1. Diese Seite verwendet Cookies. Wenn du dich weiterhin auf dieser Seite aufhältst, akzeptierst du unseren Einsatz von Cookies. Weitere Informationen
Canyon

○ Zonta

Mustang ○ Bay ○ Stute ○ 7 Jahre ○ 145cm ○ 0/20

○ Zonta
Canyon, 28 März 2018
    • Canyon

      Triple R Ranch

      Ein Brief an Dich
      Charly | Liebste Mio
      Da du mittlerweile weder per Telefon, noch per Skype oder gar per E-Mail erreichbar bist, muss es nun also über den langen Weg gehen, nämlich per Post. Die Vorstellung ist witzig, dass dieser Brief einen weiteren Weg zurücklegen wird, als ich es je getan habe und das für wenige Euro.
      Seit mittlerweile mehreren Monaten herrscht Funkstille. Was ist nur passiert? Was ist mit der alten Zeit geschehen? All die Jahre, in denen du mir nie von der Seite gewichen bist, verweht vom Winde. Ich konnte dich gut verstehen, aber mittlerweile ist eine lange Zeit seit dem vergangen. Ich will meine beste Freundin nicht verlieren!
      Allerdings will ich dir nicht schreiben, um dich mit Vorwürfen zu bewerfen. Ich brauche dich, dich meine Freundin und ich hoffe, dass du mir die Ehre erweist und diesen Brief nicht ignorierst. Es ist mein letzter Versuch, das Alte zu erhalten und trotzdem neu zu beginnen.
      Bei uns auf der Tyrifjord Ranch hat sich in den letzten Monaten so einiges getan. Wir sind gewachsen und gewachsen, haben unsere Können bewiesen und erste Fohlen gezogen. Die Ranch würde dir gefallen, glaube mir. Ich weiß, dass du in Nevada glücklich bist, aber auch Norwegen ist etwas ganz besonderes.
      Bart kann mittlerweile von einer Box zu nächsten laufen und vor allem die Katzen haben es ihm angetan. Endlich kann er zu ihnen ins Heu krabbeln und sich auf die Kleinen stürzen. Capucine hat sich mittlerweile damit abgefunden, dass auch Asuka einen Platz im Schlafzimmer hat, auch wenn alles auf dem Bett ihr gehört und sie dieses Gebiet agribisch verteidigt.
      Seit Weihnachten habe ich endlich einen Ersatz für meine geliebte Anaba gefunden. Es war ein Geschenk des ganzen Hofes und ich kann mich an kein Weihnachten erinnern, welches so überraschend für mich war. Striga ist noch jung und ziemlich unerfahren, jedoch habe ich endlich wieder ein Pferd gefunden, welches es mit meiner heiß geliebten Anaba aufnehmen kann.
      Auch Nico hat endlich etwas gefunden, was ihn antreibt. Mittlerweile beherbergen wir auf unseren Hof sechs Warmblüter für den Vielseitigkeitssport. Nicos Auswahl: Nur Pferd mit Macke ist Pferd. Vielleicht kennst du Bijou noch. Kurz vor Weihnachten zog seine Freundin Shari ein und kurz darauf auch schon Colour Splash. Beide Stuten sind nicht nur hübsch, sondern auch ziemlich zickig, zeigten jedoch von Anfang an Talent. Die Krönung wollen wir auch nicht mehr lange hinauszögern, nur fehlte uns bis jetzt die Zeit für die Reise. Shari ist mittlerweile trächtig und du glaubst es nicht, aber Nico sprüht nur so vor Vorfreude!
      Seit einigen Tagen kamen dann auch die letzten drei Sportpferde hinzu. Unsere gemeinsame Freundin Bracelet überließ Nico ihren Hengst Deo Volente und wir nutzten die Chance, sie gleich in Schweden zu besuchen. Nicos größtes Heiligtum: Ghostly Phenomenon. Du weißt gar nicht, wie er aus dem Häuschen war, als das Pferd seiner Träume dann endlich in unserem Stall stand. Meine Freude hielt sich etwas in Grenzen, so hübsch er auch ist, es wird eine Menge Arbeit kosten, ihn auszubilden. Über Sweet Prejudice kann ich dir leider noch nicht so viel erzählen, interessant ist das einzige, was mir zu ihr einfällt.
      Ach Mio, wie sehr vermisse ich deine Stimme und wie sehr hoffe ich, dass es dir gut geht! Irgendwann komme ich dich besuchen meine Kleine, irgendwann. Vielleicht nehme ich Malte mit, auch er wollte schon immer einmal Wildpferde sehen. Ich glaube, mit Malte würdest du dich gut verstehen, er ist ein guter Freund.
      Habe ich dir schon erzählt, dass Bella und ihr, mittlerweile Ex-Freund, Robin nach Norwegen gekommen sind? Es gab einige Komplikationen in Dänemark und ich glaube, mittlerweile ist auch Bella mit ihrer Entscheidung zufrieden. Sie hat ziemlich oft nach dir gefragt, sagen konnte ich ihr leider nicht sehr viel.
      Leider gibt es auch schlechte Neuigkeiten. Grenzfees Hufehe haben sich wieder bemerkbar gemacht, sodass sie nun wieder in der Box leben muss. Ich habe so gehofft, dass sie es für immer überstanden hat... Damit sie nicht alleine ist, steht nun auch Teufelstanz wieder im Stall. Ich hoffe jedoch auch, dass wir diesmal früh genug eingegriffen haben und der Tierarzt bis zum Beginn des Frühlings wieder grünes Licht für die Weide gibt.
      Außerdem ist vor wenigen Tagen Nicos Vater gestorben. Ein Autounfall, ich will nicht tiefer ins Detail gehen, es weckt zu viele Erinnerungen. Unerwartet hat Nico den Großteil des Vermögens geerbt und auch wenn noch nicht genau geklärt ist, wie viel es sein wird, kann dies ein weiterer Schritt für uns sein! Du weißt, von Nicos Vater habe ich nie viel gehalten und auch Nicos Verbindung war nie allzu tief, aber er trauert doch ganz schön. Gestern früh habe ich ihn nach Drammen zum Flughafen gebracht, mittlerweile sollte er gut gelandet sein. Er will sich bis zum Abend bei mir melden.
      Ich weiß nicht, was in Zukunft auf uns zukommen wird, aber ich bin mir sicher, dass es ziemlich spannend wird!
      Es tat gut dir zu schreiben, auch wenn ich nicht weiß, wann und wo er dich erreicht. Vielleicht sinkt das Schiff oder das Flugzeug stürzt ab, ich weiß es nicht. Aber eines weiß ich genau: Ich will dich nicht verlieren.
      Von ganzem Herzen,
      Deine Charly

      Mio | Liebe Charly,
      Ich empfing deinen Brief gestern Abend mit großer Verwunderung. Hast du jemals vorher einen Brief geschrieben?
      Du hattest Glück, dass ich ihn noch erhalten habe, denn mittlerweile sollte ich auf dem Weg nach Utah sein. Sei mir also nicht böse, wenn meine Antwort aus Zeitgründen ziemlich knapp ausfällt.
      Ich freue mich sehr von dir, deiner Familie und den Pferden zu hören und sobald ich die Zeit finde, werde auch ich dir berichten, weshalb ich in den letzten Monaten eine so unzuverlässige Freundin gewesen war. Ich hatte wichtige Gründe und ich bin mir sicher, dass du sie verstehen wirst.
      Fühle dich gedrückt,
      Mio

      Charly | Liebste Mio
      Es erwärmte mir dein Herz, das kleine Stück Papier von dir in den Händen halten zu dürfen. Dir geht es also gut, das ermöglicht mir meine erhoffte Erleichterung. Und ja, vor wenigen Jahren schrieb ich einen Brief an meine Großmutter, obwohl ich leider zugeben muss, dass dieser nie ankam.
      Viel verändert hat sich bei uns noch nichts. Noch nicht. Gestern kam Nico ziemlich erschöpft aus London wieder. Ich merkte jedoch sofort, dass ihn etwas anderes beschäftigte, was nicht mit seinem Vater zu tun hatte. Am Abend unterbreitete er mir dann seine Idee: Ein neues Gestüt. Diese Vorstellung passte gerade so überhaupt nicht in mein Leben. Ich bin hier doch glücklich? Unsere kleine verträumte Ranch mitten am See. Aber Nico schwärmte so sehr von einem internationalen Sportgestüt, einer kleinen Zucht und einer eigenen Reitschule, dass ich ihm nicht lange widersprechen konnte. Er meinte, dass wir jetzt das Geld und die Kraft hätten, dies zu tun und wer weiß, wann dies nochmal der Fall sein sollte.
      Ach Mio, so viel Veränderung, schon wieder! Bereits heute morgen ist er in seinen Wagen gestiegen und gen Norden gefahren. Zurückgekommen ist er noch nicht. Ich spüre die Entdeckungslust und die Vorfreude in mir. Es wäre wieder ein Umzug für die Pferde, aber diesmal ein endgültiger, das steht für mich fest!
      Aber was rede ich da. Erst einmal muss ein Ort gefunden werden und das Gestüt muss gebaut werden. Das wird dauern, ziemlich lange dauern.
      Ansonsten hat sich nicht viel geändert. Malte hat sich in den letzten Tagen intensiv mit Prejudice beschäftigt und versucht, die eigenwillige Stute besser kennenzulernen. Ein bisschen mag ich sie mittlerweile ja auch, sie hat etwas besonnenes an sich, vor allem dann, wenn sie auf der Weide ist. Sie scheint das Leben abseits des Stalls zu lieben und plötzlich eine ganz andere zu sein.
      Rubina steht kurz vor der Geburt des Fohlens. Nico leidet darunter, dass er sie und seinen Marid in den nächsten Tagen unbedingt trennen muss, er hat es schon viel zu lang hinausgezögert.
      Weißt du, ich glaube Excelsior und Jeanie vermissen dich immer noch. Ich habe eine gute Reitbeteiligung für beide gefunden und Vuyo tut sein bestes, die beiden zu beschäftigen. Er gibt jetzt hin und wieder Reitunterricht und scheint voll in seinem Element gelandet zu sein. Den Pferden scheint es zu gefallen und auch von den Schülern bekommen wir nur positive Rückmeldungen. In der Hinsicht wäre es gar nicht so schlecht, auch die Reitschule zu erweitern. Allerdings bräuchten wir dazu noch einige weitere Pferde. Nur Abs, Milosch, Jeanie und Exel sind einfach zu wenig. Zum Glück haben wir die Befugnis, auch noch Elliot ab und zu einzusetzen und der junge Braum macht immer größere Schritte in Richtung Schulpferd. Trotz seines unerfahrenen Alters fliegen dem Süßen die Mädchenherzen nur so zu! Er suhlt sich richtig in der Aufmerksamkeit. Aber ich muss wirklich zugeben, dass er ein hübscher Kerl geworden ist.
      Du glaubst es nicht, aber letztens hat Nico tatsächlich nach dem Verkauf eines Pferdes geweint. Das Pferd hieß Eik und auch ich habe den großen Kerl geliebt. Allerdings mussten wir einsehen, dass wir uns etwas überschätzt hatten, was ihn betraf. Er war echt ein guter Kerl, jedoch brauchte viel Aufmerksamkeit und die konnten wir ihm leider nicht geben. Immerhin haben wir mit Worgait, Marid und Co bereits so einige Pferde, welche es nicht scheuen, ihre Meinung offen kundzutun. Aber natürlich gibt es auch andere Kunden. Unsere drei Vollbluthengste Golden Ebano, Valentines Alysheba und Osgiliath haben sich gesucht und gefunden. Die drei bleiben mittlerweile auch über Nacht, wenn die Temperaturen nicht in den Minusbereich sinken, auf der Weide und verstehen sich trotz ihrer Hengstmanieren prächtig. Ach Mio, wie sehr wünschte ich dich zu mir. Bei einem Glas Wein auf der Veranda könnten wir uns unsere Geschichten austauschen, lachen und das Leben genießen. Es fällt mir schwer, ohne eine Freundin wie dich, das Leben vollkommen zu lieben. Klar, mit Tuva verstehe ich mich sehr gut und es hat nicht lang gedauert, bis wir bemerkten, dass wir den selben Alkoholgeschmack teilen, aber sie ist nur eine Freundin.
      Ich will deine Zeit nicht allzu sehr verbrauchen, aber es freut mich, dass wir nun einen Weg gefunden haben, unsere Freundschaft aufrechtzuerhalten.
      Die wärmsten Grüße,
      Deine Charly

      Mio | Liebe Charly,
      Wieder habe ich dich warten lassen. Allerdings sind wir erst vor wenigen Tagen aus Utah zurückgekehrt und wie du dir vorstellen kannst, ist der Weg nach Vegas zum nächsten Briefkasten nicht der kürzeste. Da ich heute morgen jedoch für uns einkaufen war, habe ich gleich die Chance genutzt und den Brief auf die Reise geschickt.
      Irgendwo in deinen Worten versteckt sehe ich noch die alte Ranch, welche wir beide zusammen entstehen lassen. Saint Gorge, wenige Boxen, nur ein alter Reitplatz, dafür das Meer gleich vor den Füßen. Warum ist es euch beiden so wichtig geworden, alles immer größer werden zu lassen? Gibt es nicht bessere Möglichkeiten so viel Geld einzusetzen?
      Es freut mich allerdings zu hören, dass auch meine liebste Bella den Weg zu euch gefunden hat. Richte ihr die liebsten Grüße aus! Vielleicht werde ich mich in den nächsten Tagen mal bei ihr melden. Hast du auch etwas von Linn gehört? Wie geht es ihr auf Island?
      Addison versucht mich ständig dazu zu überreden, dass wir euch mal besuchen kommen. Er möchte dich und natürlich auch die Pferde selbst einmal kennenlernen. Ich bin noch nicht soweit Charly, noch nicht. Lass mir die Zeit, lass mich abschalten, lass mich wer anders sein. Nevada und die Mustangs geben mir all das, was ich so lange gesucht habe. So lang. Ich will es noch nicht hergeben oder teilen, erst wenn ich all das schöne hier in mir aufgesogen habe. Verstehe mich bitte.
      Der kleine Kuckunniwi entwickelt sich prächtig. Endlich hat Anaba ihn freigegeben. Ich merke die Veränderung die er gerade durchlebt, merke, wie er sich und seine Freiheit findet und wie sehr Anaba ihn liebt. Fast schmerzt es mich, dass sie mich nicht an ihn heranlässt, aber wir wollten es ja so. Er sollte so aufwachsen, wie es die Pferde auf den weiten Weiden Amerikas tun sollten.
      Für Hidalgo, Morrigans Hidalgo, und Chosposi tut es mir Leid, dass sie aufgrund ihres Hengststatus nicht mit zu den anderen Pferden dürfen. Dafür haben sie sich beide und die Verbindung zu ihnen hat sich in letzter Zeit um einiges verstärkt.
      Du glaubst es nicht, aber Varys und Imagine There's No Heaven sind mittlerweile, du wirst es nicht glauben, ausgewachsen. Zusammen mit Triumph genießen sie die Jugend, auch wenn Addi vor hat, im Sommer anzufangen sie jedenfalls etwas auszubilden.
      Ach ja, Addi, er ist ein guter Freund für mich geworden. Wir sind uns näher, als ich mich jemals bei einem Menschen gefühlt habe, näher als Shadow mir je gewesen war und doch sind wir kein Paar. Wir sind Gefährten, welche zusammen das tun, was sie für richtig erhalten. Wir wollen die Wildpferde erhalten und die Menschheit davon abhalten, diese wunderbaren Tiere wie Müll zusammenzutreiben, wieder auseinanderzureisen und dann auf dem ganzen Erdball zu verteilen.
      Wenn wir einmal bei diesem Thema sind, so werde ich dir gleich erzählen, was ich in Utah zu suchen hatte. Eine Freundin von Addi rief an. Sie meinte, dass sie ein komisches Paar entdeckt hatte. Ein weißer Hengst und eine junge braune Stute, verletzt. Amy, seine Freundin, erzählte, dass die beiden neu in der Gegend sind und es so schien, als wären sie extra so nah an die Auffangstation gekommen, um Hilfe zu suchen. Anfänglich wusste ich nicht, was Addi so in Aufregung versetzte. Ich sollte ihm vertrauen und da ich das sowieso tat, vertraute ich ihm. Erst im Nachhinein, nachdem Hengst und Stute mithilfe von Addi eingefangen wurden, erzählte er mir die ganze Geschichte. Vielleicht werde ich dir die Geschichte auch irgendwann erzählen können, heute würde der Brief jedoch zu lang werden. Es war ein Abenteuer pur und auch jetzt, nachdem beide Pferde wohlbehalten auf einer Weide bei uns stehen, fühle ich immer noch das Adrenalin der Freiheit in meinen Adern pochen. Für dich wird es unverständlich sein, für mich war es das Beste, was mir je passiert ist. Der Hengst heißt Cloud, während seine hübsche Freundin den Namen Zonta trägt. Ihre Beine schienen von einem Zaun verletzt wurden zu sein, in welchem sie sich verfangen hatte. Obwohl sie viel Blut verloren haben muss, steht sie immer noch sicher auf allen Vieren und lässt sich nichts anmerken. Anbei schicke ich dir ein Bild von den Beiden, damit du die Schönheit verstehen kannst, welche sie ausstrahlen.
      Ich habe dir auch noch nicht erzählt, dass seit einiger Zeit ein Paint Horse bei uns wohnt. Vielleicht hast du schonmal von ihr gehört. Sie stand lange bei Rachel und später bei Verena, welche ja auch... du weißt es ja, ich muss es nicht erwähnen. Raised from Hell steht deswegen zusammen mit Addis My Canyon und Battle Cry auf einer Weide und auch wenn Canyon oft genervt von Raised ist, hat sie sich hier doch ganz gut eingelebt. Ich bin gespannt, wie sie allerdings im Sommer mit den Temperaturen zurecht kommen wird.
      Ansonsten gibt es auch hier nicht allzu viel neues. Chill und Buck sind von der Schule genervt und Heather ist immer noch eine bemerkenswerte Frau. Sie hat es uns ermöglicht nach Utah fahren zu können und hat Tag für Tag alleine die Pferde versorgt. Zum Glück sind unsere drei Jüngsten, Dawn, Time In A Bottle und Kwatoko, mittlerweile soweit, auch einige Tage alleine überleben zu können. Das hätte ich mir nie erträumt. Sie waren unsere Sorgenkinder und mittlerweile benehmen sie sich genauso wie Kuckunniwi.
      Nun bist auch du auf dem neuesten Stand, was die Triple R Ranch angeht. Ich erwarte bereits jetzt deinen nächsten Brief und auch wenn ich es nur ungern zugebe, so hat es doch seinen Reiz, per Brief eine Konversation zu führen.
      Mit aller Liebe,
      Mio

      Charly | Liebste Mio
      Was für eine Geschichte und vielleicht ist es dir ja schon bald möglich, mir die Vollversion davon anzuhören! Clouds und Zontas Bild hat mich tief berührt. Diese Anmut und Wildheit, sie steckt den beiden in allem Knochen. Aber was habt ihr nun mit ihnen vor? Cloud ist ein Wildpferd, Zonta ebenso. Wollt ihr gegen euer Ziel arbeiten und die beiden eingesperrt lassen?
      Da du mir Bilder geschickt hast, muss auch ich dich mit welchen von unseren Pferden erfreuen. Rubina hat vor zwei Tagen erfolgreich ihren zweiten Sohn zur Welt gebracht. Ich hätte Nico filmen müssen, als er ihn das erste Mal gesehen hat! Er war begeistert und begeistert, aber das war ich auch, denn der kleine ähnelt nicht nur stark seiner hübschen Mutter, sondern hat auch interessante Markierungen an Kopf und Flanke, welche auch Marid im Gesicht trägt. Der kleine Mytos ist ein wahrer Prachtkerl geworden und ein guter Start in die Fohlensaison dieses Jahr!
      Auch hat sich wegen des neuen Gestüts einiges ergeben. Sicher war, dass wir am Tyrifjord bleiben wollen. Wir lieben ihn und es wäre sinnlos, diese Heimat bereits aufzugeben. Drei Tage dauerte es nur, bis Nico mit einer faszinierenden Idee zurück kam. Im nördlichen Teil vom Tyrifjord liegt eine recht große Insel namens Sorøya. 1.7qkm groß und nahezu unbewohnt. Nur ein paar wenige Bauernhäuser stehen dort, der Rest ist Wald, Wiese und Feld. Nico schaffte es, genau diese Insel für uns zu gewinnen! Es tut mir fast Leid um dieses Paradies, aber noch mehr freue ich mich darauf, eine eigene kleine Welt nur für uns und unsere Pferde.
      Die Verhandlungsgespräche laufen bereits und ich bin, wie du dir sicherlich vorstellen kannst, ziemlich gespannt, was das betrifft.
      Das Training mit den Pferden läuft nun langsam wieder an. Einen Großteil übernimmt natürlich Malte, da Petyr nun öfter wieder in der Welt unterwegs ist. Ihn zieht es hinaus, während Malte das ruhige und stetige Leben auf dem Gestüt genießt. Ich bin ganz erstaunt, dass Nico mittlerweile ordentlich zupackt und auch wenn sein Fokus nur auf seinen eigenen Pferden liegt, so ist seine Aufenthaltszeit im Stall in den letzten Wochen um einiges gestiegen.
      Am Wochenende war uns meine Schwester besuchen. Sie wohnt, wie du ja weißt, in Oslo und hat leider mit Pferden nichts am Hut. Dafür konnte ich ihren neuen Freund, sowie ihren Adoptivsohn endlich kennenlernen. Etwas enttäuscht bin ich schon, dass Alexandra so lange gebraucht hat, mich hier zu besuchen, der Weg ist ja nicht unendlich weit! Trotzdem ist sie meine Schwester und man liebt seine Schwester. Dimitri schien ganz fasziniert von dem Gestüt, während Alex natürlich nicht begeistert war. Ich kann das gar nicht verstehen, dass es Menschen geben kann, die diese fantastischen Geschöpfe nicht mögen. Wie kann man in einem Pferd nichts weiter sehen als ein Pferd?
      Ansonsten nimmt hier alles seinen gewohnten Lauf. Die Sonne geht auf, und sie geht wieder unter. Genauso wie es immer war.
      Ich vermisse dich!
      Deine Charly

