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Occulta

• Glenns Caress, AMH ♂

Hengst | Red Dun

• Glenns Caress, AMH ♂
Occulta, 15 Aug. 2013
Veija gefällt das.
    • Occulta
      Pineforest Stable Zuchtfohlenauktion 2017

      Eigentlich hatte ich mich ja schon vor einer ganzen Weile entschieden, welche der diesjährigen Fohlen ich verkaufen wollte und welche nicht – aber wie ich nunmal war, hatte ich bis zum Tag der Zuchtfohlenauktion immer wieder Zweifel und wollte am liebsten alle behalten. Deshalb war ich irgendwie froh, dass der Tag nun gekommen war, an dem die Fohlen definitiv neue Besitzer fanden. Die Pfleger waren schon emsig am vorbereiten: nebst der täglichen Routine musste ein kleines Festzelt mit Bänken und Tischen aufgestellt, Schilder montiert, alles sauber geputzt und aufgeräumt werden. Wir erwarteten mehr Besucher als im letzten Jahr, denn die letztjährige Auktion hatte sich herumgesprochen und diesmal standen zudem mehr Fohlen zur Auswahl. Für den heutigen Tag hatten alle Pfleger ausnahmslos anrücken müssen, denn wir brauchten alle helfenden Hände die wir bekommen konnten. So ein Event war schliesslich auch wie eine grosse Werbeaktion, bei der das Gestüt in vollstem Glanz präsentiert werden musste. Ich selbst half natürlich auch fleissig mit. Schon um fünf Uhr war ich auf den Beinen und machte den ersten Stallrundgang. Nach der morgentlichen Kraftfutterration putzten und sattelten wir die Vollblüter der ersten Trainingsgruppe, denn trotz des ganzen Trubels heute brauchten sie ihr gewohntes Work-out. „Occu will you train with us today?“, rief Quinn quer durch die Stallgasse. „Nah, don’t think so – I still have to help with all the other stuff…” “Come oon, I’m sure Rita would be glad to skip out Oliver’s comments on her riding for once. And as I recall Sumerian is on your list, not on her’s!” Ich sah Rita, die gerade den Trainingssattel brachte und die Unterhaltung zweifellos mitbekommen hatte, mit gehobenen Augenbrauen an. Sie nickte lächelnd; die Antwort die ich mir insgeheim doch erhofft hatte. „Thanks so much“, bedankte ich mich und nahm ihr den Sattel ab. Ich zog den Fellgurt ins noch relativ lockere zweite Loch und klopfte Sumerian auf den Hals, weil sie so schön stillhielt. Die Stute war meistens gut drauf und arbeitsfreudig, aber gestern hatte sie mal wieder einen schlechten Tag gehabt. Das äusserte sich jeweils dadurch, dass sie dann beim Putzen ein ‚Grumpy-Face‘ aufsetzte und auch sonst im Umgang missmutig mit den Ohren spielte, besonders wenn ihr ein anderes Pferd über den Weg lief. Heute zeigte sie zum Glück wieder ihre gewohnte Neugier und Zufriedenheit. „So bist du viel hübscher, als wenn du eine Schrumpelschnauze ziehst“, murmelte ich lächelnd, während ich ihr die Trense in den Mund schob. Wir führten die sechs Pferde nach draussen und Oliver half uns beim Aufsteigen. Im Moment liefen in dieser Gruppe PFS’ Captured in Time, Kaythara El Assuad, Framed in History, One Cool Cat, Cabinet of Caligari und eben Sumerian. Die Gruppen waren unter Berücksichtigung der Rennleistung und des Alters gebildet worden, aber es gab trotzdem noch grosse Zeitunterschiede zwischen den Pferden; das sah man auch heute. Cool Cat war wie immer in Top Form und zog mühelos an den anderen vorbei. Allerdings war das Training auch nicht wie ein Rennen gestaltet. Viel mehr trainierten die sechs Vollblüter jeder für sich. Kopf-an-Kopf Sprints gab es nur zweimal pro Woche und unmittelbar vor Rennen. Trotzdem war Oliver sehr zufrieden mit der Zeit des italienischen Charmeurs. Frame hingegen war heute wieder etwas zu abgelenkt und liess sich immer wieder durch auffliegende Vögel oder sonstige Bewegungen aus dem Konzept bringen. Er driftete dann jeweils in Richtung Rails und zwang Quinn dazu, abzubremsen. Der Schecke war einfach ein Sonderfall, der mehr Geduld und Verständnis brauchte als die anderen. Trotzdem war es natürlich ärgerlich, und ich verstand Quinns Frustration nach dem Training. „Don’t worry, tomorrow will be better, as usual“, beschwichtigte ich sie. Die Antwort war ein Schulterzucken, gefolgt von einem verlegenen Lächeln. Wir brachten die Rennpferde zum Auskühlen auf die Führmaschine. Während die anderen Jockeys bereits die nächsten Pferde zu Putzen begannen, machte ich mich auf den Weg zum Sandplatz, wo Lisa, Jonas, Lewis, Darren, Lily und, zu meiner Überraschung, Hunter Crowley gerade das Festzelt aufstellten. Mr. Crowley Senior stand daneben und musste beurteilen, ob die Teile richtig zusammengesetzt wurden. Erst jetzt fiel mir wieder ein, dass Hunter ja angeboten hatte, beim Aufstellen mitzuhelfen. Ich konnte es nicht lassen, ihn ein wenig über Savory Blossom, Strolch, Riven und Heart of Ocean auszufragen. Schliesslich war in letzter Zeit so viel los gewesen mit den ganzen Fohlengeburten und Wettbewerben, dass ich kaum Zeit für Besuche gehabt hatte. Um die Auktion brauchte Hunter sich keine Gedanken zu machen, denn ich hatte ihm die kleine PFS‘ Storm Cat bereits im Voraus versprochen. Er hatte sie meines Wissens nach auch schon ein paarmal besucht – sie stand ja mit den anderen Vollblutfohlen des Jahrgangs auf dem Hof von dem die Leihstuten kamen. Wir alberten während dem Aufstellen ein wenig herum – wie konnte es auch anders sein, wenn Jonas und Lewis im Umkreis von 10 Metern zueinander standen? Die beiden neckten immer wieder Darren, weil dieser tatsächlich eine ganze Minute lang angestrengt versucht hatte, die Zeltstangen verkehrt herum zusammenzustecken. Auch ich konnte mir dabei ein Schmunzeln nicht verkneifen, doch das Karma schlug wiedermal gnadenlos zu und liess mich, tollpatschig wie gewohnt, wenig später über eben diese Stangen stolpern. Natürlich fiel ich ausgestreckt in den Sand und war danach schön paniert. Wenigstens erbarmte sich Jonas während dem Lachen dazu, mir wieder aufzuhelfen und mir die Sandkörner abzuklopfen.

      Bereits um halb 11 Uhr fuhren die ersten Autos auf den Parkplatz und so langsam sammelten sich die Besucher. Ich plauderte ein wenig mit den Anwesenden bis es Zeit für den Rundgang war. Freudig erkannte ich einige bekannte Gesichter, wie zum Beispiel das von Stefanie Westside. Ich hatte sie lange nicht mehr gesehen und war entsprechend biegierig darauf zu erfahren, wie es ihrer Vollblutstute Mikado ging. Tassila sah ich ebenfalls irgendwo umherschleichen, ich wurde aber zu oft von anderen Leuten abgefangen, um etwas anderes als ein „Hallo“ zu rufen. Auch ein paar neue Leute lernte ich kennen, wie zum Beispiel Leticia Weidner, Fleur Mccain oder Luna Crown. Und dann waren da noch einige, von denen ich schon durch meine Bekannten gehört, oder in Zeitungen gelesen hatte. Dazu gehörten unter anderen Fiona O'Brien, Skye Winterbottom und Alicia Grey. Doch lange konnten wir nicht reden, denn ich musste langsam aber sicher die Führung auf dem Hofgelände starten. Im Getümmel entdeckte ich auch bereits Samantha O'Neill, der ich fröhlich zulächelte, zum Zeichen dass ich unter normalen Umständen gerne zu ihr gegangen wäre, um auch mit ihr Neuigkeiten auszutauschen. Ich begrüsste aber nun stattdessen alle Anwesenden und bedankte mich für das zahlreiche Erscheinen. Zunächst besichtigten wir den Nordstall – war ja auch das naheliegendste, wo er doch gleich neben dem Parkplatz zu finden war. Die Besucher waren sichtlich beeindruckt von der Anlage und den herausgeputzten Pferden. Nur meine lieben Freunde aus Kanada, Elisa Cranfield und Gwendolyn Campbell bekamen mal wieder nicht viel mit, weil sie emsig mit Samantha Neuigkeiten austauschen mussten. Das brachte mich ein paarmal zum Schmunzeln, sodass ich einmal beinahe den Faden verlor. Noch mehr aus dem Konzept brachte mich aber schliesslich meine freche Reitponystute River’s Blue Lady Liquor, die mich überraschte, indem sie von hinten unbemerkt den Kopf aus ihrer Boxentür streckte und sich an meinen Haaren zu schaffen machte. Wenigstens hatten die Besucher so nochmal eine amüsante Auflockerung, bevor es bei der Auktion wieder ernst werden würde. Während das Mittagsbuffet eröffnet wurde und die Gäste sich frei auf dem Gelände umsehen konnten, huschte ich zwischen den Stallgebäuden herum und kontrollierte nochmals, ob alles bereit war. Ausserdem empfing ich noch Rosie auf dem Parkplatz, die Islah, PFS‘ Isis und Anubis extra mit dem Anhänger von der Wilkinson Farm rübergebracht hatte. Wir luden die drei aus (Anubis war von Lucas Gordon separat gefahren worden, aus Sicherheitsgründen) und banden sie im Hauptstall an. Dann gesellte ich mich zu Jonas, Hunter, Crowley Senior und den Pflegern, um mir ebenfalls ein rasches Mittagessen zur Stärkung zu gönnen.

      „Where is Lisa?? Ah, I’m sorry – okay, let’s go.“ Ich führte mehr oder weniger Selbstgespräche, um mich etwas zu beruhigen und den Überblick zu behalten. Glücklicherweise standen tatsächlich alle Hengste sauber herausgeputzt bereit, so wie ich mir das vorgestellt hatte. Mit einem zufriedenen Nicken bedeutete ich Jonas, der mit Anubis den Anfang machte, das Viereck zu betreten. Ich kommentierte den Auftritt und erzählte ein wenig von dem Araberhengst und seinen Besonderheiten. Der sonst eher ruhige Anubis präsentierte sich mit rassetypischem Temperament vor den begeisterten Zuschauern – in ihm steckte eben doch ein Showpferd. Nachdem die beiden eine Runde auf dem Hufschlag gedreht hatten, folgten Darren und Drømmer Om Død. Die anderen Hengste betraten das Viereck ebenfalls immer dann, wenn ihr Vorgänger eine Runde absolviert hatte, sodass am Ende alle zusammen in der Mitte auf dem Platz standen. Dass auch Miniature Hengste nicht zu unterschätzen waren, bewies uns zuletzt Arctic Blue, der anscheinend ausgerechnet heute eine Flegelphase durchmachte und zwei, drei Mal steigen musste um zwischen all den anderen Hengsten zu beweisen wie ‚gross‘ er war. Lisa massregelte ihn etwas, aber das Publikum schien mit der Showeinlage gut unterhalten und so beschränkte sie sich auf halbherzige Korrekturen um ihn zumindest anständig neben sich zu halten. Ich erklärte zusätzlich, dass der kleine Hengst normalerweise sehr umgänglich und lieb war. Als Beck’s Experience dann auch noch ungeduldig zu scharren begann, weil sein Kumpel Glenns Caress nirgens in Sichtweite war, wusste ich, dass es Zeit war für die eigentliche Auktion. One Cool Cat verliess den Platz zuletzt, und draussen übernahm ihn gleich Ajith, um ihn wieder in den Hauptstall zu bringen. Oliver, der den imposanten Rappen geführt hatte, musste nun nämlich die etwas eigenwillige, genetische Mutter dessen Sohnes übernehmen. Da Iskierka noch aktiv Rennen lief, hatten wir uns für ihr Fohlen wie bei den meisten anderen Vollblutstuten kurzerhand eine Leihstute gesucht. Doch PFS‘ Snap Cat war erst als letzter an der Reihe; zuerst betrat Lady Diva from the Sky zusammen mit PFS‘ Beck’s Little Diva den Platz. Ich war erfreut zu sehen, dass Samantha den Zuschlag bekam – auch wenn sie anscheinend zuerst gar nicht wirklich den Überblick über den Stand der Dinge zu haben schien. Gut, ein Fohlen ist schonmal wunderbar versorgt, sagte ich mir glücklich schmunzelnd. Elisa und eine weitere Kanadierin zückten die Kellen, als es um PFS‘ Arctic Tiger ging, der aufgeregt neben seiner Mutter Tigrotto herhüpfte. Luchy Montrose erhielt schliesslich den Zuschlag und ich war gespannt, die neue Besitzerin des silbergrauen Hengstchens näher kennenzulernen. Als nächstes war auch schon Isis dran, wobei sich besonders Samantha und Rin Simboly duellierten, sodass die Gebote rasch in die Höhe schossen. Schliesslich kam Samantha abermals mit dem Hochstgebot davon und es war unschwer zu erkennen, wie sehr sie sich darüber freute. Isis war aber auch ein echter Blickfang mit ihrer besonderen Scheckung und ihrem hübschen Kopf – ich hatte von Anfang an erwartet, dass sie beliebt sein würde. Etwas weniger spannend ging es leider bei PFS‘ Icy Rebel Soul zu und her. Ich konnte mir nicht wirklich erklären, woran das lag, schätzte aber, dass die meisten Bieter sich eher auf ihren Halbbruder konzentrieren wollten. Rachel Wincox, ebenfalls ein mir bekanntes Gesicht, war die Glückliche, die das fast weisse Stutfohlen von nun an ihr Eigen nennen durfte. Icy trabte nichts ahnend neben ihrer Mutter Ice Coffee aus dem Viereck und hatte nur eines im Kopf: schnell zurück zur Weide und dann bei Mama um Milch betteln. Nun war die Nummer fünf an der Reihe. PFS‘ Unclouded Summer Skies löste wie erwartet einen Hagel an Geboten aus, und sein Preis kletterte immer weiter in die Höhe. Das Höchstgebot war ordentlich, überraschte mich aber nicht, denn mir war ja von Anfang an klar gewesen, dass Unbroken Soul of a Rebels Sohn beliebt sein würde. Nicht nur hatte seine Mutter Lovely Summertime einen tollen Körperbau, sondern auch er selbst bestach mit einer aussergewöhnlichen Farbe und einem bereits sehr kräftigen Hinterteil. Bei ihm war es mir auch sehr schwer gefallen, mich für den Verkauf zu entscheiden. Aber bei Bellamy und Octavia Blake hatte er einen guten Platz gefunden, wo er auch sicherlich in den verschiedenen Westerndisziplinen vielseitig gefördert werden würde.

      Unclouded war keine Überraschung gewesen – umso mehr war es dafür PFS‘ Disparo de Fiasco. Niemals hatte ich erwartet, dass Felines erstes Fohlen solch einen Ansturm auslösen würde. Mehrere Bieter kämpften entschlossen um den Zuschlag, sodass es bis zum Schluss spannend blieb. Gwen zeigte am meisten Durchhaltevermögen und ergatterte sich den Criollo Hengst schliesslich. Ich gönnte es ihr umso mehr, als ich ihr begeistertes Gesicht sah. Es ging dem Ende zu, nun fehlte nur noch Snap Cat. Zunächst wurde Iskierka rasch hineingeführt und vorgestellt, wobei sie Oliver besonders in der Nähe des Festzeltes ganz schön forderte; dann erst folgten das Hengstfohlen und die Leihmutter. Ich war noch am Kopfschütteln und rechnete bereits damit, dass nach diesem vielsagenden Auftritt der Mutter kein einziges Gebot eingehen würde, doch ich wurde abermals überrascht und das Hengstfohlen brachte doch noch eine beachtliche Summe zusammen. Elena Delgardo strahlte über’s ganze Gesicht und ich verstand, dass sie sich wahrlich in den kleinen verliebt hatte. Ich sagte noch ein paar Dankesworte zum Abschluss, dann hiess es Papierkram erledigen und mit den Käufern zusammensitzen. Die restlichen Besucher waren herzlich eingeladen, sich ebenfalls noch einen Kaffee, Tee oder Kuchen im Festzelt zu genehmigen, was einige auch wahrnahmen. Viele mussten allerdings bereits wieder abreisen, um ihre Flüge nicht zu verpassen.

      Am Abend, als alle Gäste weg und der Hof wieder in seinem normalen Zustand waren, setzte ich mich zum Dank mit den Pflegern zusammen und spendierte allen ein Eis. Auch Hunter und Mr. Crowley Senior waren noch geblieben um beim Aufräumen zu helfen, was ich sehr zu schätzen wusste. Snap Cat und Isis waren mit ihren Müttern wieder verladen und auf die jeweiligen Höfe zurückverfrachtet worden, während die restlichen Fohlen sich in den Boxen auf Pineforest von den Strapazen der Auktion erholten. Vorhin beim Stallrundgang hatten die meisten ausgestreckt im Stroh geschlafen. Ich war froh, dass die Auktion nun vorbei war und die Fohlen verkauft, denn jetzt musste ich mir keine Sorgen mehr machen: alle hatten gute Plätze gefunden, an denen sie sich wohlfühlen würden, da war ich mir sicher.

      Elena Delgardo's Sicht:

      Als ich den Newsletter erhalten hatte, dass auf Pineforest Stable wieder eine Fohlenauktion stattfinden würde, war mir klar, dass ich dieses Mal auf jeden Fall dabei sein wollte. Aber nur zum Zuschauen. Eigentlich hatten wir ja genug Pferde auf Jasmund und vor allem entsprachen die Rassen auch nicht meiner Vorstellung der Rassen, welche ich auf Jasmund brauchte für die Zucht. Ich und Simon packten also wenige Tage später schon unsere Sachen. Wir hatten mit den anderen vom Team ausgemacht, dass wir zwei Tage vor der Auktion bereits nach England fliegen würden und zwei Tage später wieder nach Hause. Wir hatten also für die Zeit ein Hotel gebraucht und auch das war schnell gefunden. Heute war bereits der zweite Tag in England und morgen würde die Auktion anstehen. Auch wenn ich beschlossen hatte, dass ich nichts kaufen wollen würde, so war ich dennoch mehr wie nur ein bisschen aufgeregt. Wir gingen abends sehr zeitig schlafen und am nächsten Morgen ging es auch schon früh los.

      Noch im Morgengrauen packte ich meine Sachen und kurz darauf fuhren wir los. Als wir auf Pineforest ankamen, war schon relativ viel los auf dem Gestüt. Ich war mehr wie nur begeistert von allem und grinste wie ein Honigkuchen Pferd. Dieses würde später noch viel breiter werden, aber von meinem Glück wusste ich jetzt natürlich noch nichts. Nachdem ich mich ein bisschen umgesehen hatte, lief ich Bellamy und Octavia in Arme. Beide freuten sich genauso wie ich über unser Treffen und sie hatte mir gesagt, dass sie schon einen Blick auf ein Fohlen geworfen hatten. Welches war mir auch gleich klar, denn ich hatte es schon im Newsletter gesehen und war auch echt angetan. Dennoch war mein Blick besonders auf die Nummer 8 gefallen. Der kleine Hengst trug den Namen PFS‘ Snap Cat und war ein kleines Englisches Vollblut. Nachdem wir uns überall umgesehen hatten ertönte auch schon die Durchsage, dass man sich bitte am Dressurviereck einfinden solle, denn das Programm würde nun weitergehen. Wir hatten bereits eine Führung über das Gestüt bekommen und ein wirklich leckeres Mittagessen, somit waren alle für das was nun kommen würde gerüstet. Als erstes würden die Hengst nach der Reihe in das Viereck geführt oder geritten, damit man sich ein Bild von ihnen machen konnte. Wie immer gefielen mir einige der Pferde wirklich gut und ich war jetzt schon auf die Fohlen gespannt. Klar man hatte sie im Katalog gesehen, aber in Echt war das alles nochmal was anderes. Nun begann der eigentlich Teil der Auktion. Die erste Stute wurde mit ihrem Fohlen in das Viereck getrabt. Dies passierte alles an der Hand und während sie ihre Runden drehten wurden die Gebote abgeben. Am Ende erhielt Samantha O‘Neill den Zuschlag für das kleine, süße Pony. Ein weiteres folgte. Im Gegensatz zum ersten war sein Fell grau und hatte keine Abzeichen. Der Hengst namens PFS‘ Artic Tiger sah wahnsinnig flauschig aus und ich überlegte kurz, oh ich mitbieten sollte. Jedoch würde das Pony bei uns sehr untergehen. Am Ende bekam Luchy Montrose den Zuschlag für den kleinen Hengst. Ichfreute mich für die neuen zwei Besitzer und wartete gespannt auf das nächste Fohlen. Simon hatte in der Zwischenzeit bereits Popcorn geholt und ich schob eins nach dem anderen in mich rein. Ich war wirklich sichtbar nervös, obwohl ich eigentlich gar kein Fohlen kaufen wollte. Nun wurde ein Araberfohlen in das Viereck geführt. Es hatte eine hübsche Scheckung und war somit nicht typisch Araberfarben, aber das kam wahrscheinlich von der Mutter, welche auch gefleckt war. Bei der Stute ging das Bieten wie wild los und schließlich bekam wieder Samantha O’Neill den Zuschlag. Sie würde heute also zwei Fohlen mit nach Hause nehmen, also bis jetzt. Nun würden zwei Kandidaten kommen, welche Bellamy und Octavia mit Sicherheit gefallen würden. Als erstes ein fast weißes Fohlen mit einem braunen Kopfabzeichen und danach ein fast braunes Fohlen. Sie stammten beide von Unbroken Soul of a Rebel ab und ich konnte es mir nicht nehmen bei dem zweiten Fohlen einmal mitzubieten, jedoch gingen mir die Preise schlussendlich viel zu hoch. Fohlen Nummer 4, das fast weiße Paint Horse, ging an meine Bekannte Rachel Wincox. Ihr würde ich später zu ihrem Schnäppchen gratulieren, denn sie hatte das Fohlen für nur 550 Joellen erworben. Im Vergleich dazu hatte Bellamy bei 3500 Joellen erst den Zuschlag bekommen. Nun würden nur noch zwei Fohlen folgen. Eines davon war ein Criollohengst namens PFS' Disparo de Fiasco. Bei ihm ging auch das Bieten relativ schnell in die Höhe und schlussendlich erhielt Gwendolyn Campbell erhielt am Ende den Zuschlag. Nun würde mein Liebling drankommen. In ihn hatte ich mich schon verliebt als ich den Katalog durchgeblättert hatte. Nun in Echt gefiel er mir noch um einiges besser und ich konnte mich nicht zurück halten. Ich hob mein Schild und schon wurde das Gebot registriert. Simon sah mich nur kopfschüttelnd an. „ Ich hab mich einfach verliebt“ meinte ich und zuckte mit den Schultern. Nachdem noch andere Bieter mitboten gingen die Gebote rasant nach oben und ich überschritt mein eigentlich geplantes Gebot. Nun ja dies war auch nicht geplant gewesen, denn eigentlich hatte ich ja kein neues Pferd kaufen wollen. Aber ich konnte einfach nicht nein sagen. Er würde so toll zu Vic passen. Widererwarten erhielt ich am Ende auch den Zuschlag für 3000 Joellen. Simon schüttelte nur den Kopf und ich wusste genau, dass ich einiges zu erklären hatte auf der Heimreise, aber nun war ich mehr wie froh, denn ich hatte das kleine Fohlen erhalten, in welches ich mich von Anfang an verliebt hatte. Die Auktion war somit auch beendet und nach und nach fanden sich Käufer nach Käufer am Hauptgebäude ein. Einer nach dem anderen wurde ins Büro gerufen und ich durfte als letztes die Papiere für meinen Hengst unterschreiben. Danach ging ich nochmal in den Stall und begrüßte meinen neues Gestütsmitglied, auch wenn er erst in ein paar Monaten zu uns ziehen dürfte. Ich klopfte ihm den Hals und war schon sichtbar gespannt wie er sich bei uns machen würde. Natürlich würden wir versuchen den Hengst in der Zeit bis zu seiner Ausreise nochmal zu besuchen, aber jetzt hieß es zurück ins Hotel. Die nächsten zwei Tage waren auch noch vollgestopft, weil wir uns ein bisschen was noch ansehen wollten, aber wir hatten mit Occulta abgesprochen, dass wir aber morgen oder übermorgen Abend nochmal ein bisschen vorbeikommen würden. Sie hatte natürlich zugestimmt und so verabschiedeten wir uns nun vorab von ihr.

      Samantha O'Neill's Sicht:

      "Endlich ist es soweit! Meinst du, du schaffst es ein Fohlen zu ersteigern? Hoffentlich klappt das mit Isis und Diva, die sind so hübsch... Aber da wird es bestimmt viele Gebote geben. Hach ich bin so aufgeregt...", plapperte Meg neben mir ununterbrochen. Das ging schon so, seit wir von meinem Gestüt Hollybrook Stud aufgebrochen waren und so langsam machte sie mich ebenfalls nervös. Also grinste ich meine Freundin mit hochgezogenen Augenbrauen an und drehte die Musik auf. Sie verstand den Wink mit dem Zaunpfahl - oder vielleicht eher dem ganzen Zaun? - und schmetterte stattdessen lauthals "Holiday" von Greenday mit. Dagegen konnte ich nichts einwenden, immerhin sang ich genauso schief. Heute war der Tag der Zuchtfohlenauktion auf Pineforest Stable und wir waren mit unseren zweieinhalb Stunden Fahrzeit wohl noch unter jenen Besuchern mit der kürzesten Anreise. Ich freute mich schon wahnsinnig auf das Spektakel und natürlich vor allem auch darauf meine beiden Favoriten unter den Fohlen - Isis und Diva - endlich einmal live zu sehen.

