefangen, als mich meine Vergangenheit einholte. Am liebsten würde ich weglaufen, wie ich es sonst Tat, doch ich konnte nicht.

      Ju
      “Eh wir alle in unserem Selbstmitleid ertrinken und versuchen den anderen die Schuld dafür zu geben, sollten wir Spaß haben und den Tag genießen. Was haltet ihr davon, wenn wir schwimmen gehen? Amy könnte die Erfrischung gebrauchen”, schlage ich den verbleibenden vor.
      “Nein, ich will nicht ins Wasser, aber ich komme mit”, antwortet Vriska. Bevor ich da nochmal nachhaken werde, nickte ich zustimmend.
      “Ja gut, ich komme auch mit. Smooth ist aber rossig. Wäre cool, wenn wir nur Stuten nehmen könnten”, warf Niklas dann ein.
      “Ich werde Samu auch mal fragen. Lina, wenn Jace auch mitkommt, geht es für dich auch klar? Zur Not hetze ich Ju dann auf ihn.”, versucht Vriska sie ebenfalls davon überzeugen. Auch Niklas guckt mit seinen funkelnen Augen zu ihr.
      Sie brauchte einen Moment, bis sie merkte, das sie angesprochen war. “Ja, ist schon ok”, antworte sie dann.

      Vriska
      “Gut, dann gehe ich mal die beiden Männer suchen”, antworte ich erfreut und laufe in die Richtung, in die sie verschwunden sind. Ich sehe eine Tür, die in einen Keller zu führen scheint und nehme auch Samus Stimme war. Hier werde ich richtig sein, hinke die Treppe herunter und stehe neben Samu, der mich kurz verwundert anschaut.
      “Wir wollen zum Bach uns erfrischen, ach und nur Stuten, wenn ihr Pferde mitnehmen wollt. Ihr seid nicht nur herzlich eingeladen, sondern auch äußert erwünscht.”, lade ich die beiden ein. Eh Jace sich herausreden kann für ich noch etwas dazu: “Auch du Jace. Wir würden uns freuen.”
      “Ja, klar kommen wir mit. Wir kommen gleich hoch”, antworte Samu, denn Jace schien ein wenig verwirrt zu sein.
      “Okay, wir machen uns dann fertig und treffen uns in spätestens 30 Minuten vor dem Hauptstall”, erkläre ich den beiden und gehe wieder hoch zu den anderen auf der Terrasse.

      Niklas
      Ju hatte sich auf den Weg zur Hütte gemacht, um sich etwas anzuziehen und Vriska die anderen zu suchen. Nun saßen nur noch Lina und ich da.
      “E-Es tut mir leid. Ich hatte extra geguckt, dass uns niemand sieht, … Ich wollte dich nicht in eine unangenehme Situation bringen, weil ich mich nicht im Griff habe. Tut mir wirklich leid.”, versuche ich mich bei ihr entschuldigen. Doch aus welchem Grund? Ich schätze, dass die Zeichen nicht nur von mir gesendet wurden, sie ist eindeutig drauf eingegangen.
      “Ist schon ok, du kannst nichts dafür das Jace ein eifersüchtiger Wachhund ist”, antworte sie “und auch nicht das mein Leben so chaotisch ist”, fügte sie noch ganz leise hinzu.
      Verlegen grinste ich sie an, stand auf und hielt ihr meine Hand hin. Fragend blickt sie mich an.
      “Komm’ wir holen Smooth. Du kannst dich dann daraufsetzen und ich laufe mit”, schlug ich ihr vor. Offenbar konnte ich ihr damit wieder ein Lächeln ins Gesicht zaubern.

      Lina
      “Ähh warte kurz, ich muss mich noch kurz umziehen”, entschuldigte ich mich und flitzte auf mein Zimmer. Ich nutze den Moment für mich, um mich wieder zu sammeln, schlimmer konnte es ja wohl nicht mehr werden.
      Kurz darauf kam ich in Shorts und Bikini zurück. Angesichts der Temperaturen hatte ich beschlossen, dass ein Shirt wohl überflüssig sei.
      “So, dann können wir los”, sagte ich, als ich wieder vor Niklas stand. “Meinst du eigentlich Vriska will laufen oder nicht?”, überlegte ich laut auf dem Weg zur Koppel, als mir einfiel das Vriska ja nur einen Hengst dabeihatte.

      Niklas
      “Da Ju ja Amy nimmt, denke ich, wird es sie mit daraufsetzen”, sage ich kurz und taste mich vorsichtig zu ihrer Hand vor.
      “Hej, wartet”, ruft Ju uns dann zu und kommt angelaufen. Schnell nehme ich Linas Hand wieder aus meiner.
      Gemeinsam gehen wir die Pferde holen und unterhalten uns etwas über diese. Ju spricht die meiste Zeit, als hätte er heute Quasselwasser getrunken, worüber ich jedoch zum glücklich war. Immer wieder warf ich einen Blick zu ihr, doch sie war sehr in das Gespräch mit ihm vertieft, sodass es ihr nicht auffiel. Auf der Weide kamen unsere beiden Damen direkt zum Zaun. Sowohl Amy als auch Smoothie sind zwei richtige Arbeitstiere. Egal wie viel man ihnen gemacht hat, sie wollen und können immer wieder. Jetzt, wo die Schuhe auch wieder schön sind, sollte es auch kein Problem darstellen. Ich nahm meiner Schimmel Stute das Halfter ab und warf es neben das Tor. Wer sollte so ein Ding schon stehlen? Dann legte ich ihr das Knotenhalfter um, dass ich geholt hatte, als Lina sich umzog. Dazu habe ich einen Langen Strick genommen, dessen Ende ich an den unteren Verschluss anband. Unüberlegt hob ich Lina auf den Rücken meiner Stute. Sie lachte und wir liefen los. Auch Ju hatte sich schon auf seine Stute gesetzt.
      “Wann war der Treffpunkt?”, fragte ich noch mal nach, nachdem ich auf meine Uhr am Handgelenk geschaut hatte.
      “Nog, zehn nach eins”, antwortete Ju nach kurzem Nachdenken.
      “Oh dann müssen wir uns beeilen. 5 Minuten noch”, sagte, ich joggte los. Da ich viel Bodenarbeit mit Smoothie bisher gemacht habe, trabt sie direkt mit an und Lina fällt nach Vorn. Die Stute bremst direkt ab, um sie aufzufangen.

      Lina
      “Ey, du hättest mich warnen können, dass ein Pferd keine Zwerge gewohnt ist”, beschwerte ich mich gespielt, beleidigt bei Niklas. Ich sortierte mich wieder und ließ die Stute nun von mir aus antraben. Scheinbar war Smoothie es nicht gewohnt, von andren geritten zu werden, während ihr Besitzer nebenherlief.
      Im Trab kamen wir schnell wieder am Hof an und wir waren nicht die letzten, denn Vriska war die Einzige, die schon vor dem Stall wartete.
      “Typisch, Jace immer der letzte”, rief ich ihn fröhlich entgegen als er und Samu mit ihren Stuten und die Ecke kamen.
      “Und du willst scheinbar hoch hinaus”, kam es gleich von ihm zurück.
      “Ey, Smooth ist nicht viel größer als Masko, als hättes du mich noch nie auf einem großen Pferd gesehen”, erwiderte ich. Wobei er insofern recht hatte, das Smoothie durch ihre langen schlanken Beine um einiges größer aussah als meine Hannoveraner Stute.
      “Aber sie macht doch eine gute Figur auf ihr, va?”, scherzte Niklas noch.
      “Ach Jace ist doch nur eifersüchtig, weil sein Pferd nicht das größte ist”, scherzte Samu.
      “Zum Glück kommt es nicht immer auf die Größe an, sondern auf die inneren Werte”, warf nun noch Vriska ein, die auch so ein Zwerg ist wie ich.
      “Na, los wenn wir hier noch länger rumstehen, schrumpft sein Pferd noch”, fügte der Finne belustigt hinzu und treib seine Fuchsstute an.
      Ich konnte Jace ansehen, dass er am liebsten noch einen blöden Kommentar gemacht hätte, doch er begnügte sich lieber damit Samu zu folgen.

      Niklas
      Immer wieder warf ich einen prüfenden Blick zu Lina, die wirklich eine gute Figur auf meiner Stute macht. Doch wurde dann von zwei mir bekannten Stimmen aus den Gedanken gezogen.
      “Wir kommen auch mit”, sagt Milena sehr knapp bekleidet auf ihrer Scheckstute in Begleitung von Anna, die ebenfalls auf einer Isländerstute sitzt.
      “Wie kommt es denn, dass Max dir Blávör überlassen hat?”, frage ich verwirrt, denn bis auf ich durfte noch niemand auf seinen Stuten sitzen.
      “Er hielt es für eine gute Idee, weil es ihm nicht so gut geht”, antwortet Anna sehr von sich überzeugt.

      Vriska
      “Aha, okay. Was hat er denn?”, frage ich darauf hin. Ich versuchte mein Interesse zu verschleiern, denn obwohl er ein ziemlicher Arsch seit der Aufnahme im Verein ist, war unsere gemeinsame Zeit in Deutschland was wirklich Besonderes. Ich vermisse es wirklich, wie viel Mühe er sich gegeben hat, wenn ich mal wieder schlechte Laune hatte am Hof. Doch sein Ego hat es nicht verkraftet, dass wir beide gut genug sind, um den Hof zu vertreten im Verein.
      “Alles gut”, flüstert Ju mir zu, der vor mir auf Amnesia sitzt.
      “Ja, alles gut.”, antworte ich und meine Hänge wandern hoch zu einer Brust. Vorsichtig drücke ich mich an ihn heran. Natürlich spüre ich, dass sein Körper sich direkt entspannt.
      “Ach, der hat ziemliche Kopfschmerzen und irgendwas ist mit seiner Mutter”, antwortet dann Milena. Ich gehe nicht weiter drauf ein und versuche mich auf das hier und jetzt zu konzentrieren.
      Am Wasser angekommen, nutzt Ju meine Unaufmerksamkeit und schubst mich rein.
      “Was stimmt mit dir nicht?”, rufe ich ihm wirklich aggressiv zu. Auch er springt nun rein und taucht vor mir wieder auf.
      “Man, ich hatte mein Handy noch in der Tasche”, sage ich dann verärgert.
      “Jetzt mach’ dir mal keine Gedanken.” antwortet er und guckt sich das Modell an.
      “Das iPhone 11 pro kann bis zu 4 Meter tief ins Wasser für maximal 30 Minuten am Stück”, erklärt er und nimmt es mir ab. Kurz verlässt er das Wasser, zieht seine Schuhe und das Shirt aus. An einem Baum legt er die ganzen Sachen hin. Ich folge ihm, um auch dort meine vollkommen in Wasser getränkten Reitschuhe hinzustellen. Hoffentlich sind sie wieder trocken, wenn wir zurückgehen.

      Samu
      Während die ersten schon schneller im Wasser lagen, als ihnen lieb war, rutsche ich vom Rücken meiner Stute runter und legte meine Schuhe am Ufer ab. Mein Seepferdchen konnte es sich nicht nehmen lassen Jace und seiner Stute einfach in Wasser zu folgen und sich natürlich erst einmal reinzulegen. So brav wie Sally auch war, manchmal war sie einfach eine Knalltüte.
      Smoothie die eigentlich mit Lina am Ufer wartete, bis Niklas seine Schuhe und sein Handy beiseite legte, fühlte sich scheinbar von Selection animiert und begann im flachen Wasser zu planschen, sodass alles in ihre Umgebung nass wurde.
      “Na, du bist ja ein Spielkind”, sagte Lina lachend und ließ sie Stute weiter ins Wasser treten.
      “Also Jace, ich finde du bis noch viel zu trocken”, rief ich und ging ins Wasser, um diesen Zustand zu ändern. Mein Pferd dachte sich scheinbar dasselbe, denn Sally stand gerade prusten wieder auf und schüttelte sich. Kurz drauf hatte ich ihn auch schon erreicht und schubste ihn von seinem Pferd.

      Lina
      So wie die Schimmelstute im Wasser spielte, erinnerte sie mich stark an Divine, was meine Laune gleich noch ein wenig verbesserte. Der Stute stand das Wasser inzwischen bis zum Bauch und es fehlte nicht mehr viel, bis sie schwimmen würde. Da ich durch ihre Planscherei schon nass war, sparte ich es mir Schuhe und Hose auszuziehen und ließ die Stute in die Mitte des Flussbetts treten. Sobald sie den Boden unter den Füßen verlor, ließ ich mich von ihrem Rücken gleiten und schwamm neben ihr her. “Na, jetzt kommt doch endlich rein. Seid ihr wasserscheu”, rief ich dem Rest zu, der immer noch am Ufer stand.

      Vriska
      Ich stellte mich zu Niklas ans Ufer. Wasser ist nicht mein Element. Verärgert gucke ich an mir herunter, denn ich hatte als Einzige eine lange Hose an, was nun auch Nik vernommen hatte.
      “Du kannst die auch ausziehen. Dir guckt schon keiner was ab”, sagte er belustigt.
      “Ne, ne alles gut”, lenkte ich ab. Natürlich war nichts gut. Ich hasse es, wenn Kleidung förmlich an mir klebt und sich noch enger anfühlt.
      “Komm, du kannst meine Hose haben, wenn du willst. Oder besser sagt, die Hose von Ju. Ich habe noch eine Boxershorts drunter”, bot er mir dann an. Kurz musste ich drüber nachdenken aber stimmte dann zu. Er zog sich provokant seine Hose runter, jedoch etwas zu harsch und plötzlich stand Niklas mit herunter gezogenen Hosen vor mir. Milena hatte offenbar recht gehabt. Doch um es ihm nicht noch schwieriger zu machen, drehte ich mich schnell um, eh sich seine Shorts wieder hochgezogen hatte.
      “Spart es euch doch bitte für zu Hause auf”, rief Anna nun sehr eklig zu, dass auch Lina darauf aufmerksam wurde.
      Keiner von uns Beiden ging auf ihr Kommentar ein, stattdessen drückte er mir die kurze Hose in die Hand und ich verschwand im Busch.
      “Es muss dir doch nicht peinlich sein”, sagte er dann und kommt näher zum Busch, in dem ich mich gerade umziehe.
      “Geh’ weg”, versuche ich ihn zu verscheuchen aber vergeblich.
      “Alles gut?”, frage er dann wehmütig. Es war natürlich klar, dass er unbedingt zu gucken wollte oder was auch immer mal wieder perverses in seinem Kopf los ist.
      “Das ist Geschichte”, versuchte ich das Thema zu beenden. Niklas sagte nichts weiter und schien ziemlich gerührt zu sein. Seitdem es immer mehr Narben wurden, habe ich niemanden mehr meine Beine betrachten lassen und auch im Haus trug ich zu 90 % eine hautfarbene kniefreie Leggings.
      Gemeinsam gingen wir wieder Richtung und ich hielt Niklas am Arm fest.
      “Bitte sei vorsichtig mit ihr. Verletz sie bitte nicht”, ermahnte ich ihn.
      “Ich gebe mein Bestes”, gestand er mir und stürmte ins Wasser. Im Austausch kam Ju mit Amy her.
      “Alles gut? Hat er dich betatscht?”, hinterfragte Ju harsch.
      “Ja, es ist alles gut.”, beruhigte ich ihn dann wieder. Erleichtert atmet er aus und versucht mich wieder aufs Pferd zu ziehen. Spielerisch wehrte ich mich, doch natürlich war er deutlich kräftiger und ich liege im nächsten Moment wie ein Sack Reis über dem Rücken der Stute.

      Lina
      Natürlich war mir die Szene am Ufer eben nicht entgangen. Nach der ersten Irritation stellte sich bei mir erstaunlicherweise eher Neugierde ein. “Sag mal, was läuft da eigentlich zwischen dir und Vriska?”, fragte ich neugierig, denn auch wenn die Situation eben eindeutig sehr seltsam war, ging er mit Vriska so anders um als mit den anderen Mädels aus dem Team. “Also du musst mir auch nicht antworten”, fügte ich noch hinzu, weil ich auf einmal doch sehr unsensibel vorkam.

      Niklas
      “Nej, alles gut. Deine Frage ist schon berechtigt … “, fing ich an zu Lina zu sagen. Normalerweise würde ich nun abwinken, mir irgendwas ausdenken, aber es fühlte sich nicht richtig an. Ungeschickt warf ich immer wieder einen Blick zu ihr und Ju ans Ufer, die aber Beide lachend sich unterhielten.
      “Eigentlich würde ich jetzt sagen wollen, dass ich nur gucken möchte, ob sie für diesen Moment die richtige für Ju ist. Aber das wäre Nonsens. Nog … mehr oder weniger. Ich bin jetzt ehrlich zu dir. Es ist als würden wir beide ein Spiel miteinander spielen, in dem wir gegenseitig testen, wie weit der andere geht, ohne irgendetwas davon wirklich ernst zu meinen. Mir macht es einfach unglaublich Spaß andere … du weißt schon. Aber mit dir ist das anders. Ich. Ich spiele mit dir nicht.”, versuchte ich nun mein Verhalten zu verteidigen, was mir deutlich schwerer fiel als ich dachte.
      “Sie ist verschlossen, sucht nach Aufmerksamkeit und hauptsächlich nach jemanden, der auf sie achtet. Jemanden, der ihr hilft das Gepäck zu tragen. Krampfhaft schreit sie innerlich danach. Und … wie sage ich das jetzt. Vriska gibt mir das Gefühl, dass ich ihr helfen soll und mit jeder Kleinigkeit, die ich mache, scheint es besser zu werden. Es ist als würde ich sie psychisch Befriedigen und das schwimmt auf mich über.”, spreche ich weiter. Mittlerweile klingt es schwachsinnig was ich erzähle und hoffe, dass Lina das reicht.

      Lina
      Da war es wieder, das Gefühl, dass da mehr hinter steckte als der coole Macho, den Niklas nach außen hin gibt. Je mehr ich ihn kennenlernte, umso mehr verstand ich sein Verhalten. “Mit dir hat sie einen guten Gepäckträger”, antworte ich nachdenklich, weil ich nicht wusste, was ich sonst sagen sollte.
      Smoothie, deren Gegenwart ich schon fast vergessen hatte, pruste mir auf einmal in den Nacken.
      “Na, du was willst du denn Jetzt”, fragte ich die Stute und drehte sich zu ihr um. Grob schubste ich die Stute an, sodass ich fast umfiel.

      Niklas
      Geschickt fing ich Lina auf und setzte sie kurzerhand zurück auf den Rücken meiner Stute.
      “Bevor wir uns falsch verstehen. Ich möchte auf keinen Fall ihr Gepäck tragen. Es ist eher … ich genieße jeden Moment, in dem sie danach bettelt, dass ich ihr helfe”, gebe ich zu und fühle mich nicht wirklich wohl damit. Von hinten höre ich jemand durchs Wasser patschen, nervös drehe ich mich um. Vriska und Ju kommen dazu. Ich spüre wie das Blut in meinen Kopf hochsteigt. Hoffentlich hat es keiner gehört.
      “Du, komm’ mal mit”, sagt Ju zu mir, ich entschuldige mich kurz Lina. Vriska bleibt bei ihr.
      “Was los?”
      “Vriska hat es nicht mitbekommen, aber ich weiß ganz genau worüber du mit Lina gesprochen hast. Bitte. Bitte, versau es mir nicht. Nicht schon wieder”, fleht er mich förmlich an. Natürlich weiß er darüber Bescheid.
      “Mach’ dir keine Gedanken, ich werde versuchen sie nicht weiter zu provozieren und zu schikanieren.”, beruhige ich ihn.
      “Danke, aber bitte lass deine sadistische Ader nicht an ihr aus”, fügt er noch hinzu eh Ju sich wieder Vriska widmet.

      Lina
      Na, toll. Natürlich hatte ich es mal wieder geschafft, in das einzige Fettnäpfchen weit und breitzutreten. “Sag mal Vriska, Niklas hat erzählt du hättest Glymur gekauft. Wie hast du das eigentlich finanziert?”, fragte ich um das Gespräch auf ein hoffentlich sicheres Terrain zu lenken.
      “Ähm … Da scheint Nik was falsch verstanden zu haben. Er gehört mich nicht komplett. Also Tyrell und Bruce haben mir ihn geschenkt, da ich nun seit knapp 2 Jahren zur Familie gehöre und wirklich viel gearbeitet habe. Besonders am Anfang noch auf freiwilliger Basis, ohne Geld dafür zu bekommen. Jedoch ist das eigentlich gar nicht so ausschlaggebend. Sagen wir es mal so. Mein Vater hat eine große Firma in England und jedes Jahr bekomme ich eine Gewinnausschüttung, weil mit 5 % gehören, deswegen habe ich eigentlich keine Sorgen in diese Richtung. Aber ich lebe sehr verschwenderisch …”, erzählt sie mir offen und verschluckt die letzten Worte. Na herzlichen Glückwunsch, da hatte ich scheinbar gleich das nächste Fettnäpfchen gefunden. “oh, ich wollte jetzt nicht … “, stammelte ich etwas verlegen. Irgendwie war ich heute scheinbar der Elefant im Porzellanladen. Ein wenig verlegen, spielte ich mit der Mähne der Stute und war ein wenig erleichtert, als ich sah, dass die Jungs wieder zu uns kamen.

      Niklas
      “Willst du ihn noch mal sehen, oder warum guckst du so interessiert?”, frage ich Vriska provokant.
      “Nein, ich verzichte aber danke für die Nachfrage”, antwortet sie und Ju guckt böse zu mir. Natürlich was es wieder genau das worüber wir gesprochen hatten. Ich hielt es für das richtige mit Lina etwas abseits von den anderen zu gehen. Neugierig folgt mir meine Stute, auf der sie noch immer saß. Auf dem Weg blieben wir bei Samu stehen, der noch immer nicht zu glauben scheint, dass ich es nur gut meine mit ihr. Das, was in mir brodelt, ist anderes. Es fühlt sich so nahbar an, echt. Jedoch ist es zu früh darüber zu sprechen, schließlich verbindet uns bisher nur das reiten.
      “Pass gut auf sie auf, sonst hast du hier keinen Spaß mehr”, sagte er zu mir und warf mir einen kritischen Blick zu.
      “Ich gebe mein Bestes”, gab ich zu und führte sie weiter. Etwas Abseits steig Lina von meiner Stute ab und setzte sich in die Sonne, während Smoothie weiter im Wasser spielte.
      “Bedrückt dich etwas?”, fragte ich sie dann. Lina ist still geworden und scheint sich über irgendetwas Gedanken zu machen. Irgendwie macht es mich unsicher, sie so zu sehen. Genauso blöd finde ich, dass alle nur schlechtes in mir sehen.