      Mio | Liebe Charly
      Der kleine Mytos berührt mir mein Herz, denn in ihm sehe ich seinen Vater. Auch wenn ich mich nie mit Marid verstanden habe, so ist es doch ein Stück Erinnerung und ein Teil meiner Vergangenheit.
      Wieder habe ich länger gebraucht, um dir zu antworten. Aber bei uns wird die Arbeit wieder mehr, denn die Winterpause ist vorbei und schon bald beginnt wieder die Zeit des Einfangens und da müssen wir bereit sein.
      Cloud und Zonta werden so lange bei uns bleiben, bis Zontas Wunden verheilt sind. Addi hat sich die größte Mühe gegeben und auch wenn es nicht immer einfach war ein Wildpferd zu versorgen, schien auch Zonta mit der Zeit zu bemerken, dass wir nur helfen wollen.
      Addi ist seit Clouds Ankunft anders. Oft liegt er draußen auf der Weide und beobachtet den Hengst. Er scheint tief in Gedanken versunken zu sein und in Erinnerungen zu schwelgen. Er erzählte mir, dass er Cloud bereits kannte. Es verwunderte ihn, wie der Hengst nach Utah kam, da er Cloud hier in Nevada kennengelernt hatte. Er meinte, dass Cloud es gewesen war, welcher ihm nach dem Tod seiner Frau wieder Kraft gegeben hatte. Er selbst konnte es nicht erklären, aber er erzählte mir von dem Bild eines leuchtenden weißen Pferdes, so anmutig und edel, so ehrlich und voller Hoffnung, dass ich nicht daran zweifelte, dass es so gewesen war. Cloud bedeutet für Addi alles und vielleicht ist es ein Zeichen, dass genau dieser Hengst jetzt wieder aufgetaucht ist.
      Natürlich forschten wir weiter, denn Addi hatte Fragen. Wie kam Cloud nach Utah? Wo war seine Herde? Es dauerte nicht lange und wir fanden beim BLM unsere Antwort. Mittlerweile haben wir dort einige Kontakte, mit welchen wir wegen der Mustangs in Verbindung stehen und mit der Hilfe einer Freundin, fanden wir heraus, dass Cloud und eine braune Stute, vermutlich Zonta, die Flucht geschafft hatten, kurz nachdem sie transportiert worden waren.
      Vielleicht hat Addi gar nicht so unrecht. Vielleicht ist dieser Hengst wirklich ein Zeichen der Hoffnung und wahrscheinlich ist es Absicht, dass er bei uns gelandet ist. Cloud scheint sich nicht unwohl zu fühlen, obwohl er von den Zäunen umgeben ist. Trotzdem ist er noch ein freies Pferd und sobald der Zeitpunkt gekommen ist, werden wir uns von ihm verabschieden müssen.
      Allerdings muss ich dir dringend noch etwas erzählen! Heather hat, du glaubst es kaum, ihren Neffen aufgenommen. Das ist nicht irgendein Neffe, nein, dass ist ein entlassener Häftling mit einigen Vorstrafen und hinzu kommt, dass er genauso alt ist wie ich. Problem des Ganzen: Er sieht ziemlich gut aus und ist natürlich ein riesiges Arsch. Heather meint, dass die Ranch die beste Möglichkeit sei, Jacob wieder auf die Bahn zu bringen, auch wenn ich mich frage, ob das bei ihm überhaupt noch möglich ist. Er ist ein Angeber und ein ziemlich fauler Idiot. Chill und Buck freuten sich natürlich über „ihren großen Bruder“ und dank Jacob ist die Aufmüpfigkeit der beiden nochmals gestiegen.
      Addi freute sich gar nicht über den plötzlichen Einzug. Verständlich. Er kennt Jac nicht und hat Angst um seine Pferde. Jedoch konnte er Heather den Gefallen nicht abschlagen, immerhin ist auch Jac sein Neffe und auch wenn Addi lange keinen Kontakt mehr zu seiner zweiten Schwester hatte, sind sie trotzdem miteinander verwandt.
      Ich selbst weiß noch nicht genau, wie ich zu Jac stehe. Bis jetzt hat er mich meist ignoriert und etwas enttäuscht bin ich schon, dass solch nette Menschen wie Addi und Heather solche unhöflichen Verwandte haben.
      Jedenfalls versucht Addi nun, Jac mit in die tägliche Arbeit einzugliedern. Etwas Erfahrung mit Pferden hat er bereits, da auch seine Mutter Pferdebesitzerin gewesen ist. Anscheinend liegt das in der Familie. Bis jetzt hat er sich nur meistens um die Arbeit gedrückt, ob er selbst auch Pferde mag, weiß ich also noch nicht so genau.
      Ich bin gespannt, wie sich das Ganze entwickelt. Immerhin ist Jac der erste Fremde seit meiner Ankunft auf der Ranch und das birgt für uns alle ein Gefahrenrisiko. Jacob Moore, ich bin ziemlich gespannt, ob das gut ausgehen wird.
      Mit den besten Grüßen,
      Mio

      Charly | Liebste Mio!
      Oho! Ein junger, gut aussehender Mann, welcher total unhöflich ist? Na wenn das kein Anfang einer Liebesgeschichte sein kann! Auch ich habe daran nie geglaubt, bis es mir selbst widerfahren ist. Und schau, wo ich jetzt gelandet bin. An meiner Seite ein Mann, der genauso ein Idiot ist wie die Jungs, die mich früher in der Schule immer bloßgestellt haben und mit so einem habe ich auch noch ein Kind. Pass‘ also ja auf dich auf! Aber ich meine das wirklich ernst. Solche Männer sind meist so von sich überzeugt, dass sie nicht auf eventuelle Opfer achten. Die Geschichte mit Cloud, puh, da musste ich mir die Tränen von der Wange wischen. Das Ganze hat sich fast wie ein Film vor meinen Augen abgespielt. Ich stelle mir das wahrhaftig vor, wie ein weißer und reiner Hengst, einem zerstörten jungen Mann wieder ein Ziel zum Leben gibt. Fast könnte ich darüber ein Buch schreiben, oder, warum schreibst du kein Buch darüber? Grüße Addi von mir, ich mag ihn, er scheint ein anständiger Kerl zu sein und er scheint dafür verantwortlich, dass du wieder so lächeln und nach vorne schauen kannst!
      Vuyo hat sich nun auch endlich wieder ein Pferd gekauft und erstaunter hätte ich nicht sein können, als er da mit einer zierlichen Edelhaffi Stute stand, welche auch noch den Namen Curly Lure trägt und als ob das noch nicht genug wäre, ist sie auch noch ziemlich eigensinnig und zickig. Aber er hat vor, sie mit in die Reitschule zu nehmen und sie dort vielleicht zu einem anständigen Reitpferd ausbilden.
      Mittlerweile haben auch die Planungen für das neue Gestüt begonnen. Die Insel ist bereits vermessen und wir machen uns zur Zeit auf die Suche nach Pferdebesitzern, welche mit auf die Insel ziehen wollen und uns so unterstützen. Nico hat einen Freund in der Türkei, welcher mit einer Freundin zusammen ein kleines Arabergestüt leitet. Sie scheint ziemlich still und einzelgängerisch zu sein, jedoch will sie wegen der Unruhen in ein sicheres Land und wird wahrscheinlich zu uns nach Norwegen ziehen. Ihre Forderungen waren jedoch, dass sie ein eigenes und beheiztes Stallgebäude für ihre Araber bekommt, in welchem sie auch wohnen kann. Das wird sie jetzt wohl auch bekommen. Nico meint, dass sie dem Gestüt gut tun wird und ich bin gespannt, wie er das meint.
      Auch kommt Fiona mit ihren Pferden aus den USA zurück zu uns. Petyr freut sich natürlich höllisch auf sie und auch ich bin froh, wieder ein bekanntes Gesicht zu sehen. Wir werden so viel Hilfe wie möglich gebrauchen, wenn es soweit ist.
      Nicos angehende Zucht nimmt zur Zeit krasse Ausmaße an. Anstatt es bei ein paar wenigen Pferden zu belassen, ist die Anzahl seiner Stuten mittlerweile auf sechs gewachsen, wobei jedoch eine weitere bereits gekauft ist. Zum Glück sind es bis jetzt nur drei Hengste und ein Jungpferd, welche tatsächlich auch alle mal recht anständig sind.
      Ich freue mich auf deinen nächsten Brief!
      Deine Charly

      Mio | Liebe Charly,
      Bei uns wird es wieder wärmer und im Sonnenuntergang kann man wunderbare Bilder der Pferde schießen. Ich habe leider nicht viel Zeit, deswegen wird dies ein sehr kurzer Brief. Ich hoffe trotzdem, dass du dich über die Bilder freust!
      Anbei natürlich noch kleine Erklärungen zu den hübschen Pferden, welche du siehst.
      » Varys und Imagine There‘s No Heaven kennst du natürlich noch. Hier endlich mal ein aktuelles Bild von ihnen. Der gefleckte Popo gehört natürlich zu Triumph.
      » Unsere Jüngsten: Time In A Bottle, Dawn und Kwatoko. Seit einigen Tagen dürfen sie mit auf die große Weide, es ist erstaunlich, wie schnell sie sich an ihre Herde gewöhnt haben.
      » Es ist das erste Bild von Anaba und Kuckunniwi, dass ich dieses Jahr schießen konnte. Immer noch hält Anaba Abstand zur Herde und selbst Addi ist so langsam verwundert. Dafür geht es dem kleinen Kucku blendend und so langsam sieht man auch den Vater in ihm.
      » Raised from hell zusammen mit Aquena. Na? Kennst du Raised noch? Sie ist ein tolles Pferd und selbst ich sehe kaum, dass sie eigentlich kein Wildpferd ist. Zusammen mit Flotten von Mutanten erobert sie die Wildnis, wie ich es anfangs nicht für möglich gehalten hatte.
      » Hier eine kleine Hengstherde im Sonnenuntergang. Silent Bay sieht man nur sehr schlecht hinter dem Strauch, dafür steht Imoad, oder eigentlich In the Middle of a Dream gut sichtbar im Vordergrund, wie immer. Daneben siehst du Frekur und etwas weiterhinten Quisquilloso, obwohl du den wahrscheinlich schon von meinen letzten Bildern kennst, er ist ziemlich fotogen.
      » Auf dem letzten Bild sind, von links nach rechts, die drei restlichen Stuten zu sehen. Valhalla, Quicksilver und Atius Tirawa.
      Ich hoffe, du freust dich über die Bilder!
      Mio

      Charly | Liebste aller Mios!
      Die Bilder sind der Hammer! Ich vermisse deine fotografischen Künste auf unserer Ranch, auch wenn Tjarda auch ziemlich gute Bilder schießt, malt sie trotzdem besser.
      Da auch meine Zeit wegen Umzug ziemlich knapp ist, habe ich es dir gleichgetan und in den Umschlag einfach einige Bilder gesteckt, in der Hoffnung, dass sie dir gefallen.
      » Na, erkennst du, wer hier auf der Weide abgebildet ist? Charelle und April Rain müsstest du erkennen, bei den anderen habe ich Nachsehen mit dir. Die Namen sind auch nicht leicht zu merken. Himmawallajugaga, Devrienterreuth, Sysahlreuth, Zuckerschock und Raja, sie bilden unsere Vollblutherde und zeigen auch mit aller Macht, wie viel Energie sie besitzen.
      » Malte. Anfangs wehrte er sich gegen ein Foto, aber als er hörte, dass es für dich ist, konnte ich ihn endlich umstimmen. Das wunderhübsche Tier auf dem er sitzt heißt Angus, ein Suffolk Punch und der neue Liebling aller. Am Strick sind natürlich seine Schätze Félagi und Óslogi. Jeden Sonntag macht er einen Ausritt mit ihnen. Du würdest ihn wirklich mögen.
      » Und schon wieder Malte. Diesmal jedoch heimlich geschossen, wie man an der schlechten Qualität unschwer erkennen kann. Zu seiner rechten siehst du Black Lemontree, während das junge Mädchen, eine Reitschülerin, seinen Junghengst Dynur hält.
      » Hier nochmal unsere Jungpferde Aspantau, Abe‘s Aelfric und Mios Jelda, sowie ein hübsches Portrait von I‘ve got a blue soul.
      » Und zum Schluss nochmal ein unbekanntes und ein bekanntes Gesicht für dich. Einmal Abraham van Helsing, sowie natürlich deine Ocarina of Time, welche bei den Bildern nicht fehlen durfte. Auch sie entwickelt sich so langsam prächtig!
      Ich hoffe, dass wir beide endlich mal wieder mehr Zeit für einander finden!
      Deine Charly!

      Mio | Charly, ich komme! Ich komme zu dir! Ich habe es getan, ein Flugticket ist gekauft, erwarte mich...

      1. Mai 2017 | 29.147 Zeichen | Canyon
    • Canyon

      Tyrifjord Ranch

      Rakkaus Ja Epätoivo
      Mio | Zwei Jahre später stand ich an einem Punkt in meinem Leben, wo ich mir nie hätte denken können zu stehen. Die Zweifel plagten mich, Nächte lag ich wach und blickte in das stets friedlich ruhende Gesicht von Jacob. Die Mondstrahlen spiegelten sich auf seiner Haut wider und brachten seine dunklen Locken zum teuflischen Glänzen. Ich lag im tiefen Schatten.
      Als die ersten Sonnenstrahlen einige unruhige Stunden später den Weg durch die Vorhänge suchten, war ich längst munter. Ich stand im T-Shirt in der Küche und rührte in einem Topf umher, welcher eigentlich so etwas wie Schokopudding enthalten sollte. Es sah jedoch eher nach aufgeweichten Pferdeäpfeln aus. Der Schneebesen in meiner Hand wollte einfach nicht verstehen, dass ich keine Klumpen in meinem Essen haben wollte. Ich biss die Zähne zusammen, um für Jacob jedenfalls so etwas ähnliches wie ein Frühstück auf die Beine zu stellen. Mein Blick fiel auf den Garten hinter dem Fenster. Jacob hatte sich wunderbar darum gekümmert und fast konnte ich mit Stolz sagen, dass unsere blühenden Blumen die prächtigsten waren. Hinter dem Garten erstreckte sich die trübe See. Dunkles Wasser schwappte immer wieder gegen die Brandung und hielt das Geschehen in Bewegung. Es war so anders, so vollkommen anders und doch fühlte ich mich wohl.
      Mein Gedanke fiel auf Addi. Er war nicht glücklich gewesen, aber er hatte es getan. Er hatte es für mich getan. Aber sein Leben war nun gezielter geworden. Er lebte nicht nur noch von Spenden, sondern verdiente sich mit seiner Arbeit viel Geld. Er hatte seine Prinzipien geändert, hatte sie den meinen angepasst und da waren wir nun. Familie Moore und Mio mitten auf einer Insel im norwegischen Fjord.
      Ich hatte gerade die Schokoklumpensoße in eine Schüssel gefüllt und auf den Tisch gestellt, als Jacob unsere Küche betrat. Er gähnte ausgiebig und schlurfte dann zu seinem Stuhl, wo er sich erschöpft niedersinken ließ.
      "Guten Morgen, Jac." Meinte ich liebevoll und drückte ihm einen Kuss auf die Stirn. Dieser brummte nur zustimmend, schnappte sich seinen Löffel und begann wild zu essen. Nach den ersten Bissen hielt er jedoch inne und blickte zu mir hoch, denn ich stand immer noch neben ihm.
      "Willst du denn nichts essen?"
      Ich schüttelte den Kopf. "Mag keinen Schokopudding."
      "Mio", meinte er warnend, "du isst zu wenig."
      "Tue ich nicht!" Wehrte ich mich. "Und außerdem mag ich wirklich keinen Schokopudding." Ich setzte mich gegenüber von ihm nieder. Jac zuckte nur kurz mit den Schultern und begann dann weiterzuessen.

      Addison | "He Chill! Das ist mein T-Shirt!" Erfolglos versuchte Buck seinem Bruder das Badmanshirt aus den Händen zu reisen.
      "Das stimmt nicht! Das ist meins!" Chill stemmte beide Füße in den Boden, um seinem Bruder standzuhalten.
      "Daaad! Chill will mir nicht mein T-Shirt wiedergeben!" Rief Buck laut.
      Addison steckte den Kopf durch die Tür. Er war in den letzten Monaten stark gealtert. Seine Augen lagen tief in ihren Höhlen und die Haare hatten erste graue Strähnen. Er schien kraftlos, als er beschwichtigend nach dem T-Shirt griff, trotzdem zog er es seinen Kindern ohne Probleme aus den Händen. Er suchte den kleinen Zettel im Nacken heraus, laß den Namen und gab es dann Buck. "Dein Bruder hat Recht, Chill, das T-Shirt gehört Buck. Schaue mal in deinem Schrank, wo sich deins versteckt haben könnte." Meinte er liebevoll und klopfte Chill aufmunternd auf die Schulter. "Beeilt ihr euch bitte? Ich will nicht, dass ihr den Bus verpasst."

      Charly | "Warum schreit Bart denn schon wieder?" Mit grimmigen Gesicht steckte Nico seinen Kopf durch die Küchentür und versuchte verschlafen etwas zu erkennen.
      "Guten Morgen, Nico. Gut, dass du dich auch endlich dazu bereit erklärt hast, aufzustehen." Gestresst blickte Charly über die Schulter zu ihm hin.
      "Was ist denn jetzt schon wieder los?" Meinte dieser genervt und betrat den Raum.
      "Ach nichts!" Lachte Charly hölzern und warf sich dann ihr wildes Haar über die Schulter. "Es ist ja nur Montagmorgen, die Arbeit wartet und dein Sohn wehrt sich krampfhaft gegen alles, was ich ihm aufs Brot schmiere und was kein Lolligeschmack hat, also gegen alles!" Wütend ließ sie das Messer fallen, drehte Barts Stuhl zu sich herum und hob den immer noch schreienden und nun auch strampelnden Jungen heraus. "Dann geht er heute ohne Frühstück in den Kindergarten!"
      "Charly, hey", Nico war an sie heran getreten und legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter. "Komm', gib ihn mir."
      Grob reichte Charly ihren Sohn an Nico weiter, welcher sich von ihr abwendete und versuchte sein Kind zu beruhigen. Charly ließ sich erschöpft aufs Sofa fallen und verbarg ihr Gesicht hinter ihren Händen.
      Zwei Minuten später hatte Bartholomäus sich beruhigt und Nico setzte sich neben Charly, auf seinem Schoß Bart sitzend. "He Charly," meinte er sanft. "Du bist ganz schön fertig. Ich kümmere mich heute um Bart, mache du mal einen ruhigen, das hast du dir verdient."
      Als Charly nicht antwortete, stand Nico auf und verließ mit Bart den Raum.

      Malte | Mittlerweile hatte ich mich daran gewöhnt, nicht allzu hastig aufstehen zu können. Die Decke meines kleinen Zuhauses war nur wenige Zentimeter über meinem Kopf. Langsam rollte ich mich deswegen aus dem großen Bett und lief leicht gebückt bis zur Holzleiter. Gery nahm es mir übel, dass er alleine unten schlafen musste, dafür hatte er auch in unserem neuen Zuhause seinen geliebten Kamin bekommen. Obwohl dieser nicht brannte, schlief der große Rüde jede Nacht davor, als würde dieser ihm die Wärme geben, die er zu brauchen glaubte. Der schwerhörige alte Hund hob erst den Kopf, als ich auf den Knopf meines Radios drückte und dieses mit einigen Startproblemen ansprang. Er murrte jedoch nur kurz und ließ seinem Kopf dann wieder zurück auf die Pfoten sinken. Ich betrachtete den alten Herren einige Sekunden, während aus dem Radio "Keep on the sunny side" erklang. Gute Einstellung, dachte ich, während ich im Takt den Abwasch der letzten Tage machte. Leise summte ich die Melodie mit, richtete meinen Blick aus dem Fenster und betrachtete die Natur vor meiner Haustür. Ich hatte den hübschesten Platz erwischt. Der Wald um mich herum bot mir jede Menge Schutz vor der Sonne und vorm Wind, welcher an manchen Tag recht frisch vom Fjord zu uns herüber wehte.
      Nachdem der Abwasch erledigt war, zog ich mich an und machte mich auf den Weg zum Stall. Gery ließ ich im Haus zurück. Seit ein paar Wochen schon, begleitete er mich nicht mehr täglich, seine Kraft schien zu schwinden. Ich hatte damit gerechnet und es war in Ordnung, so wie es war.

      Mio | Ich stand pünktlich wie immer am Weidezaun, den Hut trotz der fehlenden Sonnenstrahlen auf meinem Kopf und eine dicke Jacke über mein helles Hemd gezogen. Auch die Pferde hatten ihre Zeit gebraucht, um sich von vierzig Grad täglich auf eine Durchschnittstemperatur von 17 Grad umzugewöhnen. Im Gegenteil zu Addison, welcher sich komplett den Klimaverhältnissen angepasst hatte, hielt ich meinen Stil aus vergangenen Zeiten so gut wie möglich bei. So schnell würde ich nicht alles aufgeben.
      Addison kam wie immer zu spät. Chill und Buck forderten, seitdem wir in Norwegen wohnten, durchgängig seine Aufmerksamkeit. Heather half ihm so sehr wie möglich bei der Erziehung der Zwillinge, jedoch hatte auch sie noch ihr eigenes Leben.
      Abgehetzt und mit grimmigem Blick, kam Addi auf mich zu, er nickte mir kurz zu, ich nickte zurück und gemeinsam machten wir uns an die tägliche Arbeit. Unsere Mustangs hatten einen schönen Platz bekommen. Sie hatten ihren eigenen Teil der Insel. Zwei weitläufige Weiden, mit Bäumen, Sträuchern und kleinen Hügeln waren so natürlich angelegt wie nur möglich und viele der Pferde hatten sich schnell daran gewöhnt.
      Während wir zusammen neues Heu schleppten, merkte ich, wie Addi mir immer wieder Blicke zuwarf. Er schien mich zu begutachten und seine Skepsis war nicht zu übersehen. "Mio", er legte einen Arm auf meine Hand, als ich gerade einen Wassereimer anheben wollte, "Mio, seit wann hast du schon nichts mehr gegessen?"
      Ich ließ den Eimer los und richtete mich auf. "Seit wann, macht sich jeder darum Gedanken, dass ich zu wenig esse?! Ich bin erwachsen und kann selbst gut genug einschätzen, wann und was ich esse!" Ich zog meine Hand aus seinem Griff und blickte Addi in die Augen. Ich sah den Schmerz in ihnen, den Verlust, die Angst. Ich sah seine grauen und mageren Haare, die Falten auf seiner Stirn und die knorrigen Hände. "Du solltest lieber selbst einmal in den Spiegel schauen, du siehst nicht besser aus." Meinte ich schwach und hob den Eimer ein weiteres Mal. "Warum machst du dir zu erst um mich Sorgen, anstatt um dich selbst?" Sagte ich, bevor ich mich von ihm abwendete.
      "Das weißt du Mio." Flüsterte Addi zerschlagen. "Du wärst dumm, wenn du es nicht sehen würdest."

      Petyr | "Saga Glasberg, was soll bitte dieses eklige Gummiband auf meinem Schreibtisch?" Grinsend hob Petyr ein breites Band in die Höhe und hielt es seiner Freundin vor die Augen. "Bitte nicht schon wieder ein neues Hobby!"
      "Ach quatsch!" Saga riss ihm das himmelblaue Band aus der Hand. "Das ist mein neues Stretchband. Das haben seit neuestem alle in meiner Balettgruppe und ich finde es auch ziemlich hilfreich!"
      Petyr verzog angeekelt den Mund und ließ das Band fallen. Bevor es auf dem Boden aufkam, hatte Saga es aufgefangen und sich mit einem dramatischen Nebeneffekt in die Arme von Petyr geworfen. Dieser hielt sie fest umschlungen und drückte ihr dann einen Kuss auf den Mund. Als sie sich wieder von einander lösten, lag auf beiden Gesichtern ein rötlicher Schleier und sie lächelten verliebt.
      "Malte wartet bestimmt schon im Stall auf mich. Du weißt, dass er es nicht leiden kann, wenn ich zu spät komme."
      "Jaja, renne nur zu deinem Malte." Saga dreht sich eingeschnappt und mit verschränkten Armen um, sodass Petyr sie noch einmal zu sich ziehen musste und sie innig küsste. Dann schnappte er sich eilig seine Jacke und verließ die Dachbodenwohnung, ohne noch einmal zurückzublicken.