      Als wir viertel vor elf auf dem Gestüt ankamen, war der Parkplatz bereits rammelvoll. "Mensch, hier ist sogar noch mehr los als letztes Jahr", murmelte ich wenig begeistert. Nicht, dass ich Occulta den Erfolg nicht gönnte, aber je mehr Bieter hier waren, desto schwieriger würde es werden ein Fohlen zu ersteigern. Ich stellte mein Auto ab und stieg hinaus in die heiße Luft. Meg und ich hatten uns für dieses Event extra in Schale geworfen - sie mehr oder weniger unfreiwillig, aber das spielte ja keine Rolle. Ich trug ein fließendes, knielanges royal blaues Kleid mit goldenen Ornamenten darauf. Das waren nämlich die neuen Hollybrook-Farben und ich hatte mein Glück kaum fassen können, als ich besagtes Kleid gefunden hatte. Gwen dagegen trug einen ebenfalls royal blauen Rock und dazu eine weiße Bluse. Im Gegensatz zu mir fühlte sie sich in den Klamotten jedoch nicht wirklich wohl. Ich knuffte sie spielerisch in die Seite. "Du siehst super aus, hör auf die ganze Zeit an dir herumzuzupfen. Da schauen die Leute dann besonders genau hin.", zog ich sie auf. Man könnte meinen, Meg wäre in Stallklamotten geboren worden - wenn man sie mal nicht in Reithosen sah, trug sie abgewetzte Jeans und ein T-Shirt. Schwarz oder weiß natürlich, alles andere war ihr zu kitschig. Für unseren Ausflug zur Auktion hatte ich die unnachgiebige Chefin raushängen lassen und hatte Meg schließlich gedroht, dass ich ansonsten jemand anderen mitnehmen würde. Das war natürlich nicht ernst gemeint gewesen, aber immerhin repräsentierten wir hier mein Gestüt vor extrem vielen Menschen. So hatte Meg sich murrend mit mir in ein Kaufhaus begeben und sich heute morgen sogar von mir schminken und die Nägel lackieren lassen. Sie hatten - selbstverständlich - die gleiche Farbe wie ihr nagelneuer Rock. "Du bist ein Diktator, nur dass du es weißt. Dieses ganze Freundschaftsgetue ist doch nur aufgesetzt, damit niemand dein wahres Ich erkennt.", murrte Meg, während sie schon wieder an ihrer Bluse zupfte. Ich lachte nur und führte sie zu der Traube an Menschen, die sich auf dem Hof versammelt hatte. In deren Mitte stand Occulta Smith und lächelte uns zu, als wir uns hinter die anderen stellten. Ich entdeckte bereits einige bekannte Gesichter und freute mich schon sehr auf das Mittagessen, da ich einige von ihnen seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen hatte. Als es schließlich elf Uhr war, sprach Occulta ein paar nette Worte und führte uns dann über das Gestüt. Wir waren keine zehn Schritte weit gegangen, da beklagte sich Meg auch schon über ihre hohen Schuhe. Das änderte sich jedoch schlagartig, als wir die Koppeln erreichten und sie nur dank der Absätze etwas sehen konnte. Im Gegensatz zu mir war Meg nämlich ziemlich klein. "Wusste ich doch, dass ich dich Riesin nicht verwechseln kann!", ertönte in dem Moment eine mir wohlbekannte Stimme. Ich drehte mich um und sah mich Elisa, Matthew und Gwen aus Kanada gegenüber. "Oh ihr auch hier? Das hätte ich mir ja denken können!", erwiderte ich grinsend. Erst kürzlich war ich selbst in Kanada gewesen, um mich um das Training einiger Pferde zu kümmern, darunter auch eine von Elisa's Stuten. Irgendwie war die Auktion dabei wohl durch unsere Gesprächsthemen gerutscht. Vom Rest der Führung bekamen wir nicht allzu viel mit, da wir Neuigkeiten austauschten und uns über die Zuchtfohlen unterhielten. Auch das Mittagessen verging auf diese Weise im Flug. Ich grüßte immer wieder alt bekannte Gesichter und amüsierte mich prächtig. Als es dann am frühen Nachmittag zum Dressurviereck ging, wurde die Stimmung deutlich angespannter. Auch Meg begann wieder zu zappeln, doch ich war momentan genauso schlimm. Tja, aus einem schönen Pokerface wurde wohl auch dieses Jahr nichts. Ich nahm neben Elisa in der dritten Reihe Platz und blickte gespannt auf den Dressurplatz vor uns. Bevor es ans Eingemachte ging, war jedoch die Hengstparade an der Reihe. Anubis, der Vater von Isis war mir schon auf einigen Turnieren begegnet, doch es war immer wieder schön den schicken Hengst in Aktion zu sehen. Auch Drømmer Om Død und Unbroken Soul of a Rebel waren mir bereits bekannt. Ersterer weil er der Vater meiner süßen Prada war und Rebel hatte ich schon gepflegt. Beck's Experience zog trotz seiner Größe die gesamte Aufmerksamkeit auf sich, als er stolz durch den Ring trabte. Toll, nun wollte ich Diva nur noch mehr haben. Das war doch wirklich verhext. Occulta betrat den Platz und verkündete uns strahlend, dass nun die Auktion bekam. Jeder Interessent hatte eine Bieterkelle erhalten und ich umschloss meine mit zittrigen Fingern. Vier Fohlen hatten meine Aufmerksamkeit geweckt und zwei von ihnen wollte ich unbedingt ersteigern. Fohlen Nummer 1 war Beck's Little Diva und ich sog die Luft ein, als ein Gebot auf das andere folgte. Diva dagegen trabte dicht an ihre Mama gedrängt durch die Bahn und schielte immer wieder zu uns hinüber. Irgendetwas an der Art des Fohlens schlug mich sofort in den Bann. Als ich gerade meine Kelle heben wollte, streckte Elisa neben mir ihre in die Luft. "Du? Was? Nein!", stammelte ich und reckte dann entschlossen meine Kelle in die Luft. "Oh oh, den Gesichtsausdruck kenne ich. Du würdest mich wahrscheinlich überbieten bis wir beide pleite sind oder?", grinste Elisa. In diesem Moment fiel der Hammer und Diva ging an die Nummer 50. Enttäuscht zog ich einen Flunsch, bis ich netterweise von Meg darauf hingewiesen wurde, dass ich Nummer 50 war. Nun entwich mir ein ersticktes Quieken und Elisa hielt sich vor Lachen den Bauch. "Schon gut, ich gönne sie dir, mische ich eben bei der Nummer 2 mit!", meinte sie dann schulterzuckend. Das hatte ich mir zwar auch überlegt, änderte meine Meinung jedoch beinahe sofort wieder, als die Gebote für den kleinen Hengst immer höher kletterten. Der Zuschlag ging schließlich an eine junge Frau die ich nicht kannte und Elisa murrte nur: "Kein Glück heute, also wirklich." Ich wollte gerade etwas erwidern, als meine Aufmerksamkeit zurück auf das Viereck gelenkt wurde. Isis trabte soeben mit ihrer Mutter herein. Das interessant gefärbte Scheckfohlen reckte seinen kleinen Kopf in die Luft und stolzierte mit langen Tritten neben seiner Mama her. Sie sah absolut nicht eingeschüchtert aus, als sie an der Menschenmenge vorbeikam und ich war einfach hingerissen. Schon kurze Zeit später kletterten die Gebote weit über meine selbst gesteckte Höchstgrenze, doch ich musste das Araberstütchen einfach haben und bekam schließlich bei einer Summe den Zuschlag, von dem ich zu Hause niemandem erzählen durfte. Zumindest solange nicht, bis sie Isis mit eigenen Augen gesehen hatten. Zufrieden lehnte ich mich zurück und genoss den Rest der Auktion. Dank Isis stand Fohlen Nummer 4, für das ich mich auch interessiert hatte, nun nicht mehr zur Debatte. Die anderen Fohlen gingen alle für gute Preise weg, vor allem um den Criollohengst Disparo de Fiasco brach ein regelrechter Kampf aus. Als schließlich das letzte Fohlen - ein hübscher kleiner Vollbluthengst - aus dem Viereck geführt wurde, kam Occulta wieder in die Mitte, bedankte sich für die rege Beteiligung und rief dann die neuen Fohlenbesitzer zu sich. In ihrem Büro wurden sodann auch fleißig Schecks ausgestellt und Papiere übergeben. Sorgfältig verstaute ich die von Diva und Isis in meiner Handtasche. Mit einem recht dümmlichen Grinsen verließ ich das Büro. Wir setzten uns nun alle zum Tee zusammen, dann wurde es auch langsam Zeit für die Heimfahrt. Diva und Isis würden bis August auf Pineforest Stable bei ihren Müttern bleiben, doch wir durften sie jederzeit besuchen und das würde ich sicherlich auch wahrnehmen.
    • Occulta
      Herbstbeginn, oder: es gibt Ärger auf Pineforest Stable, Teil II
      Beck’s Experience, Rapunzel, Glenns Caress, Lady Diva from the Sky, Arctic Blue, Silhouette of a Rose, Papillon d’Obscurité, Tigrotto, Snottles Peppermint, Tic Tac, PFS’ Kicks-a-Lot, PFS’ Shadows of the Past, PFS’ Sarabi, PFS’ Skydive, PFS’ A Winter’s Tale, PFS’ Stop Making Sense, Subsyndromal Symptomatic Depression, PFS’ Counterfire, Daedra, PFS’ Soñando Solas, PFS’ First Chant, PFS’ Cloony, PFS’ Cranberry, PFS’ Cupid, PFS’ Challenging Time, PFS’ Simply Priceless, PFS’ Call it Karma, PFS’ Whirlwind, Mikke, Khiara El Assuad, Vai Alida, Rosenprinz, Valentine’s Cantastor, Empire State of Mind, Areion, Satine, Moon Kiddy, PFS’ Ljúfa, Feline, Numair, Anubis, Bintu Al-Bahri, Farasha, PFS‘ First Chant

      Das Telefon klingelte, und ich hechtete förmlich darauf zu, nur um gleich darauf enttäuscht die Stimme meiner Mutter zu hören. „Ja Mum, ich hab es nicht vergessen... Selbstverständlich könnt ihr an Halloween zu uns rüberkommen… Ja klar, ihr schlaft wie immer im Gästezimmer… Bye.“ Der Anruf, den ich eigentlich erwartete, war von der Polizei; mit Neuigkeiten über meine und Rosies gestohlene Pferde. Doch der blieb auch an diesem Morgen aus. Ich wurde zunehmend besorgter über den Verbleib von Numair, Anubis, Bintu, Farasha und besonders klein First Chant. Ich hoffte einfach, dass sie bald gefunden wurden und unversehrt zurückkehren konnten. Derweilen konnte ich immernoch nicht glauben, wie dreist der Dieb gewesen war. Unser Vertrauen auszunutzen, um sich zuerst ein Bild von der Anlage und den Pferden zu machen – das wahr ja wohl das Letzte. Und das allerschlimmste ist, dass ich davon nichts gemerkt habe! Auch nicht, als er so grosses Interesse an den Arabischen Vollblütern gezeigt hat. Dabei hätte mir seine gezielte Frage, ob ich denn auch Araber besitze, bereits fischig vorkommen müssen. Er wusste schon vorher von den Pferden, das ist sicher, und hat sich auf diesem Weg nur einen ersten Zugang zum Stall verschafft, um sich umzusehen. Doch sich darüber ärgern half jetzt auch nicht mehr. Alles, was ich tun konnte, war abwarten und Tee trinken – Schwarztee, um genau zu sein. Es war einmal mehr halb sechs Uhr, Frühstückszeit. Jonas, mir gegenüber, sah so aus, als würde er gleich mit dem Gesicht in der Müslischüssel einschlafen. Ich gab ein unterdrückt-amüsiertes Glucksen von mir, woraufhin er ausgiebig gähnte. Die Hunde mampften ihr Futter und Lily lag noch bis halb Acht unter ihrer warmen Bettdecke. Kurz darauf zog ich mir meine schwarze Fleecejacke an und verliess das Haus. Es war ein nebliger Morgen in England (wer hätte es gedacht) und noch versteckte sich die Sonne unter dem Horizont. Brrr, kalt und unheimlich. Ich lief etwas zügiger und machte meine morgentliche Stallrunde. Ich liess das Licht im Hauptstall an, woraufhin die meisten Pferde aufmerksam ihre Köpfe hoben und durch die Boxenfenster in die Stallgasse schauten. Ein paar grunzten hungrig, ein paar waren noch ein wenig verschlafen und liessen die Unterlippe hängen. Ich streichelte im vorbeigehen Rosenprinz‘ Nase. Auch Canto und Empire streckten mir erwartungsvoll ihre Köpfe entgegen. „Be patient, boys - your hay is coming.“ Ich hörte nämlich in diesem Moment Stimmen vom Eingang des Stallgebäudes herkommend, die verdächtig nach Ajith und Quinn klangen. „…you know nothing! You have no idea what kind of person he is, and yet you judge him?” “Quinn, I’m just worried about you…” “Oh please, save your breath. It’s none of your business, so stay out of it.” Das Gespräch brach ab und ich vermutete, dass Quinn davongelaufen war. Stirnrunzelnd begab ich mich in Richtung Eingang, um nach Ajith zu sehen. Der Pfleger stand an die Boxenwand gelehnt und sah ziemlich müde aus. „What was that?“, fragte ich vorsichtig. „You heard? Ahhh… Luck isn’t on my side today, huh…“ „Come on, you know I’ll always listen when you have something on your mind.“ Der Pfleger seufzte leise. “It’s about Quinn’s father. Apparently he has a drinking problem… He depends on her beause he has no work and he is apparently violent when he’s drunk; she had some bruises when she returned from visiting him in Ireland. She pretended to have bumped into something, but I don’t believe her. And now she’s angry with me for trying to help.” “I did know that her father is a difficult person, but I had no idea that it was so bad… Maybe I should try talk to her?” Er zuckte mit den Schultern und sah weg. Offenbar glaubte er, dass es ohnehin nichts bringen würde. Ich legte ihm meine Hand beruhigend auf die Schulter und setzte dann meine Runde durch den Hauptstall fort. Bei den Stuten sah ich, dass Khiaras Box etwas wenig Stroh hatte und rief daher in Richtung Ajith, dass sie heute Nachschub brauchte. Die Stute hatte ein seidiges Winterfell entwickelt, dass zwar nicht besonders lang war, sie aber dennoch schön warm zu halten schien. Sie sah mir freundlich entgegen und beschnupperte interessiert meine Hand. Ich streichelte sie rasch, mit einem liebevollen Lächeln im Gesicht. Zira entdeckte weiter vorne eine Maus und verschwand um die Ecke, während ich einen Blick in die restlichen Boxen warf. Alidas sonst so blutrotes Fell war im Moment eher gräulich, weil sie frisch geschoren war. Es hatte mir fast wehgetan, die schöne rote Wolle wegzurasieren, wo sie doch so zum Herbst passte. Aber die Stute hatte auch im Winter anstrengendes Training vor sich, bei dem sie sonst zu viel schwitzen würde. Dafür hatte Caprice ihren Pelz noch, der in leuchtendem Orange schimmerte. Ich sah sie gerade nur von hinten, denn sie sah zum Fenster raus. Mir fiel auf, wie dicht ihr Schweif geworden war, seit sie auf Pineforest Stable angekommen war. Mit dem dunkleren Streifen Haare in der Mitte und den feinen Löckchen an den kurzen, äusseren Haaren sah es richtig edel aus. Caprice bemerkte mich und drehte ihren Kopf nach hinten; aber ging weiter um sie nicht zu stören, denn ich hatte gerade sowieso nichts in der Tasche und sie wurde erst am Nachmittag von Charly bewegt.
      Dafür kümmerte ich mich um ein anderes orangenfarbiges Tier. Naja, sie war schon eher blutorangenfarbig, denn ihr Fuchsfell war jetzt im Winter besonders dunkel. Ich begrüsste Satine mit einer Karotte, die ich zuvor aus der Futterkammer stibitzt hatte. An ihrem grün gestreiften Halfter führte ich sie aus der Box und band sie beim Holzgitter unter dem Nebenstalldach an. Sie beobachtete mit ihren wachen, eisblauen Augen die vorbeilaufenden Pfleger und Pferde. Langsam wurde es nämlich lebendig auf dem Hof und die erste Gruppe von Rennpferden wurde auf die Bahn geritten. Ab nächster Woche wollten wir das Training wieder auf eine spätere Morgenstunde verschieben, da es jetzt ja nicht mehr so warm war und wir so wieder Tageslicht hatten. Ich bürstete Satine ausgiebig durch, bis nur noch ein bisschen Staub vom letzten Weidegang in ihrem Fell übrig war. Auch die Hufe kratzte ich sauber aus. Jonas führte Feline auf dem Kiesweg vor uns an uns vorbei zum Sandplatz. Ich beeilte mich mit Satteln und wir stiessen zu ihnen. Wir ritten die beiden Stuten nebeneinander warm, arbeiteten danach aber einzeln mit ihnen. Jonas machte mit der Criollostute Dressurarbeit, während ich mit Satine ebenfalls an Takt und konstanter Anlehnung arbeitete. Die beiden waren ähnlich weit in der Dressur – solide ausgebildet, aber nicht hauptsächlich darin gefördert worden. Satine war vor allem im Springen top, während Feline ein vielseitiges Freizeitpferd darstellte. Die Arbeit mit Satine machte heute richtig Spass, da die Stute konzentriert mitarbeitete und sich auch nicht von dem bunten Treiben um uns herum ablenken liess. Nur einmal zuckte sie zusammen, als Jacky sich geräuschvoll durch das Gebüsch, das den Sandplatz zierte, hindurchzwängte. Ich schickte die Jack-Russel Hündin zu Zira, die brav im Gras lag und wartete. Jacky setzte sich eher träge neben ihre jüngere Gefährtin und kam umso freudiger angehüpft, als ich sie nach dem Reiten wieder zu mir rief. Ich zerwuschelte das Fell der beiden Hunde zur Belohnung und führte dann Satine zurück zum Absatteln. Jonas war mit Feline schon vorausgegangen und brachte mir kurze Zeit später Moon Kiddy mit, die ich als nächstes Reiten wollte. Er hatte auch Ljúfa im Schlepptau, denn wir wollten gemeinsam mit Robin Lancaster ausreiten gehen. Die Isländerstute war noch ziemlich jung und früh eingeritten für eine Vertreterin ihrer Rasse. Wir hatten aber bisher nur leichte Arbeit mit ihr gemacht, vorallem Ausreiten im Gelände und ein paar leichte Qualifikationsshows. Galoppiert war sie noch nicht unter dem Sattel, nur Schritt, Trab und Tölt geradeaus. Ausserdem ritten sie nur die leichtesten der Pfleger, damit sie nicht übermässig belastet wurde. Deshalb übergab Jonas Ljúfa auch Robin, die gerade angelaufen kam. Jonas selbst holte hingegen Shira mit dem Knotenhalfter aus ihrer Box und band sie neben mir und Moon an. Die dreijährige Stute wurde gerade eingeritten und war erst einmal richtig unter dem Sattel gelaufen. Wir wollten heute nur eine kleine Runde mit den drei Stuten drehen, wobei Moon als erfahrenes Lehrpferd diente. Die Hunde warteten geduldig, bis wir gesattelt hatten. Sheela war nun auch dabei, denn sie war wiedermal bei Jonas geblieben. Beim Satteln war ‚Prinzesschen‘ noch ein bisschen unruhig, obwohl wir schon einige male geübt hatten. Ich liess die bereits mit dem Bosal gezäumte Moon rasch stehen und vertraute darauf, dass sie nirgens hinging, denn ich wollte Jonas noch bei Shira helfen. Wir zäumten die Ponystute über dem Knotenhalfter und ich nahm sie später beim Aufsteigen zunächst zusätzlich als Handpferd an den Strick. Als alle oben waren, ritten wir eine Runde zur Galoppwiese und dem Waldrand entlang. Zum Glück konnte ich mich so gut auf Moon verlassen, denn die Stute liess sich ausgezeichnet von mir dirigieren und zickte auch nicht, wenn wir Jonas mit Shira helfen mussten. Einmal wollte die unerfahrene Ponystute zum Beispiel nicht an einem Holzhaufen vorbei, sodass ich Moon kurzerhand nutzte, um sie vorwärts zu treiben. Auch mit den frischen Vollblütern war Moon jeweils Gold wert als Trackpony. Ich kraulte sie dankbar durch die dichte Mähne am Hals, als wir das Hindernis geschafft hatten.

      Den ganzen Morgen über ritt oder longierte ich verschiedene Pferde, kurz vor dem Mittag musste ich aber auch noch etwas Buchhaltung für Pineforest erledigen und mich daher in mein Schreibzimmer begeben. Danach hiess es Mittagessen kochen. Lily erzählte uns von nervigen Lehrern und Mitschülern, das Übliche. Sie schien froh, dass sie am Nachmittag keine Schule hatte und zu den Pferden konnte. Sie erklärte stolz, dass sie mit Areion heute Geländesprünge üben wollte. Ich hielt das allerdings für keine gute Idee angesichts des nassen Bodens und weil ich heute keine Zeit hatte sie dabei zu coachen. Es war mir einfach doch noch etwas zu riskant die beiden alleine an den teils massiven Hindernissen üben zu lassen, auch wenn sie nicht hoch eingestellt waren. Lily war natürlich enttäuscht, aber ich munterte sie auf indem ich ihr anbot, dass wir später zusammen mit den Fohlen spielen konnten und überzeugte sie, stattdessen mit Areion heute Abend zu Elliot in die öffentliche Dressurstunde zu gehen. Nach dem Essen nahm ich die Hunde mit zu den Miniature Horses. Die kleinen Pferdchen wollten schliesslich auch gepflegt werden und hatten sich schonmal schön schlammig gemacht, damit sie auch nicht zu kurz kamen. Während die Hunde durch das halbhohe Gras streunerten, begann ich Arco zu putzen. Der silbergraue Hengst hatte jetzt mit dem Winterfell deutlichere Dapples als im Sommer – früher war es manchmal noch fast umgekehrt gewesen. Seine fast ganz weisse Mähne war mit ein paar Dreck-Rastas versehen, welche sich aber gut entfernen liessen. Das wollige Winterfell striegelte und bürstete ich ausgiebig, aber die beine waren nicht gerade einfach sauber zu bekommen, so feucht wie sie waren. Ich putzte sie so gut es ging, verschwendete aber auch nicht zu viel Energie daran, denn er würde ohnehin bald wieder für Shows geschoren werden. Dasselbe war es auch mit Lenny und Becks. Wobei ‚Red’ schon vor dem Putzen von allen noch am besten ausgesehen hatte. Bei den Stuten war Lewis mittlerweile mit dem Misten fertig und bürstete nun ebenfalls fleissig die dichte Wolle der Vierbeiner. Er war mit Rose schon fertig und kümmerte sich gerade um Tigrotto. Ich schlüpfte unter dem Zaun durch und fing Lady ein. Die Fuchsstute folgte mir willig zum Zaun und liess sich genüsslich von mir massieren. Sie sah so edel aus, trotz des Winterfells, wenn sie ihren Hals vor Wohlsein rund machte. Mit den beiden Youngsters, Kiwi und Tiki, wollte ich einen kleinen Spaziergang machen. Lewis nahm bei der Gelegenheit auch gleich Queenie und Papillon mit. Die beiden hatten heute frei (sie waren gestern auf einer längeren Trainingsfahrt gewesen) und so ein Spaziergang war bestimmt lockernd für die beanspruchten Muskeln. Wir gingen mit den vier Ponys zum Fluss und über die Feldwege um Pineforest herum. Auf dem Heimweg begegneten wir Lily, die mit Peppy ohne Sattel und mit dem Stallhalfter unterwegs war. Ich rief ihr nach, dass sie bei der Strasse vorsichtig sein solle und erntete nur ein klangvoll ausgerufenes „Ich we-iss“. Lewis grinste nur belustigt und wir plauderten weiter über die kommenden Fahrturniere.
      Während Lily noch im Gelände herumdümpelte, ging ich schonmal zu Thairu, dem Zebra. Sie und Zazou, den wir ab und zu aus Gewohnheit immernoch Dante nannten, standen Popo-an-Kopf nebeneinander unter dem geschützten Unterstand, den wir für sie gebaut hatten. Beide hatten kaum Winterfell aufgrund ihrer Art, vertrugen die Kälte im Winter aber trotzdem ziemlich gut, solange sie einen Rückzugsort hatten. Ich trainierte im Moment nicht mehr so oft mit Thairu, weil mir die Zeit dazu schlichtweg fehlte. Ich hatte aber nicht das Gefühl, dass ihr das schadete. Im Gegenteil; sie vergass kaum etwas zwischen den Trainingseinheiten und war jeweils entspannt, wenn wir wiedermal mit ihr arbeiteten. Ich putzte sie heute nur gründlich durch, ebenso wie den Wildesel neben ihr. Thairu mochte es besonders an ihrem Unterhals gestreigelt zu werden. Aber auch Zazou hatte eine Lieblingsstelle, nämlich hinter seinenen langen Löffeln. Ich klopfte dem Zebra beim Gehen auf den Po und begab mich in Richtung Fohlenweiden. Lily hatte Peppy versorgt und kam angerannt, als sie mich sah. „Was wollen wir mit ihnen üben?“, fragte ich meine Nichte, sobald sie in Hörweite war. „Blachen! Und den Gymnastikball, und vielleicht Flattervorhang?“ „Ich glaube Ball und Blachen reichen für heute, aber wir können noch ein paar Kegel aufstellen und Führtraining machen.“ „Ja!“ Sie lief voraus zur Halle, denn im Bereich vor der Reiterstube hatten wir einen Lagerraum für das ganze Bodenarbeitsmaterial. Ich folgte und gemeinsam trugen wir die Übungsgegenstände zu den Weiden. Die Hunde waren wie immer mit dabei, und bei der Halle waren wir dem Kater Kafka begegnet, der uns von der Treppe zur Tribüne aus scharfäugig beobachtete hatte. Als erstes wurden wir bei den Weiden von Skyrim begrüsst, der Lily sofort seine rosa Schnauze ins Gesicht streckte. Das erstaunte mich nicht sonderlich, so viel, wie sich meine kleine Nichte mit dem Reitpony beschäftigte. Auch die anderen Hengstfohlen kamen neugierig näher, während wir den ‚Parcours‘ aufstellten. Cupid begann sogar frech an der Blache herumzuzupfen und sie mit dem Huf zu bearbeiten. Simply blieb erstmal auf Abstand, traute sich dann aber doch neben Cupid an der blauen Blache zu schnuppern. Übrigens waren die Vollblutfohlen mittlerweile abgesetzt worden und nach Pineforest umgezogen. Das Verladen der halbjährigen war natürlich ein riesen Ereignis gewesen, mit viel Gequietsche und grossen Augen. Aber am Ende hatte alles ohne Zwischenfälle geklappt und die Fohlen waren gut angekommen. Als wir alles bereitgestellt hatten, holte ich zwei Halfter und Stricke damit wir das Führtraining machen konnten. Selbstverständlich behielt ich Lily die ganze Zeit im Auge, während sie zuerst Skyrim und danach Clooney durch die Pylonen führte. Sie hatte die Anweisung den Strick einfach loszulassen, falls sich einer der Halbstarken erschrecken sollte. Ich selbst führte Mambo an den Gymnastikball heran, bis er ihn mit den Vorderbeinen wegschubste. Er erschreckte sich leicht, liess sich aber erneut auf mich ein und war bei den weiteren Versuchen schon viel mutiger. Solas kam natürlich auch dran und zeigte bei den Blachen bereits jetzt Nervenstärke. Ich war sicher, dass er einmal ein hervorragendes Trailpferd werden würde.
      Bei den Stuten lief es ähnlich ab; die meisten waren ziemlich neugierig und untersuchten die Mitbringsel. Besonders die älteren wie Sarabi, Daedra, Snowflake, Fire und Dolly hatten schon einige solcher Spieleinheiten hinter sich und kannten die Gegenstände. Aber auch Cranberry traute sich sofort heran und bearbeitete den Ball mit ihren Fohlenzähnen. Ich war froh, dass Chime jetzt auch auf Pineforest war und ich sie jeden Tag im Blick hatte. Ella hatte zwar gute Arbeit geleistet und sich ausreichend um das schwächliche Stutfohlen gekümmert, aber mir war trotzdem wohler, wenn ich mich selber um sie kümmern konnte. Sie war und blieb ziemlich schmal, man sah auch ihre Rippen recht gut. Aber laut dem Tierarzt war sie soweit über dem Berg und mit genügend Futterzusätzen würde sie auch gross werden. Es war natürlich eine aufwändige Zukunft, die da vor uns lag, doch für das hübsche Stutfohlen wollte ich keine Mühen scheuen. Sie war mir schon so ans Herz gewachsen, dass ich sie keinesfalls loslassen könnte, auch wenn Oliver skeptisch war, ob die kleine jemals eine Zukunft als Rennpferd haben oder überhaupt gesund bleiben würde. Ich wollte es wenigstens versuchen und ihr diese Chance geben. Weniger dramatisch stand es um die dratige, grobknochige Karma. Sie war ein richtiger Brocken, und ich schätzte, dass sie wohl ein ordentliches Stockmass erreichen würde. Wegen ihrer langen Beine sah es lustig aus, wenn sie grasen wollte. Sie stand dann jeweils vorne ganz breit auseinander. Nun fehlte nur noch Indy, die immernoch bei Ella stand, weil sie ungefähr zwei Monate jünger als die anderen Fohlen war. Ich freute mich schon darauf, endlich alle Fohlen auf dem Hof zu haben. Lily und ich versorgten alles wieder in der Halle, sobald wir fertig waren. Danach gingen wir erstmal ins Haus um uns mit einer Tasse Tee aufzuwärmen, denn es war bereits am Vormittag eine kühle Bise aufgezogen, die sich hartnäckig gehalten hatte. Immerhin war der Himmer klar und blau. Lily ging später wie beschlossen in die Dressurstunde und ich kümmerte mich um zwei neue Pensionäre – denn ich hatte beschlossen, die leeren Boxen auf Pineforest zu vermieten. Im Moment standen schon zwei auswärtige Pferde im Stall, und eines davon war unser alter Freund Fajir. Der Besitzer war sofort mit ihm zurück hierhergezogen, als er von den freien Boxen erfahren hatte. Er war ohnehin seit er den Cremello besass zu uns in die Reitstunden gekommen, und nun konnte der begeisterte junge Herr auch von der restlichen Infrastruktur von Pineforest profitieren. Heute waren nun noch ein weiteres mir unbekanntes Pferd, und Majandro angekommen, den ich ebenfalls vor einer ganzen Weile verkauft hatte. Ich war sicher, dass auch noch weitere der Pferde folgen würden, die ich in unsere Nachbarschaft abgegeben hatte.