      Lina
      “Irgendwie scheine ich aktuell einfach alles falsch zu machen”, sagte ich und ließ mich auf den warmen Sand sinken. “Es ist so viel passiert in den letzten Monaten”, fügte ich hinzu. “Ich dachte gerade, dass ich mein Leben in den Griff bekomme und dann scheint einfach alles einzustürzen”, begann ich zu reden. Es war schon seltsam, dass ich gerade dabei war, einem Mann, den ich gerade einmal vier Tage kannte, alles zu offenbaren, aber irgendwie fühlte es sich richtig an. Vielleicht gerade, weil ich ihn kaum kannte. “Naja, damit du das ganz verstehen kannst, muss ich ganz vorne Beginnen, in meiner Kindheit. Unsere Mutter hat meine Familie und mich verlassen, als ich noch sehr klein war, ist mit irgend so einem Typen durchgebrannt. Von heute auf Morgen stand mein Vater mit drei kleinen Kindern allein da. Somit zogen meine älteren Geschwister und ich zu meiner Tante. Mein Vater war nicht viel Zuhause, ständig auf Geschäftsreise. Er hat uns zwar geliebt, ist aber nie darüber hinweggekommen, dass seine Frau ihn verlassen hat. Das heißt soviel wie, auch wenn er Zuhause war, haben wir ihn nur selten zu Gesicht bekommen. So kam es, dass ich meine Zeit hauptsächlich mit meiner Tante im Stall verbrachte. Sie hatte einen Kutschbetrieb, so kam ich zu den Pferden. Und natürlich gab es für mich auch ein ganz besonderes Pferd. Vijami kannte ich, seit er ein Fohlen ist wir sind zusammen aufgewachsen und irgendwann zusammen über die Wiesen gefetzt, aber zu ihm später mehr. Mein Bruder ist, sobald er konnte ausgezogen, sodass nur noch meine Schwester und ich übrig waren. Mein Vater hat sich nämlich irgendwann eine neue Familie gesucht und uns gemieden. Naja und an meinem 12. Geburtstag passierte es”. Ich musste einen Moment innehalten, von diesem Unfall hatte ich bisher fast niemandem erzähl und es fiel mir immer wieder schwer darüber zu sprechen. Meine Kehle wurde eng und ich wusste, hörte ich jetzt auf zu sprechen würde ich vermutlich daran erstickte. Niklas setze sich vor mir und griff nach meinen Händen. Also sprach ich mit einem Beben in der Stimme weiter “Meine Tante wollte mich Überraschen. Sie hatte Vijami angeschirrt und hübsch gemacht, denn sie wollte ihn mir schenken. Sie warteten draußen vor dem Hof auf der Straße, während meine Schwester mich holte. Eine der Angestellten meiner Tante, kam gerade mit einem der Jungpferde von einer Trainingsfahrt zurück, als ein LKW laut hupend vorbeiratterte. Da Jungpferd erschrak und rannte panisch los, die beiden Kutschen trafen aufeinander und ich musste mit ansehen, wie sich die Deichsel durch Vijamis Brust bohrte und meine Tante durch die Luft flog”, ich hielt einen Moment inne, um noch einmal tief Luft zu holen. “Beide Menschen und beide Pferde starben bei dem Unfall. Meine Tante war unsere letzte wirkliche Bezugsperson gewesen. Mein sogenannter Vater schickte uns einfach auf ein Internat in der Stadt, statt sich um uns zu kümmern. Nie wieder, hatte ich mir geschworen, wollte ich etwas mit ihm zu tun haben. Er hatte seine eigenen Kinder einfach im Stich gelassen. Naja, so kam es dann, dass ich nach der Schule auswanderte und hier herkam”.
      Ich blickte Niklas einen Moment lang an wie er einfach nur dasaß und zuhörte, bevor ich weitersprach. “Naja, du fragst die jetzt bestimmt, was das mit hier und heute zu tun hat. Lange Zeit war ich hier sehr glücklich und dachte zu mindesten, ich habe mein Leben im Griff, doch dann kam das HMJ. Durch die ganze mediale Aufmerksamkeit fiel meinem Vater scheinbar doch ein, dass er noch andere Kinder hatte und hat sich gemeldet. Ich habe ihm bis heute noch nicht geantwortet, weil ich nicht weiß, ob ich ihm das jemals verzeihen kann.
      Und noch etwas, Divine ist Vijami unheimlich ähnlich. Nicht äußerlich, denn ein Finnpferd hat relativ wenig mit einem Freiberger gemeinsam, aber sein Charakter. Das mag jetzt vielleicht absolut bescheuert klingen, aber manchmal habe ich das Gefühl Divine ist die Wiedergeburt von Vijami. Aber zurück zum eigentlichen Punkt: An dem Abend, wo ich mit Divine ankam, hatte ich dann einen kleinen Nervenzusammenbruch und den Rest der Geschichte kennst du schon”, endete ich kaum hörbar. Eine Träne löste sich aus meinem Augenwinkel und tropfe vor mir in den Sand.

      Niklas
      Gespannt lauschte ich der wirklich lange Geschichte, die mir Lina da erzählte. Viele Dinge schossen mir durch den Kopf und eigentlich wollte ich ihr gern helfen, doch mir fiel natürlich nichts ein. Vielleicht könnte ich sie mit irgendwas aus meinem Leben aufmuntern, aber ich wollte natürlich ihre Geschichte nicht weniger wertig machen. Deshalb entschied ich das einzige Mittel zu nehmen, dass ich habe - lange Arme und einen breiten Oberkörper. Ohne sie zu erdrücken, zog ich sie an mich. Ich hörte die Kleine schluchzen. Auch ich musste mich zusammenreißen nicht mitzuweinen.
      “Weißt du, ich kann gerade nichts Aufmunterndes sagen, ich kann nur für dich da sein. Aus eigener Erfahrung weiß ich, das Sätze wie ‘das wird schon wieder’ oder ‘du schaffst das’ nicht wirklich das mit bringen, was man von ihnen erwartet.”, fing ich an mit ihr zu reden.
      “Aber ich kann dir sagen, dass ich ansatzweise nachempfinden kann, wie es dir jetzt gerade geht. Ich hatte vorhin in der Dusche wieder mal einen Break down mit Flashbacks zu der Scheune meines Onkels.”, ich stoppte. Mit feuchten Augen blicke in den Himmel und atme mehrfach tief ein und wieder aus. Dann entschied ich, Lina die Zeit zu geben, die sie gerade braucht.

      Milena
      “Denkst du wirklich, dass das eine gute Idee ist”, fragte ich noch einmal Anna, die mir gestern einen Plan verriet, in dem sie Niklas das Leben zur Hölle machen will.
      “Ja, zu 100 %. Du weißt doch selbst wie er ist und ich habe das nun mehr als 8 Monate mit mir machen lassen, weil ich es für das richtige hielt. Bis ich dich traf.”, sagte sie verliebt zu mir. Ich nickte ihr zustimmend zu. Tausende von Gedanken schwirren durch meinen Kopf, weil ein Teil davon ist, Ju die Wahrheit zu verraten. Gerade dieser Teil beängstigt mich. Was geht mir die Beziehung der beiden Männer etwas an, schließlich langen diese Dinge in der Vergangenheit aber Anna war getrieben von ihrer Rachsucht.
      “Lass und doch erstmal etwas Spaß mit den Pferden haben”, versuchte ich sie ein wenig abzulenken, doch Anna war nicht zu bremsen. Im Trab ritt sie zu Ju und Vriska, die gerade andere Dinge im Kopf hatten.
      “Ju, können wir kurz sprechen?”, fragte sie kurz. Er nickte und zu dritt entfernten wir uns von Vriska, die uns verwirrt nachschaute.

      Ju
      Etwas verwundert folgte ich den beiden Mädels, ohne wirklich zu verstehen, weshalb sie mit mir sprechen wollten.
      “Weißt du noch, was wir uns kennengelernt haben?”, fragte sie dann, ohne wirklich die richtigen Worte zu suchen. Vriska weiß natürlich nicht, dass ich Niklas und Anna damals einander vorstellte. Vor allem weiß sie auch nicht, dass wir damals ein Paar waren. Milena wurde offenbar schon eingeweiht und unterstützte sie bei unserem Gespräch.
      “Natürlich erinnere mich noch daran. Es war schließlich eine schöne Zeit”, erinnerte ich mich zurück.
      “Da hast du recht. Aber weißt du, Niklas war in der Zeit nicht wirklich begeistert davon. Als du uns einander vorgestellt hast, war ich erst ziemlich unsicher, ob ich wirklich mit dem besten Freund meines Freundes Kontakt haben sollte. Jedoch erschien es mir eine gute Möglichkeit zu sein, dass wir beide uns besser kennenlernen können. Niklas schien allerdings anderes in seinem Erbsenhirn zu haben. Ungefähr nach zwei Wochen rief er mich jeden Tag an. Anfangs unterhielten wir uns viel über dich und mich, was ich mit dir machen könnte. Sowas halt. Irgendwann wurde jedoch daraus, woran Nik gerade denkt, was er gern mit mir machen wollte. Das faszinierte mich und ich entschied eines Nachts zu ihm zu fahren.”, erzählte sie offen, teilweise beschämt.
      “Und was willst du mir damit nun sagen?”, frage ich sie trocken.
      “Niklas hat es nicht ausgehalten, dass du jemanden kennenlernst und er alleine da steht”, versuchte Anna mich nun davon überzeugen, dass es eine große Verschwörung ist.
      “Anna bist du wirklich so naiv und denkst, dass Niklas und ich nie miteinander sprechen? Ich kenne diese Version schon. War’s das?”, fragte ich sie dann genervt. Schockierte gucke sie mir nach, als ich zurück zu Vriska gehe. Natürlich wusste ich nur Teile davon, aber ich wollte nicht das sie die Freundschaft kaputt machte. Bruder vor Luder oder so.

      Milena
      Offenbar schien der erste Teil des Plans schon mal nicht aufzugehen und ich versuchte Anna nun noch das was folgen sollte, auszureden. Doch wie besessen machte sie sich nun auf den Weg zu Jace und nur mit Mühe konnte ich ihr und Blávör auf Snúra folgen. Vielleicht war es doch nicht so das Richtige mit ihr.
      Als ich bei Jace ankam, war Anna bereits dabei ausgewählte Teile ihrer Beziehung zu erzählen. Geschichten, in denen Niklas sich bei irgendeiner Party abgeschossen hatte und mit irgendjemanden im Badezimmer wiederfand. Geschichten, in denen er wahllos auf Anna losgeht, sie für irgendwas beschuldigt und teilweise mit der Hand ausholt. Alles das, was man aus irgendwelchen Talkshows kennt. Jedoch zweifle ich langsam daran, ob das alles der Wahrheit entspricht. In Jace kochte es bereits und als Anna ihm nun noch sagte, dass sie genau weiß, dass Lina nur eine weitere auf seiner Liste ist, stieg er aus. Gedanklich. Aus Angst erzählte sie ihm das ganze, weil sie nicht wollte, dass noch jemand leiden musste.

      Samu
      Etwas verwundert beobachtete ich wie Anna und Melina zu Jace rübergingen, nachdem sie mit Ju geredet hatte. Keine Ahnung was sie ihm erzählten, aber ich konnte erkennen, das es nichts Gutes in ihm heraufbeschwor. Er schien förmlich größer zu werden, als er wütend begann loszustampfen. Nein, da konnte nichts Gutes bedeuten. Er war schon halb bei Lina und Niklas angekommen und das Bild, was sich bot, würde ihn definitiv nicht beruhigen, denn Lina lag schluchzend in seinen Armen. Eilig sprang ich vom Rücken meiner Stute, um ihm zu folgen.
      “Was bist du nur für ein Scheißkerl”, schreit er Niklas an. Jace kochte vor Wut, da konnte jeder sehen. Niklas sah zu ihm hoch und schob ich gleichen Moment Lina hinter sich.
      Jace stand nun genau vor ihm und blickte ihn scharf in die Augen. “Deine Ex hat mir alles erzählt”, zischte er ihn wütend an und hob den Arm mit geballte Faust.
      “Nein, Jace tu das nicht”, rief ich und legte noch mal an Tempo zu… Doch bevor ich ihn erreichen konnte, landete seine Faust in Niklas Gesicht.

      Niklas
      Das hatte ich nicht kommen sehen. Noch bevor ist realisierte, dass Jace mir gerade mit voller Wucht die Nase zertrümmert hat, merkte ich, wie das Blut herunterläuft.
      “Alter was stimmt mit dir nicht?”, fragte ich geplagt durch Schmerzen. Mittlerweile hatte sich eine Traube um uns herum gebildet und Lina schreckhaft aufgestanden.
      “Vielleicht solltest du DICH lieber fragen, was mit dir nicht stimmt. Was du Anna angetan hast, machst du nicht mit Lina”, schrie er mich an und wollte ein weiters mal ausholen, doch Samu der sich inzwischen durch die Leute gequetscht hatte, stellte sich dazwischen. “Jetzt halt mal die Luft an Jace”, sagte er in einem scharfen Ton. “Nein, Samu geh mir aus dem Weg. Das verdient dieser Bastard”, erweiterte er und versuchte an dem Finnen vorbeizukommen.
      “Junge, wie wäre es denn, wenn du mich vorher fragst und einer gerade 18-Jährigen nicht direkt glaubst. Die kommt halt einfach nicht klar, dass ich keine Lust mehr hatte auf ihren Kindergarten.”, versuchte ich mich zu verteidigen, auch wenn es mir gerade wirklich egal ist. Ich merkte nur noch wie mir schwarz vor den Augen wurde und nach hinten wegkippte.

      Ju
      “Großartige Leistung, Jace. Bist du stolz auf dich?”, pampte ich ihn nun auch noch an.
      “Macht euch mal nicht in die Hose. Er wird an einer gebrochenen Nase schon nicht sterben”, sagte er immer noch wütend.
      “Könnte den mal bitte jemand entfernen? Tack”, rief ich in die Runde und Samu versuchte so gut er konnte, den Kerl von hier wegzubringen.


      © Mohikanerin, Wolfszeit | 99.353 Zeichen

    • Wolfszeit
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      13.09.2021|Wolfszeit
      Abe’s Aelfric| Acerado| All Hope Is Gone| Amigo| Baroness Of The Guard| Cremella| Elvish Beauty| Fraena van Húlshof| Jora| Little Buddy| LMR Ice Rain| Look At My Hair| Mas’uda| Miss Leika| Nurja| PFS’ Artic Tiger| PFS’ Caruso| Promise Of Sundance| Saturn| Songbird| Sunny Empire| Ursel-die Bäringöttin| Vakany| Vikar | HMJ Divine| Lifesaver| Don Carlo| Herkules| WHC’Solist| Lancasters Peppermit| LMR Royal Champion| Flanell d’Egalité| Walking On Sunshine| Elf Dancer| HMJ Divine
      Aschenflug| Darly Gone Mad| Fanya| Mystic Fantasy Dahlia| Osgiliath| Sasancho| Wo der Wolf Heult| Zephyr| ZM’Zanaro| Fanya| Morian

      Jace| Ich wischte über den beschlagenen Spiegel. Mein eigenes, müdes Gesicht starrte mir entgegen. Dunkle Schatten zeichneten sich unter den Augen ab und mein Hals und meine trug noch Spuren von Sonntagnacht. Die junge Dame hatte sich wirklich alle Mühe gegeben, dass ich sie nicht ganz so schnell vergaß. Dennoch war es nur eine von vielen und sobald die Spuren auf meinem Körper verblassten würde ich auch sie vergessen haben, ihren Namen wusste ich jetzt schon nicht mehr. An diesem Abend hätte ich viel lieber jemand anderen bei mir gehabt. Jemand, der mir mein Herz gestohlen hatte und sich nun auf dem langen beschwerlichen Weg nach Europa befand. Es tat weh zu sehen, wie sie sich in jemand anderen verliebte und noch mehr schmerzte es, als sie mir den Rücken kehrte.
      Es war endgültig, Lina ging mit diesem dämlichen Typen nach Schweden. So richtig realisierte ich die Situation erst, als gestern eine Benachrichtigung auf meinem Handy aufpoppte: “10:00 Instagram: Linas_horseworld hat vor Kurzem etwas gepostet”. In dem Post zu sehen, war sie wie sie ihren Hengst umarmte, im orangeroten Licht der Abendsonne. Ein harmonisches Bild, auf dem sich die innige Verbindung spüren ließ, die Lina und den weißen Freiberger verband. Darunter nur ein kurzes Zitat: “There are no goodbyes for us. Wherever you are, you will always be in my heart ❤️” Die Worte unter dem Bild prägten sich mir ein, besser hätte ich sie nicht wählen können. Lina wird immer in meinem Herzen blieben und früher oder später wird sie schon noch erkennen, dass sie hierhergehörte. An meine Seite und nicht an die von einem so dahergelaufenen Schönling. Allgemein wunderte es mich, dass Lina offenbar seit neustem so leicht herumzukriegen war. Seit Mai gab ich mein Bestes, um Lina bei ihrer Entscheidung bezüglich ihrer Gefühle mir gegenüber zu unterstützen. Und was bekam ich dafür? Richtig, absolut nichts. Fest umgriffen mein Finger, das Waschbecken, sodass die Fingerknöchel weiß hervortraten. Nur meine Selbstbeherrschung hielt mich davon ab einfach in den Spiegel zu schlagen. Für diesen dämlichen Niklas stelle Lina auf einmal ihr ganzes Leben auf den Kopf und das, obwohl er sie mit seinen komischen Liebeleien zu Vriska kompromittierte. Für Lina wünschte ich mir, dass dieser Affe seine Triebe in Zukunft besser unter Kontrolle hatte. Wenn es eins gab, was ich weniger leiden konnte als Typen, die mir die Mädchen ausspannten, waren es Typen, die dem Mädchen meiner Träume das Herz brachen. Schon beim bloßen Gedanken daran bekam ich das dringende Bedürfnis ihm gleich noch einmal die Nase zu brechen.
      Heute Morgen hatte sich alles so surreal angefühlt, aufzuwachen und zu wissen, Lina war nicht mehr da, dass sie kein Teil des Teams mehr war. Seitdem sie gestern losgeflogen war, hatte ich nichts mehr von ihr gehört, was vermutlich vor allem der Tatsache geschuldet war, dass sie noch im Flugzeug mitten über dem Atlantik saß. Auch gehörte ich vermutlich nicht zu den Top 10, denen Lina unmittelbar mitteilen würde, dass sie gut gelandet war, dafür hatte ich mit meiner Dummheit selbst gesorgt. Aber ich musste irgendwie weitermachen, hatte keine Zeit zum um zu warten. Am Freitag würde das Vorreiten für den kanadischen Kader sein, also hieß es neben der Arbeit fleißig zu trainieren. Seufzend griff ich nach dem hellblauen Hof Shirt, welches an der Tür hing und warf es mir über, schlüpfte in die schwarze Reithose und die Strümpfe. Im Hinausgehen schnappte ich mir noch einen Apfel, den ich auf dem Weg nach unten verspeiste. In der unteren Etage war es still, denn die waren vermutlich noch auf ihren Zimmern, ich war heute ziemlich früh dran. An der Tür nahm ich mein Sneaker aus dem Regal. Neben den Schuhen von Samu, war nun eine Lücke. Dort hatten immer Lina, niedliche kleine Schühchen, mit dem Sternenhimmel auf dem Swoosh gestanden. Bis heute frage ich mich, warum sie sich sogar für ihre Stallschuhe die Mühe gemacht hatte, diese liebevoll zu bemalen.
      Gedankenverloren lief ich über den Hof. Der Wind musste gedreht haben in trug nun die kühle Bergluft zu uns rüber. So warm wie der Sommer hier auch war, die Jahreszeiten wechseln recht schnell. In den Höhenlagen hier konnte man selbst nach einem so heißen Sommer wie diesem, Mitte September den ersten Schnee erwarten. Noch war der Stall nahezu leer, aber nicht mehr lang und dann würden wir die Pferde von den Sommerkoppeln herunterholen. Dann würden die meisten von ihnen nicht mehr die Nacht auf den Koppeln verbringen, sondern im warmen Stall. Nichtsdestotrotz war es unruhig im Stall. Ungeduldig trat Acerado gegen die Boxenwand. Matt hatte gerade mit dem Füttern begannen und dem braunen passte es nicht so ganz, dass Saturn, Carlo und Lifesaver ihr Futter bereits hatten. Herkules schien das Ganze auch zu langsam zu gehen, denn er reckte den Hals lang in der Hoffnung sich einfach selbst bedienen zu können.
      “Morgen”, grüßte ich meinen Kollegen freundlich, bevor ich den Stall wieder verließ, beim Füttern würde ich nur stören. Somit schlenderte ich zu der Koppel hinüber, um nach Solisten zu sehen. Der Falbe hatte die Nacht zusammen mit den anderen Junghengsten auf der Koppel verbracht. Obwohl er erst seit 4 Tagen in der kleinen Herde stand, schien er sich schon relativ gut integriert zu haben. Hier und da hatte er ein wenig einstecken müssen, besonders von Camp, der seinen Chefstatus verteidigte, doch der junge Hengst war klug genug, sich bei den Älteren unterzuordnen.
      “Solo, komm”, rief ich über die Koppel. Flanell der verschmustes aus der Truppe kam sofort an getrottet. Buddy und Champ zuckten nicht einmal mit den Ohren, sondern grasten friedlich weiter. Solist mit Peppermint im Schlepptau folgten dem graunen Hengst mit etwas Abstand. Spielerisch schnappte mein Babypferd nach dem älteren Tigerschecken, was dieser allerdings mit einem Warnenden quietschen quittierte. Sofort begann der Falbe ihn zu beschwichtigen in dem, er unterwürfig kaute. Flany ließ derweil ein wenig verwöhnen und streckte genüsslich den Kopf in die Höhe.

      Samu| “När kommer du äntligen hit till mig? Sängen är alldeles för stor för mig ensam”, klagte Enya und machte einen leidenden Gesichtsausdruck. Wie aufs Stichwort kam Findus an getapst. Freundlich reib die Tigerkatze ihr Köpfchen an ihrem Arm, bevor sie sie sich schnurrend neben ihr bequem machte und mit ihren Pfoten die Decke unter ihr knetete.
      “Är Pettson och Findus inget bra sällskap?”, schmunzelte ich. Natürlich fehlte sie mir auch. Wir telefonierten zwar jeden Tag, aber es war doch etwas ganz anderes sie bei mir zu haben. “Jag kommer att vara med dig nästa torsdag, men för nu bara i två veckor. Jag har några saker att klargöra innan jag kan få visumet”, fügte ich sanft hinzu.
      “Åhh, vad skönt, då kan vi fira din födelsedag här”, strahlte meine Freundin.
      “Ja, det är min gåva till mig själv, så att säga, att ha dig med mig”, lächelte ich liebevoll.
      “Och du är säker på att det inte är en gåva för mig?”, fragte meine Freundin reizvoll und begann gedankenverloren an einer Haarsträhne zu drehen.
      “En present till oss båda. En gästpresent till dig och en födelsedagspresent till mig”, erwiderte ich sanft. Ich wurde ganz wuschig dabei, wenn ich ihre Finger sah, die immer noch die Strähne zwirbelten. Mein Handy erinnerte mich daran, dass es nun Zeit war, das Gespräch zu beenden, denn die Arbeit wartete.
      “Jag måste bryta upp, Makea. Hästarna väntar”, lenkte ich das Telefonat auf das Ende zu.
      “Det var för kort igen. Jag saknar dig redan, Samu”, seufzte die blonde Schönheit.
      “Ja, det var det, men du borde fortsätta studera nu”, stimmte ich ihr zu. Die Zeit verfolgt immer so wahnsinnig schnell.
      “Du har rätt. Vi ses imorgon jag älskar dig”, verabschiedete sie sich und warf mir einen Luftkuss zu.
      “Jag älskar dig också. Vi ses imorgon”, beendete ich das Gespräch nun endgültig.