      Eyvind | Während alle anderen noch schliefen, war Eyvind wie immer der erste im Stall. Ihn trieb nichts anderes an, als die Pferde. Die tägliche Arbeit, beginnend beim Morgengrauen, hielt ihn in Bewegung. Er brauchte den Ausgleich zu den Stunden in der Nacht, die er im Bett verbrachte und selbst diese wurden in manchen Nächten von Spaziergängen durchbrochen. Er war der stille Nachtwächter, welcher mit seinem wachen Auge jede Regung genau auffasste. Er war so unauffällig, wie sonst keiner auf dem Gestüt. Jeder hatte seine Probleme zu tragen und jeder trug dies offensichtlich als Rucksack. Nur Eyvind schien seine Sorgen in dem Platz vor den Zehen in den Schuhen zu verstauen und hatte sogar noch Freiraum für die seiner Freunde.
      Die Pferde waren bereits gefüttert, als Malte und Petyr zu ihm hinzu stießen. Die letzten kauten friedlich an den restlichen Körnern. Der Hauptstall war riesig, mit neuester Technik ausgestattet und perfekt an die Wünsche der Sportpferde angepasst, welche hier ihr Zuhause gefunden hatten. Die Boxen besaßen allesamt ein kleines Paddock, welches die Pferde ganztägig benutzen durften.
      "Wie du nur immer so früh wach sein kannst..." Petyr gähnte ausgiebig und blieb vor Eyvind stehen.
      Malte währenddessen klopfte Eyvind auf die Schulter. "Danke man, was würden wir nur ohne dich tun." Dankbar schaute er seinem Freund an und lächelte. Es hatte seine Zeit gedauert, bis die drei sich als Team verstanden hatten, denn vor allem Malte war es schwer gefallen, einen weiteren Arbeiter zwischen ihm und seinem langjährigen Freund Petyr zu akzeptieren.
      Die drei Männer wollten sich gerade an die Arbeit machen, als Heather in den Stall gehetzt kam. Die junge und auffällige Frau mit den blonden Locken hatte keine Probleme gehabt, sich in der Stallgesellschaft einzufinden. Sie war offen, warmherzig und stets voller Energie.
      "Leute!" Trällerte sie lauthals und hastete auf die kleine Versammlung zu. "Los, los! Ihr habt eine Minute Zeit mir zu sagen, was ihr aus der Stadt braucht!" Sie kramte einen Notizblock samt Stift aus ihrer Tasche und schaute die drei Männer erwartungsvoll an.
      Malte schüttelte bloß den Kopf. "Danke, ich brauche nichts."
      Heathers Blick schwankte weiter zu Petyr. "Und was ist mit dir, du Faulpelz?"
      "Öh", überfordert zuckte Petyr mit den Schultern. "Kein Plan. Ruf' aber mal Saga an, die hat bestimmt was für dich."
      Auch Eyvind lehnte dankend Heathers Angebot ab, sodass diese ihren Stift einsteckte und seufzte. "Ich bin jetzt extra wegen euch zum Stall gerannt. Den Weg hätte ich mir ja dann auch sparen können." Sie boxte Eyvind gegen die Schulter und zwinkerte Malte kurz zu. "So bis dänne, ihr Pappnasen!" Rief sie, als sie sich bereits wieder umgedreht und mit großen Schritten den Stall verließ.

      Tjarda | Tjarda liebte diesen hochgewachsenen Mann mit dem kantigen und doch so weichen Gesicht und viel mehr liebte sie jedoch die hellen Augen, welche sich so von seinem dunklen Körper abhoben. Es war ihre liebste Zeit, wenn sie nebeneinander im Bett lagen, er noch schlief und sie am frühen Morgen die Erste war, die in diese Augen blicken durfte. Vuyo schlief jede Nacht friedlich, während Tjarda oft stundenlang wach lag. Es war diese Gegenteiligkeit, an welcher beide Gefallen gefunden hatten.
      Als Tjarda wenig später das gemeinsame Haus verließ und sich auf den Weg zum Haupthaus machte, stieß sie auf Heather. Stürmisch umarmte diese ihre Freundin, erzählte ihr dann von dem geplanten Einkauf und bot Tjarda an, sie in die Stadt mitzunehmen.
      Die Wälder und Berge, Seen und kleine Dörfer zogen nun an ihr vorbei, während sie verträumt aus dem Fenster blickte. Heather am Steuer erzählte ununterbrochen, lachte über ihre eigenen Witze und fand zu jedem Thema ein weiteres Thema, welches damit in Verbindung stand. Heather erzählte immer. Egal ob es ihr gut ging oder nicht. Tjarda mochte diese offene Art, sie selbst war eher das Gegenteil. Verschlossen und ruhig. Sie wollte nicht hoch hinaus, der ihr angebotene Modeljob hätte das erbracht, sondern ihr reichte das stille Kunstmuseum in der Innenstadt. Menschen zu beobachten und zu zeichnen war ihre große Stärke und seit einigen Jahren war sie mit dem bisschen Einkommen schon zufrieden.
      Heather parkte ihren kleinen Flitzer genau im Parkverbot vor dem Museum, schaffte es, ihre Freundin schwungvoll im Auto zu umarmen und sie mit reichlich Worten zu verabschieden. Tjarda winkte ihr noch lächelnd zu, bevor Heather Gas gab und um die nächste Ecke brauste. Lächelnd betrat Tjarda die schmuckvolle Eingangshalle und begann ihren Arbeitstag.

      Mio | Ich schaffte es, Addi die nächsten Stunden aus dem Weg zu gehen. Erst kurz nach Mittag traf ich in der kleinen Reithalle auf ihn. Quisquilloso lief erst seit einigen Wochen unter dem Sattel und so musste ich einen Moment bewundert stehen bleiben, als ich Addi mit dem Hengst arbeiten sah. Quisquis Start war nicht einfach gewesen. Er hatte immer wieder Rückenprobleme und leichte Verletzungen gehabt, obwohl er sein Bestes tat sich schnell anzupassen. In Gedanken versunken lehnte ich an der halboffenen Tür. Addis Arbeit begeisterte mich immer wieder und obwohl ich seit drei Jahren Tag für Tag mit ihm verbrachte, hatte ich mir noch längst nicht alles abschauen können. Hinzu kam, dass die Beziehung zwischen uns schon seit längerer Zeit abgekühlt war, seit genau dem Tag, an dem ich Jacob lieben gelernt hatte. Addison mochte seinen Cousin nicht.
      Ich war so in Gedanken versunken, dass ich nicht merkte, wie Addi vor mir zum Stehen kam, leichtfüßig aus dem Sattel rutschte und dann vor mir landete. Er hatte geweint, ich erkannte einen leichten roten Rand um seine Augen und mittlerweile kannte ich ihn so gut, dass ich wusste, dass es ihm nicht gut ging.
      "Hallo Mio."

      Malte | "Was sind das denn für fette Brocken?" Sagas tiefe Lache schallte durch die Stallgasse, als sie die beiden Irish Draughts sah. Ich schaute sie wütend an. Man merkte, dass sie von Pferden nicht allzu viel Ahnung hatte, denn ihre Lautstärke schaffte sie nicht zu zügeln.
      "Der eine davon heißt sogar Brock." Flüsterte ihr Petyr ins Ohr und sie brach wieder in Gelächter aus.
      "Petyr, musste das sein?" Mein wütender Blick galt nun Petyr, welcher sich kindisch hinter Saga versteckte und so tat, als wäre er dort sicher vor mir. Ich hatte mir immer erhofft, dass er in einer Beziehung endlich seine reife Seite finden würde, aber genau das Gegenteil war geschehen. "Saga, was machst du eigentlich hier? Musst du nicht arbeiten?"
      "Nö, erst heute Nachmittag." Sie grinste. "Aber Malte, jetzt mal ehrlich, die beiden kenne ich noch nicht, oder? An den Namen Brock würde ich mich sonst erinnern." Vergnügt gluckste sie und stieß Petyr an.
      Ich ließ Saga mit einer Antwort warten, bis ich erst Belmonts Brock und dann Belmonts Beo in ihre Boxen gebracht und beide Türen verschlossen hatte. "Beo und Brock. Nein kennst du noch nicht, sind erst seit ein paar Tagen hier und es wird hoffentlich auch nur eine Übergangslösung." Antwortete ich ihr knapp, während ich meine stets verdreckten Hände an meiner Hose abzuwischen versuchte. "Noch mehr Pferde und ich erwarte von Charly eine Gehaltserhöhung."

      Charly | Unruhig stieß Charly immer wieder mit dem Bleistift auf den Tisch. Hunderte von kleinen Einkerbungen hatten sich bereits angesammelt, diese schien sie jedoch nicht zu merken. Der helle Bildschirm zeigte Dokumente, Tabellen und Internetseiten, mehrere leere Kaffeetassen standen neben ihr und Briefe aller Art stapelten sich auf dem ganzen Tisch. Charly hatte Nico seit heute Morgen nicht mehr gesehen, aber auch das schien sie verdrängt zu haben. Auch Charly hatte schon bessere Zeiten gesehen. Sie hatte zugenommen und ihre sonst so makellose Haut sah unrein aus. Auch der Konsum an Zigaretten war wieder gestiegen und das, obwohl sie genau wusste, dass sie das Geld nicht hatten. Viele Jahre lang hatte sie drauf verzichtet, aber mit ihren entstandenen Problemen war sie wieder in alte Gefilde gefallen.
      Es klopfte. Es klopfte selten jemand an ihre Tür, die meisten spazierten herein wie sie wollten und es erstaunte sie noch mehr, als Nico den Kopf zur Tür herein steckte. "Charly?"
      Sie drehte sich zu ihm um, wusste einen Moment nicht, was sie sagen sollte und meinte dann: "Ja? Alles gut?"
      Nico nickte und trat ganz ein. "Hast du kurz Zeit? Ich würde dir gerne jemanden vorstellen." Aufgewühlt blickte Charly zu ihm auf. Nico verwirrte sie. Er schien fast unsicher in seiner Art, als wüsste er selbst nicht so genau, was er gerade tat. Es versetzte ihr einen Stich, ihn leiden zu sehen. Sie hatten sich mal geliebt und vielleicht liebten sie sich immer noch.
      "Nico?"
      "Ja?"
      "Wirklich alles in Ordnung? Geht es Bart gut?"
      Nico nickte hastig. Charly stand auf und ging durch die offene Tür, welche Nico ihr aufhielt.
      "Was ist das?" Erschrocken blieb Charly stehen, als sie einen Transportkorb im Wohnzimmer stehen sah. "Nico!"
      "Bitte sei mir nicht böse!" Flehentlich presste er die Hände zusammen. "Bitte, gib ihr eine Chance."
      "Wem eine Chance?" Charly blieb ruhig, ihre Augen funkelten jedoch. "Nico, wem soll ich eine Chance geben?"
      Nico zögerte, dann ging er zum Transportkorb, öffnete ihn und drehte sich dann zu Charly um. Auf seinem Arm saß ein kleiner Welpe, einige Wochen alt. Nur ein Fleck am Ohr, ein blaues und ein braunes Auge.
      "Nico was soll das?! Ich habe dafür keine Zeit!" Charly hielt sich die Hand an die Stirn. "Nico..."
      "Charly, es tut mir Leid, bitte, ich wollte dir einen Gefallen tun. Wir können uns zusammen um sie kümmern, als Familie. Du weißt, wie sehr Bart Hunde mag."
      "Sind wir überhaupt noch eine Familie, Nico?"
      "Charly", schmerzhaft verzog Nico das Gesicht. Er trat einen Schritt auf sie zu, den ängstlich schauenden Welpen immer noch auf dem Arm. "Sage so etwas nicht, ich liebe dich. Ich liebe dich so sehr, du hast mich verzaubert und ich sehe nun, dass ich so viele Fehler begangen habe. Bitte, gib mich nicht auf!"
      "Woher weiß ich, dass du dich wirklich verändert hast? Warum sollte ich dir glauben, dass du nun wahrhaftig auf meiner Seite bist? Es ist so viel passiert."
      "Ich liebe dich", verzweifelt flüsterte Nico die magischen Worte. "Ich liebe dich." Seine Stimme versagte.
      "Ich liebe dich doch auch." Charly flüsterte ebenfalls und trat einen Schritt auf ihn zu. Zärtlich streichelte sie den weichen Kopf des Hundes und blickte dann ins Nicos Gesicht. Er lächelte vorsichtig, zog eine Hand unter dem Bauch des Hundes hervor und strich sanft eine dunkle Strähne aus Charlys Gesicht.
      "Also gut." Charly seufzte und trat einen Schritt zurück. "Wie soll unsere neue Mitbewohnerin denn heißen?"

      Mio | Addison schwang die Zügel über den Kopf des Pferdes und trat dann noch einen Schritt auf mich zu. "Schön dich zu sehen." Ich blinzelte. Wie meinte er das? Er verhielt sich komisch. Ich hatte plötzlich das Gefühl, als ragte Addison bedrohlich vor mir auf und mit einem Mal spürte ich so etwas wie Angst vor ihm. Seine hochgewachsene Gestalt drängte mich zurück, doch konnte ich nicht weichen, nur wenige Zentimeter hinter fühlte ich das schwere Tor. Er streckte eine Hand nach mir aus, legte sie an meine Hüfte und zog sich zu mir heran.
      "Addi," mein Atem stockte. "Addison!" keuchte ich und versuchte ihn von mir wegzuschieben. "Addison, was soll das?"
      "Mio, ich kann nicht mehr, du kannst mir das nicht mehr antun." Er beugte seinen Kopf zu mir herunter, kam meinen Lippen bedrohlich nahe, während ich mit aller Macht versuchte, mich seinen starken Armen zu entwinden. "Vielleicht muss ich dich dazu zwingen, damit du siehst, was du verpasst." Die Zeit schien still zu stehen. Ich presste meinen Mund zusammen, doch Addison legte den seinen erstaunlich sanft auf den meinen, um dann mit jeder Menge Energie seinen Mund mit meinem zu verbinden.
      Mit einem befreienden Stoß stieß jemand das Tor auf und drückte Addisons Körper von mir weg. Helles Licht flutete ihn die Halle und erleuchtete Eyvind, welcher sich schützend vor mir aufgebaut hatte. Addison stolperte zurück, ich sah den Schock und die Verständnislosigkeit in seinen Augen, bevor er sich auf Quisquilloso stürzte und mit dem erschrockenen Hengst im Galopp die Halle verließ.
      Ich stand unter Schock. Die Tränen flossen, ich merkte sie kaum. Nur Eyvinds Arme, welche sich um mich schlossen und an sich zogen. Stumm weinte ich, während die ruhige Stimme von Eyvind ein Lied summte. Er hielt mich fest, bewahrte mich davor zu versinken und auch ich krallte mich an ihn, verkrampfte mich, während immer wieder Schüttelanfälle über mich hereinbrachen.
      Ich sah Addison nicht mehr. Nicht an diesem Tag und auch am nächsten nicht. Ich trocknete meine Tränen, Eyvind brachte mich zu meinem Haus und nachdem ich ihm versichert hatte, dass alles gut war, ließ er mich alleine. Jacob erzählte ich nichts. Er merkte, dass es mir nicht gut ging, hackte jedoch nicht weiter nach. Ich versank am Abend in seinen Armen und tauchte ab in einen unruhigen Schlaf.

      Eyvind | Nachdem Addison spurlos verschwunden war und nur Eyvind und Mio die Geschichte wussten, zog Heather für eine Nacht zu Chill und Buck ins Haus. Beide waren verwirrt, erwarteten eine klare Antwort von ihrer Tante und erfuhren jedoch nur noch mehr neblige Ausreden.
      Als Addi kurz nach um zehn noch immer samt Quisquilloso verschwunden war, stiegen Nico und Vuyo, sowie Malte und Tjarda in ihre Autos und machten sich auf dem Festland auf die Suche nach dem verschwundenen Addison. Als auch nach Mitternacht noch keine Spur von ihm zu finden war, gaben die vier es auf und kehrten zurück auf die Insel. Nach einer kurzen Besprechung im Haupthaus, verteilten sich alle auf der Insel und wenig später lag diese von einem stummen Tuch umhüllt, unruhig schlafend da. Nur ein Schatten, wachend, schlich am südlichen Ufer entlang. Seinen wachen Blick über dunkle Wasser in die Ferne gerichtet
      "Rakkaus ja epätoivo." Flüsterte Eyvind in seiner Sprache und wendete seinen Blick dann zum Himmel. "Wer braucht das schon?"

      08. Juni 2017 | 23.781 Zeichen | Canyon
    • Canyon

      Tyrifjord Ranch

      Gehen und gehen lassen
      Malte | »Der Kerl hat 'ne Macke«, meint Petyr und deutet verstohlen auf den Mann. »Der sitzt wirklich seit heute Morgen um fünf im Heu und hat sich nur einmal bewegt, um sich einen Kaffee zu holen.«
      »Er macht's jedenfalls richtig.« In Gedanken versunken stehe ich vor dem Medikamentenschrank. Ich suche etwas, von dem mir zu meinem eigenen Leid der Name entfallen ist.
      »Ja, aber warum sitzt er hier?« Fassungslos starrt Petyr weiterhin zu ihm. »Heute morgen waren es keine fünf Grad!«
      Ich wende mich von den Medikamenten ab und werfe auch einen Blick auf den jungen Mann. »Die eigentliche Frage ist doch: Warum bist du schon um fünf im Stall?«
      »Haha sehr witzig.« Lacht Petyr trocken. »Hast du sein Pferdchen schon gesehen? Das ist ja ein komischer Mix.«
      »Petyr«, sage ich warnend. »Sei ehrlich, warum warst du schon so früh hier. Das widerspricht doch deiner Vorstellung von Aufstehen. Außerdem hat sein sehr hübsches „Pferdchen“ den Namen Pitú.«
      »Ich hatte mein Handy hier vergessen, aber das ist doch unwichtig!« Wirft Petyr ein und deutet dann wieder auf den neuen Mann. »Viel mehr sollten wir uns mit der Frage beschäftigen, was Charly da für einen komischen Kautz aufs Gestüt geholt hat.«
      »Du hast erst um fünf bemerkt, dass dir dein Handy fehlt und bist dann extra nochmal aufgestanden?« Ich ziehe die Augenbrauen nach oben und blicke zu Petyr auf. »Das glaube ich dir auch nicht.«
      »Malte!« Petyr wendet endlich den Blick von ihm ab und schaut zu mir. »Wenn du es wirklich wissen willst - Ich war mit Saga unterwegs und wir kamen erst gegen fünf wieder. Jetzt zufrieden?« Ich grinse und wende mich wieder dem Schrank zu. Wo sind denn nun diese blöden Medikamente? »Was suchst du da eigentlich?« Neugierig blickt mir Petyr über die Schulter.
      »Metalam-, Metakran-, keine Ahnung wie das heißt. Logi lahmt und wir hatte hier irgendwo mal eine Salbe, die angeblich helfen soll.« Sage ich genervt und schiebe leere Packungen zur Seite.
      »Versuchs mal mit Ingwer.« Sagt eine mir unbekannte Stimme und Petyr und ich fahren gleichzeitig herum. Erschrocken nimmt der junge Mann in der Tür die Hände in die Luft. »Ruhig Freunde!« Sagt er mit einem entschuldigenden Lächeln. »Ikarus, oder einfach nur Ike.«
      Ich werfe einen Blick auf Petyr und sehe, wie er sein Gesicht verzieht. Mit neuen Bewohnern hat er schon immer Probleme gehabt. »Malte«, sage ich und reiche ihm meine Hand, die er auch ergreift. »Ingwer? Du meinst, das hilft?«
      »Die Pferde mit teuren Medikamenten vollzupumpen würde ich dir nur selten empfehlen.« Ich schließe den Schrank und folge Ike aus der Sattelkammer. »Wenn du willst, kann ich dir nachher welchen mitbringen.«
      Ich nicke dankbar. »Das wäre toll, danke!«
      »Klar! Lasst mich hier einfach zurück!« Ruft Petyr aus der Sattelkammer, ich ignoriere ihn jedoch beflissentlich. Mein Blick geht vorsichtig zu Ikarus, während wir die Stallgasse entlang gehen. Er hat langes dunkles Haar, das er aus dem Gesicht gebunden hat. Ich schaue ihn das erste Mal richtig an und bin erstaunt, auf seiner rechten Gesichtshälfte tiefe Narben und ein Auge, das bestimmt schon lange nichts mehr gesehen hat, zu finden. Es ist fast durchgängig grau und nur der matte Rest der Pupille ist noch leicht erkennbar. Ich ziehe meinen Blick von ihm zurück. Er muss es gewöhnt sein, angestarrt zu werden und doch hat es keiner verdient, wie ein Tier im Zoo begafft zu werden. »Gefällt es dir hier im Norden? Ich hörte, dass du aus England kommst.«
      »Das Wasser und die klare Luft inspirieren mich. Bis jetzt bereue ich es nicht.« Er nimmt seine Tasche vom Hacken vor einer Stalltür und hängt sie sich über die Schulter. Dann blickt er zu mir. »Du wohnst auch hier?«
      Ich nicke. »Ja noch, weiter in Richtung Mitte der Insel. Ich habe im Wald einen kleinen Bauwagen.«
      »Noch? Du hast vor, wegzuziehen?« Verwundert blickt er zu mir, während wir gemeinsam den Weg zu den Weiden einschlagen. »Ich habe bis jetzt nur Lob über dich gehört. Du bist hier anscheinend sehr angesehen.«
      »Danke«, sage ich und blicke verlegen zur Seite. »Aber es wird Zeit zu gehen. Ich habe letzte Woche gekündigt und auch wenn es noch nicht offiziell ist, wird es wohl bald soweit sein.«
      »Schade«, sagt Ike ehrlich bedauernd. »Ich finde dich sehr nett, aus uns hätte bestimmt eine Freundschaft entstehen können.«
      »Du auch«, verlegen streiche ich mir eine Strähne aus dem Gesicht. »Trotzdem muss ich gehen. Ich werde es nicht bereuen, auch wenn ich natürlich vieles vermissen werde.«
      »Wo soll's denn hingehen?«
      »Erstmal nach Deutschland, ich habe die Chance, ein Gestüt neu zu strukturieren und würde sie gerne ergreifen.« Sage ich, während ich an einer Kreuzung stehen bleibe. »Ich muss jetzt hier entlang. Sehen wir uns heute nochmal?«
      »Klar«, Ike grinst und sein vernarbtes Gesicht spannt sich zu einer unheimlichen Fratze. »Ich muss dir schließlich noch deinen Ingwer bringen.«
      Ich lächle und hebe zum Abschied die Hand. Auch er winkt kurz und dann wenden wir uns voneinander ab.