      Gegen halb Zehn Uhr klingelte das Telefon bei uns erneut. Ich liess Jonas rangehen, da ich gerade Wäsche bügelte, weil unsere Putzfrau (jawoll, so faul war ich seit Jahren) mit Grippe im Bett lag. Ich lauschte mit einem Ohr dem Gespräch und mein Puls schlug schneller, als ich mir zusammenreimte, worum es ging. „Sie haben sie gefunden?“, hauchte ich zu Jonas, der mir grinsend einen Daumen hoch als Antwort gab, während er dem Beamten zuhörte. Ich machte förmlich einen Freudensprung und konnte es kaum erwarten, die Details zu hören. „… Okay, we’ll pick them up right tomorrow, if that is possible. Yeah sure. Thank you so very much.“ Er legte auf und ich umarmte ihn erstmal vor Erleichterung. “Sie wurden in der Nähe von Southampton in einem Schuppen gefunden. Offenbar wollten die Diebe sie demnächst bei einer Nacht und Nebel Aktion per Schiff nach Frankreich und von dort aus mit gefälschten Papieren weiter transportieren. Die Polizei hat die Dokumente beschlagnahmt, es war offenbar alles schon vorbereitet. Wir hatten Glück, denn es wäre schwierig geworden, sie im Ausland aufzuspüren. Wir können sie morgen holen gehen – ach ja, und sie seien in einem recht guten Zustand, also ist ihnen nichts weiter passiert.“ Mir kamen beinahe Freudentränen, was mich erstaunte, weil ich normalerweise nicht so nah am Wasser gebaut war. Vielleicht werde ich doch langsam zu einem normalen Menschen wie alle anderen, überlegte ich im Stillen. Falls ja, liegt das definitiv an dem guten Einfluss meiner grossen Familie hier.
    • Occulta
      Wir üben Geschick
      Silverangel, River’s Lychee, PFS‘ Shadows of the Past, Yoomee, tc Miss Moneypenny, Simba Twist, PFS’ Merino, PFS’ Cryptic Spots, Primo Victoria, PFS’ Stromer’s Painting Gold, PFS’ Ljúfa, Tigrotto, PFS’ Kicks-A-Lot, Tayr al Diyari, Numair, Anubis, Lindwedel, Glenns Caress, Beck’s Experience, Chocolate Chip, Papillon d’Obscurité, Parányi

      "Der schöne Schnee...", jammerte Lily traurig, als sie an diesem Morgen aus dem Haus kam. Jonas und ich waren wie immer schon viel früher draussen gewesen - Ausschlafen war für uns auch am Wochenende keine Option. Der Schnee, der vergangene Woche noch flächendeckend gelegen hatte, war weitgehend verschwunden; bloss ein paar vereinzelte weisse Stellen im Schatten erinnerten noch daran. Die Sonne wärmte meinen Rücken, als ich mit Lychee in Richtung Baumalee losritt, gefolgt von Quinn und Parker mit Silver und Shira. Ich rief Lily über die Schulter zur Erinnerung, dass wir um elf Uhr weg wollten und sie pünktlich zürück sein musste; dann wandte ich meinen Blick nach vorne und genoss unseren Ausritt. Der Boden trocknete immer mehr und das vom Gewicht der letzten Wochen müde Gras richtete sich auf, um Energie zu tanken. Man bekam richtige Frühlingsgefühle, obwohl es gut möglich war, dass es nochmal kalt werden würde. Auch die Pferde spürten den Temperaturwechsel und das Erwachen der Natur. Sie waren hibbelig und geladen, wollten am liebsten die ganze Strecke im Galopp bewältigen. Ein Grund dafür war vielleicht auch, dass sie aufgund der Schneeschmelze nicht auf die Weiden gedurft hatten, da diese sonst in Windeseile Schlammlöcher verwandelt worden wären. Ich hatte entsprechend Verständnis für mein Reittier, das beim Angaloppieren übermütig buckelte. Solange sie mich nicht ernsthaft runterbocken wollte, ignorierte ich es einfach und sass die grösseren Sprünge gekonnt aus. Wir hatten unseren Spass und pauderten ausgiebig, sodass wir am Ende tatsächlich fast selbst zu spät zurückkamen. Schliesslich musste ich noch eine ganze Menge vorbereiten, bevor wir losfahren konnten. Ich versorgte Lychee, stellte die Transporter bereit, half Ajith Gamaschen, Sättel und Knotenhalfter einzupacken. Die Reise ging zu einem Extreme Trail, etwas mehr als eine Stunde entfernt. Ich hatte schon lange vorgehabt, dort einmal hinzufahren, denn der Park war letzten Frühling neu eröffnet worden und beinhaltete viele spannende Hindernisse - ein perfektes, Mut förderndes Training für die jungen Vollblüter. Wir wollten daher gleich die ganze Gruppe der vierjährigen mitnehmen - und natürlich Goldy, die da gewissermassen auch dazuzählte. Primo und sie stiegen brav ein, Penny brauchte etwas länger, und die Jungs zögerten auch einige Augenblicke, ehe alle drin waren. Jungpferde eben. Wir fuhren mit zehn Minuten Verspätung los, das war aber kein Problem.
      Wir wurden kurz eingewiesen und bekamen ein paar Tipps zu den Hindernissen, dann durften wir selbstständig den Trail erkunden. Ich ritt auf Simba. Unser erstes Hindernis war eine einfache Reihe von dünnen Baumstämmen, die unterschiedlich schräg dalagen. Simba sah sich die Stangen an und stakste dann zügig hindurch. Ich lobte ihn und durchritt das Hindernis gleich nochmal, diesmal langsamer. Ähnlich lief es mit den anderen Aufgaben. Er zögerte zwar manchmal etwas und versuchte dann hastig weiterzukommen, aber spätestens beim zweiten oder dritten Versuch machte er es ordentlich. Ich beobachtete, wie Quinn und Merino sich an der Wippe versuchten, einer der schwersten Aufgaben. Merino ging zwar vertrauensvoll mit allen vier Beinen auf das massive, breite Holzbrett, erschrak sich aber, als es sich bewegte und sprang blitzschnell runter. Ich lachte und ritt zu Quinn rüber - sie grinste auch. "Nice try, next try..." "Maybe lead him over it first?", schlug ich vor. Sie nickte und stieg ab, um Merino die Rampe vom Boden aus zu zeigen. Diesmal zögerte der junge Hengst schon vor dem Brett, weil er wusste, dass es beweglich war. Quinn stand selbst darauf und demonstrierte ihm, wie es von Seite zu Seite kippte. Als er auch durch sanftes aber bestimmtes Einladen nicht draufstehen wollte, bewegte sie seine Hinterhand und liess ihn ein wenig arbeiten, bis er einen Fuss auf das unheimliche Ding setzte. Sie lobte ihn und nahm den Druck sofort weg, ehe sie ihn nach einer kurzen Pause zu weiteren Schritten ermutigte. Er begriff, dass es keinen anderen weg für ihn gab, also stellte er sich mit allen vier Füssen darauf und untersuchte das Brett mit der Nase. Er scharrte, um den Boden zu prüfen und zuckte zusammen, als dieser sich abermals bewegte. Er wollte schon wieder seitwärts runter, aber Quinn begrenzte ihn geschickt, sodass er sich mit der Situation auseinandersetzen musste. Er zuckte noch ein paarmal und schnaufte laut, dann konnte Quinn ihn schon deutlich besser drüberführen. Nun stieg sie wieder auf und versuchte es auch im Sattel. Diesmal ging er rasch mit allen vier Hufen auf das Brett, zögerte kurz, als es sich zu bewegen begann, machte dann noch einen Schritt, sodass es ganz kippte und hopste dann zügig runter. Quinn lobte ihn zufrieden. Nun war auch Simba an der Reihe, der das ganze ja hatte beobachten können. Er setzte zögerlich einen Huf auf die Wippe, dann den zweiten, und schliesslich auch die Hinterbeine. Ich hielt ihn an Ort und Stelle, um ihn zu loben, dann liess ich ihn rückwärts wieder vom Brett runtergehen, um ihm zu zeigen, dass er nichts zu befürchten hatte. Danach stellte ich ihn wieder auf die Wippe, kurz vor der Mitte. Von dort aus, liess ich ihn einen weiteren Schritt machen, sobald er ruhig und aufmerksam war, sodass das Brett sich langsam bewegte. Simba wurde unsicher und stand breitbeinig da, blieb aber bei mir. Ich schickte ihn noch einen weiteren Schritt voran, damit die Wippe vollständig kippte. Er wartete brav, bis ich beschloss, runterzugehen. Das war mir wichtig, damit er nicht einfach darüber hastete. Ich wollte jeden Schritt kontrollieren, sodass uns nichts passieren konnte. Ich lobte ihn ausgiebig und grinste an Quinn gewandt. Wir ritten gemeinsam zu einer Steintreppe, die die Pferde hochklettern mussten. Ganz in der Nähe war Cryptic mal wieder doppelt so schnell unterwegs, als es nötig gewesen wäre: er trabte kurzerhand die Steintreppen hoch, anstelle im Schritt wie alle anderen gesitteten Vierbeiner hochzuklettern. Natürlich wurde er von seinem Jockey gleich nochmal an den Anfang geritten und musste erneut auf die Stufen steigen, diesmal in der tieferen Gangart.
      Nach einer untensiven Dreiviertelstunde war die Konzentration der jungen Vierbeiner aufgebraucht und es war Zeit, zurück nach Hause zu fahren. Der Trail war die Reise definitiv wert gewesen, und wir wollten schon bald mit anderen Pferden wiederkommen.

      Zuhause angekommen, versorgten wir alles und alle. Ich wollte nun Yoomee bewegen, aber auf Dressur oder Springen hatte ich gerade keine Lust. Also schwang ich mich wiedermal ohne Sattel auf ihren Rücken und nutzte das herrliche Wetter für einen Ausritt. Zira begleitete mich - wie sie es auf Ausritten oft und gerne tat. Sie trottete voraus und schnupperte gelegentlich an einem Gebüsch, dann wiederum wartete sie wieder auf uns. Ich durfte sie nur freilaufen lassen, weil sie so gut erzogen war; bei dem ganzen Wild im Park hätte ich sonst längst Ärger gehabt. Yoomee war gut gelaunt und fit, aber auch sehr brav und anständig. Wir konnten auch ohne Mätzchen galoppieren. Nur einmal scheute sie im Wald ein wenig vor einem vorbeifahrenden Dirt-Bike, das uns von hinten überholte. Zira bellte dabei zweimal, weil sie merkte, dass der Fremde uns zu nahe gekommen war und mich dadurch aus der Ruhe gebracht hatte. Der Fahrer kümmerte sich nicht darum und fuhr einfach gleichschnell weiter, aber ich hatte mein Gleichgewicht rasch wieser gefunden und setzte den Ritt unbekümmert fort, wodurch sich auch die Malinois Hündin, mit ihrem ausgeprägten Beschützerinstinkt, wieder beruhigte. Es gab viele rücksichtsvolle Fahrer in der Gegend, die uns und die Pferde nach unzähligen Begegnungen kannten und respektierten. Aber natürlich gab es auch solche, die am liebsten Reitverbote für den grössten Teil des Parks erwirken und uns mit rüpelhaftem Verhalten vertreiben wollten. Im Park war das Dirt-Bike Fahren sehr beliebt, und besonders im Sommer gab es viele Touristen, die die Strecken durch den Pinienwald zu schätzen wussten. Aber das war noch nicht lange so; erst seit den letzten paar Jahren waren auffällig mehr Bikes unterwegs. Der Pinien Park war sozusagen vom Geheimtipp zum beliebten Ausflugsziel geworden. Das brachte natürlich auch eben erlebte Konflikte mit sich. Wenn ich mit jungen Pferden unterwegs war, horchte ich daher immer nach herannahenden Bikes und sorgte im Voraus für genügend Abstand, ohne auf die Vernunft der Leute zu hoffen. Andererseits verstand ich auch die Fahrer teilweise, denn es gab tatsächlich Reiter in der Gegend, die die Wege förmlich blockierten und ebensowenig Rücksicht nahmen. Jedenfalls blieb Yoomee auch den restlichen Ritt über entspannt und wir genossen die frühlingshaften Temperaturen. Ich musste mir sogar die Jacke ausziehen, weil ich in der Sonne so warm bekam.

      Es war nun halb fünf Uhr. Ich musste nur noch Ljùfa beschäftigen, aber die wollte ich an der Doppellonge arbeiten lassen, um ihren Rücken zu stärken. Etwas anderes schwebte mir für den Moment vor: ich suchte schon seit fast einer Woche die Gelegenheit, um zu Rosie rüber zu schleichen und deren neuen Araberhengst zu besuchen. Jacky hatte sich zu mir und Zira gesellt. Die beiden sassen nun entspannt neben mir, nachdem ich sie vorhin durchgeknuddelt hatte. Ich beschloss, aus meinem Vorhaben einen Spaziergang zu machen und nahm die Hunde gleich mit. Sheela war wiedermal nirgends - vermutlich begleitete sie wie so oft Jonas. Sie war schon immer eher sein Hund gewesen, oder eher gesagt ein Familienhund, denn sie verstand sich einfach mit allen gut. Aber Jonas konnte man wohl ihren Lieblingsmenschen nennen. Er alberte eben einfach mehr mit ihr herum, was ihn automatisch spannender machte. Zira war aber immernoch mir am treusten, obwohl sie ja auch jung und energievoll war. Sie hatte einfach einen ganz anderen Charakter und wich Leuten ausser mir aus, sogar wenn diese tagtäglich mit ihr zu tun hatten. Entweder klebte sie an meinen Fersen, oder streunerte irgendwo abseits vom Trubel alleine herum. Jacky war immer dort, wo es gerade Action gab (am liebsten kam sie mit auf Turniere und sonstige Ausflüge), oder jagte Mäuse. Darin bot sie übigens mancher Katze Konkurrenz. Abends lag sie dann jeweils ausgepowert auf meinem Schoss oder neben mir auf dem Sofa.
      Jedenfalls freute ich mich innterlich schon darauf, endlich Zeit für den Besuch auf der Wilkinson Farm gefunden zu haben und meine Neugierde zu sättigen. Lewis fing mich jedoch ab, bevor ich überhaupt die richtige Richtung einschlagen konnte. "What now? Well, maybe I'll get to visit her in the next life...", murmelte ich. "Occu, are you going to visit Rosie?" Ich nickte. "Can I come with you? I wanted to take a walk with the young Miniature Horses, and that would be quite the perfect route..." "Yes, you may. I'd like to have some company." Erleichtert, dass mein Plan doch nicht ein weiteres Mal aufgeschoben wurde, folgte ich ihm zu den Weiden. Er streichelte die Ministuten, als sie neugierig auf uns zukamen. Wir holten zwei Halfter, denn ich hatte beschlossen auch gleich ein Pony mitzunehmen, wenn ich schon mal hier war. Ich suchte mir Tigrotto aus, während Lewis Kiwi aufhalfterte. Dann spazierten wir los, mitsamt Ponys und Hunden. Es sah total niedlich aus, wie Tigrottos Mähne mit ihren Schritten mitwackelte. Sie hatte leichte Wellen, die das Haar umso wuscheliger wirken liessen. Hin und wieder, wenn ich gerade mit Lewis plauderte, anstatt aufzupassen, versuchte sie zum Gras am Wegrand zu ziehen. Bei Rosie bekamen wir einen aufwärmenden Tee; die Minis banden wir rasch bei einem Weidepfosten an. Danach durfte ich mir Tayr al Diyari ansehen. Der Fuchs mit den Rabicano-Stichelhaaren hatte wirklich einen bildschönen Kopf und grosse, schwarze Augen. Ich streichelte seine Nüstern und liess ihn an meiner Hand schnuppern. Rosie strich ihm liebevoll den Schopf gerade. "But of course I miss Bintu... And I’m not the only one, Anubis and Numair miss him as well. It was hard to sell him, but it's best for him." Bintu war von einer Züchterin gekauft worden, die so begeistert von ihm gewesen war. Ich fand es auch schade, aber er hatte weiterhin ein tolles Zuhause. Lindwedel schaute schon die ganze Zeit neugierig zu uns rüber. Also kraulte ich ihn auch noch eine Runde unter seiner dicken Mähne und auf der Stirn. "How is he doin'?", fragte Lewis, auf den Grauen deutend. "He is such a little sweetie. He would be a perfect pony for kids or beginners."
      Wir blieben nicht lange. Noch bevor es richtig dunkel wurde, machten wir uns auf den Heimweg. Tigrotto und Kiwi durften wieder in den Offenstall, nachdem sie lautstark von Caresse und Becks begrüsst worden waren; die meisten Minis waren bereits drinnen und kauten gemütlich an der abendlichen Heuration herum. Lewis trieb Papillon und Chip, die beiden letzten Wildfänge, auch noch rein und schloss dann das Tor. Im Sommer durften sie auch nachts raus, aber im Winter liessen wir sie im schützenden Stall. Ich kümmerte mich wie geplant um Ljúfa, danach half ich noch ein wenig den Pflegern beim Aufräumen, sah in der Dressurstunde zu, wie Jonas mit Parányi zurecht kam, ging kurz bei Thairu und Dante vorbei, um die beiden etwas zu putzen und legte mich schliesslich erschöpft aber glücklich ins Bett.
    • Occulta
      Reunion
      Painting Shadows, Lindwedel, Unbroken Soul of a Rebel, Diarado, Co Pilot de la Bryére, Vychahr, Flintstone, White Dream, Moon Kiddy, Dancing Moonrise Shadows, Feline, Lovely Summertime, Phantom, Matinée, Farasha, Islah, Glenns Caress, PFS’ Arctic Silver Lining, PFS’ British Oreo Rascal, PFS’ Glenn’s Dare to Shine, Après la Pluie

      Es war ein gemütlicher Morgen. Zwar frohr ich mir in der eisig kalten Luft beinahe die Finger ab, obwohl ich Handschuhe trug, aber es hatte keine Wolken am Himmel und die Wettervorhersage kündigte einen sonnigen Tag an. Der Himmel färbte sich langsam hellblau, als ich zum Nordstall schlenderte, um Diarado zu bewegen. Sobald ich durch die Tür kam, grunzten mir aus allen Ecken des Stalls her Pferde zu. Sie warteten auf ihre Frühstücksration. "Man könnte meinen, ihr verhungert gleich!", lachte ich, und streichelte im Vorbeigehen Pilot. Auch Diarado streckte mir schon die Schnauze entgegen, sobald ich bei seiner Boxentür angelangte. Ich gab ihm ein Stück Karotte zur Begrüssung und streifte ihm sein Lederhalfter über. In der Stallgasse angebunden, striegelte und bürstete ich ihn, währed er mit der Anbindekette spielte. Bein Hufeauskratzen bemerkte ich, dass seine Eisen etwas locker waren und der Schmied bald wieder draufschauen musste. Eigentlich war ich ja Barhuf-Fan, aber die Sportpferde in den höheren Klassen, gerade auch Military, musste ich auf Gras stollen können, damit sie nicht rutschen konnten. Ich achtete aber immer darauf, fass die Hufe richtig bearbeitet wurden, denn ich hatte mir selbst mit Kursen und Büchern ein Wissen angeeignet, das mir erlaubte, eine gute Bearbeitung zu erkennen. Jedenfalls machte ich mit dem Putzen weiter und kämmte das dichte, rabenschwarze Langhaar des Hengstes durch, ehe ich ihn sattelte. Heute war wiedermal Dressur auf dem Programm, denn wir hatten bald die ersten Frühlingsturniere. Ich schwang ihm eine dunkelbraune Abschwitzdecke mit blauem Rand über den Rücken und führte ihn in die Halle, weil es mir auf dem Reitplatz zu kalt war mit der leichten Bise, welche die Tannen auf dem Galoppweg bewegte. Diarado war motiviert und marschierte schon beim Warmlaufen fleissig vorwärts. Einmal hielt er trotzdem von selbst an; musste er ein paar an der Wand aufgehängte Stangen untersuchen, als hätte er sie erst jetzt bemerkt. "Die sind schon seit immer da oben, du Dummerchen", bemerkte ich liebevoll. Wenig später waren wir bereits im Trab und übten Seitengänge. Diarado wich vor meinem Schenkel und kreuzte die Beine deutlich, wie es sich gehörte. Er hatte zwar nicht so schöne Schwebegänge und Knieaktion wie zum Beispiel Vychahr, denn er war eher auf Springen ausgelegt, aber er hatte trotzdem viel Gang und vor allem Schub von hinten. Ich feilte an unserem Tempo, bis es mir passte und er seine Beine optimal sortieren konnte. Im Verlaufe des Trainings machte ich viele lockernde Übergänge und auch Tempowechsel - besonders im Galopp war mir das sehr wichtig, damit ich ihn vor Hindernissen optimal dirigieren konnte. Ich verlangte von ihm, dass er auf meinen Schenkeldruck hin sofort zulegte, aber auch ebenso schnell wieder zurückkam. Wir arbeiteten eine gute Dreiviertelstunde an abwechslungsreichen Lektionen, dann liess ich ihn austraben. Er hatte schliesslich gut mitgemacht und es brachte nichts, ihn stundenlang alles widerholen zu lassen. Ich klopfte ihm beim Absteigen zufrieden auf den Hals und führte ihn zurück in den Stall.