      Nach einer wohltuenden Dusche schlenderte ich energiegeladen zur Hauskoppel hinüber. Als allererstes wollte ich bei Sunny Empire und Mas’uda vorbeisehen. Auch wenn die blinde Stute gut mit ihrer Situation zurechtkam, überzeugte ich mich lieber morgens als Erstes von ihrer Gesundheit.
      Ein leichter Nebel waberte über dem kleinen Bachlauf, der am Rande der Koppel entlangführte und ließ einzelne Sonnenstrahlen sichtbar werden. Die beiden Stuten grasten friedlich nebeneinander in der morgendlichen Sonne. Sunny stellte neugierig ihre Ohren auf, als ich mich näherte und wieherte mich freundlich an. Immer wieder faszinierend, wie sie die Menschen sogar an den Schritten auseinanderhalten konnte.
      “Guten Morgen, Empire”, begrüßte ich die Stute und strich ihr sanft über das helle Fell. Die kleine Araberstute neben ihr hatte nur kurz den Kopf gehoben. Masu war ein wenig zurückhalten und gab sich lieber mit ihresgleichen ab, als mit dem Menschen. Einen Moment genoss ich die Stille auf dem Hof, denn so wirklich still war es hier die letzten zwei Wochen nicht gewesen. Die beiden Nationalteams hatten das Leben hier ganz schön aufgemischt. Ich hatte erwartet, dass es gut für Lina sein, würde mal wieder unter Leute zu kommen, denn für gewöhnlich musste man schon kreativ werden, sie irgendwo hinzubekommen. Dass meine beste Freundin allerdings nun mit ihrem FREUND auf dem Weg nach Schweden war, kam aber sogar für mich überraschend. Zugegeben, nach Europa zog es sie bereits wieder, nachdem sie Divine in Schweden abgeholt hatte. Wochenlang kam sie aus dem schwärmen nicht heraus und sie hatte ohnehin schon große Sehnsucht nach unserer Heimat gehabt.
      Aber dass Lina jetzt nach knappen zwei Wochen einen festen Freund hatte, so richtig offiziell war schon verrückt. 3 Jahre war die Trennung von Flinn nun her. Seitdem hatte sie so wenig romantische Interessen gezeigt, dass ich schon daran zu zweifeln begann, ob die den Schritt jemals gehen, wird wieder eine Beziehung einzugehen. Umso mehr freute ich mich für sie, dass sie den Schritt doch gewagt hatte.
      “Na Empire, dann hoffen wir mal, dass Lina so glücklich mit Niklas bleibt”, sagte ich zu der jungen Stute und tätschelte ihren Hals. Was ich definitiv jetzt schon sagen konnte, war das Linas neuer Freund etwas ganz Besonderes an sich haben musste. So schnell hatte sie sich bisher niemandem geöffnet, na ja außer ihrem Pferd.
      “Guten Morgen Samu”, grüßte mich Jamie, der Highlandponystute Ursel am Zaun entlanglief. Ich grüßte freundlich zurück, bevor ich auf die Uhr blickte. So langsam sollte ich wirklich mal mit dem Training meiner Pferde beginnen.
      Im Stall herrschte eine entspannte Atmosphäre. Die meisten Pferde hatten ihr Kraftfutter bereits aufgefressen, mümmelten an ihrem Heu oder sahen aus ihren Fenstern.
      Auf dem Putzplatz stand bereits Miss Leika. Ein großer brauner Mistfleck zierte ihre Flanke, den Jayden auch schon intensiv bearbeitet. Jora, die sie Nebenbox von der Stute wohnte, zu der ich jetzt wollte, streckte freundlich ihren Kopf aus der Box. Kurz streichelte ich sie über, bevor ich Elvishs Box betrat. Die Schimmelstute mümmelte an ihrem Heu, wobei die lange Mähne ihr immer wieder in die Augen rutsche. Genervt schüttelte Elvish ihren Kopf. So langsam war echt an der Zeit, die Mähen abzuschneiden. Die Stute störte sich daran und bei ihrem schmächtigen Hals, sah es außerdem auch nicht sonderlich gut aus. Vor der Box griff ich nach dem beerenfarben Halfter der Stute, eine Sache die ich Luchys Tochter zu verdanken hatte, und holte sie aus ihrer Box. Als ich die Schimmelstute an Ice Rain vorbeiführte, schnappte die Scheckstute nach ihr. Konsequent wies ich sie zurecht. Beauty blieb davon recht unbeeindruckt, sondern trotte nur brav neben mir bis zum Putzplatz.
      Noch bevor ich begann die Stute zu putzen, holte ich die Schere aus der Sattelkammer.
      “Ahh, kommt die Mähnen nun endlich ab?”, frage Jayden, der immer noch das Fell der Cremellostute reinigte, die mittlerweile vor sich hindöste.
      “Jap, wird ja auch mal Zeit, ich glaube das arme Pferd ist auch schon ganz genervt davon”, erklärte ich. Als wenn Beauty zustimmen wollte, nickte sie mit ihrem Kopf.
      “Lina würde dir jetzt sicher einen Vortrag halten, warum du das nicht tun solltest. Aber ich stimme dir zu, besonders hübsch sieht das nicht an ihr aus”, grinste mein Kollege.
      “Richtig, aber Lina ist nicht hier, also kommt die Mähne ab”, lachte ich und wand mich der Mähne der Stute zu. Strähne für Strähne fiel die Mähne zu Boden, bis nur noch knapp eine Handbreit an dem Pferd verblieb.

      Jace| Buckelt und quietschend schoss der Tinker Hengst los als ich ihn antraben wollte. Na gut, wenn er laufen wollte, dann sollte er. Energisch trieb ich den Hengst an, sodass er in einen flotten Galopp fiel. Der Rappe versucht noch ein paar weitere Male zu buckeln, was immer dazu führte, dass ich ihn an Tempo zulegen ließ. Vikar hatte sich vorhin deutlich netter benommen. Im Galopp ritt ich einige Handwechsel, verkleinerte und vergrößerte den Zirkel, ließ sich den Hengst richtig auspowern.
      Verschwitzt und müde trotte der Hope am Ende des Trainings unter mir her. Nachdem er seine Energie herausgelassen hatte, konnte ich tatsächlich noch vernünftig mit ihm arbeiten. Mit Looki an der Longe, betrat Quinn den Reitplatz, als mein Handy klingelte.
      “Hallo Alec, hast du schon wieder Sehnsucht nach mir”, begrüßte ich meinen Kumpel.
      “Noch nicht, ich glaube, ich war in den letzten zwei Wochen oft genug bei euch drüben”, lachte Alec am anderen Ende. “Der Grund warum ich eigentlich anrufe, ist dein Vorreiten am Freitag. Ich dachte, wenn du morgen oder vielleicht auch noch heute Zeit hast könntest du rumkommen und ich gebe dir noch ein paar Tipps und vielleicht lasse ich dich ja auch Mo reiten. Auf den bist du schon lange scharf”, bot Alec an.
      “Das klingt hervorragend, danke. Ich denke, ich würde dann gleich morgen früh vorbeikommen”, antworte ich. Nochmal ein paar Tipps von Alec zu bekommen war sicher hilfreich, auf dem Gebiet der Dressur war ein wenig bewanderte als ich.
      “Perfekt, aber eine Frage habe ich noch: Hast du dich eigentlich schon entschieden mit welchem Pferd du reitest?”, fragte mein Kumpel.
      “Nein, noch nicht endgültig. Eigentlich würde ich gerne mit Sunny reiten, aber die ist ja gedeckt, also könnte ich, falls sie mich nehmen, eh nicht mit im Team reiten. Also wird es vermutlich Herkules, auch wenn er schlechter ausgebildet ist”, äußerte ich meine Bedenken.
      “Was ist mit Promise die ist doch gut Ausgebildet?”, schlug mein Kumpel vor.
      “Die ist seit ihrem Fohlen in Rente, sie ist ja bereits 18 Jahre alt”, erklärte ich.
      “Na dann, ist die Entscheidung wohl offensichtlich”, erwiderte Alec im Hintergrund war, ein Wiehern zu vernehmen.
      “Ist zwar nett mit dir zu quatschen, aber ich muss jetzt Schluss machen, ich habe die Ehre Quinn und Hazel gleich beim Kindergeburtstag zu unterstützen und vorher muss ich noch den dicken Tinker aufräumen”, verabschiedete ich mich.
      “Phyri wird auch langsam ungeduldig. Also dann bis morgen”, beendete Alec das Gespräch und legte auf. Hope war mittlerweile halbwegs trocken, für den Rest würde ich ihn gleich noch einmal unters Solarium stellen. Also ritt ich ihm zum Stall und sattelte ihn dort ab.
      Kaum hatte ich den Tinker zurück auf die Koppel gebracht, drückte Hazel mir auch schon Amigos Halfter in die Hand: “Hier, die Kinder kommen in 10 Minuten. Wir putzen zwar gleich mit den Kindern, aber besten putzt du schon mal vor.” Sie selbst verschwand zu den Stuten, um die anderen Ponys zu holen. Der kleine gepunktete Shettywallach, stand mit Rici, Caruso und Tiger am Heu und mampfte gelassen.
      “Na komm kleiner, lass uns ein paar Kinder bespaßen”, sagte ich ironisch zu dem Shetty und wuschelte ihm durch die Mähne. Eigentlich hätte Lina den Geburtstag machen sollen, immerhin hatte sie das ganze Konzept mit der Shettyschule auch ins Leben gerufen, aber sie verbrachte ihre Zeit ja lieber mit Niklas am anderen Ende der Welt anstatt hier.
      Amigo versenkte seinen Kopf noch tiefer im Heu und ließ sich nur wieder willig davon überzeugen mit mir mitzukommen. Vor dem Stall standen bereits Fraena, Cremella und Songbird angebunden. Die beiden Mädels waren bereits dabei die Ponys zu putzen.
      “Ist die überhaupt geritten?”, fragte ich Hazel stirnrunzelnd und betrachtete die kleine Scheckstute. Sie war noch nicht wirklich lange bei uns und obwohl sie bereits 7 Jahre alt war noch nahezu Roh, meines Wissensstandes nach.
      “Geht so, aber für heute reicht es. Aber du solltest dich mal beeilen, in 5 Minuten sind die Kinderchen da”, antwortete sie und kratzte dem Pony den Vorderhuf aus. Kaum hatte sie zu ende gesprochen kam auch schon ein Vater angelaufen und fragte, wo er parken konnte. Freundlich erklärte Quinn dem Mann den Weg zum Besucherparkplatz. Ein paar Minuten später wurde ich von 7 paar Kinderaugen angestarrt, die in einem Halbkreis vor uns standen.
      “Herzlich willkommen hier auf dem Whitehorse Creek. Ich bin Hazel und die beiden neben mir sind Quinn und Jace. Wir werden die nächsten Stunden mit euch verbringen. Wer von euch ist denn das Geburtstagskind?”, begrüßte Hazel die Kinder. Ein kleines blondes Mädchen, mit blau pinker Reithose und pinkem Reithelm meldete sich. Sie hieß Lilly und es war heute ihr 5ter Geburstag.
      “Also bevor wir anfangen können stell ich euch mal die Ponys vor. Die kleine helle da ist Cremella, der kleine Plüschball daneben ist Fraena, die Schecke ist Songbird und der kleine Kerl mit den Punkten dort ist Amigo. Bevor wir jetzt gleich reiten, werden wir die Ponys erst einmal hübsch machen”, setzte Hazel fort und begann den Kindern zu erklären, wie die Ponys geputzt werden. Anschließend durfte sich das Geburtstagskind ein Pony aussuchen. Die kleine wählte Cremella, weil sie ihrer Aussage nach aussah wie das Pony einer Prinzessin.

      Samu| Große Kinderaugen starrten mich an, als ich mit Vakany aus dem Stall ritt, wo sich ein lustiges Bild bot. Jace, der so etwas wie Kriegsbemalung im Gesicht hatte, schmierte mit zwei kleinen Jungs Fingerfarben auf Amgio. Ein blauer Kreis mit gelben Punkten umrahmte das Auge des Shettys, auf seinem Hintern war ein Handabdruck und eines der Kinder verzierte sein Vorderbein gerade mit grünen Streifen. Die anderen Ponys sahen ähnlich aus.
      “Du hast voll das schöne Pferd! Wie heißt es?”, fragte mich ein kleines Mädchen, das vor meinem Pferd stand und fasziniert den glitzernden Stirnriemen anstarrte. Freundlich lächelnd antwortete ich ihr: “Das ist Vakany. Wenn du möchtest, darfst du sie streicheln” Die bunte Stute hatte den Kopf zu dem Kind heruntergesenkt und beschnupperte es neugierig. Vorsichtig streckte das Mädchen seine kleine Hand nach ihr aus und strich ihr über die rosa Schnauze. Ganz still stand die Scheckstute da und ließ das über sich ergehen.
      “Was machst du jetzt mit ihr? Bist du ein Prinz? Reitest du jetzt zu deiner Prinzessin?”, fragte das Mädchen weiter. Ich musste schmunzeln, wie niedlich Kinder doch sein konnten.
      “Nein, wir gehen auf den Reitplatz, springen”, erklärte ich dem Mädchen.
      “Aber du hast doch sicher eine Prinzessin, oder? Jeder Prinz hat eine! Und wenn du ein Pferd hast, musst du ein Prinz sein!”, beharrt die Kleine weiterhin auf ihrer Meinung.
      “Ja, ich habe eine Prinzessin, allerdings in einem weit entfernten Königreich”, lächelte ich freundlich. Quinn kam hinzu um das Mädchen wieder zurück zu den anderen zu holen: “Na komm Lilly, wir lassen Prinz Samu und Vakany mal springen, gehen und du möchtest doch jetzt sicher auch reiten.” Begeistert ließ sich die Kleine von Quinn zurück zu Melly bringen. Froh gesinnt ritt ich mit der Trakehnerstute in Richtung Koppeln. Ich hatte spontan überlegt, dass ich zum aufzuwärmen eine kleine Schrittrunde im Gelände machen wollte. Als ich an den Fohlenkoppeln entlangritt, wurden wir von Nessy verfolgt, die am Zaun neben uns her trabte. Ihr kleines braunes Fohlen ganz dicht an ihrer Seite.
      Bis auf Jayden der mit Elf im Dressurviereck herum zirkelte, war der Platz leer. Auf dem Springplatz hatte ich vorhin bereits eine kleine Gymnastikreihe aufgebaut, bestehend aus Cavaletti und Steilsprüngen. Nach den zwei Wochen Bootcamap hatte Kany sich heute mal ein lockeres Training verdient. Entspannt ritt ich die Stute erst im Trab und Galopp, bevor ich zum Ende noch ein paar Mal die In-Out Reihe ritt. Wie immer war die Stute konzentriert dabei und alle Stangen blieben liegen. Nach dem Trainer kam Luchy auf mich zu.
      ”Samu, ich hatte gedacht, du könntest das Training von Legolas übernehmen, zumindest so lange du noch hier bist. Er ist nämlich der einzige, den ich noch nicht verteilt habe”, erklärte sie ihr Anliegen. Vakany steckte sie ein Leckerli zu, welches sie genüsslich sabbern fraß.
      “Klar, das mach ich doch gerne. Wie ist das jetzt eigentlich mit Nurja und Fanya sollen die immer noch von Divine gedeckt werden?”, diese Frage geisterte mir durch den Kopf, seitdem ich mit Ivy vorhin ein wenig Bodenarbeit gemacht hatte. Eigentlich hatte ich den Hengst reiten wollen, doch dabei wirkte er so irritiert davon, dass ich nicht Lina war und sie, dass ich es lieber ließ. Nach ein paar Tagen Bodenarbeit würde er sich vielleicht an mich gewöhnt haben.
      “Das ist eine Frage, die ich dir noch nicht beantworten kann. Ich werde demnächst mal mit Lina sprechen, sicher wird das trotzdem irgendwie machbar sein. Hast du eigentlich schon was von ihr gehört?”, frage meine Chefin beiläufig nach. Ich verneinte, die letzte Nachricht von ihr kam als sie ins Flugzeug steig und mir unbedingt mitteilen wollte, wie cool die Businessclass war. Spätestens heute Abend würde sie schon noch ein Lebenszeichen von sich geben. Luchy brachte mich noch auf den aktuellen Stand, wie es mit den Verkaufsfohlen aussah, tatsächlich hatten alle mittlerweile einen Käufer gefunden.
      Vakany war das letzte Pferd für heute gewesen, weshalb ich auf dem Rückweg von den Koppeln noch einmal bei Divine anhielt. Menschenbezogen wie der Hengst war, kam er direkt an getrottet und durchsuchte mich sofort nach Leckerlis.
      “Na großer, ich bin wohl immer noch nicht der auf den du wartest, aber auf Lina wirst du heute vergeblich warten”, sprach ich zu ihm und gab ihm die halbe Möhre, die ich noch dabeihatte. Zufrieden nahm der Hengst das Gemüse entgegen und verlangte danach gestreichelt zu werden. Der Freiberger war etwas ganz Besonderes, das merkte man auch ohne eine solch innige Beziehung zu dem Pferd zu haben wie Lina. Obwohl es gerade einmal halb fünf war, stand die Sonne schon recht tief am Himmel. Hier in den Bergen merkte man recht schnell, wen der Sommer vorbeiging. Mit dem kürzer Werden der Tage, sinken auch die Temperaturen über Nacht rapide, ein Grund warum die Pferde schon ziemlich schnell das erste Winterfell haben werden.
      “Genieße die letzten Sommertage hier, Hübscher. Schweden wartet auf uns”, flüsterte ich dem Hengst zu. Gedankenverloren kraulte ich den Hengst weiter. Dort, wo er und auch ich in Zukunft hinziehen würden, waren die Sommertage lang, dafür war der Winter umso dunkler.

      Am nächsten Morgen war Jace etwas verspätet mit Herkules im Hänger auf dem zu Alec. Beim Einladen hatte der Hengst ein wenig herumgezickt, es schien heute nicht so ganz sein Tag zu sein. Hoffentlich würde das sich nicht negativ auf das Training auswirken.

      Alec| “Prima, Darly”, lobte ich das Pferd. Der misstrauische Vollblüter begann mir allmählich zu vertrauen und mauserte sich zu einem hervorragenden Pferd. Gerade als ich mit dem dunklen Vollbluthengst den Reitplatz verließ, rollte Jace auf den Hof. Aus dem Hänger wieherte es laut und aus dem Stall kam direkt eine Antwort.
      “Perfektes Timing, Jace”, begrüßte ich den blonden Mann, der gerade aus dem Rage Rover stieg. Gut gelaunt kam er auf mein Pferd und mich zu.
      “Ich habe immer ein perfektes Timing”, antworte er ein wenig überheblich. Mein Kumpel wollte dem Pferd über den schlanken Hals streichen, doch Darly legte die Ohren eng an und versuchte nach ihm zu schnappen.
      “Nimms nicht persönlich, er hat ein grundsätzliches Problem mit Menschen”, erklärte ich und ließ mich aus dem Sattel gleiten. Ich wollte gerade fragen, ob es schon was von Lina gehört hatten, als mir gerade noch einfiel, dass es kein gutes Thema war. “Lade du schonmal dein Pferd aus, ich bringe den hier noch zurück auf die Koppel”, fügte ich noch hinzu und führte das Vollblut in den Stall. Anu stand mit Wolf mitten auf der Stallgasse und unterhielt sich mit Silvia die offenbar gerade Zany in seine Box gebracht hatte.
      “Mädels ihr muss mal Platz machen, und am besten geht ihr ganz aus dem Weg, Jace kommt auch gleich noch” Kaum hatte ich Jace, gesagt war Anu auch schon mit dem Schimmel verschwunden. Natürlich war sie das, schließlich konnte sie sich ihrer Meinung nach nicht so vor ihrem Angebeteten blicken lassen.
      “Ist Jace irgendwie ein Zauberwort?”, scherzte Silvia und blickte Anu amüsiert hinterher.
      “Ja, sowas in der Art. Aber jetzt mach mal weiter, Sasancho wartet auch noch auf dich und denke dran um zwei möchte ich dich mit Fanya auf dem Platz sehen, dann gehen wir noch einmal die Aufgabe für die Körung durch”, sagte ich noch zu ihr, bevor ich Darly auf dem Putzplatz führte, um ihn abzusatteln.
      Während Jace seinen Buckskin Hengst putzte, brachte ich den dunklen Vollblüter zurück auf die Koppel. Osgiliath, der auf der Nachbarkoppel stand, versuchte über den Zaun hinweg nach Darly zu beißen. Dieser schlug einmal ärgerlich aus und trabte dann zu Aschenflug, der am anderen Ende der Koppel stand und graste.

      “Anu, willst du jetzt auf den Platz kommen oder nur da herumstehen?”, rief ich der Blonden zu, die seit 2 Minuten wie festgewachsen mit ihrer Schimmelstute am Platz Eingang stand. Sofort trat eine Röte auf ihre Wagen, sie murmelte etwas und führte ihre Stute dann in die Mitte des hinteren Zirkels.
      “Okay, Jace dann noch einmal angaloppieren und die Wechsel. Konzentriere dich und achte darauf, dass er auch wirklich sauber durchspringt”, wies ich Jace an. Daraufhin galoppierte er seinen Hengst an. Die Anwesenheit der Stute schien dem Hengst gutzutun, denn sogleich
      Präsentierte er sich schöner und auch Jace schien von den Zuschauern angespornt. Diesmal sprang der Hannoveraner den Wechsel auch sauber und galoppierte anschließen fleißig weiter.
      “Hervorragend, noch einmal genauso schön und dann kannst du arbeiten”, lobte ich meinen Kumpel. Auch der darauffolgende Wechsel gelang Jace und seinem Pferd fehlerlos, würden sie auch Freitag so reiten, stand dem Vorreiten nichts mehr im Wege.