      Ich treffe auf Charly. Sie versucht vergeblich, das Shetty Imagine Dragons mit der Ponyherde vor meiner Tür zu verkuppeln.
      »Das muss doch irgendwie funktionieren!« Schimpft sie, als sie mich kommen sieht. »Was soll ich denn nur tun, wenn du gehst?« Lustlos lässt sie den Führstrick sinken und der kleine Drache weicht erleichtert zurück.
      »Noch bin ich ja nicht weg«, sage ich tröstend und lege ihr einen Arm um die Schulter. »Vielleicht komme ich auch irgendwann wieder, wer weiß.«
      »Ja super, irgendwann, bis dahin ist dieses Gestüt längst in alle Einzelteile zerfallen.« Sagt sie und lässt den Kopf hängen. »Ich merke es doch jetzt schon, dass wir uns alle voneinander entfernen.«
      »Du wirst schon wissen, was das Richtige ist.« Sage ich und löse meinen Arm von ihrer Schulter, um Imagine den Kopf zu kraulen, den sie mir auf die Knie gelegt hatte. Charly seufzt und wendet sich von mir ab. »Ich habe gerade Ike kennengelernt. Ein sehr netter Kerl, wie ich finde.« Wechsle ich das Thema.
      Charly nickt. »Ja, aber nicht so nett wie du.«
      »Ach Charly, nur weil ich gehe, bedeutet das nicht, dass die ganze Welt zusammenbricht. Eyvind ist noch da und Vuyo auch und irgendwie auch Petyr-.«
      Genervt winkt sie ab. »Petyr, als würde der etwas machen. Seit Saga hier lebt, ist aus Petyr ein arbeitsfauler und trinkender Kerl geworden, auch wenn er das vorher in Ansätzen auch schon war.«
      Ich stehe auf und gehe zum Weidezaun. Óslogi und Ursel grasen friedlich am anderen Ende der Koppel, während Striga in Zaunnähe steht und das kleine Shetlandpony wütend anstarrt. Ich will gerade Charly antworten, als ich Ike den Waldweg entlang spazieren sehe. Ich winke ihm zu und er wendet sich in meine Richtung. Als auch Charly Ike sieht, steht sie auf. »Wir reden später nochmal, Malte. Ich muss jetzt erstmal an die Arbeit.« Zusammen mit Imagine Dragons verschwindet sie in die andere Richtung.
      »Na, Malte? Charly sah aber nicht gerade glücklich aus.« Meint Ike, als er wenig später neben mir steht. »Deine Pferde?« Fragt er mit einem Kopfnicken in Richtung Weide.
      »Nur die beiden hinteren.«
      »Und wem gehört Karottenmähne?« Er deutet auf Striga die uns aufmerksam beobachtet.
      »Charly.« Sage ich knapp. »Hast du Nico schon kennengelernt?« Erkundige ich mich.
      »Kurz, ja«, sagte Ike. »Warum fragst du?«
      »Nur so, aus Interesse.« Ich zuckte die Schultern. »Wie findest du ihn?«
      »Ich habe in meinem Leben schon viel Schlimmere kennengelernt, falls du darauf hinaus willst.«
      »Das klingt, als hättest du schon einiges erlebt.« Ich versuchte nicht zu offensichtlich auf seine Narben und das matte Auge hinzudeuten.
      »Ja, viel, sehr viel.« Sagt er nur. »Übrigens, hier der Ingwer.« Er reicht mir eine gelbliche Knolle, die ich dankend annehme.
      »Vielen Dank, hoffentlich hilft das.«
      »Bestimmt!« Sagt Ike und deutet dann in Richtung Wald. »Ich muss wieder, die Arbeit wartet.« Ich nicke und winke ihm ein zweites Mal, während er pfeifend den Weg zurückspaziert.

      Am Nachmittag gehe ich zu Mio. Obwohl wir auf einer Insel, sogar auf einem Gestüt wohnen, habe ich sie schon seit Tagen, oder gar Wochen nicht mehr gesehen. Vielleicht, wird es auch Zeit, mich zu verabschieden. Es ist nicht mehr lange, bis es für mich und meine Pferde nach Wales geht und noch nicht jeder auf dem Gestüt weiß, dass ich sie verlassen werde. Ich treffe vor dem Stall Mio, aber auch Ike. Es ist verwunderlich, wie oft sich unsere Wege heute schon gekreuzt haben. An Ikarus Seite steht sein junger Wallach und grast, während er sich lachend mit Mio unterhält. Ich hätte mir denken können, dass die beiden sich vertragen werden. Es wäre schön, wenn Mio dadurch den Anschluss an die anderen finden würde.
      »Hey Ike, hey Mio!«, sage ich, während ich auf sie zugehe.
      »Malte«, sagt Ike und tut, als würde er einen Hut vom Kopf heben. »Schön dich zu sehen.«
      »Gleichfalls!« Sage ich und muss grinsen.
      »Lang nicht mehr gesehen«, sagt auch Mio und umarmt mich flüchtig. »Was treibt dich zu uns?«
      »Sehnsucht«, sage ich und senke leicht beschämt meinen Kopf. »Ist ja nun schon etwas länger her.«
      »Mio hat mir gerade erzählt, dass es hier haufenweise Mustangs gibt und ich war ganz fasziniert.«, sagt Ike und schaut mit beschuldigend an. »Warum wurde mir das noch nicht gesagt?«
      »Ich kann ja nicht wissen, dass du Mustangs magst und außerdem wäre das ja wohl Charlys Aufgabe gewesen.«, rechtfertige ich mich.
      Mio schnaubt verächtlich. »Charly, als ob die noch den Überblick hat. Mittlerweile macht hier doch jeder was er will. Wir sind ihr doch vollkommen egal.«
      »Quatsch«, sage ich und ziehe wütend die Augenbrauen zusammen. »Charly gibt ihr Bestes, Nico macht immer alles wieder zunichte und beteiligt sich null am Ganzen!«
      »Ziehe Nico nicht mit rein, Malte. Er hat es immer wieder versucht, nur ist Charly einfach viel zu arrogant geworden, als dass sie jemand anderen sich helfen lässt.«
      Ich bin nicht Mios Meinung, zucke jedoch nur die Schultern, um den Streit nicht voranzutreiben. Ike schaut uns nur mitleidig an und schüttelt dann kaum bemerkbar den Kopf.
      »Was?«, faucht Mio. Auch sie hat seine Reaktion mitbekommen.
      »Nichts«, sagt Ike unschuldig und blickt Mio an.
      »Doch, sag' schon.« Grimmig blickt sie zu ihm. Ich weiß, dass sie nicht lockerlassen kann. Ike scheint das auch zu erkennen.
      »Ihr habt alles was ihr zum Leben braucht, mehr als das sogar. Niemand von euch leidet Hunger, niemand friert in kalten Nächten und niemand arbeitet bloß fürs Überleben. Alle lebt ihr auf einer riesigen privaten Insel, habt moderne Wohnungen und die neuesten Ställe für eure in Überzahl vorhandenen Pferde, für die manche Millionen zahlen würden. Und doch tut ihr so, als wäret ihr die unglücklichsten Menschen. Einmal, habe ich gedacht, einmal will ich zwischen Menschen sein, die sich vielleicht nicht immer mögen, aber stets dem anderen genügend Respekt erweisen und zu schätzen wissen, was sie zum Leben haben.« Eine Träne glitzert in Ikes Augen und traurig lächelt er uns an. Mio und ich sind bei seinen Worten verstummt und wir blicken ihn beide mit großen Augen an. »Denkt mal drüber nach«, sagt er, bevor er bei seinem Wallach die Zügel aufnimmt und sich mit einem Schwung auf den Rücken zieht. Pfeifend schaukelt er in Richtung Wald.
      »Er hat Recht«, sagt Mio.
      »Ich weiß«, sage ich.
      »Man vergisst es so oft, es ist gut, wenn man es nochmal hört.«
      »Ja«, sage ich nur und versenke meine Hände in den Hosentaschen.
      »Vielleicht können wir als Gestüt mal wieder etwas zusammen machen, bevor du gehst, meine ich.«
      »Du weißt es schon?« Frage ich perplex und wende den Blick von Ike ab.
      »Klar«, sagt Mio leicht hin. »Solche Dinge verbreiten sich hier schnell.«
      Wir schweigen. Ich weiß nicht, was ich darauf sagen soll und Mio scheint auch keine Antwort haben zu wollen. »Auf dem Sandringham Manor findet dieses Jahr wieder eine Fuchsjagd statt, vielleicht können wir alle dazu animieren, mitzumachen.«
      »Gute Idee«, sagt Mio. »Ich frage gleich mal Addison.«
      »Ich gehe auf dem Rückweg bei Artemis vorbei. Soll ich auch Charly fragen?«
      »Nein, das mache ich schon. Aber vielleicht hat Vuyo auch Lust.«
      »Bestimmt«, sage ich.
      »Und was ist mit Petyr?«, fragt Mio.
      »Ach der-«, seufze ich, besinne mich dann nochmal anders. »Ich kann ihn mal fragen, aber er hat zur Zeit andere Dinge im Kopf als ein Turnier.«
      »Aber ihm geht's gut, oder?«, harkt sie nach.
      Ich nicke schnell mit dem Kopf. »Geht's allen Pferden bei euch gut?«
      »Ja, sehr gut.« Auch Mio freut sich über einen Themenwechsel. »Raised from Hell hat sich zu einem gigantischen Reitpferd entwickelt, das ist toll zu sehen.«
      »Das glaube ich!«, sage ich und klopfe Mio lobend die Schulter. »Und Cloud? Der ist ja bestimmt immer noch ein wahrer Prachtkerl.«
      »Willst du einfach mal mitkommen?«, fragt Mio und deutet in Richtung Weiden. Ich nicke und zusammen gehen wir in die Richtung. »Addison hat ja überlegt, wieder zurück nach Nevada zu gehen«, sagt Mio nach einer längeren Pause.
      »Ach wirklich?«, frage ich überrascht. Mio nickt und ich merke, dass sie das beschäftigt.
      »Der Winter wird sehr kalt und der Norden ist einfach nicht seine Heimat.«
      »Winter is coming«, sage ich und wir müssen beide lachen.
      »Ja, das passt hier wirklich gut.«, sagt sie und grinst mich an.
      Ich werde wieder ernst. »Würdest du denn zurück wollen?«
      Sie zuckt ratlos die Schultern. »Ich weiß es nicht. Vielleicht schon, vielleicht auch nicht.«
      Wir kommen an den Koppeln an. Es ist ein tolles Bild, die große Herde auf den Hügeln zu sehen, im Hintergrund das glänzende Wasser des Tyrifjords und seine geschwungenen Berge zu beiden Seiten. Im Westen suchen die letzten Sonnenstrahlen ihren Weg über die Wipfel und erleuchten die Landschaft im strahlenden Rot. Ich wusste, dass ich das vermissen würde, das alles. Noch nie hatte ich jedoch den Drang verspürt, zu gehen, bis jetzt.
      »Vielleicht sollte ich auch gehen«, sagt Mio gedankenverloren. »Mit dir mitgehen, einfach meinen Chosposi schnappen, Kuckunniwi und Anaba, Hidalgo, Flotte und Helly mitnehmen und neu anfangen. So wie damals.«
      »Man kann nicht immer vor Allem fliehen, Mio«, sage ich. »Manchmal muss man bleiben, auch wenn es schwerfällt.«
      »Du gehst doch auch!«, sagt Mio aufbrausend.
      »Ich gehe mit reinem Gewissen.«, sage ich ruhig, meinen Blick immer noch auf die Pferde gewandt. »Ich fliehe nicht und hoffe auch nicht, dass es wieder wird wie früher. Ich will weitergehen.«
      »Aber das will ich doch auch!«, verteidigt sich Mio.
      »Ich glaube, dass du deinen wahren Platz bereits gefunden hast, du musst es nur noch selbst erkennen.«, sage ich nur. Mio sagt nichts mehr und ich hoffe, dass sie es sich überlegen wird, in welche Richtung es für sie gehen soll. »Der helle dahinten ist wohl Cloud?« Ich deute zur Herde und hoffe, dass Mio weiß, wen ich meine.
      Sie nickt. »Genau. Addison hilft mir zur Zeit, ihn auszubilden. Er hat einfach nochmal mehr Ahnung als ich.«
      »Wie läuft es mit Addi?«, frage ich vorsichtig.
      »Gut soweit.« Sagt Mio nur und es entsteht eine weitere Gesprächspause.
      »Ich gehe mal zu Artemis. Ich melde mich bei dir, sobald sie sich entschieden hat.«
      »Willst du heute Abend zum Essen kommen?«
      »Ich würde sehr gerne, aber Jora kommt nachher noch.«, sage ich und zucke traurig mit den Schultern.
      »Dann kommt doch einfach beide«, sagt Mio und stößt mir aufmunternd gegen die Schulter. Wir wenden uns von den Weiden ab und laufen zurück zum Stall.
      »Dann bis heute Abend«, sage ich. Mio lächelt kurz und wendet sich von mir ab. »Sag Artemis liebe Grüße!«, ruft sie mir noch über die Schulter hinweg zu.

      Wenig später stehe ich wieder vor meiner Haustür, vor der ich sitzend Charly finde. Meine Wege hatten mich nach dem Besuch bei Mio nicht nur zu Artemis und Altair geführt, sondern auch noch weiter zu Vuyo und schließlich auch zu Petyr, der mir schließlich von Charly erzählte, die mich dringend gesucht hatte. Vuyo hatte zugesagt, natürlich wollte er mit zur Fuchsjagd, Petyr hingegen hatte wenig dankend abgesagt. Es würde wohl mein letztes Event zusammen mit der Hofgemeinschaft werden. Es versetzte mir einen Stich, der Abschied würde mir trotz allem schwerfallen.
      Charly ist kaum zu beruhigen. Kaum sitze ich neben ihr, fällt sie mir um den Arm und ich tätschle ihr überfordert den Rücken. Sie sagt etwas, verschluckt jedoch große Satzfetzen, sodass ich sie nicht verstehe.
      »Ich will hier weg, Malte«, schluchzt sie nun etwas deutlicher und bricht wieder in kleine Krämpfe aus. »Ich will nach Hause, Deutschland wieder sehen, meine Eltern besuchen und meine Sprache sprechen.«
      »Vielleicht kommst du mich einfach mal besuchen«, sage ich.
      »Ich will nicht nur zum Besuch kommen.«, sagt Charly trotzig. »Ich will dort mein neues Zuhause haben.«
      »Charly, was ist denn los?«, frage ich. »Was ist denn passiert, dass du plötzlich hier weg willst?«
      Sie schluchzt noch eine Weile, bis sie die Ruhe findet, zu antworten. »Ich werde mich von Nico trennen«, sagt sie und verbirgt ihren Kopf in meiner Jacke.
      »So plötzlich, warum das denn?«, frage ich und streichle ihr dunkles Haar.
      »Du hattest ja schon immer Recht. Es tut mir so Leid, dass ich es nie erkannt habe.« Sie blickt mir in die Augen. Die Tränen verschmieren die leichte Schminke, die sie aufgetragen hat und lassen ihre Augen wie tiefe Höhlen erscheinen.
      Vor weniger als einem halben Jahr, hatte ich mit Charly versucht ein Gespräch zu führen. Ich habe ihr im Stall geholfen, es ist ein Montag im Mai gewesen, das wusste ich noch.

      »Woher weißt du eigentlich, dass er der Richtige ist?«
      »Ich vermisse es, wenn er mich gerade nicht nervt.«
      »Aber ist das nicht auch mal entspannend? Ich meine, wünscht du dir nicht auch manchmal eine harmonische Beziehung?«
      »Willst du mir gerade sagen, dass meine Beziehung nicht harmonisch ist?!« Wütend blickt Charly zu mir auf.
      »Nein, das wollte ich damit nicht-«, versuche ich mich zu entwinden.
      »Doch genau das wolltest du mir sagen!« Verärgert stellt sie die Mistgabel zur Seite und blickt mich mit funkelnden Augen an. »Malte, ich mag dich sehr, aber versuche endlich mal, dich nicht ständig in meine Beziehungen zu mischen!«
      Ich kratze mir verlegen an der Stirn. »Tut mir Leid, Charly, wirklich. Ich versuche nur zu begreifen-.«
      »Versuche es erst gar nicht, anscheinend versteht das sowieso niemand.« Sie seufzt und wendete sich dann von mir ab »Beeile dich bitte mit den Boxen, wie haben heute einen strikten Plan.«
      Verärgert über mich selbst, dass das Gespräch in die falsche Richtung gegangen ist, werfe ich die Mistgabel in den Strohhaufen zu meiner Seite und blicke dann Charly hinterher. Am Tor des Stall stößt sie fast mit Nico zusammen, welcher sie breit angrinst. Charly wendet sich jedoch von ihm ab und lässt ihren Freund verwirrt zurück. Dieser reißt sich nach einigen Sekunden aus seiner Starre los und kommt auf mich zu.
      »Weißt du, Malte, das Tolle am Lächeln von Charly ist ja, dass ich nie weiß, ob sie gerade glücklich ist, oder meinen Tod plant. Obwohl ich wahrscheinlich in Kombination mit deinem Gesichtsausdruck eher das Zweite in Betracht ziehe. Sag Kumpel, was hast du ihr schon wieder angetan?« Er stößt mich mit der Faust in die Seite. Ich, der sowieso schon nicht das beste Gleichgewicht auf zwei Beinen hat, stolpere überrascht zur Seite und fange mich schließlich an einer Boxentür auf. Ich knurre. »Ach Malte«, Nico seufzte, »Du musst noch einiges an deiner Attitude verbessern.« Mitleidig schaut er mich an, ich reagiere jedoch nicht. »Wir sehen uns, alter Freund!« Er zwinkert mir zu und macht sich dann, pfeifend, die Hände in den Hosentaschen vergraben, auf den Weg die Stallgasse entlang.

      »Wenn du möchtest, kann ich mit Kira reden. Vielleicht ist es wirklich gut, wenn du mal etwas rauskommst«, sage ich und hoffe, dass ich es nicht bereuen werde.
      »Das würdest du tun?« Charly blickt auf und hört für einen Moment mit Weinen auf.
      Ich zucke die Schultern. »Klar, ich brauche sowieso jemanden, der mir Deutsch lehrt.«
      »Du bist ein Schatz!« Charly strahlt schon wieder. »Es wäre für uns ein Neustart.«
      »Uns?« Es verwirrt mich, dass sie von uns spricht. Und vor allem, warum ein Neustart?
      »Bartholomäus und ich! Hattest du Bart etwa vergessen?«, fragt sie.
      »Achso Bart«, sage ich und bin ein wenig enttäuscht. »Nein, natürlich habe ich ihn nicht vergessen. Wann willst du Nico es denn sagen?«
      »Jetzt noch nicht«, sagt Charly und steht auf. »Das hat Zeit, bis wir waren.«
      »Bist du dir wirklich sicher, dass du das willst? Ich dachte, du liebst Nico?«
      »Das dachte ich auch«, sagt Charly nur und dreht sich um. »Ich würde auch nur mit Striga und dem kleinen Monster mitkommen, alle anderen würden hier bleiben.«
      Ich stehe auf meiner Veranda und blicke Charly nach. Die letzten Sonnenstrahlen bescheinen den Weg vor ihr und färben ihn erst orange und dann blutrot, als die Sonne ihren tiefsten Stand erreicht hat und zusammen mit der Welt in Dunkelheit versinkt.

      Ich telefoniere mit Kira, als Jora ins Haus kommt. »Ja, Charly von Eylenstein. Ja, ich glaube sie war schonmal bei euch.« Ich lächle Jora kurz zu und deute dann aufs Telefon. Sie versteht mich, wirft mir eine Kusshand zu und geht weiter in die Küche. »Nur zwei Pferde. Ja«, sage ich wieder. »Oh, ok. Das werde ich ihr sagen. Aber das können wir bestimmt lösen. Danke!«, sage ich noch, bevor ich auflege und zu Jora in die Küche gehe.
      »Wer war das?«, fragt sie und schwingt ihre Arme um meinen Hals.
      »Kira«, sage ich und gebe ihr einen zärtlichen Kuss. Dann schiebe ich sie sacht von mir und setze mich auf einen Hocker am Tisch. »Charly will mit nach Deutschland.«
      »Ach«, sagt Jora nur und setzt sich neben mich.
      »Sie trennt sich von Nico und will dann wieder zurück nach Deutschland.«
      »Ok«, sagt Jora. Ich werfe ihr einen Blick zu und sehe, wie sie den Blick aus dem Fenster richtete.
      »Mio hat uns beide heute Abend zum Essen eingeladen. Möchtest du, dass wir hingehen?«, frage ich zärtlich.
      »Mir egal.«
      »Na möchtest du, dass wir hingehen, oder nicht?«, frage ich nochmal, bemerke aber die gereizte Stimmung von Jora.
      »Ich kenne diese Mio doch gar nicht. Das sind deine Freunde«, sagt sie trotzig.
      »Ich will das aber nicht ohne dich entscheiden.« Beschwichtigend greife ich ihre Hand. Sie zieht sie nicht weg, blickt jedoch noch immer in eine andere Richtung.
      »Bald wirst du die Entscheidungen aber alleine treffen«, sagt sie leise und blickt mich wieder an. Eine Träne schimmert in ihren Augen.
      »Wir hatten uns doch geeinigt,« sage ich und wische ihr die Träne aus dem Gesicht, »dass wir die letzten verbleibenden Tage nicht in Trauer verbringen werden. Oder?«
      »Du hast Recht«, flüstert sie und rappelt sich auf. »Lass uns zu Mio gehen.«
      Ich blicke auf die Uhr. »Wir haben noch etwas Zeit, wollen wir noch etwas mit den Pferden machen?«

      Eine halbe Stunde später betreten wir mit Ginnungagap an Joras Seite und Félagi neben mir die kleine Halle im Wald. Um diese Uhrzeit belegt Vuyo oft die große Halle und ich will etwas Zeit mit Jora alleine verbringen.
      Jora will Ginnu reiten. »Willst du das wirklich?«, frage ich sie ein weiteres Mal, sie winkt jedoch nur noch genervt ab.
      »Das Pony bekomme ich doch noch gehändelt«, sagt sie grinsend und schwingt sich in den Sattel. Ich zucke nur mit den Schultern und widme mich Félagi. Er ist ein begabter Hengst und die Bodenarbeit der letzten Wochen macht sich nun bemerkbar. Er läuft an der Longe jede Stunde ein bisschen entspannter nach den ersten Minuten des Wehrens, richtete er seine Konzentration an guten Tagen auch schon vollkommen an mich. Während Jora den Rappen im Schritt die Bahnfiguren der Halle laufen ließ, hängt ich Felli die Longe ein und schickte ihn in den Zirkel.
      »Sieht gut aus!«, rief mir wenige Minuten später Jora zu, als Félagi mit gesenktem Kopf und gewölbten Rücken um mich herum trabte.
      »Gleichfalls«, sage ich und freue mich zu sehen, dass Jora mit dem sturen Ginnungagap zurecht kommt. »Du musst ihn öfter reiten.«
      »Ach auf einmal«, sagt sie. »Gerade hast du mir dein Pony noch nicht zugetraut.
      »Ich bitte um Verzeihung«, sage ich ehrlich und Joras weiches Lachen dringt zu mir.

      Nach einer Stunde Arbeit, ich hatte Félagi schon früher erlöst und war mit ihm nur noch einige Bahnfiguren gelaufen, steigt auch Jora von dem Hengst ab. Ich bin stolz auf sie, denn auch wenn Ginnu auch heute kein Meister der Freundlichkeit ist, hat Jora aus ihm einiges herausgeholt.
      »Gut gemacht«, sage ich beim Hinausgehen und greife ihre Hand.
      »Danke«, sagt sie und streckt mir ihre Zunge raus. »Du weißt aber schon, dass man ein Pferd auf der anderen Seite führt, oder?«
      Ich nicke. »Jetzt schon«, sage ich, lasse ihre Hand jedoch nicht los.