      Es war halb zehn Uhr, als ich von einem Ausritt mit Painting Shadows zurückkehrte und sie versorgt hatte; beinahe Zeit für die Ankunft eines besonderen Neulings. Mustangstute Matinée war in diesem Moment unterwegs vom Flughafen hierher - so hoffte ich zumindest. Sie hatte eine lange Reise als Preis für ihr Neues Zuhause und (um es unverblümt auszudrücken) für ihre Rettung erdulden müssen. Ich hatte einen Anruf bekommen, dass sie sicher in England angekommen war, aber ob auch das Umladen geklappt hatte, wusste ich nicht. Jonas fuhr den Transporter, also vertraute ich einfach darauf, dass er alles im Griff hatte. Um mich etwas abzuenken, sah ich bei den Minis vorbei. Die Herde hatte ordentlich Zuwachs bekommen: zum einen ja Silver Lining, aber ich hatte auch noch ein paar Nachkommen meiner Pferdchen eingekauft, beziehungsweise zurückgekauft. Ich wollte meine Minizucht ausbauen, und zwar mit den Linien, mit denen ich bisher gute Erfahrungen gemacht hatte. Daher hatten wir vor einigen Tagen Glenn's Dare to Shine und British Oreo Rascal begrüssen dürfen. Ausserdem war noch ein weiteres Mini unterwegs; eine Tochter von Arco. Die Ponys sahen einfach wunderschön aus, wenn auch im Moment noch etwas wollig. Für die kommenden Shows musste ich sie komplett scheren, damit man überhaupt ihr Exterieur richtig erkannte.
      Eine Bewegung neben dem Offenstall der Stuten fiel mir ins Auge. Ich erkannte Lewis, der an die Wand gelehnt um die Ecke schaute und anscheinend die Pferde beobachtete. Er bemerkte mich, als ich, die Hände lässig in den Hosenaschen versorgt, zu ihm rüberlief. "Come here Occu, watch this", flüsterte er übers ganze Gesicht grinsend, auf eine selbstgebastelte Vogelscheuche deutend, die mitten in der Weide stand. "What the...", begann ich, dann sah ich Phantoms Ausdruck, als er aus dem Inneren des Stalls kam und das fremde Ding entdeckte - und musste loslachen. Der Rappe frohr sofort in an Ort und Stelle ein, machte grosse Augen und prustete laut Luft aus. Er senkte und hob seinen Kopf immer wieder, um den unheimlichen Eindringling einzuschätzen. Dann bewegte er sich in gleichbleibender Entfernung zur Seite, indem er den schönsten Bluff-Trab auspackte und sich mit gehobenem Schweif aufplusterte. "Seriously, what's the plan behind this?", hakte ich nach, den Rappen und die mittlerweile dazugestossenen, ebenfalls aufgeregt die Ohren spitzenden Stuten weiterhin beobachtend. "I just wanted to see their reaction", meinte er Schulterzuckend. "It's a great way to keep them busy." Ich sah ihn skeptisch an, aber schaden tat es den Pferdchen gewiss nicht, also sparte ich mir die Zurechtweisung. So langsam trauten sich die ersten Pferde näher ran. Wie ich jetzt erst erkannte, hatte Lewis einen Heuhaufen in der Nähe der Vogelscheuche platziert, der bestechend füllig aussah. Den Pferden war er nicht entgangen, und sie rangen förmlich mit sich selber. Ich war gespannt was siegte; Appetit oder Fluchttrieb. Nach etwas unsicherem Hin und Her, entschied sich Moon schliesslich als erste, das Vogelscheuchending zu ignorieren. Summer, Shadow und Feline folgten ihr zögerlich. In der Gruppe fühlten sie sich stark, und das Ungeheuer war nach kurzer Zeit vergessen. Feline berührte es sogar mit der Schnauze und rupfte etwas Stroh aus einem der Ärmel. "Knock it off, that was a lot of work!", rief Lewis bei dem Anblick empört. Die Pferde bemerkten uns und sahen kurz rüber. Nun traute sich endlich auch Phantom näher und inspizierte die Strohfigur. Selbst beim Fressen beäugte er sie noch misstrauisch, blieb aber standhaft. Plötlich hob er den Kopf und wieherte ohrenbetäubend laut in unsere Richtung. Ich sah Lewis ratlos an, dann warf ich einen Blick über die Schulter und entdeckte Jonas, der eine auferegt wirkende, graue Stute im Schlepptau hatte. "I believe he remembers his childhood friend", lachte ich, als der schwarze Mustang an den Zaun getrabt kam und Matinée zubrummelte. Jonas hatte auch so schon Mühe, den Wildfang zu halten. Er liess sie um sich kreisen, wenn sie versuchte im Trab davonzuschiessen - mit dem Knotenhalfter konnte sie nirgendwo hin, aber dennoch versuchte sie kopfschlagend zu entkommen. "Oi, you adopted a little monster right there", bemerkte Jonas, als er nahe genug bei uns war. "And you didn't even help me to get her here." "Aww, sorry - Lewis had one of his crazy Ideas so... Oh right! Put it away!" Ich gestikulierte an Lewis gerichtet mit den Armen, bis er davonhastete, um die Vogelscheuche abzubauen. Wir wollten Matinée ja nicht gleich zu Tode schocken. Sie war ohnehin schon ausser sich, machte Telleraugen und schnaufte, als wäre sie soeben einen Marathon gerannt. Ich betrachtete die Stute, während wir warteten. Sie war ziemlich dünn und ihr Winterfell glich einem zerfressenen Mottenteppich. Aber abgesehen davon schien sie gesund zu sein. Musste ja – sie hatte wochenlange Quarantäne hinter sich und vor dem Flug war sie auch nochmals gründlich durchgecheckt worden. Ich berührte ihren Hals und kraulte sie vorsichtig mit den Fingerspitzen. Sie zuckte, spannte sich an und versuchte schliesslich, Jonas wegzudrängen. Phantom streckte seinen hübschen Kopf über den Zaun. Wir liessen die beiden rasch schnuppern, um die Reaktion abzuschätzen. Phantom berührte Matinées Nüstern zärtlich mit seinen eigenen und die beiden tauschten ein paar Atemzüge aus. Matinée schien nun eher ruhiger als vorher, also machte ich mir keine Sorgen um die Integration der kleinen Grullo Stute. In der Herde waren auch keine übermässig dominanten Stuten, also erwartete ich keine allzu grosse Dynamik. Lewis gab uns, mit der Scheuche unter dem Arm, endlich einen Daumen hoch und wir konnten Matinée in die Weide reinlassen. Jonas löste das Knotenhalfter. Die Stute trabte selbstbewusst, aber mit eingeklemmtem Schweif ein paar Meter weg von uns und sah sich mit hoch erhobenem Kopf um. Phantom lief ihr natürlich sofort hinterher und die beiden steckten abermals ihre Schnauzen zusammen. Jonas äusserte seine Skepsis, ob sie nicht zuerst noch etwas mehr Gewicht sammeln sollte, ehe wir die Herde auf sie loslassen konnten. Matinée quietschte aufgeregt, aber es wirkte auf mich nicht ablehnend, sondern freudig. Ich konnte nicht anders, als die ganze Zeit zu lächeln. Es war einfach wundervoll, die Pferde so miteinander interagieren zu sehen und zu erraten, was wohl in ihren Köpfen vorgehen musste. Nach so langer Zeit waren sie wieder vereint, und das obwohl es unter normalen Umständen wohl beinahe unmöglich gewesen wäre und nur durch eine Reihe von Zufällen überhaupt zustande gekommen war. Auf unerklärliche Weise hatte ich das Gefühl, dass jetzt gar nichts mehr schief gehen konnte. Es war einfach wie in einem Film, kitschig und surreal. Ich beobachtete den Rappen, der nun in ganz anderem Glanz dastand und energievoller denn je wirkte. Mir war, seit ich ihn kannte, nie so sehr aufgefallen, wie wild und stolz der Mustang eigentlich war. Vielleicht lag es daran, dass die grossen, dunklen Augen bisher immer den Eindruck in mir erweckt hatten, dass etwas fehlte. Anfänglich hatte ich vermutet, dass es die riesigen Weidegründe waren, die Berge und das Gefühl der Freiheit. Aber nun wurde mir klar, dass es mehr als das war. Was Phantom wirklich gefehlt hatte, war ein Stück Familie gewesen. Egal, wie sehr ich mir Mühe gegeben hatte, um ihm sein neues Leben schmackhaft zu machen; egal, wie sehr ich ihn zu Spiel und Abenteuer ermutigt hatte – am Ende hatte ich nie seinen ganzen Charakter bewundern dürfen. Aber die Zuversicht machte sich in mir breit, dass sich das nun ändern würde. Mit Matinée hatte er ein Stück seines alten Lebens zurückgewonnen und er zeigte seine Freude darüber schon jetzt. Gefühle von Erleichterung und Glück machten sich in mir breit; es fühlte sich an, als hätte ich etwas längst Verlorenes wiedergefunden. "Occu? Hey, are you awake?" Lewis' Stimme drängte an mein Ohr. "Sorry, I got carried away", antwortete ich leicht durcheinander. "Jedenfalls sollten wir uns jetzt aufwärmen gehen, meinst du nicht? Meine Finger sind schon ganz taub", drängte Jonas, symbolisch die Hände reibend. Ich warf nochmals einen Blick auf die Weide. Die anderen Stuten waren dazugekommen und beschnüffelten Matinée. Sie schienen aber friedlich eingestellt und Phantom blieb schützend an der Seite der mausgrauen Stute. Also stimmte ich zu und folgte den beiden jungen Herren in die Reiterstube. Wir sassen bis halb elf in der Wärme und plauderten über den Neuzugang. Jonas berichtete, wie das Umladen der Mustangstute vonstattengegangen war; offenbar ähnlich unkompliziert wie bei Phantom. Ich hörte erleichtert zu. "But you're gonna have some trouble with her. She already tried to bite me several times when I took her out of the trailer." "I'm sure she was just terrified after the flight and all. Imagine all the stress she must have gone through. So it's understandable that she would try to defend herself." Jonas schüttelte den Kopf. "Phantom was also afraid and stressed, but he never once tried to charge at you. I'm tellin' you, this horse has, for some reason, switched from defending herself to offensive behaviour. That is probably the reason why she was returned to the BLM." Nachdenklich nippte ich an meinem Tee. Ich werde sie schon wieder hinbekommen; schlimmer als bei Pointless kann es ja wohl nicht werden. Ausserdem ist sie ein ehemaliges Wildpferd, also sollte sie genauso fein auf Körpersprache reagieren wie Phantom. Wenn sie merkt, dass ich ihr nichts tun will, wird sie schon auftauen. Entschlossen stand ich auf und stellte meine Tasse in die Abwaschmaschine. "Was hast du als nächstes vor?", erkundigte sich Jonas. Ich lächelte verschmitzt. "Ausreiten mit Rebel, aber das weisst du ja. Warum fragst du also?" "Ich frage, damit ich weiss, wie ich garantiert einem Ausritt mit dir entgehe." "Oi, da musst du dich aber ganz schön anstrengen, ich hab nämlich schon fest mit dir gerechnet." Ich zwinkerte ihm zu, woraufhin er meinte: "Na schön, ich gebe mich geschlagen, ich weiss ja, dass ich keine Chance habe." Er war inzwischen ebenfalls aufgestanden und gab mir einen flüchtigen Kuss, dann wandten wir uns in Richtung Tür. Lewis rief empört hinterher: "Hey, wait for me!"

      Eine halbe Stunde später sassen wir auf Rebel und Flint, Pineforest Stable dem Fluss entgegen verlassend. "Schauen wir bei Rosie vorbei?", schlug ich vor. Er nickte, also überquerten wir die Brücke und folgten dem Kiesweg bis zur kleinen Wilkinson Farm. "Huch, das gibt's doch nicht! Siehst du das helle Pferd da? Das ist Peach!" Ich deutete auf die Weide neben uns, auf der, abgesehen von eben jenem Tier auch noch Islah, Farasha und Lindwedel grasten. "Tatsache! Seit wann hat Rosie denn Interesse an Trabern?" "Let's find out, da drüben steht sie." Wir lenkten die Pferde zu der dunkelrothaarigen jungen Frau rüber und begrüssten sie. Wir plauderten zunächst über die allgemeinen Neuigkeiten auf dem Hof, aber ich drängte rasch zu dem Thema, das mich davon am meisten interessierte. “And what about Après la Pluie? How come she’s here now?” “Hah, so you recognised her. I found her on the internet and was thinking ‘well, why not’. She looks gorgeous, don’t you think? A little round, tough. She obviously didn’t get much training and is a bit out of shape, but I’m sure she’ll do great once she’s back on track.“ Ich stimmte lachend zu. Dass Peach etwas pummelig war, stimmte sehr wohl, aber abgesehen davon sah sie wirklich gut aus. Und laut Rosie verstand sie sich auch ausgezeichnet mit Farasha und Islah. Wir blieben, unseren ungeduldig scharrenden Reittieren zuliebe, diesmal nicht zum Tee. Rosie wünschte uns einen guten Ritt und wir setzten unseren Weg in Richtung Wald fort.

      Gerade erst vom Ausritt zurückgekommen, versorgten wir Rebel und Flint, verstauten die Ausrüstung und bereiteten das Mittagessen vor. Lily kam irgendwann geräuschvoll durch die Haustüre und warf ihren Rucksack an die Wand. "Hoppla, was hat denn der Rucksack böses getan?", fragte ich, verwundert die Augenbrauen hebend. "Heute war ein scheiss Tag." "Junge Dame, erstens kann der Rucksack nichts dafür, zweitens ist der Tag noch nicht vorbeibund drittens sagt man 'scheiss' nicht", meinte ich leicht amüsiert. "Sorry, heute hatte ich einen von gründlich verdauter Nahrung geprägten Morgen." Jonas prustete los und Lilys eigene Laune schien sich aufzuhellen. "Iss erstmal was, dann kannst du uns erzählen, was denn so zum Runterspülen war." "Es hat schon beim Aufstehen angefangen", begann sie wenig später am Tisch, "ich hab mir den Fuss an der Tür angeschlagen und das hat wahnsinnig wehgetan." "Ach, das war dieses dumpfe Geräusch heute Morgen." "Jup, meine kleine Zehe ist jetzt blau-grün." "Zeig mir die später, dann machen wir etwas Salbe drauf." "Jedenfalls hatte ich meinen Rucksack noch im Büro, also wollte ich ihn holen gehen, aber deine doofe Katze ist mir förmlich entgegengesprungen!" "Oh, ist sie noch drin?" "Nein! Sie ist davongerannt, bevor ich überhaupt reagieren konnte." Ich liess den Blick durch die Wohnung schweifen, aber natürlich sah ich vom Tisch aus keine Spur der schwarzen Langhaarkatze, die ich ursprünglich im Badezimmer, und dann aus praktischen Gründen im Büro zu zähmen versucht hatte. "Wenigstens haben wir wegen der Kälte noch kein Fenster aufgemacht, also muss sie noch irgendwo im Haus sein...", stellte ich fest. Moya war in den vergangenen Tagen zwar ein wenig aufgetaut und hatte sich sogar freiwillig von mir bürsten lassen, aber sie war immernoch ziemlich scheu und liess sich leicht erschrecken. "Also, keiner öffnet ein Fenster, bis ich sie gefunden habe. Und passt auf beim Rein- und Rausgehen." Die beiden nickten belustigt. Jonas meinte ausserdem scherzhaft: "Wehe das Tier taucht in unserem Bett auf!" "Jedenfalls bin ich dann zur Schule gegangen und auf dem Weg dahin bin ich mit dem Fahrrad zweimal auf dem Glatteis ausgerutscht." "Ohweh, die blauen Flecken zeigst du mir nachher auch." "Schule war eh langweilig, und in der Pause hat Fiona meine Leuchtstifte versteckt. Ich hab's zwar der Lehrerin gesagt, aber die meinte nur, ich solle sie eben wieder suchen. Zwei davon hab ich immernoch nicht wieder." Jonas mischte sich ein. "Was ist denn das für eine Lehrerin? Ich glaube, mit der müssen wir mal ein Wörtchen reden Occu." Ich nickte zustimmend, aber etwas anderes beschäftigte mich mehr. "Diese Fiona, macht die sowas öfter?" Lily antwortete wie erwartet ausweichend. "...Manchmal. Wir vertragen uns nicht so gut." Jonas rief aus: "Aber du revanchierst dich und versteckst ihre Sachen hoffentlich auch, oder?" "Jonas!" Ich sah ihn lachend und zugleich tadelnd an. Lily zuckte mit den Schultern. "Ich hab ihr mal eine Spinne in die Haare gesetzt. Sie ist mitten im Unterricht schreiend aufgestanden." Auf meinen überraschten Blick hin fügte sie an: "Keine Angst Occu, der Spinne ist nichts passiert." Jonas war begeistert und lobte das Mädchen, ich selbst war skeptisch, konnte mir ein Grinsen aber nicht verkneifen. "Nein aber ernsthaft, wenn es Probleme gibt in der Schule, egal ob mit Lehrern oder anderen Schülern, dann gib uns frühzeitig Bescheid, okay?" Lily nickte. Jonas beugte sich zu ihr und kitzelte sie plötzlich aus, während er lachend rief: "Wirklich, versprich es, wir machen uns solche Sorgen um unser kleines Mädchen!" Danach war Lily wieder aufgemuntert und ging fröhlich mit den Hunden raus in die Kälte. Jonas half mir beim Suchen der Katze. Ich sah unter den Sofas nach, hinter Kisten und zwischen Regalen. Schliesslich fand Jonas das sich sträubende Tier unter der Treppe. Ich nahm sie ihm ab und hielt sie auf meinem Arm fest. Nach einer Weile beruhigte sie sich etwas und steckte mir zumindest nichtmehr die Krallen durch den Pullover. "Sperrst du sie jetzt wieder ins Büro?", fragte Jonas, sich die feinen Haare abwischend. "Jup, mir bleibt nichts anderes übrig. Sie ist immernoch zu scheu." Ich brachte Moya zurück in das Bürozimmer, füllte ihr etwas Wasser nach und schloss die Tür.

      Am Nachmittag machte ich einen Spaziergang mit Thairu dem Zebra - sie war mir etwas zu fit für's Reiten. Ich kannte das Streifentier langsam gut genug um zu spüren, wann sie motiviert wirkte und wann eher nicht mit ihrer Kooperation zu rechnen war. Sie hatte eben ganz schön viel Persönlichkeit. Anschliessend folgte eine Ausfahrt mit Lenny und um circa halb vier putzte ich Vychahr für die Dressurstunde. Zwischendurch sah ich ausserdem wieder auf der Stutenweide vorbei, ob noch alles in Ordnung war. Auch Lily ritt in der Stunde mit, diesmal auf ihrer geliebten White Dream. Die Ponystute mit den eisblauen Augen war sanft und rücksichtsvoll, sodass meine Nichte sie problemlos händeln konnte. Die Stunde bei Elliot war wiedermal besonders intensiv. Er hatte für jedes Pferd-Reiter-Paar die richtigen Aufgaben parat und wusste genau, wo es noch haperte. Bei Vilou und mir waren es die Seitengänge nach rechts, die noch nicht ganz so gelangen, wie gewünscht. Natürlich war das auch gegen Ende der Stunde noch nicht perfekt, aber er war ein paarmal schön weich vom Schenkel gewichen, also war ich ziemlich zufrieden mit ihm. Abgesehen davon lief Vilou heute in verstärkten Trab einfach traumhaft. Wir schwebten durch die Halle, und mir wurde einmal mehr bestätigt, dass er eher Dressurbegabt war und nicht vor allem im Springen glänzte, wie ich das zuerst gedacht hatte.
      Nach der Stunde versorgte ich den Fuchshengst und nahm mir Zeit, den Sattel und das Zaumzeug zu putzen. Ich säuberte alle Riemen und Lederflächen mit Sattelseife, dann fettete ich alles gründlich ein, bis es schön geschmeidig glänzte. Gerade als ich mit dem Wegräumen begann, kam Jonas herbeigelaufen. "Hey, kannst du mir rasch helfen?" "Kommt drauf an wobei", neckte ich. "Ich muss eine der Lampen im Hauptstall austauschen, die seit heute morgen nicht mehr funktioniert." Ich nickte, brachte Vilous Zeug in den Schrank und folgte ihm. Unterwegs holten wir eine Leiter, denn die Lampe hing ja direkt unter dem Dachgebälk. "Ich hätte ja Ajith gefragt, aber den hat Oliver losgeschickt, um die bestellten Futterergänzungsmittel abzuholen", erklärte Jonas im Laufen. Wir stellten die Leiter auf. "Willst du, oder soll ich?", fragte ich. "Du bist besser im Klettern. Ich geb dir die Sachen hoch und sichere die Leiter." Ich kletterte hoch und schraubte die alte Lampe ab, dann über gab ich sie Jonas und erhielt von ihm die neue. Beim Runterklettern schaffte ich es irgendwie, einen Misstritt zu machen. "Hoppla, nicht dass du noch runterfällst!", rief Jonas und stützte mich. "... Du würdest mich auffangen, nicht war?", murmelte ich leise, den Worten insgeheim mehr Bedeutung zumessend. Er antwortete lachend "Klar", und pflückte mich auf den letzten Stufen von der Leiter. Ich umschlang seinen Nacken und gab ihm einen Kuss, dann lehnte ich meinen Kopf an seine Schulter und genoss den Moment.
    • Occulta
      Aus dem Leben eines kleinen Mädchens
      PFS’ Merino, PFS’ Sarabi, PFS’ A Winter’s Tale, PFS’ Stop Making Sense, Subsyndromal Symptomatic Depression, PFS’ Counterfire, Lindwedel, Burggraf, Areion, Circus Dancer, Estragon Sky, Co Pilot de la Bryére, Vychahr, Nosferatu, Halluzination, Fake my Destiny, scs Sugar and Sweets, scs Bluebell, PFS’ Shadows of the Past, Phantom, Matinée, Islah, Lindwedel, Beck’s Experience, Glenns Caress, Dakota S, Chocolate Chip, Papillon d’Obscurité, Snottles Peppermint, Blue Dawn’s Nachtfalke, Tic Tac, PFS’ Kicks-a-Lot, PFS‘ Skydive, tc Herkir, Ljóski, Daedra, Chanda, PFS‘ British Oreo Rascal, PFS‘ Arctic Silver Lining, PFS’ Reverie, Brendtwood, PFS’ Soñando Solas, PFS’ First Chant, PFS’ Clooney, PFS’ Cranberry, PFS’ Challenging Time, PFS’ Call it Karma, PFS’ Whirlwind, Moon Kiddy, Feline

      Mein Wecker klingelte hartnäckig, und gab keine Ruhe, bis ich meinen Arm ausstreckte, um den kleinen roten Knopf an der Seite zu drücken. Auf dem Display stand eine Acht mit zwei Nullen dahinter - ich kannte die Bedeutung dieser Ziffer nur zu gut. Ich wollte mich schon stöhnend wieder umdrehen, doch dann fiel mir ein, dass ich heute ja keine Schule hatte, weil die Lehrer eine Weiterbildung machen mussten. Sofort fühlte ich mich wacher und fand sogar die Kraft, vom Bett zu rutschen, um mich anzuziehen. Ich lief runter in die Küche, wo eine Schüssel Müsli auf dem Tisch für mich bereitstand. Ich kippte etwas Milch dazu und sortierte wie immer die einzelnen Müsliflocken während dem Essen. Ich fand es lustiger, die verschiedenen Flocken nacheinander zu essen, anstatt einfach alle miteinander in den Mund zu stopfen. Tante Occu hatte zwar schon irgendwie recht, wenn sie sagte, dass dann ja die letzten Flocken schon total aufgeweicht seien, aber ich ass einfach schnell genug, damit das nicht passierte. Occu und Jonas waren wie immer schon draussen bei den Pferden. Sie konnten nicht so lange schlafen, weil sie ja arbeiten mussten. Das fand ich zwar ein bisschen doof, weil wir so am Morgen nicht zusammen essen konnten, aber ich hatte mich daran gewöhnt und auf früher aufstehen hatte ich keine Lust. Am Anfang war ich da noch energievoller gewesen und hatte versucht, auch um halb sechs aufzustehen, aber mit der Zeit war es mir zu anstrengend geworden. Nach dem Essen zog ich mir die Jacke an (weil Occu mich sonst wieder reinschicken würde, obwohl ich eigentlich nicht kalt habe) und ging als erstes zu Areion rüber. Es ist schon cool, auf einem Hof zu leben. Früher, als ich noch bei Mum wohnte, musste ich immer mit dem Fahrrad zwanzig Minuten zum Stall fahren, um Paulchen zu besuchen. Hach Paulchen... Wie es ihm wohl geht? Die Tür und die Fenster zum Nordstall waren offen und die meisten der Pferde streckten entspannt ihre Köpfe raus, um die Morgensonne zu geniessen. Auch mein Teddy hatte die Augen halb geschlossen, zumindest bis er mich hörte. Er spitzte die Ohren und streckte mir den Kopf entgegen. Ich streichelte ihn zur Begrüssung. Im Stall lief Musik, denn die Pfleger waren gerade am Ausmisten und Wischen. Ich summte mit der Musik und sang ab und zu den Refrain mit, wenn ich ihn kannte. Ich merkte einmal gar nicht, dass Jonas hinter mir durchlief, bis er plötzlich auch mitträllerte. Lachend zog ich an Teddys Bein, damit er es mir zum Auskratzen gab. Ich konnte gut in seinen langen Behang greifen, um den Huf oben zu halten. Seine Barhufe waren vorne runder als hinten; das hatte mit der Verteilung des Körpergewichts zu tun, hatte mir Occu erklärt. Ich stellte sicher, dass wirklich kein Dreck mehr in den Furchen neben dem Strahl war, bevor ich den Huf wieder absetzte und Teddy lobend auf die Schulter klopfte. Er war wirklich ein tolles Pferd und ich vertraute ihm mittlerweile total. Und seit er den Stuten nicht mehr hinterhersah, war er auch super zum Reiten. Ich kämpfte mich noch mit dem Kamm durch seine Dicke Mähne und den Schweif, dann holte ich den Sattel. Ich führte ihn in die Halle und kletterte auf seinen Rücken. Zuerst musste ich ihn warmreiten, wie wir es auch immer in der Reitstunde machten. Wir waren nicht alleine in der Halle, auch Lisa und David waren mit Aristo und Artemis da. Artemis lief besonders toll. Er sah mit seinem feinen Hals und dem weissen Fell total schick aus, und David hatte ihm eine Hellblaue Schabracke mit silbernem Rand unter den Sattel gelegt. Mein Tinker trug heute seine rot-schwarze Schabracke, auf der sein Name aufgestickt war. Die hatte ich ihm mit meinem Taschengeld gekauft, als ich mit Occu auf einer Messe gewesen war. Ich trabte Teddy an und versuchte, möglichst gerade zu sitzen, die Absätze runter zu lassen und die Hände schön ruhig zu halten. Es war schwer, sich auf alles gleichzeitig zu konzentrieren und dann auch noch das Pferd zu steuern. Aber ich hatte Elliots und Occus Stimmen von den Reitstunden im Kopf. Im Galopp hielt ich mich manchmal ein bisschen an der Mähne fest, damit ich nicht das Gleichgewicht verlor. Ohne Sattel machte ich das auch immer. Ich machte eine kurze Pause und beobachtete neidisch, wie Lisa mit Burggraf Trabverstärkungen übte. Burggraf hob zwar die Beine nicht so schön wie zum Beispiel Vilou, aber er lief dynamisch und kraftvoll über die Diagonale. Teddy konnte das sowieso nicht so toll, weil er einfach anders gebaut war. Aber wenn Occu ihn ritt sah man wenigstens schon einen Unterschied zwischen normalem und verstärktem Trab. Irgendwann wollte ich das auch so gut können, aber ich musste zuerst noch längere Beine bekommen, damit ich besser treiben konnte. Skydive wird bestimmt auch so tolle Gänge haben wie Vilou, war ich mir sicher. Er trabt immer so schön über die Weide, und sein Galopp sieht total weich zu sitzen aus. Ich kann es kaum erwarten bis er eingeritten ist, aber das dauert leider noch ein Jahr. Ich kraulte Teddys Hals liebevoll und sagte ihm "Du bist aber auch super Teddy." Ich alberte noch ein bisschen herum, indem ich Teddy im Schritt nur mit Gewichtsverlagerung zu steuern versuchte. Es klappte nicht immer ganz so, wie ich das wollte und wir waren ein paarmal auf Kollisionskurs mit den aderen. Aber es machte Spass. Nachdem Teddy seine Karotten runtergschlungen hatte, führte ich ihn zu seinen Stallgenossen auf die grosse Weide am Pinienwaldrand. Er konnte es kaum erwarten und zog mich zugegebenermassen ein wenig durch die Gegend - er spürte mein Fliegengewicht eben kaum am anderen Seilende. Ich wusste zwar von Occu, dass ich seine Hinterhand bewegen musste, wenn er mir vorne zu stark wurde, aber das war auch leichter gesagt als getan, weil er mit seinem dicken Winterfell kaum was spürte. Wir kamen jedenfalls rasch beim Weidetor an, und ich hängte einfach den Strick aus, ohne grosses Drumherum. Teddy trabte zu seinen Kumpels - Herkir liess sich sofort auf ein kleines Renn-Spiel ein und auch Loki setzte sich in Bewegung, um die beiden zu verfolgen. Ich sah noch ein bisschen zu, dann lief ich zurück, wobei ich auf Sheela und Jacky stiess, die herumstreunerten. Ich fand beim Galoppweg einen Stock, den ich Sheela warf. Aber Jacky war schneller und kam stolz mit dem langen Ast im Maul zu mir getrottet. Sie gab ihn mir nicht sofort, sondern zog noch ein wenig daran. Ich bewegte ihn lachend hin und her, bis sie losliess. Sie wartete schon mit aufgerichteten Ohren auf den nächsten Wurf, die eine Vorderpfote anwinkelnd und bereit um loszuschiessen. Nach gefühlten 100 Würfen hatte ich keine Lust mehr, aber wäre es nach der Jack Russel Terrier Hündin gegangen, hätten wir noch den ganzen Morgen weiterspielen können. Sie wurde einfach nie müde und brachte das Stöckchen jedes mal zuverlässig zurück, während Sheela abgelenkt zwischen den Bäumen schnupperte.