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      zeitliche Einordnung Ende August 2020
    • Wolfszeit
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      08.12.2021|Wolfszeit
      Harvest Celebrations mit Abstecher auf die Sky River Ranch

      Abe’s Aelfric| PFS’ Caruso| Celevant ’Mad Eye’|WHC’ Poseidon |Whats’ Happen In The Dark| WHC’ Mitena| WHC’ Candela| Rumkugel| Coco| Wanita Iblis| Le Perle Noir

      Dienstag, Tag 1
      Alle waren Abfahrt bereit, der Transporter gepackt, fehlten nur noch die Ponys. Aufgeregt strich ich Caruso ein letztes Mal durch die strubbelige Mähne, bevor ich ihn die Transportgamaschen anlegte. Hazel und mich würde es heute auf den Weg nach Langley gehen, denn wir würden beide dort an einem Turnier teilnehmen. Mit Caruso startete ich am Donnerstag in der Working Hunter Class starten. Dieses Turnier würde eine kleine Premiere sein, denn es war meine erste Hunter Class, bisher war ich nur normale Zeitspringen geritten oder auch gelegentlich mal eine Dressur. Hazel würde mit gleich zwei Ponys an den Start gehen. Einmal mit Rici am Mittwoch in einer Baby Green Hunter Class um am Donnerstag mit Mad Eye in einer Pree Green Hunter Class. Den Höhepunkt des Turniers würde am Samstag ein Teil des Longines FEI Jumping World Cup bilden, bei dem wir natürlich nur Zuschauer waren. Doch ich freute mich nicht nur auf das Turnier, denn wir würden auch noch einen Abstecher nach Seattle machen und dort die Sky River Ranch besuchen. Im März dieses Jahres hatten wir Rumkugel nach dorthin verkauft und auch Darky würde bald dorthin umziehen. Ich freute mich darauf meinen Schützling wiederzusehen, hoffentlich hatte er sich gut entwickelt.
      “Quinn, kommst du endlich. Die anderen Ponys stehen schon auf dem Transporter”, rief Jayden durch den Stall. Er würde uns begleiten, weil die Fahrt an die Küste nicht gerade kurz war und ich Hazels Fahrkünsten nicht wirklich vertraute. Seit knapp einem halben Jahr hatte sie ihre Fahrlizenz, aber gab sich im Verkehr alle Mühe sie direkt wieder zu verlieren. Nicht nur einmal erlitt ich einen Herzinfarkt auf Autofahrten, bei der sie am Steuer saß.
      “Ich komme schon”, antworte ich und schloss schnell den letzten Klettverschluss, bevor ich Caruso losband. Artig folgte mir der kleine Hengst in den Hof, wo Jace gerade die beiden Jungstuten entlang zu Koppel führte. Die anderen beiden Pferde standen tatsächlich schon auf dem Transporter und Hazel hatte es sich bereits in der Fahrerkabine bequem gemacht. Zügig half mir Jayden das Pony zu verladen, sodass wir dann schnell loskonnten.
      Das erste Stück fuhr ich, denn ich hatte keine Lust das letzte Stück im Berufsverkehr zu fahren. Lieber genoss ich den Highway, der nahezu menschenleer war. Weite offene Flächen mit Flüssen und Seen wechselten sich ab mit den Bergen und Wälder der kanadischen Rockey Mountains. Kurz hinter Jasper machten wir eine kurze Pause, um den Pferden etwas zum Trinken anzubieten und einen Fahrerwechsel zu machen. Die weitere Fahrt döste ich vor mich hin, wurde erst wieder halbwegs wach, als wir eine zweite Pause in Kamloops machten, wo wir nicht nur die Pferde mit Futter und Wasser versorgten, sondern auch uns. Mittlerweile hatte ich echt Hunger und konnte meinen Bagel kaum schnell genug in mich hineinstopfen.
      “Haben wir noch Kekse?”, fragte ich anschließend in die Runde, denn mein Magen verlangte noch immer nach Nahrung. Hazel, die auf dem Tritt in der geöffneten Beifahrertür saß, griff hinter sich und warf mir die Kekspackung zu. Natürlich konnte Jayden das nicht unkommentiert lassen: “Wie kann so ein zartes Persönchen wie du eigentlich immer so einen Hunger haben?”
      “Weißt du Jayden, wenn du so viel denken würdest wie ich hättest du auch Hunger”, sichelte ich ein wenig. “Ja ist gut, nerve uns nicht, mit deinem blöden Studium”, genervt verdrehte er die Augen, “Außerdem sei froh, dass nicht Jace euch begleitet, der denk noch weniger.” Okay, da hatte er recht. Einerseits war Jace Fahrstil noch riskanter, als der von Hazel und andererseits konnte er einem mit seiner selbstverliebten Art ziemlich auf die Nerven gehen.
      “Ach, Jace mag manchmal unüberlegt handeln, aber so schlimm ist er doch gar nicht”, teilte Hazel mit. Manchmal handelte Jace unüberlegt? Ich hatte eher das Gefühl es sei immer der Fall, eigentlich ein Wunder, dass ausgerechnet er auserwählte, um die Reiter des Landes zu vertreten. An Jayden Gesicht konnte ich ablesen, dass er ungefähr dasselbe dachte wie ich auch. Die Entscheidung sich für das Canadian Equestrian Team zu bewerben, war vermutlich eine der wenigen klugen Entscheidung gewesen, die er treffen konnte. Das Einzige, was man Jace nicht absprechen konnte, war sein Talent. Bevor dieses Gespräch noch in eine Diskussion ausartete, stopfte ich mir lieber meinen Keks in den Mund und stand auf, um noch einmal nach den Ponys zusehen, bevor wir wieder aufbrachen.
      Clay döste mit halb geschlossenen Augen, während Rici und der Schimmel neben ihm an ihrem Heu knabberten, also stand einer Weiterfahrt nichts im Wege.
      Am Abend hatten wir endlich das wirklich riesige Gelände des Thunderbirdshow Parks erreicht. Die Ponys luden wir aus und während Jayden den Transporter parkte, führten wir sie ein wenig auf dem Gelände umher, nach der langen Fahrt freuten sie sich über die Bewegung. Als Jayden zu und zurückkehrte, brachten wir die Pferde in das Stallzelt und machten uns auf den Weg zum Hotel.

      Mittwoch, Tag 2
      Den ganzen Morgen quatschte Hazel mich nun schon zu, als hätte sie Quasselwasser getrunken. Ich weiß gar nicht so genau, was mit ihr los war, immerhin war das nicht ihr erstes Turnier. Während Hazel begann den braunen Hengst, mit dem sie heute reiten würde, zu putzen und einzuflechten, schnappte ich mir Caruso. Ich wollte die Gelegenheit nutzen, wo noch nicht los war und ein kurzes Training vor dem großen Tag machen. Außerdem brachte das ein hervorragender Grund, um Hazel Gequassel zu entfliehen. Schnell putzte ich den Porzellanschecken und macht mich auf den Weg zum Abreiteplatz. Ein kalter Wind wehte draußen, zerzauste die kurze Mähne meines Ponys und ließ braune Blätter durch die Luft wirbeln. Um mich besser gegen die Kälte zu schützen, zog ich den Reißverschluss der blauen Hofjacke höher.
      Aufgeregt wieherte mein Ponyhengst und tippelte neben mir her. Das kalte Wetter, die lange Fahrt gestern, der Hengst hatte Bewegungsdrang. Hinzu kam auch noch die Nervosität durch die fremde Umgebung.
      Zu meinem Erstaunen war ich nicht die Erste auf dem Platz. Ein junger Mann auf einem Rappen mit einem niedlichen Abzeichen auf der Nase drehte dort im Schritt seine Runden. Weich setzte das Pferd seine Hufe in den hellen Sand, jede Bewegung der trainierten Muskeln konnte man unter dem samtigen Fell erkennen. Der Rappe wirkte so perfekt, als wäre er gerade der Werkstatt eines Bildhauers entsprungen. Plötzlich blieb das mächtige Pferd stehen, direkt vor mir.
      “Stehst du mit deinem Pony immer am Zaun herum?”, fragte eine angenehme honigwarme Stimme. Ich sah in das Gesicht eines jungen Mannes, der seinem Pferd optisch keineswegs nachstand. Ein verschmitztes Grinsen lag auf seinen Lippen.
      “Ähm, nein”, Hitze stieg in meine Wangen, ”eigentlich wollte ich reiten.” Was war nur los mit mir? Wie ein kleines Schulmädchen stammelte ich vor mich hin, peinlich.
      “Na dann solltest du vielleicht aufsteigen”, lachte der Schwarzhaarige, “Ich bin übrigens Raphael.”
      “Ich bin Quinn”, stellte ich mich eilig vor. Immerhin wusste ich noch meinen Namen, wenn ich schon kurzfristig vergessen hatte, was ich hier eigentlich wollte. Ich führte Caruso an dem Rappen vorbei in die Mitte des Platzes. Der junge Mann folgte mir und ritt in großen Volten um mich herum, den Blick seiner hellen Augen immer auf mich gerichtet. Irgendwie ließ mich seine Gegenwart ganz nervös werden und ich musste mich darauf konzentrieren, was ich tat.
      “Ich habe dich hier noch nie gesehen, du bist zum ersten Mal hier, oder?”, fragte er interessiert. Ich nickte nur, zog Carusos Sattelgurt enger, schwang mich in den Sattel des Schecken und legte mir die Abschwitzdecke um die Beine.
      “Du darfst ruhig mit mir sprechen, ich beiße nicht und Poseidon auch nicht”, scherzte er und lachte leise. Poseidon, ein passender Name für so ein gottgleiches Pferd. Ich treib meinen Schimmel in den Schritt. Der Rappe blieb beständig neben mir, während sein Reiter die Befragung fortsetzte: “In welcher Klasse trittst du mit deinem Pony an?”
      “Ich reite morgen die Working Hunter Class mit Caruso, eine kleine Premiere so zusagen”, antworte ich begleitet von einem nervösen Lächeln.
      “Eine Premiere? Für dich oder dein Pony?”, fragte Raphael seltsam interessiert nach. Flirtete er und war er einfach nur nett?
      “Für uns beide, bisher haben wir nur an Zeitspringen teilgenommen”, lächelte ich schüchtern und strich Caruso durch die Mähne. Raphaels Pferd schnaubte und schüttelte gelangweilt den Kopf, in der Mähne waren noch leichte Löckchen zu sehen, wie als sei sie vor Kurzem noch eingeflochten gewesen.
      “Da möchtest du ja hoch hinaus mit deinem Pony”, sagte er anerkennend, “Mit meiner Jungstute gehe ich auch eine Hunterclass. Aber der Große hier soll am Sonntag um die Qualifikation für den World Cup kämpfen.” Liebevoll klopfte er seinem Pferd den Hals. “Wow”, staunte ich, “dann musst du ja ziemlich gut sein.” Erst jetzt fiel mir das Logo des Canadian Equestrian Team auf, welches auf der Brust seiner grauen Softshelljacke aufgestickt war. Auf seinem Oberarm sowie auf der Schabracke seines Pferdes war die Landesflagge abgebildet.
      “Ach, was die meiste Arbeit macht doch Poseidon”, antworte er bescheiden, „Ist das eigentlich dein Pony?“ Mit einem Kopfnicken deutete er auf Caruso und hielt kurz ab, um die rote Fleecedecke vom Hinterteil seines Rappen zu entfernen.
      „Nein, Caruso gehört meiner Chefin. Ich habe kein eigenes Pferd“, antwortete ich lächelnd. Ungeduldig schlug Caruso mit dem Kopf, ein eindeutiges Zeichen, dass es nun Zeit war richtig zu reiten. Raphael hatte seinen Hengst angetrabt und begann ihn, zu gymnastizieren. Ich legte auch Caruso Decke auf den Zaun. Kaum hatte ich ihn angetrabt, machte er einen kleinen Bocksprung, den ich aber problemlos aussaß. Nach mehreren Handwechseln, Bahnfiguren und ein paar Traversalen, die ich einbaute, um den Gehorsam meiner kleinen Rakete abzufragen, bevor ich mit ihm die Übungshindernisse ansteuerte. Freudig stellte der Hengst die Ohren auf, als er das niedrige Kreuz erspähte und legte an Tempo zu. Ich nahm das übermütige Pony nicht genug zurück, sodass er sich ein wenig übersprang. Als ich den Sprung wiederholte, nahm ich den Schecken etwas mehr zurück und uns diesmal ein sauberer Sprung gelang. Immer wieder sah ich zu Raphael und staunte darüber, wie er mit seinem Hengst geradezu über die Hindernisse hinweg zu schweben schien, was sich allerdings als nicht so klug herausstellte. Caruso galoppiert geradewegs auf das Hindernis zu, zu spät erkannte ich, dass die Distanz nie im Leben passen würde. Scheppernd fielen die Stangen zu Boden als das Pony mitten in dem Oxer landete. Nur knapp konnte ich mich auf dem Schimmel halten. Raphael kam zu uns getrabt und hielt sein Pferd neben und an.
      “Alles okay bei euch beiden?”, fragte er fürsorglich und sah zu mir herunter. Unwillkürlich trat Hitze auf mein Gesicht.
      “Ja, alles okay”, murmelte ich beschämt. Es war ziemlich peinlich vor Raphaels Augen im Hindernis zu landen, vor allem noch aus einem so dämlichen Grund. Im Schritt treib ich Caruso aus dem Stangensalat hinaus und stieg ab, um den Oxer wieder aufzubauen.
      “Könntest du mein Pony vielleicht kurzhalten, während ich das da wieder aufbaue?”, fragte ich den Mann auf dem großen Hengst. Mit Caruso im Schlepptau konnte ich das nämlich vergessen. Warum auch immer hielt er es für ziemlich spaßig, die Stange so lange anzuschubsen, bis sie herunterfielen.
      “Wie könnte ich dir nur einen Gefallen ausschlagen”, schmunzelte der Reiter,” natürlich kann ich dein Pony halten.” Lächelnd reichte ich Raphael die Zügel hinauf. Während ich die Stangen wieder auf die Ständer legte, belästigte der kleine freche Schecke Poseidon, indem er versuchte an seiner Mähne zu knabbern und zu ziehen. Wenig begeistert drehte der Rappe die Ohren nach hinten, fast als wolle er sagen: Kann jemand dieses nervige Kind von mir entfernen. Kurz darauf erfüllte ich des Pferdes unausgesprochen Wunsch und nahm das Pony wieder an mich. Die restliche Trainingseinheit verlief ohne weitere Unfälle, weil ich mich dazu zwang mich auf meinen Hengst zu konzentrieren.
      Der Wind war mittlerweile kräftiger geworden, weshalb ich mir die Abschwitzdecke fest um die Beine gelegt hatte. In einem gemütlichen Tempo schritt der große Rappe neben mir her.
      “Wer ist denn der Typ da am Zaun? Ist das dein Freund oder warum grinst der so?”, erkundigte Raphael. Ich folgte seinem Blick. Am Zaun stand Jayden und grinste breit, vermutlich hatte er inzwischen auch genug von Hazel Gequassel.
      “Nein, das ist Jayden, mein Arbeitskollege. Der macht sich sicher mal wieder über irgendwen lustig”, lachte ich. Die Vorstellung allein fand ich ziemlich erheiternd, denn mein Kollege war jetzt nicht gerade da, was ich als meinen Typen beziehen würde.
      “Aber so ein hübsches Mädchen wie du hast doch sicher einen Freund?”, ging Raphael nun in die Offensive. Wow, das war eine ziemliche direkte Frage, aber er schmeichelte mir.
      “Danke für das Kompliment, aber nein, ich habe derzeit keinen Freund”, antwortete ich wahrheitsgemäß. Aktuell konzentrierte ich mich auch lieber auf mein Studium und auf die Arbeit, als dass ich mir groß Gedanken über so was machte. Einen Moment ritten wir noch nebeneinanderher, unterhielt uns, bevor Raphael einen Blick auf die Uhr warf.
      “Ich würde noch gerne länger mit dir quatschen, aber ich muss los Héritage vorbereiten. Sieht man sich später noch mal?”, setzte Raphael zum Abschied an.
      “Ja, gerne, ich werde noch den ganzen Tag hier sein. Viel Glück mit deiner Stute”, erwiderte ich, bevor er mit dem langbeinigen Rappen vom Platz schritt.
      “Na, der Kerl wäre doch was für dich Quinn”, zog Jayden mich direkt auf, als ich neben ihm her zurück zu Stallzelt ritt. “Wo hast du denn den aufgegabelt?”
      “Ich habe ihn nicht aufgegabelt, er war zufällig auf dem Platz, der gehört mir ja nicht allein”, erwiderte ich empört. Immer musste Jayden jeden aufziehen, ganz besonders dann, wenn vielleicht ernsthaftes Interesse an irgendwem im Spiel sein könnte.
      “Wen hast du angeblich nicht aufgegabelt?”, frage nun auch Hazel neugierig, die mit Rici auf der Stallgasse stand. Ich ignorierte ihren Kommentar, führte Caruso in seine Box und begann seine Trense zu öffnen.
      “Unsere Quinn hat so einen Schnösel auf dem Platz getroffen”, erzählte Jayden grinsend.
      Genervt trat ich aus der Box und verstaute das Sattelzeug in dem mobilen Sattelschrank. “Ersten ist Raphael kein Schnösel”, erklärte ich ungehalten, “und zweitens bist du doch nur neidisch, weil er besser reitet als du.” Jayden lachte nur amüsiert: “Ach ich bin doch nicht eifersüchtig, ohne mich würde das Pferd gar nicht so toll springen”, sagte mein Kollege überheblich. Noch bevor ich mir Gedanken über seine Worte machen konnte, erblickte ich Rici, was mich ein wenig aus dem Konzept brachte. Das dunkle Fell des Windfarbenen glänzte bereits und Hazel war gerade dabei, seine Mähne einzuflechten. Allerdings sah das, was sie dort tat, ziemlich grausam aus, viel zu dick waren die Knödel am Hals des Hengstes.
      “Meine Güte Hazel, hast du vergessen, wie man eine Mähe einflechtet? Das ist doch nicht dein erstes Turnier?”, fragte ich entsetzt. So konnte ich sie nicht in den Parcours lassen, sie würde ja den ganzen Hof blamieren. Die klassischen Hunter Zöpfchen würden bei dem Pony ohnehin nicht hinhauen, aber zumindest ordentliche Dressurzöpfe sollten machbar sein.
      “Das ist gar nicht so einfach mit so viel Mähne”, beschwerte sie sich und ließ die Strähne los, die sie gerade flocht. Ich trat neben sie, löste die bereits vorhandenen Zöpfe wieder.
      “Eingeteilt hast du die Strähnen schon richtig, aber bei einer so langen dicken Mähne wie Rici sie hat, würde ich dir empfehlen, anders vorzugehen als sonst”, begann ich zu erklären. Ich flocht nur etwa 10 cm der Strähne, verschloss sie dann mit einem Gummi, bevor ich diese mithilfe einer großen Häkelnadel einmal nahe dem Mähnenkamm durch die Mähne führte. Auf diese Weise entstand ein hübscher kleiner Zopf, den man nur noch mittels eines Mähnengummis befestigen musste. Das, was von dem Zopf nun ungeflochten auf der anderen Seite wieder herauskam, nahm ich und flocht es in den nächsten Zopf mit ein.
      “Hast du das verstanden oder soll ich es noch einmal zeigen?”, fragte ich Hazel, als ich die ersten drei Zöpfe gemacht hatte. Sie nickte und setzte ihre Tätigkeit unter meiner Aufsicht fort. Nach knapp 20 Minuten konnte sich das Pony wirklich sehen lassen. Das wurde auch Zeit, denn Hazel musste allmählich mal ihren Parcours abgehen.

      Knapp eine Stunde später saß Quinn zusammen mit Jayden im Publikum und beobachten den Wettbewerb. Obwohl der Parcours nicht sonderlich schwierig war, ging eine erstaunliche Anzahl der Teilnehmer mit schlechten Punktzahlen raus.

      “Als nächste Starterin mit der Nummer zweihundertvierzehn, Hazel O’Connor auf Abe’s Aelfric, tritt an für das Whitehorse Creek Stud”, kündigte der Kommentator Hazel an, während der Starter vor ihr die Bahn verließ. In einem entspannten Trab kam Hazel mit dem braunen Hengst auf den Sandplatz getrabt. Obwohl es das erste Turnier für das kleine Pony war, war er erstaunlich gelassen. Als die Glocke ertönte, galoppiert Hazel ihn in einem ruhigen Tempo an und steuerte das erste Hindernis an. Mit aufmerksam gespitzten Ohren machte Rici einen letzten Galoppsprung und setzte über das Hindernis. Auch die darauffolgende Kombination meisterten die beiden hervorragend. Nach dem nächsten Sprung wurde Rici ein wenig schnell, aber dank seiner geringen Größe schafften sie noch eine saubere Linienführung. Am Ende der Runde ging Hazel mit guten 88 % vom Platz und rückte somit auf den ersten Platz der bisherigen Rangliste. Wenn die weiteren Starter sich weiterhin so dämlich anstellten, würde sich daran auch nicht mehr viel ändern. Freudestrahlend ritt Hazel vom Platz, wo wir ihr entgegenliefen.
      “Ihr zwei habt das super gemacht”, lobte ich die junge Reiterin, die ihrem Pony glücklich den Hals tätschelte. Rici wirkte als könne er den Parcours direkt noch einmal machen. Auch Jayden gratulierte Hazel zu dem guten Ritt. Nervös warf ich einen Blick auf mein Handy. In 10 Minuten würde Raphael mit seiner Stute in der großen Hunter Arena starten und das wollte ich mir unbedingt ansehen, gespannt darauf, ob Héritage genauso über die Sprünge flog wie der große Rappe.
      “Warum so aufgeregt Quinnzey, hast du noch was vor?”, fragte Hazel lachend, die mein Verhalten offenbar bemerkt hatte. Noch bevor ich etwas sagen konnte, übernahm Jayden die Antwort: “Sie möchte doch sicher zu ihrem engelsgleichen Verehren und seinem göttlichen Pferd.” Er unterstrich seine Aussagen mit theatralischen Gesten.
      “Er ist nicht mein Verehrer”, genervt verdreht ich die Augen, “Außerdem möchte ich seine Stute sehen, nicht Poseidon. Ihr zwei scheint das auch super allein zu schaffen, also bis später.”
      “Ja, ja, das Pferd ist klar”, hörte ich Jayden noch lachen, bevor ich mich unter die Menschen mischte. Obwohl auf diversen Plätzen Prüfungen liefen, waren noch ziemlich viele Zuschauer unterwegs, holten sich etwas zum Essen, liefen zu einem der Plätze oder stöberten an den zahlreichen Ständen nach etwas Interessantem. Zu gerne hätte ich mich auch umgesehen, doch wollte ich Raphaels Auftritt nicht verpassen. Er ritt gerade auf einem hübschen braunen Pferd in die Arena, als ich dort ankam. Mit einem Grinsen nickte er mir zu, als er mich entdeckte, bevor er sich ganz auf seinen Wettbewerb fokussierte. Eine Gruppe Mädchen, etwas entfernt, warfen mir seltsame Blicke zu und begannen zu tuschen. Natürlich blieb auch Raphael nicht von den komischen Groupies verschont, die ich bereits von Jace, Alec und sogar von Jayden kannte. Junge männliche Wesen, die auch noch halbwegs erfolgreich waren, sind in der Reiterszene schließlich nicht gerade weitverbreitet.
      Die Stute, auf der Raphael nun saß, war um einiges zierlicher als der Rappe von heute Morgen. Ihr Fell hatte in der schwachen Herbstsonne, die Farbe der herbstlichen Blätter, die durch die Luft wirbelten. Der schmale Kopf der Stute wurde geziert von einer großen weißen Blesse und jedes der vier Beine, die in einem gleichmäßigen Drei Takt auf dem Boden aufsetzen, hatte einen anderen Weißanteil.
      Wie gebannt starrte ich auf den Reiter und sein Pferd. Eins, zwei, drei, schon segelten die beiden mit einer perfekten Distanz über das Hindernis. Mit Leichtigkeit hätte die Stute auch noch ein höheres Hindernis geschafft, denn zwischen den Hufen des Pferdes und den Stangen war noch einiges an Luft. Raphael lenkte seine Stute in eine perfekte Kurve, setzte über das erste Hindernis hinweg, schienen eigentlich ein wenig zu schnell für die Kombination, doch gekonnt verkürzte er die Galoppsprünge und kam gerade noch so passen an das Kreuz. Ich verfolgte jede Bewegung der Stute, bis Héritage auch kraftvoll über das letzte Hindernis hinwegsetzte. Mit einem Score von 89 % setzte sich Raphael Craig mit Héritage du Coeur an die Spitze der Rangliste, wie ich der großen Leuchttafel am Rand der Arena entnehmen konnte. Im Schritt kam er vom Sandplatz und hielt sein Pferd neben mir an.
      “Schön dich wiederzusehen, Quinn”, lächelte der Reiter freundlich. Mein Name hörte sich ein wenig anders an aus seinem Mund, sprach er das Q ein wenig weicher aus als die meisten. Seine Stute streckte mir neugierig ihre Schnauze entgegen. Sanft strich ich ihr über die helle Stirn, von der mir ein mit weißen und roten Steinchen besetzter Stirnriemen entgegenfunkelte. Die freundlich gespitzten Ohren verschwanden unter einem schwarzen Fliegenmützchen auf, das das rote Ahornblatt aufgestickt war.
      “Deine Stute ist ja genauso eindrucksvoll wie Poseidon”, sagte ich immer noch beeindruckt von seinem Ritt. Aus dem Augenwinkel nahm ich wie die Mädelsgruppe tuschelnd die Köpfe zusammensteckte. Ich konnte mir ungefähr vorstellen, worüber sie sprachen.
      “Ach, das war noch gar nichts, die Kleine kann noch viel mehr, aber auf den Turnieren wollen wir erst einmal langsam starten”, erklärte Raphael. “Kommst du mit zum Abreiteplatz? Die Siegerehrung ist erst in 10 Minuten.” Als seine Stute sich in Bewegung setzte, folgte ich ihm.