      Nachdem wir beide geduscht und uns angezogen haben, gehen wir zu Mio. Sie, Addi, Jacob, Heather und die Zwillinge wohnen in einem der älteren Bauwerke mit typisch roter Holzverkleidung. Es hat mehrere Stockwerke, doch nur in die unteren Fenster sind hell erleuchtet.
      »Hoffentlich kommen wir nicht zu spät«, sagt Jora und wird etwas schneller. Kurz vor knapp stehen wir vor der Tür und klingeln. Addi öffnet. Ich umarme ihn flüchtig, während Jora ihm die Hand entgegenstreckt. »Jora sagt sie«, und Addison ergreift ihre Hand.
      »Addison«, sagt er und tritt einen Schritt zurück, um uns hereinzulassen. In der großen Wohnstube sehe ich weder Heather, noch Chill und Buck, dafür sitzt ein anderes bekanntes Gesicht am langen Holztisch.
      »Ikarus«, sage ich und gehe auf ihn zu.
      »Malte«, sagt er und steht auf. »Ich wurde auch eingeladen, ich hoffe, das stört euch nicht? Du musst die bezaubernde Jora sein, schön dich kennenzulernen.« Er reicht Jora die Hand und lächelt ihr freundlich zu. In diesem Moment betritt Mio den Raum, auf ihren Händen balaciert sie ein Tablett mit Essen.
      »Achtung heiß«, ruft sie und wir weichen alle einen Schritt zurück. Nachdem sie das Tablett auf dem Tisch abgestellt hat, kommt sie auf uns zu. »Schön, dass ihr gekommen seid. Setzt euch, dass Essen ist fertig.«
      Als wir alle sitzen kommt Jacob. Er grüßt uns nicht, ein kleines Nicken in meine Richtung kann ich aber erkennen. Das Essen schmeckt fantastisch. Mio erzählt, dass es eine Gemeinschaftsarbeit von ihr und Addi sei und es freut mich zu hören, dass die Beziehung der beiden wieder bergauf geht.
      Jora unterdessen unterhält sich mit Ikarus. Er ist charmant und humorvoll und ich hätte wissen müssen, dass die beiden sich vertragen würden. Addison beginnt ein Gespräch mit mir und erzählt von den Plänen, wie sie die Pferde im Winter schützen wollen.
      »Wie geht es Zonta?«, frage ich zwischendurch und Addison erzählt, dass die junge Stute sich gut in die Herde eingefunden hat.
      »Meine Canyon kümmert sich rührend um sie, aber zu näheren Annäherungsversuchen haben wir uns noch nicht gewagt. Ich bin froh, dass ihre Verletzungen so gut verheilt sind«, erzählt Addi.
      Spät am Abend kommt ein weiterer Gast. Als es klingelt steht Mio auf, geht zur Tür und lässt Eyvind herein. Er ist ein ruhiger Geselle, mit kurzem, schneeweißem Haar und lockerer Kleidung. Er setzt sich zwischen mich und Addi und unser Gespräch wird dadurch beendet.
      »Was passiert eigentlich mit Brock?«, fragt Mio mich über den Tisch hinweg. »Ich habe gehört, dass er hier bleibt?«
      Ich nicke und nehme noch einen Schluck Wein, bevor ich antworte. »Petyr und Saga wollten gegebenenfalls noch ein zweites Pferd. Aber ansonsten«, ich blicke kurz zu Jora, die mich aufmerksam anschaut, »würde ich ihn gerne in Joras Hände geben.« Jora ist überrascht, aber nach einigen Sekunden breitet sich ein Lächeln auf ihren Lippen aus.
      »Das würde mich sehr freuen, wenn ich ein Stück von dir behalten könnte«, sagt sie und ich senke leicht beschämend den Kopf. Es war mir noch fremd, so offen vor anderen über Gefühle reden zu müssen.
      Das Gespräch am Tisch breitet sich wieder aus, doch ich halte mich zurück und auch Jora wendet sich von Ikarus ab. »Wollen wir nach Hause?«, fragt sie schließlich. Ich bin einverstanden und nicke.
      Nach jeder Menge Abschiedsworte verlassen wir das Haus. Die hellen Fenster leuchten uns den Weg zurück in den Wald hinein, vorbei an den Weiden, bis hin zu meinem kleinen Haus auf der Lichtung. Der Himmel ist klar und die Sternenpracht breitet sich über uns aus, wie ein leuchtendes Dach aus Erinnerungen. Wir bleiben auf der Veranda stehen und blicken hinauf.
      »Ich werde dich vermissen«, sagt Jora und rutscht noch ein Stückchen näher an mich heran.
      »Ich dich auch«, sage ich leise, denn die Worte waren nur für sie bestimmt. »Aber es ist noch nicht soweit für Abschiedsworte, wir haben noch Zeit und die sollten wir nutzen.«
      Wir schweigen gemeinsam und erst als Jora von der Kälte beginnt zu zittern, ziehe ich sie ins Haus und schließe die Tür.

      Kurz nach Acht am nächsten Morgen betrete ich den Stall. Es verwundert mich nicht, dass ich Ikarus wieder im Strohsitzend vorfinde, den Laptop auf seinem Schoß. Ich grüße ihn kurz, er bemerkt mich jedoch nicht und tippt intensiv weiter. Ich gehe die Boxen ab, auf der Suche nach Dynurs Namen. Meine Pferde dürfen die Zeit draußen genießen und doch habe ich hier auch Boxen für sie. Ich finde schließlich die Box und damit auch Dynurs Halfter, dass ich vermisst habe. Ich winke Ike zum Abschied, obwohl ich weiß, dass er es nicht bemerken würde und verlasse den Stall wieder.

      21-10-2017 | 28.795 Zeichen | Canyon
    • Canyon
      [​IMG]
      Stumme Heimkehr
      Marid | Chosposi | Anaba | Morrigans Hidalgo | My Canyon | Flotten von Mutanten | Cloud | Aquena | Zonta | Ghostly Phenomenon | Imagine Dragons | Pítu | PV Gräfin | Song of Peace | Óslogi | Félagi

      »Alles okay?« Nico hielt neben mir und blickte mich fragend an.
      »Ja, hatte nur einen schlechten Tag.« Aus dem Augenwinkel sah ich, wie er in die Tasche griff und eine Zigarette herauszog.
      »Du siehst aus, als hättest du viele davon«, sagte er locker.
      »Ja.« Unser Gespräch legte eine Pause ein.
      »Vielleicht solltest du mal früher schlafen gehen?« Nico steckte sich die Zigarette an, nahm einen Zug und atmete eine Rauchwolke in den dunklen Nachthimmel.
      »Viel zu oft ist der einzige Ausweg Schlaf«, sagte ich und blickte in die Rauchschwaden, die von einem Windstoß mitgenommen wurden.
      Nico zuckte nur mit den Schultern. »Wer weiß, vielleicht ist es ja dann der Beste.«
      »Bart kommt«, sagte ich, kaum hatte ich das dumpfe Hämmern der Musikanlage gehört. Auch Nico hielt kurz inne, doch als er das gleiche hörte, nahm er einen Zug und wirkte wieder desinteressiert.
      Eine Minute später raste der rote Jeep von Bart an uns vorbei. Staub wirbelte auf und schlug mir ins Gesicht. Nico hustete, ich wusste nicht, ob vom Staub oder vom Rauch. Im Innern des Wagens erkannte ich Bartholomäus, mit seinem rotblondem Haar, der orangenen Lederjacke und einem jungen Mädchen auf dem Beifahrersitz Sie lachte laut und warf ihre dunklen Haare zurück.
      »Kennst du sie?«, fragte ich. Aber Nico schüttelte nur den Kopf, ohne wirklich hinzusehen.
      »Ich habe aufgehört mir Namen und Aussehen merken zu wollen.« Wieder seufzte er. »Ich würde mich ja gerne wundern, wo er das her hat, aber ich glaube, ich war früher nicht anders.«
      »Aber er macht‘s richtig. Schau uns an, Nico. Mich, Ikarus, Eyvind, dich. Wir sind doch alle in die Jahre gekommene Männer, die in der Liebe versagt haben.« Nico schwieg. Ich warf einen Seitenblick auf ihn. Er hatte den Kopf leicht erhoben, sein Blick ging in den Nachthimmel und die Zigarette verglühte in seiner Hand.

      Sie hatte helles Haar und Augen mit einer unbestimmten Farbe, so wie die ihrer Mutter und mir fiel noch jemand ein, bei dem ich die Augen gesehen hatte. Bevor dieser Gedanke allerdings reifen konnte, verwarf ich ihn, darauf bedacht, ihn zum richtigen Zeitpunkt wieder hervorzuholen. Ihre Haare waren ganz anders, als die von Charly. Es war leicht gelockt, nicht länger als schulterlang und ganz fein. Die Farbe erinnerte mich an Pfirsiche, so wie die von Bart.
      Einmal im Jahr war Bart nach Europa geflogen. Manchmal zu Weihnachten, manchmal einfach in den Ferien. Der Kontakt zu Charly war über all die Jahre immer mehr geschrumpft, nur mit seiner Schwester hatte er weiterhin intensiven Kontakt gehabt und da sie sich verweigerte über Handy mit ihm zu kommunizieren, hatte Bart angefangen, Briefe zuschreiben. Ich schätzte das sehr an ihm, denn es gab nicht vieles, was der junge Mann mit Bedacht tat. Oft waren seine Handlungen unüberlegt und seine jugendliche Leichtigkeit führte seine Hand. Ich gönnte ihm diese, aber er musste irgendwann erwachsen werden.
      Ich freute mich Penelope endlich kennenzulernen, die Frau neben ihr war mir jedoch unbekannt. Nicht, dass ich Charly nicht erkennen würde, dieses Gesicht würde ich immer wiedererkennen, aber ich sah, dass sie nicht mehr die war, die ich damals meine Freundin genannt hatte. Sie hatte ihr Businesskostüm an. Eine helle Bluse und einen kurzen Rock, die mittellangen Haare locker zurückgesteckt, der Mund rot und zugekniffen.
      Nico hinter mir hielt sich zurück, nur Bart hatte den nötigen Anstand auf die beiden zuzugehen, seiner Mutter eine Tasche abzunehmen und seiner Schwester einen Kuss auf die Wange zu geben. Die restliche Zeremonie lief sehr stumm ab. Ich grüßte Charly und auch Penelope höflich, jedoch mit gebührendem Abstand. Penelope blickte mir nur für einen Moment in die Augen, blieb ansonsten jedoch stumm.
      Als auch Nico beide begrüßt hatte, wandte er sich an Bart. »Sei doch bitte so lieb und zeige beiden wo sie schlafen können.« Bart nickte nur. Ausnahmsweise schien er Verständnis für seinen Vater aufbringen zu können. Stumm beobachteten wir vier, wie sich Nico umständlich auf dem trockenen Boden umdrehte und mit etwas Anstrengung die Räder seines Rollstuhls in Bewegung setzte.

      Der Tisch war definitiv zu klein für uns. Letzten Sommer hatte Eyvind ihn zwar frisch gestrichen, seit dem hatte er aber als Ablage zur täglichen Benutzung im Stall gestanden und von dem Weiß war nicht mher viel zu sehen. Es waren fast alle da und wenn ich „fast“ sage, dann war es mindestens die Hälfte. Eli hatte uns Brötchen besorgt und dann seine Aufgabe für den heutigen ag als erldigt angesehen. Ich bezweifelte es, dass ich ihn heute noch einmal wieder sehen würde. Auch Chill hatte sich vom Essen abgemeldet und Buck hatte eine wichtige Trainingseinheit mit Zonta und einer neuen Schülerin und hatte schon vor uns gegessen. Die Stimmung war dementsprechend angespannt, als ich und Eyvind mit Charly, Penelope, Nico und Bart am Frühstückstisch saß, auf dem frische Brötchen, sowie der magere Inhalt des Kühlschranks gestapelt war.
      »Ich dachte, ich treffe Ikarus auch hier an? Bartholomäus erzählte mir vor Kurzem, dass er auch wieder zurück ist«, fragte Charly in die stille Runde.
      »Das ist zwei Monate her, Mum«, sagte Bart und schmierte unordentlich Nutella auf seine zwei Brötchen.
      »Und das bedeutet was?«, fragte sie nochmal nach.
      »Ike ist zur Zeit wieder mit Pítu unterwegs, in den Rocky Mountains diesmal, wie ich hörte«, klärte Nico Charly auf, ohne sie anzusehen. »Ich erwarte ihn nicht vor Ende Juni zurück.«
      »Wie schade«, sagte Charly und ich fragte mich, ob sie es wirklich so meinte. Nach einer weiteren Gesprächspause, in der wir unser Frühstück genossen, durchbrach wieder Charly das Schweigen. »Ich möchte heute an den Strand fahren, wer fährt mit?«
      Niemand reagierte, auch Bart nicht, den Charly besonders anstarrte. Erst als das Schweigen zu unerträglich wurde, blickte Bart auf. »Tut mir Leid Mum, aber ich wollte heute mit Marid etwas arbeiten und für die Schule muss ich auch noch etwas arbeiten.«
      »Na gut«, seufzte Charly. »Dann fahre ich eben alleine. Ich erwarte allerdings, dass du dich um deine Schwester kümmerst.« Bart verdrehte nur die Augen und nahm sich zwei weitere Brötchen, die er abermals mit Nutella beschmierte und dann in einer unglaublichen Geschwindigkeit in sich hineinstopfte.

      19-07-2018 | 6.190 Zeichen | Canyon
    • adoptedfox
      [​IMG]
      Pflegebericht für die Pferde von Phoenix Valley
      | Imagine Dragons, Marid, Chosposi, Anaba, Morrigans Hidalgo, My Canyon,
      Flotten von Mutanten |
      | Cloud, Aquena, Zonta, Ghostly Phenomenon, PV Gräfin, Song of Peace, Pitú, Óslogi, Félagi, GH's Acapulco Gold |


      Wer hätte gedacht, dass der Tag doch noch so schön werden würde? dachte ich und schloss die Tür hinter mir. Bei der Fütterung heute morgen war der Himmel zugezogen und beim ausmisten hatte es sogar leicht geregnet. Jetzt war es warm, fast schon zu warm für die Jahreszeit und die Vögel zogen fröhlich zwitschernd ihre Runden über den Dächern. Ich brachte Aquena und Zonta auf eine der großen Weiden und beobachtete die beiden Stuten für einen Moment, bevor ich zurück in den Stall ging und Imagine Dragons holte. Anaba und Flotten von Mutanten brachte ich ebenfalls zu der kleinen Gruppe und es dauerte nicht lang, bis alle friedlich beisammen standen und Grashalme zupften. Die beiden Vollblutstuten PV Gräfin und Song of Peace brachte ich ebenfalls auf eine Weide. Ihre Halfter legte ich nahe des Weidetores in der Wiese ab und kontrollierte, dass die Litzen mit Strom versorgt wurden. “Na du siehst ja aus!” lachte ich, als ich Cloud sah. Der schöne Mustanghengst hatte allem Anschein nach in seinen Hinterlassenschaften genächtigt und ich hielt es für besser ihn zu putzen, bevor ich ihn auf die Koppel brachte, die ans Stallgebäude anschloss. Mit langen Zügen striegelte ich sein Fell und gab mir bei den dunklen, braunen Stellen besondere Mühe. Als der Hengst wieder halbwegs als Cremello durchging, bürstete ich die losen Haare und Hautschuppen ab und führte ihn auf die Koppel. Auch Chosposi, Morrigans Hidalgo und Pitú durften die warmen Sonnenstrahlen auf ihrem Fell genießen. Félagi und Óslogi, zwei Isländer, warteten schon auf mich und klopften mit den Hufen gegen die Boxentüren. Ich ermahnte die beiden und hatte alle Hände voll damit zu tun, dass keines der beiden Pferde mich auf dem Weg zur Weide überholte. Geschafft! dachte ich und trank einen Schluck aus meiner Wasserflasche, die ich in die Sattelkammer gestellt hatte um sie kühl zu halten und ging in die Nebenstallungen wo Ghostly Phenomenon, Marid und GH’s Acapulco Gold ihre Boxen hatten. Nun wartete nur noch ein Pferd darauf, nach draußen zu kommen und dass war My Canyon. Die schöne Stute stand nah an der Boxentür und sog neugierig meinen Geruch ein, als ich die Tür öffnete und hinein ging um ihr das Halfter anzuziehen. Ich strich mit meinem Handrücken über ihre sanfte Nase und schickte sie ein paar Schritte zurück, damit ich sie nach draußen führen konnte. Ich brachte die Stute auf die Weide, auf der sich auch die anderen Mustangstuten befanden und schloss das Weidetor. Der Strom war angeschlossen und auch die Tränken funktionierten. Solange die Pferde auf der Weide waren, würde ich die freie Zeit nutzen um das Sattelzeug zu reinigen. Das hatte es dringend nötig!
      2656 Zeichen von adoptedfox
    • Canyon
      [​IMG]
      Aus Asche erblühen
      | Grenzfee | Echo's Maiden | Far Cry | Amistad | Westatlanta | Light up Hell | CHH' Lethal Combination | Song of Peace | PV Gräfin | Alphabet Soup | Ivy's Rhapsody | Marid | Mytos | Arias | Chosposi | Anaba | Morrigans Hidalgo | My Canyon | Flotten von Mutanten | Cloud | Aquena | Zonta | Havanna Girl | Ghostly Phenomenon | Pítu | Óslogi | Félagi | Imagine Dragons |

      „Es ist bezeichnend, dass wir vor fast genau einem Jahr genau hier saßen und das Gespräch heute vermutlich genau das gleiche sein könnte, wie damals“, sagte ich und ließ mich neben Nico auf den Stein sinken.
      „Das stimmt nicht, wir haben viel erreicht im letzten Jahr.“ Nico zieht an seiner Zigarette. „Ein paar gewonnene Turniere, gelungene Pferdeverkäufe und mein Sohn hat seit fast zwei Monaten durchgängig die gleiche Freundin. Das wäre letztes Jahr um diese Zeit noch nicht denkbar gewesen.“
      „Ein Nicolaus du Martin wird seinen Sarkasmus und die darin eingebaute angebliche Hoffnung wohl nie verlieren.“
      „Das kommt alles von der Natur. Immerhin bezeichne ich dich nach zehn Jahre pure Feindschaft als meinen besten Freund. Das ist wahre Ironie. Mit dir habe ich das Gefühl, dass wir als einzige alle zehn Staffeln „The Walking Dead“ überleben würden.“
      Ich lächle dankbar. Vielleicht sieht Nico es im Licht seiner glühenden Zigarette, vielleicht ahnt er es und vielleicht sind seine Gedanken ganz wo anders. „Danke, mein Freund, das bedeutet mir viel.“ Wir schweigen einen Moment und lassen unseren Blick über die hügelige Ebene, die vom Halbmond nur spärlich beleuchtet wird, gleiten. „Was wäre, wenn wir dieses traurige Kapitel der letzten zwei Jahre hinter uns lassen uns neu anfangen? Seit einem Jahr haben wir kein neues Pferd mehr gekauft, unsere Zuchthengste sind alt und die Stuten haben seit Jahren kein Fohlen mehr getragen.“
      „Wir alle brauchen irgendwann Frieden. Ich habe meinen mit dieser Situation geschlossen. Wir halten und mit den Turniergewinnen über Wasser und verdienen und ansonsten noch ein paar Kröten mit Training hinzu. Warum immer mehr arbeiten, wenn das zum Leben reicht“, sagt Nico gedehnt.
      „Du bist faul geworden. Faul und dick. Du ruhst dich auf den Erschaffungen deiner Jugend aus!“
      „Und? Was ist daran falsch? Ich habe hart gearbeitet und jetzt ruhe ich. So will ich es.“
      Ich seufze. „Du bist ein Blödmann, das warst du schon immer.“
      „Und Dir stehen deine kurzen Haare nicht.“
      „Selber.“
      „Altwerden ist anstrengend.“
      „Ja.“
      „Apropos. Schiebst du mich zurück? Mit der Kippe in einer Hand fahre ich immer schräg.“

      „Ich habe mir was überlegt.“
      „Was?“
      „Ich habe mir was überlegt!“
      „Ja, was?“
      Ich beiße die Zähne aufeinander und grunze. Nico ignoriert mich. Er starrt seit einer Ewigkeit auf den Bildschirm seines IPads und schaut sich Dokumentationen über Friseursalons für Labrapudel an. „Wir kaufen ein paar neue Pferde.“
      „Ne“, sagt Nico.
      „Wieso nicht?“
      „Keine Lust und kein Geld.“
      „Investieren nennt man das. Geld ausgeben, um später mehr Geld einzunehmen.“
      „Ne.“
      „Doch.“
      „Okay.“
      „Hör auf damit!“
      „Mit was?“
      „Mich absichtlich zu nerven.“
      „Geht aber immer so erstaunlich gut.“
      Ich seufze und mache mir einen Tee. Die kleine Wohnküche war für die Besatzung des Hofes, die laut Barts Beobachtungen nur aus alten und verzweifelten Männern bestand, sich ausgerechnet, deutlich zu klein. Aber solange wir international keine Anerkennung erlangen werden, wird es zum Glück noch keine Tratsch-Artikel über die Schwulen-WG im Outback geben. Im Endeffekt hatten wir sowieso keine andere Möglichkeit, als unsere Sexualität an die Umgebung anzupassen und hübsche Norwegerinnen gab es hier draußen definitiv nicht. Die hatten es alle richtig gemacht und waren in Norwegen geblieben. So wie Jora.
      „Nicht an Jora denken“, sagt Nico und schaltet endlich den Bildschirm aus.
      „Woher weißt du...?“
      „Du denkst immer an Jora, wenn du so einfrierst und dein Blick in die Ferne geht. Mensch Malte, ich bin auch ein Mann.“
      Ich sage nichts und nehme einen Schluck heißen Tee. Jora mochte Tee mindestens genauso wie ich.
      „Ich dachte, wir wollten los?“, fragt Nico und chauffiert seinen Rollstuhl umständlich zwischen Sofa und Sessel hindurch.
      „Wo los?“ Bart betritt in diesem Moment den Raum. Dreckige Jogginghose und Muskelshirt, fettige Haare und nur eine Socke.
      Nico hebt die Hände zum Himmel. „Warum bestraft mich Gott nur mit meinen eigenen Fehlern jeden Tag aufs Neue!“
      „Schick“, sage ich nur und proste Bart mit meinem Tee zu. Nico hatte das Gesicht in den Händen vergraben deswegen antworte ich. „Wir kaufen jetzt neue Pferde.“
      „Also ich weiß ja nicht, warum ihr ich so über mich beklagt, aber ihr müsst euch mal zuhören und zuschauen, kindlicher geht’s ja echt nicht mehr. Wir kaufen neue Pferde“, äfft er uns nach. „Als würdet ihr in den Spielzeugladen gehen und Fillypferdchen kaufen.“
      „Was sind Fillypferdchen?“, frage ich und Nico wirft mir einen bösen Blick zu.
      Bart seufzt. „Es scheint, als müsste ich, als Erwachsene und reife Person“, Nico schnaubt, „die in der modernen Welt angekommen ist, euch begleiten.“ Er nimmt sich eine Cappi vom Hacken und öffnet die Tür. „Kommt ihr, Jungs?“

      Bart hat darauf bestanden, mit seinem roten Jeep zu fahren. Obwohl er sich farblich schon lange nicht mehr von dem von Nico unterscheidet und der ist basicgrey. Leider hatte sich Barts Musikgeschmack, im Unterschied zur Länge seiner Beziehungen, nicht verändert.
      Während der Fahrt. Von Kalifornien aus ging es im Endeffekt nur in eine Richtung, wenn man nicht nach Kanada oder Mexiko wollte, hatte ich einige interessante Pferde ausgesucht. Es war erschreckend, wie viele Gestüte in letzter Zeit bankrott gegangen waren. Entweder ein Zeichen, dass es auch uns nach dieser wenig durchdachten Aktion so gehen würde, oder dafür, dass wir nun die Chance hatten, aus der Asche der anderen neu zu erblühen.
      Unser Wochenende bestand also daraus, durch die Staaten zu fahren und Pferde zu kaufen. Meistens waren es Gestüte, mehr oder weniger bekannt, die ein paar ihrer Perlen verkauften. Glück hatten wir allerdings bei einem Ausverkauf. Dort ergatterten wir einen jungen Hengst und in ebenso auffallender Lackierung eine Stute dazu. CHH’ Lethal Combination war eine Augenweide und neben Light up Hell wahrscheinlich der Grund, warum Nico, Bart und ich ab Seattle in den Flieger stiegen und sogar nach England flogen, um „einzukaufen“. In England stieß eine ältere Zuchtstute zu uns. Ich hatte vielleicht etwas Mitleid mit der verwirrt schauenden Palominostute Far Cry, Nico hingegen war ganz hin und weg von ihrem bissigen Charakter.
      Am Ende unserer Reise hatten wir acht neue Pferde und drei, die durch einen Ausverkauf wieder zu uns zurückgehen sollten. Mythos und Arias hatten ihre Jungpferdezeit gemeinsam anderswo verbracht und Bart, der ein wahrer Araberfreak war, hatte sich nicht nehmen lassen, die beiden Rubinafohlen zurück nach Kalifornien zu holen.
      Die größte Beute hatten wir wohl auf dem Gestüt von Landsberg gemacht. Fünf Vollblüter mit der besten Abstammung. Unter ihnen Grenzfee, bei der allerdings schon immer klar gewesen war, dass sie wahrscheinlich eines Tages zurück nach Hause kehren würde. Amistad, Echo‘s Maiden, Ivy’s Rhapsody und Westatlanta.
      „Westatlanta“, sagt Nico. „Was für ein bescheuerter Name.“
      „Wir finden schon einen guten Spitznamen für sie“, sage ich und unterschreibe auch für die gepunktete Stute den Kaufvertrag.
      „Klar. Wessi oder Atti dann wohl. Klingt ja viel besser“, antwortet Nico hämisch.
      „Ich finde Westatlanta cool“, sagt Bart. „Das klingt so nach—.“
      „Nach dem Westen von Atlanta?“ Nico schüttelt fassungslos den Kopf, als Bart daraufhin begeistert mit dem Kopf nickt.
      „Genau!“, sagt er begeistert.