      Ich lief zum Hauptstall und suchte von dort aus Tante Occu. Ich fand sie ziemlich schnell - nämlich in Shiras Box. Sie legte der jungen Ponystute gerade das Knotenhalfter an und führte sie raus zum Putzen. Ich half ihr dabei, indem ich das Stroh aus Shiras Schweif erlas. Als ich damit fertig war, sprayte Occu den Schweif ein bisschen ein, sodass er ganz seidig und weich wurde. Auch beim Hufe auskratzen durfte ich helfen, aber Occu stand daneben und passte auf, weil Shira manchmal noch etwas zappelig war. Nach dem Putzen führte Occu das Pony zum Roundpen. Sie hatte ein paar Gegenstände vorbereitet, an die sie Shira gewöhnen wollte. Ich nahm sofort den Regenschirm in die Finger und wollte ihn aufspannen, aber Occu meinte, ich solle damit noch warten. Zuerst liess sie Shira nämlich ein paar Runden im Kreis warmtraben. Dann durfte ich den Schirm immer wieder auf und zu tun und krach damit machen, zuerst weit weg, dann nahe bei ihr. Ich rannte mit dem Schirm um Shira herum, je nachdem was Occu mir sagte. Ich fand das super; Shira am Anfang nicht so. Aber sie gewönte sich schnell daran und wurde immer ruhiger. Wir übten auch mit einem Ball und mit Blachen. Als Occu Shira wieder zurück in die Box brachte, bog ich stattdessen zu den Miniweiden ab. Ich wollte mit Silver Lining spielen. Das Miniature Horse war nicht nur niedlich, sondern auch total intelligent und konnte über zwanzig verschiedene Tricks. Er hatte vorher einer Frau gehört, die nichts sehen konnte. Also war er sozusagen ihr Ersatzauge gewesen, hatte mir Occu erklärt. Ich fand das ziemlich cool, weil das ja auch für die Frau dann viel spannender als ein Blindenstock oder so sein musste. Sie hatte so gleichzeitig auch einen Freund gehabt. Aber jetzt lag sie im Spital und konnte nicht mehr so viel machen, also hatte sie für Lining ein schönes Zuhause gesucht. Das war echt lieb von ihr. Der graue miniatur Hengst kam neugierig zu mir und schleckte meine Hand ab. Er war ganz vorsichtig und nicht so frech wie Oreo, der mir in den Ärmel zwickte, weil er ein Leckerli wollte. Ich fand es einfach schade, dass Arctic Blue und Rapunzel jetzt nicht mehr hier waren, sondern mit Alufolie und Echo auf einer grossen Weide lebten. Die Beiden waren frühzeitig in Rente gegangen, damit Occu die Jungpferde problemlos unterbringen konnte. Arco ist immer so süss gewesen mit seiner grossen Blesse... Aber die Jungen Hengste waren auch süss, besonders Oreo hatte einen hübschen Kopf und war seiner Mutter ziemlich ähnlich. Ich wusste, dass Occu noch ein paar Nachkommen von Nachtfalke irgendwo auf einer Fohlenweide versteckt hatte, die sie erst hierherholen wollte, wenn der kleine schwarze Hengst gekört war, weil sie erst dann richtig mit ihnen auf Shows gehen konnte. Anscheinend war es günstiger und einfacher, sie bis dahin auswärts zu halten. Ich war gespannt, wie die Fohlen aussehen würden, denn ich hatte nur ein paar Babybilder gesehen. Ich zog meine Schuhe aus, denn ich hatte Lust, barfuss zu laufen. Ich wusste, dass ich vorsichtig sein musste und es gefährlich war, um die Pferde herum ohne Schuhe zu sein, aber ich war ja nicht mehr sooo klein und konnte gut auf meine Füsse aufpassen. Ich wusste auch, dass Occu kein Mitleid haben würde, wenn etwas passierte - weil sie mir gesagt hatte, dass ich dann selber schuld wäre. Deshalb war ich umso sorgsamer bedacht, keine Fehler zu machen. Das vom Morgen noch kühle Gras kitzelte meine Knöchel und ich liebte einfach das Gefühl, die Wiese unter meinen Sohlen zu spüren. Ich warf meinen rechten Schuh ein paar Meter weg und gab Lining das Kommando, ihn zu holen. Er brachte ihn mir zuverlässiger als ein Hund zurück, und ich kraulte ihn begeistert am Widerrist. Dann klopfte ich mit der flachen Hand auf den Boden, das Zeichen, dass er abliegen solle. Er liess sich neben mich ins Gras plumpsen und ich konnte halb auf ihn drauf liegen. Eine Weile beobachtete ich verträumt die vorbeiziehenden Wolken, während er einfach im Liegen weitergraste. Bis mir Lenny von oben seine Schnauze ins Gesicht drückte und an meiner Nase knabbern wollte. Ich lachte erschrocken los und Lining sah sich zu mir um, blieb aber ruhig liegen. Es war so süss, fast, als wollte er sichergehen, dass alles in Ordnung war. Ich stand auf und erlöste das silbergraue Hengstchen von seinem "Dienst". Meine Schuhe hätte ich fast vergessen, als ich unter dem Zaun durch zu den Ministuten rüberging. Und Becks wäre fast darüber getrampelt. Ich ging zu Peppy, die vom grasen aufsah und mir ein Stück entgegen kam. „Denkst du etwa, wir gehen schon wieder trainieren?“, fragte ich sie amüsiert. Manchmal kam es mir fast so vor, als freue sie sich richtig auf das Renntraining. Jedenfalls schien sie es zu lieben, über die für ihre Verhältnisse übergrosse Rennbahn zu flitzen, denn ich musste sie nie zweimal auffordern. Ich knuddelte die Shettystute; ihre Mähne war so schön weich. Ich zupfte etwas loses Fell aus einer Stelle an ihrem Bauch, die der Schermaschine entkommen war. Dort sah man, dass sie eigentlich immernoch einen Rest Winterfell gehabt hätte, wenn wir sie wegen des vielen Galoppierens nicht geschoren hätten. Ich legte mich über ihren Widerrist und schwang mein Bein über ihren kurzen Rücken. Noch konnte ich sie reiten, aber irgendwann würde ich zu gross für sie sein. Ich fand das schade, aber ich wollte ihr ja nicht schaden, also machte ich schon jetzt pläne, was ich alles mit ihr tun wollte, wenn es so weit war. Einfahren stand ganz oben auf dem Plan. Vielleicht konnten wir ja bei Sulky-Rennen mitmachen? Ich ritt ein wenig planlos über die Weide, so gut steuernd, wie es ganz ohne Ausrüstung nunmal ging. Einmal wurde Peppy etwas übermütig und begann zu traben, nach einer Weile sogar zu galoppieren. Ich griff in ihre Mähne und hielt mich gut fest, Angst hatte ich keine. Ich hatte das Gefühl, dass Peppy gleich wieder bremsen würde, und so war es auch. Sie trug mich neben Papillon und Chip, den Kopf wieder zum Grasen senkend. Um sie nicht weiter zu belästigen, rutschte ich vom Ponyrücken runter und entfernte mich. Ich kletterte auf einen der Bäume und legte mich auf einen dicken, waagrechten Ast, von dem aus man einen guten Blick über die Weide hatte. Ich zählte die Ameisen, die vor mir über die Rinde krabbelten und sich in keinster Weise von ihrer Arbeit ablenken liessen. Manche trugen Ästchen oder Blattstücke, die viel grösser waren als sie selbst. Unter dem Baum stand Kiwi, und sah neugierig zu mir hoch. Sie verlor das Interesse aber schnell wieder, denn Tiki lief unweit von ihr entfernt zielstrebig zum Offenstall. Ich erkannte Lewis, der wohl gerade die Vormittagsration Heu vorbeibrachte. Dakis halb quietschendes Brummeln war sogar von hier aus zu hören. Ich beobachtete belustigt, wie Chip und sie sich unterwegs rasch mit einer eindeutigen Geste angifteten, um zu klären, wer zuerst zum Heu durfte. Natürlich gewann Daki. Ich pfiff laut, sodass der Lewis sich umsah. Dann lachte ich laut, weil er mich auf dem Baum nicht sehen konnte. Durch das Lachen verriet ich mich, und er kam zum Baum gelaufen. "Little Miss, you shouldn't distract people from Work!" Ich grinste frech. "Since when are YOU working? Is Jonas ill or what?" "Ha! Just you wait, I'm gonna get you down here!" Er hängte sich an die untersten Äste, die er natürlich viel besser erreichte als ich. Der ganze Baum zitterte, als er sich etwas mühevoll hochhievte. "Ugh, it seems I'm a bit out of practice..." Gerade in diesem Moment kam Occu den Weg zu den Weiden runter. "What in the World are you doing?!", rief sie mit leicht strengem Unterton. Lewis sah mich erschrocken an, dann lachten wir herzhaft und kletterten runter. Papillon, die erst jetzt auf dem Weg zum Heu war, zuckte erschrocken zusammen, als Lewis sich runterfallen liess. "Hey ihr Kindsköpfe... Die Mini Hengstchen verzweifeln fast, weil ihre Heuration auf dieser Seite des Zauns feststeckt." Tatsächlich standen alle fünf ungeduldig am Zaun und glotzten mit gespitzen Ohren zu uns rüber. Ich hatte einen mittleren Lachanfall bei dem Anblick – es sah einfach zu süss aus. „Aber ernsthaft, ihr könnt nach dem Mittag wieder rumalbern. Jetzt gehen die Pferde erstmal vor.“ Ich sah unschuldig in die Wolken und Lewis stupste mich, so wie es auch Jonas dauernd tat. Dann machte er sich mit einem entschuldigenden „right away, boss“ zurück an die Arbeit und ich holte meine Schuhe, ehe ich Occu folgte. "Ab hier ziehst du die wider an", befahl sie, auf die Schuhe deutend, als wir in den Hauptstall abbogen. Ich gehorchte und wir machten uns auf die Suche nach Ajith. Wir fanden ihn mit Gabel und Mistschubkarre bei Khiaras Box. "I see, you're finished soon?" "Yea, April is doin' the boys." "Good. Can you prepare the babies afterwards?" Mit "babies" meinte Occu die jüngste Gruppe der Vollblüter, die gerade angeritten wurden. Soweit ich wusste, wollten sie vor dem mittag noch rasch ein wenig Dressur mit der Gruppe üben. Daedra war jetzt auch im Hauptstall und wurde mittrainiert, sie hatte aber noch einen kleinen Rückstand, weil sie ja ein bisschen jünger war. Occu fragte mich, ob ich nach dem Mittag noch rasch Thairu und Zazou mit ausreiten wollte, ehe Suri vorbeikam. Erstaunt fragte ich „kommt sie heute auch?“, weil ich davon gar nichts wusste. „Jap, sie hat vorhin angerufen und gefragt, ob du da bist. Ich hab ihr gesagt, dass du nichts vorhast am Nachmittag – ich hoffe das stimmt?“ „Klar!“, rief ich freudig. Es machte mir total Spass, mit Suri Reiten zu üben und wir waren mittlerweile beste Freundinnen. „Und ja, ich will mit Thairu raus. Darf ich sie diesmal wieder reiten?“ Occu nickte und ich machte einen kleinen Hüpfer. „Ich will noch schnell schauen, wie’s Chanda geht. Kommst du?“ Wir schlenderten zum Nebenstall und warfen einen Blick in die Box der neuen Criollostute. Sie war vorgestern angekommen und stand noch unter Quarantäne hier, weil sie etwas Nasenausfluss hatte. „Vielleicht ist sie auch auf Pollen allergisch, wie Elliot?“, fragte ich rätselnd. „Kann schon sein, aber ich denke eher, dass sie sich erkältet hat, weil sie beim Verladen vor Stress geschwitzt hat und es abends dann doch recht kühl war.“ Occu wollte sie später zu Moon und Feline auf die Stutenweide stellen, aber sie wollte erst sichergehen, dass die hübsche grullo-Scheckstute ganz gesund war. Sie kräftig aus und hatte schon sämtliches Winterfell verloren; so sah es jedenfalls aus. Chanda streckte neugierig ihre rosa Schnauze über die Boxentür und ich berührte sie mit meinen Fingern. Die Stute spielte mit ihren Lippen, um meine Finger in den Mund zu nehmen, aber ich passte auf und zog sie jedesmal lachend weg. „Ich geh jetzt zu den Youngsters, wenn du willst, kannst du natürlich zusehen kommen“, meinte Occu, sich zum Gehen wendend. Ich machte nur „nops, keine Lust“ und lief stattdessen wieder zum Nordstall. Ich hatte gestern eine Maus gesehen, die bei Vychahrs Box herumgeklettert war. Ich schlich mich vorsichtig an, aber es regte sich nichts ausser Circus Dancer und Vilous Mäulern, die eifrig im Stroh nach Heuhalmen suchten. Royal Champion war übergangsweise auch wieder hiergewesen. Occu hatte ihn ohne zu Zögern zurückgekauft, als sie seine Verkaufsanzeige gesehen hatte, aber der Platz im Nordstall war begrenzt und irgendwann würden ja Skydive, Clooney, Solas und Woody auch noch umziehen. Also hatte sie nun eine definitive Lösung für den jungen Schecken gesucht und ihn schliesslich zurück an seinen Geburtort gebracht, der Lake Mountain Ranch. Ich kannte den Hengst nicht so gut, aber es war natürlich immer schade, wenn ein Pferd vielleicht nicht hierbleiben konnte. Ich war jedenfalls froh, dass Occu Skydive ganz sicher behalten wollte.

      Beim Mittagessen erzählte Occu, dass Dolly diesmal schon viel entspannter gewesen sei und anfing, den Rücken loszulassen. Die junge Vollblutstute war momentan der Angsthase der Gruppe und brauchte einen Tick länger als die anderen, um sich in ihrer Aufgabe zu entspannen. Sogar Daedra war schon gelassener, wenn auch sehr temperamentvoll und lauffreudig. „Ach und Mambo hat wiedermal Eckenmonster gezählt. Ich hab ihn an der Reiterstuben-Seite kaum vorbeigebracht, ohne gleichzeitig Seitengänge zu üben. Aber sonst war er toll, er hat Fortschritte im Angaloppieren gemacht. Fire ist immernoch etwas zu heiss und kriegt dauernd einen Beinsalat, weil sie noch kaum Gleichgewicht hat. Wenn ich einen rauspicken müsste, wäre Snowflake im Moment mein Favorit. Sie ist schon so erwachsen und einfach nur praktisch im Umgang. Sarabi lässt sich zu leicht ablenken und testet schon jetzt ihre Grenzen, das wird bestimmt noch lustig mit der.“ Jonas stimmte nickend zu. Mit halb vollem Mund setzte er an „Wann denkst du –“, schluckte auf Occus strengen Blick hin runter und fügte hinzu „sorry, wann fangt ihr mit dem intensiveren Galopptraining an?“ „Oliver will mit dem schnelleren Intervalltraining Anfang Mai beginnen. Sie sind dann knapp drei Monate unter dem Sattel und haben mehr als genug Basisarbeit hinter sich. Unser Ziel ist es, ein erstes Renn-Debut im Spätsommer zu machen. Wenn das gut läuft, wollen wir die restliche Saison noch fleissig ausnutzen; wenn nicht, verlegen wir das Ganze auf nächsten Frühling und trainieren intensiv für die Dreijährigen-Saison.“ „Wann bringst du eigentlich Merino an ne Körung? Ich hab ihn heute mit Charly laufen gesehen und er macht sich in letzter Zeit wirklich gut. Ich bin sicher, er wird auch mal ein beliebter Zuchthengst.“ „Ja, er hat sich wirklich sehr verbessert. Das ist wohl auch Rachel Wincox Zu verdanken, die ihn an den letzten paar Rennen hervorragend geritten hat, als unsere eigenen Jockeys ausgebucht waren. Es war eine gute Entscheidung, sie zu engagieren.“ Jonas nickte zustimmend. Wir assen fertig und verräumten das Geschirr, dann rannte ich schonmal voraus zur Zebraweide. Thairu und Zazou chillten bei ihrem Unterstand. Thairu hatte ein Hinterbein aufgestützt und machte sich nicht mal ansatzweise die Mühe, ihr Gewicht zu verlagern als ich kam. Ich duckte mich zwischen dem Zaun durch und lief geradewegs auf sie zu. Occu brachte ihr und Zazous Knotenhalfter mit. Wir führten beide zum Nebenstall. Occu liess mich Thairu selber putzen, während sie Halluzination holte. Ich fand es so cool, dass Thairu bei ihrem Popo braune Streifenzwischenräume hatte, anstelle von weissen. Am Anfang hatte ich gedacht, dass es nur Dreck sei, aber ihr Fell hatte tatsächlich diese Farbe. Man sah auch ein paar verbleichte Streifen in den grösseren Lücken. Als ich Thairus wieder kurzes Sommerfell entstaubt hatte, kratzte ich ihre Hufe aus. Ich sah aus dem Augenwinkel, wie Occu mich, bzw. Thairu dabei beobachtete, damit sie eingreifen konnte, falls das Zebra rumzickte. Aber ich hatte das voll im Griff. Thairu gab sogar ihre Hinterhufe brav. Ich klopfte ihr lobend auf den Hals und nahm die nächste Bürste aus der Box. Ich durchfuhr die Stehmähne des Zebras damit und kraulte es dabei hinter den grossen, runden Ohren. Thairu mochte das besonders im Fellwechsel, aber auch, wenn es draussen ganz warm war. Ich bürstete auch den Zebraschweif, auch wenn es nicht sonderlich viel zu bürsten gab. Der ‚Fliegenwedel‘ wollte dauernd hin- und herschwingen, obwohl es noch kaum Insekten hatte – das war nicht gerade praktisch zum Putzen. Occu meinte aber, solange der Schweif schön ruhig wedelte, war alles in Ordnung. Ein stillstehender Schweif wäre wohl ein Zeichen von Anspannung gewesen. Ich hielt ihn trotzdem irgendwie fest und bürstete so schnell ich konnte. Dann half mir Occu beim Satteln. Sie war mit Hallu auch schon fast so weit, und während sie noch rasch fertig putzte, kümmerte ich mich auch rasch um Zazous Fell. Dann zäumte Occu Hallu und ich band einfach den Strick als Zügel ans Knotenhalfter. Wir ritten Thairu eigentlich fast immer nur mit Halfter, weil sie das lieber mochte und damit braver war. Occu nahm Zazou als Handesel mit. Wir stiegen auf und ritten zur Galoppwiese. Allerdings galoppierten wir heute mit Thairu nicht, weil sie etwas fit war. Auch Hallu spielte sich ein paarmal auf, den Kopf verwerfend und mit den Vorderbeinen stampfend. Sie war wohl etwas grantig, weil sie nicht gasgeben durfte. Occu ritt die eigenwillige Fuchsstute trotzdem gelassen einhändig, denn sie kannte sie ganz genau und hatte keine Angst vor dem aufmüpfigen Verhalten. Und Hallu wusste, dass sie nicht mehr als so herumzicken durfte. Zazou wollte manchmal lieber am Wegrand anhalten um zu fressen. Occu musste ihn dann jeweils sanft mit der Gerte zum Weiterlaufen ermutigen. Wir hatten es ziemlich lustig unterwegs, und Thairu schien es auch zu gefallen.

      Als wir zurückkamen, war Suri schon da. Sie half mir beim Wegräumen von Thairu und Zazou, danach gingen wir zu Nosferatu und Fake. Wir machten zusammen einen Ausritt über den Fluss in Richtung Wilkinson Farm und plauderten ausgelassen über Peppy und mein erstes Rennen vor ein paar Tagen. „But this stupid cow Fiona… Only because she won in her group she thinks she’s the best. It really pisses me off.” “Don’t worry, you’re gonna show ’em”, meinte Suri zuversichtlich. “After all you’ve got Peppy. She’s a super-unicorn-pony!” Ich fiel vor lachen fast von Fakes Rücken. Wir kamen an den Weiden der Wilkinson Farm vorbei und Suri bemerkte „Oh, there’s a grey pony I haven’t seen before.“ „That’s right, you have not come here for a while, huh? He’s called Lindwedel.“ „Lindwedel? What a funny name! I kinda like it.“ “How about we go pay him a visit?” Suri nickte begeistert. Wir ritten auf den Hof und banden unsere Ponys beim Waschplatz an. Rosie bemerkte uns und kam zur Begrüssung rüber. „Hey Ladies. What’s up?“ „Hi Rosie. Can I show Suri Lindwedel?“ „Sure.“ Wir liefen über die Weide und ich streichelte unterwegs Islah, die uns neugierig ein paar Schritte entgegengekommen war. Auch Lindwedel hob den Kopf und kam auf uns zu. Suri war sofort verzaubert von seiner langen Mähne und dem dunkelgrauen Fell. „He is really, really cute. I’m sure he would be fun to ride”, meinte sie verträumt. “That’s the first time I hear you talk like that. Usually it’s always been me, craving to ride other people’s ponies.” Suri lächelte verlegen. “You can just ask Rosie, you know. I’m sure she’d allow you to ride him.” Suri schüttelte eifrig den Kopf. “No no, it’s fine. I’m very happy with riding Nossi!” Ich zuckte gleichgültig mit den Schultern. Wir blieben noch einen Moment auf der Wilkinson Farm, dann machten wir uns wieder auf den Weg.

      Nach dem Ritt machten wir uns auf die Suche nach den Katzen, denn Suri hatte noch gar nie alle gesehen. Moya war inzwischen leicht zu finden. Sie lag am liebsten im Wohnzimmer auf der Couch zusammengerollt. Sie mochte es nicht, wenn man sie streichelte (ausser bei Occu), also versuchte ich es gar nicht erst. Sonst hätte sie wohl eh gleich wieder die Flucht ergriffen. Jonas hatte eine Katzenklappe in die Tür eingebaut und Moya durfte rein und raus, wann immer sie wollte. Aber sie benutzte lieber das Küchenfenster, anders als Kafka, der die Klappe voll ausnutzte und dauernd Occu in ihrem Büro nerven kam. Wir fanden Gismo in einer der Sattelkammern, auf einer Schabracke schlafend. Er blinzelte müde, als Suri ihn streichelte und streckte sich anschliessend ausgiebig, ehe er sich wieder auf die Seite legte und einfach weiterschlief. Um Shiva zu finden, brauchten wir deutlich länger. Sie kletterte ausnahmsweise mal nicht auf dem Heuboden herum, sondern jagte auf dem Feld hinter der Rennbahn Mäuse. Von Kafka war keine Spur zu finden, aber ich wettete, dass er auch irgendwo am Jagen war. Wir spielten auch nochmal eine Runde mit Jackie und Sheela im Garten hinter dem Haus. Lisa und David winkten uns zu, als sie vom Ausritt mit Sweets und Bluebell zurückkamen. Später hängten wir ein wenig auf den Bäumen auf den Weiden herum. Der Apfelbaum auf der Stutfohlenweide hatte ein paar coole Astgabelungen, in die man sitzen konnte. Die Fohlen beobachteten uns dabei neugierig. First Chant wurde immer hellgrauer. Occu meinte, sie werde vermutlich ganz weiss, wenn sie gross ist. Am Anfang hatte ich das gar nicht glauben können. Ich verstand vor allem nicht, warum Lindwedel dann nicht auch weiss war, mit seinem Alter. Darauf hatte auch Occu keine ausreichende Antwort gewusst, nur „ist halt manchmal unterschiedlich“. Ich fand Chime so süss (da war es wieder, mein Flair für ganz helle Pferde). Die kleine Stute war dünner als die anderen, aber genauso verspielt und agil. Die kraulte sich mit Karma am Widerrist, dann frassen beide Kopf an Kopf. Richtig Idyllisch. Suri war vom Baum geklettert und machte eine Blumenkette aus Löwenzahn. Sie kam aber nicht weit, bevor Reverie angetrampelt kam und die Kette auffressen wollte. Ich lachte amüsiert und half Suri, ihr Kunstwerk vor den gierigen Fohlen zu verteidigen. Es war ja nicht so, als hätte es rund um uns herum nicht noch mehr Blumen gehabt. Aber wie immer waren die frechen jungen Pferde besonders an denen interessiert, die wir in der Hand hielten. Nur Cranberry und Indy waren abseits und grasten friedlich. Irgendwann überliessen wir den Fohlen die Kette und wechselten die Weide. Am liebsten kletterte ich nämlcih immernoch auf die Bäume der Stutenweide, denn die waren schön gross und hatten trotzdem praktische Äste für den Aufstieg. Suri blieb lieber auf den unteren Ästen, während ich zum bluffen gerne bis in die Baumkrone kletterte. Die Pferde kümmerten sich nicht sonderlich um uns. Wir ernteten höchstens manchmal einen skeptischen Blick von Phantom. Aber plötzlich spitzte die Herde die Ohren, denn Occu kam zum Weidetor. Ich liess mich vom Baum ins Gras fallen und rannte zu ihr rüber. „Schon wieder barfuss?“, meinte sie streng, sagte aber nichts weiter, ausser „passt einfach auf, okay.“ „Was machst du?“, fragte ich neugierig, als ich das Knotenhalfter und den Strick in ihrer Hand sah. Suri gesellte sich nun auch neben uns und streichelte Zira, die sich aber nach wenigen Berührungen wegduckte und auf Occus andere Seite auswich. „Ich will noch ein wenig mit Matinée arbeiten.“ „Können wir zusehen?“, fragte ich sofort aufgeregt. „Aber nur, wenn ihr nicht stört.“ Wir liefen zurück zum Baum und holten unsere Schuhe, dann folgten wir Occu, die inzwischen die Mustangstute eingefangen hatte. Es klappte jetzt wirklich schon gut, ganz anders als am Anfang, als Occu sie noch jedes Mal 10 Minuten hatte jagen müssen. Wir begaben uns in die Halle, weil die Sonne unbarmherzig auf den Sandplatz runterbrannte. Occu führte die Stute in der Halle herum und liess sie immer wieder ein wenig weichen. Dadurch wurde sie aufmerksam und weich im Umgang. Sie führte Matinée über eine am Boden liegende Stange und liess sie mitten darüber anhalten. Dann schickte sie die Stute seitwärts der Stange entlang. Am Anfang hatte Matinée das nicht gemocht. Ich hatte es einmal beobachtet; sie war immer wieder erschrocken, als sie die Stange berührt hatte und Occu war es kaum gelungen, sie anständig über der Stange anzuhalten. Inzwischen konnte Occu sich sogar über den Rücken der Stute lehnen, ohne dass diese ausflippte. „Soll ich aufsitzen?“, fragte Occu plötzlich. Ich war etwas unsicher, ob das schlau war. Denn ich hatte schon gesehen, wie Matinée bocken und ausschlagen konnte. „Weiss nicht… Ist das nicht gefährlich ohne Sattel?“ „Ohne Sattel ist es viel weniger riskant, glaub mir. Man fällt vielleicht schneller runter, aber man kann dafür nirgens hängen bleiben. Es gibt nichts schlimmeres, als vom Pferd nachgeschleift zu werden.“ Das verstand ich. Occu sprang an Matinées Seite auf und ab, um zu testen, ob sie sich nachhaltig an die Bewegung gewöhnt hatte. Dann sprang sie hoch und lehnte sich über den Rücken der Stute, das angespannte Seil in der linken Hand haltend, damit sie sofort den Kopf kontrollieren konnte, wenn die Stute Mätzchen machte. Als Matinée ruhig blieb, wagte sie es, das rechte Bein auf die andere Seite zu legen und sich aufzurichten. Sie kraulte Matinée ausgiebig am Hals, bewegte die Beine ein wenig, und liess sich dann wieder runtergleiten. „So, das war’s. Ich bin das erste Mal auf ihr gesessen.“ Suri und Ich klatschten begeistert, auch wenn das ganze etwas unspektakulär ausgesehen hatte. Matinée spitzte die Ohren und zuckte zusammen, als sie das Geräusch unserer Hände hörte, blieb aber neben Occu stehen. „Ich mache jetzt noch ein wenig longenarbeit mit ihr. Lily, kannst du mir die blaue Longe holen?“ Ich nickte und brachte sie ihr. Wir legten ein paar Cavaletti auf die Mittelvolte, damit Occu die Stute darüberschicken konnte. Das sei gutes Rückentraining, erklärte sie mir und Suri. „I don’t want to ride her until she’s got more back muscles.” Sie sah aber schon viel besser aus als bei ihrer Ankunft, wie ich feststellte, als ich sie beim Stangentraben beobachtete. Als sie angekommen war, hatte man die Rippen zählen können und der Rücken war total eingefallen gewesen. Occu hatte auch eine Tierärztin hiergehabt, die bestätigt hatte, dass Matinée unter Rückenschmerzen litt, die aber zum Glück nur von Verspannungen herrührten, nicht von irgendwelchen bleibenden Schäden. Die Stute war inzwischen von einem Chiropraktiker gelockert worden, und Occu konzentrierte sich nun auf den korrekten Muskelaufbau, damit die Stute in Zukunft keine Probleme mehr haben würde. Matinée trug den Kopf schön tief und schnaubte ab. Man merkte, dass es noch anstrengend für sie war, die verschieden hohen Cavaletti auf der Kurve zu überwinden. Aber das Training zeigte seine Wirkung und die Stute schwang mit dem Rücken schön mit, wie Occu uns zeigte. Am Ende bekam sie ein Leckerli und durfte zurück zu Phantom auf die Weide. Obwohl sie heute so brav gewesen war, sah man doch deutlich, dass sie immernoch am allerliebsten einfach bei ihren Kumpels auf der Weide stand, weit weg von Menschen, Seilen und unheimlichen Gegenständen. Irgendwie verstand ich sie gut. Ich war schliesslich auch lieber hier auf dem Hof bei den Tieren, als in der Schule. Aber um später klarzukommen, musste ich nunmal alles Nötige lernen, und so war das auch bei Matinée.
    • Occulta
      Birds of a feather flock together
      Phantom, Matinée, Black Powder War, Daedra, Iskierka, Empire State of Mind, Beck’s Experience, Glenn’s Caress, Blue Dawn’s Nachtfalke, PFS’ British Oreo Rascal, PFS’ Silver Lining, Xinu Xanu, Dakota S, Lady Diva from the Sky, Tigrotto, Snottles Peppermint, Silhouette of a Rose, Papillon d’Obscurité, PFS’ Dressy Miss Allegra, PFS’ Beck’s Daisy Orchid, PFS’ Glenn's Dare to Shine, PFS’ Kicks-a-Lot, PFS’ Arctic Rainstorm, Chocolate Chip, Feline, Shadow, PFS’ Fist Chant, PFS’ Whirlwind, PFS’ Simply Priceless, PFS’ Challenging Time, PFS’ Cupid, PFS’ Skydive, PFS’ Call it Karma, PFS’ Soñando Solas, PFS’ Clooney, PFS’ Cranberry, PFS’ Reverie, Brendtwood