      10 Minuten später, stand ich wieder am Rand der großen Arena und verfolgte die Siegerehrung. Ich fühlte mich beinahe so aufgeregt, als würde ich selbst auf meine Ergebnisse warten. Als die Teilnehmer begleitet von ehrender Musik einritten, nickte mir der dunkelhaarige mit einem umwerfenden Lächeln auf den Lippen zu, was ein undefiniertes warmes Gefühl in mir hinauf beschwor.
      Den dritten Platz belegte ein junges Mädchen mit einem dunklen Schecken, auf dem zweiten Platz war ein hochnäsig aussehender Junge, etwas in Hazels Alter, mit ein langbeinigen Roan. Und wie nicht anders zu erwarten, belegte Raphael mit seiner Stute den ersten Platz. Nervös tänzelte der Schecke auf der Stelle und als die Richter mit der Schleife kamen, wich er mit weit aufgerissenen Augen rückwärts. Nur mit Mühe und der Hilfe ihres Trainers brachte das junge Mädchen das Tier zum Stehen.
      In der Ehrenrunde zeigte seine Stute dann auch, dass sie ein wenig anders konnte, als in gemäßigtes Tempo durch einen Parcours zu springen. Gleich an der ersten langen Seite machte sie einen ordentlichen Bocksprung, wohl mehr aus Bewegungsfreude heraus, und zog das Tempo anschließend ordentlich an. Die Überschwänglichkeit der jungen Stute ging auch auf den Roan über, welcher plötzlich den Kopf hochriss und lossprintete. Der Reiter des Pferdes geriet durch einen plötzlichen Start ein wenig in Not, rutsche fast aus dem Sattel und hing dem armen Pferd ganz schön im Maul. Dieser Reiter gehörte offensichtlich zu denen, die ihrem Erfolg allein der guten Ausbildung ihres Pferdes zu verdanken hatten.
      Raphael machte ein deutlich eleganteres Bild auf der braunen Stute. Recht entspannt, mit einem ganz leicht anstehenden Zügeln, thronte er auf Héritage und ließ sie einfach machen. Nachdem die Pferde den Reitplatz bereits zum zweiten Mal umrundet hatten, zügelte der junge Mann an der Téte sein Pferd und schritt aus der Arena. Augenblicklich verließ ich meinem Platz am Rand und heftete mich an seine Seite. Mit einem zügigen Schritt lief sie voran, als könne sie es kaum erwarten in ihre Box zu kommen.
      „Herzlichen Glückwunsch zu diesem Erfolg“, gratulierte ich ihm herzlich. Raphael hatte die Zügel seine Pferde losgelassen, um sich den Helm vom Kopf zu nehmen. Lässig fuhr er sich mit einer Hand durch die fluffigen, dunkeln Haare.
      „Danke“, entgegnete er höflich und klopfte der braunen Stute den Hals. Vor dem Stallzelt hielt er sie an und schwang sich elegant von ihrem Rücken herunter. Immer noch ein wenig aufgeputscht von der Siegerehrung machte sie ein paar Schritte seitwärts, während ihr Reiter das Martingal abzuschnallen versuchte. Beruhigend redete er auf das Pferd ein, strich ihr sanft über das geschorene Fell und wartete, bis sie wieder stillstand, bevor er sein Vorhaben fortsetze. Die nun deutlich ruhigere Stute führte er in das große Zelt hinein. Hier drinnen war es zwar genauso kalt wie draußen, aber immerhin windstill, was es deutlich angenehmer machte. Nur wenig Köpfe sahen aus dem Boxen, waren die meisten Pferde vermutlich noch in den Prüfungen unterwegs.
      Raphael führte die Stute in eine Box, vor der ein großer dunkelroter Boxenvorhang aus schwerem Steppstoff hing, bestickt mit seinem Namen und dem seiner Stute. Daran hing einen edel aussehende Deckenleiter, an der eine Decke aus demselben Stoff hing, ebenfalls bestickt. Vor dem Vorhang stand noch ein kleiner, kompakter Schrank mit Rollen daran. Schon allein der Aufmachung der Box sah man an das Raphael in einer ganz anderen Liga unterwegs war als wir. Wobei? Ob Jace vielleicht ebenso professionell auf Turniere ging.
      „Darf man dich gleich vielleicht noch auf ein Mittagessen einladen?“, fragte Raphael und riss mich damit aus dem Staunen. Freundlich lächelte er mich über den Rücken seines Pferdes hinweg an. Mittagessen? Mit mir? Unwillkürlich spürte ich wieder diese Wärme in mir.
      „Ja, gerne“, entgegnete ich freudestrahlend.

      Donnerstag, Tag 3
      „Du warst ja gestern ziemlich spät erst im Hotel. Warst du noch mit deinem Angebeteten unterwegs?“, fragte sie mit einem verschmitzten Grinsen.
      „Raphael ist nicht mein Angebeteter“, genervt verdrehte ich die Augen und schnappte mir Carusos Putzkoffer aus dem Hänger. Bereits gestern Abend hatte Hazel versucht herauszufinden, wo ich den gesamten Nachmittag verbracht hatte, doch ich hatte meine Aussage strikt verweigert.
      „Was höre ich hier gerade, du warst erst spät zurück?“, fragte nun auch Jayden neugierig, der mit zwei Pappbechern Kaffee zurückkam und mir einen davon in die freie Hand drückte.
      „Danke“, entgegnete ich, „aber gar nichts hörst du hier. Ich habe mich gestern Abend lediglich mit Raphael und einem seiner Teamkollegen festgequatscht. Übrigens, der Transporter, den die dabeihaben, ist schon ziemlich cool“
      „Mit Raphael und einem Kollegen also, in ihrem Transporter“, wiederholte Jayden mit einem dreckigen Grinsen auf dem Gesicht. Was der Kerl sich schon wieder vorstelle, wollte ich lieber gar nicht erst wissen.
      „Und wo warst du den restlichen Nachmittag?“, fragte Hazel weiter. Warum hatte ich es noch mal für eine gute Idee gehalten, Luchy vorzuschlagen auf sie für dieses Turnier zu melden? Ich wusste es nicht, denn bisher war sie mir nur auf die Nerven gegangen.
      „Ich war auf dem Gelände hier unterwegs, mit Raphael, aber da läuft nichts, ich finde ihn einfach nur … nett“, versuchte ich meinen Standpunkt klarzumachen. Doch ich spürte, dass das nicht so ganz der Wahrheit entsprach. Der Name dieses einzigartigen Mannes fühlte sich wunderbar zart auf meiner Zunge an, wenn ich ihn aussprach. Ich stellte die Putzbox und den Kaffee auf den Boden vor Carusos Box und griff nach seinem Halfter.
      „Ja klar, einfach nur nett“, nickte Jayden und bemühte sich nicht einmal seinen Sarkasmus bei dieser Aussage zu verstecken. Augenrollend legte ich meinem Pony das Halfter an. Gerade als ich den Schecken hinausführen wollte, kam natürlich Jordan vorbei, der besagte Teamkollege, der mit Raphael zusammen hier war.
      „Guten Morgen, Quinn“, begrüßte er mich freundlich, „war echt nett gestern mit dir. Wenn du Lust hast, kannst du heute gerne wieder vorbeikommen und deine Freunde da darfst du auch gerne mitbringen.“ Auch, wenn Jayden hinter meinem Rücken stand, konnte ich mir seinen dämlichen Blick nur zu gut vorstellen.
      „Guten Morgen. Danke für die Einladung“, bedankte ich mich freundlich bei dem aschblonden Jungen. Neugierig streckte Caruso seine Nase nach ihm aus.
      „Ist das, dass Pony, von dem du gestern erzähltest?“, erkundigte er sich freundlich und strich im über das helle Fell.
      „Ja genau, das ist Caruso. Mit ihm werde ich heute reiten“, bestätigte ich seine Aussage.
      „Na dann, viel Glück“, sagte er noch bevor er die Stallgasse herunter verschwand, vermutlich um sich um sein eigenes Pferd zu kümmern. Hinter mir brach Hazel, aus mir unerfindlichen Gründen, in wildes Gekicher aus.
      Ich warf ihr nur einen bösen Blick zu, als ich Caruso auf die Stallgasse stellte und anband. Glücklicherweise reichte das aus, damit Hazel zu ihrem eigenen Pferd verschwand. Jayden lehnte grinsend an der Boxenfront und scrollte auf seinem Handy herum.
      Ein wenig gestresst, weil sie meine Startzeit auf einmal nach vorne geschoben hatten, packte ich schnell die Putzkiste zusammen und lief zum Hänger, um Carusos Sattelzeug zu holen. Doch in meiner Hektik achte ich nicht genau darauf, wohin ich lief, und rannte geradewegs in jemanden hinein, jemanden mit einer ziemlich muskulösen Brust unter der grauen Jacke.
      „Langsam Quinn“, lachte eine warme, mir wohlbekannte Stimme und nahm kräftige Hände an meinen Unterarmen wahr. Die Haut unter meinem Pulli begann unwillkürlich zu kribbeln.
      „Entschuldigung“, stammelte ich und spürte wie mir das Blut in die Wangen schoss. Ich stand nah an ihm, ziemlich nah. So nahe, dass mir der herbe Geruch seines Aftershaves in die Nase stieg und auch ein Hauch seines Shampoos war wahrnehmbar.
      „Alles gut. Es ist ja nichts passiert“, lächelte Raphael und blickte mir sanft in die Augen. Seine grünen Augen waren aus der Nähe betrachtet noch viel hübscher und strahlten so viel Sanftmut aus. Für den Bruchteil einer Sekunde verlor ich mich in ihnen, bis ich Schritte wahrnahm, die sich näherten.
      „Ich muss weiter, bin schon spät dran“, erklärte ich hastig und entzog mich seiner Berührung. Er brachte meine Gedanken ganz durcheinander, bis ich auf Pferd stieg, musste ich definitiv vermeiden ihm noch einmal so nah zu kommen. Hastig lief ich hinaus zum Hänger. Der Nebel, der schon den ganzen Morgen über dem Gelände hing, hatte sich mittlerweile in einen leichten, aber beständigen Regen verwandelt. Na toll, das fehlte mir noch – ein nasser, rutschiger Reitplatz.
      “Soll ich dir vielleicht helfen?”, fragte Raphael, der mir gefolgt war.
      “Oh ja, das wäre echt lieb von dir. Könntest du vielleicht schon mal mit dem Satteln anfangen?”, bat ich ihn. Er nickte und ich zeigte ihm noch den richtigen Sattel sowie Martingal und Trense, bevor ich mir mein eigenes Outfit schnappe und im Transporter verschwand.
      Als ich kurz später umgezogen in die Stallgasse kam, verschloss Raphael gerade die letzten Riemen der Trense.
      “Vielen Dank, du rettest mich damit wirklich”, bedankte ich mich und nahm Caruso entgegen. Ein wenig aufgeregt tippelte der helle Schecke neben mir her zum Abreiteplatz. Auf dem Platz tummelten bereits einige Teilnehmer. Ein junges Mädchen mit einem nervösen Fuchs brachte alle ein wenig in Aufruhr. Immer wieder verweigerte das Pferd, tänzelte nervös umher oder galoppierte haarscharf an jemandem vorbei. Ich würde mich wohl idealerweise so weit wie möglich von diesem Pferd fernhalten und gleichzeitig hoffte ich, dass der kleine Schimmel sich nicht von der Nervosität anstecken ließ. Raphael, der mich freundlicherweise begleitet hatte, half mir auf mein Pony und augenblicklich begann ich mit dem Aufwärmen. Caruso war heute ziemlich aufgeregt, schritt eilig voran und zog ein wenig gegen meine Hand an, während ich zurückhielt. Die Abschwitzdecke war bereits nach einigen Minuten völlig durchnässt, sodass ich sie meiner Begleitung reichte. Im Schritt konnte ich dem Mädchen mit ihrem Fuchs noch gut ausweichen, doch als ich den kleinen Hengst gerade antrabte, kam sie uns gefährlich nahe. Der Fuchs quietschte laut auf und versuchte nach Caruso zu schnappen, der sich mit einem Satz nach vorn gerade noch so vor den Zähnen des anderen Pferdes retten konnte. Allerdings sorgte diese Begegnung auch dafür, dass das Pony seinen Kopf hochriss und Tempo noch mehr anzog.
      “Quinn, lass deinem Pony ein wenig mehr Zügel, dann rennt er auch nicht so”, rief mir der junge Mann oder den Platz hinweg zu. Kaum leistete ich seiner Anweisung Folge, nahm der Schecke seinen Kopf herunter. Zum Glück verließ die Reiterin mit dem Fuchs den Platz bald, sodass ich nicht auch noch beim Probespringen mit ihr zu kämpfen hatte. Wie immer wurde Caruso am Sprung ein wenig übermütig und ich hatte ein wenig Mühe ihn zu bremsen, wodurch die Distanz ein wenig knapp wurde. Dem Pony war ganz und gar anzumerken, dass er normalerweise Zeitspringen kannte, in denen man schon mal das Risiko einer knappen Distanz einging, wenn es einen zeitlichen Vorteil bringen sollte. Aus dem Augenwinkel sah ich wie Hazel mit Clay auf den Platz kam, vermutlich hatte sich auch Jayden dabei, der sich am Rand platzierte.
      Raphael rief mir noch ein paar letzte Tipps zu, bis ich dann auch schon aufgerufen wurde an den Start zu gehen. Schnell drückte ich ihm noch meine Regenjacke in die Hand und ritt mit dem Schimmelhengst zum Eingang des Platzes. Der Regen war inzwischen stärker geworden, weshalb das Wasser mittlerweile Pfützen auf dem Platz bildete. Zum Glück war Caruso kein wasserscheues Pferd, ansonsten könnten die kleinen Seen wirklich zu einer Herausforderung werden. Zum Glück war der Parcours nicht sonderlich schwer, somit konnte ich mich ganz und gar auf mein Pferd konzentrieren.
      “Viel Glück, dir und deinem Pony da draußen. Denk dran, hier geht es nicht um Geschwindigkeit, also achten auf deinen Takt”, riet Raphael mir und lächelte mir aufmunternd zu.
      Ein wenig aufgeregt trabte ich auf dem großen Platz und ritt, wie in den Hunter Prüfungen verlangt, einen großen Zirkel, bevor ich den Porzellanschecken angaloppierte und auf das erste Hindernis zu lenken. Wie auch eben auf dem Abreiteplatz wollte er an Tempo zulegen, doch ich setzte mich tief hin und bemühte mich ein gleichmäßiges Tempo zu halten. Mit einem perfekten Sprung setzte er darüber hinweg. In einer engen Kurve lenkte ich den kleinen Hengst nach rechts auf das nächste Hindernis zu. Am Wendepunkt rutschte er kurz mit einem Huf weg, fing sich aber recht schnell wieder und galoppierte gleichmäßig weiter. Ein Galoppsprung, zwei, drei und schon hatte das Pony auch über dieses Hindernis hinweggesetzt. Ungebändigt flog mir der Regen ins Gesicht und durchnässte das Pony und mich vollkommen, immerhin war der Sand nicht ganz so rutschig, wie ich gedacht hatte.
      Beim vorletzten Hindernis musste ich ganz auf den Mut des Hengstes vertrauen, denn direkt dahinter erstreckte sich eine große Pfütze. Ich hoffte zwar, dass er springen würde, macht mich aber innerlich schon auf eine Verweigerung gefasst. Mit gespitzten Ohren galoppierte Caruso auf das niedrige Rick zu. Noch ein Galoppsprung, dann spannte sich der Körper unter dem Sattel an, setzte zum Sprung an.
      Seine Hufe drangen durch die Wasseroberfläche und das trübe Wasser spritze überallhin, durchnässte mein Jackett endgültig uns sprenkelte uns beide von Kopf bis Fuß. Jetzt trennte und nur noch ein letzter Oxer vom Ziel. Auch diesen überwand Caruso mit Leichtigkeit. Strahlend, dass der kleine Hengst und ich den Parcours so gut gemeistert hatten, ritt ich noch eine große Volte bevor ich ihn durch parierte.
      Stolz klopfte ich dem Pferd den Hals als ich vom Platz ritt. Wie die Bewertung aussehen würde, müsste sich zwar noch zeigen, aber immerhin hatten wir den Parcours fehlerfrei überstanden.
      “Und du bist dir sicher, dass das deine erste Hunter Class war?”, empfing mich Raphael lächelnd, “Ihr zwei saht super aus.” Er reichte mir meine Jacke, die ich dankbar entgegennahm, bevor er die durchnässte Decke über mein Pony legte.
      “Danke, aber ja war es wirklich”, lächelte ich fröhlich. So ein Lob von einem Reiter seines Erfahrungsstandes fühlte sich noch viel besser an, als es Lob ohnehin schon tat.
      Meine Mühen wurden letztlich mit einem bronzenen Schleifchen belohnt, das nur knapp am zweiten Platz vorbei war.
      “Hast du auch noch eine trockene Decke für dein Pony?” Mit einem Kopfnicken deutete Raphael auf die tropfnasse Decke, die noch auf dem Po des Hengstes lag.
      “Oh Mann, jetzt weiß ich, was ich vergessen habe”, fluchte ich und schlug mir die Hand vor die Stirn. Tatsächlich war ich auf alles vorbereitet gewesen, hatte eine Ersatz-Schabracke eingepackt, ein anderes Gebiss, Fliegenohren, alles Mögliche, nur an eine weiter Abschwitzdecke hatte ich nicht gedacht. Von Hazel konnte ich leider auch keine ausleihen, dass die Decke von Rici zu klein für Caruso war.
      “Nicht schlimm, ich habe noch eine Decke dabei, die Héritage ein wenig knapp ist, das könnte halbwegs auf dein Pony passen”, lächelte er und lief die Stallgasse hinunter zu der Box seiner Stute. Zurück kam er mit einer edel aussehenden grauen Decke.
      “Ein wenig groß, aber wird schon gehen, bis dein Pony trocken ist”, sagte er, nachdem er die Decke auf dem Schecken platziert hatte. Fasziniert strich ich über den Stoff, er fühlte sich an und sah aus wie Wolle, war aber nicht ganz so schwer. Der obere Teil setzte sich in einem dunkleren Grau ab und der Widerrist war mit künstlichem Schaffell gepolstert. An der Brust setzten sich die Verschlüsse edel mit Leder ab, auf das ein Logo geprägt war.
      “Wow, Royal Equest”, staunte ich und fuhr die Einfassung der Decke entlang.
      “Ja, ist einer meiner Sponsoren”, sagte der junge Mann beiläufig, als sei es etwas ganz Alltägliches. Wieder einmal wurde mir klar, dass er in einer ganz anderen Liga spielte als ich.
      “Einer deiner Sponsoren? Hast du etwa noch mehr? ”, staunte ich und führte Caruso in seine Box. Das Heunetz, welches dort noch hing, was so gut wie leer, also hängte ich es ab.
      “Ja, das meiste Lederzeug und vor allem die Sättel kommen von Prestige”, erklärte er freundlich. Ich steckte dem Ponyhengst noch ein Leckerli zu, strich ihm über den nassen Hals, bevor ich aus der Box heraustrat.
      “Soll ich das Mitnehmen”, fragte er und deutete auf das Heunetz in meiner Hand, “Ich muss die von meinen beiden sowieso noch auffüllen. Dann kannst du dir vielleicht auch mal etwas Trockenes anziehen.” Noch immer trug ich das tropfnasse Jackett und sogar durch meine Stiefel drang die Feuchtigkeit inzwischen hindurch.
      “Ja, das wäre nett. Danke”, antworte ich und reichte ihm das Netz. Der junge Mann verschwand die Stallgasse herunter, hielt noch einmal kurz bei den Boxen seiner Pferde, bevor er nicht mehr zu sehen war. Ich verschwand in die entgegengesetzte Richtung und schlüpfte in den Transporter, wo bereits meine trockene Kleidung auf mich wartete.
      Als ich gerade wieder aus dem Fahrzeug kam, kam mir Jayden mit dem Sattel von Clay entgegen, offenbar war Hazel nun wohl auch fertig mit ihrem Ritt.
      “Wie war dein Ritt?”, erkundete sich mein Kollege, während er den Sattel verstaute.
      “Caruso hat sich hervorragend geschlagen, dafür dass das Wetter heute so bescheiden ist. 3. Platz”, erzählte ich stolz, “Wie lief es bei Hazel?”
      “Leider nicht ganz so gut. Mad Eye ist leider in eines der Hindernisse reingerutscht, das hat ihr die Wertung versaut”, entgegnete er. Zusammen liefen wir zurück in den Stall, wo Hazel mit einem tropfenden Pony auf der Stallgasse stand und den Matsch aus seinen Hufen kratzte. Sie Blicke auf als wir uns näherten.
      “Quinn, warum steht dein Pony mit einer zu großen Decke in der Box?”, fragte sie direkt. Natürlich war ihr das direkt aufgefallen. Hatte sie denn nicht genug mit ihrem eigenen Pony zu tun?
      “Raphael hat mir die geliehen, weil ich mit einem solchen Wetter nicht gerechnet habe.” Ich deutete auf die Abschwitzdecke meines Ponys, die zum Trocken vor seiner Box hing. Darunter hatte sich bereits ein dunkler Fleck auf dem Steinboden gebildet. Noch bevor einer meine Kollegen wieder einen dummen Spruch machen konnte, kam eben erwähnter mit einem gefüllten Heunetz zurück. Mit einem Kopfnicken grüßte er meine Kollegen und betrat die Box, frech begann Caruso schon direkt an dem Heu zu zupfen, bevor Raphael es überhaupt freigab. Konsequent schicke er da Pony zurück, bis er fertig war.
      “Ausgesprochen ungeduldig, dein Pony”, lachte er und strich dem kleinen Hengst über den Hals, “aber niedlich und so klein.” Hazel hatte sich mittlerweile mit Clay in die Box verkrümelt, sodass nur noch Jayden dämlich grinsend auf der Stallgasse stand.
      “Ja, das ist er, wobei ich glaube, dass er sich selbst mindestens für doppelt so groß hält”, lächelte ich. Der dunkelhaarige trat aus der Box heraus und schloss sie hinter sich.
      “Hast du Lust gleich noch mitzukommen? Jordan wollte gleich etwas zu essen organisieren”, bot er mir freundlich an. Ich überlegte nicht lange, denn mir den ganzen restlichen Tag die Bemerkungen und Sticheleien von Jayden und Hazel anhören wollte ich garantiert nicht.
      “Ja, gerne. Ich habe heute eh nichts anderes mehr vor”, stimmte ich zu. Raphael wirke äußerst erfreut über diese Antwort: “Okay super, dann gehen wir gleich rüber, ich muss nur gerade noch die beiden hungrigen Tiere da füttern.” Ich folgte Raphael zu den Boxen seiner Pferde, wo er zwei Futterschüsseln und einen Eimer mit Kraftfutter aus dem kleinen Sattelschrank holte. Er verteilte die Portionen in den Schüsseln, gab noch etwas Mineralfutter und Öl dazu und eine Möhre.
      “Magst du das gerade Poseidon bringen?”, er drückte mir eine der Schüsseln in die Hand und verschwand selbst in die Box seiner Stute, die schon die ganze Zeit neugierig zugesehen hatte.
      Ich ging auf die Box des großen Rappen zu, öffnen langsam die Tür. Mit gespitzten Ohren hob das Pferd den Kopf, blickte mir neugierig aus seinen blauen Augen entgegen.
      “Na, Großer, mich hast du wohl nicht erwartet”, sprach ich zu dem Pferd, welches seine Nase zu mir herunter streckte und mich auszuschnüffeln begann. In der Box konnte ich keinen Trog entdecken, lediglich ein Wassereimer hing an dem Gestänge. Also stellte ich die Schüssel einfach auf den Boden. Der Hengst senkte den Kopf hinunter zu der Schüssel, schnupperte daran und knusperte als Erstes die Möhre weg.
      “Wo kommt ihr eigentlich her?”, erkundigte sich der junge Mann freundlich. Lässig lehnte er am Türrahmen, eine Haarsträhne fiel ihm in die Stirn und ich musste mich zusammenreißen ihn nicht einfach nur anzustarren.
      “Aus Alberta. Der Hof liegt ein wenig entfernt von Cadomin in den Bergen”, erzählte ich.
      “Ah, dann kommt ihr vom Whitehorse Creek Stud”, lächelte er und erstaunte mich damit. Ich hatte nicht erwartet, dass Raphael den Hof kennen würde. Seit dem letzten Jahr, nahm die Bekanntheit zwar zu, aber die Anzahl der nicht verkauften Fohlen sprachen für sich. Interessiert fragte ich nach: “Wow, woher kennst du den Hof?”
      “Ich habe Poseidon bei euch gekauft”, schmunzelte er, “und außerdem, Jace kommt doch auch vom Whitehorse Creek.” Natürlich, Jace ritt ja mit ihm einem Team, da hätte ich auch von selbst draufkommen können. Mit großen Augen starrte ich den stattlichen Rappen an, der die letzten Krümel seines Futters auf schlabberte. Dieses Pferd kam von unserem Hof? Kaum zu glauben! Als könnte Raphael meine Gedanken lesen, sprach er weiter: “Schon als zweijähriger hatte er ein unglaubliches Sprungvermögen, aber das ist auch kein Wunder bei den Eltern. Colour Splash kann sich schon sehen lassen, aber Herkules ist ein wahrer Hingucker, wie der sich bewegen kann.”
      “Ja, das stimmt. Splash hatte ich schon selbst unter dem Sattel, wirklich ein talentiertes Pferd”, stimmte ich ihm zu. Der Rappe hatte mittlerweile aufgefressen und strecke mir seine rosa Nase entgegen. Ich zog ein Leckerli aus der Tasche und gab es dem Schwarzen, bevor ich die Schüssel aufhob.
      “Und wo kommst du her?”, gab ich seine ursprüngliche Frage zurück.
      “Edmonton”, antwortete er knapp. Für den Bruchteil einer Sekunde, berührten sich unsere Finger, als Raphael die Schüssel wieder an sich nahm und verräumte. Sofort breitete sich ein leichtes Kribbeln in meinen Fingerspitzen aus.