      Die letzte Stute sammeln wir kurz vor unserer Heimat an. Sie stammt aus keiner großen Zucht, hat laut Vorbesitzer aber die perfekten Anlagen, auch in der Distanz. Alphabet Soup ist vielleicht ein Fehler, aber wir sind nicht losgezogen, um keine Fehler zu machen.
      Sie ist hübsch und hat eine angenehme Größe, ein ruhiges Temperament und schöne Augen. Der Verkäufer will sie trotzdem loswerden und leiht uns sogar einen Hänger aus, damit wir sie gleich mitnehmen können. Ich sehe mich die nächsten Jahre schon auf dem unbequemen Rücken der Vollblüter sitzen. Warum war aus meinem Wunsch einer Curly-Zucht nur nichts geworden?
      Vollblüter sind schon immer Nicos Traum gewesen. Vielleicht auch Charlys, aber von Charly sprach man hier sowieso nicht mehr. Sie existiert nur noch in unserer Erinnerung.
      Sollte mein schöner Hintern an den Rippen der Pferde zerbrechen, hatte ich immerhin noch Óslogi und Félagi, die meine empfindlichen Körperteile mit ihrem dicken Fell wieder weich klopfen würden.

      Zwei Wochen später sind alle Pferde angekommen. Ich hatte die Stallgemeinschaft in den letzten Tagen zusammengerufen und den Stall wieder auf Vordermann gebracht. Der Einzug einiger neuer Pferde und die Belegung länger leerstehender Boxen war selbst für Bart ein guter Grund mitzuhelfen. Es tat gut, alle mal wieder versammelt zu sehen. Seit Monaten waren wir nur noch lauter orientierungsloser Männer, die durch die Welt ohne Ziel streiften.
      Mary Ann hatte uns damals verlassen und uns mit genau diesen Worten beschimpft. Sie war das einzige Mädchen gewesen, das es länger bei uns Männern ausgehalten hatte. Bis auf Barts Babysitterin. Sie war geblieben bis Bart fast 16 Jahre alt war, obwohl Nico sie seit Barts sechstem Geburtstag nicht mehr bezahlt hatte. Dafür hatte sie zusammen mit ihm eine Hanfplantage einige Hundertmeter weiter im Wald angelegt und hatte sich damit etwas Geld verdient.
      Am Sonntagabend sitzen wir nun also gemeinsam auf den klapprigen Holzstühlen, vor uns einen Grill und im Wind über uns traurig flatternde Luftschlangen als Symbol der Freude. Bis auf Ike, er ist mal wieder seit Wochen mit Pítu unterwegs, sind alle da. Selbst Eli hat sich dazuverdienen erklärt, wieder etwas mitzuhelfen. Bart kuschelt auf dem alten Stallsofa mit seiner Freundin, die beiden haben einen großen Ausritt mit Marid und Ghostly Phenomenon hinter sich. Sie kann zwar nicht reiten, aber Phenomenon kommt mit allen Schwierigkeiten des Lebens zurecht.
      Eyvind sitzt etwas abseits. Er ist der einzige, der aktiv mit dem Training der Pferde beschäftigt ist. Nebenbei kümmert er sich noch um die übriggebliebene Mustangs und gibt Reitunterricht auf ihnen. Nur wegen den Wildpferden gab es viele, die hierherkommen und für eine Stunde retten jeden Menge Geld auf den Tisch legten. Eyvind hatte uns damals mit dieser Idee vor dem ersten Bankrott gerettet, hoffentlich würde es jetzt mein Vorhaben tun.
      Ich weiß noch nicht, in welche Richtung sich alles entwicklen würde. Oder ob es überhaupt dieses Mal im Leben weitergehen würde, alles ist ungewiss, aber die Zeit wird auch diese Frage klären.

      19-08-2019 | Canyon
    • Canyon
      [​IMG]
      happens to the heart
      Amistad | Firewalker | Light up Hell | Last in Love | Chromed Highwind | Lap de Loupe | Sir Golden Mile | Golden Sugar
      Grenzfee | Echo's Maiden | Far Cry | CHH' Lethal Combination | Westatlanta | Alphabet Soup | Song of Peace | PV Gräfin | Cinnada Mistik | I've got a blue soul | BR Prias Raveday | Delightful Cinnamon
      Winter with Koen | Ivy's Rhapsody | BR Ruffian's Smart Jane | PFS' Circle of Thyme | Lady Phoenitia | PV Farwest | PV Rebellion of Cinqué | PV Traumfee | PV Toxic Compound
      Félagi | Schwalbenfeder | Óslogi | Pítu | Marid | Arias | Mytos | Ghostly Phenomenon | Imagine Dragons
      ]Chosposi | Anaba | Morrigans Hidalgo | Cloud | My Canyon | Flotten von Mutanten | Aquena | Zonta | Havanna Girl | Kwatoko | Dawn

      »Malte!«
      Erschrocken blickte ich auf. »Ja?«
      »Mensch, bist du taub?« Bartholomäus schüttelte fassungslos den Kopf. »Dein Handy klingelt!«
      Ich blickte auf das leuchtende und vibrierende Nokia-Handy auf dem Tisch neben mir. Ich brauchte einen Moment, um mit den Gedanken von Logis Sehnenverletzung zu dem Anruf zu kommen. Ich nahm ab. Es hatte seinen Grund, warum ich keinen Anrufbeantworter eingerichtet hatte.
      »Tordenværson?«, brummte ich in den Apparat.
      »Immer noch wie damals«, sagte eine unsichere, stockende Stimme. Ich kannte diese Stimme. Sie brachte mich dazu in windeseile aus dem Sessel aufzustehen, das Wohnzimmer zu verlassen und mit einer Jacke ausgerüstet in die kalte Nachtluft hinaus zu hetzen.
      »Malte?«, fragte sie.
      »Charly«, sagte ich und meine Stimme kratzte fürchterlich wie ein Eisenschwamm auf dem Herd.
      »Gut, du bist noch dran«, sagte Charly. »Schön, dass ich dich erreichen kann.«
      Ich räusperte mich und nahm auf einer Bank vor dem Stallgebäude Platz. »Womit kann ich dir helfen, Charly?«
      »Ich wollte mich mal bei dir melden«, sagte sie leise. »Es ist nämlich so, dass ich nächste Woche beruflich in Los Angeles bin und dich fragen wollte, ob wir gemeinsam essen gehen wollen. Ich lade dich natürlich ein!«
      »Warum fragst du das mich und nicht deinen Sohn, der bestimmt gerne Zeit mit seiner Mutter verbringen möchte?«, fragte ich, etwas barscher als ursprünglich beabsichtigt.
      Am anderen Ende war es still. Ich hörte nur ein leises Rauschen, vielleicht war es Charlys Atmen. »Du weißt«, sagte sie einige Sekunden später, »dass ich mit Bart noch nie eine gute Mutter-Kind-Beziehung hatte. Er ist jetzt erwachsen. Wenn er Interesse an mir hat, dann kann er sich gerne jeder Zeit bei mir melden.«
      Diesmal schwieg ich. Ich wollte mich nicht in die Familienprobleme einmischen, aber es fiel mir schwer, nicht jetzt und für immer diesem unausgesprochenem Drama ein Ende zu bereiten. Charly nahm als erste das Gespräch wieder auf: »Also, kommst du mich nun besuchen?«
      »Natürlich«, sagte ich. »Wann kommst du an?«

      »Wo ist Malte?« Nico blickte fragend in die Runde. Eyvind, Eli, Ike und Bart standen im Hauptstall im Kreis um ihn herum. Jeden Freitag war Besprechung. Nicht, dass an anderen Tage keine Kommunikation herrschte, aber die fünf Minuten am Freitag um acht fanden ohne Kaffee und Smartphone statt. Verspätungen wurden mit extra Morgenschicht bestraft.
      »Na seine Schwester ist in Los Angeles«, sagte Eli.
      »Quatsch«, widersprach Bart. »Seine Schwester hat er seit Jahren nicht mehr gesehen. Er meinte zu mir, dass er einen Auftrag hätte.«
      »Nur, weil er seine Schwester länger nicht mehr gesehen hat, ist das doch kein Grund, dass sie sich nicht ausgerechnet dieses Wochenende treffen?« Eli ließ nicht locker.
      »Vielleicht meinte er ja seine Cousine?«, sagte Eyvind. »Hatte er hier nicht mal eine Cousine?«
      »Die Frage ist eigentlich, warum ich nichts davon weiß?«, fragte Nico. Alle zuckten ratlos die Schultern und Nico musste seufzen. »Alles klar, dann machen wir eben einen Plan ohne Malte.«
      Alle nickten. Erschienen Nico aber trotzdem leicht verwirrt, ohne Malte, der immer alle Ruder in der Hand hatte. Auch diejenigen, die Nico gerne fallen ließ. Malte rettete immer alles.
      »Ich brauche Rückmeldung zu den neuen Praktikanten und Praktikantinnen«, sagte Nico, das „innen“ betont. »Meinungen darüber?«
      »Cjara ist ziemlich hübsch«, sagte Bart mit einer andeutungsvollen Stimme. Zustimmendes Gemurmel machte sich bemerkbar. Nico seufzte laut.
      »Irgendwelche Probleme? Unzufriedenheiten? Irgendwas?«, er gab noch nicht auf. »Eyvind, du warst doch mit auf der Woodland Ranch, sind Cjara und Elsi gut geritten?«
      Eyvind nickte. »Nichts auszusetzen. Cjara schön und nervös wie immer, Elsi etwas zu verbissen, aber ansonsten tadellos.«
      »Na gut«, sagte Nico. »Wenn das so ist, dass möchte ich, dass die Mutterstuten und die Fohlen heute besondere Aufmerksamkeit bekommen. Gemeinsamer Koppelgang und erstes Halfteranlegen und Putzen ist angesagt. Ansonsten kommt heute Nachmittag noch der Tierarzt wegen Miles Hautproblemen vorbei und bringt uns neue Medikamente. Und Bart, lass ja die Finger von Cjara.«
      Nico wendete sich von der Gruppe ab und rollte zurück in Richtung Haupthaus. Wo war nur Malte? Warum hatte er nicht vorher mit ihm gesprochen?

      Ich fühlte mich überaus unwohl mit meiner dreckigen Jeans und dem Karohemd von gestern unter all den Buisnessmenschen, die aussahen, als wäre es für sie üblich, jeden Tag mit dem Flieger auf Arbeit und wieder zurück zu fliegen. Die weißen Fliesen unter meinen Füßen glänzten in der untergehenden Sonne, die durch die meterhohe Glasfassade der Eingangshalle vom International Airport von Los Angeles fielen. Meine Hände in den Hosentaschen verkrampften sich gestresst.
      Ich hätte Charly nicht erkannt, wenn sie nicht wenige Meter vor mir ihre Handtasche in der Luft geschwenkt und „Hallo Malte!“ gerufen hätte. Sie war nicht von den Menschen in grauen oder schwarzen Anzügen zu unterscheiden, die, ihren Hartschalen-Koffer vor sich her schiebend und auf das Handy blickend, die Halle in einen riesigen, menschlichen Ameisenhaufen verwandelten.
      Ich hasste Flughäfen.
      Charly war alt geworden. Sie hatte keine Falten gekriegt oder Seniorenmode gekauft, sie war einfach so alt geworden. Für einen Moment verschwamm sie vor meinen Augen und ich sah sie, so wie ich sie damals kennengelernt hatte; Kurze schwarze Haare, zerschlissene Jeans, dunkler Eyeliner und ein freches Grinsen. Sie war immer jung gewesen, diese Zeiten waren anscheinend vorbei.
      »Das ist so lieb, dass du mich abholst!«, sagte sie freudestrahlend und fiel mir um den Hals. Auch sie hatte einen silbernen Hartschalen-Koffer dabei, denn sie los lies, woraufhin er noch einige Schritte weiterrollte. Zwei Tage Los Angeles und es sah aus wie zwei Wochen Antarktis.
      Ich erwiderte ihre Umarmung und legte meinen Kopf auf ihre Schulter. Sie roch gut, viel zu gut.
      »Ich habe ein Zimmer im H-Hotel, also nicht weit von hier! Ich würde schnell meine Sachen ablegen und dich dann zum Abendessen ausführen.«
      Ohne meine Antwort abzuwarten, tippelte sie zielstrebig in den hohen Absätzen in Richtung Ausgang. Den Koffer ließ sie für mich zurück.
      Das H Hotel lag tatsächlich nur wenige Minuten zu Fuß vom Flughafen entfernt. Es hatte eine eindrucksvolle Glasfassade, Palmen vor dem Eingang und eine Suite, die größer als unsere Reithalle war. Ich fühlte mich fehl am Platz und Charly neben mir machte es nicht besser. Mit ihrer Handtasche wackelte sie voraus, während ich wie ihr Diener mit dem Koffer beeilte hinterherzukommen. Natürlich nahm sie den Fahrstuhl in den zweiten Stock, anstatt die imposante Treppe zu bevorzugen. Charlotte von Eylenstein hatte sich angepasst. Angepasst an ihre neue Arbeit, ihr neues Aussehen, ihren neuen Mann.
      Ich hatte es mir bereits gedacht, aber die Suite besaß nur ein großes Doppelbett mit aufgepolsterten Monsterkissen und Deckenbergen dazu.
      »Ich würde auf der Couch schlafen«, sagte ich und legte meinen kleinen Rucksack neben die gewaltige Couch, von der aus man einen eindrucksvollen Blick auf den LAX hatte.
      »Blödsinn.« Charly lachte auffallend hell. »Das Bett ist groß genug für uns beide. Ich mache mich schnell etwas frisch, dann habe ich für uns bereits einen Tisch reserviert.«
      Ich ließ mich aufs Bett fallen während aus dem Bad das Rauschen von Wasser zu hören war. Wer war diese Frau nur geworden? Ich hatte sie mal geliebt. Ich weiß noch, wie gerne ich Charly gemocht hatte und wie sehr ich Nico gehasst hatte. Vielleicht war das ein Grund gewesen, warum ich Nico nach all den Jahren verzeihen konnte. Tjarda und Jora, sie waren all die Zeit nur Ablenkungen gewesen. Das Wasser stoppte und ein Föhn ging an. Seit zwanzig Jahren kannte ich sie. Seit zwanzig Jahren trauerte ich ihr hinterher. Für mich hatte das bedeutet, zwei bedeutungslose Liebschaften, wobei die erste von beiden nicht mal über ein „Hey, kann sein, dass ich dich mag“ hinausgegangen war. Die zweite war schon anders gewesen, besser. Jora war in einem Augenblick in meinem Leben gekommen, in dem ich sie gebraucht hatte. Missbraucht hatte. Gedacht hatte ich dabei all die Zeit an jemanden anderen.
      Der Föhn verstummte und es wurde ruhig im Badezimmer. Ich war alt geworden. Von meinen blonden Haaren war nicht mehr viel übrig. Vielleicht hatte die Sonne in Kalifornien sie weiß gefärbt, vielleicht die Einsamkeit. Ich war noch immer der Selbe wie damals. Ich hatte meine zwei Pferde und meine Arbeit, wie eh und je. Keine Veränderung und keine Weiterentwicklung. Petyr hatte sich weiterentwickelt. Ich hatte gehört, er hatte jetzt eine Familie in Oslo. Das mit Saga war wohl doch mehr geworden, als jeder gedacht hatte. Und Charly hatte sich weiterentwickelt. Zwar in eine Richtung, die mir nicht sonderlich gefiel, aber vielleicht lag das an mir. An mir, weil ich dachte, dass sie mich nun vollends abgehängt hatte.

      Den Vormittag verbrachte Nico bei Eyvind. Er war der Alleskönner und der Allesversteher des Gestüts und der beste Zuhöhrer oder Schweigefreund, den man haben konnte. Eyvind hatte sich den Mustangs verschrieben und eine kleine Reitschule aufgebaut. Nur wenige Schüler, dafür intensiver Unterricht, der weit über eine normale Reitschule hinausging. Vor allem viel Vertrauensarbeit und Horsemanship, vom Boden aus und im Roundpen. Die Mustangs waren unerschrocken und doch immer vorsichtig, aber vor allem intelligent und erstaunlich menschenfreundlich.
      Sie durften ihr Leben im Offenstall auf den großen Weiden hinter dem Hauptstall verbringen. Einige bekam selbst Eyvind nur selten zu Gesicht und das war auch okay so, dafür waren sie hier.
      Nico fand es erstaunlich, was Eyvind für einen Umgang mit den Kindern und Jugendlichen hatte. Er war Ihnen allen wie ein Vater, obwohl er doch selber keiner war.
      Einmal die Woche kamen die Kinder aus dem Kinderheim, die Eyvind besonders ins Herz geschlossen hatte und es oft über das normale Pensum hinaus ging. Das Geld, welches dabei reinkam, war sehr gering. Aber ein Mustang sollte sowieso nicht für den Kapitalismus missbraucht werden.
      Nach Nicos Besuch bei den Offenstallweiden, suchte er sich zwei der Praktikannten, die sich um die restlichen Pferde kümmern sollten, die gerade nicht im Training standen. Auf Marid ließ er zwar niemanden anderen als Bart, aber eine Massage und etwas Rotlicht durften sie ihm schon verpassen.
      Am Nachmittag fand sich Nico wieder in seinem Arbeitszimmer für eine kurze Pause ein. Er fuhr den Laptop hoch und öffnete die Website von Phoenix Valley, die in neuem Glanz erstrahlte.
      In letzter Zeit waren einige Pferde dazugekommen, aber was noch wichtiger war, die ersten Fohlen waren geboren. Vier wunderbare Vollblüter von wunderbaren Eltern. Es waren die ersten Pferde, die auf diesem Gestüt ihren Weg ins Lebens gefunden hatten und mit Stolz aktualisierte Nico die Website von Phoenix Valley. Die Geburt von PV Farwest, PV Rebellion of Cinqué, PV Traumfee und PV Toxic Compound musste verbreitet werden. Phoenix Valley war von nun an kein vergessenes Gestüt ohne Erfolge mehr, 2020 würde DAS Jahr werden.
      Nachdem die Website mit Bildern und kurzen Texten zu den Neuankömmlingen ausgestattet war, zog Nico sich eine Jacke über und rollte nocheinmal in den Stall. Hier standen seine Schätze, sein einziger Stolz. Die Mutterstuten hatten alle etwas größere Boxen bekommen, um den aktiven Baby-Vollblütern genügend Platz bieten zu können.
      Ganz vorne stand Far Cry, die erfahrenste und älteste der Zuchtstuten. Viele Fohlen würde sie dem gestüt nicht mehr schenken können, aber ihr diesjähriges war ein voller Erfolg geworden. Das Fohlen aus Firewalker hatte den Namen Farwest bekommen und war ein wundervoller Buckskin geworden. Malte meinte, er hat er etwas von einem Dunskin, aber laut Farbgenetik war das nicht möglich. Also war Farwest ein besonderer Buckskin und genauso verhielt er sich auch.
      Die einzige Stute war Traumfee. Ihre Mama Grenzfee war ganz stolz auf den kleinen Wirbelwind, mit dem ständig schlagenden Schweif. Die Wahl, einen Hengst von einem anderen Gestüt auszuleihen, war eine gute Idee gewesen. Fiebertraum hatte nicht nur seine wundervolle Farbe vererbt, sondern auch den munteren und aufmerksamen Charakter.
      Rebellion of Cinqué war eher noch ein kleines Rätsel. Der Hengst sah wundervoll aus, keine Frage, aber er war durchaus etwas zurückhaltender und schwerer einzuschätzen von seinem Charakter her. Echo‘s Maiden behütete den blauäugigen Prachtkerl trotzdem mit aller Liebe. Den weißen Schweif hatte der Kleine definitiv von seinem Vater Amistad geerbt, eine gute Tat, keine Frage.
      Der letzte im Bunde war Toxic Compound. Leider hatte sowohl CHH‘ Lethal Combination, als auch Light up Hell keine allzu guten Werte erhalten, es war also unklar, inwiefern der kleine Hengst groß rauskommen würde. Wahrscheinlich war wohl eine Kariere als Zuchthengst, seine Farbe war wirklich wunderschön geworden.
      Vor einigen Wochen war auch Winter with Koen auf unser Gestüt gekommen. Er war Jährling und sollte als Spielgefährte für Ivy‘s Rhapsody dienen. Sie war jedoch um einiges älter und der junge Koen für sein Alter noch extrem verspielt. Er genoss sichtlich das unbekümmerte Leben und hatte durchaus schon einige Herzen erobert. Deswegen war BR Ruffian‘s Smart Jane eingezogen. Eine Prchtkombination, Homozygot Roan und dann noch Silver. Sie war eine Halbschwester von BR Prias Raveday, die bereits mitten im Training stand, aber das sollte unsere Zucht nicht weiter einschränken.
      Das größte Wunderkind aber war wohl der Junghengst PFS‘ Circle of Thyme. Ein Pineforest Nachkommen, nur für unsere Zucht gezogen und der erste Sabino. Also ein perfekter Kerl mit den besten Voraussetzungen von beiden Eltern.
      Möglicherweise würde es bald auch neue Fohlen geben. Alphabet Soup und Westatlanta liefen in letzter Zeit vielversprechende Turniere und wenn Last in Love und der neue Golden Sugar weiterhin Erfolge nach Hause bringen würden, waren neue Liebeskombinationen definitiv nicht ausgeschlossen. Aber das würde die Zeit bringen. Die beiden Praktikantinnen hatten außerdem noch die zwei unzertrennlichen Stuten PV Gräfin und Song of Peace auf einer Krönung vorgestellt und wenn da alles soweit ohne Probleme gelaufen war, dann würden auch diese bald gekrönt sein.
      Die nächsten Stunden heftete Nico Abrechnungen ab und brachte den ganzen Papierkram auf Vorderman. Früher hätte er sich nie dazu niedergelassen, leider war es ihm aber nicht mehr vergönnt, draußen mit den anderen zu trainieren.
      Seit dem Nico einige „Praktikanten“ für unbekannte Zeit auf das Gestüt gelassen hatte, war wieder Leben eingekehrt und die Arbeiter etwas entlastet. Sir Golden Mile, Lap de Loupe, Chromed Highwind, Cinnada Mistik, I‘ve got a blue soul, Prias Raveday und Delightful Cinnamon standen dadurch wunderbar im Training und sollten in den nächsten Wochen hoffentlich noch ein paar Turniersiege abholen.
      Auch der Trainingscenter von Malte lief auf Hochtouren. Er hatte endlich wieder Zeit für Aufträge und nicht nur das, er hatte sich sogar dafür bereit erklärt, Nicos Sohn Bartholomäus auszubilden und immer mitzunehmen, sodass auch er nach seinem mittelmäßigen Schulabschluss wieder etwas zu tun hatte.
      Nico seufzte abermals. Er schaute auf sein Handy. Keine Nachricht von Malte. Auf seine Frage hin, wo er denn war und wann er wiederkommen wollte, hatte er nicht geantwortet. Mittlerweile ging die Sonne unter und tauchte das Gestüt in sagenhaft rotes Licht. Erst am nächsten Morgen würde Phoenix Valley neugeboren werden.