      «Hast du bei Daedra schon gegeben?» «Nö.»
      Wir waren gerade dabei das Kraftfutter zu verteilen. Überall scharrten und brummelten Pferde, um auf sich aufmerksam zu machen und bloss nicht vergessen zu werden. Iskierka keifte mal wieder mit ihren beiden Boxennachbaren, denn schliesslich war sie ja der Chef, und die anderen brauchten sich gar nicht einzubilden, sie bekämen das begehrte Müsli vor ihr. Am Ende musste sie sich natürlich trotzdem genau gleich gedulden, wie alle anderen. Ich wusste, dass man viele Zickereien verhindern könnte, wenn man die Pferde in der Reihenfolge ihrer Rangordnung fütterte, aber das war im Alltag eines Rennstalles nicht ganz so einfach umzusetzen, zumal immer mal wieder neue Tiere dazukamen oder Boxen gewechselt wurden. Zum Glück waren die meisten unserer Pferde anständig und nahmen nicht die halbe Box auseinander, wenn sie die Schubkarre erblickten. Ich schöpfte ein Mass voll für Daedra und kippte es der Stute in die Futterraufe. Sie fiel gierig darüber her, wie die anderen auch. Schliesslich brauchte so ein hochathletisches Rennpferd gehörig Energie, um die Leistung zu erbringen, die verlangt wurde. Ich ging weiter und fütterte die nächsten paar Vierbeiner, dann gelangten wir zum Hengsttrakt. Auch hier gab es viele hungrige Mäuler. Ich holte ein weiteres Mass voll und brachte es einem braun-schwarzen Vollblut namens Black Powder War. Es handelte sich um einen am Vortag eingetroffenen Jährling, den ich in den kommenden Tagen in die Fohlenherde integrieren musste. Er gehörte einem jungen Geschäftsmann und sollte nächstes Jahr als Rennpferd auf Pineforest eingestallt und trainiert werden, allerdings von einem auswärtigen Trainer und privaten Jockeys. Er war für uns also einfach ein weiteres Pensionspferd, um das wir uns kümmerten. Ein hübscher Kerl aber, mit einer grossen Blesse und dunklem, seidigem Fell. Sogar einen Bauchfleck hatte er - ich hätte ihn wohl auch ohne zu zögern gekauft. Er sah so aus, als würde er eher zu einem grösseren Modell heranwachsen, denn er war langbeinig und schlaksig, mit grossen Ohren. Jedenfalls war ich gespannt darauf, ihn in Zukunft auf der Bahn laufen zu sehen, auch wenn es (leider) nicht unter einem meiner Jockeys war.

      Wenig später brachte ich zusammen mit Lewis, Lisa und Lily ein paar Ladungen Heu zu den Weiden. Die Minis und Fohlen bekamen ja grundsätzlich kein Kraftfutter, höchstens abends zum Einfangen ein paar Krümelchen, trotzdem wollten auch sie noch etwas anderes als frisches Gras zwischen die Zähne bekommen. Manchmal brachten wir auch altes Brot oder Äpfel mit dem Heu mit, und versteckten diese besonderen Leckereien darin und rundherum auf der Weide, sodass sie zusätzlich beschäftigt waren. Aber meistens spürten sie die Verstecke viel schneller auf, als uns lieb war. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass die Minis eine ebenso feine Nase haben mussten wie Jagdhunde. Daki jedenfalls merkte es auch heute sofort, dass ich Karottenstücke in den Hosentaschen mittrug. Sie belagerte mich förmlich und ich musste sie zurechtweisen, weil sie ein paarmal zu frech wurde und an meinen Hosen zu ziehen begann. Sie wusste eigentlich ganz genau, dass das zu weit ging. Entsprechend schnell gab sie auf und wartete mit etwas mehr Abstand, mich stets im Auge behaltend. Sie war nicht die einzige; auch Chip, Tigrotto, Lady, Rose und Papillon warteten gebannt darauf, dass ich die Karotten herausrückte. Kiwi war mehr beschäftigt damit, Lewis zu verfolgen. Wir verteilten das Heu, während Darling und Acira bereits frech ein paar Halme aus der Schubkarre rupften. Allegra und Orchid frassen Kopf an Kopf, was ich total süss fand, zumal sie ja Halbgeschwister waren. Die beiden vertrugen sich hervorragend, trotz oder gerade wegen des Altersunterschieds. Peppy war heute ein bisschen für sich unterwegs, sonst stand sie gerne bei Rose und Tigrotto. Sie mampfte einfach zufrieden an ihrem kleinen Privathaufen. Bei den Hengstchen war es ein ähnliches Bild: Lenny und Becks machten es sich zum Ziel, möglichst viel Heu zu stehlen, bevor wir es ausladen konnten. Lining, Falke und Oreo dagegen warteten geduldig, bis sie ihren Haufen vorgesetzt bekamen. Xinu war der einsame der Gruppe. Er hatte am Anfang etwas Mühe damit gehabt, sich in seinem neuen Zuhause zurechtzufinden. Er war sogar eine Weile etwas dünner geworden und hatte einen gestressten Eindruck gemacht. Vermutlich hatten ihn die anderen am Anfang etwas ‘gemobbt’, sodass er nicht zur Ruhe gekommen war. Aber mittlerweile war alles okay und er hatte wieder mehr auf den Rippen. Er ging den anderen trotzdem noch etwas aus dem Weg, besonders Lenny, dem Anführer der kleinen Herde. Ich kraulte im Vorbeigehen seine graue Mähne und warf einen Blick auf die kleine Bisswunde an seiner Schulter, die er von einem neulichen Gerangel mit eben Lenny davongetragen hatte. Xinu sah mich nur etwas verträumt-kauend an, mit seinen ungewöhnlich hellbraun-gründlichen Augen. Je nach Licht war es schwierig zu sagen, welche Farbe sie tatsächlich hatten.

      Wir holten Nachschub und wechselten dann zu den Fohlenweiden. First Chant kam sogleich anstolziert und verlangte ihre Portion im Voraus, was natürlich nicht funktionierte. Sie musste wie alle anderen warten. «Irgendwie scheint das so ein Schimmel-Ding zu sein», bemerkte ich an Lewis gewandt, «Empire ist auch so futterneidisch, und wie’s mit Iskierka läuft, brauche ich dir ja wohl nicht zu erzählen» Er kicherte gewissermassen und meinte nur «Feline ist ein Engelchen, also geht deine Theorie nicht ganz auf.» «Die Ausnahmen bestätigen die Regel», konterte ich knapp und griff eine ordentliche Portion Heu für Whirlwind und Karma, die mich bittend ansahen. Ich staunte immer wieder, dass Karma mit ihren grossknochigen, langen Beinen so geschickt umgehen konnte; aber zum Beispiel gerade in diesem Moment pfefferte sie der armen Cranberry eine, die von hinten versucht hatte, sich zum Haufen durchzudrücken. Weil die beiden abgelenkt waren, schaffte es stattdessen Reverie sich vorzudrängeln. Ich verstreute eine Extraportion für Chime, damit sie auch wirklich genug bekam. Die feingliedrige, verletzliche Stute hatte ja ohnehin Probleme mit der Nährstoffaufnahme, und mit den zusätzlichen Rangeleien aus Futterneid hatte ich Angst, dass sie sonst fast gar nichts abbekommen könnte. Ich war froh zu sehen, wie sie einige grosse Maulvoll zu sich nahm und zufrieden darauf herumkaute. Bei den Junghengsten gab es zum Glück keine Sorgenkinder; Simply Priceless, Cupid, Clooney, Solas und Woody waren sogar so wohlauf, dass sie im gestreckten Galopp über die Weide auf uns zu bretterten, und erst kurz vor den Schubkarren halt machten. Ich fragte mich einmal mehr, was wieder in sie gefahren war. Vermutlich hatte sie wieder irgendwas Unheimliches dort drüben aufgewühlt. Oder das Heu war plötzlich unglaublich viel leckerer geworden. Nur Skydive war schon längst bei uns und fiel als erster über die Ladung her, ohne zuerst noch seine Geschwindigkeit und Kraft demonstrieren zu müssen. «Jungs eben», stellte ich fest, und Lisa kicherte zustimmend.

      Später am selben Tag, am frühen Nachmittag, wollte ich einen Ausritt mit Matinée machen. Die Stute war zwar noch immer nicht wirklich ein Verlasspferd geworden, aber wir hatten in letzter Zeit kaum noch Ärger zusammen gehabt, auch wenn Phantom mal nicht dabei war. Sie mochte es trotzdem, hin und wieder, ihr kleines Fangspiel mit mir zu spielen, wenn ich sie von der Weide holen wollte. Ich fand das natürlich wahnsinnig lustig, und seufzte jeweils nur enttäuscht, wenn sie Anstalten machte, sich wegzudrehen. Heute liess sie mich zunächst herankommen und nahm vorsichtig die Karotte aus meiner Hand, die ich ihr anbot. Danach nutzte sie jedoch meine Gutgläubigkeit aus und ich konnte ihr schon wieder nur noch hinterhersehen. «Nah, girl. we don’t do that. You know it.» Ich lief hinterher und hielt sie in Bewegung, bis sie sich mir zuwandte; und wenn es auch nur ein Ohr war. Dann nahm ich den Druck weg und lud sie ein. Wenigstens stieg sie schon nach zwei Versuchen darauf ein und liess sich aufhalftern. Ich lobte sie mit einem kurzen Halsklopfen – es brachte nichts, nachtragend zu sein – und führte sie zum Satteln in den Nebenstall. Ich ritt sie heute mit Bareback-Pad, weil sie den Westernsattel noch nicht oft getragen hatte und ich mich erstmal an das halten wollte, was sie kannte, wenn ich allein mit ihr ins Gelände ging. Ich streifte ihr nach dem Putzen das Kopfstück des Bosals über die schlanken, grauen Ohren und führte sie anschliessend auf den Grasstreifen vor dem Nebenstall. Ich nutzte den Rand der geteerten Terrasse des Nebenstalls als Aufstieghilfe. Sie hielt still, aber ihre Ohren verrieten, dass sie sich anspannte. Deshalb stieg ich gleich nochmal ab, legte mich über ihren Rücken, liess sie etwas Seitwärtstreten und wiederholte das Aufsteigen, bis sie lockerer blieb und sich die Lippen leckte. Erst dann ritt ich los in Richtung Galoppwiese. Während wir liefen, wurde sie immer ruhiger und ihre Schritte gleichmässiger. Sie sah sich hin und wieder um und die Ohren spielten aufmerksam, aber sie fühlte sich deutlich sicherer an, als die letzten paar Male. Nur einmal machte sie eine Ausweichbewegung, als wir an einem Schild vorbeikamen. Ich machte mir etwas Sorgen um allfällige Dirtbike Fahrer, die uns begegnen könnten. Aber ich konnte Matinée schliesslich nicht den ganzen Herbst lang auf Pineforest einsperren, ohne mich auch mal ein paar Schritte vor zu wagen. Mein Ziel war es, dass sie nicht noch mehr zu kleben begann, als sie es ohnehin schon tat, denn wann immer Phantom dabei war, schien sie kooperativ und mutig; aber sobald er sich ausser Sicht befand, fiel sie manchmal in eine Art halb-rohen Zustand zurück. Deshalb war ich auch heute allein unterwegs, um so viel wie möglich an unserer Pferd-Mensch Beziehung zu arbeiten. So schlichen wir zusammen durch den Pinienwald und lauschten der Natur um uns herum. Unsere noch so verletzliche Beziehung wurde kurz darauf auf die Probe gestellt, und es kam völlig unerwartet für mich, denn der Auslöser war kein Dirtbike, welches man schon von Weitem gehört hätte. Eine Gruppe junger Hirsche stakste ein Stückchen vor uns beinahe geräuschlos über die Piniennadeln. Ich sah sie mit ihrem gut getarnten, braunen Fell erst, als es schon zu spät war, aber sie sahen mich und meine graue Mustangstute natürlich viel früher. Sie setzten sich alle gleichzeitig in Bewegung, als sie fanden, dass der Sicherheitsabstand unterschritten war. Matinée erschrak genauso wie ich und drehte sich abrupt ab. Ich war eine Sekunde zu langsam und die Fliehkraft riss mich seitlich runter. Ich klammerte mich noch in der Mähne der Stute fest, aber es half nichts mehr; ich landete unsanft (und sicherlich auch unelegant) auf dem Waldweg. Sofort rappelte ich mich wieder hoch, gab aber im selben Moment mein Vorhaben schon wieder auf, denn mit Matinées Galopp konnte ich unmöglich mithalten. Sie bretterte den Waldweg entlang davon, und ich stützte mich einen Moment auf meine Knie, um meinen Atem wiederzufinden. Meine Hüfte schmerzte etwas, aber mehr als ein paar blaue Flecken würde das nicht geben, denn der Waldboden hatte meinen Sturz zum Glück einigermassen abgefedert. Ich wollte mein Handy aus der hinteren Hosentasche ziehen, doch dann fiel mir ein, dass ich es Zuhause auf dem Küchentisch liegengelassen hatte. Wundervoll, sagte ich zu mir selbst, und hätte meinen Kopf am liebsten gegen einen Baum geknallt. Es blieb mir nichts anderes übrig, als Nachhause zu laufen, und zu hoffen, dass Matinée ebenfalls von selbst dorthin zurückkehrte. Wenn sie vor mir dort ankommt, dann werden sie nach mir suchen, stellte ich fest. Ich lief also so rasch wie möglich aus dem Wald aufs offene Feld, sodass ich gut sichtbar war. Aber erst, als ich die Tannen der Galoppbahn erreichte, kam Lewis von den Weiden her auf mich zu. «Why are you walking around by yourself?», fragte er stirnrunzelnd. “Matinée thought she had enough of me”, antwortete ich, halb scherzend. “No way! She threw you? Where is she?” “Well, obviously not here.” “Shit, ‘you okay?” Ich versicherte ihm, dass ich nichts weiter als blaue Flecken hatte. Wir liefen zusammen zum Hauptstall und versammelten ein paar Pfleger; es war wiedermal Zeit für eine Suchaktion. Jonas war milde gesagt «not amused», als er erfuhr, dass ich gestürzt war. Ich ignorierte seine «ich hab dir doch gesagt du sollst mit ihr nichts wagen und schon gar nicht alleine gehen»-Predigt und hastete zur Stutenweide, um Phantom zu holen. Ihn als Lockvogel zu benutzen würde vielleicht die einfachste Möglichkeit sein, sie wieder einzufangen. Ich sattelte den Rappen, während Jonas dasselbe mit Shadow tat. Die Hunde liessen wir zuhause, denn sie hätten Matinée gewiss eher vertrieben als angelockt. Gemeinsam trabten wir zurück an die Stelle, an der Matinée mich zurückgelassen hatte, um wenn möglich ihre Spuren zu verfolgen. Man sah zum Teil ein paar frisch aufgewühlte Stellen mit dunkler Erde in den Piniennadeln, in der Grösse von Hufabdrücken, also klappte dieser Plan eine Weile lang ganz gut. Dann kamen wir jedoch an den Waldrand und auf dem Feld vor uns erkannte man nichts mehr. Ich sah mich gründlich um, aber ich konnte das graue Fell der Stute nirgendwo entdecken. «Wohin würde ein Wildpferd im Pineforest Park flüchten?”, überlegte Jonas laut. «In den Wald? Keine Ahnung…» Ich war ratlos, also ritten wir einfach geradeaus weiter und hofften, Matinée zufällig anzutreffen. Wir waren den ganzen restlichen Nachmittag unterwegs, aber von der Mustangstute fehlte jede Spur. So langsam machte ich mir wirklich wirkliche Sorgen, denn je länger sie verschollen war, desto weiter weg konnte sie sich entfernt haben. Irgendwann beschlossen wir, dass es keinen Sinn mehr machte, mit den Pferden weiterzusuchen und dass Phantom und Shadow eine Pause verdient hatten. Es gefiel mir zwar überhaupt nicht, noch mehr Zeit zu verschwenden, aber ich musst einen anderen Weg finden, um sie aufzuspüren. Phantom schien gar nichts von Matinées Verschwinden bemerkt zu haben. Er lief wie immer zügig nach Hause, schien dabei aber ganz entspannt. Gerade, als wir die Tannen der Galoppbahn passierten und wir freie Sicht auf den Hof vor uns hatten, entdeckte ich völlig überrascht einen bekannten, grauen Kopf mit gespitzten Ohren hinter dem Offenstallgebäude hervorlugen. Kurz darauf erklang ein schrilles Wiehern und die Stute kam auf dem Kiesweg zu uns getrabt. Völlig perplex sah ich Jonas an, dann lachten wir laut los. Ich konnte es kaum glauben, dass die Stute uns so an der Nase herumgeführt hatte. Ich hatte schlichtweg nicht erwartet, dass sie wirklich freiwillig zurückkehren würde. Andererseits machte es am meisten Sinn, denn sie kannte ja nur Pineforest und hier befand sich auch ihre Herde. Sie zeigte deutlich, dass sie Phantom gesucht hatte, denn sie folgte uns, oder zumindest ihm, auf Schritt und Tritt zur Weide zurück. Trotzdem atmete ich erst definitiv auf, als beide wieder sicher hinter dem Zaun auf der Weide standen. Kopfschüttelnd meinte ich an Jonas gewandt: «Das war jetzt was. Ich hab überreagiert, nicht wahr? Ich meine, es sind schon viele Pferde ausgebüxt, und dabei war ich nie so gestresst. Es ist nur so weil ich im Kopf hab, dass die beiden Mustangs sind. Dabei ist Phantom mittlerweile ein Verlässlicher Partner und Matinée hat auch schon viel dazugelernt – das hat sie gerade eben wieder bewiesen.» «Ja, und davor hat sie bewiesen, dass sie eben doch noch nicht so weit ist!», meinte Jonas leicht aufgebracht. «Jedes Pferd kann sich mal erschrecken. Das passiert bei gezüchteten Warmblütern genau gleich wie bei Wildpferden. Ich war einfach nicht aufmerksam genug.» «Ich finde, man merkt schon einen deutlichen Unterschied in Sachen Reaktionsfreude. Die Schuld nur auf dich zu nehmen finde ich auch nicht ganz okay, denn eigentlich sollte Matinée langsam wissen, dass du auf sie aufpasst – sofern du auf ihrem Rücken bleibst.» «Sie scheint es ja zu wissen, sonst wäre sie nicht freiwillig zurückgekommen…» «Sie ist wegen Phantom hier, hundert Pro!» «Können wir das lassen?» Ich umarmte ihn beschwichtigend. «Es ist nichts passiert, und alle sind in einem Stück nach Hause gekommen. Lassen wir es einfach dabei, dass du Recht hattest und sie noch nicht bereit war, um alleine mit mir rauszugehen.» Er drückte mich an sich und meinte: «Diesmal ist nichts passiert. Sei einfach vorsichtiger in Zukunft, okay?» «Mach dir keine Illusionen – ich werde immer mal wieder runterfallen, das gehört einfach dazu zum Reiten» «Jetzt fängt das schon wieder an!» Wir sahen uns in die Augen und ich begann zu lachen; er stieg darauf ein. Er tadelte mich trotzdem noch auf dem ganzen Rückweg zum Hauptstall.
    • Occulta
      Kleine Abenteurer
      Mikke, Indiana, Vai Alida, Gleam of Light, tc Herkir, Ljóski, Beck’s Experience, Glenns Caress, Dakota S, Lady Diva from the Sky, Chocolate Chip, Silhouette of a Rose, Papillon d’Obscurité, Tigrotto, Snottles Peppermint, Blue Dawn’s Nachtfalke, PFS’ Arctic Silver Lining, PFS’ Arctic Rainstorm, PFS’ British Oreo Rascal, PFS’ Glenn’s Dare to Shine, Beck’s Daisy Orchid, Tic Tac, PFS’ Kicks-a-Lot, Moon Kiddy

      Heute wollte ich mich wieder ganz besonders um meine Miniature Horses kümmern. Normalerweise übernahmen das meiste Training Lewis und die übrigen Offenstallpfleger, aber mittlerweile plante ich einmal pro Woche einen Tag ein, an dem ich mich persönlich mehr mit ihnen beschäftigte und nur nebenbei ein paar der Grosspferde bewegte. An diesem Morgen ritt ich aber zuerst Indiana als Trackpony und trainierte dabei gleichzeitig wie immer ihre Muskulatur und Ausdauer fürs Military. Oliver war mittlerweile wieder gesund und konnte gewohnt eisern das Training dirigieren. Er hatte während seiner Auszeit wohl mehr als genug Zeit zum nachdenken gehabt und war mit einer neuen Idee aufgekreuzt: er ritt nun von Zeit zu Zeit im Sattel seiner Vai Alida selbst auf der Bahn mit und konnte die Jockeys so aus nächster Nähe überwachen. Alida konnte tatsächlich beinahe mit den Rennpferden mithalten, obwohl sie nicht mehr aktiv dafür trainiert wurde, sondern ebenfalls auf Military umgeschult worden war. Er ritt sie neben mir und Indiana, sobald die Rennpferde das Training starteten.
      Nach dieser ersten Trainingsrunde wurde es bereits hell, also bewegte ich mich nun zu den Weiden. Die Minis waren noch im Offenstall - Lewis machte die Tore üblicherweise kurz nach sieben Uhr, nach der ersten Heuration, auf. Er musste also jeden Moment kommen. Die Minis grunzten schon ungeduldig, als ich das Tor ein spaltbreit öffnete. "Ja ja, das Futter kommt gleich", versicherte ich schmunzelnd, als Daki durch das Stroh gestakst kam, um meine leeren Hände zu beschnuppern. Auch ihre Tochter Daisy war ihr natürlich sofort gefolgt. Die mittlerweile schon fast an das Stockmass ihrer Mutter herankommende Jungstute wurde im April bereits zwei Jahre alt, klebte aber immernoch sehr an Daki. Die dreijährige Allegra war dagegen ganz selbstständig und zickte ihre Mutter sogar aufmüpfig an, wenn die sie vom Futter wegdrängen wollte. Sie hatte immer mal wieder kleine haarlose Stellen, die vermutlich durch Einwirkung von Zähnen entstanden waren. Ich kraulte Daisys wolligen Hals, woraufhin mich die kleine ebenfalls mit ihren Zähnchen nippen wollte. Ich stiess ihren Kopf sanft aber bestimmt weg - auch wenn es vielleicht freundschaftlich gemeint war, musste sie lernen, dass Menschlein nicht so grob angepackt werden durften wie Pferdekumpels. Das war besonders im Umgang mit Kindern wichtig. Lewis kam mit dem Heu rein und die Ponys grunzten abermals. Ich half ihm, ein paar gleichmässige Haufen zu verteilen, sodass alle etwas abbekamen. Danach widmete er sich dem Misten, während ich die grosse Mini-Putzkiste holte und mir Chip aussuchte. Ich putzte die braune Ponystute während sie ihren Anteil des Heus zermalmte. Es war jedes mal wieder witzig, die kleinen Hüfchen auszukratzen, wenn man zuvor solche in Originalgrösse in den Händen gehalten hatte. Chip zappelte ein wenig, als ich den linken Vorderhuf hielt, weil sie einen Schritt machen wollte um näher zu den nächsten paar Halmen zu kommen. Hinten hielt sie brav still. Als sie sauber war, streifte ich ihr ein Halfter über den wolligen Kopf und führte sie in die Halle. Dort longierte ich sie über Stangen, sodass sie die Beine schön anheben musste und ihre Brust- und Popo-Muskulatur trainierte. Je öfter ich das mit ihr übte, desto imposanter lief sie auch vor dem Sulky. Nach einer halben Stunde suchte ich mir ein neues Opfer und entliess Chip zurück zur Herde. Die nächste war Acira. Die wunderschön windfarben gescheckte Stute mit den blauen Augen kam bereitwillig mit zum Zaun und liess sich anbinden - mittlerweile waren die Minis nämlich draussen. Ich bürstete sie wie schon Chip zuvor gründlich durch, auch zwischen den vorderbeinen und am Bauch, wo sich gerne kleine Dreckkrusten versteckten. Es war gar nicht so einfach, sie dort unten sauber zu putzen, ohne dabei ins feuchte Gras zu knien. Wischte kitzelig mit dem Schweif, sobald ich zu den Hinterbein-Innenseiten kam. "Oi, reiss dich zusammen, so schlimm ist das nicht", tadelte ich die kleine Zicke. Lewis war mit dem Misten fertig und kümmerte sich nun ebenfalls ums Bespassen der Minis. Er holte Rose beim vordersten Baum ab und brachte sie neben Acira zum Zaun. Roses Dapples waren mit dem Winterfell noch viel kontrastreicher als wenn sie geschoren war. Wir hatten diesen Winter nicht so viel Zeit für Shows gehabt, also war das scheren bei den meisten Minis nicht nötig gewesen. Nur Falke, Lenny und Tigrotto trugen Stoppeln, mit einer Miniatur-Winterdecke darüber. Die drei sahen gleich halb so gross wie die anderen aus, ohne das ganze Fell. Ich kämmte noch Aciras Mähne durch, wobei ich die Haare alle auf dieselbe Seite zu ordnen versuchte. Bis auf ein paar widerspänstige kurze Häärchen gelang mir das auch. Sie sah nun trotz Winterfell fast showreif aus, wie ich liebevoll schmunzelnd feststellte. Auch sie führte ich zur Halle zum Longieren. Wäre sie schon eingefahren gewesen, hätte ich wohl eine Runde mit ihr gedreht, wie ich es später auch mit Papillion und Becks tat. In der Zwischenzeit kümmerte sich Lewis um Daki und Falke. Vor dem Mittag baute ich ein Showtraining mit Darling ein, indem ich gleich eine Art Parcours bereitstellte. Der bestand aus einem Slalom, einem Holzbrett, auf dem die Minis stehen bleiben mussten, einer Gasse, durch die wir rückwärts manövrieren üben konnten und einem Kreuzchen zum Drüberhüpfen. Mit ihr übte ich ihn als erste, wobei ich besonderes Augenmerk auf die korrekte Show-Aufstellung auf dem Holzbrett legte. Ich zupfte jeweils ein wenig am Halfter, bis die Stute mit den Vorderbeinen einen Schritt machte, die Hinterbeine aber noch stehen liess. Sobald sie richtig stand, bekam sie ein Karottenstück und ich lobte sie mit Halskraulen. So lernten die Minis mit der Zeit, auf das Zupfen hin gleich in die richtige Stellung zu wechseln. Acira hatte es am Ende noch nicht ganz begriffen, aber wir waren auf gutem Weg.