      Den restlichen verregneten Tag verbrachte Quinn bei Raphael und Jordan. Am späten Nachmittag gesellten sich Jayden und Hazel in die Runde und benahmen sich zu Quinn Freude sogar vorbildlich. Die drei Jungs verstanden sich sogar ausgesprochen gut, sodass Jayden noch ein wenig dablieb, als die beiden Mädels sich in Bett verabschiedeten, das sie morgen relativ früh nach Seattle aufbrechen würden.

      Freitag, Tag 4

      Bereit um sechs riss mich mein Wecker unsanft aus dem Schlaf. Die Motivation mich aus dem warmen, kuscheligen Bett in die kalte Welt zu bewegen, hielt sich in Grenzen. Langsam rollte ich zu Seite und angelte mein Handy vom Nachttisch und wischte über den Bildschirm, damit das Gedudel endlich verstummte. Der Wecker verschwand und mein Sperrbildschirm leuchtete vor mir auf mit einer Notification von Instagram: “raphael_craig hat dich in einer Story markiert. Neugierig öffnete ich die App. Die Story zeigte dann erstaunlicherweise noch ein Ausschnitt aus von meinem Ritt mit Caruso. “Herzlichen Glückwunsch zu einem hervorragenden dritten Platz für @quinn.drake”, stand darauf. Unwillkürlich zogen sich meine Mundwinkel nach oben. In der nächsten Story folgte ein Bild von gestern Abend, wie wir alle zusammen in der erstaunlich geräumigen Wohnkabine saßen und miteinander anstießen, darauf waren wir alle getaggt. Woher hatte er denn meinen Instagramnamen? Mich hatte er definitiv nicht danach gefragt. Ich schloss die Storys wieder und tippte auf das Herz in der oberen Ecke, welches mittels eines roten Punktes nach Aufmerksamkeit verlangte. Raphael hatte mich nicht nur markiert, sondern mich auch gleich noch abonniert. Interessiert drückte ich auf sein Profil. In seiner Story standen nur spärliche Informationen, aber neben seinem Namen leuchtete ein blauer Haken. Als Erstes betätigte ich den Abobutton und begann durch seine Post zu scrollen. Gleich der erste Post war eine Nahaufnahme vom Kopf seiner Stute, die die goldene Schleife an der Trense trug. Darunter ein kurzer Text, dass dieser Sieg ein gelungener Saisonabschluss für seine Stute sei. Ich scrollte immer weiter durch sein Profil, das hauptsächlich aus Bildern von ihm, seinen Pferden bestand, bis ich plötzlich an einem Bild hängen blieb. In der Mitte eines kristallklaren, türkis strahlenden Sees stand Poseidon majestätisch bis ungefähr zum Bauch im Wasser, das nasse Fell des Rappen legte sich glänzend über die kräftigen Muskeln. Auf seinem Rücken thronte Raphael, wohlgemerkt oberkörperfrei. Verdammt, war der Kerl gut gebaut, ich konnte gar nicht mehr meine Augen von dem Bildschirm lösen.
      “Quinnnzey, was schaust du da? Müssen wir nicht langsam mal aufstehen?”, sprach auf einmal Hazel, die die Beine aus dem Bett schwang. Vor Schreck zuckte ich zusammen als sie ansprach und drückte ganz schnell den Bildschirm aus.
      “Nichts”, antworte ich ihr unschuldig und legte das Handy zu Seite, “Und ja müssen wir, um kurz vor neun kommt das Taxi.” Immer noch ein wenig unwillig, schwang ich die Beine aus dem Bett, tapste zu meinem Koffer und verschwand mit einem Stapel frischer Kleidung im Badezimmer.
      Von Dampfwölkchen begleitet steig ich aus der Duschkabine und wickelte mich in eines der flauschigen, weißen Handtücher ein. Wie schafften die Hotels das nur, dass sie immer so weich waren? Ich will das Zuhause auch haben. Ich beeilte mich damit, mir die Haare zu föhnen und mich anzuziehen, schließlich musste Hazel sich auch noch fertig machen.
      Um kurz nach acht saßen wir dann schließlich im Frühstücksraum und ich konnte endlich meinen Kaffee genießen, besser konnte ein Morgen nicht anfangen.
      “Ahhhh, das hast du also vorhin so angestarrt”, rief Hazel auf einmal triumphierend, nachdem sie gelangweilt auf ihrem Handy herumgetippt hatte. Das Lächeln gefror mir im Gesicht und ich warf einen Blick auf ihren Bildschirm und atmete erleichtert aus. Zum Glück sie sah sich nur die Story an, hoffentlich kam sie nicht noch auf die Idee sein Profil näher auszuchecken, so wie ich es vorhin tat.
      “Ja, genau das ist es”, stimmte ich nickend, zu und blickte, auf meinen eignen Bildschirm, der auf einmal aufleuchtete. Wenn man vom Teufel sprach. Eine Direktnachricht auf Instagram war eingetroffen, von Raphael. Mir wurde ganz seltsam warm ums Herz, als ich die Nachricht öffnete.
      “Guten Morgen, Quinn”, las ich. Dazu hatte er auch ein Bild gesendet. Freundlich lächelte er in die Kamera und über seine Schulte drängte sich Poseidons Schnauze ins Bild.
      “Guten Morgen. Schon so früh beim Pferd?” tippte ich eifrig und die Wärme begann sich weiter in mir auszubreiten, floss von meinem Herzen bis in die Fingerspitzen.
      “Klar, die Pferde sind immer als Erstes dran”, kam augenblicklich eine Antwort zurück.
      “Aber hoffentlich nicht vor dem ersten Kaffee, oder?” Nicht gegen die Vierbeiner, doch bereits vor dem ersten Kaffee mehr zu tun als der braunen Flüssigkeit dabei zuzusehen, wie sie durch die Maschine lief, war ziemlich unvorstellbar.
      “Doch, natürlich. :D Übrigens, dein Pony scheint so zu sein wie du.” Wieder tauchte ein Bild auf, diesmal von Caruso wie er noch gemütlich im Stroh lag, die Augen halb geschlossen und den Kopf nur beschwerlich oben halten konnte.
      “Aww, niedlich, aber ich hatte mittlerweile Kaffee. :D Wird auch langsam Zeit, schließlich müssen wir gleich los”, antworte ich mit einem Blick auf die Uhrzeit.
      “Ideal, viel Spaß in Seattle”, erschien auf dem Bildschirm, bevor ich ihn leider ausschalten musste. Ich kippte den letzten Schluck der wohltuenden Flüssigkeit aus meiner Tasse hinunter und verließ kurz darauf mit Hazel das Hotel.
      Der Regen hatte in der Nacht zwar aufgehört, aber dennoch klebten feuchte Blätter in unterschiedlichsten Farbschattierungen auf dem Asphalt. Ein kalter Wind wehte mir einige Haarsträhnen ins Gesicht und zerrte an meinem Mantel. Glücklicherweise dauerte es nicht lange bis das Fahrzeug eintraf, das uns nach Seattle bringen würde. Flink kletterten wir in das Fahrzeug, dankbar der schneiden Wind zu entkommen.
      Kaum fuhr das Fahrzeug los, begann Hazel den Fahrer zuzutexten. Ich warf noch einmal ein Blick auf mein mobiles Endgerät, für den unwahrscheinlichen Fall, dass Raphael noch etwas geschrieben hatte. Doch, keine weitere Nachricht. Seltsamerweise fühlte ich mich ein wenig enttäuscht von der Leere meines Postfachs.
      Ich richtete meine Augen aus dem Fenster und betrachtete die Stadt, die wir durchfuhren. Langley war überraschend unspektakulär, dafür das hier Turniere internationaler Größe stattfanden. Die meisten Gebäude, die an uns vorbeizogen, waren Hotel oder riesige Glasklötze von Bürogebäuden. Erst in den Außenbezirken wichen die eckigen Gebäude, edlen, von Mauern umringten Einfamilienhäusern, deren Baujahr noch nicht allzu weit zurückliegen konnte.
      Anstelle der Häuser zogen sich mittlerweile gigantische Wiesen und Felder entlang des Highways, auf denen der Regen noch in großen Pfützen stand, diese teilweise sogar überflutete. Ein Schwarm Gänse zog in der typischen keilförmigen Formation über den Himmel. Die braun-schwarzen Tiere verließ Kanada nun und würden den Winter in den südlichen Gebieten Amerikas verbringen, wo es ein wenig wärmer sein würde.
      Douglas, der Ort, in dem wir die Grenze in die USA überschritten, war ähnlich unspektakulär wie Langley. Ein kleiner Ort in dem sich vorwiegend Gewerbegebiete erstrecken. Die Grenzkontrolle ging unkompliziert und schnell vonstatten, sodass wir unsere Fahrt schnell fortsetzen konnten.
      Zwei Stunden später fuhren wir durch eine bewaldete Gegend in der kaum noch Häuser standen. Ringsherum waren nur noch Buchen und Birken mit gelb-orangenen Laub, dazwischen ein paar Fichten, bis sich die Landschaft öffnete und den Blick auf weiträumige Weiden freigab. Sky River Ranch stand in großen Lettern an einem Torbogen, den wir durchfuhren. Wenig später hielt das Taxi vor einem Kleinen, schon etwas älter aussehend Wohnhaus, an das sich ein Offenstall anschloss. Ich bezahlte den Fahrer, bevor wir aus dem Auto stiegen und freundlich von der Hofbesitzerin in Empfang genommen wurde.
      “Hallo Quinn, schön, dass ihr gut angekommen seid”, begrüßte sie uns.
      “Ja, danke Kaylee, dass wir herkommen dürfen. Das ist Hazel, die Kollegin, die sich derzeit noch um Darky kümmert”, stellte ich Hazel vor, die sich bereits mit großen Augen umsah.
      “Möchtet ihr erst einmal hereinkommen oder gleich zu den Pferden?”, erkundigte sie freundlich. Fragend blicke ich Hazel an, der ich die Antwort bereits am Gesicht ablesen konnte.
      “Erst zu den Pferden”, antworte sie dann euphorisch. Dafür, dass sie ursprünglich gar nicht mitkommen wollte, ist sie nun ganz schön begeistert. Die junge Frau nickte und bedeute uns mit einer Geste zu folgen. Sie führte uns um das Wohnhaus herum. Auf der Rückseite schloss sich ein recht geräumiger Auslauf an, auf dem ich auch gleich zwei Pferde entdeckte. Das eine war mir wohlbekannt, der kleine braune Hengst stand an einer großen Heuraufe. Der Schimmel neben ihn war kaum größer als Rum, dafür um einiges feingliedriger. Ich vermute, er war ein Araber, denn auch der Kopf war recht schmal. Beide Pferde hoben interessiert den Kopf und Rumkugel kam auch so gleich an getrottet und stecke sogleich die Nase in Richtung meine Tasche. Natürlich erkannte die Kugel gleich, wo sie Leckerlis steckten, was anderes hatte dieser Hengst auch nicht im Kopf. Ich steckte ihm eines zwischen die Lippen und strich ihm sanft über den Kopf. Es war schön meinen ehemaligen Schützling nach so langer Zeit wiederzusehen.
      “Wie macht Rumkugel sich so?”, erkundigte ich mich bei Kaylee, während die Kugel weiterwanderte, um auch in Hazel Taschen nachzusehen. Der andere Hengst nahm zwar wahr, dass es hier am Zaun Futter gab, hielt sich aber dennoch im Hintergrund.
      “Er macht sich ganz wunderbar. Unter dem Sattel ist er inzwischen super balanciert und wir beginnen gerade mit ein wenig komplexeren Lektionen”, erzählte sie,” und mit Coco versteht er sich auch prima.” Es freute mich so positiv von dem jungen Pferd zu holen. Auch körperlich hatte sich der Hengst entwickelt. Ich bildete mir ein, dass er sicher ein paar Zentimeter gewachsen war, zudem hatte er schöne Muskulatur ausgebildet, die sogar unter dem flauschigen Winterfell deutlich hervortrat. Auch bei Hazel staubte der kleine Hengst noch ein Leckerli ab, was Coco nun, doch dazu bewegte sich uns zu nähren. Mit weit geblähten Nüstern streckte er ganz vorsichtig seine graue Nase in meine Richtung und nahm ganz vorsichtig das Pellet von meiner Hand.
      Kaylee erzählte noch ein wenig zu dem Schimmel, aber auch zu Rumkugel und der Gegend hier, bevor sie uns zu einem weiteren Auslauf führte. Darin zwei dunkle Stuten, ebenso feingliedrig wie Coco. Die beiden wurden uns als Wanita Iblis und Le Perle Noir vorgestellt. Beide Tiere zeigten sich neugierig, auch wenn sich die Roanstute als etwas eifersüchtig rausstellte. Typisch Stute zickte sie ihr Herdenmitglied manchmal mit und manchmal grundlos an. Diese Launenhaftigkeit der Stuten war ein Grund, weshalb ich lieber mit Hengsten und Wallachen arbeitete, für gewöhnlich waren diese ausgeglichener oder wenigstens beständig in ihrer schlechten Laune.
      Als es uns allen zu kalt draußen wurde, bat Kaylee uns in ihr Haus, erzählte uns noch einiges über ihre Pferde und was sie mit ihnen vorhatte. Auch wir erzählten einiges, unter anderem über das Turnier, von dem wir kamen, über das Whitehorse Creek, über Kanada, alles was einem gerade so einfiel. Nach dreieinhalb Stunden mussten wir die Sky River Ranch leider schon wieder verlassen, denn der Weg zurück nach Langley, war nicht der kürzeste und wir mussten noch die Pferde bewegen. Jayden hatte zwar versprochen, die drei zumindest mal für ein, zwei Stunden herauszuholen und herumzuführen, aber wenn die Tiere schon für die Woche mit deutlich weniger Auslauf als gewöhnlich zurechtkommen mussten, wollte ich Caruso wenigstens ordentlich auspowern.
      Kaum war das Taxi vom Hof gefahren, spürte ich eine Müdigkeit über mich hereinbrechen, wie so häufig auf Autofahrten, wenn ich nicht selbst fuhr, selbstverständlich. Doch, plötzlich vibrierte mein Handy sanft in meiner Hosentasche, auf das ich auch sogleich einen schläfrigen Blick hinauswarf. Als ich sah, wer mir dort geschrieben hatte, war ich allerdings sofort wieder hellwach.
      “Na, schon zurück von deinem Ausflug?”, las ich die Buchstaben, die sich dunkel vom hellen Grund der App abhoben. Obwohl es nur eine simple Frage war, lief ein Kribbeln durch meine Finger als ich eine Antwort tippte: “Nein, wir sind gerade ins Taxi gestiegen. Dauert leider noch zwei Stunden :(” Kaum dreißig Sekunden später erschien auch schon seine Antwort auf dem Bildschirm: ”Schade, ich dachte, du hättest vielleicht Lust mit Poseidon und mir ein wenig umherzureiten. Hättest du vielleicht dann Lust, wenn du zurück bist?” Das Prickeln in meinen Fingern wurde intensiver und begann, sich weiter in meinem Körper auszubreiten.
      “Ja, super gerne”, tippte ich mit flinken Fingern, “Ich schreibe dir sofort, wenn wir da sind :D
      “Okay, ich warte auf dich”, kam noch eine letzte Antwort von Raphael bevor der Grüne Punkt, der seinen Onlinestatus verriet, verschwand. Ich warte auf dich. Diese vier Worte lösten ein herrliches Gefühl in mir aus und mit einem versonnenen Lächeln drückte ich mir das Handy an die Brust. Meine Güte, was tat ich hier eigentlich, ich benahm mich wie fünfzehn. Hazel war glücklicherweise mit ihrem eigenen Mobilgerät beschäftigt, sodass ich nicht mitbekam, wie ich dämlich vor mich hin grinste.
      Von meinen Gefühlen überwältigt, lehnte ich meinen Kopf gegen die Scheibe. Kühl schmiegte sich das Glas an meine Erhitzen Wangen und ich schloss die Augen.
      Ich spürte den kalten Wind in meinem Gesicht, die donnernden Hufe eines Pferdes unter mir, die im Gleichtakt mit meinem Herzen schlugen und das gleichmäßige Schnaufen, welches jeden Galoppsprung begleite. Von hinten kam auf einmal ein weiteres Pferd gelaufen und sein Reiter hielt es einen Moment auf meiner Höhe, sodass ich die beiden in Augenschein nehmen konnte. Seidig glänzte das dunkle Fell, unter dem sich kräftige Muskeln bewegten und die Nase des Pferdes war mit einer unverkennbaren großen schnippe gezeichnet. Auf dem Rücken des Rappen thronte ein Mann, welcher das Pferd so spielend leicht beherrschte, als, gäbe es, nichts Leichteres. Er warf mir ein umwerfendes Lächeln zu, seine grünen Augen funkelten herausfordernd, bevor er seinen Hengst antrieb und an mir vorbeizog. Die Vögel, die bis eben noch auf dem Feld nach Futter gesucht hatten, stoben auf, als er mit dem Pferd mitten hindurchritt. Das Pony unter mit hob den Kopf, spitze die Ohren und zog das Tempo an, nicht ohne einen Bocksprung einzubauen, doch mit seinen kurzen Beinen hatte er keine Chance den Rappen einzuholen.