      Das Abendessen im Hotel Restaurant war okay gewesen. Für mich hatte es einen Veggie Wrap gegeben, für Charly einen gebratenen Lachs mit Parmesan. Sie hatte sich ihre gute Laune nicht von meinen tiefen Gedanken verbieten lassen. Aber vor allem trank sie viel Alkohol. Immer nur in damenhaften kleinen Portionen. Ihr torkelnder Gang am Ende war jedoch trotzdem für alle unübersehbar gewesen.
      Die Fahrstuhltüren schlossen sich hinter uns. Ich hielt Charly um der Hüfte fest, beschäftigte mich intensiv mit dem Werbeplakat an der Fahrstuhltür. Auch Charly war eigenartig stumm und als ich die Werbung für das Casino nun schon zum dritten Mal Wort für Wort durchgelesen hatte, wagte ich einen Blick zu ihr. Ihre Augen fingen ihn sofort ein, als hätten sie nur darauf gewartet. Ihr Blick war plötzlich wieder klar und als sie sich aus meinen Armen befreite, stand sie erstaunlich selbstsicher. Mein Blick löste sich von ihren Augen, wanderte hinab auf ihre zartrosa Lippen und blieb dort hängen.
      »Küss mich«, flüsterte sie.
      Ich wollte es und doch wollte ich es nicht tun. Aber sie flüsterte, fast stumm, noch einmal die Worte. Meine Hand fand den Weg zu ihrem Nacken, verlor sich dort in dem weichen Meer aus dunklen Haaren und drückte dann ihren Körper bestimmend an meinen. Kaum waren ihre Lippen nah genug, legte ich die meinen auf ihre, roch erst ihr zartes Parfüm, dann den Lippenstift und dann den Geschmack von Champagner auf ihrer Zunge. Ich arbeitete mich tiefer in sie hinein, umschlang sie mit allem was ich zu bieten hatte, und da fand ich ihn. Erst ihren Geruch. Den zarten Geruch nach Meer, vereint mit etwas menschlichem, gut riechendem Schweiß. Dann fand ich ihren Geschmack. So verführend, so feucht, so beherrschend. Ich wollte sie, mein ganzer Körper verlangte mit jeder Zelle nach dieser Frau, die ich fest umklammerte, ihr die letzte Luft aus dem Körper zog. Ich wollte alles von ihr haben. Ich stöhnte.
      Mit letzter Kraft löste Charly sich von mir. Ihre Lippen waren verschmiert und die Haare standen wild ab. Ich hatte nicht gemerkt, dass ich ihr das schwarze Kleid begonnen hatte auszuziehen. Als die Türen sich öffneten, zog sie es schnell zurück über ihre Hüften. Wir drängelten uns mit gesenktem Blick an dem älteren Ehepaar vorbei, welches vor dem Fahrstuhl wartete. Ich konnte nicht aufhören Charly anzustarren. Ich vibrierte, fühlte mich lebendiger als je zuvor und das, obwohl ich vorhin erst gedacht hatte, sie nicht mehr zu lieben, nicht mehr nach ihr zu verlangen.
      Oh doch, das tat ich.

      »Dieses Pferd ist der Hammer«, sagte Bart immer wieder, während er die Stute aus dem Hänger führte. »Dass du an ein so schönes Pferd kommst, wirklich krass.«
      Joline hatte hellblaue Transportgamaschen an und eine passende Abschwitzdecke. Immerhin hatte Nico auch nicht schlecht bezahlt für das Wunderpferd aus Kanada, die geschenkte Ausrüstung war dafür ja das mindeste.
      »Die wird erstmal eine Untersuchung bekommen. Kann ja nicht sein, dass es nur Langweile ist, dass sie sich den Schweif aufkratzt, als würde da eine Horde Flöhe wohnen«, sagte Nico.
      Bart nahm den Strick ab, den ihm der Transporterfahrer reichte.
      »Ich brauche noch eine Unterschrift«, nuschelte er und hielt erst Bart, dann Nico den Zettel hin.
      »Ich sitze zwar im Rollstuhl, kann aber durchaus noch einen Stift führen«, sagte Nico, während er schwungvoll seinen Namen auf das Papier setzte. Dann lächelte er freundlich.
      Der Mann hatte nicht verstanden, worauf Nico anspielte. Murmelte nur und fuhr dann mit dem Transporter vom Hof.
      Bart gähnte. »Es ist mir zu früh«, sagte er. »Aber was tut man nicht alles für eine schöne Frau.«
      In dem Moment kam Cjara um die Ecke. Sie lächelte, wie immer. Ihre langen Engelslocken wippten au ihren Schultern und die Augen strahlten.
      Nico sah Bart an, der erst Joline anschhmachtete und dann den gleichen Blick auf Cjara war.
      »Guten Morgen«, flötete Cjara und Nico musste bei ihrem Anblick nun doch auch lächeln. Sie war ein wahrer Sonnenschein.
      Bart hackte sich bei ihr unter und sagte charmant: »Wenn ich die Dame in den Stall begleiten darf...« Links Joline und rechts Cjara marschierte er stolz in Richtung Hauptstall.
      Nico seufzte. Der Junge war volljährig und benahm sich trotzdem ganz anders. Genauso wie er und Nico hatte er 35 Jahre alt werden müssen, um diese Charaktereigenschaften entgültig ablegen zu können.
      Nico blieb an Ort und Stelle sitzen, schaute die Ausfahrt hinauf und als er einen alten Wagen auf ihn zukommen sah, wollte er aufspringen, bis er merkte, dass seine Beine dies nicht mehr mitmachten.
      Malte war da und auch wenn Nico die letzten Tage keinen Kontakt zu Malte hatte aufbauen können, wusste er nun, wo sein Freund gewesen war.

      »Du hast mit ihr geschlafen.«
      »Ja«, sagte ich und schloss die Autotür. »Ja, das habe ich.«
      »Würdest du es wieder tun?«
      Ich blickte fragend auf Nico herab. Es war als hatte er auf mich gewartet gehabt. Er hatte genau hier neben dem Parkplatz für mein Auto gestanden, obwohl ich niemandem gesagt hatte, wann ich wiederkommen und vor allem nicht, wo ich hinfahren würde.
      »Du meinst, ob ich wieder mit deiner Ex-Frau ins Bett gehen würde? Immer doch, ich liebe es, dir mit allem was ich tue in deine nutzlosen Eier zu treten.« Ich warf mir meinen Rucksack über die Schulter und ging die Treppe zur Veranda hoch. Nico folgte mir über die Schienen an der Seite. Er war schneller als ich.
      »Du bist zwar ein Zwerg, aber immerhin hast du deine männlichen Attribute noch im Griff«, sagte Nico. Er versperrte mir die Tür und grinste mich an.
      »Was willst du«, sagte ich matt. Es war keine wirkliche Frage, wahrscheinlich wusste Nico nicht mal selbst, was er wollte. Das einzige was ich wusste, war, dass ich mit der Ex-Frau meines besten Freundes, in die ich seit zwanzig Jahren verliebt war, eine romantische Nacht in einem exklusiven Hotel in Los Angeles gehabt hatte. Was ich aber tatsächlich wollte, wusste ich nicht.
      »Und? War es gut?« Nico ließ nicht locker. Sein Lächeln lag eingefroren und grauenerregend auf seinem Gesicht.
      »Charly ist hervorragend im Bett. Das war der beste Sex meines Lebens«, sagte ich trocken. Dann drängelte ich mich an Nico vorbei.
      »Ach schön! Erzähl doch bitte mehr davon!« Nicos Stimme tropfte vor Sarkasmus. Ich drehte mich noch einmal um, blickte Nico in die Augen. »Erzähl mir, wie toll die Frau meines Lebens im Bett ist, erzähl mir, was sie dir ins Ohr geflüstert hat, oder wie Laut ihr Stöhnen war!« Er wurde immer lauter, schrie fast. Das Grinsen war verschwunden. Er war rot angelaufen, ich sah eine Träne in seinem rechten Auge schimmern. »Ich hasse mein Leben«, flüsterte er schließlich.
      »Nico«, sagte ich und hockte mich vor ihm hin. »Es tut mir Leid, was passiert ist. Die Trennung von Charly, dein Unfall, der Rollstuhl. Alles das sind Schicksalsschläge. Vielen Menschen passieren Dinge, die sie nicht wollen, die Träume zerstören. Aber die Nacht mit Charly tut mir nicht leid. Ich liebe sie, schon all die Jahre liebe ich Charly. Die Nacht war wunderschön, aber es wird nicht noch einmal eine Nacht wie diese geben. Ich teile Charlys Leben nicht. Sie hat sich für einen anderen Weg entschieden. Ich glaube, dass sie die falsche Entscheidung getroffen hat und ich hoffe, dass sie eines Tages merkt, dass sie vielleicht sich für einen anderen Weg hätte entscheiden sollen. Ich weiß jetzt, dass ich nicht Charlys Weg folgen möchte und ich wünsche mir für dich, dass du das auch nicht tun wirst.« Ich legte ihm eine Hand aufs Bein und schaute ihn bittend an.
      »Was bin ich noch«, flüsterte Nico. »Ein Reiter ohne Beine, ein Ehemann ohne Frau und ein Vater, dessen Sohn kein Sohn sein will. Sag es mir, was bin ich noch.«
      »Du bist mein Freund, ein erwachsener, erfolgreicher Mann. Du bist ein Reiter, der Angst davor hat, aufs Pferd zu steigen, ein Mann, der nicht einsehen will, dass es noch viele Frauen gibt, die ihm Wärme und Liebe schenken können, und ein Vater, der viel zu oft seine eigenen Probleme denen seines Sohnes vorzieht. Ja, du musst an manchem arbeiten«, sagte ich und lächelte Nico aufmunternd an. »Aber trotzdem bist du viel mehr, als du denkst. Du bist am Leben und du solltest dieses Geschenk mit Demut nutzen und sorgsam damit umgehen.«
      »Du hast leicht reden. Du bist der einzige in 5 Kilometer Umkreis, der heute Morgen beim Aufstehen eine Frau in den Armen gehabt hat«, sagte Nico und folgte mir in die Küche.
      »Ich bin bereits heute Nacht gegangen«, sagte ich, während ich die Reste des Essens aus meinem Rucksack im Kühlschrank verstaute.
      »Und warum bist du jetzt erst wieder da?«
      »Los Angeles bei Nacht ist schön.« Ich schloss den Kühlschrank und nahm, ohne noch einmal einen Blick zurück auf Nico zu werfen, die Treppe hinauf in mein Zimmer.

      27-02-2020 | 24.061 Zeichen | Canyon
    • Canyon
      [​IMG]
      moving on

      Hengste Hauptstall: Sunka, Amistad, Firewalker, Light up Hell, Last in Love, Lap de Loupe, Golden Sugar, Chromed Highwind, Sir Golden Mile, Eskador, Candlejack, The Illusionist, Graf Heinrich
      Stuten Hauptstall: Millenium GC, Grenzfee, Echo‘s Maiden, Lady Gweny, Far Cry, CHH‘ Lethal Combination, Westatlanta, Alphabet Soup, Song of Peace, PV Gräfin, Cinnada Mistik, Wild Reflex, I‘ve got a blue soul, BR Prias Raveday, Delightful Cinnamon, Joline, Sister of Crime, Monkey 47
      Fohlenweide: PV Comte de Courtoisie, PV Song 'bout Alegría, PV Phantom from Alaska, PV Noodle in Love, Winter with Koen, Ivy‘s Rhapsody, BR Ruffian‘s Smart Jane, PFS‘ Circle of Thyme, Lady Phoenitia, Phoenix Valley Farwest, PV Rebellion of Cinqué, PV Traumfee, PV Toxic Compound
      Nebestall: Ghostly Phenomenon, Marid, Arias, Mytos, La Paz, Pítu, Schwalbenfeder, Óslogi, Félagi, Braum van Ghosts, Imagine Dragons, Madame Pompadour
      Offenstall: Chosposi, Anaba, Morrigans Hidalgo, Cloud, My Canyon, Flotten von Mutanten, Aquena, Zonta, Havanna Girl, Kwatoko, Dawn


      Petyr hatte wieder ein neues Pferd angeschleppt. Damals hat er das schon immer getan und jetzt wieder. Er war noch keine zwei Wochen auf dem Gestüt, da hat er sich schon eine Box besorgt und den Hengst auf das Gestüt geschafft. Aus Kanada kam er, das Pferd, nicht Petyr. Petyr war vonüberall hergekommen. „Weltreise“ hatte er seine Tour durchOsteuropa genannt.
      Nico hatte nur die Achseln gezuckt, als ich ihm von Petyrs Besuch erzählt hatte, Eyvind hatte sich natürlich gefreut und nachdem Petyr angekommen war, hatte er schnell unter der Gestütsmannschaft Anschluss finden können. Sein Gesicht war faltiger geworden, aber seine Haarpracht noch eben so voll wie eh und je.
      Petyr hatte sich in Sunka verliebt und Sunka in Petyr. Mein Freund hatte den Hengst über
      mehrere Ecken aus privater Hand übernommen, natürlich mit dem Versprechen, den Hengst seiner Begabung nach zu fördern und welches Gestüt war dafür nicht besser geeignet als Phoenix Valley.
      Abends saßen wir dann gemeinsam auf der Veranda. Hin und wieder gesellte sich Nico zu uns, doch meist waren ihm die langen Erzähltiraden Petyrs zu unaushaltbar und er verschwand samt Rollstuhl im Haus, oder im angrenzenden Stall.
      Petyr hatte vor einigen Wochen auf Kreta Saga Glasberg geheiratet. Selbst Jora sei dabei gewesen, erzählte er mir. Sie sei immer noch hübsch, sagte er immer wieder. Natürlich aber war seine Saga hübscher. Ein Wundermensch und eine Wolkentänzerin. Dann erzählte er mir vom Norden. Von den Seen in Norwegen und den Bergen seiner Heimat Schweden. Er zeigte mir Fotos vergangener Zeiten, längst verdrängt und immer gehofft, sie vergessen zu haben. Nie wieder wollte ich abends im Bett leiden müssen. Ich war weitergegangen. Meine Heimat war zurückgeblieben. Niemand konnte seine Heimat mitnehmen.
      Petyr hatte einen Freund mitgebracht. Angeblich hatten Saga und er ihn in Istanbul kennengelernt, aber Momo selbst schwor, dass er dort nie gewesen war. Petyr hatte ihm auch ein Pferd gekauft. Er solle nun reiten lernen, hieß es, und der abenteuerlustige Momo hatte seit dem nichts besseres zu tun, als Graf Heinrich Tag für Tag zur Arbeit zu motivieren, während Petyr daneben stand und besserwisserisch Tipps verteilte.
      Es tat gut, dass Petyr wieder da war. Er verteilte gute Laune, nahm das Leben auf die leichte Schulter und gab mir keine Schuld, wenn meine Stimmung mal wieder gedrückt war. Petyr ließ sich von nichts und niemandem demotivieren.
      Aufgrund der Dürre hatte Nico jede Menge Helfer angeschleppt. Vorrangig Freunde des Gestüts, die hier sowieso ein- und auskehrten, so wie Mary Ann, Eli und Ike. Ich hatte gleich gesehen, wie Petyr ein Auge auf Mary Ann geworfen hatte und vor ihr mit der Hochzeit und dem Goldring an
      seinem Finger prahlte. Aber Mary Ann war für einen Typ wie Petyr die Falsche. Zu selbstbewusst, ganz eindeutig. Ich war froh, sie mal wieder zu sehen. Ich wusste sehr zu schätzen, dass sie und Eli Nico in der Anfangszeit in Kalifornien so unterstützt hatten. Aber Mary Ann war irgendwann immer seltener gekommen und dann war sie für einige Jahre ganz verschwunden. Nur Nico schien zu wissen, was der Auslöser dafür gewesen war.
      Ike war die letzten Monate mit Pítu auf Roadtrip gewesen, bis die anhaltende Hitze und der fehlende Regen seine weiteren Pläne frühzeitig beendet hatte. Pítu zeigte nun deutliche Schwierigkeiten, sich in der Herde einzufinden und das, obwohl er eigentlich selbst mit den
      selbstbewussteren Herrschaften gut zurechtkam. Dafür freute sich Óslogi sehr, seinen alten Weggefährten wiederzutreffen. Logi hasste die Hitze. Er war kahlrasiert und verbrachte wie alle anderen die Tage im Stall, zusätzlich bestand er allerdings fast nur noch aus Sonnencreme, soviel wie wir ihm in den letzten Tagen auf die helle Haut geschmiert hatten.
      Am besten ging es in der Hitze wohl noch unseren Fohlen. Sie waren in der Frühlingswärme zur Welt gekommen und kannten nichts anderes, als die Sonnenstrahlen auf der Haut. Drei unserer Lieblinge waren bereits verkauft und würden in Kürze in ihr neues Zuhause ziehen. Wir hatten uns zwischen vielen Bewerbern entscheiden müssen und auch als die Entscheidung festgestanden hatte, waren einige Trauertränen geflossen. PV Noodle in Love, PV Phantom from Alaska und PV Traumfee würden uns verlassen und in die ferne Welr ziehen. Ich hatte allerdings gelernt, dass manches für immer gar nicht so lange ist.
      Und dann waren da noch die ganzen neuen Pferde, die vielen jungen Reiter und all die Erfolge, die Phoenix Valley in letzter Zeit zu verzeichnen hatte. Ja, ich war oft gestresst. Es waren nicht mehr die Zeiten wie damals auf der Tyrifjord Ranch. Heute trug ich eine Verantwortung, die manchmal die Tage etwas grauer erschienen ließ, als sie eigentlich waren. Und ja, manchmal fühlte ich mich alt. Dann schaute ich eines Morgens in den Spiegel, sah, dass meine ehemals hellroten Haare grau und ausgemergelt nun, meinen Kopf verließen und nicht mehr zurückkommen würden. Dann dachte ich wieder an Jora und die Kinder, die wir nie haben würden, dachte an ihr Lächeln und an den Abend, als ich sie das erste Mal gesehen hatte. Ich hätte vieles anders machen können, aber damals schien es, als wäre sie ein verzeihlicher Verlust, heute weiß ich, dass es anders war.
      Jeden Abend brachte ich eigenhändig Óslogi und Félagi auf die kargen Weiden, wo sie sich genüsslich auf die Grasreste stürzten und mit den anderen Wallachen und Ponys ihrer Energie freien Lauf zu lassen.