      Ich kochte für Lily und mich eine Pfanne Gnocchi; Jonas war heute ausser Haus. Um Neun Uhr war er zusammen mit Tom an einen Geländeritt gefahren. Die beiden hatten dazu Herkir und Ljòski mitgenommen. Mittlerweile musste der Ritt fertig sein, aber die Rangverkündigung fand erst am Nachmittag statt, also assen die beiden auswärts. Lily jammerte die ganze Zeit, dass sie auch mitgewollt hätte. "Du kannst nicht einfach Schule schwänzen für sowas." "Stupid school." Es war zugegebenermassen etwas unglücklich gewählt, dass der Ritt an einem Freitag stattfand, aber machen konnte ich dagegen auch nichts. „Wir machen heute nach der Schule einen Ausritt mit Peppy und Moon, ´kay?“ „Das ist aber nicht das gleiche!“ "Ich wäre auch gerne mitgegangen, aber ich hab hier noch so viel zu tun. Papierkram muss ich heute Abend auch noch machen." "Papierkram könntest du auch einfach morgen oder übermorgen machen. Schule kann man aber nicht aufschieben, leider." "Naja, Papierkram auch nicht immer. Du willst doch auch diesen Frühling wieder an Turniere gehen, und viele Nennungen müssen dieses Wochenende noch eingereicht werden." Das schien für sie Sinn zu ergeben, denn sie schwieg. Ich schlug vor: "Wir gehen zusammen an den nächsten Geländeritt, der an einem Wochenende stattfindet." "Ich darf White Dream reiten!", forderte sie, als würden wir darüber verhandeln. Ich nickte. "Du darfst White Dream nehmen." Sie quiekte "yay!" und ging in ihr Zimmer, um ihre Schulsachen für den Nachmittag zu packen. Moya kam hinter dem Sofa hervorstolziert und schlängelte sich schnurrend um meine Beine, sobald Lily weg war. Ich streichelte ihr langes, rauchig schwarzes Fell, dann stand ich auf, um ihren Napf zu füllen - der eigentliche Grund für ihr Erscheinen, wie ich wusste. Sie führte mich mit triumphierend hochgestrecktem Schwanz zum Napf, sobald ich die Packung aus dem Schrank holte. Jacky sah ebenfalls von ihrer Decke auf, auf der sie den Mittag über zu liegen pflegte. Auf ihren Hundeblick hin entgegnete ich nur lächelnd "you had yours already." Nach einer Weile senkte sie den Kopf enttäuscht wieder auf ihre Vorderpfoten und beobachtete, wie Moya genüsslich ihren Napf leerte. Ich könnte fast Mitleid bekommen, überlegte ich schmunzelnd, wenn ich nicht wüsste, dass du schon vorhin alles runtergeschlungen hast. Zira lag mit dem Rücken zu Jacky und der Katze zusammengerollt in ihrem Korb und schien das kleine Drama zu ignorieren. An ihrem hin und wieder zuckenden Ohr erkannte ich aber, dass sie wohl zuhörte und auf das Geräusch der Tür wartete, um mir wieder treu nach draussen zu folgen. Sheela hatte Jonas mitgenommen, sonst wäre sie wohl ebenfalls sabbernd hier gesessen. Wie erwartet sprang Zira auf die Beine und streckte sich rasch symbolisch, ehe sie mir hinterhertrottete, als ich schliesslich zur Tür ging. Jacky kam ebenfalls hinterhergezackelt, einen letzten eifersüchtigen Blick auf Moya werfend.

      Ich traf mich wieder mit Lewis beim Offenstall. Wir plauderten ausgelassen während dem Putzen der nächsten zwei Kandidaten - Lining und Xinu. Das Winterfell von letzterem war besonders speziell durch das Schimmelgrau, vermischt mit einem Stichelhaarigen Übergang zu seiner Snowcap-Scheckung. Das haselnussbraune Auge sah sich immer mal wieder nach mir um, denn schliesslich hätte ich jede Sekunde ein Leckerli hervorzaubern können. Manchmal kam ich mir vor wie ein wandelnder Futterspender, zumindest aus dem Gesichtspunkt der Pferde betrachtet. Lining knabberte an Lewis‘ Hosenbein herum, während dieser versuchte, die kleinen Hufe des Hengstes auszukratzen. Eigentlich war er sehr wohlerzogen, aber gleichzeitig auch auf eine charmante Art frech. Allerdings immer nur gerade so, dass man ihm nicht böse sein konnte. Wir führten die beiden Jungs durch den Parcours in der Halle und nahmen uns Zeit, die verschiedenen Posten ausgiebig zu üben. Dazu hörten wir Musik aus dem Hallenradio. Irgendwann kam Tom mit Caprice rein, um die Fuchsstute zu arbeiten. Sie schielte die Minis jedes Mal argwöhnisch an, wenn sie vorbeilief. Offenbar waren ihr die kleinen Pferde auch nach all der Zeit auf Pineforest noch suspekt. Xinu konnte das wohl nicht verstehen – ihm schien die schlanke Stute mit dem feuerroten Fell ganz gut zu gefallen, wie Lewis und ich amüsiert beobachteten. Er brummelte ihr immer wieder freundlich zu, wenn sie an ihm und Lewis vorbeikam. „He is soo cute when he makes his neck all round like that!“, ertönte Lisas Stimme vom Halleneingang her. Sie kam zu uns rein, um zu fragen, ob wir noch Hilfe brauchten. Ich zählte laut an den Fingern ab „Kiwi, Lady, Tiki, Papillon, Becks, Oreo… Ich glaube ja, wir können dich brauchen.“ Sie folgte uns gleich mit zu den Weiden, als wir Lining und Xinu zurückbrachten. „Okay, how’s the plan?“, fragte Lewis, sobald er Lining laufen gelassen hatte. „I’d say we take Tiki, Kiwi and Oreo to the arena and then go on a little tour with Lady, Becks and Papillon. What do you think?” “Sounds alright.” Wir bewegten also wie besprochen auch diese Ponys und fanden uns danach gegen sechs Uhr in der Reiterstube wieder. Ich sippte gerade an meinem Aufwärm-Tee, als Linda plötzlich reingestürmt kam. „Africa got away!“ Wir sprangen auf und folgten der Pflegerin nach draussen zum Nebenstall, wo bereits April, Rita, Alan und Charly standen und eifrig diskutierten. „Okay everyone, what happened?“, fragte ich, um das Chaos aufzulösen. „Charly and I let her and Blue fly around for a bit in the lounge. She was just doing some circles when April came in. Africa flew right past her and out of the open door!” “Did you see in which direction she went?” “I think I saw her heading towards the main stable, but we already checked all the roofs and trees. She’s nowhere!” “Okay, don’t panic. Check all the joists and high spots again, I’m sure she didn’t go far. Blue is still home after all, so she will miss him and stay close.” “I hope you’re right Occu… She can’t survive outside alone, especially not during this time of the year…” Ich nickte, wohlwissend und wir zerstreuten uns, um alles gründlich abzusuchen. Als wir auch nach einer Viertelstunde noch nichts gefunden hatten, beschlossen wir den Radius zu erweitern und schickten sogar eine Gruppe zum Waldrand los. Gleichzeitig kam mir aber ein weiterer Gedanke. Ich hielt es zwar im ersten Moment unwahrscheinlich, aber vielleicht würde es sich lohnen, nochmal gründlicher im Inneren der Gebäude nachzusehen. Die Pfleger waren zwar überall schonmal durchgelaufen, hatten dabei aber mehrheitlich die Balken und höhergelegenen Plätze kontrolliert. Ich betrat den Hauptstall und machte eine erneute Runde, diesmal genauer in die Boxen und Putzstände schauend. Schon kurz nachdem ich reingekommen war, lachte ich herzhaft auf und rief die Pfleger in hörweite herbei. Da war die Graupapageiendame: auf Entdeckungstour in Gleam of Lights Box. Sie kletterte unschuldig durch das Stroh, während der Hengst sie laut schnaufend und mit auf ihre Höhe gesenktem Kopf beobachtete. Der Anblick war einfach zu komisch, denn Light wusste offensichtlich nichts mit dem grauen Vogel anzufangen und sah mich quasi hilfesuchend an, als ich näher kam. „Alles gut mein grosser, ich nehm den Ausreisser wieder mit“, versprach ich ihm, die Tür aufschiebend. Africa flog jedoch auf, bevor ich die Box betreten konnte. Sie flog auf – und landete direkt auf Lights Abschwitzdecke. Der Dunkelbraune zuckte zusammen und machte ein paar nervöse Schritte, sodass Africa flattern musste, um nicht runterzufallen. Ich versuchte ihn mit meinen Händen zu beschwichtigen und ging langsam auf Africa zu, um sie nicht wieder aufzuschrecken. Ich streckte den Finger einladend aus, damit sie darauf klettern konnte. Sie wich jedoch ein paar Schritte zur Seite, schloss dann ihre intelligenten Augen halb und begann, die Federn aufzuplustern. Als nächstes putzte sie sich in aller Ruhe ihre Flügel und die Brustfedern, ohne auf mich oder den noch immer misstrauisch nach hinten schauenden Light. Der schnaubte laut, drehte dann den Kopf wieder nach vorne und senkte ihn, um in seinem Stroh zu wühlen; er behielt dabei die Ohren aber immer aufmerksam nach hinten gerichtet. Nach wenigen Minuten sammelten sich die restlichen Pfleger, die inzwischen von Lewis zurückgepfiffen worden waren, vor der Box und amüsierten sich köstlich über das Geschehen. Ich überlegte, was ich am besten tun sollte, denn ich befürchtete, dass Africa wieder abhauen würde, wenn ich sie bei ihrem Putzritual unterbrach. Lewis hatte nichts Besseres zu tun als sein Handy zu zücken und ein paar Fotos zu machen. „Not helpful!“, klagte ich, und sah ihn ungeduldig an. Er steckte das Handy wieder weg und betrat die Box. „Let me handle this. She likes me the most, since I’m the one who feeds them.” Er ging langsam zu dem Papageien hin und konnte sie tatsächlich dazu bewegen, auf seinen Finger zu steigen. Triumphierend kam er aus der Box und Light schüttelte zufrieden seinen Kopf. Wir brachten Africa zurück zum Pflegerheim, wobei Lewis sie zur Sicherheit mit einer Hand über ihrem Rücken fixierte – wobei sie uns lautstark mit „No!“ und „I’m a good girl!“ (standardwörter, die sie als erste überhaupt gelernt hatte) wissen liess, dass sie damit nicht einverstanden war. Als sie dann aber Blue im Käfig sah, konnte sie es doch kaum erwarten, wieder zu ihm zu flattern. Wir waren allesamt erleichtert, dass beide Vögel zurück in ihrer Voliere waren. Als Jonas und Tom vom Geländeritt, und Lily wenig später aus der Schule zurückkamen, konnten wir aber trotz der anfänglichen Sorge nur noch darüber lachen.
    • Occulta
      Beschäftigung für Kleintiere und Kinder
      PFS’ Kicks-a-Lot, Tic Tac, PFS’ Dressy Miss Allegra, PFS’ British Oreo Rascal, PFS’ Glenn’s Dare to Shine, PFS’ Arctic Silver Lining, PFS’ Arctic Rainstorm, PFS’ Beck’s Daisy Orchid, Xinu Xanu, Silhouette of a Rose, Papillon d’Obscurité, Blue Dawn’s Nachtfalke, Becks Experience, Glenns Caress, Dakota S, Chocolate Chip, Lady Diva from the Sky, Tigrotto, Snottles Peppermint

      Gemeinsam mit einer Horde von Kindern machte ich mich auf den Weg zu den Miniweiden. Auch ein paar der Eltern waren dabei, aus Neugier. Anlass zu diesem Trubel gab der Schnuppersamstag des «Tiny Hooves Club», den ich vor kurzem ins Leben gerufen hatte. Es handelte sich um ein kleines Projekt von mir, um Kinder zwischen 7 und 10 Jahren für Ponys und Natur zu begeistern. Und so nebenbei war es eine tolle Möglichkeit, den Miniature Horses nebst ihren Fahrturnieren und Halter Shows eine sinnvolle Aufgabe zu geben. Es waren bereits acht Kinder der Einladung auf den in der Umgebung verteilten Flyern gefolgt – mehr, als ich erwartet hatte. Zufrieden über das vorhandene Interesse, war ich umso motivierter, den Kids einen coolen Nachmittag zu bieten. Geplant war, dass wir in Zukunft zweimal monatlich einen Samstag mit den Kids und den Ponys planen würden. Lily und meine Pony-Reiterinnen Sheridan, Ruth und Lea standen mir tatkräftig zur Seite. Suri war am Vortag mit ihrer Familie in die Ferien verreist, sonst wäre sie ebenfalls dabei gewesen. Angelina Moore stiess mit ihrer Tochter Susan wenig später auch noch dazu, sie war im Stau stecken geblieben. Begrüsst und orientiert hatte ich die Eltern und Kids bereits, nun wollten wir die Ponys kennenlernen. Ich hatte schon vorher immer mal wieder Spielnachmittage mit Kindern veranstaltet, von daher waren sich die Ponys bereits einiges gewohnt und ich konnte mich darauf verlassen, dass sie sicher waren. Nur Papillon behielt ich genau im Auge, als ich die Kinder auf die Weide liess. Die schokofarbene Stute neigte dazu, nicht ganz so viel Geduld wie die übrigen Ponys aufzubringen. Daki hatte ihre rosa Schnauze wiedermal zuvorderst und liess sich von den begeisterten kleinen Fingern streicheln. Sie stand dabei ganz ruhig. Aber da ich sie gut genug kannte, wusste ich, dass ich trotzdem aufpassen musste, weil sie sonst eigentlich eher ein zappeliger Clown war. Bei Chip hingegen machte ich mir keine Sorgen, denn die braune Stute mit der wolligen Stehmähne war sehr verlässlich im Umgang mit Kindern. «… and the red one there is Lady. She is also a very gentle Pony, you can go ahead and pet her, too. Her coat shines beautifully when she’s all cleaned up – we’re going to see that in a minute. Over here is Tigrotto, another nice little mare. Her name means little tiger in Italian. But she is more like a tame kitty. You ought to be a bit careful with this grey and white pony there. Her name is Arctic Rainstorm, but you can call her Acira. She is still very young, so she does not know all the rules yet, and it’s the same for Dressy Miss Allegra. And, as well, the smallest member of our herd, Beck’s Daisy Orchid. She is not fully grown yet and we will not focus too much on her, since she still has to learn a lot. Also, do not walk directly behind the ponies. Her name is Kicks-a-Lot”, ich deutete auf die weisse Stute, woraufhin amüsiertes Kichern durch die Runde von Eltern ging. «But do not worry, she is well behaved and if we treat her right, she will be very friendly.” Eine der Mütter fragte neugierig, ob es den üblich sei, den Ponys solch spezielle Namen zu geben. Ich erzählte daraufhin ein wenig über die Zucht und die Shows. Die meisten hörten fasziniert zu, während die Kinder bereits eifrig die Ponys mit Grasbüscheln fütterten. Die liessen sich ausnahmslos verwöhnen, obwohl sie ja ohnehin bis zu den Fesseln im Gras standen und nur den Kopf hätten senken müssen. Ich musste einmal kurz unterbrechen und eingreifen, als Tic Tac und Rose miteinander rangelten, weil sie beide denselben Grasbüschel von einem Mädchen mit roter Regenjacke haben wollten. Ansonsten lief die Angewöhnung friedlich ab und wir konnten kurz darauf mit dem Bürsten beginnen. Die Eltern halfen tatkräftig mit, was ich sehr schön mitzuverfolgen fand. Bei Darling gab es begeisterte Ausrufe, als ihre fleissigen «Bürster» feststellten, dass ihre blonde Mähne richtig weich und seidig war. Das lag daran, dass wir gerade erst zwei Tage zuvor mit ihr auf Show gewesen waren und dabei das Langhaar natürlich mit Shampoo und Glanzspray behandelt hatten. Aber auch sonst hatte die honigfarbene Stute sehr weiches Fell und gerades Langhaar, das leicht zu entwirren war. Ganz anders als Peppy, die ihre Shettymähne mit stolz voller Schlamm-Rastas trug. Als alle Ponystuten sauber waren, holte ich einen Sattel für Peppy und Longiergurte mit Schabracken für Chip, Daki und Tigrotto. Für die Minis hatte ich nämlich gar keine Sättel, da sie für die meisten Kinder sowieso zu klein zum reiten waren. Die heutige Gruppe war aber jünger als die sonstigen Besucher und ich schätzte alle Kinder als leicht genug ein. Sheridan, Ruth, Lea und Lily übernahmen je ein Pony und führten sie an Strick und Halfter, während die Kinder abwechslungsweise auf ihnen reiten durften. So drehten wir eine angenehme kleine Runde durch den Pinienwald. Ich musste Lily ein wenig zurückhalten, weil sie das Mädchen auf Peppys Rücken, übermütig wie sie war, zu einem Trab überreden wollte. «Maybe next time», schlug ich mit strengem Unterton vor, um ihr klarzumachen, dass es jetzt Zeit war, etwas herunterzukommen. Sie schien leicht enttäuscht, akzeptierte es aber.

      Wir gaben den Ponys zum Abschied Karotten und Äpfel. Kiwi und Tigrotto machten richtiges Apfelmus, was die Kinder total lustig fanden. Orchid nagte am längsten an ihrem Apfel, denn sie hatte einen der Grösseren erwischt. Als Abschluss stellte ich noch die Jungs vor, mit denen wir absichtlich nicht arbeiteten – sie waren, obwohl mit geringem Stockmass, immer noch Hengste und entsprechend etwas anspruchsvoller im Handling als die Stütchen. Streicheln durften die Kinder sie aber trotzdem durch den Zaun. Oreo und Nachtfalke liessen sich auch sehr gern darauf ein und waren sofort zuvorderst am Zaun. Lining und Xinu kamen hinterher, aber die beiden älteren Hengste, Becks und Lenny, hielten sich vornehm zurück. Ihnen war die bunte Gruppe von Kindern zu laut und unberechenbar. Sie beobachteten uns lieber von ein paar Metern Entfernung und holten sich am Ende bei mir eine Karotte ab, ehe sie zurück zu den Bäumen schreiteten. Die übrigen Jungspunde folgten uns auf dem Rückweg zum Parkplatz noch ein Stück dem Zaun entlang. Ich verabschiedete mich von Eltern und Kindern und verwies auf die Webseite, die ich gestaltet hatte. Darauf war unter anderem das Datum für den nächsten Nachmittag zu finden. Zufrieden drehte ich mich in Richtung Haupthaus um, sobald die letzten gegangen waren. Dort kochte ich für meine Helferinnen und mich eine Tasse Apfeltee mit einem Schuss Zitronensaft.
    • Occulta
      Lauter Fohlen, aber kein Schnee
      Odyn, Unbroken Soul of a Rebel, Beck’s Experience, Glenns Caress, Dakota S, Lady Diva from the Sky, Chocolate Chip, Silhouette of a Rose, Papillon d’Obscurité, Tigrotto, Snottles Peppermint, Blue Dawn’s Nachtfalke, PFS’ Arctic Silver Lining, PFS’ Arctic Rainstorm, PFS’ British Oreo Rascal, PFS’ Glenn’s Dare to Shine, Beck’s Daisy Orchid, Tic Tac, PFS’ Kicks-a-Lot, PFS’ Murphy’s Law, PFS’ Global Riot, PFS’ Pinot Noir, PFS’ Dahu

      Ronjas Fohlen tobte bereits neben Mama auf der noch etwas gar matschigen, bräunlich-grünen Weide. Die kleine Dahu schien nicht genug von der Welt sehen zu können - ständig entfernte sie sich staksend von der Seite ihrer Mutter, woraufhin diese mit angelegten Ohren hinterherlief und ihre Tochter wieder einsammelte, bevor es zum Beispiel eine eifersüchtige Chanda tun konnte. Den Namen „Dahu“ verdankte sie ihren lustig gescheckten Hinterbeinen, die durch die Färbung so ungleich aussahen, dass sie mich an das schweizer Fabelwesen erinnert hatten. Zum Glück waren ihre Beine in Wirklichkeit aber gleich lang und auch bezüglich der Stellung nicht auffallend. Noch nicht ganz so wild wie bei der kleinen Achal Tekkiner Stute ging es bei den neusten beiden Vierbeinern auf Pineforest zu und her. Felicita und Deadly Ambition hatten zwei Hengstfohlen das Leben geschenkt; ein dunkelbraunes mit grossem Kopfabzeichen und ein Dunkelfuchs mit wenigen Birdcatcher-Spots. Die beiden waren noch zu sehr beschäftigt mit trinken und schlafen. Heute sollten sie aber ebenfalls das erste Mal die weite Welt ausserhalb der Box kennenlernen, denn heute war ausnahmsweise gutes Wetter. Namen hatten die beiden auch schon bekommen: Global Riot und Murphy’s Law. Letzteren hatte Jonas ausgesucht, nachdem mir einfach nichts Gescheites in den Sinn gekommen war. „Murphy“ passte aber irgendwie perfekt zu dem Dunkelfüchschen, hatte er uns doch schon an seinem ersten Lebenstag zum Lachen gebracht, als er bei seinen ersten wackeligen Schritten mit der Wand zusammengestossen war. „Stupid wall didn’t jump out oft he way. Poor little fellow“, hatte Jonas prustend kommentiert. Ausser einem Schrecken hatte Murphy aber keine Blessuren erleiden müssen. Riot war etwas geschickter gewesen: ich konnte mich nicht erinnern, jeh ein Fohlen so schnell aufstehen gesehen zu haben. Sogar der Tierarzt war erstaunt gewesen, als ich davon berichtet hatte. Ich war allgemein froh, dass bisher alle Fohlen gesund und fit geboren worden waren. Bei Campina sah es ebenfalls aus, als könnte es nächstens losgehen. Sie wirkte unruhig, als ich an diesem Morgen bei ihr vorbeischaute. Ich liess Ajith ein besonders wachsames Auge auf sie halten, während ich dem üblichen Tagesbusiness nachging. Heute war wieder ein Treffen des „Tiny Hooves Club“. Bereits ganze sieben Nachmittage hatten wir durchgeführt, und mittlerweile namen 9 Kinder regelmässig teil, darunter auch Susan, die Tochter von Angelina Moore. Bevor die Kids kamen, wollte ich mich aber rasch um die Hengste kümmern. Bei den Minis gab es dieses Jahr übrigens keinen Nachwuchs – ich wollte mich zuerst auf die Ausbildung und Förderung der bereits vorhandenen jungen Showpferde konzentrieren. Beck’s Experience sah mich kommen und wartete bereits an der nächstgelegenen Stelle am Zaun auf mich. Durch sein Brummeln wurde auch der Rest der Bande aufmerksam. Falke, Oreo, Lining und Glens Caress kamen zügigen Schrittes ebenfalls näher, um einen Blick auf meine Jackentaschen zu erspähen. Xinu Xanu kam als Nachzügler hinterher, das Maul noch voller Heu von dem Haufen, den Lewis ihnen kurz zuvor gebracht hatte. Ich beschloss, zuerst mit Oreo eine Spazierfahrt zu machen und danach Falke ein wenig Agilitytraining anzutun.