      “Ey, Schlafmütze aufwachen, wir sind gleich da”, krähte Hazel mir ins Ohr und stupste mich im 5-Sekunden-Takt an, als ob sie nicht schon so nervig genug wäre.
      “Ist ja gut, ich bin ja schon wach”, murmelte ich verschlafen. Vor dem Fenster tauchte gerade das Ortsschild von Langley auf. Die Sonne stand bereit tief am Himmel, färbte ihn bereits orange und ließ die bunten Wälder noch mehr in den herbstlichen Farben leuchten.
      “War es gut, dein Nickerchen?”, nervte Hazel weiter herum.
      “Jap”, antworte ich knapp, während ich auf meinem Handy herumtippe, um Raphael Bescheid zu geben, dass ich in ungefähr einer halben Stunde am Stall sein würde.
      “Mit wem schreibst du da?”, fragte Hazel neugierig und versuchte einen Blick auf den Bildschirm zu erhaschen. Schnell schloss ich die App und wechselte zu dem bekannten Messanger mit dem grünen Symbol, auf dem gerade eine Nachricht meiner Schwester eingetrudelt war: „Bleibst du eigentlich wirklich bis morgen auf dem Turnier? Und siehst du dann das CSI Springen live? Die können alle so gut reiten. <3“ Als Hazel sah, dass es nur meine Schwester war, verlor sie augenblicklich das Interesse und widmete sich wieder ihrem eigenen Gerät und ihrem Blick nach zu urteilen, trat sie wohl mit ihrem Freund in Kontakt. „Ja, sehe ich und weißt du was Emi, ich bringe dir ein Autogramm mit. Ich habe nämlich einen der Reiter aus dem CET kennengelernt ;)“, schrieb ich der Kleinen mit einem Lächeln zurück. Schon nachdem Jace die ersten Turniere für das CET geritten war, musste ich ihr ein Autogramm besorgen und die Tatsache, dass ich mit einem solchen „Star“ arbeitete, ließ mich in ihren Augen fast selbst wie einen erscheinen. Emilya sah zu mir auf, als sei ich eine Weltberühmtheit, die die Welt nur noch nicht entdeckte, hatte und das, obwohl sie nur meine Stiefschwester war. Oder vielleicht gerade deshalb. Die kleine verfolgte wirklich jedes meiner Turniere und war meisten sehr traurig, wenn diese nicht im Internet gestreamt wurden, weil es sich nur um kleine unbedeutende Turniere handelte. Seitdem mein Dad Lauren geheiratet hatte, bettelte sie nach einem eigenen Pony, doch mein Dad blieb beharrlich bei dem einen Argument war er mir schon immer entgegenbrachte. Es sei nicht sinnvoll einem Teenager ein Pferd zu kaufen, weil das sei ein Haufen Verantwortung. Zudem sei nicht sicher, ob sie in fünf Jahren immer noch Lust auf das Reiten hatte. Somit musste Emi sich mit einer Reitbeteiligung auf einem kleinen Braunfalbwallach zufriedengeben. Ein schüchternes Kerlchen, aber die beiden passten recht gut zusammen.
      „Ohhh wie cool <3. Wen hast du denn kennengelernt? Erzähl mir alles!“, kam nur eine Minute später eine Antwort zurück. Ich konnte mir förmlich vorstellen wie sie gerade wie ein kleines Känguru durch ihr Zimmer hüpfte und einen Freudentanz aufführte. Das Taxi bog gerade auf die Straße ab, die zum Hotel führte, weshalb ich meine Antwort eher kurzhielt: „Raphael Craig, vielleicht hast du seinen Ritt mit seiner Stute Héritage gestern ja gesehen. Ich schrieb dir später noch mal Emi, ich muss gleich noch zu Caruso.“ Ich drückte gerade auf Senden, als das Fahrzeug vor dem bereits hell erleuchteten Hotel hielt. Mit Hazel zusammen lief ich aufs Zimmer, wo ich mich umzog. Als ich verschwinden wollte, fragte meine Kollegin natürlich wo ich hinwollte und als ich ihr erklärte, dass ich Caruso noch einmal bewegen wollte, hängte sie sich an.
      Auf dem Turniergelände war mittlerweile die Dunkelheit hereingebrochen, nur die Wege und Plätze waren noch hell erleuchtet. Auf dem ein oder anderen Platz herrschte sogar noch reger Betrieb, da noch einige Prüfungen liefen. Hazel war ich zum Glück losgeworden, denn sie wollte sich erst auf die Suche nach Jayden machen, um ihn zu fragen, inwiefern er die Ponys denn schon bewegt habe.
      Im Stallzelt herrschte bereits Ruhe und nur wenig Pferde streckten ihre Köpfe hinaus, als ich eintrat, darunter war auch ein brauner Kopf mit großer Blesse. Aus der Nachbarbox, sah allerdings nicht der Rappe hinaus, stattdessen trat Raphael daraus hervor.
      „Guten Abend Quinn“, begrüßte er mich freundlich mit einem umwerfenden Lächeln auf den Lippen, welches mir beinahe die Sprache verschlug. Meine Augen konnten sich nicht von ihm lösen, obwohl Caruso gerade begann meine Jacke voll zu schlabbern.
      „Hallo, ich hoffe du musstest nicht allzu lange warten“, antworte ich schließlich doch, in dem Bewusstsein, dass aus der halben Stunde eine dreiviertel Stunde geworden war, weil ich meine Handschuhe nicht hatte finden können.
      „Alles gut. Ich war so frei und habe dein Pony schon geputzt, wir müssten also nur noch Sattel und dann können wir los“, erwiderte er schmunzelnd.
      „Vielen Dank“, antworte ich und merkte wie mir das Blut in den Kopf schoss. Bevor ich ihn noch anstarren würde wie ein Ausstellungsstück im Museum, wandte ich mich ab und lief zum Hänger, um Sattel und Trense von Caruso zu holen. Dieses wohlige Kribbeln, welches ich bereits bei seinen Nachrichten verspürte breitet sich wieder in meiner Magengegend aus. Was auch immer es war, was Raphael an sich hatte, es ließ meine Hormone komplett verrücktspielen. Mit dem Sattelzeug kehrte ich in den Stall zurück und sattelte mein Pony zügig, sodass wir aufbrechen konnten.
      “Wo lang?”, fragte ich den groß gewachsenen Mann auf dem Rappen. Statt zu antworten, drückte er seinem Pferd nur die Schenkel in den Bauch. Er führte mich an einem der großen Reitplätze vorbei in eine Allee, deren Bäume gelb-orangene Blätter trugen. Im sanften Schein der Laternen sah die Umgebung hier ganz anders aus als bei Tag. Die winzigen Tropfen, des Nebels flirrten durch die Lichtstrahlen und legten einen sanften Glanz auf alles.
      “Bist du öfter hier in der Gegend?”, fragte ich Raphael neugierig, als er seinen Rappen am Ende der asphaltierten Allee selbstsicher auf einen kleinen Feldweg lenkte.
      “Ja, hier sind öfter mal große Turniere. Ich nutze bei so langen Turnieren ganz gerne jede Möglichkeit, um dem ganzen Trubel zu entkommen”, antwortete er und auf seinem Gesicht war ein sanftes Lächeln zu erkennen. Die Flucht konnte ich nur allzu gut nachvollziehen, obwohl das hier mein erstes Turnier war, welches länger als zwei Tage andauerte. Nicht dass ich etwas gegen Menschen hatte, aber ich hatte immer das Gefühl, dass auf solchen Veranstaltungen nur jeder darauf wartete, dass man einen fatalen Fehler machte, unabhängig, ob auf dem Platz oder im Stall. Gerade auf solch großen Veranstaltungen wie dieser gab es nur wenige, die so am Boden geblieben waren wie meine Begleitung.
      Zu unserer linken erstreckte sich ein Wäldchen den Hügel hinauf, während sich auf der anderen Seite eine hochgewachsene Wildwiese eröffnete. Nur spärlich zeichneten sich die Umrisse des hochgewachsenen Rappen in der Dunkelheit ab, obwohl es selbst zwischen den Bäumen noch erstaunlich hell war. Vermutlich lag dies an dem bereits ziemlich ausgedünnten Blätterdach, durch das silbrige Mondstrahlen drangen.
      “Wie kommt es eigentlich, dass du jetzt noch in der Dunkelheit mit mir ausreiten gehst? Ich meine, solltest du dich nicht eher für morgen vorbereiten oder so was?”, kam es mir urplötzlich über die Lippen. Im selben Moment registrierte ich wie dumm sich diese Frage anhören musste, sollte ich es doch eher schätzen, dass er Zeit mit mir verbringen wollte. Sicherlich gab, es eine Menge Mädchen, die gerne hier an meiner Stelle wären. Ein warmes Lachen ertönte aus Raphael Brust, bevor er zu einer Antwort ansetzte.
      “Ganz einfach Quinn, weil ich Lust darauf hatte mit einem netten Mädchen ausreiten zu gehen”, lächelte er herzlich,” Ich mag es außerdem, dass du mich als Mensch siehst und mich nicht auf meinen Erfolg oder mein sagenumwobenes Pferd reduzierst.” Bei den letzten Worten strich er Poseidon durch die voluminöse Mähne. Unwillkürlich erstrahlte bei seinen Worten ein Lächeln auf meinem Gesicht.
      “Ich halte nicht viel von Voreingenommenheit. Am liebsten lerne ich Menschen ohne jegliche Vorkenntnisse kennen…”, sprach ich. Ich wollte gerade meinen Satz fortsetzen, als Raphael mit einer Geste bedeutet anzuhalten.
      "Hörst du das?", flüsterte er leise. Ich traute mich kaum mich zu bewegen, lauschte einfach in die Stille Nacht hinein, als ein hoher lang gezogener Ruf durch den Wald hallte. Ich hatte nicht allzu viel Ahnung von den fliegenden Waldbewohnern, aber dieses Geräusch konnte ich eindeutig einer Eule zuordnen.
      “Das ist ein Streifenkauz”, ergänzte er meinen Gedankengang und ritt sein Pferd wieder an.
      “Wow, das erkennst du allein an dem Ruf?”, fragte ich beeindruckt von seiner Fähigkeit.
      “Ja, hier in der Gegend gibt es nur zwei Eulenarten, das ist das nicht allzu schwer”, erklärte Raphael schmunzelnd. Caruso drehte immer wieder die Ohren und ein wenig Befangenheit schien sich in dem sonst so mutigen kleinen Racker breitzumachen.
      “Wo hast du das gelernt? Ich meine, das ist ja jetzt nicht der normale Schulstoff”, fragte ich neugierig. Raphael schwieg für einen Moment geheimnisvoll, bevor er mit einem verschmitzten Lächeln antwortete: ” Mein Vater ist Ranger in Jasper, da lernt man so einiges, vor allem weil wir auch gelegentlich Tiere aufzupäppeln dahaben.”
      Unsicher orientierte sich der kleine Schecke an der dunklen Gestalt Poseidons. Um uns herum raschelten die Blätter leise im Wind und der gefrorene Boden gab bei jedem Schritt, ein knirschendes Geräusch von sich. Im Unterholz links von uns knackte es plötzlich, woraufhin sich der Schimmel panisch an den dunklen Körper seine Artgenossen presste. Beruhigend strich ich ihm über das kurze Fell. Sicherlich war das nur ein Hirsch, der durch das Unterholz lief, somit kein Grund zur Beunruhigung oder doch?
      “Hier gibt es keine Wölfe oder andere gefährlichen Tiere, oder?”, wand ich mich an Raphael, in der Hoffnung, dass er meinen Gedankengang bestätigte.
      “Nein, hier gibt es zwar Pumas und auch Bären, aber die kommen für gewöhnlich nicht so nah an die Stadt heran”, sprach meine Begleiter beruhigend. Der Wald um uns herum lichtete sich allmählich und ging über in eine karge Steppenlandschaft. Raphael ritt noch ein Stück, bevor er Poseidon von dem Weg hinunter lenkte und einen Weg durch das hohe Gras einschlug. Caruso der sich so eben noch ängstlich an den Hengst geschmiegt hatte, wurde im hellen Mondschein wieder sicherer und stapfte hinter Poseidon durch die langen Halme.
      Wir hatten eine Anhöhe erreicht, auf der wir anhielten. Unter uns glitzerten die Lichter der Stadt und der Thunderbirdshow Park erstrahlte in seiner vollen Pracht. Nur noch vereinzelte Reiter schoben sich über den Sand in den hell erleuchteten Arenen, sodass das Gelände beinahe friedlich vor uns lag.
      “Wow, sieht das schön aus von hier oben”, staunte ich und betrachtete die Sterne, die mit den Lichtern der Stadt um die Wette funkelten. Ich spürte Raphaels Blick auf mir ruhen. Als ich mich umwand, traf mein Blick unmittelbar auf seine Augen, in denen sich die Lichter spiegelten und sie zogen mich in ihren Bann. In mir krabbelte und kribbelte es, als wären hunderte, nein tausende Glühwürmchen auf einmal abgehoben, die nun auf ihrem bezaubernden Flug um die Wette leuchteten.
      Ein Wind kam auf und brachte das hohe Gras zum Rascheln. Angespannt drehten sich die Ohren meines Schimmels als der Wind noch ein wenig stärker wurde. Als dann auch noch das hohe Gras um uns herum zu rascheln begann, tippelten die kleinen Hufe nervöse über den Boden.
      “Was ist los?”, ertönte die sanfte Stimme meiner Begleitung. Im Gegensatz zu meinem Pony stand Poseidon vollkommen ruhig, dass er beinahe wie eine Bronzeplastik wirkte, wären da nicht die Mähnenhaare, die sachte im Wind herumwirbelten.
      “Im Dunkel ist Caruso ein kleiner Angsthase”, erklärte ich schmunzelnd und strich Caruso sanft über den gescheckten Hals. Es war schon erstaunlich, dass der sonst so ungestüme kleine Kerl bei Dunkelheit plötzlich vollkommen freiwillig alle Führung an mich abgab.
      “Na, wenn das so ist, sollten wir deinen Kerlchen vielleicht nach Hause bringen”, gluckste Raphael, ließ seinen Hengst auf der Stelle kehrt machen und lenkte ihn wenige Meter weiter auf einen kleinen Trampelpfad, der über die Wiese den Hügel wieder hinabführte. Ängstlich drängte das Pony nach vorn und ließ sich nur schwer davon abhalten, seitlich in die hohe Wiese hineinzuspringen und an dem Rappen vorbeizudrängen. Je weiter wir in die Wiese hineinritten, umso höher wuchsen die Halme, wodurch sie auch verstärkt raschelten und Caruso noch mehr gegen das Gebiss trieb.
      Meine Finger bekamen erst wieder ein wenig Entspannung, als wir die beleuchtete Allee erreicht hatten. Der Schimmel entspannte sich allmählich, während das Klappern der Eisen von den Gebäuden zurückgeworfen wurden. Tagsüber, wo das Gelände mit Massen an Menschen gefüllt waren, wirkten die Dimensionen ganz anders als jetzt, wo es beinahe gespenstisch vor uns lag.
      Das Stallzelt war nur noch schwach erhellet als wir eintraten. Die meisten Pferde kauten entspannt an ihrem Heu und einige wenige lagen bereits in ihrer Einstreu und schliefen. Raphaels Stute, wieherte leise und streckte neugierig ihren Kopf aus der Box, als sie seine Stimme vernahm. Niedlich war sie mit leicht schräg gelegtem Kopf um ein Leckerli bettelte als ihr Besitzer mit der Trense, aus der Box des Rappen trat. Mein Pony hingegen hatte sich gleich auf sein Heu gestürzt, kaum hatte ich die Trense von Kopf gezogen. Verfressener kleiner Kerl, kaum zu glauben, wie er trotzdem so schlank blieb.
      “Danke für den Ausritt, das war wirklich schön mit dir”, bedanke ich mich mit einem zurückhaltenden Lächeln bei Raphael, nachdem wir die beiden Pferde abgesattelt und versorgt hatten. Um die Lampe, die den Vorplatz des Stallzeltes illuminierten, schwirrten ein paar letzte Motten herum. Markant traten seine Gesichtszüge in dem schummrigen Licht hervor und ließen ihn noch attraktiver wirken als ohnehin schon. Das leichte Herzklopfen, welches mich den ganzen Ausritt begleitet hatte, verstärkte sich zunehmend.
      “Ich hoffe, dass du Spaß hattest, trotz deines kleinen Angsthasen”, lächelte Raphael und seine Augen leuchten wie Smaragde in dem schummrigen Licht. Ich sehe ihn an und mein Lächeln wurde unwillkürlich breiter. Mein Herz pochte mittlerweile so stark in meinem Inneren, dass ich glaubte, es würde der Brust jeden Moment entspringen.
      „Ja, es hat wirklich Freude bereitet”, antwortete ich freudvoll, “vielen Dank für den schönen Abend.“ Unmittelbar trafen seine Augen auf meine und er sprach: „Das erfreut mich, aber ganz selbstlos war das nicht. Ich habe den Ausritt mit dir auch sehr genossen.“ Wie Honig perlten die Worte von seinen Lippen und erfüllten mich mit Glück, welches mich von innen heraus wärmte und mir den Atem nahm. Verlegen wand ich den Blick zum Boden, denn plötzlich kam ich mir ein wenig blöd vor, dass ein quasi Unbekannter in mir solche Gefühle auslösen konnte.
      „Schade, dass wir morgen bereits wieder nach Hause müssen, ich würde das gerne wiederholen“, murmelte ich leise, war mir nicht sicher, ob er mich überhaupt gehört hatte. Sanft legten sich seine Finger unter mein Kinn, schoben es vorsichtig nach oben, sodass ich ihm in die Augen sehen musste.
      “Quinn, das können wir doch, nur nicht hier”, lächelte er. Sein Blick war warm und weich und es lag ein geheimnisvoller Ausdruck darin, den ich nicht so recht zu deuten wusste. Seine Worte weckten die Hoffnung in mir, dass dies hier kein einmaliges Ereignis, keine bedeutungslose Schwärmerei sein musste.
      “Wirklich?”, fragte ich voller Zuversicht und konnte meine Augen nicht von seinen lösen.
      “Ja, wirklich”, antwortete er und sah mich mit diesem Blick an, der die Funken in mir zum Aufflammen brachte, „Ich möchte dich kennenlernen, Quinn.” Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Die Zeit verging und mit jedem Augenblick gewann die Hoffnung in mir an Kraft. Sein Blick war noch immer so warm und weich, dass ich nicht anders konnte, als ihn anzulächeln. “Gib mir mal dein Handy", fordert er mich nun auf. Etwas irritiert, was er damit wollte, reichte ich ihm das Gerät. Lebendig brach sich das Licht auf der rosé golden Oberfläche, allein durchbrochen durch die stilisierte Zeichnung eines Hirsches, welche die ansonsten durchscheinende Hülle zierte.
      "Nettes Gerät, Quinn, aber wenn ich damit etwas anfangen können soll, solltest du es schon entsperren", lachte er und hielt es mir wieder hin.
      „Natürlich“ murmelte ich verlegen und entsperrte das Gerät mittels des Face Locks. Interessiert beobachte ich wie er gezielt auf dem Gerät herumtippte. Als er mir entgegenhielt, leuchte ein vollständiger Adressbucheintrag auf dem Bildschirm.
      "So, jetzt bestehen jegliche Voraussetzungen dafür, dass wir erneut Ausreiten gehen können", lächelte er sanft. Während ich mein Handy entgegennahm, berührten sich unsere Finger, woraufhin ein elektrisierendes Gefühl durch meine Nervenbahnen flirrte und die Gravitation schien für eine winzige Sekunde auszusetzen.
      „Es ist bereits spät. Ich muss dann mal los, wenn ich mir morgen den Sieg holen will”, sprach er sanft,”, aber wir sehen uns morgen." Noch immer lag ein unfassbar umwerfendes Lächeln auf seinen sinnlichen Lippen. „Gute Nacht, Quinn“, sprach Raphael nun und zog mich in eine sanfte Umarmung. Selbst unter der Jacke ließ sich die gut trainierte Brust erahnen, die darunter verborgen lag.
      "Gute Nacht", hauchte ich und spürte, wie mein Herz sich in einem wilden Tempo schlug.
      "Wir sehen uns morgen", flüsterte er, bevor er mich losließ und mit großen Schritten in der Dunkelheit verschwand.

      Quinn Drake| 76.199 Zeichen
      zeitliche Einordnung Ende September 2020
    • Wolfszeit
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      Heavenly Maybe| 07. April 2022
      Don Carlo| Finest Selection| Fraena van Hulshóf| Voilá| WHC’ Aphrodite| Abe’s Aelfric| Cleavant ‘Mad Eye’| Löwenherz| PFS’ Caruso| WHC’ Afterglow| HMJ Divine| Checkpoint| WHC’ Quatchi| WHC’ Unsung Hero| Herkules| Nurja| WHC’ Sunna| WHC’ Poseidon