      03-09-2020 | 6.448 Zeichen | Canyon
    • Canyon
      [​IMG]
      going home
      Hengste Hauptstall: Wallenstein, PFS' Stromer's Victory, Sunka, Amistad, Firewalker, Light up Hell, Last in Love, Lap de Loupe, Golden Sugar, Chromed Highwind, Sir Golden Mile, Eskador, Candlejack, The Illusionist, Graf Heinrich
      Stuten Hauptstall: Millenium GC, Grenzfee, Echo‘s Maiden, Lady Gweny, Far Cry, CHH‘ Lethal Combination, Westatlanta, Alphabet Soup, Song of Peace, PV Gräfin, Cinnada Mistik, Wild Reflex, I‘ve got a blue soul, BR Prias Raveday, Delightful Cinnamon, Joline, Sister of Crime, Monkey 47
      Fohlenweide: PV Comte de Courtoisie, PV Song 'bout Alegría, PV Phantom from Alaska, PV Noodle in Love, Winter with Koen, Ivy‘s Rhapsody, BR Ruffian‘s Smart Jane, PFS‘ Circle of Thyme, Lady Phoenitia, Phoenix Valley Farwest, PV Rebellion of Cinqué, PV Traumfee, PV Toxic Compound
      Nebestall: Ghostly Phenomenon, Marid, Arias, Mytos, La Paz, Pítu, Schwalbenfeder, Óslogi, Félagi, Braum van Ghosts, Imagine Dragons, Madame Pompadour
      Offenstall: Chosposi, Anaba, Morrigans Hidalgo, Cloud, My Canyon, Flotten von Mutanten, Aquena, Zonta, Havanna Girl, Kwatoko, Dawn


      Der einzige Baum vor meinem Fenster ist noch nicht da. Und wäre er da, so wären die Blätter es nicht. Tom Traubert’s Blues kommt aus dem altmodischen Radio. Es rauscht unangenehm. Der Empfang hier draußen ist einfach scheußlich. Und seitdem die Bauarbeiten an dem neuen Stallgebäude und der Militarystrecke begonnen haben. Seit dem ist es noch schlimmer geworden. Das mit dem Radio und auch das Telefonieren.
      Das klingelt gerade. Mein IPhone. Ich nehme ab, ohne meinen Blick vom Fenster abzuwenden. „Nico?“
      „Hey Nic“, sagt sie. Sie ist die einzige, die mich so nennt. Und die schreibt es auch so, ohne K. Einfach Nic. Als würde es noch weitergehen, aber sie hätte einfach in der Mitte aufgehört. Aber im Endeffekt passt das zu mir. Ich höre auch irgendwo in der Mitte auf.
      „Vicky“, sage ich und drehe mit einer Hand den Rollstuhl vom Fenster weg. Es ist traurig. Dass das eins der einzigen Dinge ist, auf die ich zur Zeit stolz sein kann. Ich könnte Basketball für Rollis spielen, wenn ich wollen würde. Aber ich will nicht.
      „Darf ich heute Abend vorbeikommen?“, fragt sie.
      „Ja“, sagte ich nur. Wir schweigen einen Moment.
      „Dann bis heute Abend, Nic“, sagt sie schließlich. „Ich freue mich auf dich.“
      Sie legt als erstes auf, dann lege ich mein Handy zur Seite. Ich blicke auf die Uhr, halb elf morgens. Der Tag will einfach nicht vorbeigehen. Wie auch die Tage davor und die Tage davor. Schwerfällig drehe ich mich um, nehme eine Jacke vom Hacken und öffne die Haustür. Es ist klar und sonnig, aber der eisige Wind zieht mir unter die Haut.
      Im Stall treffe ich auf eine Ansammlung der verschiedensten Leute.
      „Ich sage ja nur, Physiotherapie und Nahrungsumstellung ist einfach das Beste. Heilung sollte immer ganzheitlich sein und nicht nur durch irgendwelche Medikamente und teuren Hufbeschlag geheilt werden!“ Elsis Stimme war am lautesten zu hören.
      „Physiotherapie?“, äußert sich Helia abfällig. „Als nächstes kommst du mit einem Psychologen oder einem Eheberater an, wenn du mal wieder Streit mit einem Pferd hast.“
      „Ihr entscheidet sowieso nichts.“ Malte geht dazwischen, dann sieht er mich und lässt seine Hände sinken. „Geht an Eure Arbeit.“ Er wendet seinen Blick wieder Helia und Elsi zu, die sich immer noch böse anfunkeln. „Geht an eure Arbeit, wird’s bald?“ Beide stampfen erregt davon.
      Auch Bart sieht mich jetzt. „Dad!“, sagt er und grinst wie immer, dieser Vollidiot. „Dir ist kalt, hier, nimm eine Decke!“ Er legt mir eine alte Stalldecke auf die Knie, ich schaffe es nicht rechtzeitig, ihn abzuwimmeln.
      „Was ist hier das Problem?“, frage ich an Malte gewand, ohne auf das vorhergesagte einzugehen.
      „Eigentlich nichts“, sagt er. „Es ging um Victory. Stromer‘s Victory. Die Medikamente wirken noch nicht, er ist immer noch schlapp, erhöhte Temperaturen.“
      „Ich möchte ihn sehen“, sage ich und schiebe meinen Rollstuhl mitten durch die Ansammlung hindurch zu Victory. Er steht in seiner Box, schaut müde über das gewundene Tor aus Holz und Eisen hinweg. Sein Fell ist stumpf, seine Augen erschöpft.
      Ich höre und spüre wie sich stumm alle hinter mir versammeln. „Was würdest du tun, Alba?“
      „Ich?“, Alba scheint erstaunt, etwas erschrocken.
      Ich drehe mich so gut es geht zu ihr um. „Ja, du. Du wurdest ihm doch zugeteilt und hast ihn in den letzten Tagen versorgt. Was würdest du tun?“, frage ich nochmal.
      „Na ja, weitermachen. Vor allem Kühlen. Die teuren Gels wirken nicht, Heilerde könnte man probieren. Es klingt zwar altmodisch, aber ist durchaus wirksam!“ Sie kommt in Fahrt. „Und etwas Bewegung. Nicht viel, aber ein bisschen. Er stand die letzten Tage nur hier drin, auch das kann krank machen. Etwas Spazierengehen, oder in eine Paddockbox und wenn es ihm besser geht, dann auf die Weide.“
      „Stimmst du dem zu, Malte?“
      „Ja, was besseres fällt mir nicht ein. Montag kommt der Tierarzt wieder. Solange es nicht schlimmer wird, sollen wir weiter kühlen, ansonsten ihn sofort verständigen. Mehr als hoffen und unser Bestes tun, können wir nicht.“ Malte blickte mir in die Augen.
      Ich nicke. „Dann wäre das geklärt. Alba, du übernimmst die weiteren Schritte. Halte mich bitte auf dem Laufenden.“
      Alba nickt und entfernt sich. Übrig sind jetzt noch Bart und Malte. Beide schauen mich erwartungsvoll an. „Was ist?“, frage ich leicht genervt. Die beiden tauschen kurz Blicke aus und Zucken dann mit den Schultern.
      „Nichts“, sagt Bart. „Ich dachte nur, es hätte einen Grund, dass du hier bist.“
      „Ja, den hat es“, sage ich. „Das ist mein Stall und meine Pferde. Außerdem brauche ich jemanden, der mich nach Alturas fährt und das in der nächsten halben Stunde.“
      „Frage doch einen der Praktikant*innen“, sagt Malte.
      Ich schaue ihn leicht perplex an. Das kam von ihm. Er hatte echt seine Würde verloren. „Ich frage aber euch. Außerdem ist das Wort Praktikant oder Praktikantin mittlerweile überholt. Alle fünf sind mittlerweile mehr als das.“
      „Sorry Dad, aber ich habe heute echt besseres zu tun. Was willst du denn in Alturas?“
      „Bart“, sagt Malte verächtlich. „Bitte nicht in diesem Ton.“
      „Schon gut“, sage ich. „Ich war damals schlimmer. Er hat sich gut gemacht, mit dir als Ersatzdad.“ Ich schaue Malte an und versuche Dankbarkeit in meinen Blick zu legen. Ich glaube, er erkennt die Bedeutung. „Ich fahre nach Alturas, um ein Pferd abzuholen.“
      „Davon weiß ich ja gar nichts!“, empört sich Bart.
      „Und ich werde auch nichts weiter verraten, das Glück liegt ganz bei dem, der mich nach Alturas bringt“, sage ich und schaue hoffnungsvoll in Maltes Richtung.
      „Kein Ding, ich mach das. Gib mit zwanzig Minuten, ich kläre ein paar Dinge, dann bin ich bei dir.“

      Malte ist immer pünktlich. Überpünktlich. In meinen Augen ist es nur zehn Minuten später, als er mit dem Van und dem bereits von mir gestern eingerichteten Anhänger vor dem Stall parkt. Er hilft mir aus dem Rollstuhl auf den Beifahrersitz und verstaut das dumme Ding dann im Kofferraum.
      „Du willst mir immer noch nicht sagen, was es für ein Pferd ist?“, fragt er, als er das Gefährt den sandigen Weg entlang auf die Ausfahrt zulenkt.
      „Ein gekörter Hengst aus Italien. Viel mehr weiß ich selber leider nicht.“
      „Oh bereits gekört, da werden sich unsere Vollblutstuten freuen.“
      „Nein“, sage ich. „Der ist nicht für die Stuten, der ist für mich und kein Englisches Vollblut.“
      „Ich merke schon, du willst nicht mehr verraten. Da kann ich dir allerdings erzählen, dass auch ich wieder ein Pferd im Auge habe. Einen Isländer, von Atomics. Dir sagt die Zucht was?“
      Ich nicke. Malte weiß, dass er einen Freifahrtsschein genießen darf. Ohne ihn würde das Gestüt gar nicht mehr existieren.
      Eine halbe Stunde später parken wir den Wagen auf den Sonderparkplätzen beim Flughafen. Die Papiere habe ich bereits Online ausgefüllt und ausgedruckt. Am Schalter muss ich mich ausweisen, dann kommt ein Transporter, aus dem Malte kurz darauf Arthur rausführt. Er sieht müde und geschafft aus, den Schweif trägt er trotz Transportschutz arabertypisch weit oben. Er ist fast weiß, aber seine leichte Äpfelung ist gut erkennbar. Ich habe lange mit der Entscheidung gerungen, aber King Arthur wird gut zu Marid passen, er ist gelehrig und motiviert. Ich will es versuchen.
      Er lässt sich ohne Probleme verladen. Schnaubt nur etwas, als Malte ihn festbindet und ihm Heu anbietet. „Ein Araber. Noch einer“, sagt er nur und ich sehe, wie er leicht den Kopf schüttelt. Ja, noch einer, noch ein Araberhengst. Bart würde ich eine Freude machen. Er hatte die Faszination für diese Tiere von mir geerbt. Doch Arthur ist nicht nur ein Faszinationskauf. Er soll mich wieder auf den Rücken bringen. Er ist klein, aber doch muskulös genug für mich. Er hat eine grandiose Ausbildung von den besten Trainern erhalten, hat dir Leistungsprüfung mit Bravour bestanden. Und jetzt soll er mich wieder reiten lehren.
      Wir bringen Arthur nach Hause. Bart freut sich, von meinem weiteren Plan mit ihm, erzähle ich aber noch nichts. Das fällt nicht weiter auf. Jeder weiß, dass ich bei Arabern nicht nein sagen kann. Alle denken, er ist wieder ein Gelegenheitskauf. Wir stellen ihn gleich in die Box neben Marid. Die beiden hassen sich auf den ersten Blick. Und irgendwann werden sie sich lieben. Sie müssen, Marid weiß, dass ich das von ihm verlange. Er hat keine Wahl.
      „Ich werde nach Hause gehen“, spricht mich jemand von hinten an. Ich drehe mich um und Eyvind steht hinter mir.
      „Wann?“, frage ich, nur wenig erstaunt. Der Norweger ist viel zu lange geblieben. Seine Haut ist bereits dunkler geworden.
      „In drei Tagen geht mein Flug. Mein Vater ist gestorben, ich werde meine Mutter pflegen müssen“, sagt er.
      „Dann können wir morgen Abend nochmal gemeinsam essen?“
      „Ja“, sagt er.
      Ich lege ihm eine Hand auf den Arm. Höher komme ich nicht, sonst hätte ich ihn gerne umarmt. Eyvind nickt kurz und ich nehme meine Hand wieder weg. Wir kennen uns zu lange und wissen doch nichts voneinander. Eyvind war unser Gespenst, und ich würde es vermissen.
      „Petyr und Saga wollen mich begleiten“, sagt er noch. Ich nehme seine Worte zur Kenntnis. Den ollen Holmquist konnte noch nie etwas länger an eine, Platz halten. „Aber sie wollen wiederkommen, nur etwas Heimat schnuppern. Du kannst mich jeder Zeit besuchen, Nicolaus“, sagt er noch, dann dreht er sich um und geht.
      Ich werde ihn vermissen.

      Am Abend klingelt Vicky an meiner Tür. Bart macht auf und wirft mir dann einen vielsagenden Blick zu, als er wieder in die Stube kommt, lässt uns aber Privatsphäre. Ich koche Vic einen Tee, sie erzählt von dem Alltag in der Klinik und beschwert sich wie immer über Eli. Dann wirft sie ihre Haare zurück und lächelt mich an. Ich bringe ein leichtes Lächeln als Antwort zustande.
      „Nic, schau nicht so traurig“, mahnt sie mich. „Sonst muss ich dich doch zum Psychologen bringen. Du weißt, dass ich sonst Angst um dich habe.“
      „Ich weiß, wie du mich aufmuntern kannst“, sage ich und rolle in Richtung Schlafzimmer. Sie folgt mir lächelnd.
      Vic und ich haben bereits seit einigen Jahren so etwas wie eine Beziehung. Die meisten denken, wir sind nur gute Freunde und im Endeffekt stimmt das auch. Wir haben beide nie mehr erwartet. Hin und wieder kommt sie mich besuchen, bleibt über Nacht und fährt dann wieder für die nächsten Wochen zu sich nach Hause. Niemand traut sich, mich darauf anzusprechen. Ich muss damals ein böser Mensch gewesen sein.
      Es ist für mich nicht selbstverständlich, dass sie mit mir schläft. Ich bin vom Oberschenkel abwärts gelähmt. Aber Vic nimmt es einfach so hin. Ich mag sie wirklich. Sie ist einfach. Das würde ich nie laut sagen, aber es ist so. Sie kommt und geht ohne Drama, erzählt gerne und ist leise, wenn es nichts zu erzählen gibt. Sie hilft mir aus dem Rollstuhl, zieht mich, dann sich aus. Schließt das Fenster und deckt uns zu.

      Als ich aufwache ist es bereits Morgen. „Du hast mir gar nicht gesagt, dass du ein neues Pferd hast“, sagt sie, als ich in die Küche komme. Sie reicht mir einen Kaffee und deckt den Tisch. „Bart hat’s mir erzählt. Er war ganz schön zeitig wach. Erwachsen ist er geworden. Seit wann kenne ich ihn? Vierzehn Jahre? Echt lange Zeitspanne.“
      „Du bist ja noch da“, stelle ich festund rolle mit dem Kaffee an den Tisch.
      „Soll ich gehen?“, fragt sie und ich merke, dass ich jetzt nichts falsches sagen sollte.
      „Nein nein“, sage ich schnell. „Bleib bitte so lange du willst.“
      „Ich habe nachgedacht“, sagt sie und setzt sich neben mich. „Was hälst du von, wenn ich öfter komme. Vielleicht das Wochenende über?“
      Ich blicke sie an, sie weicht meinem Blick nach kurzem Zögern aus. „Ich weiß nicht“, sage ich und nehme einen Schluck.
      „Du willst nicht“, sagt sie und klingt enttäuscht.
      „Nein“, sage ich. „Das ist es nicht. Ich meine nur, bist du dir sicher, dass du das willst?“
      „Nic, ich mag dich wirklich sehr und du scheinst sehr einsam. Ich dachte nur, vielleicht kann ich dir helfen.“
      „Ach darum geht es dir“, sage ich und wäre jetzt gerne wütend aufgestanden, aber ich muss sitzen bleiben. „Du hast Mitleid mit mir. Dein Helfersydrom kannst du an einem anderen Krüppel ausüben“, sage ich und merke, wie ihre Worte sich schmerzhaft in mich reinbohren. Das ist der Grund, weswegen es so hätte bleiben sollen. Wenn man tiefer geht, dann sitzt der Schmerz auch tiefer.
      „Nein! Ich wollte dich nur-“, versucht sie sich zu rechtfertigen.
      „Gehe jetzt bitte“, sage ich und rolle vom Tisch weg. Zum Fenster. Der Baum ist immer noch nicht gewachsen, wann wird er endlich groß. Er sieht verkrüppelt aus. Mit dem dünnen Stamm und ohne Blätter. Als ich mich vom Fenster wegdrehe, ist sie weg. Ich rolle zur Verandatür und schaue auf den Parkplatz. Auch ihr Auto ist weg. Ich atme tief durch.

      Für den Abend habe ich einen Catering Service aus Canby bestellt. Sie sind nicht gut, aber meine Kochkünste sind es auch nicht mehr. Bart, Petyr, Momo, Saga, Vuyo, Ike, Malte und Eyvind schlagen sich den Bauch mit vegetarischem Zeug voll. Auch wenn nicht jeder am Tisch strikter Vegetarier war, es war von Anfang an eine ungesprochene Regel, dass wir gemeinsam auf Fleisch verzichten.
      Die Stimmung ist leicht gedrückt, Eyvind sitzt an def Stirn des Tisches und versucht gute Laune zum traurigen Spiel zu machen. Es wird über alles mögliche geredet, nur nichts zu tiefgründiges und das Thema Abschied wird vollkommen ausgelassen.
      „Wann geht euer Flug?“, fragt Ike.
      „Übermorgen, sehr zeitig“, antwortet Saga. „Aber wir haben uns entschieden, bereits morgen Abend nach Los Angeles zu fahren. Eine Nacht schlafen wir noch im Hotel. Die Gemüsepfanne ist echt lecker! Ist das Curry?“
      „Schmeckt eher wie Kardamom“, sagt Momo und probiert nochmal einen Löffel von der gelben Soße.
      „Schön, dass du bleibst“, sagt Vuyo an Momo gewandt. „Ich hoffe, du überlebst es ohne deinen Bodyguard Petyr hier in der Wildnis.“
      „Ach Quatsch“, lacht Momo. „Wenn alle Stricke reisen, dann gebe ich mich als Native American aus, heutzutage kann doch keiner mehr einen Griechen von einem Indianer unterscheiden.“
      Der Tisch stimmt in sein Lachen mit ein. Ich bleibe still und stochere lustlos in meinem Essen.
      „Iss bitte etwas“, murmelt Malte neben mir. „Zumindest das solltest du versuchen, um die Stimmung nicht noch mehr zu drücken.“
      Ich antworte nicht.
      „Lasst uns auf Eyvind anstoßen!“, sagt Saga plötzlich und erhebt ihr Glas mit Apfelschorle. Sie hat vorhin den Alkohol vehement abgewehrt. Ich weiß, was das bedeutet. Ich habe einen Sohn.
      Wir erheben unsere Gläser. „Auf Eyvind!“, sagen alle im Chor und Bart fügt noch hinzu: „Unseren blassen, homosexuellen, guten Geist!“ Ich sehe, wie Eyvind leicht lächelt.
      Ja, ich werde ihn vermissen.

      27-11-2020 | 14.450 Zeichen | Canyon
    • Stelli
      Stelli's Besuch bei Canyon
      17. Juli 2021 | Stelli
      Heute beschloss ich, Canyon zu besuchen, um ihr bei der Pflege ihrer Pferde zu kümmern. Nach einer dreiviertel Stunde Autofahrt erreichte ich ihr Gestüt Phoenix Valley, wo viele wunderschöne Pferde beheimatet waren, die ich selbst gerne im Stall stehen haben würde. Nachdem Canyon und ich uns begrüßt hatten, ging es los, die Pferde auf die Koppeln zu bringen. Wir begannen mit den Hengsten, dies waren Amistad, Firewalker, Light up Hell, Last in Love, Lap de Loupe, Golden Sugar, Chromed Highwind, Sir Golden Mile, Eskador, Candlejack, Sunka, The Illusionist, PFS' Stormer's Victory, Graf Heinrich, Wallenstein und Kollateralschaden. Danach ging es weiter zu den Stuten. Besonders hier lag mir eine Stute sehr am Herzen: Millenium GC, die aus einer alten Zucht Golden Coin von mir stammte. Nachdem Aufgepasst, hier komt Arcada!, Millenium GC, Seattle's Scarlett, Grenzfee, Echo's Maiden, Lady Gweny, Far Cry, CHH' Lethal Combination, Westatlanta, Alphabet Soup, Song of Peace, PV Gräfin, Cinnada Mistik, Wild Reflex, I've got a blue soul, BR Prias Raveday, Delightful Cinnamon, Joline, Sister of Crime, Monkey 47, Meilenstein und Caresse sur l'océan draußen waren, ging es weiter. Im Nebenstall standen Magic Lanijos, Pokki von Atomik, King Arthur, Ghostly Phenomenon, Marid, Arias, Mytos, La Paz, Pítu, Òslogi, Félagi, Braum van Ghosts, Imagine Dragons und Madame Pompadour, welche wir auch nach und nach auf die Wiesen brachten. Die Jungpferde PV Blue my mind, PV Enchanté Mystique, PV One for the Devil, once for Christ, PV Mr. Rockport, PV Momentum, Ivy's Rhapsody, Winter with Koen, Lady Phoenitia, BR Ruffian's Smart Jane, PV Traumfee, PV Farwest, PV Rebellion of Cinqué, PFS' Circle of Thyme, PV Song 'bout Alegría, PC Comte de Coutroisie und WHC' Oshawa standen ja bereits in ihren Laufställen, dort füllten wir lediglich das Heu auf. Genau wie im Offenstall, wo Chosposi, Anaba, Morrigans Hidalgo, Cloud, My Canyon, Flotten von Mutanten, Aquena, Zonta, Havanna Girl, Kwatoko und Dawn standen. Im Trakt "Cova de Lua" standen vier weitere Pferde: Beya al Cova da Lua, Khalish al Cova da Lua, Nouria al Cova da Lua und Universo a Cova da Lua, diese kamen ebenfalls auf die Koppel. Die Fohlen und Pferde Алевтина, Юноно, Молотов, Нимфадора, Чайка, Барышников, Фантастика, Экстраординарный, Намисо, Маэстро, Роса, Алёна, Юрий und Анжелика, dessen Boxenschilder ich weder lesen noch sprechen konnte, kamen ebenso raus. Auf der Tyrifjord Ranch standen ebenso noch Pferde, die raus wollten. Mensch, hatte Canyon viele Pferde! Hier waren es Mios Jelda, Abqa Hasna, Fearthainn, Peripeteia, Dauthdeart, Hestia, LOveletter und HG's Acapulco Gold. Endlich waren alle draußen. Zusammen mit einigen Stallhelfern streuten wir die Boxen nach dem abäppeln schnell frisch ein und gaben Heu in die Box. Nachdem wir noch einen Plausch gehalten hatten, fuhr ich wieder nach Hause.
    Keine Kommentare zum Anzeigen.
  • Album:
    Phoenix Valley — Offenstall
    Hochgeladen von:
    Canyon
    Datum:
    28 März 2018
    Klicks:
    1.215
    Kommentare:
    12

    EXIF Data

    File Size:
    380,5 KB
    Mime Type:
    image/jpeg
    Width:
    960px
    Height:
    640px
     

    Note: EXIF data is stored on valid file types when a photo is uploaded. The photo may have been manipulated since upload (rotated, flipped, cropped etc).

  • [​IMG]
    Zonta

    ● ○ ● ○

    Stute | *2013 | 145cm
    Mustang
    Bay

    ● ○ ● ○

    Von unbekannt

    Von unbekannt Aus der unbekannt

    Aus der unbekannt

    Von unbekannt Aus der unbekannt

    ● ○ ● ○

    Cloud und die verletzte Zonta wurden in der Nähe einer Auffangstation von Utah aufgefunden. Beide waren erschöpft und konnten sich kaum noch auf den Beinen halten. Es schien, als würden sie Hilfe suchen. Das Einfangen war nicht schwer, Zonta hatte schwere Verletzungen an den Beinen, vermutlich durch einen Zaun, und Cloud machte keine Anstalten sie zu verlassen.
    Beide wurden aufgenommen und versorgt,ohne sie zu einem Kontakt mit den Menschen zu zwingen und ihnen die WIldnis aus dem Herz zu saugen. Bis heute sind beide weiterhin ein Wildpferd, auch wenn sie unter der Fürsorge von uns Menschen leben.
    Es kommt nicht darauf an, die Pferde ihrem Schicksal zu überlassen, sondern einen Weg mit ihnen zu finden.

    Addison kannte den Hengst bereits, allerdings aus den Weiten Nevadas. Cloud musste also einen weiten Weg zurückgelegt haben, vielleicht auf der Suche nach etwas Frieden. Für Addison spiegelt Cloud all das wider, was für andere Menschen der Gott ist, an den sie glauben. Sein Fell leuchtet auch an dunklen Tagen, es bedeutet für ihn Hoffnung, Vergebung und Zukunft.

    Cloud blieb auch bei anderen Organisationen nicht unbemerkt. So fanden wir heraus, dass der Hengst und Zonta die Flucht schafften, gerade als sie transportiert werden sollten. Sie wurden durch Nevada gejagt, bis nach Utah hinein. Erst dort gelang ihnen die Flucht. Nun sind sie sicher.



    ● ○ ● ○

    Besitzer: Canyon
    VKR/Ersteller: sadasha
    im Besitz seit: 04-08-2016
    Kaufpreis: x

    ● ○ ● ○

    Schleifenaufstieg Trainingsaufstieg Potential


    Western E A L M S S*

    Distanz E A L M S

    Dressur E A L

    Springen E A L M


    ● ○ ● ○

    Fohlen ABC | Eingeritten x | Eingefahren x

    [Schleife]
    Thema

    ● ○ ● ○


    Schleife
    [Thema]

    Abstammung: 0
    Schleifen: 0
    HS: 0
    TA: 0
    Trainer: 0
    Zubehör: 0
    Gesamt: 0

    Gencode: Ee Aa
    Zur Zucht zugelassen: Nein
    Eingetragene Zucht: Phoenix Valley (PV)

    Nachkommen
    -


    ● ○ ● ○

    Letzter Tierarztbesuch: unbekannt

    Letzter Hufschmiedbesuch: unbekannt

    ● ○ ● ○

    offizieller HG | PNG | Puzzle PNG