      Pünktlich um zwei Uhr waren die Mitglieder des „Tiny Hooves Club“ auf dem Parkplatz versammelt, inklusive meiner beiden Helferinnen Lily und Sheridan. Die letzten Eltern verabschiedeten sich. Sobald alle weg waren, führte ich die Kinder zum Offenstall der Ministuten, wo wir wie immer mit der Fellpflege begannen. Besonders Daki sah mit ihrem hellen Pelz schnell sehr schäbig aus, wenn man sie nicht jeden Tag entschlammte. Es machte aber zeitlich keinen Sinn, ihr jeden Tag ein volles Show-Makeover zu geben, daher musste meistens eine Striegelmassage von Lily und mir genügen – und eben zweimal Monatlich eine extra gründliche Putzsession durch die Kinder. Sonst kümmerte sich Lewis wie immer hingebungsvoll um die Zwergpferde, daher war auch Kiwi, obwohl mehrheitlich weiss gekleidet, eines der saubersten Ponys. Sie war und blieb sein Liebling. Dagegen hatte ich nichts einzuwenden, solange er für die übrigen genausoviel Zeit übrig hatte. Ich putzte zusammen mit Susan zuerst Acira, danach wagten wir uns sogar daran, Orchid einzufangen und beim Zaun anzubinden. Die Jungstute war inzwischen fast dreijährig und längst kein Fohlen mehr. Abgesehen vom Grundgehorsam war sie aber noch beinahe roh. Ich war umso begeisterter, als ich sah, wie brav sie stillstand und Susan ihre Hufe gab. Ich trainierte meine Multitasking-Fertigkeiten, denn ich musste alle Kids und Ponys ständig im Auge behalten. Zum Glück konnte ich mich auf die meisten Ponys verlassen, und auch Lily und Sheridan waren eine grosse Hilfe. Sheridan stellte zum Beispiel sicher, dass Papillon nach keinen Fingern schnappte. Bei Allegra passte Lily auf. Nach dem Putzen machten wir einen Waldspaziergang mit Rose, Tigrotto, Tiki und Darling. Auch Peppy kam mit, auf ihr durften die Kids abwechselnd ein wenig reiten, während Lily sie führte. Lily selbst wurde langsam aber sicher zu gross für Peppy. Sie genoss im Moment noch ausgiebige Ausritte und beschäftigte sich viel mit dem Muskelaufbau der Shettystute, damit sie noch möglichst lange auf deren Rücken sitzen konnte; aber auch sie sah ein, dass Peppys Gesundheit das Wichtigste war. Ich hatte bereits mit meiner Nichte verhandelt, damit ich das Pony vermehrt für die Kids einsetzen durfte. Sie hatte es mir grosszügigerweise erlaubt – unter der Auflage, dass ich Peppys Sattelzeug instandhalten musste. Ja, meine Nichte war unbarmherzig im Verhandeln. Vielleicht wollte sie mir aber auch nur heimzahlen, dass ich sonst ihr immer in den Ohren lag zum Thema Ausrüstungspflege. Jacky hatte übrigens eine riesen Freude an den Kindern: so viele Ballwerfer! Die unermüdbare Jack-Russel Terrier Hündin schlief jeweils am Abend nach den Klubnachmittagen besonders tief. Zira wirkte dagegen eher gestresst. Ich versuchte ihr zwischendurch wieder mit ablenkendem Streicheln klarzumachen, dass es nicht ihre Aufgabe war, auf die Kids aufzupassen. Aber die intelligente Hündin mit dem ausgeprägten Beschützerinstinkt folgte jeder raschen Bewegung aufmerksam. Sheela hatte ich absichtlich bei Jonas gelassen, denn sie wurde manchmal etwas ruppig beim Spielen und ich wollte nichts riskieren. Wir kehrten nach fast einer Stunde zurück und wärmten uns danach erstmal in der Reiterstube mit einem grossen Krug Früchtetee auf. Danach bastelte ich mit den Kids farbige Boxenschilder aus Holz. Lily und Sheridan verschwanden dabei – sie wollten sich lieber andersweitig beschäftigen als zu basteln.

      Als ich die Kinder wieder an die Eltern abgegeben hatte, kümmerte ich mich um Odyn. Der feuerrote Hengst war am Morgen schon im Renntraining gelaufen, aber ich wollte ihn ein wenig massieren, weil mir aufgefallen war, dass er beim Putzen verspannt gewirkt hatte. Tatsächlich schien er meine gezielten Griffe sehr zu geniessen, besonders bei der Brust vorne und in der Lendengegend. Einmal dehnte er sich sogar, indem er sich zurücklehnte und die Vorderbeine ausstreckte. Ich wusste nicht, wie viel die Massage effektiv nützte, aber schaden konnte sie sicherlich nicht und Odyn schien danach jedenfalls deutlich relaxter, seinem ausgiebigen Gähnen nach zu urteilen. Ich versorgte ihn wieder und wollte das Stallgebäude wechseln. Dabei hörte ich stimmen vom Strohlager her. Neugierig kletterte ich die Leiter hinauf und steckte den Kopf nach oben. Lily, Sheridan, Lea und Alec hatten es sich neben den Heuquadern bequem gemacht und schienen in eifrige Diskussionen über ihre Freundeskreise verwickelt. Ich schlich mich schmunzelnd wieder runter, um sie nicht zu stören. Wie ich diese Zeiten vermisste, als ich selbst noch zur Schule gegangen war und wir die coolsten Abenteuer erlebt hatten, zum Beispiel, wenn wir irgendwo ausser Haus übernachteten. Dafür war es im Moment aber sicherlich zu kalt. Meine letzte Amtshandlung vor dem Abendessen war ein Nebel-Ausritt mit Rebel. Es war irgendwie unheimlich, so ganz alleine im Dunkeln, umgeben von alles-verschluckenden Wänden aus Milliarden von Wassertröpfchen. Auch Rebel hatte einen zügigen Schritt drauf und schien möglichst schnell zurück in die trockene Box gelangen zu wollen. Ich nahm es ihm nicht übel.

      Kurz vor dem Schlafengehen warf ich nochmal einen Blick auf das Live Bild der Kamera, die ich bei Campina aufgestellt hatte. Freudig erschrocken rief ich nach Jonas, als ich sah, dass die Stute sich flach hingelegt hatte. Wir zogen unsere Jacken nochmal an und staksten raus in die dunkle Kälte, um nachzusehen. Es schien aber, zu meiner Enttäuschung, falscher Alarm gewesen zu sein. Campina war wohl einfach müde gewesen und döste friedlich in ihrem extra tiefen Strohbett. Jonas und ich liessen sie in Ruhe und zogen uns ins Haus zurück. Ich kuschelte mich neben ihn unter die warme Decke, aber wirklich einschlafen konnte ich nicht. Gegen ein Uhr stand ich nochmal auf, um ein Glas Wasser zu trinken. Ich konnte es natürlich nicht lassen, abermals einen Blick auf den Bildschirm zu werfen. Diesmal sah es aber wirklich so aus, als hätte die Geburt begonnen. Aufgeregt weckte ich Jonas, der murrte „wehe es ist wieder ncihts“, dann jedoch für seine Verhältnisse erstaunlich zügig aufstand und sich anzog. Wir zündeten nur eine der Lampen an, um die Pferde nicht unnötig zu blenden. Tatsächlich war das Fohlen unterwegs, und wir konnten dabei zusehen. Ich war völlig fasziniert, als schliesslich ein rabenschwarzes, feuchtes Fohlen im Stroh lag. Nach einer Weile ging ich vorsichtig rein, um es mir genauer anzusehen. „Und? Stute?“, wollte Jonas ungeduldig wissen. „Nö, wieder ein Hengst!“, stellte ich stirnrunzelnd fest. „Ernsthaft? Kriegen wir dieses Jahr bei den Vollblütern etwa nur Jungs?“ „Scheint so…“ „Hat es irgendwelche Abzeichen?“ Ich sah genauer nach. „Nichts, nichteinmal ein Stern oder ein weisser Kronrand – absolut nichts.“ „Hätte ich nicht erwartet, schliesslich ist Mama ganz wild gesprenkelt, und Ally hat auch grosse Abzeichen…“ Wir wunderten uns noch eine Weile darüber, während das Fohlen sich schlotternd und noch leicht benommen umsah. Dann beschlossen wir unter ausgiebigem Gähnen, dass wir die beiden in Ruhe lassen mussten. Abermals eingekuschelt und Jonas‘ gleichmässigem Atem lauschend, konnte ich endlich beruhigt schlafen.
    • Occulta
      Zeit fürs Zeit-Haben
      Khiara El Assuad, Vai Alida, PFS’ Stromer’s Painting Gold, Eismärchen, River’s Lychee, PFS’ Shadows of the Past, Phantom, Matinée, PFS’ Dancin’ to Jazz, Beck’s Experience, Glenns Caress, Dakota S, Lady Diva from the Sky, Chocolate Chip, Silhouette of a Rose, Papillon d’Obscurité, Tigrotto, Snottles Peppermint, Blue Dawn’s Nachtfalke, PFS’ Arctic Silver Lining, PFS’ Arctic Rainstorm, PFS’ British Oreo Rascal, PFS’ Glenn’s Dare to Shine, Beck’s Daisy Orchid, Tic Tac, PFS’ Kicks-a-Lot, PFS’ Nemo, PFS’ Braemble, HMJ Honesty, BR Wherigo, Cabaret, PFS‘ Northern Dancer, PFS‘ Snap Cat

      Der frühe Vogel fängt den Wurm. Das nahm ich mir täglich zu Herzen, so auch heute, an diesem warmen Mai-Morgen. Der Himmel war schon seit acht Uhr stahlblau und bis auf ein paar einsame, weisse Bäuschen am Horizont wolkenlos. Ein perfekter Tag also. Es war einen Monat her, seit ich mit HMJ Honesty nachhause gekommen war – nach Pineforest. Die Stute war am Anfang etwas überwältigt gewesen von der Reise und der neuen Umgebung. Doch mittlerweile hatte sie sich eingelebt und an den Alltag hier gewöhnt. An diesem morgen war sie aber ausnahmsweise nicht meine erste Priorität. Ich hatte bereits am Vollbluttraining teilgenommen, beim Ausmisten geholfen und Pferde auf die Weide gelassen – es war Zeit für eine Pause. Zunächst machte ich mir eine Tasse Tee und sah Lisa ein wenig zu, wie sie Khiara in der Halle Dressur ritt. Die Stute lief richtig schön durchlässig und konzentrierte sich vollkommen auf Lisas Hilfen. Es war harmonisch anzusehen, als wären die beiden gerade in einer Prüfung. Zufrieden nahm ich die letzten Schlücke aus meiner Tasse und begab mich dann zu den Miniweiden. Ich wollte den restlichen Vormittag bei den Offenställen verbringen und dort Miniature Horses trainieren und Fohlen streicheln. Angefangen mit Oreo übte ich mit den Hengstchen das Aufstellen für Shows. So einfach es auch auf den ersten Blick aussah – das korrekte Aufstellen war ganz schön schwierig. Es musste auf viele Details geachtet werden, und das jeweilige Pony musste möglichst perfekt zur Geltung kommen. Schon allein der Ausdruck war entscheidend. Neugierig und freundlich sollte er sein, auf keinen Fall grumpy oder ängstlich. Zuhause gelang das noch am ehsten. Mit der richtigen Aufstellung konnte man ausserdem auch Schwachstellen im Exterieur geschickt verbergen. Es war also wirklich mehr dahinter, als nur gerades Hinstellen. Nachtfalke sah besonders schick aus – ich musste gleich ein paar Fotos machen, die ich vielleicht irgendwann auf unsere Webseite stellen konnte. Dafür hatte ich allerdings, wie für sehr viel weitere Dinge, kaum Zeit. Ich wollte so gerne mehr Fotos machen und mich auf die Fohlenaufzucht konzentrieren, oder ausgiebigere Ausritte machen, inklusive Übernachtungen. Aber es war nunmal nicht einfach genug Zeit dafür zu finden, wenn man ein ganzes Gestüt voller Pferde betreiben musste. Naja, ein „Müssen“ ist es ja eigentlich nicht. Es macht Spass und ich bin unglaublich dankbar, dass ich Pineforest habe, sagte ich mir selbst. Aber zwischendurch geniesse ich es, die ganze Verwaltung an Jonas oder Lisa abzuschieben und einfach mal eine gewöhnliche Pferdebesitzerin zu sein. Es tat gut zu wissen, dass ich ein verlässliches Team von Pflegern hatte, die mich jeden Tag aufs Neue unterstützten. Xinu zupfte an meinem Hosenbein, als ich gedankenverloren ins Gras starrte. „Schon gut kleiner. Ich hab dich nicht vergessen.“ Er hatte sich seit Anfang dieser Saison zu einem kleinen Show-Junkie entwickelt. Er lief geradezu selbstständig in den Anfhänger und war überhaupt nicht aufgeregt. Stattdessen zeigte er sich von seiner besten Seite und räumte ordentlich Belohnungen dafür ab. Er wusste eben, wie man den Zweibeinern gefällt. Ich mochte den kleinen Hengst sehr. Er hatte ähnliche Charakterzüge wie Daki und war genauso frech. Ein Fohlen aus den beiden wollte ich mir gar nicht vorstellen – das würde wohl sämtliche Weidetore öffnen. Lenny war heute etwas abgelenkt. Er sah lieber zu, wie Tigrotto und Allegra zusammen spielten, als sich mit meinen Kommandos zu beschäftgien. Ich blieb geduldig und nervte ihn so lange, bis er einen Schritt machte und die Hinterbeine schön auf der gleichen Höhe standen. Als ich ihm das Karottenstück hinstreckte, fand er mich plötzlich doch wieder interessant. Becks war fast schon ein wenig faul heute. Ich trabte extra ein paar Runden schneller mit ihm, um ihn zu wecken. Dabei baute ich immer wieder plötzliche Stops ein, damit er aufmerksam blieb. Am besten benahm sich wie so oft Silver Lining – der kleine Musterschüler. Er machte alles fast schon so gut, dass es langweilig wurde. Ich dachte mir immer wieder neue Herausforderungen für ihn aus, aber manchmal war es gar nicht so einfach. Heute liess ich ihn an der Hand galoppieren, dann stoppen, rückwärtstreten und wieder angaloppieren. Man konnte förmlich sehen, wie seine Hinterhand dabei stärker wurde. Ausserdem war das Training gut für die Linie des grauen Hengstchens, denn er war in letzter Zeit etwas pummelig geworden.

      Bei den Stuten nahm ich es etwas gemütlicher. Die meisten wurden heute ohnehin noch von Linda trainiert, also putzte ich sie einfach schonmal. Am schmutzigsten war Rose; ihre schönen Dapples waren richtig staubig. Und Papillons Mähne brachte mich fast zum verzweifeln, denn ich war hin- und hergerissen zwischen „möglichst wenig ausreissen“ und „einfach abschneiden, das Zeug“. Ich entschied mich dann zum Glück doch für ersteres, auch wenn es einen Moment dauerte, bis ich mit dem Kamm durch war. Bei Diva war ich hingegen schnell fertig, denn sie hatte eine relativ dünne, im Moment hadbreit geschittene Mähne. Nachdem alle einigermassen ansehnlich waren, schnappte ich mir zwei Halfter und fing Darling und Acira ein. Die beiden Jungstuten sahen aus, als würden sie einen Spaziergang vertragen. Ich führte sie aus der Weide und auf den Feldwegen in Richtung der nächstgelegenen Siedlungen. Sie zockelten brav mit mir mit. Lily hatte angefangen, zwischendurch mit Peppy, Kiwi oder Tiki mit dem Fahrrad rauszugehen. Sie liess die Ponys jeweils einfach neben dem Fahrrad hertraben. Natürlich hatten wir das vorher auf dem Hof ausprobiert. Aber es klappte hervorragend, und die Ponys bekamen eine extraportion Bewegung. Lily ritt Peppy inzwischen nur noch ab und zu, weil sie langsam zu gross wurde für das Shetty. Trotzdem gab sie sich Mühe, Peppy genauso wie Areion und Skydive fit zu halten. Die beiden begannen gerade seit kurzem damit, Agility zu üben. Weil Peppy so ein sportliches Shetty war, schien diese Disziplin ideal. Bevor ich die Weide mit den Minis verliess, schmuste ich noch eine ganze Viertelstunde lang mit Orchid. Ich sass im halbhohen Gras und sie lag mir fast auf den Schoss – das hatte sie als kleines Fohlen schon gemacht. Nur war sie mittlerweile fast ausgewachsen und nicht mehr ganz so leicht. Ihre Lippen zuckten entspannt, als sie ausgestreckt mit dem Kopf auf meinen Beinen dalag. Irgendwann kam Chip von hinten eifersüchtig dazu und nibbelte an meinen Haaren. Ich musste daraufhin auch ihren Hals kraulen, und sie wollte mich fast übertrampeln vor lauter Wohlgefühl. Da beschloss ich, dass es Zeit war aufzustehen, bevor ich mir noch mehr blaue Flecken holte.

      Nach dem Mittagessen stand ein Ausritt mit Eismärchen auf dem Plan. Die Ponystute musste nach der Geburt ihres Fohlens Nemo nun ihre sportliche Figur zurückbekommen, also hatten wir wieder mit dem Training angefangen, jetzt wo das kleine Hengstchen schon etwas kräftiger war. Wir nahmen die Fohlen der Einfachheit halber meistens mit, wenn die Stuten geritten wurden. So gab es nicht so ein Drama und keinen unnötigen Stress auf der Stutenweide. Ich holte Mutter und Sohn von der Weide, zeitgleich mit Lisa, die dasselbe mit Lychee und deren Fohlen Braemble tat. Braemby war ein schicker bay roan sabino Sohn von einem Hengst namens Back to Business. Ich mochte ihn ganz besonders, denn er hatte wunderschöne Abzeichen und sein Fell schimmerte in Hellbraun- bis hin zu Grautönen zwischen den unendlich vielen Stichelhaaren. Bei Nemo war es ähnlich, aber komplett in Grau und ohne grosse Abzeichen. Dafür trug Nemo einen kleinen weissen Bereich auf der Kruppe mit ein paar schwarzen Punkten darin. Und er hatte auf beiden Augen eine weisse Sclera, was ihm einen frechen Ausdruck gab. Frech war er auch, oder jedenfalls überhaupt nicht scheu. Er knabberte die ganze Zeit an meinem T-Shirt, während ich Eismärchen putzte. „Wie hälst du das nur den ganzen Tag aus?“, fragte ich sie lachend. Lisa und ich gingen gleich zusammen auf den Ritt – es bot sich ja hervorragend an. Die beiden Fohlen liefen grösstenteils anständig mit ihren Müttern mit, wobei Braemble manchmal nicht ganz so gut mithielt. Er war eineinhalb Monate jünger als Nemo. Eismärchens Sohn wurde dafür zwischendurch ungeduldig und wollte uns überholen. Das Spazierreiten mit den Fohlen war gleich eine gute Übung für die Halfterführigkeit.

      Nach dem Ausflug mit den vier Ponys wiederholte ich dasselbe mit Khiara, diesmal in Begleitung von Oliver und Jonas auf Vai Alida und Goldy. Wir plauderten den ganzen Ritt hindurch über Amerika und die momentanen Rassismusdebatten. Es war wirklich ein eher gemütlicher Tag, die einzige Überraschung bot ein Anruf von Jan van de Berg. Ziemlich unerwartet bat er mich, Northern Dancer und Snap Cat zurück nach Pineforest zu holen. Er erklärte, dass ihm die Zeit für viele seiner Pferde momentan einfach fehlte und er sich daher von einigen trennen musste. Da ich beim Verkauf der beiden damals darauf bestanden hatte, kontaktiert zu werden, falls sie weiterverkauft würden, hatte er mich gleich als erstes angerufen. Ich war froh darüber, denn ich wollte den Überblick darüber behalten, wo die Zuchtfohlen von Pineforest sich herumtrieben. Selbstverständlich sagte ich deshalb zu und wir einigten uns darauf, dass ich ihm den damaligen Kaufpreis der beiden zurückerstattete. Ich konnte es kaum erwarten Northy wiederzusehen. Ich hatte sie erst kürzlich für Jan eingeritten und dabei nicht im Entferntesten daran gedacht, sie so bald zurück auf Pineforest begrüssen zu dürfen. Voraussichtlich wollte ich die beiden diesmal behalten, sofern es die Anzahl freier Boxen auf Pineforest auch in Zukunft zuliess. Wir hatten nämlich auch noch ein neues Appaloosafohlen und einen zweijährigen Reitponyhengst auf der Fohlenweide stehen. Der Appaloosa hiess Wherigo und kam von der Bow River Ranch in Calgary. Ich plante, ihn irgendwann kören zu lassen und dann vielleicht ein paar hübsche Fohlen mit ihm und Jazz zu ziehen. Aber das lag noch in ferner Zukunft. Der Reitponyhengst hingegen hatte nur noch ein Jahr Fohlenweide vor sich, bis ich ihn einreiten wollte – wenn es denn sein Körper zuliess. Er hiess Cabaret und hatte eine Abstammung wie aus dem Bilderbuch. Ähnlich wie bei Shira waren alle wichtigen Blutlinien der Reitponyzucht vertreten und ich war sicher, dass er auch ein gutes Exterieur haben würde. Die Farbe war ebenfalls vielversprechend: er trug silver. Das machte ihn umso interessanter für mich. Haach, ich habe wirklich Glück in letzter Zeit – so viele tolle Nachwuchspferde, stellte ich innerlich fest. Allerdings muss ich aufpassen, dass es nicht zu viele werden

      Mit Honesty machte ich heute übrigens Stangen-Longieren. Ich baute dazu verschiene Kombinationen aus Cavaletti und Trabstangen auf dem Sandplatz auf. Dass es mittlerweile so lange hell blieb, war ideal für uns. Abends herrschte nämlich nicht mehr so viel Betrieb und so konnte sich Honesty besser auf die Arbeit konzentrieren. Sie hatte im letzten Monat enorme Fortschritte gemacht. Mittlerweile konnte ich sie ohne Sattel reiten und wir waren sogar schon zusammen im Gelände gewesen, sowohl alleine als auch mit der Gruppe. Sie verstand sich super mit Phantom, zickte zwischendurch ein wenig mit Matinée, aber die beiden liessen sich bisher am Leben. Sie liess sich inzwischen sogar beim ersten Anlauf einfangen, wenn ich sie von der Weide holen wollte. Darauf war ich besonders stolz. Auch heute führte ich sie wieder zum Putzen vor den Nebenstall – Routine war mir wichtig im Umgang mit ihr. Je besser sie die Abläufe kannte, desto sicherer fühlte sie sich. Ich striegelte und bürstete sie gründlich durch, dann kratzte ich die Hufe aus und kämmte zuletzt das Langhaar. Die kurzgeschnittene beinahe-Stehmähne war wieder ein wenig länger gewachsen und fiel wild auf beide Seiten des gescheckten Halses der Stute. Ich liess sie bewusst wieder etwas auswachsen, denn es stand ihr besser als der kurze Schnitt. Sie hatte einen kräftigen Hals für eine Stute, und die Mähne kaschierte das ein wenig. Als wir fertig waren, führte ich sie auf den Platz und wärmte sie im Schritt auf. Dann schickte ich sie auf die Volte und liess sie Übergänge machen, bis sie schön aufmerksam war. Nun begann ich, sie über die Stangen zu schicken und die Volte auch mal zu verlassen. Dabei musste ich aufpassen, dass die Longe nicht plötzlich zu sehr durchhängte. Honesty war am Anfang etwas hastig, aber mit der Zeit merkte sie, dass die Stangen an Ort und Stelle blieben. Dadurch entspannte sie sich und begann stattdessen, die Beine kontrolliert zu heben – genau so, wie ich es gewollt hatte. Das förderte die Geschicklichkeit und das Gleichgewicht, ausserdem war es hervorragend um allfällige Verspannungen vom Reiten zu lösen. Am Ende schnaubte sie zufrieden ab und ich lobte sie mit Stimme und Karottenstückchen. Zum Ausklingen des Abends ging ich noch eine kleine Runde mit ihr spazieren, wobei sie am Wegrand zwischendurch etwas Gras zupfen durfte. Ich liebte diese Sommerabende. Sobald ich Honesty zurück auf die Weide gebracht hatte, legte ich mich, solange es noch hell war, in die Hängematte und las in meinem Buch weiter, das ich in Schweden angefangen hatte. Jonas kam irgendwann auch raus und brachte mir eine Tasse Tee. Lily spielte mit Jacky und Kater Kafka ärgerte Sheela, indem er immer wieder in ihrer Nähe aus einem Gebüsch schoss und dann schnell genug in die Höhe kletterte, sodass sie keine Chance hatte, ihn zu erwischen. „Eines Tages kostet dich das deinen Schwanz“, stellte ich kopfschüttelnd fest, und fragte mich, ob Moya es sich wieder in meinem Bett gemütlich gemacht hatte. Das drufte sie eigentlich nicht, aber Jonas hatte es versäumt sie zu verscheuchen, während ich in Schweden gewesen war. Seither war sie besonders hartnäckig. Ich war kurz davor, aufzugeben und es einfach zu tolerieren. Bald tauchten die letzten Sonnenstrahlen alles in gelbliches Licht und die langen Schatten verschmolzen zu einem grossen.
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  • Album:
    Gnadenweide
    Hochgeladen von:
    Occulta
    Datum:
    15 Aug. 2013
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  • ~Glenns Liebkosung~

    Offizieller HG

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    Vom: Glenns Triumph

    Aus der: Caresses Diamond


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    Rufname: Caress, Lenny
    Geburtstag: unbekannt
    Alter: 13 Jahre
    Stockmaß: 0,85 m
    Rasse: Miniature Horse
    Geschlecht: Hengst
    Fellfarbe: Red dun
    (ee,A+A,Dd)
    Abzeichen: Breite Blesse
    Gesundheit: Sehr gut


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    hengstig, temperamentvoll, lernwillig, mag keine Kinder


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    Glenn ist zwar klein, aber man sollte ihn nicht unterschätzen. Der kleine Hengst
    kann ohne Problmene einen Sulki mit einen ausgewachsenen Mann ziehen. Außerdem
    ist er sehr temperamentvoll und daher nichts für Kinder, diese mag er auch nicht
    sonderlich. Er schnappt nach ihren Fingern und tritt. Vermutlich hat er als Fohlen
    schlechte erfahrungen mit Kindern gesammelt. Sobald eine Stute in die nähe von
    Glenn kommt lässt er sehr den Hengst raushängen. Auch bei Weiderangeleien ist er
    immer dabei. Ansonsten ist er bei der Bodenarbeit 100% dabei.


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    Besitzer: Occulta
    Ersteller: Huhn
    VKR: Huhn
    Verkäuflich: Nein


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    Gekört: ja
    Nachkommen: Pull my Daisy, Chocolate Chip, Weighed down with sorrow, Hollybrooks Tiny Girl, PFS' Kicks-a-Lot, PFS' Caillean, PFS Glenn's Cookie, PFS' Glenn's Dare to Shine
    Decktaxe: 55 J


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    Spring Klasse: E
    Dressur Klasse: E
    Fahren Klasse: A

    Eignung: Halter Shows, Langzügelarbeit, Fahren (Country Pleasure)


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    [BHK 344]
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    2. Platz Fahrturnier des Harp Stud
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    Caress' Spind