      Ich war gerade auf dem Weg mir Glowy von der Koppel zu holen, als das Klingeln meines Handys die winterliche Stille störte. ‘Haze’ leuchtete auf dem Bildschirm auf. Seltsam, die sollte doch eigentlich gerade eine Reitstunde geben?
      “Hey, was ist los?”, nahm ich den Anruf dennoch entgegen, während ich das Tor öffnete. In der Ferne hoben die Pferde den Kopf, bewegten sich ansonsten nicht weiter.
      “Ich könnte dich mal gerade hier gebrauchen. Caruso hat schon wieder ein Kind heruntergehauen und jetzt mag keiner auf das Pony steigen”, erklärte sie und klang dabei ein wenig genervt. Es war bereits das dritte Mal diese Woche, dass der Schecke jemandem mit dem Boden bekannt machte.
      “Ich komme, bin gleich da”, seufzte ich und beendete das Gespräch. Dann würde die braune Stute wohl noch ein wenig warten müssen, was eigentlich weniger in meine Tagesplanung passte. Später sollte noch ein potenzielle neuer Einsteller vorbeikommen, dem ich die Anlage zeigen sollte. So kehrte ich ohne Pferd zurück zum Stall und warf im Vorbeigehen das Halfter auf eine Bank in der Stallgasse.
      “Tür frei”, reif ich, bevor ich das große Tor aufschob und eintrat. Felix saß mit einem kleinen Mädchen, vermutlich die Reiterin von Caruso, auf der Bank. Tränen liefen über das kleine Gesicht und mein Kollege gab sich alle Mühe sie zu beruhigen. Hazel stand mit dem Ponyhengst in der Zirkelmitte und setzte ihren Unterricht fort.
      “Bei A auf den Zirkel abwenden und dann bei X zum Schritt durch Parieren”, wies sie die Kinder an, bevor sie mit dem Pony auf mich zukam. Folgsam lenkte das Kind an der Tete den Wallach mit den blauen Augen auf die Kreislinie und wechselte die Gangart.
      “Kannst du dich vielleicht den Rest der Stunde mitreiten, dass er sich dran gewöhnt, dass man sich benehmen muss?”, bat sie mich und setzte ihren Dackelblick auf.
      “Hast du ein Glück, dass ich das Pony gern hab”, scherzte ich und nahm die Zügel entgegen. In Windeseile verlängerte ich die Steigbügel und ließ mich in den Sattel gleiten. Kaum war ich angeritten, begann das Pony bereits mit seinen Faxen. Immer wieder zog er den Kopf runter und deute sogar an zu bocken als ich ihn antrabte. Das junge Pferd strotze nur so von Energie, da war es wenig wunderlich, dass er nur Unsinn im Kopf hatte.
      “Hazel, kannst du mal den Hufschlag räumen?”, bat ich meine Kollegin, die ihre Kinder daraufhin aufmarschieren ließ. In der nächsten Ecke galoppierte ich den Hengst an, bereits darauf vorbereitet, dass er losschießt oder einen Bocksprung machen würde. Letzteres tat der Schimmel auch nach dem zweiten Galoppsprung. Die Knie fest am Sattel und das Gewicht in den Steigbügel saß ich dies problemlos aus. Ich ließ dem Pony den Raum seine Energie abzulaufen und so war es nach einigen Minuten flotten Galopp auch wieder artig.
      "Okay Hazle, ich denke, du kannst jetzt ohne Komplikationen weitermachen", verkündete ich, als ich das Pony neben ihr anhielt. Eine ganze Reihe Kinderaugen starrte mich an, als hätte ich gerade einen Mustang gebändigt.
      “Das war cool”, staunte der kleine Junge, der auf Löwenherz thronte, während den anderen Kindern immer noch der Mund offen stand.
      “Das fand ich auch”, ertönte eine honigwarme Stimme aus Richtung des Tores.
      “Raphael, was machst du denn hier?”, lächelte ich erfreut und lenkte mein Pony in seine Richtung. Hazel forderte währenddessen ihre Kinder zum weiterreiten auf.
      “Ich bin hier, um mir euer wunderschönes Gestüt anzuschauen. Ich überlege nämlich mir Poseidon und Héritage umzuziehen, aber vielleicht sollte ich mich erst einmal vorstellen”, erläuterte er und wand sich dann an Felix, der noch immer auf der Bank saß.
      “Raphael Craig”, stellte er sich freundlich vor und reichte dem Deutschen die Hand.
      “Felix Lundqvist, der Neue hier”, stellte sich auch mein Kollege vor, “Irgendwo her kenn ich dich … Springreiter, richtig?”
      “Ja, genau Springreiter im Dienst der Nation”, bestätigte der Dunkelhaarige. Anschließen hockte sich Raphael vor Carusos ursprüngliche Reiterin.
      "Und wer bist du, kleine Maus?", fragte er die Kleine, die ihn verschüchtert aus ihren großen, Runden anblickte.
      "Ella", antwortete sie zögerlich. Ich war mir nicht ganz sicher, ob die Kleinen sich bereits für die Stars der Reiterwelt interessierten und deshalb plötzlich so still waren oder ob sie von der Anwesenheit eines Fremden verschreckt wurden. Denn für gewöhnlich plapperten die Kinder unaufhörlich, auch wenn sie sich eigentlich konzentrieren sollten.
      "Ella, bist du vorhin Caruso geritten?", fragte er sanft. Das Mädchen nickte und Felix schien ihn nebenbei über die Situation aufzuklären.
      "Weißt du, das ist gar nicht so schlimm mal runterzufallen, das ist mir auch schon ganz oft passiert”, erklärte der Springreiter.
      Während Raphael mit dem Kind beschäftigt war, ritt ich Caruso im Schritt auf dem Zirkel, damit der kleine Kerl nicht ganz auskühlte bei der kalten Winterluft, den sein flauschiges Fell wies deutliche Schweißflecken auf.
      "Echt? Meine Schwester hat gesagt, dass du bist der beste Reiter auf der Welt", vernahm ich das zarte Stimmchen des Mädchens. Damit bestätigte sich, dass zumindest einigen der Kinder klar war, dass sie eine Berühmtheit vor sich hatten.
      “Na ganz so ist das nicht”, lachte er, “aber selbst die besten landen manchmal auf dem Boden. Du hast doch sicher gerade gesehen, was Caruso gerade bei Quinn gemacht hat.”, erneut nickte das Kind.
      “Das hat er nicht gemacht, weil er böse ist oder Quinn loswerden wollte, sondern weil er sich so doll gefreut hat, dass er endlich laufen darf. Caruso ist nämlich noch ziemlich jung und muss erst noch lernen, dass man mit einem Menschen auf dem Rücken vorsichtig sein muss.” Raphael sprach mit einer solchen Hingabe mit dem Kind, als würde er nur dafür geschaffen worden sein, Kindern den Mut wiederzugeben. Nachdem er eine Weile mit Ella gesprochen hatten, bedeute er mir, mit Caruso in die Mitte zu kommen und kam mit ihr an der Hand auf uns zu. Caruso kaute mittlerweile zufrieden auf seinem Gebiss herum und blickte das Kind freundlich an, als ich mich aus dem Sattel gleiten ließ. Nachdem die Steigbügel wieder umgestellt waren, hob der Besucher das Mädchen auf den Rücken des Ponys und ergriff selbst die Zügel. Ich ließ mich neben Felix auf die Bank fallen und beobachtete versonnen, wie Raphael das Pony über den Sand führte.
      “Wenn ich hier nicht mehr gebraucht werde, gehe ich dann mal Sally versorgen”, verabschiedete sich Felix schließlich und verschwand im Durchgang. Nach einigen Minuten überreichte der Springreiter Ella wieder die Zügel und sie traute sich sogar ein Stück zu tragen, unter der Bedingung, dass er neben herlief. Wie ich so dabei zusah, kam ein Gefühl von Glückseligkeit in mir auf und unwillentlich kamen mit Szenen in den Kopf, wie er wohl mit eigenen Kindern aussehen würde.
      Mit einem breiten Grinsen kam Hazel zu mir, als sie die Reitstunde abgeschlossen hatte, das abreiten konnte sie schließlich auch von der Ecke aus beaufsichtigen.
      “Du stehst auf ihn, das sehe ich doch genau”, feixte sie ein schelmisches Funkeln in den Augen.
      “Shh, nix tu ich hier. Ich finde nur Kinder stehen ihm”, wehrte ich ihre Anschuldigung ab.
      “Deine Kinder?”, entgegnete sie verschmitzt, bevor sie ihren Kindern zu rief, dass sie die nächste Runde aufmarschieren durften.
      “Ich wette, Lina hast du auch mit deinem generve vertrieben”, ging ich in den Gegenangriff über, statt auf ihren Kommentar näher einzugehen. Ella war mittlerweile mit dem Pony aufmarschiert, sodass Raphael nun zu uns hinüberkam.
      “Wer ist Lina?”, fragte er freundlich, offenbar hatte er einen Teil des Gespräches mitgehört.
      “Eine ehemalige Kollegin. Sie ist im August nach Schweden umgezogen”, erklärte ich.
      “Wegen nem ziemliche heißen Typen”, ergänzte Hazel keck, “Für den wäre ich auch umgezogen.” Natürlich konnte sie auch dieses Mal ihre unqualifizierten Kommentare nicht unterlassen. Manchmal wünschte ich es gäb einen Mute-Button für sie.
      “Ah, daher kommen also die Gerüchte”, nickte Raphael als würde sich soeben einige Puzzleteile zusammensetzen. Bei dem Wort Gerücht konnte man Hazel Augen Begeisterung aufflammen sehen.
      “Was erzählt man sich denn so über Jace?”, fragte sie voller Enthusiasmus, woraufhin ich ihr einen Stoß in die Rippen verpasste. Voller Unverständnis blickte sie mich an und rieb sich die Seite.
      “Naja, irgendwer erzählte, dass er sich wohl wegen eines Mädchen geprügelt hat, welches wohl aufgrund dessen den Hof verlassen hat”, antwortete er schulterzuckend, “Aber ist mir auch eigentlich egal, über mich erzählt man sich auch so einiges, was definitiv sehr realitätsfern ist.”
      “Hazle, deine Kinder warten”, wies ich sie darauf hin, als sie gerade ansetzen wollte, unseren Gast weiter auszufragen. Vielleicht hätte sie besser Journalisten werden sollen, bei irgend so einem Klatschblatt. Tatsächlich folgte sie meiner Aufforderung.
      “Soll ich dir dann jetzt mal den Hof zeigen?”, frage ich freundlich und erhob mich von der Bank.
      “Das ein oder andere kenne ich ja bereits, aber ich würde primär einen genaueren Blick auf die Boxen und die Springhalle werfen”, lächelte er bestätigend.
      “Dann fangen wir doch gleich mal im Stall an”, entgegnete ich und steuerte auf das Hallentor zu. Direkt gegenüber der Haller eröffnete sich die Reihe aus sieben Boxen, die noch aus Zeiten herrührte, in denen das Gestüt noch deutlich kleiner war und im Besitz einer Adelsfamilie, wie Luchy einmal erzählt hatte. Um diese Tageszeit waren die Boxen leer, denn die Hengst verbrachten den Tag jetzt im Winter auf den hofnahen Koppeln, die ein wenig ebener und wetterfester waren, als die an den steilen Berghängen der Rocke Mountains.
      “Also die Boxen da voran, dort stehen in der Regel Nachwuchshengste, die in den Sport gehen sollen, aber das wird für dich vermutlich ohnehin nicht relevant sein”, erklärte ich und schritt direkt weiter in Richtung des Hauptstalles.
      “Was ist mit den Offenställen?”, fragte Raphael interessiert als wir diese passierten und sich ein grauer Ponykopf über den Zaun schob.
      “In dem links von uns wohnen die Schulponys und da rechts ein Einsteller und zwei unserer Zuchtstuten”, erläuterte ich bereitwillig, “Neben dem Stall haben wir noch einen mit den männlichen Schulis und unser neuster Zuchthengst ist dort jetzt auch eingezogen, weil Ivy jetzt weg ist.” Aufmerksam lauschte mein gegenüber den Worten und begann das kleine Pony hinter den Ohren zu kraulen.
      “Ivy?”, fragte er schließlich nach. Neben Voilá kam nun auch eine weitere Fellkugel an den Zaun und begann zaghaft an meinem Schal zu knabbern.
      “Ivy, oder besser gesagt Divine ist das Pferd von besagter Kollegin”, beantworte ich seine Frage und wollte gerade zu weiteren Erklärungen ansetzen als er nachdenklich die Stirn runzelte: “Divine … wo habe ich das schon mal gehört?”
      “Vermutlich auf Social Media im Zusammenhang mit dem Horse Makeover”, half ich seinem Gedächtnis auf die Sprünge.
      “Stimmt, damit habe ich mich nur nicht näher auseinandergesetzt, weil die Hauptevents ohnehin mitten in der Turniersaison lagen” erzählte er beiläufig,
      “Übrigens die erfolgreichste Saison, die ich mit Poseidon bisher hatte.” Während Raphael so über seinen Hengst berichtete, begann seine Augen voller Stolz zu leuchten.
      “Ja, mein Mini-Me hat berichtet, dass ihr euch für das Finale des Springworldcup qualifiziert habt. Herzlichen Glückwunsch”, lächelte ich herzlich. Seitdem ich den Springreiter kennengelernt hatte, war meine Stiefschwester zu so etwas wie einem Liveticker mutiert. Kein einziges Turnier verging, ohne dass Emy davon mitbekam.
      “Genau, für Poseidon und mich geht es im April nach Kalmar zum Finale”, grinste er breit, beinahe wie ein Kind, welches eines seiner Kunstwerke stolz erfüllt nach Hause brachte. Das war ihm aber auch nicht übelzunehmen, schließlich gehörte der Worldcup zu den wichtigsten und schwersten internationalen Springprüfungen. Mit Quatchi und Caruso hatte ich zwar mal in die Welt des Springens reingeschnuppert, doch alles jenseits von einem Meter fünf lag noch über außerhalb meines Horizontes.
      “Europa, also. Es ist bestimmt schön da”, entgegnete ich ein wenig verträumt. Bis auf einen Urlaub in Kalifornien hatte ich die Grenze der Nation noch nicht überschritten.
      “Das kann ich so genau nicht sagen, ich habe bisher nur Turnierplätze zu sehen bekommen”, erklang sein warmes Lachen in meinen Ohren und erweckte wieder dieses wohlig warme Gefühl in meinem Inneren.
      “Weißt du was, Quinn, du kommst einfach mit und ich werde organisieren, dass wir auch ein wenig was von Schweden zu sehen, bekommen”, schlug er plötzlich vor. Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich ihn an: “Das ist doch jetzt ein Scherz, oder?”
      “Ne, das meine ich Ernst, ich lade dich ein”, lächelte er und kraulte das Pony in aller Seelenruhe weiter. Aufregung sprudelte in meinem inneren hoch und ich konnte nicht anders , als ihm übermütig in die Arme zu fallen.
      “Langsam Quinn”, lachte er und musste sie mit einer Hand am Zaun abstürzen, um zu verhindern, dass wir beide uns dem Boden näherten.
      “Sorry”, entschuldigte ich mich und ließ ihn wieder los, bevor ich ihn noch zerquetschte.
      “Alles gut, es ist schön, wenn es dich freut”, lächelte er, “Willst du mir dann jetzt den Stall zeigen?” Ich nickte und setzte den auf das u-förmige Gebäude zu. Der Stall war ziemlich leer, nur das Klimpern der Anbindeseile, welches gegen die Metallpfosten schlugen, drang durch die Stallgasse.
      “Wie du siehst sind die Boxen alle leer, das ist aber natürlich nicht so, weil wir einfach keine Pferde mehr haben”, scherzte ich, “Die sind derzeit alle auf der Koppel.”
      “Wie lange stehen die Pferde auf den Koppel und sind sie in Gruppen oder getrennt?”, schloss der junge Mann augenblicklich eine Frage an.
      “Die kommen raus, wenn es hell wird und wieder rein, wenn es dunkel wird. Sofern sie sozialverträglich sind, stehen sie nach Ställen sortiert in Herden, für weniger verträgliche Tiere versuchen wir immer mindestens einen Koppelpartner zu finden”, erklärte ich die Abläufe auf unserem Hof.
      “Das gefällt mir, in Edmonton, haben wir nur ein kleine Paddock im Winter und es war ziemlich aufwendig jeweils einen Spielkameraden für meine beiden zu finden. Gerade für Poseidon war ich schon so verzweifelt, dass ich bereits überlegte ein Beisteller für ihn anzuschaffen”, verriet er endlich etwas mehr davon, warum er überhaupt darüber nachdachte, mit seinen Tieren mitten in die Pampa zu ziehen.
      “Oh, also das sollte hier kein Problem sein”, grinste ich und setzte die Tour damit vor, Raphael näher mit der Boxenausstattung und den weiteren Dingen im Stall vertraut zu machen.
      Am Putzplatz machte Silvia offenbar gerade das Karlchen zum Reiten fertig. Dem Schimmel schien es allerdings nicht schnell genug zu gehen, denn er pendelte hin und her, so weit des die metallenen Ketten zuließen, sobald sie in der Sattelkammer verschwand.
      “Wer ist der hübsche Schimmel?”, fragte Raphael und trat auf das Tier zu.
      “Das ist Carlo, einer unserer Zuchtanwärter. Der würde dir gefallen, ist ein begabter Springer”, erzählte ich etwas zu dem Hengst. Mit gespitzten Ohren inspizierte der Hannoveraner den jungen Mann, bevor er sich ein wenig entspannte. Dennoch behielt das sensible Pferd jede Bewegung von ihm genaustens im Auge.
      “Ja, das sieht man ihm an”, lächelte er und fuhr mit den kräftigen Händen die Oberlinie des Tieres nach, “wirklich ein schöner Hengst.” Raphael bewunderte noch einen Moment das Tier, bevor wir die Tour zu den Koppel fortsetzen.
      “Habt ihr bei dem Schnee eigentlich keine Bedenken, dass die Pferde sich verletzen könnten?”, hinterfragte er bei den Schneemassen, die sich an den Rändern der Wege auftürmten.
      “Nein, der Schnee ist für die meisten kein Problem. Die Tiere kennen die Flächen gut und hier direkt am Hof sind sie alle ziemlich flach. Die Sommerkoppeln oben an den Berghängen sind deutlich schwierigeres Terrain und macht sie ziemlich trittsicher”, erklärte ich,“ Zudem tragen die beschlagenen Tiere natürlich alle Schneegrip. Bisher sind so eigentlich alle Pferd gut durch den Winter gekommen.” Die erste Koppel, die wir erreichten, war die der tragenden Zuchtstuten. Als Erstes ins Auge stachen Antigone mit der kleinen bunten Plüschkugel an ihrer Seite, die neugierig an den Zaun getrottet kamen.
      “Warum hat das arme Fohlen so eine schreckliche Frisur?” Raphael warf einen musternden Blick über das kleine Fellponyfohlen, dessen dichte Stehmähne schnurgerade geschnitten worden war, auch der Schopf war ziemlich kurz geworden und dazu noch ziemlich fusselig.
      “Weil Jace es für nötig hielt, der armen Aphrodite die Mähne zu schneiden”, lachte ich. Alec wusste schon, warum er mir die Aufgabe übertrug, für das Langhaar von Jace Pferden zu sorgen, ansonsten würde er sich sicherlich auf jedem Turnier blamieren.
      “Wenn die Kleine so aussieht, wie kann es dann sein, dass Hero so ordentlich aussieht?”, hinterfrage Raphael grinsend.
      “Weil nicht Jace ihn frisiert hat, sondern ich. So wie auch alle anderen Pferde für die Jace zuständig ist”, lächelte ich triumphierend.
      “Dann hast du wohl eindeutig mehr Talent als er”, sprach mein Gegenüber sanft. Ein angenehmer Schauder ergriff mich und rieselte hinunter bis in meinen Magen und löste dort ein Kribbeln aus. Obgleich es nur Sekunden gewesen sein mochten, fühlte es sich wie eine Ewigkeit an. Das Quietschen eines Pferdes, welches seine Artgenossen vertrieb, lenkte meinen Blick wieder ab. Nurja war an den Zaun gekommen. Obwohl die Stute erst im zweiten Monat tragend war, durfte sie bereit auf die Zuchtkoppel umziehen. Erwachsene Stuten ohne Fohlen, würde es erleichtern, die diesjährigen Fohlen abzusetzen, weil sie so immer noch eine Orientierung für die unerfahrenen Tiere gab.
      “Wo ist ihr Fohlen, hat sie es verloren?”, fragte Raphael verwundert und betrachte das Tier eindringlich.
      “Nein, Nurja hat noch einige Monate. Ihr Fohlen wird erst im Sommer erwartet”, erklärte ich Strick der braunen über den kräftigen Hals, “Wir sind schon alle ziemlich gespannt, wie es aussehen wird, schließlich ist sein Vater ein ziemlicher außergewöhnlicher Rassevertreter.”
      Die Stute beschnupperte “Aber lass uns das Gespräch doch bei einer Tasse Kaffee im Reiterstübchen fortsetzen, dann kannst du auch gleich einen Blick auf die Halle werfen.” Gemütlich im Warmen unterhielten wir uns noch eine gute Stunde, bevor Raphael aufbrechen musste.
      “Dann kommt gut nach Hause”, lächelte ich zuvorkommend, als wir an seinem dunkel glänzenden Porsche standen. Gegen diesen Luxusschlitten wirkte sogar der Mustang von Jace fast billig, ganz zu schweigen von dem, was ich mein nannte.
      “Danke, ich freu mich schon auf unser nächstes Aufeinandertreffen”, lächelte er charmant und zog mich in eine herzlich Umarmung. Deutlich konnte ich die gestählte Muskulatur unter seiner dünnen Jacke spüren. So nah an ihm zu sein verstärkte das wohlige Gefühl in meinem Bauch und aktivierte etwas in mir, was ich nicht zuordnen konnte.
      “Ich freu mich auch schon”, lächelte ich, als wir uns wieder voneinander lösten. Das Herz in meiner Brust schlug so kräftig, als wolle es jedem einzelnen Wort zustimmen und noch einige mehr hinzufügen.
      “Wir werden uns schon bald wiedersehen, das verspreche ich dir.” Ein sanftes Leuchten lag in seinen Augen, als er mir eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht strich, die der Wind dort hingeweht hatte. Diese Geste war die letzte zum Abschied, bevor er in sein mitternachtsblaues Gefährt begab und vom Hof rollte.


      © Wolfszeit | Quinn Drake | 19.258 Zeichen
      zeitliche Einordnung {Ende Oktober 2020}
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  • Album:
    Paddock Trails Hengste
    Hochgeladen von:
    Wolfszeit
    Datum:
    28 Jan. 2020
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  • Abe's Aelfric
    Elfenherrscher

    Rufname: Rici
    geboren 11. Juni 2014

    Aktueller Standort: Whitehorse Creek Stud, Cadomin [CAN]
    Unterbringung: Offenstall [9h], Weide [15h]


    __________ p e d i g r e e

    Aus: Valentine's Jeanie [Mix]
    MMM: Lara _____ MM: Julchen _____ MMV: Justus
    MVM: Löckchens Haarpracht _____ MV: Look at my Hair _____ MVV: Traquit


    Von: Abraham van Helsing [Mix]
    VMM: Unbekannt _____ VM: Unbekannt _____ VMV: Unbekannt
    VVM: Unbekannt _____ VV: Totentanz _____ VVV: Unbekannt


    __________ i n f o r m a t i o n

    Rasse: Ponymix [MIX]
    HAF [25%], SP [25%], HP [25%], AT [25%]

    Geschlecht: Hengst
    Stockmaß: 131 cm
    Farbe: Silver Bay
    [Ee Aa nZ]

    Charakter
    Einzelgänger, misstrauisch, clever, wissbegierig

    Was sein Potenzial angeht, hat Aelfric viel von seiner Mutter gelernt. Er hat schöne, schwungvolle Gangarten, ist aber vor allem ausdauernd, weshalb er sich später mit Sicherheit für Distanzritte eignen wird. Charakterlich hat er leider gar nichts von seiner Mutter und sehr viel von seinem Vater. Aelfric steht auf der Koppel oft allein, als wäre er ein totaler Einzelgänger. Er ist neuen Dingen gegenüber oft misstrauisch. Clever ist der kleine Hengst auf jeden Fall, er zeigt dies jedoch ziemlich selten, da er kaum preisgibt, wie schlau er ist. Hat man jedoch sein Vertrauen gefasst, ist er sehr wissbegierig und möchte stets neue Dinge lernen.


    __________ p e r f o r m a n c e

    [​IMG]

    Dressur E [A] – Springen E [L] – Militay E [M] – Fahren E [L]

    Niveau: International

    Monat 20xx
    x. Platz, Veranstaltung


    __________ b r e e d i n g

    [​IMG]
    Stand: 01.01.2023


    xXx wurde im Monat 20xx durch HK XXX zur Zucht zugelassen.

    Zugelassen für: a. A.
    Bedingungen: Keine Inzucht
    Decktaxe: x Joellen, [Verleih auf Anfrage]

    Fohlenschau: -
    Materialprüfung: -

    Exterieurnote: -
    Gesamtnote: -

    __________ o f f s p r i n g

    xXx hat 0 Nachkommen.

    NAME a.d. STUTE [HANN] *20xx


    __________ h e a l t h

    Gesamteindruck: Gesund; gut in Training
    Krankheiten: -
    Beschlag: Barhuf


    __________ a d d i t i o n a l

    Pfleger: -
    Reiter: Hazel
    Eigentümer: Whitehorse Creek Stud [100%]
    Züchter: k. A.
    Ersteller, VKR: Canyon [Verfallen]

    X steht aktuell nicht zu Verkauf.
    Wert: 0 Joellen

    Punkte: 10

    Abstammung [5] – Trainingsberichte [3] – Schleifen [0] – RS-Schleifen [0] – TA [0] – HS [0] – Zubehör [2]
    _____

    Spind – Exterieur – PNG
    In meinem Besitz seit dem 28. Januar 2020